Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer...

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Ein Guide für Gestaltung und Entwicklung in Unternehmen, Städten und Quartieren, Forschung und Lehre Gestalten für das Heute und Morgen In Kooperation mit: Wuppertal Spezial Nr. 55

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Ein Guide für Gestaltung und Entwicklung in Unternehmen,Städten und Quartieren, Forschung und Lehre

Gestalten für das Heute und Morgen

In Kooperation mit:

Wuppertal Spezial Nr. 55

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ImpressumAutoren/Autorinnen

Christa Liedtke

Markus Kühlert

Kim Huber

Carolin Baedeker

Wuppertal Institutfür Klima, Umwelt, Energie gGmbHDöppersberg 1942103 Wuppertalhttps://wupperinst.org

Mitautoren/-autorinnen

Hannah Fink, Christoph Tochtrop:Tool 11. Design for Social Change, HintergrundKapitel 11. Soziale Praktiken

Johannes Buhl:Tool 12. Rebound- und Wirkungsanalyseraster,Hintergrund Kapitel 12. Effekte

Gerrit Dirks:Tool 13. Geschäftsmodellentwicklung, HintergrundKapitel 4. Nachhaltiges Wirtschaften

& 13. Geschäftsmodelle (Mitarbeit)

Michael Schipperges:Tool 14. Zielgruppenbeschreibung, HintergrundKapitel 14. Zielgruppen (Autor)

Aline Fink, Johanne Tönnies, Annika Greven:Hintergrundinformationen (Mitarbeit)

Christoph Tochtrop:Exkurs S. 91 und S. 130/131 (Autor)

Layout & Grafik

Kim Huber

Aline Fink

Johanne Tönnies

Tina Boes

Konzept- & Anwendungsbeispiele

German Campos/Christoph Labocha – GesundeErnährung und mehr Bewegung

Sophie Gnest – Budenbücher

Annika Greven/Sophia Kahl –Wuppertal isst fremd

Selina Maleska – BugProtein

Jonas Michels – Cycle Genossenschaft

Markus Schiebel – 3D Copy Shop

Christoph Tochtrop – Kleine Changemaker

Hannah Fink – Soziale Praktiken (Methodenentwicklung)

Herausgeber

und Folkwang Universität der KünsteFachbereich GestaltungStudiengang Industrial Design/Nachhaltigkeit im DesignCampus Welterbe Zollvereinwww.id.folkwang-uni.de

in Kooperation mit:ecosign / Akademie für Gestaltung, Köln undBergische Universität Wuppertal

Bitte zitieren wie folgt:

Liedtke, C.; Kühlert, M.; Huber, K.; Baedeker, C. (2019): Transition Design Guide – Design für Nachhaltigkeit. Gestalten für das Heute und Morgen. Ein Guide für Gestaltung undEntwicklung in Unternehmen, Städten und Quartieren, Forschung und Lehre.Wuppertal Spezial Nr. 55, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Wuppertal.Online verfügbar: https://wupperinst.org/design-guide ISBN 978-3-946356-13-4

Die Texte dieser Publikation sind unter der Lizenz CreativeCommons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 4.0 International lizensiert. Die Lizenz istabrufbar unter: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/

In Kooperation mit:

© Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbHWuppertal 2019Wuppertal Spezial Nr. 55 Hinweis: Die grafische und inhaltliche Ausarbeitung der

Konzeptbeispiele/Arbeitsbältter in Teil II: Tools und Teil III:Arbeitsblätter basiert auf den schriftlichen und grafischenDokumentationen und Präsentationen der Studierendenin der jeweiligen Lehrveranstaltung (siehe S. 38–43; nichtveröffentlicht).

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Gestalten für das Heute und Morgen

Ein Guide für Gestaltung und Entwicklung in Unternehmen,Städten und Quartieren, Forschung und Lehre

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Vorwort

Ernst Ulrich von Weizsäcker, Gründungsprä-sident der Wuppertal Instituts und zurzeitPräsident des Club of Rome, stellte bereits1995 in einem ersten Buch zum ökologischenProduktdesign (Tischner und Schmidt-Bleek1995) folgende Frage: „Sind Designer Teil derökologischen Lösung oder Teil des ökologischenProblems?“ (Weizsäcker, zitiert in Tischnerund Schmidt-Bleek 1995: 5). Er beantworteteseine eigene Frage wie folgt: „Typischerwei-se sind sie eher Teil des Problems“ (ebd.). Aberwarum? Damals wie heute werden Designer/-innen von ihren Kunden/Kundinnen aufge-fordert, Produkte zu entwickeln, die entwe-der als Massenware verkauft werden sollenoder letztendlich zu wirtschaftlichem Wohl-stand führen sollen. Betrachtet man die Auf-gabe des/der Designers/Designerin aus einerumwelt- und ressourcenschonenden Perspek-tive, kann man neue Wege undMöglichkeitenfür den/die Designer/-in erkunden, Teil derLösung zu werden (vgl. ebd. 5.). Die Entwick-lung erschwinglicher Produkte undDienstleis-tungen, welche die Lebensqualität und Teil-habe verbessern sowie die Umwelt schonen,

ist heute wichtiger denn je. Der gesellschaft-liche Wandel in Richtung Nachhaltigkeit wirdnur funktionieren, wenn es gelingt, nachhalti-ge Produkt-Dienstleistungssysteme in die Nut-zung und damit auf den Markt zu bringen.

Nun hat das Wuppertal Institut mit seinemneuen Buch „Die große Transformation – EineEinführung indieKunst gesellschaftlichenWan-dels“ (Schneidewind 2018) einen Kompass fürdie Diskussion über Nachhaltige Entwicklungherausgebracht, der eine „Zukunftskunst“ ein-fordert, um den umfassenden Umbau vonTechnik, Ökonomie und Gesellschaft zu er-möglichen.

Im Buch wird deutlich: Ohne lebendigesGestalten und die letztliche Rekonstrukti-on des Vorhandenen im Sinne der Visionenund Leitbilder des Morgen bleiben Leitbildernachhaltigen Lebens und Wirtschaftens selt-sam leer, kaum lebensnah und nicht erfahr-bar. Sie werden nicht als erstrebenswert er-lebt. Eine Transformation zu mehr gewagterNachhaltigkeit benötigt Erlebnisse, Erfahrun-gen und Erzählungen dessen, was gutes Le-ben bedeutet.

Um die Bedürfnisse der Menschen ausreichendzu befriedigen, ohne die globalen Ökosyste-me zu überfordern, braucht es Produktions-und Konsumkulturen, die helfen, zwischendem Wesentlichen und dem gegenwärtig Ver-brauchbaren zu unterscheiden. Dies gilt es inVerbindung mit einer an Nachhaltigkeit orien-tierten Wirtschaft zu bringen, die viel weni-ger unter Wachstumsdruck steht, als wir unsdas heute vorzustellen vermögen. NachhaltigeInfrastrukturen, Institutionen, Produkte undDienstleistungen können dies im Alltag erfahr-bar machen. In Reallaboren oder LivingLabslässt sich das Gewollte und Gestaltete erpro-ben, re„formen“ oder rekonstruieren, bevores zu einer breiter akzeptierten Umsetzungin Wirtschaft und Gesellschaft kommt. DieseForm des Entwickelns und Erprobens ist Ge-genstand des Partizipativen, Experience undSocial Designs. Sie übersetzen Bedarfe undNotwendigkeiten, Werte und Haltungen in dieStrukturen des Lebens. Designer/-innen wer-den damit zu Übersetzern/Übersetzerinnengesellschaftlicher Deutungen und Meinun-gen, von Auseinandersetzungen und vielfälti-ger Lebenslust. Sie ermöglichen das scheinbarUnmögliche, Spaß an Veränderung, Spaß amLeben und Gestalten trotz oder auch gerade

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bei vermeintlicher Grenzsetzung durch die Be-dingungen planetarer Grenzen. Dies ist eineLebenskunst, die das Buch adressiert und be-schreibt (Schneidewind 2018).

Der vorliegende Transition Design Guidenimmt die Strategielinien der im Buch be-nannten Kunst des gesellschaftlichen Wandelsauf und übersetzt sie in Methoden für den De-signprozess. Es wird so möglich, die Welt zurekonstruieren und bewusst gestaltete Trans-formation im Alltag erlebbar zu machen.

Der im Transition Design Guide zitierte Desi-gntheoretiker von Borries nennt diese Art zugestalten „Weltentwerfen“. Design unterwirftdann nicht, sondern entwirft (von Borries2017). Designer/-innen werden somit eineneue und entscheidende Rolle als Agenten/Agentinnen für eine nachhaltige Entwicklungim 21. Jahrhundert einnehmen. Dies ist drin-gend notwendig, denn es gilt die folgendensieben Wenden in den Fokus zu nehmen:

Den Transformationsrahmen bilden dabei▶ die Wohlstands- und Konsumwende inVerbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende

Diese materialisieren sich in:▶ Produkten, Dienstleistungen und Infra-

strukturen einer Mobilitäts- und Ernäh-rungswende,

▶ innerhalb zentraler Transformationsräu-me, insbesondere der urbanen und in-dustriellen Wende.

Dabei wird in einem kunstvollen Zusammen-spiel von Kultur-, Institutionen-, Technolo-gie- und ökonomischem Wandel nach ge-stalterischen Ansätzen und Umsetzungen inGesellschaft und Wirtschaft gesucht.

Design erlaubt eine Integration der Ideen undVorstellungen, der Bedürfnisse und emotiona-len Lagen, der Moral und Form, der Materiali-tät und der Ästhetik, der Haltung und Werte,der Kompetenz und Herausforderung. WirktGestaltung nach diesem Prinzip,mit allen Sin-nen und Möglichkeiten, mit dem Reichtum anIdeen und der Vielfalt menschlichen Daseinsund belastet dabei Ökosysteme so wenig wiemöglich, so gelingt intelligente, transformati-ve Gestaltung (Schneidewind 2018).

Der Transition Design Guide zum Design fürNachhaltigkeit ist eine umfassende Weiter-

entwicklung des schon publizierten DesignGuides von 2013. Er enthält grundlegendeWerkzeuge und Ansatzpunkte – ein Rahmen-konzept für die Gestaltung der Transformati-on über vielfältige Veränderungsschritte, diegenau die benannten Arenen einer GroßenTransformation adressieren.

Der Transition Design Guide – Design fürNachhaltigkeit wurde mit dem Ziel entwi-ckelt, die Ausbildung einer neuen Generationvon Designern/Designerinnen zu fördern, diesich bewusst ist, dass das 21. Jahrhundert kei-ne reine Fortsetzung des 20. sein kann, son-dern Umbrüche anstehen, deren GestaltungFreude bereitet. In seiner Herangehensweiseist er einzigartig. Es wird spannend, zu beob-achten, welche Konzepte und Ansätze sich inden nächsten Jahren daraus entwickeln.

Großer Dank gilt den universitären Koope-rationspartnern des Wuppertal Institutes imDesignbereich: insbesondere der FolkwangUniversität der Künste, an der Christa Liedt-ke als Professorin wirkt und mit der das Wup-pertal Institut eine enge Kooperation pflegt,der Bergischen Universität Wuppertal, derecosign/Akademie für Gestaltung in Köln und

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der Kunsthochschule Halle sowie all den Uni-versitäten, die sich an der International Susta-inable Summer School beteiligten. Durch dieChance des wissenschaftlichen Dialoges mitihnen – den Dozierenden und Studierendenin diversen Studienkursen – hat das Team desWuppertal Institutes viel über die notwendigeInteraktion von Gestaltung und Nachhaltig-keitsforschung gelernt. Ein solcher Transiti-on Design Guide wäre ohne diese Kooperationnicht entstanden.

QUELLEN– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – eine politischeDesigntheorie. SuhrkampVerlag, Berlin, 2. Auflage.

– Flusser, V. (1997): Vom Stand der Dinge. Eine kleine Philoso-phie der Dinge. Steidl Verlag, Göttingen.

– Schmidt-Bleek, F.; Tischner, U. (1995): Produktentwicklung:Nutzen gestalten – Natur schonen. In: Schriftenreihe desWirtschaftsförderungsinstituts, 270,WIFI Österreich ,Wien.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

Ein Entwurf gleicht einem Netz, dasder Verstand über die Umständeauswirft, um sie zu verändern. Indiesem Bild stellen die Fäden desNetzes die Regeln dar, nach denen dieUmstände verändert werden sollen:In den Knoten kristallisiert sich der zuverwirklichende Entwurf. Der Entwurfgibt vor, was sein soll; er ist imperativ.Die Umstände sind das, was ist; siesind indikativ. In der Verwirklichungeines Projekts verschmelzen Imperativund Indikativ, Sein-Sollendes undSein, Wert und Wirklichkeit. Durchdie Umsetzung von Entwürfen werdenWerte Wirklichkeit und erfährt dieWirklichkeit ihre Bewertung. Durchden Entwurf injiziert der Verstandgleichsam Wertvorstellungen in dieumgebende Wirklichkeit. «

– Flusser 1997: 90

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Der Designguide von 2013 und der hier vor-liegende Transition Design Guide wurden invielen Kursen an der Folkwang Universität derKünste, der Bergischen Universität Wuppertalund der ecosign/Akademie für Gestaltung, zu-letzt auch der Kunsthochschule Halle, in For-schungsprojekten und der International Sum-mer School (www.sustainable-summer-school.org) getestet und mit den dort gesammeltenErfahrungen weiterentwickelt. Den Lehren-den, insbesondere Anke Bernotat, Bernd Dra-ser, MareikeGast, Michael Lettenmeier, HolgerRohn, Brigitte Wolf, und den vielen kreati-ven, engagierten Studierenden sei hiermit fürihre Diskussions- und Kritikbereitschaft herz-lichst gedankt – es war und ist eine fruchtba-re Allianz, die uns die Möglichkeit gibt, For-schungsergebnisse direkt in eine relevante,transformativ ausgerichtete Anwendung um-zusetzen. Sie bietet großes Potenzial für eineTransformation in Richtung Nachhaltigkeit.Den Studierenden, die uns für den vorliegen-den Transition Design Guide ihre Konzeptide-en bereitgestellt haben, sei ebenfalls herzlichstgedankt: German Campos und Christoph La-bocha, Sophie Gnest, Annika Greven und So-

phia Kahl, SelinaMaleska, Jonas Michels, Mar-kus Schiebel, Christoph Tochtrop, HannahFink. Die Exploration und Evaluation der hierentwickelten Tools schon im Entwurf und inder Entwicklung mit all den Studierenden vo-rantreiben und umsetzen zu können, hat unsinspiriert und unterstützt. Wir danken zudemallen Beteiligten und Autoren/Autorinnen desersten Design Guides sowie den zwischenzeit-lichen Anwendern/Anwenderinnen für diekreative Lernkurve der letzten sechs Jahre. Eswurde dadurch sehr deutlich, dass wir Grund-legendes für einen Gestaltungsprozess beitra-gen können, insbesondere in Richtung Trans-formation und Nachhaltigkeit. Wir bedankenuns für den Austausch mit dem BMBF-Projekt„Energiesuffizienz – Strategien und Instrumen-te für eine technische, systemische und kul-turelle Transformation zur nachhaltigen Be-grenzung des Energiebedarfs im KonsumfeldBauen/Wohnen (2013–2016)“, insbesonderedem Projektleiter Lars Brischke für die Diskus-sion zur Energiesuffizienz. Außerdem dankenwir vor allem auch dem Wuppertal Institut fürdie Möglichkeit, einen solchen Design Guidezu entwickeln, unserem Team der AbteilungNachhaltiges Produzieren und Konsumieren desWuppertal Instituts sowie Johannes Buhl und

Danksagung Michael Schipperges für fruchtbare und ge-winnbringende, manchmal auch nervenaufrei-bende Diskussionen um den besten Weg, diebeste Struktur, die besten Inhalte. JolaWelfensmöchten wir danken, dass sie uns begleitet hatund uns am Ende nochmal die Energie gab,den Text publikationsreif zu überarbeiten. Ihreimmer wieder neuen Ideen und positive Hal-tung haben uns in Phasen der Ermüdung undmanchmal auch Resignation geholfen, durch-zuhalten. Gerrit Dirks, Sarah Neumann undAnne Karrenbrock sei gedankt für ihre uner-müdliche Unterstützung bei der Endredaktion,Recherche und dem kritischen Gegenlesen derTexte auf Verständlichkeit und Einheitlichkeit.Ohne sie hätten wir sicherlich noch einmal einJahr länger zur Fertigstellung gebraucht. Wirsehen auch diesen Transition Design Guide alsein Werkzeug für Exploration und Lernen invielfältigen Gestaltungsräumen, die das Lebenund Arbeiten attraktiv, kreativ und lebenswertmachen – im Hier und Jetzt für das Morgen.Uns hat die gegenseitige Unterstützung undExploration des Möglichen in der Entwicklungdes Konkreten, sehr viel Freude bereitet. Dan-ke Ihnen und Euch allen dafür!Wir hoffen, dasErgebnis wird auch von Ihnen/Euch in Praxisund Lehre aktiv genutzt.

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TEIL I ÜBERBLICK

TEIL II TOOLS

Inhalt

Konzept-/Praxisbeispiele ........................................................................................................................38Tools zu Leistungsanforderungen ........................................................................................................441. Checkliste/Leistungsanforderungen ......................................................................................................452. Status quo-Analyse und Zielbeschreibung ..............................................................................................48Tools zur Nachhaltigkeitsbewertung .....................................................................................................543. Nachhaltigkeitsradar ...............................................................................................................................564. Sustainable Development Goals (SDGs) ................................................................................................625. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie ..........................................................................................................686. Megatrendanalyse – Analyseraster und Grafiken ...................................................................................737. Mind Map „Our Mind – Our Society“ ......................................................................................................808. Leistungskriterien für Nachhaltigkeit – Übersetzungstabelle ...................................................................86Tools zur Bewertung der Wertschöpfungsketten: vom Rohstoffabbau bis zum Recycling .............929. Hot Spot-Analyseraster – Stärken-/Schwächenprofile ............................................................................9310. Ressourcenintensitätsanalyse – MIPS-Bewertung ..............................................................................103Tools zu markt- und gesellschaftsrelevanter Umsetzung ................................................................ 11611. Design for Social Change .................................................................................................................. 11712. Rebound- und Wirkungsanalyseraster – Matrix und Grafiken .............................................................134

1. Wie ist der Transition DesignGuide aufgebaut? ........................................................................................182. Warum einen Transition Design Guide? .................................................................................................223. Welche Tools sind enthalten? ...................................................................................................................244. Welches Vorgehen ist sinnvoll? ................................................................................................................30

Vorwort & Danksagung ............................................................................................................................4Design für Nachhaltigkeit – Transition Design ....................................................................................10Vorbemerkung .......................................................................................................................................14

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TEIL III HINTERGRUNDINFORMATIONEN

TEIL IV ARBEITSBLÄTTER

Die Arbeitsblätter... und wo sie zu finden sind ......................................................................................258

Die Welt, die wir gestalten .....................................................................................................................176Das Wuppertaler Transformationsmodell und der Transition Design Guide ...............................................1761. In welcher Welt leben wir? Die Megatrends unserer Zeit ......................................................................1782. Welchen Umweltraum können wir für Gestaltung nutzen? ....................................................................1813. Welche Vorsorgeprinzipien sind zu beachten? .....................................................................................1864. Was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften? ............................................................................................1895. Wie kann man die dafür notwendige Transformation gestalten? ..........................................................1956. Welche Nachhaltigkeitsziele geben der Gestaltung Orientierung? ........................................................202Nachhaltig Gestalten .............................................................................................................................2067. Was sind ökologische oder nachhaltige Produkte und Dienstleistungen? .............................................2098. Wie verbindet man Nachhaltigkeit, Öko-Design und Transition Design? ...............................................2159. Wie können Wertschöpfungsketten optimiert werden? .........................................................................22110. Was ist ein ökologischer Rucksack oder Material Footprint? .............................................................22611. Warum sind soziale Praktiken so wichtig für Nachhaltigkeit? .............................................................23312. Was sind nicht intendierte Effekte oder Reboundeffekte? ...................................................................23713. Was haben nachhaltige Geschäftsmodelle mit Design zu tun? ..........................................................24314. Warum sind Nutzer/-innen und Zielgruppen so wichtig für die Gestaltung? .........................................248Der Beginn der Gestaltung für heute und morgen .............................................................................251

13. Geschäftsmodellentwicklung – Sustainable Business Canvas (SBC) ................................................15014. Zielgruppenbeschreibung ..................................................................................................................15615. Lösungsansätze und Designszenarien ..............................................................................................16416. Evaluierung .......................................................................................................................................168

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Design für Nachhaltigkeit –Transition Design

Die Welt von morgen

Der globale Wandel ist allgegenwärtig. Er be-zieht sich auf eine Vielzahl von Veränderun-gen, die unseren Planeten mit zunehmenderGeschwindigkeit erfassen. Die dynamischfortschreitende Digitalisierung ist in vollemGange. Sie sorgt für tiefgreifenden Wandelin jedem Lebensbereich. Heute sind etwa 20Milliarden Geräte und Maschinen über das In-ternet vernetzt, bis 2030 werden es rund einehalbe Billion sein (vgl. IBM Marketing Cloud2017). Darüber hinaus wächst die Weltbevöl-kerung: 2030 werden 8,55 Mrd. und bis 20509,77 Mrd. Menschen auf der Erde leben (vgl.Statista 2018). Schon heute leben mehr als

50 % der Menschen in Städten, diese Zahlwird weiter ansteigen. Verbunden damit ist –gerade auch in den aufstrebenden Ländern –ein noch nie gesehenes Anwachsen einer glo-balen Konsumenten-/Konsumentinnenklasse,der bis 2050 nach Schätzungen etwa 3 Mrd.Menschen angehören werden. Dies zeigt zumeinen auf, dass die emerging countries aufho-len, sich ihre Gesellschaften entwickeln undwesentlich mehr Menschen an Wohlstandteilhaben können als bisher – eine sehr posi-tive Entwicklung! Das bedeutet aber gleich-zeitig erhöhten Konsum von Autos, digitalenDienstleistungen, Elektronikprodukten, Woh-nungen, Küchen, Möbel etc. Dazu kommt dieÜbernahme ressourcenschwerer Lebensstileder reicheren Massenwirtschaften. Diese Ent-wicklungen werden mit einer zunehmendenUmweltbelastung und einem dynamisch stei-gendem Ressourcenverbrauch einhergehen.

Das UN International Resource Panel ging2017 in seinem Fact Sheet „Assessing globalresource use“ davon aus, dass im selbenJahr 88,6 Mrd. Tonnen Ressourcen konsu-miert wurden – dreimal soviel wie 1970!High income countries verbrauchen dabeipro Person zehnmal mehr als low income

countries, so das Panel. Ein Ende diesesWachstums ist nicht abzusehen. Die Erdbe-wohner/-innen von morgen werden im Lau-fe der nächsten Jahrzehnte zunehmend mitdem technologischen Wandel und den dar-aus resultierenden sozialen und ökologischenProblemen konfrontiert werden. Diese Trans-formation findet schon heute statt und sie iststeuerbar. Das Design kann seinen Teil dazubeitragen, indem es Wege für einen umfas-senden Wandel zu einer nachhaltigen Gesell-schaft aufzeigt.

Nachhaltige Entwicklung ist eine grundle-gend gestalterische Aufgabe

Die Gestaltung der materiellen Basis unsererexistenziellen wie auch emotionalen Grund-bedarfe ist Ziel und Aufgabe von Design.Gleichzeitig nutzt und beeinflusst es dabeiauch die ökosystemaren Dienstleistungen.Ganze 80 % der Umweltauswirkungen einesProduktes – insbesondere sein Ressourcen-und Energieverbrauch entlang seiner gesam-ten Wertschöpfungskette – werden schon inder Entwurfsphase festgelegt (vgl. Tischner etal. 2000). Dies beeinflusst den weltweit dy-namisch steigenden Ressourcenkonsum, was

Der durch Design zu überwindendeGegenstand von Design sind dieBedingungen des Lebens selbst,die jeder Designer durch die planvolleGestaltung der Welt zu ändern versucht.– von Borries 2017: 15

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die wichtigste Ursache der heute relevantenUmwelt- und Klimaprobleme ist. Eine gesun-de Umwelt bei gleichzeitigem Wohlstands-wachstum ist nur möglich, wenn Produkteund Dienstleistungen so gestaltet und entwi-ckelt werden, dass sie entlang ihrer gesamtenWertschöpfungskette so wenig Ressourcen(Rohstoffe, Fläche, Energie) wie möglich be-nötigen, gefährliche Stoffe minimieren undkaum Abfall produzieren. Sie sollten außer-dem die menschlichen Bedürfnisse bei hoherLebensqualität und selbstbestimmter Entfal-tungsmöglichkeit befriedigen, also einen ho-hen individuellen und sozialen Nutzen stiften(vgl. Schmidt-Bleek 1994). Die von den UN2015 ausgerufenen Sustainable DevelopmentGoals (SDG's) geben hierfür einen internatio-nal anerkannten Orientierungs- und Zielrah-men vor.

Zukunftsfähige Produktions- und Konsum-systeme mit Transition Design entwickeln

Veränderung ist unser täglich Brot, schautman allein auf die Innovationen der letzten10–20 Jahre und deren Dynamik – egal inwelcher Region dieser Welt. Eine Transforma-tion von Wirtschaft und Gesellschaft ist also

ständig präsent und ein grundlegend kultu-relles Projekt (vgl. Schneidewind 2018). Wirmüssen unsere Haltungen und unsere kultu-rellen und strukturellen Rahmenbedingungenjedoch zunächst kennen, um sie mit Gestal-tungslust und Handlungswillen nachhaltig än-dern und ausrichten zu können.

Weil sich im Design Haltung und Werte ma-nifestieren, können diese dadurch auch ak-tiv vermittelt werden. Ebenso lassen sich dieSDG durch Design in die Sprache und Codesvon Produkten, Dienstleistungen, Geschäfts-modellen und Infrastrukturen übersetzen. De-sign kann so einen bedeutenden Beitrag zurnachhaltigen Entwicklung leisten, gewünschteVeränderungen anstoßen und nicht nachhal-tige Haltungen und Form von Nachhaltigkeitausgestalten.

Ökologisches Design (Tischner/Schmidt-Bleek1995, Charter/Tischner 2001) wurde jüngstmit Ansätzen um Transition- und Transfor-mationsdesign verbunden (Irwin et al. 2015;Sommer/Welzer 2016; Keyson et al. 2016;von Borries 2017). Design for Sustainability(Spangenberg et al. 2010) betrachtet zudemdie Integration der SDG als Zielorientierung

und integriert ökonomische, kulturelle, tech-nologische und institutionelle Perspektivenfür eine Transformation zur Nachhaltigkeit(Spangenberg 1995, Schneidewind 2018).

Transition wird beschrieben als „nichtlineare[r], systemische[r] Wandel inner-halb einer Gesellschaft (Loorbach 2007;Schneidewind/Singer-Brodowski 2013).Transitionen sind stufenweise Übergängevon einem gesellschaftlichen Zustand in ei-nen anderen z. B. die Stufen, die notwendigwaren von einer „Raucher“-Gesellschaft imöffentlichen Raum mehr und mehr zu einer„Nichtraucher“-Gesellschaft zu werden.“(Welfens et al. 2016: 36)

Der Begriff der Transformation bezeichnetim Vergleich dazu einen tiefgreifenden Ver-änderungsprozess, beispielsweise eine er-folgte Ressourcen- und Klimawende oderden fundamentalen Wandel politscher Sys-teme, wie wir ihn in den 1990er Jahren inOsteuropa und Deutschland erlebt haben.

Design ist immer transformativ – denn esgreift direkt in unsere Alltagsroutinen ein undgestaltet diese mit. Egal, ob wir unser Han-

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dy benutzen, ein Buch lesen, Werbung sehenoder einen Fahrkartenautomaten benutzen –die Nutzung von Produkten, Services und In-frastrukturen beeinflusst unsere Handlungenebenso wie Kommunikation und Erzählungen.Unser Denken, unsere kulturellen Muster –wie auch unsere Wünsche und Vorstellungenmaterialisieren sich in Produkten, Infrastruk-turen und Dienstleistungen und umgekehrt.Damit rückt das Design ins Zentrum gesell-schaftlicher Entwicklungsprozesse, Möglich-keiten, Zukünfte und Dynamiken.

Ein transformatives und nachhaltiges Designunterstützt nachhaltiges Handeln bzw. machtZielkonflikte sichtbar. Es enthebt den/dieNutzer/-in nicht seiner/ihrer Verantwortung,sondern hilft ihm/ihr, diese zu priorisieren. Estrainiert komplexe, resiliente, selbstbestimm-te Entscheidungsfindungen in komplexenUmwelten und Umgebungen. Es befriedigtdurch die Erfahrung von Selbstwirksamkeitund Gestaltbarkeit.

Von Design for Service bis Transition Design

Die Veränderungsdynamik geht von der eta-blierten Disziplin des Service Designs aus und

Abb.1: übersetzt und basierend auf: Irwin, T., Tonkinwise, C., Kossoff, G. Transition Design (2015): An Educational Frame-work for Advancing the Study and Design of Sustainable Transitions. School of Design, Carnegie Mellon University: 26

Die gestalteteWelt

Produkte,Kommunika-tion & Infra-strukturen

Unterdisziplinendes Design

Kontext allenDesigns

Fokusbereiche des Designs

Design for Interactions

NatürlicheWelt

Design forService

ModeraterWandelExistierendeParadigmen& Systeme

Design for SocialInnovation

SignifikanterWandelEntstehendeParadigmen& Systeme

TransitionDesign

RadikalerWandelZukünftigeParadigmen& Systeme

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verändert sich dann in Zeit und Kontext überein Design für soziale Innovationen bis hinzum Transition Design. Service Design bewegtsich meist noch in existierenden sozioökono-mischen und politischen Strukturen, währendes dem Design für soziale Innovationen schonum das Verändern dieser Strukturen geht. Essetzt an neuen ökonomischen Modellen an. Da-bei werden soziale Bedürfnisse besser als durchbisherige Lösungsansätze adressiert, was in so-zialer Hinsicht zu einem positiv empfundenenWandel beiträgt. Transition Design geht nocheinen Schritt weiter und will dabei helfen, neuesozioökonomische und soziale Werte zu entwi-ckeln, um so ein komplett neues Verständnisvon Lebens-, Gesellschafts- und Wirtschafts-stilen zu schaffen. Gegenstand von TransitionDesign ist die Erforschung und Gestaltung vonkomplexen Systemen (siehe Abb. S. 12).

Dem Ansatz des vorliegenden Transition De-sign Guides liegt das Ziel eines Wertewandelsin Richtung nachhaltiger Entwicklung zugrun-de. Er kann in Forschung und Lehre dazu die-nen, Designwissenschaft und Nachhaltigkeits-forschung zu verbinden und wissenschaftlichbasierte Kompetenzentwicklung in Lehre undAnwendung voranzutreiben.

QUELLEN

– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – eine politische Design-theorie. SuhrkampVerlag, Berlin, 2. Auflage.

– Charter, M.; Tischner, U. (2001): Sustainable solutions: deve-loping products and services for the future. Greenleaf Pub,Sheffield, U.K.

– Grin, J.; Rotmans, J.; Schot, J.; Geels, F. (collab.); Loorbach, D.(collab.) (2010): Transitions to Sustainable Development.Routledge Verlag – Taylor & Francis Group, NewYork/London. On-line verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/273697987_The_Dynamics_of_Transitions_A_Socio-Technical_Perspective(Abruf 06/2019).

– IBMMarketing Cloud (2017): 10 Key MarketingTrends for 2017and Ideas for Exceeding Customer Expectations.Online verfügbar: https://public.dhe.ibm.com/common/ssi/ecm/wr/en/wrl12345usen/watson-customer-engagement-watson-marketing-wr-other-papers-and-reports-wrl12345usen-20170719.pdf (Abruf 06/2019).

– Irwin, T.; Kossoff, G.; Tonkinwise, C; Scupelli, P. (2015): TransitionDesign 2015. A new area of design research, practice andstudy that proposes design-led societal transition towardmore sustainable futures. Carnegie Mellon Design – School ofDesign, Pittsburgh. Online verfügbar: https://design.cmu.edu/sites/default/files/Transition_Design_Monograph_final.pdf(Abruf 06/2019).

– Keyson, D. V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (eds.) (2016): LivingLabs: Design and Assessment of Sustainable Living, SpringerInternational Publishing, Schweiz.

– Loorbach, D. (2007): Transition Management – Newmode ofgovernance for sustainable development. International Books,Grifthoek. Online verfügbar:

https://repub.eur.nl/pub/10200 (Abruf 06/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften. BirkhäuserVerlag, Berlin/Basel/Boston.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

– Sommer, B.;Welzer, H. (2016): Transformationsdesign –Wegein eine zukunftsfähige Moderne. OekomVerlag, München.

– Spangenberg, J. H.; Fuad-Luke, A.; Blincoe, K. (2010): Design forSustainability (DfS): the interface of sustainable productionand consumption. In: Journal of Cleaner Production 18 (15).

– Spangenberg, J. H. (Hg.) (1995): Towards Sustainable Europe:The Study. Friends of the Earth Publications, Brüssel.

– Statista aus: UN DESA – Population Division (2017): Prognose zurEntwicklung derWeltbevölkerung von 2010 bis 2100. Onlineverfügbar: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1717/umfrage/prognose-zur-entwicklung-der-weltbevoelkerung (Abruf06/2019).

– Tischner, U.; Schmincke, E.; Rubik, F.; Prösler, M. (2000): How to doEcoDesign? Art Books Intl Ltd.

–WBGU (2011):Welt imWandel: Gesellschaftsvertrag für einegroßeTransformation. Online verfügbar: https://www.wbgu.de/hauptgutachten/hg-2011-transformation (Abruf 06/2019).

–Welfens, J.M.; Liedtke, C.; Fink, A. (2016): Crashkurs Nachhaltig-keit und Design: Einemultimediale Übersicht. Projekt CLUB OFROM für den Alltag,Wuppertal Institut. Online verfügbar: https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/CoR_Crash-kurs_Nachhaltigkeit.pdf (Abruf 06/2019).

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14

Vorbemerkung

Das Wuppertal Institut veröffentlichte 2013den ersten Design Guide in englischer Spra-che. Durch die Erfahrungen und Ergebnis-se seiner Anwendung in Praxis und Wissen-schaft sowie neuer Forschungserkenntnisse inden letzten Jahren wurde uns immer deutli-cher, dass diese für den Gestaltungsprozessschneller nutzbar gemacht werden müssten.Dies motivierte uns zu einer sehr grundlegen-den Überarbeitung. So wurde dieser Leitfa-den, der auf Nachhaltigkeitstransition sowohlim als auch durch Design abzielt, zu großenTeilen neu entwickelt. Er enthält weiterentwi-ckelte und neue Tools, Arbeitsblätter undHin-tergrundinformationen.

Der neue Transition Design Guide wird auchonline unter https://wupperinst.org/design-guide bereitgestellt. Die Tools, Arbeitsblätterund Texte können hier auch einzeln herun-tergeladen und somit frei kombiniert werden.Zur Nutzung gibt es keine Vorgaben, sondernvielmehr orientierungsgebende Empfehlun-gen, die aus der Anwendung stammen. UnserZiel ist, dass im kreativen Gestaltungsprozess

TOOLSBACKGROUNDINFORMATION &

WuppertalInstituteforClimate,EnvironmentandEnergy

AuthorsChrista LiedtkeNajine AmeliJohannes BuhlPhilip OettershagenTristam PearsPablo AbbisW

UP

PE

RT

AL

SP

EZ

IA

L4

6 Wuppertal InstituteDesignguide

▶ Einige der Tools wurdenbereits von

Liedtke et al. 2013 im Wuppertal Institute

Designguide eingeführt. Diese wurden

nun weiterentwickelt und mit neuen Tools

kombiniert. Online verfügbar unter:

https://epub.wupperinst.org/frontdoor/

deliver/index/docId/4893/file/WS46.pdf

(Abruf 06/2019)

die Herausforderungen einer nachhaltigenEntwicklung mitbedacht und konkretisiertwerden können, als sei dies ein ganz norma-ler Vorgang – eine Selbstverständlichkeit. Nurdann können Produkte und Dienstleistungenmit ihren immanenten Codes unsere Haltungin Alltag, Beruf und Freizeit hin zur nachhal-tigen Entwicklung prägen. Wenn sich Nach-haltigkeit nicht im Alltag und damit am Marktmaterialisiert und digitalisiert, wird sie nichterleb- und gestaltbar. Sie würde auf einer ArtMetaebene über uns schweben und ein er-dachtes Konstrukt ohne Relevanz in unseremLeben bleiben. Mithilfe unserer Forschungwollen wir das aktiv verändern helfen. FürReflektionen, konstruktive Kritik, Anwen-dungsbeispiele und Ideen sind wir dankbar– wir lernen gerne für die Weiter- und Neu-entwicklung dazu! Ziel ist es, einen interak-tiven analog-digitalen Guide zur Verfügungzu stellen, der den Gestaltungs- und Entwick-lungsprozess im Geschehen und in Realzeitunterstützt. Diese Entwicklung steht an undwird sicherlich noch einige Jahre dauern. –Begleiten Sie uns dabei! Bis dahin bauen wirdie Tools so auf, dass neue Forschungs- undAnwendungserkenntnisse kurzfristig aufge-nommen oder auch neue Tools hinzugefügt

werden können. Gestalter/innen erhalten so-mit ein Kompendium an Möglichkeiten, dassie an ihren Bedarfen und Aufgabenstellun-gen ausrichten und frei mit anderen bereitspublizierten bzw. angebotenen Methodenund Tools aus den jeweiligen Fachdisziplinenkombinieren können.

Für die verkürzte Anwendung in englischerSprache:

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15

Eine multimediale Übersicht

Oktober 2016

▶ Der Crashkurs Nachhaltigkeit wur-

de von Liedtke et al. 2016 entwi-

ckelt und dient einer schnellen und

kreativen Exploration relevanter

Themenbereiche mit kurzen Texten,

Material- und Filmtipps. Er wurde

im Rahmen des Projektes „Club of

Rome für den Alltag“ entwickelt

(Deutsche Gesellschaft des Club of

Rome).

Zum Thema Transformation:

▶ Der Präsident des Wupper-

tal Instituts, Prof. Dr. Uwe

Schneidewind, und das Team des

Wuppertal Instituts machen im

Buch „Die Große Transforma-

tion“ deutlich, wie die Energie-

und Ressourcenwende genauso

gelingen können wie eine funda-

mentale Transformation unserer

Städte, unserer Mobilität und

unser Nahrungsversorgung.

Das Buch soll die Diskussion

über die Transformation zu

einer nachhaltigen Entwicklung

in einer Zeit beleben, in der das

Thema durch andere Heraus-

forderungen in der politischen

Debatte überlagert scheint.

Weitere Informationen unter:

https://wupperinst.org/a/wi/

a/s/ad/4414 (Abruf 06/2019)

Online verfügbar unter:

https://wupperinst.org/fa/redaktio

n/downloads/projects/CoR_Crashk

urs_Nachhaltigkeit.pdf

(Abruf 01/2019)

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16

Die Geschichte des nachhaltigen DesignsFuhs, K.-S.; Brocchi, D.; Maxein, M.; Draser, B. (Hg.) (2013)VAS, Homburg

Designguide – Background Informations& ToolsLiedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.;Abbis, P. (2013)Wuppertal Spezial Nr. 46. Online verfügar: https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/2222 (Abruf 06/2019)

Crashkurs Nachhaltigkeit und Design: Einemultimediale ÜbersichtLiedtke, C.;Welfens, J.M.; Fink, H. (2016)Projekt CLUB OF ROM für den Alltag, Wuppertal Institut.Online verfügbar: https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/CoR_Crashkurs_Nachhaltigkeit.pdf(Abruf 06/2019).

Wir sind dran – was wir ändern müssen,wenn wir bleiben wollenVonWeizsäcker; E. U.;Wijkman, A. mit 32 weiterenMitgliedern (2017)Gütersloher Verlags Haus, Gütersloh

GRUNDLAGENLITERATUR DESIGN

DieWelt als EntwurfAicher, Otl (1994)Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin

Eine Muster-Sprache. Städte. Gebäude.KonstruktionAlexander, Christopher (1977)Löcker,Wien

Das System der Dinge. Über unser Verhält-nis zu den alltäglichen GegenständenBaudrillard, Jean (1991)Campus, Frankfurt a. M. /New York

DesignerlyWays of KnowingCross, Nigel (2001)Birkhäuser, Basel, Boston, Berlin

Vom Stand der Dinge. Eine kleine Philoso-phie des DesignFlusser, Vilém (1993)Steidl, Göttingen

Die Herrschaft der MechanisierungGiedion, Sigfried (1982)Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a.M.

Die semantischeWende : Eine neueGrundlage für DesignKrippendorff, Klaus (2012)Birkhäuser, Basel

Hochschule für Gestaltung. Ulm. DieMoral der Gegenstände

Lindinger, Herbert (Hrsg.) (1987)Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin

Simplicity – Die zehn Gesetze der Ein-fachheitMaeda, John (2007)Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Design as ArtMunari, Bruno (1971)Harmondsworth, Middlesex

The Design of Everyday ThingsNorman, Don (2013, 1. Auflage 1988)MIT University Press Group Ltd, Cambridge, 2. Auflage

Design for the RealWorld. Human Ecologyand Social ChangePapanek, Victor (1984)Van Nostrand Reinhold, London

Das Jahrhundert des DesignsSchepers,Wolfgang (Hrsg.) (2000)Anabas, Frankfurt a. M.

Lob des Schattens – Entwurf einer japani-schen ÄsthetikTanizaki, Jun’ichiro (1987)Manesse, Zürich

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17TEXT TITEL

TEIL I ÜBERBLICK

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18 TEIL I: ÜBERBLICK

TEIL I Überblick

12345

12

3

4

Tools 1 & 2Leistungsanforderungen/Lastenheft

Tools 3–8Nachhaltigkeitsbewertung

Die Tools sind das Herzstückdes Transition Design Guides.Sie bieten Orientierung imDesignprozess und zeigenauf, wie Konzepte im Sinneder nachhaltigen Entwicklung(um-)gestaltet werden können.

1. Wie ist der Transition Design Guideaufgebaut?

Dieser Guide dient der methodischen Ent-wicklung nachhaltiger Designkonzepte, diedie verschiedensten, für eine gesellschaftlicheTransformation notwendigen Veränderungs-prozesse in Produktion und Konsum anstoßenkönnen. Hierfür stellt er Tools und Arbeits-blätter zur Verfügung, mit denen sich syste-matisch neue Designideen sowie Produkt-/Dienstleistungsinnovationen erarbeiten lassen.

Er ist in vier Teile gegliedert:Teil I – Überblick

Teil II – Tools

Teil III – Hintergrundinformationen

Teil IV – Arbeitsblätter

TEIL II TOOLS

TEIL I ÜBERBLICK

Der Überblicksteil gibtAuskunft darüber, wie mandurch den Transition DesignGuide navigiert, warum esihn gibt und wie man ihn füreigene Gestaltungskonzepteam besten nutzen kann.

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19WIE IST DER TRANSITION DESIGN GUIDE AUFGEBAUT?

▶▶

Tools 9 & 10Bewertung der Wertschöpfungsketten:vom Rohstoffabbau bis zum Recycling

Tools 11–16Markt- und gesellschaftsrelevante Umsetzung

Konzeptbeispiele

Die Konzeptbeispiele sind dasBindeglied zwischen den Tools undden Arbeitsblättern und dienen derVeranschaulichung der Tools.

Da in den Tools der Fokus auf der praktischen Anwendungliegt, wird dort an einigen Stellen auf den Hintergrundteilverwiesen. Hier werden zusätzliches Wissen und Erklärun-gen zu den unterschiedlichen Themengebieten bereitgestellt.

Die Arbeitsblätter sollen eine direkte An-wendung der Tools ermöglichen und ste-hen online zum Download zur Verfügung:https://wupperinst.org/design-guideSie sollen als Werkzeug für die eigeneKonzeptentwicklung dienen. Gerne dür-fen und sollen sie dabei individuell wei-terentwickelt und an die eigenen Bedürf-nisse angepasst werden.

TEIL IV ARBEITSBLÄTTER

TEIL III HINTERGRUNDINFORMATIONEN

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20 TEIL I: ÜBERBLICK

Verweise zu weiterführendenTools

TOOLS

x

Verweise zu anderen Tools,in denen das angewendeteKonzeptbeispiel weiterge-führt wird

KONZEPTBEISPIELE

x

Verweise zu tiefergehendenHintergrundinformationenzum Thema

HINTERGRUNDINFORMATION

x

Orientierung und NavigationAnhand eines Leitsystems aus Icons und Farb-codierungen lassen sich wiederkehrende The-menstränge, Verknüpfungen und auch Quer-verweise nachvollziehen. Die nebenstehendeLegende bietet eine Übersicht für die Anwen-dung des Guides.

Zum leichteren Verständnis und zur Orien-tierung finden sich im Design Guide folgendeElemente:

VerweiseDie Verweiszeichen x , x und x stehen fürweiterführende Tools, Konzeptbeispiele undHintergrundinformationen, die direkt an dasvorliegende Thema oder Tool anknüpfen. DieVerweiskästen gelten jeweils für eine gesamteDoppelseite.

ArbeitsschritteDie Tools sind in einzelne Arbeitsschritte ge-gliedert, die mit nummerierten Waben ge-kennzeichnet sind. Sie lassen sich auch aufden jeweils aufgeführten Arbeitsblättern wie-derfinden.

x

x ARBEITSSCHRITTE

▶ Arbeitsblatt X.Y

Mit zwei verschränkten Wabengekennzeichnete Arbeitsschrit-te, sindmit einemanderen Toolbzw. Arbeitsblatt gekoppelt.

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21WIE IST DER TRANSITION DESIGN GUIDE AUFGEBAUT?

Weiterführende HinweiseDie in den Texten zitierten Quellen sowie wei-tere interessante Literatur, Links und Videoszum jeweiligen Tool oder Thema werden je-weils am Ende des Tools bzw. Kapitels ange-geben.

Tipps und ExkurseIn einigen Texten sind außerdem Tipp-Kästenund kleinere Themen-Exkurse integriert, diezusätzliche Anwendungsmöglichkeiten auf-zeigen oder anhand von Projekten und Kon-zeptideen Beispiele für transformatives De-sign geben.

www

Verweise auf themenrelevante Literatur

Verweise auf weiterführende Links

Verweise auf Videomaterial zum Thema

TIPP

EXKURS

Hier stehen weiterführende Tipps, passend

zum Thema des jeweiligen Tools oder

Kapitels.

In Exkursen werden interessante Projekte

oder Kozeptideen zum Thema des jeweili-

gen Tools oder Kapitels vorgstellt.

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22 TEIL I: ÜBERBLICK

Der neue Leitfaden des Wuppertal Instituts fürGestaltung und Entwicklung heißt TransitionDesign Guide und verbindet die Nachhaltig-keitsperspektive mit einer Gestaltungs- undProzessperspektive: Ziel ist die Initiierung undImplementierung von Transitionen (=Ver-änderungsprozessen) für eine zukunftsfähi-ge und ressourcenleichte Gesellschaft undWirtschaft über die „inhärente Sprache“ bzw.Codes der Produkte undDienstleistungen. Da-bei wird als Perspektive die Haltung der Ein-zelnen und der Gesellschaft im Miteinanderund die damit verbundene Haltung zur Naturfokussiert. Über die Gestaltung der materiel-len Welt und entsprechender Geschäftsmo-delle wird die Beziehung zwischen dem Ich,dem Wir und der Natur als real erlebbarerInteraktionsprozess adressiert. 1 Im Ergeb-nis – so das Ziel – entstehen individual- undsozialverträgliche, ressourcenleichte Produkt-Dienstleistungskonzepte oder -systeme, diewirtschaftlich tragfähig sind. 2 Wirtschaftli-che Nachhaltigkeit folgt dann einer solchenGestaltung und fördert eine öko-sozial ausge-richtete marktwirtschaftliche Umsetzung undEntwicklung. Daher haben der Design- und

2. Warum einen Transition Design Guide?

Entwicklungsprozess an sich und sein Verlaufeine hohe Relevanz für die Entwicklung eige-ner und gesellschaftlicher Lebens- und Kul-turmodelle sowie für die daraus resultieren-den Wirtschaftsformen. Sie bilden die (de-)materialisierte Struktur und Form dafür, inwelcher Gesellschaft und Marktwirtschaft wirmorgen leben. 3

Erweitert man den Gestaltungs- und Entwick-lungsprozess nicht nur auf die Umgestaltungdes Vorhandenen, sondern auch auf die Hal-tung zu den Dingen und deren Wandlung,so werden Entwickler/-innen und Designer/-innen mit den Menschen zu „Gestaltenden“von naher und ferner Zukunft. Das machtseine/ihre Tätigkeit so interessant für eineTransformation der Gesellschaft und Wirt-schaft in eine gesellschaftlich und/oder indi-viduell gewollte Richtung.

Zielgruppen dieses Transition Design Guidessind daher insbesondere:

▶ Designer/-innen jeglicherAusrichtungundSchwerpunkte,

Die Welt, die wir gestalten,

S. 176

4. Nachhaltiges Wirtschaften

Nachhaltig gestalten, S. 206

und folgende Kapitel

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

3

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23WARUM EINEN TRANSITION DESIGN GUIDE?

▶ Produkt- und Dienstleistungsent-wickler/-innen in Unternehmen,

▶ Agent/-innen des Wandels inOrganisationen, Institutionen undKommunen sowie Quartieren,

▶ Forscher/-innen allerDisziplinen.

Die Tools können je nach Fragestellung invielfältigen strategischen Entwicklungspro-zessen genutzt werden, die die (Weiter-) Ent-wicklung von Technologie-, Produkt- und Un-ternehmensportfolios betreffen oder einfachzur Aus- und Weiterbildung in den verschie-densten Fachdisziplinen. Designer/-innen er-fahren während ihrer Ausbildung eine Vielfaltan möglichen disziplinären Differenzierungen– grob Industrie- und Kommunikationsdesign,ferner Experience Design, Social Design, par-tizipatives Design, Transition Design u. v. m.Die verwendeten Methoden können alle miteinigen der vorliegenden Tools kombiniertwerden und ergeben durch ihre jeweilige Di-versität einen bunten und spannenden Straußan verschiedenen Gestaltungsräumen und-möglichkeiten. Das Design kann so die Pers-

pektiven vieler verbinden, Bilder oder Narra-tionen des Möglichen erzeugen und ihre Ex-plorationen und Umsetzungen unterstützen.

Für sozial-ökologische, ökologisch-ökonomi-sche und sozio-ökonomische Transformati-onsprozesse in Produktion und Konsum inKommunen, Städten, Quartieren und Haus-halten ist der Transition Design Guide für alldiejenigen interessant und anwendbar, die ihrUmfeld mitgestalten und -erforschen wollen.

Nachhaltigkeit wird meist aus der Perspek-tive der ökologischen Anforderungen argu-mentiert – eine integrierte Perspektive vonindividuellen, sozialen, ökologischen undwirtschaftlichen Bedarfen wird selten ent-wickelt. Hier liegt aber der Kern einer nach-haltigkeitsorientierten gesellschaftlichen„Wende oder Transformation“ – sei es eineKlima-, Energie-, Ernährungs- oder Mobili-tätswende (vgl. Schmidt-Bleek 1994, Schnei-dewind 2018). Wichtig ist es, zwischen die-sen Ebenen eine Verbindung zu schaffen, diedie Menschen persönlich betrifft. Gestalter/-innen können dies als Chance nutzen, Gesell-schaft und Wirtschaft lebenswert für jetzigeund kommende Generationen zu entwickeln.

Gestaltungsprozesse können Kreativität er-leb- und erfahrbar machen sowie Sorgen undÄngste adressieren, wahrnehmen und im De-sign berücksichtigen. Technik, Technologi-en, Produkte oder Dienstleistungen könnendiese Veränderungsprozesse in ihrer Ästhe-tik, ihrer Form, ihrer Funktionalität und ih-rer Nutzungsart aktiv mitteilen. Sie werdensozusagen zum wertvollen materialisiertenoder digitalisierten Gedächtnis sowie der Er-zählung einer Veränderung und Transforma-tion. Dann stiften sie Identität, Sicherheit,Selbstwirksamkeit, Status u. v. m. und sorgenfür Verbreitung und Akzeptanz. Für diese Artder Vorgehensweise – Nachhaltigkeit gestal-terisch zu nutzen – gibt es keine uns bekann-ten „einfachen“ und zugleich wissenschaftlichfundierten Toolkits und Instrumente, die diesselbstverständlich in den praktischen Gestal-tungsprozess einfließen lassen, ohne den Kre-ativitäts- und Entwicklungsprozess zu unter-brechen. Wir möchten also die Perspektivedrehen und nehmen Nachhaltigkeit als Gan-zes ins Visier, als Inspiration für mehr Kreati-vität und einer Vielfalt möglicher Szenarien,deren Entwicklung und Umsetzung aufregendund herausfordernd sind.

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24 TEIL I: ÜBERBLICK

Wir haben bereits die einzelnen Tools mitangehenden Designstudierenden vorgetestetund konnten feststellen, dass die Anwender/-innen für sich zu völlig unterschiedlichen Lö-sungen und Wegen kamen. Sie fühlten sichinspiriert von dem sich neu öffnenden Ent-wicklungs- und Gestaltungsraum und erfuh-ren eine Faszination des Möglichen, bishernicht Gedachten. Einige haben die Konzept-phase vertieft, um den Gestaltungsraum zuerweitern, andere steuerten sofort auf die Re-alisierung zu, wieder andere kombiniertendiese Tools mit anderen Kreativitätstools desDesigns.

Wir haben eine bunte Vielfalt der Anwen-dungsmöglichkeiten kennengelernt und wür-den gerne mit Ihnenweiterlernen und -entwi-ckeln. Tipps und konstruktive Kritik nehmenwir daher gerne auf!

QUELLEN– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften. BirkhäuserVerlag, Berlin/Basel/Boston

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

3. Welche Tools sind enthalten?

Die insgesamt 16 Tools sind vier Anwen-dungsfeldern zugeordnet und orientierensich an Leitfragen, die helfen, den jeweili-gen Zielfokus zu verdeutlichen. Die dazuge-hörigen Arbeitsblätter geben die Möglichkeit,das Tool und dessen Thematik auf eigeneGestaltungsfragen/-konzepte anzuwenden.

1. LeistunganforderungHier wird eine möglichst konkretisierte Leis-tungsanforderung (Tool 1) und Zielbeschrei-bung (Tool 2)desProdukts bzw.derDienstleis-tung erarbeitet, um die Zielperspektiven allerbeteiligtenAkteure/Akteurinnentransparentzumachen.

2. NachhaltigkeitsbewertungEin Nachhaltigkeitsradar (Tool 3) macht dieBewertung für die aus den Nachhaltigkeitszie-len der Vereinten Nationen - SDGs (Tool 4),Deutschlands (Tool 5) und/oder Megatrend-analysen (Tool 6) abgeleiteten und angewen-deten Nachhaltigkeitskriterien transparent. Dieeigenen Zielkriterien können mit Hilfe einerMind Map (Tool 7) dargestellt und (weiter-)entwickelt werden. Die abgeleiteten Leistungs-

kriterien werden zusammengefasst, struk-turiert und für die Gestaltungsaufgabe nochmalso konkretisiert (Tool 8), dass eine Bewertungeiner gewünschten Zielerreichung für die Ge-staltungsaufgabe möglich wird.

3. Bewertung der WertschöpfungskettenDie mit den Produkten oder Dienstleistungenverbundenen Nachhaltigkeitseffekte (Tool 9)und ihr Ressourcenkonsum (Tool 10) werdencharakterisiert und bewertet.

4. Markt- und gesellschaftsrelevanteUmsetzung

Transition Design bedeutet Gestalten für eineUmsetzung und erlebte Veränderung. Die hierverorteten sechs Tools adressieren die Verän-derung des Alltagshandelns (Tool 11), dieVermeidung nicht beabsichtigter Wirkungen(z. B. Reboundeffekte, Tool 12), die Entwick-lung und Gestaltung nachhaltiger Geschäfts-modelle (Tool 13), die Adressierung undCharakterisierung der fokussierten Zielgrup-pe (Tool 14), die Entwicklung von Designsze-narien (Tool 15) sowie deren Evaluierung imÜberblick (Tool 16).

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25WELCHE TOOLS SIND ENTHALTEN?

Dass ich die Tools einerseits alsAnregung so verwenden kann,wie sie sind, sie andererseits auchmeinen Bedürfnissen und Ideenindividuell anpassen kann, hat dieArbeit mit ihnen sehr fruchtbar underkenntnisreich gemacht.

– Sophie Gnest, Studentin derFolkwang Universität der Künste, 2016

»

»

In zahlreichen Universitäten und Agenturen wurden im Rahmen von Kreativitäts- undGestaltungsprozessen bereits verschiedenste Design Toolkits entwickelt. Hier lohnt sichsicherlich eine zusätzliche Sichtung, um für die eigene Fragestellung das optimale Toolkitzu erschließen – einige Beispiele (alle Abruf 08/2019):

TIPPDie Tools und Arbeitsblätter sind so konzi-piert, dass sie auch unabhängig voneinanderbzw. einzeln und in frei gewählter Reihen-folge genutzt werden können.

Sustainability GuideGerman Federal Environment Agency (seit 2017)▶ Anleitung und Inspiration für Unternehmen,Bildungsinstitutionen und Designer/innenOnline verfügbar: https://sustainabilityguide.euund https://www.ecodesigncircle.eu/resources-for-you/sustainability-guide

Circular Design GuideEllen MacArthur Foundation; IDEO (2016)▶Methoden, Worksheets, Inspiration zumThema Circular DesignOnline verfügbar: https://www.circulardesign-guide.com

Eco Design KitBMUB, UBA, Ökopol, IDZ (2015)▶Grundlagen, Methoden und Praxisbeispielezur Integration von Umweltaspekten in Design-und Innovationsvorhaben.Online verfügbar: https://www.ecodesignkit.de/home-willkommen

The Field Guide to Human-Centered-DesignIDEO (2015)▶ gedacht für Produkt-, Service-, Erlebnisde-

sign und SozialunternehmenOnline verfügbar: https://www.ideo.com/post/design-kit

Delft Design Guide: Design Strategies andMethodsAnnemiek van Boeijen, Jaap Daalhuizen, Roosvan der Schoor, Jelle Zijlstra (Hg.) (2014)

BIS Publishers▶ Produktdesign, kostenpflichtigOnline verfügbar: https://ocw.tudelft.nl/courses/delft-design-guide

Delft Design GuideTU Delft (2010)▶ Produktdesign, beinhaltet Trends Analysis,EcoDesign Checklist, EcoDesign Strategy WheelOnline verfügbar: https://issuu.com/acunar/docs/delft_design_guide

Service Design Tools▶Webseite und Übersicht über diverse Tools.Online verfügbar: http://servicedesigntools.org

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26 TEIL I: ÜBERBLICK

1. Checkliste Leistungsanforderungen

2. Status quo-Analyse und Zielbeschreibung

3. Nachhaltigkeitsradar

4. Sustainable Development Goals

5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie

6. Megatrendanalyse

7. Mind Map

8. Leistungskriterien für Nachhaltigkeit

Leistungs-anforderung/Lastenheft

LeitfrageKlassifizíerung Tool

▶ Wer erwartet was?

▶ Welche Ziele werden verfolgt?

▶ Wo liegen die Nachhaltigkeitspotenziale?

▶ Wie können die globalen Nachhaltigkeitszieleadressiert werden?

▶ Welche nationalen Ziele und Strategien sindrelevant?

▶ Welche Megatrends sind bedeutsam?

▶ Was will ich, was wollen wir erreichen?

▶ Wie lassen sich Nachhaltigkeitskriterien und -zielein die Konzeptentwicklung übersetzen?

1

Übersicht und Klassifizierung der Tools

Nachhaltigkeits-bewertung 1

2345

12

3

4

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27TOOL-KLASSIFIZIERUNG

Arbeitsblätter

▶ 1.1 Leistungskriterien ▶ 1.2 Clusterung & Priorisierung

▶ 2.1 Voraussetzungen ▶2.2 Ergebnisübersicht

▶ 3.1 Netzgrafik ▶ 3.2 Balkendiagramm

▶ 4.1 Relevanz & Auswahl ▶ 4.2 Unterziele ▶ 4.3 Ergebnisgrafik

▶ 5.1 Indikatoren & Ziele ▶ 5.2 Ergebnisgrafik

▶ 6.1 Recherche & Bewertung ▶ 6.2 Clusterung ▶ 6.3 Ergebnisgrafik

▶ 7.1 Brainstorming ▶ 7.2 Priorisierung & Übersicht

▶ 8.1 Übertragung, Clusterung, Priorisierung ▶ 8.2 Themenfelder, Ziele, Indikatoren ▶ 8.3 Ergebnisgrafik

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28 TEIL I: ÜBERBLICK

Bewertung der Wert-schöpfungsketten:Vom Rohstoffabbaubis zum Recycling

LeitfrageKlassifizierung Tool

▶ Welche Effekte hat das Design auf dieWertschöpfungsketten und -netze?

▶ Wie viele Ressourcen werden benötigt?Wie viel Natur wird pro Dienstleistunggebraucht?

▶ Welche sozialen Praktiken sollen verändertwerden?

▶ Welche (Neben-)Effekte sind mit derEntwicklung verbunden?

▶ Wie können nachhaltige Geschäftsmodelle fürGestaltungskonzepte entwickelt werden

▶ An wen richtet sich das Gestaltungskonzept?An wen nicht?

▶ Wie viele Wege führen zum Ziel?Wie fokussiert man sich?

▶ Wie lassen sich Designlösungen in Bezug aufÖkologie, Soziales und Ökonomie bewerten?

Übersicht und Klassifizierung der Tools

Markt- und gesell-schaftsrelevanteUmsetzung

9. Hot Spot-Analyseraster

10. Ressourcenintensitätsanalyse – MIPS

11. Design for Social Change

12. Rebound- und Wirkungsanalyseraster

13. Geschäftsmodellentwicklung

14. Zielgruppenbeschreibung

15. Lösungsansätze und Designszenarien

16. Evaluierung

▶▶

Page 29: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

29TOOL-KLASSIFIZIERUNG

Arbeitsblätter

▶ 9.1 Lebenszyklusphasen & Bewertungskriterien ▶ 9.2 Hot Spots ▶ 9.3 Priorisierung ▶ 9.4 Ergebnisgrafik A▶ 9.5 Ergebnisgrafik B

▶ 10.1 Dienstleistungsbeschreibung ▶ 10.2 Prozessschaubild ▶ 10.3 Material Footprints▶ 10.4 MIPS Berechnung & Bewertung ▶ 10.5 Konzeptvergleich ▶10.6 Ergebnisgrafik

▶ 11.1 Beschreibung ▶ 11.2 Prozessketten des Alltags ▶ 11.3 Beziehungen & grafische Bewertung▶ 11.4 Priorisierung & Fokussierung ▶ 11.5 Ableitung von Designideen

▶ 12.1 Definition der Wirkungsebenen ▶ 12.2 Mind Map ▶ 12.3 Beschreibung & Bewertung▶ 12.4 Schlussfolgerung ▶ 12.5 Ergebnisgrafik

▶ 13.1 Integrierte GeschäftsmodellentwicklungA ▶ 13.2 Integrierte Geschäftsmodellentwicklung B▶ 13.3 Ergebnissammlung

▶ 14.1 Recherche & Typologiensammlung ▶ 14.2 Clusterung & Narration ▶ 14.3 Persona/e & Profil/e▶ 14.4 Nachhaltigkeitskriterien & Werthaltungen ▶ 14.5 Footprints ▶ 14.6 Ergebnisgrafik

▶ 15 Lösungsansätze & Designszenarien

▶ 16.1 Ökologische Kriterien ▶ 16.2 Sozio-ökonomische Kriterien ▶ 16.3 Auswertung & Schlussfolgerung

Page 30: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

30 TEIL I: ÜBERBLICK

4. Welches Vorgehen ist sinnvoll?

In nebenstehender Abbildung sind möglicheAnwendungen der Tools in den jeweiligenPhasen eines klassischen Designzyklus darge-stellt. Die Reihenfolge und die Kombinationder Tools ist von der jeweiligen Aufgaben-stellung abhängig. Das heißt, die Tools sindnicht zwingend nach vorgegebener Zahlen-reihenfolge zu verwenden, sondern ihre op-timale Nutzenstiftung steht im Vordergrund.Sie können auch jeweils flexibel vereinfacht,ergänzt, mit anderen Tools kombiniert oderaber detaillierter genutzt werden. Die Anwen-dung der Tools kann zudem an den individu-ellen Rahmen – Bedarf, Zeit und Anforderun-gen – angepasst werden.

WirempfehlenzweiunterschiedlichePfadederAnwendung:

▶ Quick & Dirty ist der Pfad, der schnell um-zusetzen ist, dafür aber nicht so in die Tiefegeht. Die Entwicklung oder das Konzept wirddabei anhand einzelner weniger Tools aufPotenziale und Ansatzpunkte für eine nach-haltige Realisierung hin überprüft. Als ersteAnnäherung und Abschätzung, ob das Vor-

gehen so sinnvoll ist, reicht dieser Pfad völligaus. Meist ergeben sich dann aus dieser ver-einfachten Anwendung die gewünschten Ver-tiefungen. Auf dieser Basis kann ein Konzeptin Hinblick auf eine Realisierung weiterentwi-ckelt und anschließend evaluiert werden.

▶ Gründlich & Fein, der zweite Pfad startetgenauso, vertieft dann schrittweise die Fra-gestellungen je nach Bedarf und inhaltlicherund strategischer Anforderung/Zielsetzung.Es werden für erste Schritte einer vertieftenNachhaltigkeitsbewertung Tools wie z.B. eineHot Spot-Analyse – Bewertung von sozialenund ökologischen Effekten entlang der Wert-schöpfungskette – oder aber eine Ressourcen-intensitätsanalyse zur Bewertung des öko-logischen Rucksacks genutzt. Das Vorgehen istkomplexer und lohnt meist, wenn dieEntscheidung zu fällen ist, ob eine Idee oderein Szenario vertieft ausgearbeitet werdensoll. Die Tools 14. Zielgruppenbeschreibung,13. Geschäftsmodellentwicklung und/oder 16.Evaluierung können für beide Pfadvariantensinnvolle Ergänzungen für die Vorbereitungdes Markteintrittes sein (siehe Abb. Nutzungs-pfade, S. 32/33).

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31WELCHES VORGEHEN IST SINNVOLL?

Abb.2: Kombinationsmöglichkeiten eines Designzyklus mit den Tools des Transition Design Guides, vgl. Liedtke et al 2013: 37

3. Nachhaltigkeitsradar

weitere Tools bzw.Wiederholung je nachVertiefungsbedarf

9. Hot Spot-Analyse 9. Hot Spot-Analyse

10. Ressourcen / MIPS-Bewertung

12. Rebound- und Wirkungsanalyse

16. Evaluierung

2. Zielbeschreibung

3. Nachhaltigkeitsradar

3. Nachhaltigkeitsradar

3. Nachhaltigkeitsradar

6. Megatrendanalyse

7. Mind Map

8. Leistungskriterien

13. Geschäftsmodellentwicklung

13. Geschäftsmodelle

15. Lösungsansätze und Designszenarien

11. Design for Social Change

4. Sustainable Development Goals

5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie

1. Checkliste

16. Evaluierung

Briefing

Brainstorming

Bewertungs-kriterien

Design-szenarien

Design& Prototyp

Design-konzept

KOMBINATION: DESIGNZYKLUS & TRANSITION DESIGN

Zielbeschrei-bung

Feldtest &nutzerbezogeneEvaluation

14. Zielgruppenbeschreibung

TRANSITION DESIGN GUIDE TOOLS

KLASSISCHER DESIGNPROZESS

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32 TEIL I: ÜBERBLICK

Mögliche Nutzungspfade der Anwendung

14. Zielgruppen

15. Designszenarien

16. Evaluierung

3.Nachhaltigkeits-Radar

▶▶

t

11. Design for Social Change

12. Rebound- undWirkungsanalyse

13. Geschäftsmodell-entwicklung

Auswahl vertiefender OptionenGründlich & Fein

Quick & Dirty bei Bedarf:

9. Wertschöpfungsketten

10. Ressourcen/MIPS

1. Checkliste

2. Zielbeschreibung

3. Nachhaltigkeitsradar

7. Mind Map

14. Zielgruppen

WeiterentwicklungErweiterung

8. Leistungskriterien

4. Sustainable DevelopmentGoals

5. Nationale Nachhaltig-keitsstrategie

6. Megatrends12345

12

3

4

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33MÖGLICHE NUTZUNGSPFADE DER ANWENDUNG

Für den Vergleich zweier Konzepte:

Für die Evaluierung eines Konzeptes:

Die linksstehende Grafik zeigt beide Pfa-de sowie die möglichen Vertiefungen auf.Sowohl für den Pfad Quick & Dirty alsauch Gründlich & Fein ist ein Optimierungs-zyklus möglich, der auch die Geschäftsmo-dellentwicklung einschließen kann. In diesenOptimierungszyklus können jeweils vertiefen-de Elemente der Tools einbezogen werden.Um den Transition Design Guide effektivfür das eigene Konzept zu nutzen, müssenalso nichtalle Tools bearbeitet werden. Fürunterschiedliche Aufgabenstellungen eignensich oft verschiedene Toolkombinationenbzw. eine individuelle Auswahl verschiedenerTools:

4. Sustainable DevelopmentGoals

7. Mind Map

3. Nachhaltigkeitsradar

16. Evaluierung

16. Evaluierung

345 8. Leistungskriterien

8. Leistungskriterien

4. Sustainable Development Goals

3. Nachhaltigkeitsradar

6. Megatrends12345

5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie1

2

3

4

Für den Vergleich oder die Evaluierung einesKonzeptes für verschiedene Anwendungen:

9. Wertschöpfungsketten

16. Evaluierung

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

4. Sustainable DevelopmentGoals

3. Nachhaltigkeitsradar

1. Checkliste

2. Zielbeschreibung

11. Design for Social Change

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34 TEIL I: ÜBERBLICK

Veranschaulichung eines ToolpfadesBeispielhafte Darstellung

7. Mind Map

▶ Herausarbeiten derKernpunkte

▶ Abbildung wichtigerPunkte und Beziehun-gen

1In folgender Darstellung lässtsich exemplarisch ein mögli-cher Toolpfad nachvollziehen.

Aufgeführt ist das jeweiligeTool mit einer kurzen Auflis-tung der darin abgearbeitetenArbeitsschritte.

1. Checkliste

2

▶ Definition der vorläufi-gen Haupt-Zielgruppe

▶ Herausstellung Anfor-derung der Auftrag-geber

4. SustainableDevelopment Goals

3

▶ Konzept mit den 17gesellschaftlich undwirtschaftlich definier-ten Nachhaltigkeitszie-len abgleichen

▶ Konzeptbewertungbzgl. einzelner Ziele

▶ Auswahl der wichtigs-ten Ziele für die Nach-haltigkeitsbewertung

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35VERANSCHAULICHUNG EINES TOOLPFADS

6. Megatrends

▶ Recherche einzelnerMegatrends

▶ Bewertung und Über-setzung in Bezug aufdas Konzept/Projektund Nachhaltigkeit

▶ Auswahl der wichtigs-ten Ziele für die Nach-haltigkeitsbewertung

5

8. Übersetzungstabelle

▶ Sortieren nach sinnvol-len Oberbegriffen

▶ Bewertung nachRelevanz

6

3. Nachhaltigkeitsradar

▶ Bewertung und Ver-gleich von Konzepten inBezug auf Nachhaltig-keitsindikatoren

7

5. NationaleNachhaltigkeitsstrategie

▶ Abgleich mit den Zielender Nationalen Nach-haltigkeitsstrategie

4

▶ Auswahl der wichtigs-ten Ziele für die Nach-haltigkeitsbewertung

12345

12

3

4

▶ Auswahl der wichtigs-ten Indikatoren fürNachhaltigkeit

▶ Ergebnisgrafik mitIndikatoren als Fazit ausallen bearbeiteten Tools

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TEIL II TOOLS

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38 TEIL II: TOOLS38

Im folgenden Teil des Transition Design Guidesfinden sich die Toolbeschreibungen. Für jedesTool erfolgt zunächst jeweils eine kurze Ein-führung zur adressierten Thematik, gefolgtvon der Beschreibung der Arbeitsschritte undeiniger Beispiele zur Anwendung der Arbeits-blätter in Form von ausgewählten Konzeptbei-spielen.

Konzept-/Praxisbeispiele

Für die Entwicklung der Konzept-/Praxisbei-spiele haben verschiedene Studierende eineAuswahl der Tools und Arbeitsblätter genutztund auf eigene Projektideen angewendet. Diekurze Darstellung ihrer Ergebnisse hilft dabei,die Anwendung des Tools mit Hilfe der Ar-beitsblätter besser nachvollziehen zu können.Zur besseren Navigation sind diese Anwen-dungsbeispiele in den Toolbeschreibungenmit einer roten Umrandung versehen.

Alle enthaltenen Konzeptbeispiele werdennun folgend kurz vorgestellt – fünf Konzept-beispiele etwas ausführlicher, drei weiteremit einer kurzen Information. Anhand dieser

TEIL II TOOLS

Beispiele soll eine möglichst differenzierteund grundlegende Anwendung der Tools desTransition Design Guides gezeigt werden. Zu-dem sollen sie unterschiedliche Bereiche undEbenen von Gestaltung aufgreifen und Mög-lichkeiten zur Realisierung aufzeigen. Auchder Beitrag der Tools zur Entwicklung nach-haltiger Designszenarien sollte damit veran-schaulicht werden. Es sind sowohl technischorientierte, räumlich-quartiersbezogene, reinkonzeptionelle als auch konkret umsetzbareKonzepte vertreten.

Hintergrund zur Entwicklung derKonzeptbeispieleDie Konzepte 3D Copy Shop, Fitnessriegel Bug-Protein und Cycle Genossenschaft basieren aufder Anwendung des Designguide von 2013und entstanden in einem Masterkurs an derBergischen Universität Wuppertal. Zwei Bei-spiele wurden im Rahmen der Forschungs-arbeit des Wuppertal Institutes entwickeltund gingen als solche in die Entwicklung desTools 11. Design for Social Change ein. Alleanderen Konzepte waren in die Entwicklungund Erprobung des hier vorliegenden Transi-tion Design Guides einbezogen, sozusagen ineine „just in time“-Entwicklung und -Evaluie-rung (Kurs Sommersemester 2016, FolkwangUniversität der Künste Essen, Bergische Uni-versität Wuppertal).

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39ÜBERSICHT DER KONZEPT-/PRAXISBEISPIELE

Cycle Genossenschaftvon Jonas MichelsMichels 2013, Bergische Universität Wuppertal

bemöglichkeiten zu entwickeln. Cycle Genos-senschaft stellt damit nicht das Design vonProdukten, sondern das Design eines sozialenArrangements in den Mittelpunkt. Die Genos-senschaft bindet die Mitglieder in die Gemein-schaft ein, soziale Kontakte werden geknüpftund intensiviert. Leihen, Kaufen, Service wirdüber qualitativ hochwertige Produkte flexi-bel und bedarfsgerecht angeboten. Über dieNachfragebündelung steht den Anbietern/An-bieterinnen ein/e organisierte/r Abnehmer/in gegenüber, der/die Produkte nach Qua-litätskriterien, Dienstleistungsangebot undPreis bestellen kann. Das Gestaltungskonzeptorientiert sich an ausgewählten Nachhaltig-keitskriterien wie der Abfallvermeidung, derVerlängerung der Nutzungsdauer u. a. undintegriert Transparenz, Bildung, Integration,sozialen Zusammenhalt sowie Finanzierung/Vermeidung von Verschuldung. Über dieseKriterien führt es nicht zu einem 1:1 Verhält-nis von Kunde/Kundin zum Unternehmenmit einer 1:1 Vertragsbindung, sondern zumVerhältnis einer Genossenschaft zu mehre-ren Unternehmen mit Wahlmöglichkeit undrechtlich basierter Professionalisierung.

BeschreibungCycle Genossenschaft ist ein Gestaltungskon-zept für die gemeinschaftliche Anschaffungund Nutzung von Produkten im Stadtquar-tier, mit Fokus auf Elektronikprodukte für denHaushalt. Jonas Michels entwickelte einengenossenschaftlich organisierten Ansatz mitNachfragebündelung. Die Genossenschaft or-ganisiert das Management von Elektronikpro-dukten im Quartier, sorgt für Produktqualitätund Kreislauforientierung. Gleichzeitig hat sieauch die Aufgabe, möglichst viele Menschenim Quartier zu beteiligen und sozial adäquateFinanzierungsmodelle und vor allem Teilha-

12. Rebound- & Wirkungs-analyseraster

▶ Anwendung in

9. Hot Spot-Analyseraster

Abb.3: Jonas Michels

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40 TEIL II: TOOLS40

Layout und Grafik: Annika Greven & Sophia Kahl/Foto: Katharina Wergen

Foto: mediaphotos, E+, Getty Images

Wuppertal isst fremd!von Annika Greven und Sophia KahlGreven/Kahl 2016, Bergische Universität Wuppertal

BeschreibungIn unserem stressigen Alltag verbringen wir im-mer wenigerZeit zuhause, gehen oft altbekann-te Wege und haben keine Zeit, uns mit demeigenen Viertel sowie mit den dort lebendenMenschen vertraut zu machen. Zudem essenwir immer öfter außer Haus. Und doch: Es gibtHinweise darauf, dass gemeinsames Essen oderauch der soziale Austausch beim Essen vielenMenschen sehr wichtig ist. Denn die Deutschenverbringen nicht mehr Zeit beim Kochen, alsbeim gemeinsamen Abendessen. Das KonzeptWuppertal isst fremd! versucht nach dem Vor-bild von RudiRockt beides zu verbinden. Esbietet den Wuppertaler Studierenden die Mög-

3D Copy Shopvon Markus SchiebelSchiebel 2013, Bergische Universität Wuppertal

BeschreibungUm die Nutzung von 3D-Druckern nachhalti-ger zu gestalten, analysierte Markus Schiebeldie beiden Anwendungsmöglichkeiten des 3D-Druckers für zuhause und das Bestellen von3D-Drucken bei einer Online-3D-Druckerei.Aus den daraus abgeleiteten Vor- undNachtei-len entwickelte er das Konzept 3D Copy Shop.Hierbei handelt es sich um eine lokale Dienst-leistungststelle, die professionelle 3D-Druck-Dienstleistungen für die Anwohner/-innen desQuartiers anbietet. Dadurch können Fehldru-cke und qualitativ minderwertige Drucke so-wie eine damit einhergehende Ressourcenver-schwendung vermieden werden. Gleichzeitig

kann eine persönliche, professionelle Bera-tung angeboten, Reparaturen gefördert undaußerdem quartiers-gestalterische bis hin zukünstlerisch-ästhetische 3D Druck-Objekte imstädtischen Raum als identitätsstiftender Fak-tor des Quartiers entwickelt werden. Auch dieAustauschmöglichkeit unter den Quartiersbe-wohnern/Quartiersbewohnerinnen in Formeines Treffpunktes ist ein wichtiger Fokus desKonzepts.

12. Rebound- und Wirkungs-analyseraster

▶ Anwendung in

3. Nachhaltigkeitsradar

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41ÜBERSICHT DER KONZEPT-/PRAXISBEISPIELE

Foto: Dash_med, iStock / Getty Images Plus

Gesunde Ernährung,mehr Bewegungvon German Campos und Christoph LabochaCampos/Labocha 2016, Bergische Universität Wuppertal

3. Nachhaltigkeitsradar

2. Status quo-Analyseund Zielbeschreibung

1. Checkliste / Leistungs-anforderungen

5. Nationale Nachhaltigkeits-strategie

4. Sustainable DevelopmentGoals

lichkeit, ihr Viertel und ihre Nachbarschaft bes-ser kennenzulernen und bringt verschiedene(Ess)-Kulturen während eines gemeinsamenAbendessens zusammen. Die einzelnen Gängewerden von verschiedenen Teilnehmenden zu-hause für die anderen gekocht und so bewegtman sich für jeden Gang quer durch das eige-ne Viertel. Eine erste erfolgreiche Realisierungfand bereits im Sommer 2016 statt. Mehrereweitere folgten bereits.

BeschreibungErnährungsstile werden mehr und mehr zumStatussymbol und Lifestyleprodukt. Gleichzeitigtreten vermehrt Fehlernährungsmuster auf – inunseren Graden eher Mangelernährung undÜbergewicht. Damit sind weitreichende Krank-heitsbilder verbunden. Wie lässt sich der Hypeum gesunde Ernährung und gesundheitlich be-denkliche Entwicklungen ganzer Gesellschaf-ten erklären? Inwieweit ist dies auch vom Bil-dungs- und Kompetenzniveau und damit demEinkommen abhängig? Wie verteilt sich diesüber die Quartiere und Städte? Welche Mus-ter lassen sich feststellen und wie kann man

▶ Anwendung in

8. Leistungskriterien fürNachhaltigkeit

6. Megatrendanalyse12345

12

3

4

Weitere Infos zum Projekt-Vorbild „RudiRockt“ unter: https://www.rudirockt.de

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42 TEIL II: TOOLS42

7. Mind Map

11. Design for Social Change

15. Designszenarien

7. Mind Map

16. Evaluierung

BugProtein– Insekten als alternativeEiweißquelle für Europavon Selina MaleskaMaleska 2013, Bergische Universität Wuppertal

BeschreibungIn vielen Teilen der Welt ist eine Ernährungmit Insekteneiweißen völlig alltäglich. Umdiese ressourcenschonenden und nährstoff-reiche Ernährung auch in Europa einzufüh-ren, wurde zunächst ein Fitness-Eiweißriegelkonzipiert, der mit einer entsprechendenKommunikationsstrategie speziell Sportlerund „Experimentierfreudige“ ansprechen soll.Diese Zielgruppen legen sehr großen Wert aufeine eiweißreiche und fettarme, aber natürlichauch schmackhafte Ernährung. Als Grundlagefür den Fitnessriegel „BugProtein Bar“ solltenHeuschrecken fungieren. Diese haben pro 100

▶ Anwendung in

Gramm hohe Nährwerte, kaum Kalorien undFett. Mittels eines überzeugenden Geschma-ckes und hoher Qualität sollten die BugPro-tein-Produkte „von sich reden machen“ undso eine zunehmende Zahl von Verbraucher/-innen von der Sinnhaftigkeit eines entomo-phagischen (auf Insekteneiweiß basierenden)Ernährungsansatzes – zumindest als partielleOption – überzeugen. Ein weiteres Argumentfür die BugProtein Riegel war die – im Ver-gleich zu konventionellen Fitnessriegeln – we-sentlich verbesserte Ressourceneffizienz.

3. Nachhaltigkeitsradar

▶ Anwendung in

6. Megatrendanalyse

ihnen gestalterisch begegnen? Im Herantastenan eine Konzeptentwicklung wird die Dynamikvon Komplexität und Vereinfachung zu einereigenen ästhetischen Form des Gestaltens, fastwie ein Tanz zwischen verschiedenen Lebens-welten. Vorhandene Konzepte wurden bewertetund in Verbindung gesetzt, um zu einem erstenSzenario zu gelangen. Mit Hilfe des TransitionDesign Guides wurden mehrere Ansatzpunkteals Basis für eine mögliche gestalterische Um-setzung erarbeitet.

12345

Foto: Selina Maleska

▶▶

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43ÜBERSICHT DER KONZEPT-/PRAXISBEISPIELE

11. Design for Social Change4. Sustainable DevelopmentGoals

Weitere Praxis-Beispiele

Soziale Praktikenvon Hannah FinkFink 2015, Wuppertal Institut und

Ecosign/Akademie für Gestaltung Köln

Budenbüchervon Sophie GnestGnest 2016, Zeit zum Lesen und Austausch, Folkwang

Universität der Künste, Essen

BeschreibungSoziale Praktiken sind unbewusste Routinenund helfen uns, das tägliche Leben einfacherzu gestalten. Sie bilden den Kern unsererLebensstile und damit unserer Ressourcen-verbräuche. Diese Methodenentwicklung sollhelfen, diese Abläufe sichtbar und ihre Rele-vanz für Designkonzepte deutlich zu machen.

BeschreibungDie Kleinen Changemaker sind verschiedenecharmant gestaltete Hinweise, die zuhausean bestimmten Geräten angebracht werdenkönnen. Sie wollen mit einem Augenzwin-kern auf nicht nachhaltige Alltagsroutinenaufmerksam machen und zum Umdenkenbzw. -handeln anregen.

BeschreibungBücher als Objekte und das Lesen als Aktivi-tät sind recht ressourcenleicht und bereitendabei vielen Menschen Spaß. Das Konzeptmöchte das Sich-Zeit-Nehmen zum Lesen so-wie zum Austausch über das Gelesene wiederin den Alltag der Menschen zurückbringen.(Ausführlichere Erläuterung des Konzeptssiehe Tool 4. Sustainable Development Goals)

▶ Anwendung in▶ Anwendung in

11. Design for Social Change

Kleine Changemakervon Christoph TochtropTochtrop 2016, erste Beispiele, Wuppertal Institut und

Folkwang Universität der Künste

▶ Anwendung in Tools

Abb.4: Kim Huber

Abb.6: Christoph TochtropAbb.5: Sophie Gnest

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44 TEIL II: TOOLS

7. Mind Map

14. Zielgruppenbeschreibung

TOOLS

Tools zu Leistungsanforderungen

Toolbeschreibungen

Die Tools 1. Checkliste/Leistungsanforderungund 2. Zielbeschreibung dienen dazu, die kon-zeptionellen Voraussetzungen für die Entwick-lung nachhaltiger Gestaltungskonzepte zuschaffen. Dazu gehört, dass die Perspektiven,Interessen und Zielsetzungen aller beteilig-ten Akteure/Akteurinnen (Auftraggeber/-in-nen, Zielgruppen, Gestaltende, Entwickeln-de, Agenten/Agentinnen des Wandels) formalund transparent abgestimmt werden. So wirdpotenziellen Missverständnissen und Fehler-wartungen vorgebeugt. Die Durchführung ei-ner Status Quo-analyse und die gemeinsameEntwicklung von Zielen undMeilensteinen er-möglicht eine erfolgreiche Umsetzung des Ge-staltungskonzeptes.

Die folgenden 16 Toolbeschreibungen sind in4 Themenkomplexe gegliedert:– Leistungsanforderungen– Nachhaltigkeitsbewertung– Bewertung der Wertschöpfungsketten– Markt- und gesellschaftsrelevante Umset-zung

Leistungsanforderungen/Lastenheft1. Checkliste2. Zielbeschreibung

Nachhaltigkeitsbewertung3. Nachhaltigkeitsradar4. Sustainable Development Goals5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie6. Megatrendanalyse7. Mind Map8. Leistungskriterien für Nachhaltig-keitBewertung der Wertschöpfungsketten9. Hot Spot-Analyseraster10. Ressourcenintensitätsanalyse –MIPSMarkt- und gesellschaftsrelevanteUmsetzung11. Design for Social Change12. Rebound- und Wirkungsanalyse13. Geschäftsmodellentwicklung14. Zielgruppen15. Designszenarien16. Evaluierung

TOOLÜBERSICHT

2

1

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451. CHECKLISTE / LEISTUNGSANFORDERUNGEN

ist daher von hoher Bedeutung. Auch derenVeränderung im Entwicklungsprozess solltedokumentiert werden. Sie begleitet also dengesamten Gestaltungsprozess von Anfang bisEnde.

Mit der Leistungsbeschreibung bzw. dem Las-tenheft erhält man konkrete Entwicklungs-ziele, die entweder mit der Zielgruppe unddem/der Auftraggeber/-in zusammen ent-wickelt und vertieft oder direkt einer vor-liegenden Leistungsbeschreibung entnom-men werden können. Liegt diese nicht vor,kann eine Mind Map 1 zu den jeweili-gen Zielvorstellungen erstellt und die ein-zelnen Leistungsanforderungen priorisiertwerden. Um Missverständnissen und Feh-lerwartungen vorzubeugen, sollten die An-forderungen schriftlich festgehalten werden.Viele Projekte scheitern gerade an diesemPunkt. Es empfiehlt sich außerdem immerüber den Auftrag hinausgehende Optionenund Perspektiven einzubringen und anzubie-ten. Dies gilt insbesondere für Herausforde-rungen mit demZiel, nachhaltige Entwicklungund die dazu notwendige Transformation zugestalten. Hierzu finden sich viele Ansätzeund Hinweise in den Tools, den Arbeitsblät-

1. Checkliste/Leistungsanfor-derungenWer erwartet was?

In Entwicklungsprozessen haben alle Betei-ligte eigene Vorstellungen, Entwicklungskri-terien und Bilder im Kopf – seien es Unter-nehmen, Auftraggeber/-innen, Dozierende,Nutzende oder auch man selbst. Werdendiese Vorstellungen und Ideen nicht sichtbargemacht, läuft man Gefahr, Anforderungennicht zu erfüllen, aber auch unerfüllbare oderwidersprüchliche Anforderungen nicht frühgenug zu erkennen, zu kommunizieren undzu klären. Daher ist die Transparenz dieserLeistungsanforderungen der jeweiligen Pro-zessbeteiligten von sehr hoher Bedeutung.Aus eigener Erfahrung haben wir dazu eineinfaches Tool entwickelt. Das Tool bildetdas Fundament der Kooperation bzw. dergemeinsamen Aufgabe. Wird diese nichtsinnvoll angelegt, kann das entwickelte De-signkonzept nicht tragen. Die schriftlicheDokumentation der Leistungsanforderungen

▶ Arbeitsblätter1.1 Leistungskriterien1.2 Clusterung & Priorisierung

tern, den Ergebnisgrafiken sowie den Hinter-grundinformationen. Eine Zielgruppenanalysekann helfen, sich deren Rahmenbedingungen,Bedarfe, Handlungsmuster und Denkweisenzu verdeutlichen. 2 Für die Konzeptentwick-lung ist dies eine wichtige Voraussetzung.

Toolbeschreibung1 LEISTUNGSKRITERIEN DEFINIEREN

UND REFLEKTIEREN

▶ Arbeitsblatt 1.1ImerstenSchrittwerdendie eigenenLeistungs-kriterien indieTabelleeingetragenund ihreRe-levanz seitens der jeweiligen Zielgruppen unddurch den/die Entwickler/-in bewertet. Diesgeschieht abgleichend und im Austausch mitdem/der Auftraggebenden und Zielgruppen.

2 LEISTUNGSKRITERIEN

ZUSAMMENFASSEN

▶ Arbeitsblatt 1.1Anschließend können ähnliche oder in diegleiche Richtung wirkende Kriterien mit der-selben Farbe markiert und unter einem Ober-begriff zusammengefasst werden. Widersprü-che oder offene Fragen sollten rot markiertund mit den relevanten Stakeholdern (z. B.dem/der Auftraggebenden oder der Projekt-

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46 TEIL II: TOOLS

gruppe) geklärt werden. Im Feld Anmerkun-gen lassen sich die jeweiligen Erläuterungenerfassen.

3 ERGEBNISSE ZUSAMMENFASSEN

▶ Arbeitsblatt 1.2In einem letzten Schritt werden die mar-kierten Kriterien in einer Übersichtstabellegeclustert. Auch werden die herausgestell-ten Probleme/Widersprüche den Erwartun-gen gegenübergestellt.

www

Der DesignvertragSchubert, K; Schubert, J. (2010)Online verfügbar: http://www.karsten-chudoba.de/wp-content/uploads/2013/10/Designvertrag.pdf (Abruf06/2019)

Mustervertrag für Designer: Übertragungvon Nutzungsrechten an einem EntwurfPage online/Artikel vom 13.06.2017https://page-online.de/branche-karriere/mustervertrag-fuer-designer-uebertragung-von-nutzungsrechten-an-einem-entwurf (Abruf 07/2019)

Der Designvertrag – Zum Inhalt undVertragsschlussAllianz deutscher Designer (AGD) (2016)Online verfügbar: https://agd.de/handbuch/design-auftraege/designvertrag (Abruf 06/2019)

Vertragsmuster für DesignerHackenberg, L.(2016)Online verfügbar: http://www.lutzhackenberg.de/pdf/vertragsmuster.pdf (Abruf 06/2019)

Wuppertal isst fremd in Tools1-6 und 8

KONZEPTBEISPIELE

1

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471. CHECKLISTE / LEISTUNGSANFORDERUNGEN

Annika Greven und Sophia Kahl haben das Konzept Wuppertal isst fremd 1 entwickelt. Das Konzept bringt einander fremde Personen imQuartier jeweils für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen.

1. CHECKLISTE KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

Anwendung:DasToolwurdehiergenutzt,umsowohldieeigenenLeistungskriterienalsauchdiederZielgruppeunddes/derAuftraggeber/-inzu analysieren und sich ähnelnde Kriterien, wie etwa die soziale Interaktion mit dem Erlebnis oder Event, farbig zu clustern (rot/grün).

Leistungs-kriterien

Anmerkungen(Vorgehen nachvollziehbar dokumentieren)

Relevanz ( 0 / + / ++ / +++ ) Clus-terung /Synergien

Klärungs-bedarfe

Auftrag-geber

Ziel-gruppe

eigene Ein-schätzung

1.Auftraggeber

Zielgruppe Studierende

+++ + X

+ X

X

X

X

0

+++

+++

++

++

+ ++

++

+++

1 LEISTUNGSKRITERIEN DEFINIEREN UND REFLEKTIEREN

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48 TEIL II: TOOLS

Sind die Erwartungen und Leistungsanforde-rungen der beteiligten Akteure/Akteurinnen– z. B. die eigene Idee, Auftraggeber/-innenund/oder Zielgruppe 1 – geklärt, ist eine ers-te genauere Zielbeschreibung wichtig, um dennotwendigen Gestaltungsraumzu eröffnen. Füreine erfolgreiche Entwicklung und Umsetzungeines nachhaltigen Gestaltungskonzeptes ist eswichtig zu definieren, welche Gestaltungsebe-ne adressiert werden soll. Dies ermöglicht, zubeschreiben welche Rahmenbedingungen rele-vant sein können und welche Ansätze im Gan-zen oder schon zu Teilen im Aufgabengebietexistieren. Dieses Tool dient einer ersten Re-cherche und Exploration der Aufgabenstellungmit dem Fokus auf das zu erreichende Ziel derGestaltungs- und Entwicklungsaufgabe.

Ein wichtiger Aspekt dabei ist die genaue Be-schreibung des gewünschten Nutzens (oder

Service, siehe Definition), die die Aufgaben-stellung erbringen soll. Dies kann z. T. direktaus den Leistungsanforderungen 2 abgeleitetwerden. In weiteren Schritten z. B. der Defin-tion von Nachhaltigkeitskriterien, der Anwen-dung weiterer Tools wie z. B. 9. Hot Spot-Ana-lyseraster oder 13. Geschäftsmodellentwicklungwird es notwendig sein, die erarbeitete Ziel-beschreibung noch einmal zu reflektieren undweiterzuentwickeln.

Der Serviceumfasst diematerielle und im-materielle Wertschöpfung, die ein Produktoder eine Dienstleistung erbringt, bezeich-net also den gesamten Nutzen (Schmidt-Bleek 1994). Es geht nicht nur um dasAutoselbst, sondern auch denKomfort, denSta-tus, die Emotion, die Identität, die sozialeZugehörigkeit etc., die es neben der funkti-onalen Dienstleistung des Transportes vonA nach B stiftet. All das fließt in die Wahleines Produktes oder einer Dienstleistungein und ist daher bei einer Gestaltung zuberücksichtigen.

2. Status quo-Analyse und Ziel-beschreibungWelche Ziele werden verfolgt?

▶ Arbeitsblatt2.1 Voraussetzungen2.2 Ergebnisübersicht

14. Zielgruppenbeschreibung

1. Checkliste/Leistungsanfor-derungen

TOOLS

1

2

Gesunde Ernährung undmehr Bewegung in Tools 3, 6,7, 11 und 15

KONZEPTBEISPIELE

1

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492. STATUS QUO & ZIELBESCHREIBUNG

Toolbeschreibung1 GESTALTUNGSFOKUS DEFINIEREN

▶ Arbeitsblatt 2.1Für eine Konzeptentwicklung ist wichtig zuwissen, welchen Komplexitätsgrad die gestell-te Aufgabe hat – ob man z. B. komplexere Ver-änderungsprozesse mit Dienstleistungs- undProduktbündeln gestaltet oder ein einzelnesBauteil eines Produktes optimiert. Beides kannsehr komplex und sinnvoll sein. Hier notiertman die Gestaltungsebene – es können auchmehrere Gestaltungsebenen relevant sein.

2 AUFGABENSTELLUNG ABLEITEN UND

NUTZEN BESCHREIBEN

▶ Arbeitsblatt 2.1Unter Berücksichtigung der Leistungsbe-schreibung 2 wird die Aufgabenstellungmit einem Kurztitel zusammengefasst undin eine Nutzenbeschreibung übersetzt. Je ge-nauer diese ist, desto besser lassen sich dierelevanten Aufgabenstellungen und Recher-chenotwendigkeiten ableiten. Sie kann stich-punktartig erfolgen oder in einem Text gefasstsein – so ausführlich wie nötig, so kurz wiemöglich.

In diesem Sinne geht es z. B. nicht um dasProdukt Auto an sich, sondern um den Ser-vice, und den Nutzenden es erbringt. Auchdas „Auto fahren“ als soziale Praktik wäre zukurz gegriffen, denn das Auto beinhaltet zahl-reiche weitere Serviceleistungen für unsereLebensstile – es drückt Status, Identität undMode aus und bietet zugleich freie Beweglich-keit zu jeder Zeit, Mobilität in einem privatenRaum, Sicherheit, Wahlmöglichkeit bezüglichder Mitfahrenden, Aktivitäten wieMusik hörenoder telefonieren. Esbewegt uns alsonicht nurvon A nach B, sondern ist Symbol für unsereWerte und Lebensstile. Auch die Entscheidunggegen ein Auto ist eine Formvon Statussymbolund Lebensstildarstellung. Eine erfolgreicheGestaltung und Entwicklung muss diese Wer-temuster mit einbeziehen, um anschlußfähigan die Zielgruppen zu sein und gewollte Ver-änderungen mit ihnen zusammen entwickelnzu können. Dies ist der Ansatz von Transiti-ondesign – die Bedürfnisse zu erkennen und inder Gestaltung so zu adressieren, dass sie auffunktionale, ressourcenleichte und nachhaltigeWeise gedeckt werden.

3 STATUS QUO RECHERCHIEREN UND

ANALYSIEREN

▶ Arbeitsblatt 2.1Ist die Aufgabe und das Nutzenziel beschrie-ben, so können vergleichbare Produkt- undDienstleistungsangebote recherchiert werden,die Teile der oder die gesamte Aufgabenstel-lung schon am Markt adressieren. Wenn essich um eine völlig neue Zielsetzung handelt,für die es kein Vorläuferkonzept gibt, so kannman zur Inspiration nach ähnlichen Entwick-lungsvorgängen suchen, die vergleichbareRahmenbedingungen hatten. Auch das Mo-biltelefon zum Beispiel hatte Vorläuferent-wicklungen im Bereich Kommunikation (Fest-netztelefon, erste Displays in Leitzentralen,Computerspiele etc.). Hier ist es wichtig, denGestaltungsraum zu erweitern und auf denGrundbedarf der sozialen Interaktion undKommunikation zu schauen. Das Ergebniskann eine Präsentation dieser Beispiele sein,welches zur Weiterentwicklung mit dem Tool15. Lösungsansätze und Designszenarien ver-knüpft werden kann. 1

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50 TEIL II: TOOLS

4 GESTALTUNGSRAUM BESCHREIBEN –

RELEVANTE ENTWICKLUNGSPUNKTE

BENENNEN

▶ Arbeitsblatt 2.1Nun kann eine erste Exploration der zu be-rücksichtigenden Rahmenbedingungen undEntwicklungsanforderungen erfolgen. Mitdem Fortschreiten der Entwicklung des Kon-zeptes kann diese Liste wie auch die Nutzen-beschreibung immer wieder weiterentwickeltwerden. Fragestellungen für ein erstes Brain-storming sind hier benannt – wichtig ist, dieseauf ihre Relevanz zu prüfen, zu ergänzen undauf die eigene Aufgabenstellung anzupassen.

5 ERGEBNISSE SICHERN UND WEITERE

SCHRITTE DEFINIEREN

▶ Arbeitsblatt 2.2Aus der Status quo-Analyse und auch aus derAnwendung des Tool 15. Lösungsansätze undDesignszenarien ergeben sich unterschiedli-che Ansätze für das Herangehen an die wei-tere Entwicklung. Diese werden im Überblickdargestellt. Die jeweils notwendigen weite-ren Schritte werden benannt sowie der ge-wünschte Zielzustand für das eigene Konzept(was wird aus diesem Ansatz für das eige-ne Konzept abgeleitet?). Es ist sinnvoll, sich

dies in Großformat als „Arbeitsposter“ an dieWand zu hängen oder aber als „lebendes“ Ar-beitsblatt für die weitere Projektentwicklungzu nutzen.

6 SCHRITTE PRIORISIEREN

▶ Arbeitsblatt 2.2Um zu einem praxisrelevanten „Outcome“(vgl. Prestero 2012) zu kommen, ist es wich-tig – möglichst mit den Zielgruppen undUmsetzenden – die ersten Recherchen undErgebnisse nach deren Sinnhaftigkeit undUmsetzungsmöglichkeit für die bestehendeAufgabe zu bewerten. Diese Bewertung hilft,die nächsten Entwicklungsschritte vorzube-reiten und noch einmal einen Einblick in dieDenkweise der Beteiligten zu bekommen. Istdies nicht möglich, sollte die eigene Einschät-zung für das Team oder Externe transparentdargestellt werden.

Sollten die „Türen“ für eine bestimmteVeränderung heute noch nicht offen ste-hen, so kann das morgen schon möglichsein. Deswegen sollte man die Pfade imbestehenden System bereits so anlegen,dass eine angedachte oder gewünsch-te Veränderung möglich bleibt, da diesgrundlegend für Veränderungen in Rich-tung Nachhaltigkeit ist.

TIPP

Wuppertal isst fremd in Tools1-6 und 8

KONZEPTBEISPIELE

1

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512. STATUS QUO & ZIELBESCHREIBUNG

Anwendung: Annika Greven und Sophia Kahl haben das KonzeptWuppertal isst fremd 1entwickelt. Das Konzept bringt einander fremdePersonen im Quartier für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen.

GESTALTUNGSFOKUSWELCHE EBENE WIRD ADRESSIERT?

Welche bestehenden Systeme gibt es zur Befriedigung der Dienstleistung?

Sind diese denWünschen und der Gesundheit der Menschen entsprechend gestaltet?

Sind sie ressourcenschonend gestaltet?

X

2.1 ZIELBESCHREIBUNG – VORAUSSETZUNGEN KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

1 GESTALTUNGSFOKUS DEFI-NIEREN

neinja

IST TRANSITIONDESIGN IMFOKUS?

2 AUFGABENSTELLUNG ABLEITEN & NUTZEN BESCHREIBEN

3 STATUS QUO RECHERCHIEREN & ANALYSIEREN

x

1. Produkt (P)

4. Soziale Praktik (SP)

5. Integriertes Social- undService-Design (SD)

2. Dienstleistung (DL)

3. Produkt-Dienstleistungs-System (PDL)

Beschreibung der Dienstleistung – welche Leistung steht wirklich im Fokus?

Kurztitel

6.Wertschöpfungskette (WK)

x

x

Abb.8: basierend auf Liedtke et al. 2013: 41

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52 TEIL II: TOOLS

Welche Gestaltungsräume sind zu öffnen, um die gewünschte Dienstleistung tatsächlichoptimal zu lösen?

Welche Zwischenschritte müssten als erste angegangen werden?Wo und womit sollteman beginnen?

Welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche müssten miteinbezogen werden?

Wie sähe ein umfassendes Gestaltungskonzept aus, das auch Veränderungsprozessemitintegriert?

Welche Akteure/Akteurinnen müssten in die Entwicklung miteinbezogen werden?

Wie wird die Chance eingeschätzt, eine solche Veränderung herbeizuführen?

ZUSAMMENFASSUNG/SCHLUSSFOLGERUNG

Wie sind die Chancen und Risiken?

2.1 ZIELBESCHREIBUNG – VORAUSSETZUNGEN KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

Ergebnis: Mithilfe der Status quo-Analyse und Zielbeschreibung konnten Annika Greven und Sophia Kahl die fokussierte Dienstleistungherausarbeiten und daraus ableitend die Aufgabenstellung der nächsten Schritte generieren, wie etwa Teilnehmende zu finden und Koope-rationspartner zu akquirieren.

4 GESTALTUNGSRAUM BESCHREIBEN – RELEVANTE ENTWICKLUNGSPUNKTE BENENNEN

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532. STATUS QUO & ZIELBESCHREIBUNG

The Earth: Natural Resources and HumanInterventionSchmidt-Bleek, F. (2009)Haus Publishing, London

Creating Design GoalsScott KlemmerArtificial Intelligence – All in One (2016)https://www.youtube.com/watch?v=m92DLyQNoS8&spfreload=10 (Abruf 06/2019)

Gapminder Initiativehttps://www.gapminder.org (Abruf 07/2019)

The Ignorance Projecthttp://www.gapminder.org/ignorance (Abruf 07/2019)

Beyond the AnthropoceneJohan RockströmWord Economic Forum (2017)https://www.youtube.com/watch?v=V9ETiSaxyfk (Abruf07/2019)

How not to be ignorant about the worldHans & Ola RoslingTEDSalon Berlin (2014)https://www.ted.com/talks/hans_and_ola_rosling_how_not_to_be_ignorant_about_the_world (Abruf 09/2019)

The best stats you have ever seenHans RoslingTED (2006)http://www.ted.com/talks/hans_rosling_shows_the_best_stats_you_ve_ever_seen (Abruf 07/2019)

UN Sustainable Development Goals –Videos zu verschiedenen ThemenUnited Nationshttp://www.un.org/sustainabledevelopment/videos (Abruf07/2019)

QUELLEN– Liedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.; Abbis,P. (2013):Wuppertal Institut Designguide: Backgroundinformation & Tools.Wuppertal Institute for Climate, Environ-ment, Energy. Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/index/index/docId/4893 (Abruf 07/2019).

– Prestero, T. (2012): Design for P eople, not Awards. TEDxBos-ton. Online verfügbar: https://www.ted.com/talks/timothy_prestero-_design_for_people_not_awards (Abruf 06/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht derMensch? MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften.Birkhäuser Verlag, Berlin/Basel/Boston.

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54 TEIL II: TOOLS

Tools zurNachhaltigkeitsbewertungZusätzlich zu den üblichen Designanforde-rungen, wie etwa ästhetische, funktionaleoder ergonomische Kriterien, lassen sich auchAspekte der nachhaltigen Entwicklung integ-rieren. Welche diese in Bezug auf die Aufga-benstellung sind und wie sie sich entwickelnlassen, beschreiben die hier angelegten Tools3-8, die flexibel kombiniert werden können.Indikatoren oder Bewertungskategorien (sieheExkurs rechts) zeigen an, wie nachhaltig eineKonzeptidee, ein Produkt oder eine Dienst-leistung ist. Für Indikatoren lassen sich je-weils auch konkrete Ziele ableiten, die manmit dem eigenen Konzept erreichen oderverbessern möchte. Umgekehrt können fürbestimmte Ziele eigene Indikatoren entwi-ckelt werden. 1 Indikatoren sind mess-bare Einheiten (z. B. Energieverbrauch inkWh, Kosten in €), anhand derer man bestimm-te Kriterien bemessen oder abschätzen kann.So z. B. wie hoch der Energieverbrauch oderPreis eines Produktes ist. Es gibt unterschiedli-che Möglichkeiten, Aspekte der Nachhaltigkeitim Designprozess zu integrieren – vonminder-komplex bis hochkomplex, je nach Zeitbudget,eigener Anforderung oder Komplexität des Pro-

duktes/der Dienstleistung. Die vorhandeneninternationalen und/oder nationalen Nachhal-tigkeitsindikatoren weisen den Weg, da diesebereits gesellschaftlich abgestimmt sind undsich alle Nachhaltigkeitsaktivitäten politisch,gesellschaftlich und wirtschaftlich an ihnenausrichten. 1 Zusätzlich kann man aktuel-le Megatrends heranziehen, da sie global,wirtschaftlich wie auch gesellschaftlich übereinen längeren Zeitraum für das täglicheLeben prägend sind. 2 Unternehmen undKommunen/Bürger-/Bürgerinneninitiativensind an solchen Perspektiven sehr interessiert,da sie ihre jeweiligen Geschäfts- oder Lebens-felder betreffen. Auch für die Entwicklungvon Städten oder Quartieren sowie ländlicherRäume und deren Infrastrukturen sind siehandlungsrelevant. Gekoppelt werden soll-te dies mit individuellen Kompetenzen undInteressen der Beteiligten, da diese für ihreMotivationslage von Bedeutung sind. Diesestärkt die Authentizität und Vertretbarkeit desentwickelten Konzeptes in Präsentationen undDiskussionen. Nicht zu vergessen ist das Inte-resse des Unternehmens, der Zielgruppe oderdes/der Auftraggebenden. Gemeinsam solltemit ihnen daher auch eine Auswahl möglicherGestaltungsziele und -aspekte beginnen. 2

Leistungsanforderungen/Lastenheft1. Checkliste2. Zielbeschreibung

Nachhaltigkeitsbewertung3. Nachhaltigkeitsradar4. Sustainable Development Goals5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie6. Megatrendanalyse7. Mind Map8. Leistungskriterien für Nachhaltigkeit

Bewertung der Wertschöpfungsketten9. Hot Spot-Analyseraster10. Ressourcen / MIPSMarkt- und gesellschaftsrelevanteUmsetzung11. Design for Social Change12. Rebound- und Wirkungsanalyse13. Geschäftsmodellentwickung14. Zielgruppen15. Designszenarien16. Evaluierung

TOOLÜBERSICHT

▶ Verweise dieserSeite siehe S. 56

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553. NACHHALTIGKEITSRADAR

Was ist ein Indikator und wiefunktioniert er?Um richtungssichere Bewertungsansätzeentwickeln zu können, bedarf es unterstüt-zender Instrumente, die es ermöglichen,komplexe Ausschnitte aus der gesellschaft-lichen Realität zu erfassen, zu analysierenund abzubilden. Diese Aufgabe erfüllen In-dikatoren. Einem Indikator liegt zumeisteine quantifizierbare Messgröße zugrunde,die auf quantitativen oder qualitativen Da-ten gründet. Ein Indikator kann beispiels-weise die Benzinuhr im Auto sein oder dasFieberthermometer, das anzeigt, ob eineerhöhte Temperatur vorliegt, von der aufeine Infektion geschlossen werden kann,um dann weitere Diagnoseverfahren anzu-schließen. Weitere Beispiele sind der Ge-schäftsklimaindex oder die Arbeitslosen-quote. In allen Fällen tragen Indikatorendazu bei, dass verschiedenartige Informa-tionen gezielt aggregiert und komplexe Zu-sammenhänge vereinfacht und möglichstrichtungssicher dargestellt werden kön-nen. Man muss sich dabei aber im Klarendarüber sein, dass ein Indikator immer nureinen Ausschnitt eines Systemzusammen-

hangs beschreiben kann. Eine Temperaturvon 38,5 °C zeigt eben an, dass man Fie-ber hat. Sie sagt noch nichts über die Artder Erkrankung aus, während die Benzin-anzeige klar signalisiert, dass der Tank z. B.leer ist. Folgende Regeln sind bei der An-wendung von Indikatoren – hier bezogenauf die Umwelt – und deren Berechnungzu beachten, damit sie eine ziel- und pro-blemlösungsorientierte Wirkung entfaltenkönnen:

1. Der Indikator muss einfach sein, aberwesentliche Beeinflussungsfaktoren wi-derspiegeln;

2. er muss auf Charakteristika basieren,die allen Prozessen, Gütern und Dienst-leistungen eigen sind;

3. er muss in einfacher Weise messbaroder rechnerisch zugänglich sein;

4. er muss in der Anwendung kosteneffi-zient sein;

5. er muss transparente und reproduzier-bare Abschätzungen der Umweltbelas-tungspotenziale aller möglichen Pläne,Prozesse, Güter und Dienstleistungen er-möglichen;

6. er muss in der Anwendung immer zuzielführenden Ergebnissen führen;

7. er sollte eine Brücke zu Aktivitäten aufden Märkten bilden und

8. er sollte auf allen Ebenen anwendbarsein – lokal, regional und global.

(In Anlehnung an Schmidt-Bleek 1994:101, zitiert in: Liedtke und Welfens 2008,Asko Modul Konsum: 30)

EXKURS

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56 TEIL II: TOOLS

3. NachhaltigkeitsradarWo liegen die Nachhaltigkeitspotenziale?

Der Nachhaltigkeitsradar bewertet dasDesignkonzept von Produkten, Dienstleistun-gen, Produkt-Dienstleistungssystemen oderSocial Designs bezüglich seiner sozio-ökono-mischen und ökologischen Wirkungen. DasZiel der Bewertung ist eine möglichst hoheUmwelt-, Sozial- und Individualverträglich-keit zu erreichen, die Perspektiven der Ziel-gruppe und/oder des Auftraggebers zu inte-grieren und darauf aufbauend wirtschaftlichbelastbare Geschäftsmodelle zu entwickeln.Bei einem Redesign bzw. einer Umgestaltungbestehender Produkt-Dienstleistungssystemekann die Wirtschaftlichkeit zeitgleich be-rücksichtigt werden. In kreativen Prozessensollte aber die Wirtschaftlichkeit nicht sofortzum Ausschlusskriterium werden. Sie wirdfolgend bei der Geschäftsmodellentwicklung3 berücksichtigt und ist für eine erfolg-reiche Markteinführung des Gestaltungs-konzeptes grundlegend. Um alle Bewer-

tungskriterien oder Indikatoren im Überblickfür eine Gesamtbewertung zu sammeln,wird ein sogenanntes Netz- oder/und einBalkendiagramm genutzt.

Der Nachhaltigkeitsradar gleicht einemSpinnennetz – jede Achse dient als Bewer-tungsachse, die mit einem Indikator bezeich-net wird. In die Achsen wird der jeweilige Ver-wirklichungsgrad des Indikators eingetragenvon 6 =gering bis 1 =hoch (Bewertung nachdem deutschen Schulnotensystem). Je größerdie Fläche, die die Bewertung einnimmt, des-to besser das Ergebnis. Mithilfe der Grafikenkann man eine Erstbewertung durchführen,Verbesserungspotenziale definieren, seinKonzept optimieren oder aber auch Ideen,Konzepte, Produkte/Dienstleistungen verglei-chend bewerten (auch zur ersten Reflektionohne detaillierte Analyse). So werden positivewie negative Veränderungen oder Relationensichtbar, auf die man im Entwicklungs- undDesignprozess reagieren kann. Die eingängigeund übersichtliche Darstellungsform bietetden Vorteil, dass die gesammelten Informa-tionen oder auch Bewertungen Transparenzschaffen und anderen Personen leicht vermit-telt werden können. Die grafische Umsetzung

▶ Arbeitsblätter3.1 Netzgrafik3.2 Balkendiagramm

8. Leistungskritieren

2. Zielbeschreibung

13. Geschäftsmodellent-wicklung

1. Checkliste/Leistungsan-forderung

12. Rebound- und Wirkungs-analyseraster

TOOLS

Wuppertal isst fremd in Tools1–6 und 8

3D Copy Shop in Tools 3, 6und 12

Gesunde Ernährung, mehrBewegung in Tools 3, 6, 7und 11

KONZEPTBEISPIELE

6. Nachhaltigkeitsziele

1. Megatrends

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

3

4

5

1

2

3

1

2

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573. NACHHALTIGKEITSRADAR

gen zu vermeiden (eine Verbesserung des einenKriteriums/Indikators könnte evtl. zu einer Ver-schlechterung eines anderen führen). 5

Verbesserungsoptionen können diskutiert wer-den und weitere, möglicherweise zusätzlichnotwendige Analyseschritte definiert werden,um herauszufinden, wo z. B. im Lebenszykluswelcher Optimierungsbedarf besteht.

ImFolgenden ist derUmgangmit demRadar inderPraxis fürdreiKonzeptbeispieledargestellt:

▶ für das Konzept Wuppertal isst fremd 1 be-stand seit Beginn der Entwicklung eine kla-re Service- und Umsetzungsidee im Fokus,

▶ für das Konzept 3D Copy Shop 2

stellte sich die Frage, ob 3D-Druck zuHause nachhaltig anzuwenden sei,

▶ bei Gesunde Ernährung, mehr Bewegung3 stand die vergleichende Analyse exis-tenter Konzepte im Vordergrund.

2 NACHHALTIGKEITSBEITRAG

ABSCHÄTZEN

▶ Arbeitsblätter 3.1/3.2Bezogen auf die entwickelte Idee oderdas Konzept erfolgt eine Bewertung desErfüllungsgrads des ausgewählten Indikators(1=hoch bis 6=gering – Bewertung nachdem deutschen Schulnotensystem). Man kannauch mehrere Ideen und Konzepte im Ver-gleich bewerten, wenn sie mit unterschied-lichen Farben gekennzeichnet werden. Auchein Vergleich mit existenten Lösungen istmöglich. Die Bewertungen können auf eige-nen Einschätzungen, Informationen und/oderExperten-/Expertinnenmeinungen basierenoder aber faktenbasiert erfolgen – dies soll-te deutlich benannt werden und für jede/-nBeteiligte/-n nachvollziehbar sein.

3 STÄRKEN UND SCHWÄCHEN BEWERTEN

▶ Arbeitsblätter 3.1/3.2Die Grafik zeigt ein Stärken-/Schwächenprofilder Idee, des Konzeptes oder eben der exis-tenten Produkte oder Dienstleistungen auf.Will man existente Lösungen verbessern, sobewertet man diese und diskutiert möglicheOptimierungen im Abgleich mit den anderenBewertungskriterien, um Problemverschiebun-

hilft somit, den Entwicklungsweg auch demeigenen Team, dem Unternehmen, dem/derLehrenden oder dem/der Auftraggeber/-intransparent und nachvollziehbar zu kommu-nizieren. Es ist gut geeignet, um die eigeneEntwicklungsleistung vom Ausgangspunktbis zur finalen Entwicklung zu begleiten undVeränderungen währenddessen darzustellen.Die Bewertung über den Nachhaltigkeitsradarkann in jedem Stadium des Designprozesseserneut durchgeführt werden.

Toolbeschreibung1 ACHSEN MIT BEWERTUNGSKRITERIEN/

INDIKATOREN BESCHRIFTEN

▶ Arbeitsblätter 3.1/3.2Die Bewertungskriterien können sofort ein-gefügt werden, wenn sie bereits bekanntsind 4 (z. B. Energieeffizienz, Ressourcen-effizienz, Kosten für die Entwicklung, Nutzer/-innenfreundlichkeit etc.). Andernfalls könnensie mit den im Folgenden beschriebenen Tools4-8 Schritt für Schritt herausgearbeitet unddefiniert werden.

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58 TEIL II: TOOLS

KOOPE

RATIONSPARTNER

KRITE

RIEN

SOZIA

LE&WIRTSC

HAFTLIC

HEKRITERIEN

ÖKOLOGI

SCHEK

RITERIEN

3.1 NACHHALTIGKEITSRADAR – NETZGRAFIK

Anwendung: Annika Greven und Sophia Kahl haben das Konzept Wuppertal isst fremd entwickelt. Das Konzept bringt einander fremdePersonen im Quartier für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen.

passender Indikator

Ziel derDeutschen Nachhaltigkeitsstrategie

Ergebnis: Der Nachhaltigkeitsradar diente dazu, das vorhandene Konzept „Rudi Rockt“ mit der eigenen Konzeptentwicklung Wuppertal isstfremd zu verbinden und Optimierungspotenziale für eine Weiterentwicklung ihrer Ziele im Sinne der ergänzenden Kriterien abzubilden.Die Kriterien für ihr Konzept entwickelten sie mit den Tools 3. Nachhaltigkeitsradar, 4. Sustainable Development Goals, 6. Megatrends und 8.Leistungskriterien.

VERWIRKLICHUNGSGRAD 1 2 3 4 5 6 6 5 4 3 2 1

KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

Soll-Zustand„Wuppertal isst fremd“

Ist-Zustand „Rudi rockt“

Legende

1

2

Erfüllungsgrad:1 = hoch6 = gering

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593. NACHHALTIGKEITSRADAR

ÖKO

LOGISCH

SOZIAL

Anwendung: Das technisch orientierte Konzeptbeispiel 3D-Copy-Shop von Markus Schiebel zeigt, wie der Nachhaltigkeitsradar mit unter-schiedlichen Bewertungskriterien für die Einführung und Gestaltung einer Technologie angewendet werden kann.

Ergebnis: Markus Schiebel verglich die beiden Konzepte 3D Druck für den Hausgebrauch ( ) und Onlinedruckerei ( ). Er kombiniertederen Stärken und eliminierte möglichst deren Schwächen für sein Konzept 3D Copy Shop ( ), der im Quartier professionelles und effizi-entes 3D-Drucken ermöglicht. So konnte er etwa eine Stärkung der „Community“ (Nutzen für Viele) durch den 3DCopy Shop im Gegensatz zuder „Home“-Version (Nutzen fürWenige; Experten/Expertinnen) bewerten.

KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOP

Home

Onlinedruckerei

3D Copy Shop

VERWIRKLICHUNGSGRAD 1 2 3 4 5 6 6 5 4 3 2 1

Legende

3.1 NACHHALTIGKEITSRADAR – NETZGRAFIK

Erfüllungsgrad:1 = hoch6 = gering

Abb.7: beider Seiten: basierend auf Liedtke et al. 2013: 46; grafisch adaptiert

Page 60: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

60 TEIL II: TOOLS

KOOPE

RATIONSPARTNER

KRITE

RIEN

ÖKOL

OGISC

HEKRITERIEN

Germán Campos und Christoph La-bocha haben in ihrem Vorhaben Ge-sunde Ernährung, mehr Bewegung denNachhaltigkeitsradar angewendet, umverschiedene Konzeptideen getrenntvoneinander nach ökologischen, sozio-ökonomischen und individuellen Krite-rien zu bewerten. Anschließend habensie jeweils ein Ideenportfolio für zweiKonzeptkomponenten erstellt und er-neut bewertet. Die Komponente "För-derung gesunder Ernährungsgewohn-heiten" umfasst u. a. die Installation vonWasserspendern in urbanen Räumen,die Entwicklung und Diffusion einerhandlungsweisenden Smartphone-Appfür gesunde Ernährung, die Entwick-lung eines Interaktionsspiels zum The-ma gesunde Ernährung sowie ein Res-taurantkonzept zum kundenintegriertenKochen gesunder Gerichte. Die Kom-ponente „Gesundheitsförderung durchmehr Bewegung“ beinhaltet u. a. dieDurchführung regelmäßiger Sportver-anstaltungen in der Stadt sowie die Ver-knüpfung von Taschengeld mit Sport-

tracking. Abschließend haben sie diebeiden Komponenten übereinanderge-legt, um einen schnellen Überblick überdie Vor- und Nachteile beider Kompo-nenten zu erhalten, sie zu vergleichenund sich ergänzende Kombinationenzu entwickeln. Die Bewertungskriterienwurden insbesondere mithilfe der Tools4. Sustainable Development Goals und 6.Megatrendanalyse ausgewählt.

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG,MEHR BEWEGUNG

passender Indikator

passender Indikator

passender Indikator

Ziel der DeutschenNachhaltigkeitsstrategie

Ziel der DeutschenNachhaltigkeitsstrategie

Ziel der DeutschenNachhaltigkeitsstrategie

Megatrend

VERWIRKLICHUNGSGRAD 1 2 3 4 5 6

3.1 NACHHALTIGKEITSRADAR – NETZGRAFIK

Abb.8: basierend auf Liedtke et al. 2013: 46; grafisch adaptiert

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613. NACHHALTIGKEITSRADAR

Förderung gesunder Ernäh-rungsgewohnheiten

Gesundheitsförderung durchmehr Bewegung

Legende

passender Indikator

passender Indikator

persönliches Ziel

6 5 4 3 2 1

Wuppertal Institut Designguide:background information & toolsLiedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.;Abbis, P. (2013).Wuppertal Institute for Climate, Environment, Energy. Onlineverfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/index/index/docId/4893 (Abruf 07/2019)

wwwSWOT Analyse - Beispiele und Tipps zumErstellen einer SWOT-AnalyseWaldemar Pelzhttp://www.wpelz.de/ress/swot.pdf (Abruf 07/2019)

SOZIA

LE&WIRTSC

HAFTLIC

HEKRITERIEN

QUELLEN– Liedtke, C.;Welfens, M.J. (2008):Mut zur Nachhaltigkeit - VomWissen zumHandeln – Didaktisches Modul: Konsum (KON),Lehrmaterial zum Projekt„Mut zur Nachhaltigkeit – Zukunftder Erde“. Stiftung Forum für Verantwortung, ASKO EUROPA-STIFTUNG, Europäische Akademie Otzenhausen gGmbH,WuppertalInstitut für Klima, Umwelt, Energie (Hg.).

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser,Berlin/Basel/Boston.

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62 TEIL II: TOOLS

4. Sustainable DevelopmentGoals (SDGs)Wie können die globalen Nachhaltigkeits-ziele adressiert werden?

Die Sustainable Development Goals (SDGs)sind von den Vereinten Nationen für 2030vereinbarte globale Ziele für eine nachhaltigeEntwicklung, die maßgebliche ökologische,gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausfor-derungen aufgreifen. 1 Mit ihrer Umsetzungsollen die Lebensbedingungen aller Menschenweltweit sowie der Zustand des globalen Öko-systems verbessert werden. Diese Ziele in Pro-dukte, Dienstleistungen und Infrastrukturenzu übersetzen, ist eine der zentralen Aufgabenvon Gestaltern/Gestalterinnen und „Change-Agenten/Agentinnen“, denn diese beeinflussendirekt oder indirekt die ökologische, gesell-schaftliche, individuelle und wirtschaftlicheEntwicklung. Nachhaltige Entwicklungen imSinne der SDGs steigern die Akzeptanz undAttraktivität des Produktes oder der Dienstleis-

Die SDGs im ÜberblickAbb.9: SDG-Icons: United Nations (Stand 2018)

▶ Arbeitsblätter4.1 Relevanz & Auswahl4.2 Unterziele Screening4.3 Ergebnisgrafik

1. Keine Armut

13. Maßnahmenzum Klima-schutz

7. Bezahlbare& saubereEnergie

3. Gesundheit undWohlergehen

15. Leben an Land

9. Industrie,Innovation &Infrastruktur

5. Geschlechter-gleichheit

17. Partnerschaftenzur Erreichungder Ziele

12. NachhaltigesProduzieren &Konsumieren

2. Kein Hunger

14. Leben unterWasser

8. MenschenwürdigeArbeit & Wirt-schaftswachstum

4. HochwertigeBildung

16. Frieden, Gerech-tigkeit & starkeInstitutionen

11. NachhaltigeStädte &Gemeinden

10. WenigerUngleichheiten

6. Sauberes Was-ser & Sanitärein-richtungen

tung bei Akteuren/Akteurinnen aus Wirtschaftund Gesellschaft. Neue gesetzliche Anpassun-gen (z. B. Unternehmensberichtspflichten 2 )werden ebenfalls adressierbar. Ein an den SDGsorientiertes Designkonzept kann somit zukünf-tig zu Wettbewerbsvorteilen beitragen. Ein Ab-gleich des Design- und Entwicklungskonzeptesmit den SDGs lohnt sich somit für jede Entwick-lung sowie für jedes Unternehmen.

6. Nachhaltigkeitsziele

4. Nachhaltiges Wirtschaften

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

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634. SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS

Beispiele relevanter Bewertungsaspekte

Gleichberechtigung und Gestaltungbzw. Entwicklung

Man möge meinen, dass die deutsche Ge-sellschaft inzwischen die Gleichberechtigungvon Frauen und Männern durchgesetzt hatund doch ist es so, dass Frauen im Durch-schnitt immer noch ein Fünftel weniger ver-dienen als Männer (vgl. Statista 2018). Einerder wichtigen Gründe ist die Zeitknappheitvon Frauen, wenn sie Kinder erziehen – hierhat sich in der Zeitverwendung zwischenMann und Frau in den letzten 10 Jahren rela-tiv wenig verändert (vgl. ebd.). Wenn – dannist die höhere Erwerbstätigkeit von Frauenals Plus im Durchschnitt auf deren Zeitkontogegangen, da auf der Seite der Kinderbetreu-ung und im Haushalt weniger bis keine Ent-lastung stattgefunden hat. Entlastung wirdüber die Organisation externer Dienstleis-tungen gesucht. Teilzeit wird zudem meistvon Frauen in Anspruch genommen und ent-

spricht dem herrschenden Rollenbild. Auchdie Effekte der Sharing Economy mit demDo-it-Yourself-Trend können bedeuten, dassdiese Schieflage noch einmal verschärft wird.Anspruch und Wirklichkeit klaffen oft weitauseinander. Also stellt sich auch hier dieFrage, wer bei Ansätzen von Sharing, Nutzenstatt Besitzen u. a. für einen vermeintlichenNachhaltigkeitsgewinn „kostenlos“ Zeit in-vestiert. Auch das ist eine Frage von Designund Gestaltung und somit ein Aspekt, denes zu beachten gilt. Kriterium wäre hier z. B.der Zeitaufwand der Beteiligten, der in ei-ner Konzeptentwicklung mitbedacht werdenkann.

Nachhaltiges Dienstleistungskonzeptdigitaler Kommunikation für Kinder undJugendliche

Wird z. B. in den internationalen Nachhal-tigkeitszielen davon gesprochen, dass alleKinder einen Abschluss der Primärstufe er-halten sollen (SDG Ziel 4), so scheint dies für

Deutschland erst einmal irrelevant. Übersetztman es aber in unseren Kontext wie folgt: Je-des Kind hat ein Recht auf seine Persönlich-keitsentfaltung, eine sehr gute Bildung undgleiche schulische und berufliche Erfolgs-chancen, so sieht man auch in Deutschlandgroße Defizite. Denn hier hängt der Erfolgvon jungen Menschen in Schule und Berufnicht nur von ihrer Leistung und Motivati-on ab, sondern stark von der sozioökonomi-schen Situation der Eltern. Was hat aber nundas eigene Gestaltungs- und Entwicklungs-konzept damit zu tun? Entwickelt man z. B.Smartphones und deren digitale Anwendun-gen für Jugendliche als Zielgruppe, so soll-te die damit verbundene Vertragsgestaltungwie auch die Nutzungsform dazu geeignetsein, Kinder und Jugendliche z. B. vor Ver-schuldung zu schützen und die persönlicheLebensgestaltung zu unterstützen.„Learning by doing“ (Erfahrungslernen) istviel effektiver als jeder Frontalunterricht (dersicherlich auch seine Berechtigung hat). Dieswäre eine solche Übersetzung von Nachhal-tigkeitszielen in den eigenen Kontext, der di-rekt gestalterische Konsequenzen hat.

EXKURS

Abb. SDG-Icons: United Nations (Stand 2018)

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64 TEIL II: TOOLS

gestuft wurden, ist es ratsam, für das ein oderandere ein Kurzscreening der Unterziele vor-zunehmen. Häufig müssen deren Inhalte ersteinmal in den eigenen Kontext übersetzt wer-den, um eine mögliche Relevanz für die eigeneAufgabe zu erkennen (vgl. Exkurs S. 61).

3 DIE RELEVANTESTEN SDGs IN TOOL 8

LEISTUNGSKRITERIEN ÜBERTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 8Die relevantesten SDGs werden nun als Be-wertungskriterien in das Arbeitsblatt von Tool8. Leistungskriterien für Nachhaltigkeit einge-tragen. Je nach Nutzung der Vertiefung vonTool 5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie undTool 6. Megatrendanalyse könnenweitere Kri-terien ergänzt werden. Am Ende sollten maxi-mal 6–12 Bewertungskriterien in die Gesamt-bewertung eingehen, um die Übersichtlichkeitzu erhalten und sich auf das Wesentliche zufokussieren.

4 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 4.3Die in Schritt 1 und 2 eingetragenen Re-levanzen können nun in einer übersichtlichenErgebnisgrafik dargestellt werden.

Toolbeschreibung1 RELEVANTE SDGs AUSWÄHLEN

▶ Arbeitsblatt 4.1Das Vorgehen ist einfach: Es wird angekreuzt,welche der Ziele für die eigene Aufgaben-stellung von Bedeutung sind. Dafür wird nacheiner Bewertungsskala von wenig relevant zuhoch relevant vorgegangen:▶ niedrige Relevanz: +▶mittlere Relevanz: ++▶ hohe Relevanz: +++

Zu jedem Ziel kann außerdem notiert wer-den, was darunter verstanden wird und wel-chen Beitrag das eigene Konzept dazu leistenkann. Eine Übersicht über alle SDGs und de-ren Unterziele findensichunterwww.sustaina-bledevelopment.un.org und auf dem Arbeits-blatt 4.2.

2 UNTERZIELE SICHTEN

▶ Arbeitsblatt 4.2Es empfiehlt sich bei den relevantesten Zielenauch kurz die jeweiligen Unterziele einmalanzusehen. Hier finden sich eventuell nochweitere Anknüpfungspunkte, die vorher nichtdirekt ersichtlich waren. Auch bei denjenigenZielen, die zunächst als völlig irrelevant ein-

Auch bei der weiteren Konzeptent-wicklung ist es sinnvoll, sich immermal wieder andere Bereiche der SDGssowie deren Unterziele vorzunehmen.So erhält man Schritt für Schritt mehrWissen und kann nach mehreren Ex-plorationen und Recherchen die fürdie Fragestellung relevantesten Be-reiche immer schneller finden. Mitder schrittweisen, internationalenUmsetzung der SDG kommen auf derWebseite der UN: www.sustainablede-velopment.un.org Umsetzungsbeispieleaus vielen verschiedenen Ländern hin-zu, die Ideen liefern und die Rechercheergänzen können.

TIPP

Wuppertal isst fremd in Tools1–6 und 8

Budenbücher, Konzeptbe-schreibung S. 41

KONZEPTBEISPIELE

1

2

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654. SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS

4. SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS

Annika Greven und Sophia Kahl ha-ben das Konzept Wuppertal isst fremd1 entwickelt. Das Konzept bringt ein-ander fremde Personen im Quartier füreinen Abend zum Essen und Feiern zu-sammen.

Ergebnis: Die Anwendung des Toolsbeim Konzept Wuppertal isst fremdführte dazu, dass vorher unbedach-te Aspekte der Nachhaltigkeit in derWeiterentwicklung berücksichtigt wur-den. Alternativ kann der Beitrag deseigenen Konzeptes zur Umsetzung derSDGs auch direkt im Arbeitsblatt fest-gehalten werden, so wie es bspw. So-phie Gnest bei der Entwicklung ihresKonzeptes Budenbücher 2 getan hat(siehe nächste Seite).

KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

Armut in jeder Form und über-all beenden

Hunger beenden, Lebensmit-telsicherheit u. verbesserteErnährung erreichen sowieeine nachhaltige Landwirt-schaft fördern

Ein gesundes Leben für alleMenschen jeden Alters ge-währleisten und ihrWohlerge-hen fördern

Inklusive, gerechte und hoch-wertige Bildung sichern undMöglichkeiten des lebenslan-gen Lernens für alle fördern

Geschlechtergerechtigkeitund Selbstbestimmung füralle Frauenund Mädchen erreichen

Verfügbarkeit und nachhaltigeBewirtschaftung vonWasser-und Sanitärversorgung für allegewährleisten

Zugang zu bezahlbarer,verlässlicher, nachhaltigerund zeitgemäßer Energie füralle sichern

Dauerhaftes, inklusives undnachhaltigesWirtschaftswachs-tum, produktive Vollbeschäfti-gung und menschenwürdigeArbeit für alle fördern

Belastbare Infrastrukturaufbauen, inklusive undnachhaltige Industrialisierungfördern und Innovationenunterstützen

Ungleichheit innerhalbvon und zwischen Staatenverringern

Städte und Siedlungen inklusi-ver, sicherer, widerstandsfähi-ger und nachhaltiger gestalten

Für nachhaltige Konsum- undProduktionsmuster sorgen

Umgehend Maßnahmen zurBekämpfung des Klimawan-dels und seiner Auswirkungenergreifen

Ozeane, Meere und Meeresres-sourcen im Sinne einer nach-haltigen Entwicklung erhaltenund nutzen

Landökosysteme schützenund nachhaltig nutzen,Wüstenbildung bekämpfen,Bodenverschlechterung undBiodiversitätsverlust stoppen

Friedliche, inklusive Gesell-schaften fördern, Zugang zurJustiz für alle und wirksame,rechenschaftspflichtige, inklu-sive Institutionen aufbauen

Mittel zur Umsetzung undWiederbelebung der globalenPartnerschaft für nachhaltigeEntwicklung stärken

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X

SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS(SDGS)

SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS(SDGS)

BEZUG ZUM KONZEPT

+ ++ +++

BEZUG ZUM KONZEPT

+ ++ +++

Abb.10: SDG-Icons: United Nations 2015;Wortlaut der Unterziele übernommen aus: UN Gene-ralversammlung (2015)

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66 TEIL II: TOOLS

4. SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS

Anwendung: Sophie Gnest hat das Kon-zept Budenbücher entwickelt, um Men-schen wieder mehr für das Lesen vonBüchern zu begeistern. Wie können mehrBücher in Umlauf gebracht werden, stattim Regal oder im Papiermüll zu landen?Mit dem Konzept Budenbücher könnenals lesenswert empfundene Bücher in dennächstgelegenen Kiosk gebracht werden.Dort stehen die Budenbücher direkt ne-ben den Zeitschriften und Tageszeitun-gen.Da in einem Kiosk nahezu jede Ziel-gruppe Kunde/Kundin ist, könnte sich derBüchertausch über Kulturen und sozialeMilieus hinweg etablieren, um Literaturunterschiedlichster Art zu teilen und dennachbarschaftlichen Austausch zu verbes-sern. Durch einen Buchumschlag, auf denman sein Lieblingszitat schreiben kann,ein Lesezeichen, mit dem man seine Lieb-lingsstelle des Buches markieren kannund mithilfe eines Büchleins im Buch, indas man eine kurze Rezension notierenkann, werden andere Nachbarn/Nachba-rinnen und Kioskkunden/-kundinnen aufdie Bücher aufmerksam gemacht.

KONZEPTBEISPIEL BUDENBÜCHER

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/

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Armut in jeder Form und über-all beenden

Hunger beenden, Lebensmit-telsicherheit u. verbesserteErnährung erreichen sowieeine nachhaltige Landwirt-schaft fördern

Ein gesundes Leben für alleMenschen jeden Alters ge-währleisten und ihrWohlerge-hen fördern

Dauerhaftes, inklusives undnachhaltigesWirtschaftswachs-tum, produktive Vollbeschäfti-gung und menschenwürdigeArbeit für alle fördern

Belastbare Infrastrukturaufbauen, inklusive undnachhaltige Industrialisierungfördern und Innovationenunterstützen

Städte und Siedlungen inklusi-ver, sicherer, widerstandsfähi-ger und nachhaltiger gestalten

Für nachhaltigen Konsum- undProduktionsmuster sorgen

X

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X

X

X

SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS(SDGS)

ANMERKUNGEN

Inklusive, gerechte und hoch-wertige Bildung sichern undMöglichkeiten des lebenslan-gen Lernens für alle fördern

X

BEZUG ZUM KONZEPT

+ ++ +++

Abb.11: SDG-Icons: United Nations 2015; Wortlaut der Unterziele übernommen aus: UN Generalversammlung (2015)

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674. SUSTAINABLE DEVELOPMENT GOALS

wwwA Family Affair: Intergenerational SocialMobility across OECD CountriesOECD (2010)https://www.oecd.org/centrodemexico/medios/44582910.pdf (Abruf 07/2019)

SDGWebseiteUN DSDG – Division for Sustainable Development Goalshttps://sustainabledevelopment.un.org (Abruf 07/2019)

SDG GuideUN SDSN – Sustainable Development Solutions Networkhttps://sdg.guide (Abruf 07/2019)

Zeitverwendungserhebung – Aktivitätenin Stunden undMinuten für ausgewähltePersonengruppenStatistisches Bundesamt (2015)https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Zeitverwendung/_inhalt.html?__blob=publicationFile(Abruf 07/2019)

The Millennium Development GoalsReport 2015UN (2015)https://www.un.org/millenniumgoals/2015_MDG_Report/pdf/MDG%202015%20rev%20(July%201).pdf(Abruf 07/2019)

Die glorreichen 17 – Ziele NachhaltigerEntwicklungInformationskampagne der Bundesregierunghttps://www.dieglorreichen17.de/g17-de (Abruf 07/2019)

Transitioning from the MDGs to the SDGsUnited Nations Development Programme (UNDP) (2015)https://www.youtube.com/watch?v=5_hLuEui6ww(Abruf 07/2019)

Was kommt nach 2015 – in welcherWeltwollen wir leben?BMZ (2013)https://www.youtube.com/watch?v=G3gCnMGc5Hs(Abruf 07/2019)

WBGU-Vorsitzender Dirk Messner über dieneuen Ziele für nachhaltige EntwicklungWBGUchannelhttps://www.youtube.com/watch?v=KrksLaXYOH0(Abruf 06/2019)

10 Milliarden – wie werden wir alle satt?Valentin Thurn, Deutschland 2015YouTube-Filme (2015)https://www.youtube.com/watch?v=8EAQ7kh3wus(Abruf 07/2019)

Ziele für nachhaltige Entwicklung.Bericht 2018Vereinte Nationen (2018)New York. Online verfügbar: https://www.un.org/depts/german/pdf/SDG%20Bericht%20aktuell.pdf (Abruf 07/2019)

Zivilisatorischer Fortschritt innerhalbplanetarischer Leitplanken – Ein Beitragzur SDG-DebatteWBGU (2014)Politikpapier 8, Berlin. Online verfügbar: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/zivilisatorischer-fortschritt-innerhalb-planetarischer-leitplanken-ein-beitrag-zur-sdg-debatte (Abruf 07/2019)

QUELLEN– Statista, Statistisches Bundesamt (2018): Gender Pay Gap:Verdienstabstand zwischenMännern und Frauen inDeutschland von 1995 bis 2017. Online verfügbar: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3261/umfrage/gender-pay-gap-in-deutschland (Abruf 07/2019).

– UN Generalversammlung (2015): Resolution der Generalver-sammlung, verabschiedet am 25. September 2015. Trans-formation unsererWelt: die Agenda 2030 für nachhaltigeEntwicklung. Online verfügbar, deutsche Version: http://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf (Abruf 07/2019).

– United Nations (Stand 2018): SDG-Icons. Online verfügbar: https://www.un.org/sustainabledevelopment/news/communications-material (Abruf 07/2019).

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68 TEIL II: TOOLS

5. Nationale Nachhaltigkeits-strategieWelche nationalen Ziele und Strategiensind relevant?

Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie gibt,wie auch andere nationale Nachhaltigkeits-strategien 1 , für die jeweiligen Gesellschaf-ten Ziele und Indikatoren an. Diese könnenfür die eigenen Gestaltungs- und Entwick-lungsprozesse als richtungsweisende Krite-rien konkretisert und genutzt werden (vgl.Liedtke et al. 2013; 42 ff.). 1

Die deutsche Bundesregierung verabschie-dete ihre erste nationale Nachhaltigkeits-strategie im Jahr 2002. 2 Mithilfe vonFortschrittsberichten wurde diese alle vierJahre evaluiert und stetig weiterentwickelt.Basierend auf dem letzten Fortschrittsbe-richt von 2012 wurden die Ziele und Indi-katoren in einer Neuauflage der deutschenNachhaltigkeitsstrategie von 2016 an denSDGs ausgerichtet. Ziele und Indikatoren

zeigen, wo es hingehen soll. Sie können beimAbgleich mit dem Gestaltungskonzept als na-tional legitimierter Rahmen herangezogenwerden und als Argumente für bestimmtegestalterische Entscheidungen dienen.

Die Anwendung des Tools soll dazu dienen,dass der Gestaltungsansatz einen konkretenBeitrag zur Steigerung der Lebensqualitätheutiger und zukünftiger Generationen leis-tet, indem es die Grenzen des Umweltraumesbeachtet und auch für die wirtschaftliche undgesellschaftliche Entwicklung einen attrakti-ven Gestaltungsraum bietet. 3

Im Rahmen der Entwicklung eines nach-haltigen Gestaltungskonzeptes besteht dieHerausforderung insbesondere darin, rele-vante Aspekte der deutschen oder andererrelevanter nationaler Nachhaltigkeitsstra-tegien in den eigenen Kontext und die Auf-gabenstellung zu übersetzen. Der folgendeExkurs beschreibt zwei Beispiele solchernotwendigen Übersetzungen. Erfolgt dieserSchritt nicht, so werden nationale Ziele wieauch die SDGs keine Handlungsrelevanz inProduktion und Konsum entwickeln.

▶ Arbeitsblätter5.1 Indikatoren & Ziele5.2 Ergebnisgrafik

5. Transformation gestalten

6. Nachhaltigkeitsziele

2. Umweltraum, 3. Vorsorge-prinzipien

HINTERGRUNDINFORMATION

4. Sustainable DevelopmentGoals

14. Zielgruppenbeschreibung

TOOLS

1

2

2

3

1

Cycle Genossenschaft inTools 9 und 12

KONZEPTBEISPIELE

1

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695. NATIONALE NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE

Beispiele relevanter Bewertungsaspekte

Armutsbegrenzung, Resilienz undGestaltungDie Gestaltung von Finanzierungsmo-dellen von Produkten und Dienstleistun-gen kann einen direkten Einfluss auf dieHaushaltsverschuldung haben. Daher soll-ten Produkte und Dienstleistungen aucheinzeln oder in ihrer angebotenen Viel-falt (z. B. hinsichtlich der einhergehen-den Vertragsverpflichtungen) so gestaltetsein, dass sie die Menschen nicht übermä-ßig binden und belasten. Das gilt z. B. fürVersicherungen, Handyverträge, Abonne-ments, Leasingoptionen u. v. m. Ziel istes, die eigene Entfaltung sowie ein gutesLeben zu ermöglichen und selbstbestimm-tes Handeln zu fördern, da Gesellschaftenund damit die Wirtschaft dadurch resili-enter werden, d. h. gegenüber externenSchocks – welcher Art auch immer – (z. B.Klimakatastrophen, sozialen Konflikten,Rezession) reaktionsfähig bleiben.

Inklusion und IntegrationEin Design kann bewusst oder unbewusstMenschen ein- oder ausgrenzen. Mit jederZielgruppendefinition erfolgt eine Fest-legung. 2

Eine zielgruppenspezifische Entwick-lung von Produkten und Dienstleistun-gen kann sehr sinnvoll sein, z. B. Fahrrä-der für Kinder oder Hygieneprodukte fürFrauen. Man sollte allerdings immer prü-fen, ob die Strukturen, die in den Dienst-leistungen entwickelt und angelegt sind,Menschen ausschließt, die auch wegender sozialen wie ökonomischen Ausgegli-chenheit in einer Gesellschaft integriertwerden sollten (insbesondere im Kontextbenachteiligter Bevölkerungsgruppen).Ob ein Leasing von Produkten zwischeneinem/einer Konsumierenden und einerFirma stattfindet oder aber beispielsweisezwischen einer Genossenschaft und einerFirma, ist ein großer Unterschied. Die Ge-nossenschaft kann zum Ziel haben, Nach

frage zu bündeln, mit Produktqualität zuverbinden und die Menschen des Quar-tiers – unabhängig von ihrem sozialenund wirtschaftlichen Hintergrund – ein-zubeziehen. 1 Die Nachfragebündelungdurch eine hohe Anzahl an Konsumieren-den kann gegenüber Unternehmen einwichtiger Handelsfaktor sein (viele po-tenzielle Kunden/Kundinnen = hohe Ver-handlungsmacht). Dies wäre bei der Ent-wicklung eines Dienstleistungskonzepteseine wichtige Fragestellung – mal kanndas eine, mal das andere sinnvoller sein.

EXKURS

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70 TEIL II: TOOLS

Toolbeschreibung1 RELEVANTE NATIONALE

NACHHALTIGKEITSSTRATEGIEN

AUSWÄHLEN

Zunächst erarbeitet man sich einen Überblicküber relevante nationale Nachhaltigkeits-strategien, die für das Gestaltungskonzepteine Rolle spielen. Dafür ist ein Screening dergesamten Wertschöpfungskette sinnvoll, umdie zentralen Inhalte relevanter Nachhaltig-keitsstrategien bei der (Weiter-) Entwicklungdes Gestaltungskonzeptes im Blickfeld zu ha-ben. 1 Das vorliegende Tool ist auf die ak-tuelle Neuauflage der deutschen Nachhaltig-keitsstrategie von 2016 ausgerichtet, wobeidie methodische Vorgehensweise auch auf an-dere nationale Nachhaltigkeitsstrategien an-gewendet werden kann.

2 RELEVANZEN DER ZIELE UND

INDIKATOREN BEWERTEN

▶ Arbeitsblatt 5.1Anschließend werden die konkreten Ziele undIndikatoren der Nachhaltigkeitsstrategien, diein Schritt 1 ausgewählt wurden, auf ihreRelevanz für das Gestaltungskonzept des Pro-duktes oder des Produkt-Dienstleistungssys-tems überprüft.

9. Hot Spot-Analyseraster

TOOLSDie Einschätzung der Relevanz der augewähl-ten Ziele erfolgt folgendermaßen:▶ Hohe Relevanz: +++▶ Mittlere Relevanz: ++▶ Niedrige Relevanz: +

Eine kurze Begründung der Relevanz hilftdabei, die zentralen Beiträge des Gestal-tungskonzeptes zum Erreichen der nationa-len Nachhaltigkeitsstrategien transparent ab-zubilden. Hintergrundinformationen zu denThemenfeldern, Definitionen, Indikatorenfinden sich in der deutschen Nachhaltigkeits-strategie 2016 (vgl. Bundesregierung 2016).

3 DIE RELEVANTESTEN ZIELE &

KRITERIEN IN TOOL 8 LEISTUNGS-

KRITERIEN ÜBERTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 8Die relevantesten Ziele und/oder Indikato-ren werden nun als Bewertungskriterien fürdas Gestaltungskonzept in das Arbeitsblatt8. Leistungskriterien überführt. Je nach Nut-zung anderer Tools, sollten insgesamt 6–12Kriterien in die Gesamtbewertung eingehen.So behält man die Übersicht und fokussiertsich auf das Wesentliche.

1

Wuppertal isst fremd in Tools1–6 und 8

KONZEPTBEISPIELE

1

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715. NATIONALE NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE

Annika Greven und Sophia Kahl haben das Konzept Wuppertal isst fremd entwickelt. Das Konzept bringt einander fremde Personen imQuartier für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen. 1

5.1 NATIONALE NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE – INDIKATOREN UND ZIELE KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

4 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 5.2Die in den Schritten 1 und 2 als am relevan-testen eingschätzten Ziele und Indikatorender nationalen Nachhaltigkeitstsrategie(n)

können nun in einer übersichtlichen Er-gebnisgrafik dargestellt und mit demAuftraggeber/-in sowie ggf. weiteren Sta-keholdern/Stakeholderinnen diskutiert wer-den. Ihre Bewertung und Perspektiven kön-

ZIEL 2 Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

Ökologischer LandbauErhöhung des Anteils des ökologischen Land-baus an der Landwirschaftlich genutzten Flächeauf 20 % in den nächsten Jahren

LandbewirtschaftungIn unseren Kulturlandschaftenumweltverträglich produzieren

2.1.b

Gesundheit und ErnährungLänger gesund leben3.1.f Adipositasquote von

Erwachsenen (ab 18 Jahre) Anstieg dauerhaft stoppen

ZIEL 3 Ein gutes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern

Nachhaltiger KonsumKonsum umwelt- undsozialverträglich gestalten

12.1.a

ZIEL 12 Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen

Marktanteil von Produkten mitstaatlichen Umweltzeichen (...) 34 % bis 2030

Energieverbrauch und CO2-Emissionen des Konsums

Kontinuierliche Abnahme des Energiever-brauchs12.1.b

X

X

X

X

Indikatorenbereich /Nachhaltigkeitspostulat

Relevanz+ ++ +++Indikatoren Ziele

12

3

4

nen die Auswahl geeigneter bzw. relevanterKriterien oder Indikatoren unterstützen(Nutzer-/Nutzerinnen-/Akteurs-/Akteurin-nenintegration).

2 RELEVANZEN DER ZIELE UND INDIKATOREN BEWERTEN

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72 TEIL II: TOOLS

wwwFortschrittsbericht 2012 zur DeutschenNachhaltigkeitsstrategieBundesregierung (2012)https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975274/370072/95ae87c6f9fe118c0ce324a4aff05d85/2012-05-21-fortschrittsbericht-2012-barrierefrei-data.pdf?download=1(Abruf 07/2019)

Meilensteine derNachhaltigkeitspolitikPresse- und Informationsamt der Bundesregierung (2014)http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2015/02/2015-02-03-meilensteine-der-nachhaltigkeitspolitik.pdf?__blob=publicationFile(Abruf 07/2019)

Allgemeine Informationen zur DeutschenNachhaltigkeitsstrategiePresse- und Informationsamt der Bundesregierung

https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Nachhaltigkeitsstrategie/_node.html (Abruf 07/2019)

Nachhaltige Entwicklung in Deutschland– Indikatorenbericht 2016Statistisches Bundesamt (2016)https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/UmweltoekonomischeGesamtrechnungen/Umweltindikatoren/IndikatorenPDF_0230001.pdf?__blob=publicationFile (Abruf 07/2019)

Crashkurs Nachhaltigkeit und Design:Eine multimediale ÜbersichtWelfens, J.M.; Liedtke, C.; Fink, A. (2016)Projekt CLUB OF ROM für den Alltag, Wuppertal Institut.https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/CoR_Crashkurs_Nachhaltigkeit.pdf (Abruf 07/2019)

14. Zielgruppenbeschreibung

8. Leistungskriterien fürNachhaltigkeit

TOOLS

1

2

1. Megatrends

HINTERGRUNDINFORMATION

1

QUELLEN– Bundesregierung (2016): Deutsche Nachhaltigkeitsstra-tegie – Neuauflage 2016. Online verfügbar: https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/Deutsche_Nachhaltigkeitsstrategie_Neuauflage_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=18 (Abruf 07/2019).

– Liedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.; Abbis,P. (2013): Designguide – Background Informations &Tools.Wuppertal Spezial Nr. 46. Online verfügar: https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/2222 (Abruf 07/2019).

Wuppertal isst fremd in Tools1–6 und 8, Gesunde Ernäh-rung und mehr Bewegung inTools 3, 6, 7, 11

KONZEPTBEISPIELE

1

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736. MEGATRENDS

6. Megatrendanalyse –Analyseraster und GrafikenWelche Megatrends sind bedeutsam?

Megatrends wirken in Gesellschaften über ei-nen längeren Zeitraum (20–30 Jahre) hinweg– jeder kennt sie, bewusst oder unbewusst. Me-gatrends prägen alle Bereiche der Gesellschaft,Politik und Wirtschaft. 1 Sie sind global mehroder weniger stark ausgeprägt identifizierbar.Sie gelten als wirkungsmächtige Einflussgrö-ßen, die die Märkte der Zukunft prägen (vgl.Z-punkt o. J., Knoll et al. 2012). Sie könneneinmalig die gesamten gesellschaftlichen Ent-wicklungen betreffen oder über einen länge-ren Zeitraum spezifische Felder fokussieren,wie z. B. demografischer Wandel, Zukunft derMobilität oder Ernährung etc. Für den Gestal-tungs- und Entwicklungsprozess können Me-gatrends grundlegend sein, da sie für die zu be-wältigende Aufgabe Orientierungswissen oderLeitplanken bieten – d. h. ist daran prüfbar,ob meine Leitidee anschlussfähig an zukünf-

tige gesellschaftliche, politische, ökologischeund marktwirtschaftliche Entwicklungen istoder nicht. Sollte sie die Dynamik der Trendsaktiv verändern, hemmen oder aber forcieren?Auch ist es wichtig, die definierte Zielgruppemit der Leitidee in Verbindung zu setzen. 1

Je mehr manüber das Umfeld und die Funktionund Denkweise weiß, auf die die gestalterischeLösung zutreffen soll, um so eher ist eine Ak-zeptanz und Nutzung derselben für gewollteVeränderungen möglich. Auch die wirtschaft-lichen und politischen Strategien reflektierenMegatrends als Orientierungsrahmen, den eswahrzunehmen, zu beeinflussen und zu gestal-ten gilt. Die Zieldefinitionen der SDGs wie auchder nationalen Nachhaltigkeitsstrategien sind z.T. auch ein Spiegel dieser Trendanalysen undSzenarienentwicklungen.

»

»

ToolbeschreibungDas Tool umfasst sechs aufeinander aufbau-ende Schritte, die im Folgenden erläutertwerden.

Zunächst werden die für das Tool entwickel-ten Arbeitsblätter 6.1–6.3 bearbeitet. DieErgebnisse werden zuletzt, in Schritt 5 , indas Arbeitsblatt des Tool 8. Leistungskriteri-en übertragen. 2 Anhand zweier Konzept-beispiele wird die Vorgehensweise verdeut-licht. 1

▶ Arbeitsblätter6.1 Recherche & Bewertung6.2 Clusterung6.3 Ergebnisgrafik

1 NEUESTE MEGATRENDSTUDIENRECHERCHIEREN

2 ÜBERSICHT ERSTELLENUND MEGATRENDS BEWERTEN

3 MEGATRENDS CLUSTERN UNDVERGLEICHEN

4 ERGEBNISGRAFIK MIT DENRELEVANTESTEN MEGATRENDSERSTELLEN

5 DIE RELEVANTESTENMEGATRENDS IN TOOL8. LEISTUNGSKRITERIENÜBERTRAGEN

Das Tool "Megatrendanalyse" hat dazubeigetragen, das Konzept viel langfris-tiger zu betrachten. Man muss sich dieFrage stellen, wie das Konzept auch fürzukünftige Zielgruppen attraktiv gestaltetsein könnte.

– Sophia Kahl und Annika Greven,Masterstudiengang Strategische Produkt- undInnovationsentwicklung, Bergische UniversitätWuppertal, 2016

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74 TEIL II: TOOLS

1 NEUESTE MEGATRENDSTUDIEN

RECHERCHIEREN

▶ Arbeitsblatt 6.1Bei einer ersten Recherche führen Suchbe-griffe wie z. B. Trend- oder Zukunftsstudi-en und Foresight zügig zu ersten brauch-baren Informationen. Anschließend ist essinnvoll, die Suche themenbezogener zumentsprechenden Gestaltungs- und Entwick-lungskonzept auszurichten (z. B. Mobilität, Di-gitalisierung, Ernährung etc.). Megatrendstu-dien oder auch Zukunftsstudien werden vonvielen öffentlichen oder privatwirtschaftlichenEinrichtungen sowie von nationalen und in-ternationalen Stiftungen erstellt. Somit lassensich diese auch gezielt bei den entsprechen-den Organisationen, die sich der Zukunfts-forschung verschrieben haben, recherchieren.Folgende Links zur Trendforschung sind eineerste Orientierung:

▶ Z-Punkt – Übersicht Megatrends

▶ OECD – umfassende internationale Trend-forschungmit fünf übergeordneten Themen-feldern (Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft,Gesellschaft, Umwelt und Technologie)

▶ BMBF –Trendforschung mit besonderen Fo-kus auf Deutschland

▶ VDI – ausführliche Studien zu den Berei-chen Technologie, Gesellschaft, Geschichte

Weitere Studien finden sich am Ende des Ka-pitels bei den Literaturquellen und Links.

2 ÜBERSICHT ERSTELLEN UND

MEGATRENDS BEWERTEN

▶ Arbeitsblatt 6.1Die für die eigene Aufgabe relevanten Mega-trends werden in die Tabelle eingetragen.In der anschließenden Relevanzbewertungwerden die Megatrends anhand ihres Gestal-tungs- und Nachhaltigkeitsbezugs analysiert(+ wenig relevant; ++ relevant; +++ sehrrelevant) und Argumente werden notiert, umdie Einschätzung zu begründen. Diese No-tizen sindwichtig, umauch zu einem späterenZeitpunkt im Entwicklungsprozess getroffeneEntscheidungen nachvollziehbar zu erhalten.Insgesamt sollten etwa 5–12 relevante Mega-trends identifiziert werden.Im nächsten Schritt werden thematisch ver-wandte Trends geclustert (z. B. farblicheMar-kierung thematisch ähnlicher Bereiche z. B.

Bildung). Die relevantesten Trends sollten zurbesseren Übersicht idealerweise in der Tabel-le ganz oben stehen.

3 MEGATRENDS CLUSTERN UND

VERGLEICHEN

▶ Arbeitsblatt 6.2Die thematisch, farblich einheitlich markier-ten Megatrends werden im nächsten Schrittunter Oberbegriffen geclustert. Diese bildendie Grundlage, um konkrete Leistungskriterien(siehe Tool 8. Leistungskriterien) abzuleiten.

Page 75: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

756. MEGATRENDS

++ ++++

6.1 MEGATRENDANALYSE – RECHERCHE & BEWERTUNG

Ergebnis: Das Konzeptbeispiel Wuppertal isst fremd zeigt, wie sechs Megatrends nach ihrer Relevanz für das Konzept und der nachhal-tigen Entwicklung bewertet werden können. Zudem macht die Argumentation deutlich, welche Aspekte für mehr Nachhaltigkeit durchdas Designkonzept adressiert werden sollen. Für das Gestaltungskonzept von Annika Greven und Sophia Kahl ist etwa der MegatrendUrbanisierung sehr gestaltungsrelevant und hat einen hohen Nachhaltigkeitsbezug, da das Konzept das Viertel belebt und die Interak-tion von Menschen an diversen Orten gefördert wird.

12345

KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

Annika Greven und Sophia Kahl haben das Konzept Wuppertal isst fremd entwickelt. Das Konzept bringt einander fremde Personen imQuartier für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen.

MEGATRENDS PROJEKTBEZUG KURZE ARGUMENTATION DER MEGATRENDSBEZOGEN AUF DAS DESIGN UND DEN ASPEKT DER NACHHALTIGKEIT

+

X X

XX

X X

X X

X X

XX

NACHHALTIGKEITS-BEZUG

2 ÜBERSICHT ERSTELLEN UND MEGATRENDS BEWERTEN

++ +++

Page 76: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

76 TEIL II: TOOLS

4 ERGEBNISGRAFIK MIT DEN

RELEVANTESTEN MEGATRENDS

ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 6.3Im Anschluss werden die 5–12 ausgewähltenMegatrends hinsichtlich ihrer Relevanz für dieNachhaltigkeit und das betrachtete Produkt-Dienstleistungsangebot bzw. die Aufgaben-stellung in die Grafik eingetragen. Befindensich Trends im rechten oberen roten Bereich,so werden diese für die Bewertung als Krite-rium ausgewählt. Diese Grafik kann dem/derAuftraggeber/-in, der Zielgruppe oder dem ei-genen Team verdeutlichen, welche Bewertungzur Auswahl der Megatrends geführt hat.

5 DIE RELEVANTESTEN MEGATRENDS

IN TOOL 8 LEISTUNGSKRITERIEN

ÜBERTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 8Abschließend werden die relevantesten Mega-trends als Leistungskriterien im Arbeitsblatt8. Leistungskriterien für Nachhaltigkeit unterden beschriebenen Oberkategorien ergänzt.Am Ende sollten max. 6–12 Bewertungskrite-rien in dieGesamtbewertung eingehen, umdieÜbersichtlichkeit zu erhalten und sich auf dasWesentliche zu fokussieren.

6.1 MEGATRENDANALYSE – BEWERTUNG

Das Designkonzept Gesunde Ernäh-rungundmehrBewegung von GérmanCampos und Christoph Labocha zieltdarauf ab, Maßnahmen zur Reduzie-rung von Übergewicht bei Jugend-lichen und jungen Erwachsenen zuidentifizieren. Während der Ideenfin-dungwurdenMegatrendsrecherchiertund die relevantesten als Bewertungs-kriterienfürdieWeiterentwicklungdesDesignkonzepts identifiziert.

Ergebnis: German Campos undChristoph Labocha haben sieben Me-gatrends als Bewertungskriterien er-mittelt und auf ihr Gestaltungskonzeptsowie den Aspekt der Nachhaltigkeitbezogen. Den Megatrend Umgestal-tung der Gesundheitssysteme sehensie demnach als sehr projekt- undnachhaltigkeitsrelevant an, da die Er-nährung die Gesundheit maßgeblichbeeinflusst und auch Volkskrankhei-ten entgegenwirken kann.

12345

6.1 MEGATRENDANALYSE

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776. MEGATRENDS

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG& MEHR BEWEGUNG

MEGATRENDS –ÜBERSICHT PROJEKTBEZUG NACHHALTIGKEITS-BEZUG

KURZE ARGUMENTATION DER MEGATRENDS

BEZOGEN AUF DAS DESIGN UND DEN ASPEKT DER NACHHALTIGKEIT

+ +++ +++++ +++

X X

XX

X X

X X

X X

X

XX

X

2 ÜBERSICHT ERSTELLEN UND MEGATRENDS BEWERTEN

– RECHERCHE & BEWERTUNG

Page 78: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

78 TEIL II: TOOLS

RELEVANZ FÜR GESTALTUNGSANSATZ

RELE

VANZFÜ

RNACH

HALTIG

KEIT

Auswahl der relevantesten 4–6Megatrends

RELEVANZ FÜR GESTALTUNGSANSATZ

RELE

VANZFÜ

RNACH

HALTIG

KEIT

Auswahl der relevantesten 4–6Megatrends

Im Konzeptbeispiel Wuppertal isst fremd wur-den die sechs Megatrends mit hoher Relevanzfür Nachhaltigkeit bewertet. Die Megatrends3. Umgestaltung der Gesundheitssysteme und6. Digitale Kultur wurden bezüglich ihrer Re-levanz für das Dienstleistungsangebot gerin-ger eingeschätzt.

Im Konzeptbeispiel Gesunde Ernährung undmehr Bewegung von Gérman Campos undChristoph Labocha wurden alle Megatrendshinsichtlich ihrer Relevanz für Nachhaltigkeitund des Produkt-/Dienstleistungsangebotsbewertet und die drei Relevantesten (3. Sozi-ale und kulturelle Disparitäten, 5. UbiquitäreIntelligenz und 7. Neue Konsummuster) in dasArbeitsblatt des Tool 8. Leistungskriterien/Übersetzungstabelle übertragen.

3

3

6

6

7

2

2

4

4

1

1

5

5

6.2 MEGATRENDANALYSE – ERGEBNISGRAFIK

6.2 MEGATRENDANALYSE – ERGEBNISGRAFIK

KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG,MEHR BEWEGUNG

3

3

12345

12345

Page 79: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

796. MEGATRENDS

Globale Megatrends und Perspektiven derdeutschen IndustrieGrömling, M., & Haß, H. J. (2009)Dt. Inst.-Verlag.

Global Megatrends. Seven Patterns ofChange Shaping Our Future.Hajkowicz, S. (2015)Csiro, Australia

OECD Science, Technology and InnovationOutlook 2016 / 20182016: https://www.oecd.org/fr/sti/oecd-science-technolo-gy-and-innovation-outlook-25186167.htm2018: https://www.oecd.org/sti/oecd-science-technology-and-innovation-outlook-25186167.htm(Abruf 07/2019)

Megatrends – A focus on the key trendsshaping our economies and the world ofworkCIPD – Chartered Institute of Personnel and Developmenthttps://www.cipd.co.uk/knowledge/work/trends/megatrends(Abruf 07/2019)

Global Trends. AnalysisStiftung Entwicklung und Frieden (SEF)http://www.global-trends.info (Abruf 07/2019)

Globale MegatrendsWGBU (2011)Factsheet Nr. 3/11https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/factsheet-globale-megatrends(Abruf 07/2019)

Megatrends – ÜbersichtZukunftsinstitut (2016)Frankfurt amMainhttps://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends (Abruf07/2019)

Assessment of Global Megatrends – anUpdateEEA (2015)https://www.eea.europa.eu/themes/sustainability-transitions/global-megatrends/global-megatends(Abruf 07/2019)

Zukunft verstehen, Zukunft gestaltenBMBF (2015)https://www.zukunft-verstehen.de/service/publikationen/foresight-broschuere (Abruf 07/2019)

Foresight-BerichtVDI - Technologiezentrum (2015)https://www.vditz.de/publikation/foresight-bericht-band-1-gesellschaftliche-veraenderungen-2030 (Abruf 07/2019)

Global population growth, box by boxHans RoslingTED@Cannes (2010)http://www.ted.com/talks/hans_rosling_on_global_population_growth (Abruf 07/2019)

The Ignorance ProjectHans & Ola Roslinghttp://www.gapminder.org/ignorance (Abruf 07/2019)

Megatrends: 5 global shifts changing theway we live and do businessPWC – PriceWaterhouse Cooperhttp://www.pwc.co.uk/issues/megatrends.html(Abruf 07/2019)

www

QUELLEN– Knoll, M.; Oertel, B.;Wölk, M. (2012):Megatrends und Trends:Herausforderungen für die energieeffiziente Stadt. In:Dienstleistungen für die energieeffiziente Stadt, 213–233, Springer,Berlin Heidelberg.

– Z-Punkt (o.J.):Megatrends Update. Understandung the Dyna-mics of Global Change. Online verfügbar: http://www.z-punkt.de/uploads/files/566/web1_zp_megatrends_a5.pdf (Abruf 07/2019)

Page 80: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

80 TEIL II: TOOLS

7. Mind Map„Our Mind – Our Society“Was will ich, waswollen wir erreichen?

Das Tool dient dazu, einen Überblick über diefür die Konzeptentwicklung wichtigen Aspektezu geben und diese sichtbar zumachen – seienes die Anforderungen seitens des/der Auftrag-gebers/Auftraggeberin oder aber dieWünschedes/der Nutzers/Nutzerin. Zudem lohnt sichdie Anwendung der MindMap als Reflektions-schritt nach der Bearbeitung einzelner oderaller genutzten Tools. Man kann eine MindMap auch ganz zu Beginn des Prozesses erstel-len und diese nach Nutzung einzelner Toolsweiterentwickeln. 1 In der Zusammenarbeitzwischen der Forschungsgruppe NachhaltigesProduzieren und Konsumieren des WuppertalInstituts und verschiedenen Universitäten hatsich gezeigt, dass die Anwendung von MindMaps für eine Konzeptentwicklung ein zent-rales Mittel ist, um Nachhaltigkeitsaspekte inden Designprozess zu integrieren. Insbeson-dere für die Beschreibung von Sozialen Prak-

▶ Arbeitsblätter7.1 Brainstorming7.2 Priorisierung und Übersicht

Chancen für die Umsetzung verdeutlichtwerden können. So ist es möglich, Ent-scheidungen imVorlauf gemeinsamzu tref-fen und zu besprechen.Wichtig istauch, sokonkret wiemöglich zuwerden – beim Bei-spiel Gesunde Ernährung und mehr Bewe-gung würde das bedeuten, möglichst vieleMenschen und Institutionen imUmfeld ein-zubeziehen, wie z. B. Pflegeeinrichtungen,Schulen, Fitnesscenter etc. Für die Konzep-tentwicklung Cycle Genossenschaft (nach-haltige Nutzung von Elektronikprodukten)hieße dies, nicht nur nachhaltigkeitsaffineMenschen zu adressieren, sondern quar-tiersbezogen zu agieren.

Bei sehr konkreten und eingegrenztenFragestellungen, z. B. dem Redesign eineskonkreten Produktes, kann die wirtschaft-liche Machbarkeit natürlich direkt mit ein-bezogen werden. Geht es jedoch um dasErschließen neuer Veränderungspfade, sosollten die ökologischen, sozialen und in-dividuellen Bedarfe zunächst den Kern desBrainstormings bilden. Zahlreiche Studie-rende sind bei der Reflektion ihrer MindMap sehr schnell auf gewollte und nichtgewollte Effekte gestoßen. Sieprüften z. B.anhand von Verbindungslinien, welchepositiven oder negativen Effekte sich zwi-schen den einzelnen Aspekten ergebenkönnten. So konnten sie ihreKonzeptenoch einmal schärfen und profilieren. Zu-dem kannman so dokumentieren,wie sichInhalte, Diskussionen und Entscheidungenstufenweise weiterentwickeln. Hinsichtlichder Argumentation gegenüber der Ziel-gruppe und dem/der Auftraggeber/-in istdieser Schritt sehr wichtig, da Risiken und

TIPP

tiken und Wirkungsketten sind Mind Mapsvon Bedeutung 1

. 11. Design for Social Change,12. Rebound- und Wirkungs-analyse

13. Geschäftsmodellent-wicklung

TOOLS

1

2

5. Transformation

HINTERGRUNDINFORMATION

1

Page 81: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

817. MIND MAP

7. MIND MAP

ToolbeschreibungZunächst sollte entschieden werden, ob dasBrainstorming für die Mind Map alleine oderim Team erfolgt. Mehrere Teilnehmer/-innenmit unterschiedlichen fachlichen, beruflichenund persönlichen Hintergründen können zu ei-ner vielseitigen Diskussion über die (Weiter-)Entwicklung des Designkonzeptes beitragen.

1 MIND MAP-KATEGORIEN FESTLEGEN

▶ Arbeitsblatt 7.1Die Achsen der Mind Map können grundsätz-lich frei gewählt werden, wie z. B. technischeund soziale Anforderungen eines Designkon-zeptes etc. Für eine Kombination mit Aspektender Nachhaltigkeit ist eine Strukturierung nachindividuellen, gesellschaftlichen und ökolo-gischen Anforderungen sinnvoll, da diese beider Gestaltung zu berücksichtigen sind. Meisthilft es sogar, nach ICH, WIR, UMWELT zu dif-ferenzieren. Die Frage nach den Kosten z. B.für die Entwicklung oder für notwendige In-vestitionen sowie die Berechnung potenziellerGewinne kann als letzte hinzugefügt werden,um bereits in Richtung eines marktfähigenGeschäftsmodells zu denken. 2 Wichtig istes jedoch zunächst, den Brainstorming-Pro-zess nicht mit dem Machbaren zu koppeln,

um uneingeschränkt alle Optionen denken zukönnen. Erfolgt das Brainstorming im Team,sollten alle zentralen Kategorien abgestimmtwerden.

Empfehlenswert für die Arbeit im Team:

INDIVIDUELLES BRAINSTORMING

Zunächst wird die Aufgabenstellung verteiltund jedem/jeder der Teilnehmer/-innen ca.5–15 Min. Zeit gegeben, um eigene Gedanken/Ideen zu notieren.

GEDANKEN & IDEEN ZUSAMMENTRAGEN

Jede/-r darf unkommentiert die eigenenPunkte erläutern und diese in die Mind Mapeintragen. Während der Eintragung kann er/sie dies kurz begründen.

DISKUSSION DES GESAMTBILDES

Während der Diskussion können weitere Ergä-zungen/Änderungen vorgenommenwerden.

2 DIE RELEVANTESTEN ASPEKTE

PRIORISIEREN

▶ Arbeitsblatt 7.2Nachdem ungefiltert Gedanken/Stichwörtergesammelt wurden, werden die einzelnen As-

pekte nun im Hinblick auf die Konzeptentwick-lung priorisiert.

IM TEAM: Jede Person erhält 5 Punkte, dieindividuell auf die einzelnen Aspekte derMind Map verteilt werden können.

3 ÜBERSICHT ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 7.2Wer möchte, kann die Tabelle nutzen, um dievorher bewerteten Aspekte zu strukturieren.

4 DIE RELEVANTESTEN ASPEKTE IN

TOOL 8 LEISTUNGSKRITERIEN

ÜBERTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 8Die höchstbepunkteten Aspekte werden indie Liste mit den allgemeinen Leistungsanfor-derungen an das Konzept übertragen.

Es ist sehr zu empfehlen, die Arbeitsschritteund die Vorgehensweise auch fotografischfestzuhalten und einProtokoll zu erstellen,um später eineDokumentation des Prozes-ses, der Diskussionsentwicklung und derErgebnisse präsentieren zu können.

TIPP

Page 82: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

82 TEIL II: TOOLS

7.1 MIND MAP – BRAINSTORMING

Das Konzept Fitnessriegel BugProtein – Insekten als alternative Eiweißquelle für Europa von Selina Maleska zielt darauf ab, die Akzeptanzfür Insekten als Nahrungsmittel und Eiweißquelle im Sinne von qualitativ hochwertiger Nahrung bei gleichzeitig geringem Ressourcen- undFlächenkonsum zu stärken.Dazu wählte sie eine experimentierfreudige undernährungsbewusste Zielgruppe aus: Sportler/-innen und Fitness-studio-Besucher/-innen.

Anwendung: Zunächst hat SelinaMaleska die aus ihrer Sicht zentra-len Kriterien notiert und verknüpft.Die Ergebnisse hat sie dann nachOberbegriffen geclustert.

Anschließend wurde das Tool 5.NationaleNachhaltigkeitsstrategie –Screening mit dem Fokus auf denErnährungs- und Fitnessbereichangewendet und die Ergebnisse ineiner separaten Mind Map aufge-griffen.

KONZEPTBEISPIEL FITNESSRIEGEL

NACH-HALTIG-KEIT

NACH-HALTIG-KEIT

Page 83: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

837. MIND MAP

7. MIND MAP

Abschließend wurden die Ergebnissein das Arbeitsblatt 3.2 des Tools 3.Nachhaltigkeitsradar übertragen.

Die Kriterien der nationalen Nach-haltigkeitsstrategie wurden mit demeigenen Kriterienkatalog zusammen-geführt, um anschließend Gestal-tungskriterien für die Entwicklungihres Konzeptes zur erschließen.

NACH-HALTIG-KEIT

Landbewirtschaftung

Stickstoffüberschuss

duktivität Ressourcecn-produktivität

Anteil der Menschen mitAdipositas (Fettleibigkeit)

Private und öffentliche AUsgabenfür Forschung und Entwicklung

Rohstoffpro-

Staatsverschuldungund wirtschaftlicheZukunftsvorsorge

Anteil öffentlicher Entwicklungsaus-gaben am Bruttonationaleinkommen

InnovationWertewandel

Effizienz

Selbstorganisation

RegionalitätBewusstsein schaffen

Kreativität

Re-useRecycling

BewahrenGesundheit

Transparenz

work-life-balance

Alternativen finden

Vernetzung

Transportwegereduzieren

Ressourcenein-sätze verringern

Rot Ziele verfehlt – Handlungsbedarf

Bug Protein Bar

Ansatzpunkte des Konzepts

herkömmlicher Riegel

1

2

3

4

5

6

Verw

irklichu

ngsgrad

Ökologische Faktoren Sozio-ökonomische Faktoren

Page 84: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

84 TEIL II: TOOLS

Das Beispiel Gesunde Ernährung undmehr Bewegung von German Camposund Christoph Labocha zielt auf die Ex-ploration gestalterischer Ansatzpunktefür die Förderung gesunder Ernährungs-stile und Bewegungsgewohnheiten. Esbeschreibt ein komplexes Beispiel füreine Themenerschließung über die An-wendung des Mind Map-Tools.

Ergebnis: Mithilfe der Mind Map stell-ten sie die Lebensbereiche heraus, dieEinfluss auf das Ernährungs- und Bewe-gungsverhalten von Jugendlichen haben.Dies sind zum einen äußere Einflüsse wieSchule, Familie und Freizeit. Dem gegen-über stellten sie innere Modelle, die dasErnährungs- und Bewegungsverhaltenmitbestimmen, wie etwa die kognitiveoder die psychoaffektive Ebene.

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG, MEHR BEWEGUNG

Bullying

Wenig Auswahl

Beurteilung vonsozialem Status

Beurteilung vonKörperaussehen

Blogging

VorbildBefreiung

Sport

Videospiele

SCHULFREUNDE/-FREUNDINNEN

FREUNDE/FREUNDINNEN

NACHBAR-SCHAFT

LEHRER/-INNEN

MITSCHÜLER/-INNEN

Essen – Problem

Entwicklung deslogischen Denkens

Umgehen mit abstraktenInhalten und Hypothesen

Fragestellungensystemisch durchdenken

Essen =Energie (Kcal)

Kilokalorienwerden verbrannt

Rollen-KonstruktionEntwicklungSelbstkonzept

Identitäts-konstruktion

Kritisches Handelngegenüber derGesellschaft

Essen = Teilder Identität

KOGNITIVEEBENE

BIO-CHEMISCHEEBENEPSYCHO-

AFFEKTIVEEBENE

Kognitive PhaseFormale Operationen

Essen –Gewohnheit/Tradition

Konkurrenzvs. Vorbild

Slowfoodvs. Fastfood

Geselligkeit

Autorität vs.Verwöhnung

Regeln

GESCHWISTER

ELTERN

MiteinanderZeit verbringen

RollenspielGemeinsamEssen

Familienstatus

Bildungsniveau

Begrenzung vonEssensalternativen

Essen –AbgrenzungEssen muss schmecken

Slowfoodvs. Fastfood

Essens-Lifesyle

SCHULFREUNDE/-FREUNDINNEN

Virtuelle Welt

+ Energie – Verbrennung- Übergewicht

DiktaturWerte

Neid

Apps

SCHULE

ZUHAUSE FREIZEIT

7.1 MIND MAP – BRAINSTORMING

Page 85: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

857. MIND MAP

7. MIND MAP

Das große Handbuch Innovation: 555Methoden und Instrumente für mehr Kre-ativität und Innovation im Unternehmenvan Aerssen, Benno (2018)

Vahlen, München

Design: Geschichte, Theorie und Praxisder ProduktgestaltungBürdek, B. (2005)Springer Science & Business Media

The Design Thinking Playbook: MindfulDigital Transformation of Teams, Products,Services, Businesses and EcosystemsLewrick, M.; Link, P.; Leifer, L. (2017)Vahlen, München

Universal Methods of Design: 100Waysto Research Complex Problems, DevelopInnovative Ideas, and Design Effective

SolutionsMartin, B.; Hanington, B.; Hanington, B.M. (2012)Rockport Publishers, Beverly

Das Mind-Map-Buch. Die beste Methode

zur Steigerung Ihres geistigen Potenzials

Buzan,T./ Buzan,B. (2002)MVG Verlag, München, 5. Auflage

http://www.servicedesigntools.org/tools/15 (Abruf 07/2019)

MindMaps for Graphic Design: IdeasGeneration TechniquesThe Graphic Design Schoolhttps://www.thegraphicdesignschool.com/blog/mind-maps-for-graphic-design-ideas-generation-techniques(Abruf 07/2019)

Mind-Mappingkreativitätstechniken.infohttps://kreativitätstechniken.info/mindmapping(Abruf 07/2019)

Methoden und Techniken für kreativeLösungen und Bewertungen von Ideen: EinMerkblatt der Industrie- und Handelskam-mer HannoverIHK Hannoverhttp://www.hannover.ihk.de/fileadmin/data/Dokumente/Themen/Innovation/150813_Kreativtechniken.pdf(Abruf 07/2019)

Tool Mind MapService Design Tools

QUELLEN– Campos, G., Labocha, C. (2016): Designkonzepte für Ernährungundmehr Bewegung. Dokumentation zumMasterseminar„Advanced Evaluation Methods – Nachhaltigkeitsstrategie“, Prof.Dr. Christa Liedtke, SoSe 2016, Bergische UniversitätWuppertal.

– Maleska, S. (2013): Advanced Design Evaluation Methods.Vergleichsrecherche Essbare Insekten als zukünftigeEiweißquelle. Dokumentation zumMasterseminar„StrategicInnovation of Products and Services“, Prof. Dr. Christa Liedtke, SoSe2013, Bergische UniversitätWuppertal.

www

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86 TEIL II: TOOLS

8. Leistungskriterien für Nach-haltigkeit – ÜbersetzungstabelleWie übersetzt man Nachhaltigkeitskrite-rien und -ziele in eine Konzeptentwick-lung?

Über die einzelnen Anwendungen der Tools1–7 hinweg – sei es ein Brainstorming anhanddes Tools 7. Mind Map oder die Kombinati-on dieses mit dem Tool 6. Megatrendanalyseund/oder Tool 4. Sustainable DevelopmentGoals oder Tool 5. Nationale Nachhaltigkeits-strategie – ist es spätestens jetzt notwendig, zueiner handhabbaren Anzahl von Kriterien zugelangen, die im Designprozess berücksich-tigt werden sollen. Mithilfe der Übersetzungs-tabelle werden die zuvor herausgearbeitetenKriterien nochmals bewusst in den eigenenHandlungs- und Entwicklungskontext über-setzt. Was ist mit diesem Kriterium gemeintund warum habe ich es gewählt? DieserSchritt sollte in jedem Fall durchlaufen wer-den, da ansonsten die ausgewählten Aspekte

In der Überarbeitung des Konzeptes wares uns mithilfe der Tools 4. Sustaina-ble Development Goals, 5. NationaleNachhaltigkeitsstrategie – Screening, 6.Megatrendanalyse und das Zusammentra-gen aller Faktoren im Tool 8. Leistungs-kriterien möglich, bereits erreichteNachhaltigkeitsziele aufzudecken, aberauch gleichzeitig neue hinzuzufügen undsomit das Grundkonzept des „RunningDinners“ zu unserer Variante „Wuppertalisst fremd“ weiterzuentwickeln.

– Sophia Kahl und Annika Greven, Masterstudien-gang Strategische Produkt- und Innovationsent-wicklung, Bergische Universität Wuppertal, 2016

»

»▶ Arbeitsblätter8.1 Übertragung, Clusterung, Priorisierung8.2 Themenfelder, Ziele, Indikatoren8.3 Ergebnisgrafik

eher zum „add on“, nicht aber orientierungs-gebender Kern der Entwicklung werden.

ToolbeschreibungDas Tool besteht aus folgenden 8 Arbeits-schritten:

1 RELEVANTE KRITERIEN / ZIELEAUS TOOL 1–7 ÜBERTRAGEN

2 KRITERIEN CLUSTERN

3 KRITERIEN PRIORISIEREN

4 RANGFOLGE DER PRIORISIERTENKRITERIEN ERSTELLEN

5 KRITERIEN KONKRETISIEREN

6 KRITERIEN IN EIGENE ZIELEÜBERSETZEN (LASTENHEFT)

7 EIGENE INDIKATOREN DEFINIEREN

8 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

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878. LEISTUNGSKRITERIEN FÜR NACHHALTIGKEIT

1 RELEVANTE KRITERIEN / ZIELE AUS

TOOLS 1-7 ÜBERTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 8.1Aus den bearbeiteten Tools 1–7 werden diejeweils abgeleiteten Kriterien (SDGs, Nach-haltigkeitsziele, Megatrends etc.) in die ersteSpalte der Tabelle eingetragen.

2 KRITERIEN CLUSTERN

▶ Arbeitsblatt 8.1Um einen besseren Überblick zu erhalten,werden die gesammelten Bewertungskriterieninhaltlich geordnet und gegebenenfalls unterneuen Oberbegriffen zusammengefasst. Hierbietet es sich an, für eine thematische Clus-terung mit verschiedenen Farben zu arbeiten.

3 KRITERIEN PRIORISIEREN

▶ Arbeitsblatt 8.1Die ausgewählten Leistungskriterien werdenin ihrer Relevanz bezüglich der Zielsetzungfür das eigene Gestaltungskonzept bewertet.Die Priorisierung erfolgt folgendermaßen:▶ Hohe Relevanz: +++▶ Mittlere Relevanz: ++▶ Niedrige Relevanz: +

4 RANGFOLGE DER PRIORISIERTEN

KRITERIEN ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 8.2Die Kriterienwerden ihrer Relevanz nach, vonoben nach unten, sortiert. Es sollten höchs-tens 12 Kriterien aufgeführt werden

5 KRITERIEN KONKRETISIEREN

▶ Arbeitsblatt 8.2Potenzielle Unterziele und Nebenaspekte, dieaufgefallen sind (z. B. Unterziele der SDGs),sollten notiert werden, um möglichst konkre-te Zielsetzungen für die eigene Aufgabenstel-lung ableiten zu können.

6 KRITERIEN IN EIGENE ZIELE

ÜBERSETZEN (LASTENHEFT)

▶ Arbeitsblatt 8.2Die ausgewählten Aspekte werden nun indi-viduell „übersetzt“. Sie werden also auf diekonkrete Gestaltungsebene mit adressierba-ren Zielen „heruntergebrochen“. Nur mit Kon-zepten, die sich nach konkreten Zielen rich-ten, können auch übergreifende Ziele (z. B.SDGs etc.) erreicht werden. Lassen sich diesenicht auf die Handlungsebene übersetzen undin Produkte, Dienstleistungen und Interakti-onsstrukturen umsetzen, entfalten sie keine

Wirkung. Somit ist dieser Schritt essenziell fürdie nachhaltige Gestaltung des Produktes, derDienstleistung oder des Social Designs.

7 EIGENE INDIKATOREN DEFINIEREN

▶ Arbeitsblatt 8.2Nun werden eigene Indikatoren formuliert,um die jeweilige Zielerreichung messbar zumachen und die Wirkung des Designkonzep-tes abzubilden (siehe auch Exkurs S. 55).

8 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 8.3Die erarbeiteten Indikatoren werden in die Er-gebnisgrafik eingetragen und sind die Grund-lage für die weitere Entwicklung.

Ziele werden gerne nach dem „SMART“-System erarbeitet und definiert (vgl.O'Neill / Conzemius 2005, zitiert nachEmmersberger 2014):

Specific (= eindeutig & konkret)Measurable (= messbar)Accepted (= erstrebenswert/erreichbar)Realistic (= realistisch/realisierbar)Timebound (= terminiert/datierbar)

TIPP

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88 TEIL II: TOOLS

+ ++ +++

^Annika Greven und Sophia Kahl haben das Konzept Wuppertal isst fremd entwickelt. Das Konzept bringt einander fremde Personen imQuartier für einen Abend zum Essen und Feiern zusammen.

8.1 LEISTUNGSKRITERIEN – ÜBERTRAGUNGUND CLUSTERUNG

In Schritt 1 wurden die relevantesten Bewertungskriterien aus den Tools 4–6 (SDGs, Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, Megatrendanalyse)ausgewählt und in das Arbeitsblatt 8. Leistungskriterien eingetragen. Anschließend erfolgt eine Clusterung der Kriterien entsprechend verschie-dener Themen ( 2 ) und ihre Zusammenfassung unter einem Überbegriff. Zuletzt folgt eine übergeordnete Priorisierung aller Kriterien ( 3 ).

KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

RELEVANTE BEWERTUNGSKRITERIENTOOL CLUSTERUNG

4. SustainableDevelopmentGoals

5. NationaleNachhaltig-keitsstrategie

6. Megatrends

4.

6.

5.

3.

2.

X

X

X

X

X

X

1 2 3

12

3

4

12345

Page 89: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

898. LEISTUNGSKRITERIEN FÜR NACHHALTIGKEIT

Ergebnis: Für das Konzept Wuppertal isst fremd wurden 6 Zielbereiche priorisiert, die Unterschiede beschrieben, sowie in eigene Worteund Indikatoren übersetzt. Die abgeleiteten konkretisierten Indikatoren können nun in messbare Einheiten übersetzt werden:1. Diversität der Teilnehmenden hinsichtlich ihrer Quartierszugehörigkeit // 2. Kaufanteil an Bio-/Fairtrade-Lebensmitteln im Viertel //3. Anteil Convenience-Produkte pro Mahlzeit // 4. kg Lebensmittelabfall pro Quartiersbewohner/-in // 5. Anteil der täglichen Wegstre-cke zu Fuß/mit Fahrrad // 6. Diversität der Teilnehmenden in Bezug auf Nationalitäten/Berufsgruppen etc.

8.2 ÜBERSICHTSTABELLE – THEMENFELDER, ZIELE, INDIKATOREN KONZEPTBEISPIEL WUPPERTAL ISST FREMD

PRIORISIERTEKRITERIEN RELEVANTE ASPEKTE ÜBERSETZUNG IN

EIGENE ZIELEÜBERSETZUNG IN EIGENEINDIKATOREN

4.

6.

5.

3.

2.

1.

4 RANGFOLGE DERPRIORISIERTENKRITERIEN ERSTELLEN

5 KRITERIENKONKRETISIEREN

6 KRITERIEN IN EIGENE ZIELEÜBERSETZEN

7 EIGENE INDIKATORENDEFINIEREN

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90 TEIL II: TOOLS

wwwS.M.A.R.T. ZieleMelchior Bläsehttp://projektmanagement-manufaktur.de/smart-ziele(Abruf 07/2019)

OECD better life indexOECD Better Life Indexhttp://oecdbetterlifeindex.org (Abruf 07/2019)

SMARTe Ziele und wie sie formuliertwerdenSchröder,Wolfgang / b-wise GmbHhttps://www.business-wissen.de/hb/smarte-ziele-und-wie-sie-formuliert-werden (Abruf 07/2019)

Sustainable Development SolutionsNetwork. A global initiative for the UnitedNationsSDSN – Sustainable Development Solutions Networkhttp://unsdsn.org (Abruf 07/2019)

Kompetenzzentrum NachhaltigerKonsumUmweltbundesamt (UBA)https://k-n-k.de/Kompetenzzentrum (Abruf 07/2019)

Sustainable Development KnowledgePlattformUnited Nationshttps://sustainabledevelopment.un.org (Abruf 07/2019)

Agenda 2030 für nachhaltige EntwicklungSchweizerische Eidgenossenschafthttps://www.eda.admin.ch/post2015/de/home/agenda-2030/die-17-ziele-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung.html (Abruf 07/2019)

QUELLEN– Conzemius, A.; O'Neill, J. (2006): The Power of Smart Goals:Using Goals to Improve Student Learning. Solution Tree Press,Bloomington.

– Emmersberger, A. (2014): Führungsverhalten aus Sicht derMotivforschung: Die Motive Macht, Leistung und Anschlussund dieWirksamkeit von Leadership-Trainings. DiplomicaVerlag, Hamburg.

Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie.Aktualisierung 2018Bundesregierung (2018)Online verfügbar: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975274/1546450/65089964ed4a2ab07ca8a4919e09e0af/2018-11-07-aktualisierung-dns-2018-data.pdf?download=1 (Abruf 07/2019)

Nationales Programm für nachhaltigenKonsum. GesellschaftlicherWandel durcheinen nachhaltigen LebensstilBMUB, BMJV, BMEL (Hg.) (2017)Online verfügbar: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/nachhaltiger_konsum_bro-schuere_bf.pdf (Abruf 07/2019)

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91EXKURS – Produktentwicklung Vinson

Abb.12: von Christoph Tochtrop; vgl. Tochtrop, C. (2018): Produkte haben ein Recht auf Nutzung! Graduate Thesis imGraduate Studiengang HeterotopiaSchwerpunkt Industrial Design, Folkwang Universität der Künste, Essen.

elektrisch antreibt. So wird ein Gerät für vie- se Weise kommen Bequemlichkeit, Nutzenle Anwendungen nutzbar gemacht. Auf die- und Nachhaltigkeit in Einklang.

Vinson – das Drehgerät für den Haushaltvon Christoph Tochtrop

Vision und MissionAuf der Suche nach einer ressourcen-leichteren Konsum- und Produktkulturkam Christoph Tochtrop über Diskursezum Teilen zu der These: »Produkte habenein Recht auf Nutzung!« – gefolgt von dergestalterischen Auseinandersetzung: Wiekann man Produkten zu mehr Nutzungverhelfen (siehe auch S. 119)? Viele un-serer Elektrogeräte liegen die meiste Zeitherum. Braucht man sie, ist es schön, siesich nicht erst ausleihen zu müssen, son-dern das Gerät direkt zu Verfügung zuhaben. Dabei unterstützen uns viele elek-trische Geräte mit einer Drehbewegung.Zahlreiche dieser Geräte wiederholen dasMuster: Stromquelle, Steuerung, Motor,Getriebe, Werkzeug. Vinson verzichtet aufdas Wiederholen von Komponenten. Ver-schiedene Anwendungen teilen sich die-selben Bauteile. Das Sortiment bestehtaus einer Antriebs-, Griff- und Steuerungs-einheit, die unterschiedlichsten Aufsätze

EXKURS – PRODUKTENTWICKLUNG

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92 TEIL II: TOOLS

Die Entwicklung oder das Redesign von Produk-ten und Dienstleistungen ist mit neuen Wert-schöpfungsprozessen und -aktivitäten entlangdes gesamten Wertschöpfungssystems verbun-den, so dass es auch immer zu einer Verände-rung der damit verbundenen Zulieferketten,der Produktionsstrukturen, der Konsummus-ter und dem Recycling bzw. der Entsorgungs-prozesse kommt. Diese Veränderungen habengrundlegende Effekte auf soziale, ökologischeund wirtschaftliche Bedingungen der beteilig-ten Wirtschaftsräume und Menschen. Da Wert-schöpfungsketten oder -netze meist global or-ganisiert sind, betreffen Änderungen daranauch immer andere Länder und Regionen. JedeEntscheidung von Designer/-innen oder (Pro-dukt-) Entwicklern/-innen hat also Einfluss aufdas Leben und Arbeiten der Menschen hier unddort. Um die sozialen, ökologischen und öko-nomischen Auswirkungen des Designkonzepteszu bewerten, ist demnach eine lebenszyklus-weite Analyse notwendig, die alle Stufen derWertschöpfung mit einbezieht. Die im Folgen-den vorgestellten Tools 9. Hot Spot-Analyse und

10. Ressourcen/MIPS sollen eine hilfreiche Un-terstützung bieten, um diese Bewertungspers-pektive aufzugreifen und bei der (Weiter-) Ent-wicklung des Konzeptes zu integrieren. 1

Leistungsanforderungen/Lastenheft1. Checkliste2. ZielbeschreibungNachhaltigkeitsbewertung3. Nachhaltigkeitsradar4. Sustainable Development Goals5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie6. Megatrendanalyse7. Mind Map8. Leistungskriterien

Bewertung der Wertschöpfungsketten9. Hot Spot-Analyse10. Ressourcen / MIPS

Markt- und gesellschaftsrelevanteUmsetzung11. Design for Social Change12. Rebound- & Wirkungsanalyse13. Geschäftsmodellentwicklung14. Zielgruppen15. Designszenarien16. Evaluierung

TOOLÜBERSICHT

DIE PHASEN EINESPRODUKTLEBENSZYKLUS

Tools zur Bewertung der Wert-schöpfungsketten: vom Roh-stoffabbau bis zum Recycling

Rohstoffgewinnung

Produktion/Verarbeitung

Handel/Vertrieb

Nutzung

Recycling/Reuse

EnergieTransport

Entsorgung

Natur

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939. HOT SPOT-ANALYSERASTER

9. Hot Spot-Analyseraster –Stärken-/SchwächenprofileWelche Effekte hat das Design auf dieWertschöpfungsketten und -netze?

Neue oder umgestaltete Produkte und Dienst-leistungen verändern Wertschöpfungsket-ten und -netze. 1 Für eine nachhaltigkeits-orientierte Gestaltung ist eswichtig, die Effektedes eigenen Konzepts auf Produktions- undKonsumsysteme zu erkennen und diese beider (Weiter-)Entwicklung zu berücksichtigen.Hierfür müssen alle Lebenszyklusphasen – vonder Rohstoffgewinnung über Produktion undNutzung bis zum Recycling bzw. der Entsor-gung – betrachtet werden. Die Hot Spot-Ana-lyse (HSA) identifiziert als Gestaltungsgrund-lage die Stärken und Schwächen („Hot Spots“)des Konzepts, eines Produkts oder einer Dienst-leistung. Die Methode wird in komplexerer

Form auch in Unternehmen eingesetzt. 2

Ihre Durchführung und die anschließendePräsentation der Ergebnisse ist höchst rele-vant, da diese sowohl die Vorteile als auch dieRisiken einer Produkt-/Serviceentwicklungaufzeigen. Beides sind sehr wichtige Infor-mationen für Unternehmen und Entwickler/-innen. Das Tool Hot Spot-Analyseraster kanndie positiven und/oder negativen Effekte ei-ner Konzeptentwicklung deutlich machenund Potenziale für eine nachhaltigere Ge-staltung aufzeigen. Dabei ist auch wichtig zuüberlegen, welche Zielorientierung zugrundeliegen soll: Ist sie kreislauforientiert? Orien-tiert sie sich an einer sozialen oder sogar öko-sozialen Marktwirtschaft bzw. an Übergängenin andere Wirtschaftsformen, wie etwa einer„Green“, bio-basierten oder „Sharing Econo-my“? 3 Diese Überlegungen haben Auswir-kungen auf die Gestaltung, welche wiederumdie Effekte beeinflusst, die das Produkt oderdie Dienstleistung auf unsere ökologische undsoziale Umwelt haben. 2 Das folgende Toolwurde basierend auf Liedtke et al. 2013 undden Methodenpublikationen Wallbaum undKummer 2006, Bienge et al. 2010, Liedtke etal. 2010, Rohn et al. 2014 und Geibler et al.2016 weiterentwickelt.

1 BEWERTUNGSKRITERIENDEFINIEREN

2 LEBENSZYKLUSPHASENGEWICHTEN

3 BEWERTUNGSKRITERIEN UNDRELEVANZEN EINTRAGEN

4 BEWERTUNGSKRITERIENGEWICHTEN

5 FAKTOREN MULTIPLIZIEREN

6 HOT SPOTS IDENTIFIZIEREN

7 HOT SPOTS ZUSAMMENFASSEN

8 DESIGNOPTIONEN SAMMELN

9 HOT SPOTS UND DESIGNOPTIONENPRIORISIEREN

10 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblätter:9.1 Lebenszyklusphasen

und Bewertungskriterien9.2 Hot Spots9.3 Priorisierung9.4 Ergebnisgrafik A9.5 Ergebnisgrafik B

▶ Verweise dieser Doppelseite siehe S. 96

ToolbeschreibungDie für den Transition Design Guide verein-fachte HSA besteht aus zehn Schritten:

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94 TEIL II: TOOLS

Für den Designprozess sind sowohl die Stär-ken als auch die Schwächen durchaus wich-tig und sollten im Austausch mit dem/derAuftraggeber/-in und der Zielgruppe diskutiertwerden. Werden Stärken- und Schwächenpro-file erstellt, sollten sie stets getrennt voneinderdurchgeführt werden. Nach den jeweiligenDurchläufen können beide abgeglichen und inein gemeinsames Portfolio überführt werden.

1 BEWERTUNGSKRITERIEN DEFINIEREN

▶ Arbeitsblatt 9.1Zunächst gilt es festzulegen, anhand wel-cher Kriterien die Untersuchung des Kon-zeptes stattfinden soll. Als Bewertungs- oderNachhaltigkeitskriterien können diejenigengenutzt werden, die mit den Tools zur Nach-haltigkeitsbewertung erarbeitet wurden. 3

Alternativ können die im folgenden Tipp be-nannten Kriterien für eine schnelle Bewertungherangezogen werden.

2 LEBENSZYKLUSPHASEN GEWICHTEN

▶ Arbeitsblatt 9.1Anhand der nun festgelegten Bewertungs-/Nachhaltigkeitskriterien werden die einzelnenLebenszyklusphasen des Produkts oder derDienstleistung erst einmal grob abgeschätzt.

Die Lebenszyklusphasen werden nun hinsicht-lich ihrer ökologischen, sozialen und ökono-mischen Auswirkungen gewichtet und dadurchin Bezug zueinander gesetzt.

Bewertet wird nach Relevanz auf einerSkala von 1 bis 3:3 = stark positive/negative Relevanz2 = mittlere positive/negative Relevanz1 = geringe positive/negative Relevanz

Die eigene Begründung für diese Gewichtungkann im Kästchen darunter notiert werden.

Bei der Bewertung der Lebenszyklusphasensollten auch die Transporte nicht vergessenwerden. Sie werden getrennt aufgeführt undhier grob nach ihrer Entfernung bewertet:

Bewertung der Transporte(auf einer Skala von 1 bis 3)Schwächenprofil: Stärkenprofil:3 = international 3 = lokal2 = national 2 = national1 = lokal 1 = international

Die Hot Spot-Analyse kann auch für einegrobe Einschätzung der Stärken undSchwächen genutzt werden. Dazu kön-nen folgende Aspekte als Bewertungskri-terien eingesetzt werden:

Ökologie:

Ressourcenverbrauch // Wasserver-brauch // Flächenbelegung // Regiona-lität // Lebensdauer // Recyclingfähig-keit // Reparierbarkeit

Soziales:

Gesundheit // Produktsicherheit //Menschenrechte // Arbeitsbedingungen

Ökonomie:

Wirtschaftlichkeit // Kosten für For-schung und Entwicklung // Kosten fürdie Markteinführung

TIPP

▶ Verweise dieser Doppelseite siehe S. 96

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959. HOT SPOT-ANALYSERASTER

9.1 HOT SPOT-ANALYSERASTER – LEBENSZYKLUSPHASEN GEWICHTEN

Bewertung von herkömmlichen Elektronikproduktenals Ausgangspunkt für die KonzeptentwicklungCycle Genossenschaft von Jonas Michels:Cycle Genossenschaft zielt auf eine gemeinschaftlicheAnschaffung und Nutzung hochwertiger Elektronik-produkte im Stadtquartier ab. Ausgangspunkt dafürwar die sozial-ökologische Relevanzbewertung derProduktion und Nutzung herkömmlicher Elektronik-produkte anhand der Schwächenprofil-HSA (Status-quo-Analyse).Anwendung: Auf Basis der Tools 5. Nationale Nachhal-tigkeitsstrategie und 7. Mind Map wählte Jonas Michelsalso im Schritt 1 neun ökologische und sozioökonomi-sche Bewertungskriterien aus und gewichtete dann dieeinzelnen Lebenszyklusphasen in Schritt 2 .Der Abbau und die Verarbeitung diverser Erze ist öko-logisch sowie sozial ein hochrelevanter Prozess. Dieinternational verflochtenen Wertschöpfungsnetze vonElektogeräten führen zudem zu vielfältigen und weitenTransporten. Defekte oder noch nutzbare Produkte wer-den meist direkt entsorgt, bzw. häufig in Entwicklungs-und Schwellenländer exportiert, wo oft unter kritischenBedingungen wertvolle Materialien extrahiert werden.Ergebnis: Ausgehend von diesen Problemfeldernhat Jonas Michels alle Lebenszyklusphasen sowie dieTransporte als hoch relevant, also mit 3, bewertet.

KONZEPTBEISPIEL CYCLEGENOSSENSCHAFT

LEBENSZYKLUSPHASEN

3 = hohe Relevanz2 = mittlere Relevanz1 = geringe Relevanz

SCHWÄCHENPROFIL xTRANSPORT SCHWÄCHEN STÄRKEN

3 = international2 = national1 = lokal

3 = lokal2 = national1 = international

VER

LUST

E

VERLU

STE

ENTSORGUNG

VERLUSTE

ROHSTOFFGE

WINN

UNG

PRODUKTION &

VERARBEITUNG

TRANSPORT

TRANSPORT

TRANSPORTTRANSPORT

A

D

B

CREC

YCLING/ ENTSORGUNG

HAND

EL&

NUTZ

UNG

3 3

33

3

3 3

3

x

BEWERTUNGSKRITERIEN DEFINIEREN1

LEBENSZYKLUSPHASEN GEWICHTEN2

Abb.: basierend auf Liedtke et al. 2013: 50; grafisch adaptiert

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96 TEIL II: TOOLS

Für eineHSA sind prinzipiell folgende Lebens-zyklusphasen zu unterscheiden und unterökologischen, sozialen und ökonomischenAspekten zu bewerten:

▶ Rohstoffgewinnung:Welche Rohstoffe werden verwendet? Wieund wo werden sie angebaut (landwirtschaft-liche Erzeugnisse), abgebaut oder gefördert(Erze, Rohöl)? Unter welchen Risiken undBedingungen werden sie gewonnen?

▶ Produktion & Verarbeitung:Wie sehen die einzelnen Verarbeitungs-oder Produktionsschritte aus? Wie bedingensie sich gegenseitig? Wo kann Material oderEnergie eingespart oder effizienter vorge-gangen werden? Wie sind die Produktions-/Arbeitsbedingungen?

▶ Handel & Nutzung:Hier sollten die Vertriebsart (z. B. Einzelhan-del, Gastronomie, Onlinevermarktung etc.),Geschäfts- und Nutzenmodelle (z. B. genos-senschaftliche Modelle, Sharing-Konzepteetc.) sowie die Nutzung (z. B. Kostenauf-wand, Komfort, Lebensdauer, Reparierbar-keit, Funktionalität, Upgradingmöglichkei-

ten) und die Wieder- oder Weiterverwendungberücksichtigt werden. 4

▶ Entsorgung / Recycling / Reuse:Welche Bestandteile werden wie entsorgt oderwohin exportiert? Können sie möglicherweiserezykliert oder weiterverwendet werden?

3 BEWERTUNGSKRITERIEN UND

RELEVANZEN EINTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 9.2Die definierten Kriterien zur Nachhaltigkeits-bewertung und die Relevanzen, die zuvor fürdie Lebenszyklusphasen festgelegt wurden,werden ins nächste Arbeitsblatt eingetragen.

4 BEWERTUNGSKRITERIEN GEWICHTEN

▶ Arbeitsblatt 9.2Nun werden auch die Nachhaltigkeitskriterienin den einzelnen Lebenszyklusphasen jeweilsauf der Skala von 1 bis 3 bewertet.

5 FAKTOREN MULTIPLIZIEREN

▶ Arbeitsblatt 9.2Um eine bessere Akzentuierung der Ergebnissezu erreichen, werden nun die Werte der Kriteri-en mit den Relevanzen der Lebenszyklusphasenmultipliziert.

9. Hot Spot-Analyseraster,10. Ressourcen / MIPS

12. Rebound- & Wirkungs-analyse

1. Checkliste, 2. Zielbe-schreibung, Tools 3–8 zurNachhaltigkeitsbewertung

16. Evaluierung

TOOLS

1

2

3

4

Cycle Genossenschaft in Tool9 und 12

KONZEPTBEISPIELE

1

9. Wertschöpfungsketten

4. Nachhaltiges Wirtschaften(vgl. Information Richtlinienichtfinanzieller Berichter-stattung)

4. Nachhaltiges Wirtschaften

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

3

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979. HOT SPOT-ANALYSERASTER

LEBENSZYKLUSPHASEN

Anwendung Status quo-Analyse – herkömmliche Elektroprodukte: In Schritt 3 werden die Kriterien und Relevanzen aus der Lebens-zyklusbewertung eingetragen. Daraufhin werden die Bewertungskriterien für jede Lebenszyklusphase gewichtet (Schritt 4 ) und mit denRelevanzen der Lebenszyklusphasen multipliziert (Schritt 5 ). 1

Ergebnis: Die meisten Hot Spots ergeben sich in den Phasen Nutzung (3 Hot/3 Warm Spots) und Entsorgung (3 Hot/3 Warm Spots). Vonden Nachhaltigkeitskriterien fallen vor allem Materialeinsatz und Abfallvermeidung (3 Hot Spots) sowie wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit(3 Hot Spots/1 Warm Spot) und Integration (2 Hot Spots/1 Warm Spot) auf. Von diesen Punkten ausgehend, werden in 8 potenzielleGestaltungsoptionen für das Konzept Cycle Genossenschaft abgeleitet ( 7 ZUSAMMENFASSEN DER HOT SPOTS wurde hier übersprungen).

ROHSTOFF-GEWINNUNG

3

3

3

3

3

3

3

3

HANDEL&NUTZUNG

RECYCLING/ENTSORGUNG

BEWERTUNGSKRITERIEN

STÄRKENPROFIL

A

Bewertung: 1 = (niedrige) bis 3 = (hohe Relevanz)

3 3 3

SCHWÄCHENPROFIL x

3

1

1

0

2

1

3

1

3

TRANSPORTE AB BC CD DA

PRODUKTION &VERARBEITUNGB C D

SAMMELN VON DESIGNOPTIONEN

9.2 HOT SPOT-ANALYSERASTER –HOT SPOTS IDENTIFIZIEREN KONZEPTBEISPIEL CYCLEGENOSSENSCHAFT

3 3 3 3

4 5

9 = Hot Spot 6 = Warm Spot

IDENTIFIZIEREN DER HOT SPOTS6

3

8

93 93 93 933 3 3 3

3

3

3

3

3

3

3

3

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3

3

3

3

3

3

3

3

3

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3

3

3

3

3

3

9

6

0

0

9

9

6

3

3

3

9

9

9

6

6

3

1

1

3

3

2

2

3

1

3

6

6

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9

9

6

3

3

0

0

2

3

3

2

1

3

3

0

6

3

3

9

9

1

0

2

2

3

3

2

14 4 46 6 6 65 5 5

3 3 3 3x x x x= = = =

Abb.13: basierend auf Liedtke et al. 2013: 52; grafisch adaptiert

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98 TEIL II: TOOLS

Das In-Relation-Setzen der zuvorfestgelegten Kriterien (siehe oben) mitden einzelnen Phasen führte zur klarenHerausstellung kritischer „Hot-Spots“.Im Falle eines typischen Produkt-lebenszyklus waren diese äußerstzahlreich (...)

– Jonas Michels, ehemaliger Student an derBergischen Universität Wuppertal (DokumentationS. 11)

»

»

6 HOT SPOTS IDENTIFIZIEREN

▶ Arbeitsblatt 9.2Die kritischsten oder positivsten Aspekte tre-ten nun deutlich hervor: Hot Spots findet manüberall dort, wo sich ein Wert von 9 ergibt.Zusätzlich können Warm Spots mit einemWert von 6 berücksichtigt werden. Im Kon-zeptbeispiel wurden die negativen Hot Spotsermittelt (=Schwächenprofil-HSA). Im Stär-kenprofil treten die positiven Aspekte hervor.

7 HOT SPOTS ZUSAMMENFASSEN

▶ Arbeitsblatt 9.2In einer schriftlichen Zusammenführung kön-nen noch einmal dieHot undWarm Spots her-ausgestellt und imTeamundmit Experten/Ex-pertinnen diskutiert werden.

8 DESIGNOPTIONEN SAMMELN

▶ Arbeitsblatt 9.2Den Hot Spots sollte nun mit konkretenDesignlösungen bzw. -alternativen begegnetwerden. Dazu eignet sich ein Brainstorming

1, bei dem notiert wird, welcher Hot/WarmSpot mit welchen Gestaltungsideen verbessertwerden könnte.

Die HSA wird oft auch in unternehme-rischem Kontext genutzt: Im Journal ofCleaner Production wurde 2016 ein Bei-spiel mit dem Unternehmen Mars (Cata-lyst, Mars Incorporated) publiziert (vgl.Geibler et al. 2016), bei dem die HSA zurBewertung der Wertschöpfungskette vonKaffee genutzt und mit einer Bewertungdes ökologischen Rucksacks verbundenwurde. 1 Die meisten Hot Spots tratenim Bereich Anbau, Ernte, Nutzung undVerpackung auf. Mit der HSA und MIPS-Analyse 2 wurden Verbesserungsmög-lichkeiten im Bereich der Düngung, in-tegrierter Landwirtschaft, Waschen undTrocknen, rezykliertem Verpackungsma-terial sowie beim Erhitzen und Warmhal-ten des Kaffees identifiziert.

TIPP7. Mind Map

10. Ressourcen / MIPS

TOOLS

1

2

10. Ökologischer Rucksack

HINTERGRUNDINFORMATION

1

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999. HOT SPOT-ANALYSERASTER

9.2 HOT SPOT-ANALYSERASTER –HOT SPOTS IDENTIFIZIEREN

Anwendung: Auf Basis einerHot Spot-Analyse herkömmlicher Elektronikprodukte entwickelte JonasMichels das Konzept Cycle Genossen-schaft und führte auch dafür eine Schwächenprofil-HSA auf Basis der zentralen Ansätze des Konzepts durch.

KONZEPTBEISPIEL CYCLEGENOSSENSCHAFT

Zentrale Ansätze desCycle Genossen-schafts-Konzepts:

• Lokale Auswahl vonElektroprodukten imQuartier, max. 2 kmEntfernung▶ Sharing-Modelle,Kauf oder Ausleihe

• Lokale Angebote:Recycling, Reparatur,Instandhaltung, Reuse,etc.▶ kurze Wege, lokaleArbeitsplätze

• genossenschaftlichesGeschäftsmodell

• Qualitätskriterien beiEinkauf

• Quartiersbezug, Integ-rations- & Inklusionsan-satz für Teilhabe sowiein der Finanzierung

BEWERTUNGSKRITERIEN UND RELEVANZEN EINTRAGEN

MULTIPLIZIEREN DER FAKTOREN

4 BEWERTUNGSKRITERIEN GEWICHTEN3

5 STÄRKENPROFILBewertung: 1 = niedrige Relevanz bis 3 = hohe Relevanz

SCHWÄCHENPROFIL x

LEBENSZYKLUSPHASEN ROHSTOFF-GEWINNUNG

3

3

3

3

3

3

3

3

HANDEL&NUTZUNG

RECYCLING/ENTSORGUNG

BEWERTUNGSKRITERIEN

A3 3 3 3

0

1

0

1

1

1

1

1

TRANSPORTE AB BC CD DA

PRODUKTION &VERARBEITUNGB C D

3 3 3 3

53

93 62 92 623 3

3

3

3

3

3

3

3

3

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3

3

3

3

3

3

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3

3

3

3

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3

3

3

1

1

1

1

1

1

1

1

1

0

0

1

1

1

1

4 1

1

0

1

1

1

1

1

14 45 5 5

x3 = x3 = x3 = x3 =

0

3

3

3

3

3

0

3

3

3

3

3

3

3

3

0

6 63

3

3

3

3

3

0

0

6

6

3

3

3

3

3

3

3

3

6

3

4

x

x

x

x

x

x

x

x

3

Ergebnis: Ein Vergleich der Hot Spot-Analyse des Produktlebenszykluses herkömmlicher Elektronikprodukte im Vergleich zum KonzeptCycle Genossenschaft zeigt deutlich, dass die neuen Ansatzpunkte zur starken Verbesserung des Schwächenprofils beitragen können.

Abb.14: basierend auf Liedtke et al. 2013: 52; grafisch adaptiert

Page 100: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

100 TEIL II: TOOLS

9 HOT SPOTS UND DESIGNOPTIONEN

PRIORISIEREN

▶ Arbeitsblatt 9.3Aus der Liste der ermittelten Hot Spots undderen möglichen (Um-)Gestaltungsoptionensollten nun noch einmal die 3–5 Punkte aus-gewählt werden, die für die geplante Pro-dukt- bzw. Dienstleistungs(weiter-)entwick-lung am Wesentlichsten erscheinen. In einemiterativen Designprozess kann dieser Schrittmehrmals wiederholt werden, um zu einemspäteren Zeitpunkt auch die zunächst ausge-lassenen Hot Spots in Angriff zu nehmen oder– wie im Konzeptbeispiel – eine Vorher-Nach-her-Analyse zu erstellen.

10 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 9.4/9.5In einer Ergebnisgrafik wird auf einen Blickdeutlich, wie sich das Produkt bzw. die Dienst-leistung durch Anpassungen imDesign verbes-sern oder verschlechtern kann. Sie eignet sichgut als Grundlage für die Kommunikation mitAuftraggebern/Auftraggeberinnen und Ziel-gruppen etc. Wie auch im Tool 3. Nachhaltig-keitsradar 1 kann ein Balkendiagramm und/oder eine Netzgrafik erstellt werden. In man-chen Fällen bietet es sich auch an, eine Gra-

fik für jede Lebenszyklusphase anzulegen. Füreinen besseren Vorher-Nachher-Vergleich kön-nen verschiedene Farben verwendet werden.

Die Ergebnisgrafiken können nach eigenemBedarf ausgewählt und daran angepasst wer-den.

Vorteil der Netzgrafik:Sie verschafft einen visuell schnell erfassba-ren Gesamteindruck über die Vorher-/Nach-her-Bewertung der relevantesten Kriterien

Nachteil der Netzgrafik:Will man die Hot Spot-Werte eines Kriteri-ums in jeder Lebenszyklusphase aufnehmen,muss es ggf. mehrmals erfasst werden.

Vorteil des Balkendiagramms:Es können mehr Kriterien mit all ihrenWerten aufgenommen und übersichtlicherfasst werden.

Nachteil des Balkendiagramms:

Die Darstellung ist komplexer und visuellschwieriger zu erfassen als die Netzgrafik.

Bei der Entwicklung derErgebnisgrafiken für dieArbeitsblätter wurde deutlich,dass sich das Balken- und dasNetzdiagramm gegenseitig gutergänzen und für unterschiedlicheHerangehensweisen eignen.

– Kim Huber, Designerin

»

»TIPP

3. Nachhaltigkeitsradar

TOOLS

1

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1019. HOT SPOT-ANALYSERASTER

NACHHER

VORHER

Ergebnis: Durch die Visualisierung verdeutlichte sich Jonas Michels, welche Verbesserungen das Konzept CycleGenossenschaft gegenüberdem herkömmlichen Gebrauch von Elektronikprodukten erzielen könnte. Alle Nachhaltigkeitskriterien können berücksichtigt werden.

Anwendung: Die Hot Spot Werte verschiedener Bewertungskriterien aus der Analyse herkömmlicher Elektronikprodukte (vorher) undder Analyse des Cycle Genossenschaft Konzepts (nachher) werden in der Grafik eingetragen.

ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN SCHWÄCHENPROFIL x10

Anmerkung: Für dieGrafik wurden nur dieWerte der relevantesten Phase pro Kriterium berücksichtigt. Die Lebenszyklusphasen werdenmit A/B/C/D gekennzeichnet.

9 6 3 0 HOT SPOT WERT

9.5 HOT SPOT-ANALYSERASTER – ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN KONZEPTBEISPIEL CYCLEGENOSSENSCHAFT

Abb.15: basierend auf Liedtke et al. 2013: 46; grafisch adaptiert

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102 TEIL II: TOOLS

Circular Design GuideEllen MacArthur Foundation; IDEO (2016)https://www.circulardesignguide.com (Abruf 07/2019)

Pro Planet – Der VergabeprozessREWE Deutscher Supermarkt AG & Co. KGaAhttp://www.proplanet-label.com/proplanet/vergabeprozess(Abruf 07/2019)

Pro Planet. Das REWE Group-Navigations-system für nachhaltigere Produkte undDienstleistungenREWE Grouphttp://www.proplanet-label.com/Download/REWE_15_037_HandbuchProPlanet_Erweiterung_Print_A4_hoch_zum_Versand.pdf (Abruf 07/2019)

www

QUELLEN:– Bienge, K.; v. Geibler, J.; Lettenmeier, M.; Biermann, B.; Adria,O.; Kuhndt, M. (2010): Sustainability Hot Spot Analysis: Astreamlined life cycle assessment towards sustainable foodchains. Proceedings of the 9th European IFSA Symposium, 4-7 July2009, Vienna, Austria. p. 1822–1832 (peer reviewed).

– von Geibler, J.; Cordaro, F.; Kennedy, K. Lettenmeier, M.; Roche, B.(2016): Integrating resource efficiency in business strate-gies: A mixed-method approach for environmental life cycleassessment in the single-serve coffee value chain. In: Journalof Cleaner Production 115/2016, 62–74.

– Liedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.; Abbis,P. (2013)Wuppertal Institute Designguide – BackgroundInformation and Tools. Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/4893/file/WS46.pdf(Abruf 07/2019).

– Liedtke, C. ; Baedeker, C.; Kolberg, S. ; Lettenmeier, M. (2010):Resource intensity in global food chains: the Hot SpotAnalysis. British Food Journal 112 (10): 1138–1159.

– Michels, J. (2013): Cycle Genossenschaft – Ein innovativerAnsatz für nachhaltiges Produzieren und Konsumierenvon herkömmlichen Elektronikprodukten. DokumentationzumMasterseminar„Advanced Design Evaluation – NachhaltigesGestalten jenseits von App und Jutebeutel“, Prof. Dr. ChristaLiedtke, SoSe 2013, Bergische UniversitätWuppertal.

– Rohn, H.; Lukas, M.; Bienge, K.; Ansorge, J.; Liedtke, C. (2014): TheHot Spot Analysis: Utilization as Customized ManagementTool towards Sustainable Value Chains of Companies inthe Food Sector. In: AGRIS on-line Papers in Economics andInformatics, 4/2014, VolumeVI, pp. 133–143. Online verfügbar:http://online.agris.cz/files/2014/agris_on-line_2014_4_rohn_lukas_bienge_ansorge_liedtke.pdf (Abruf 07/2019).

–Wallbaum, H.; Kummer, N. (2006): Entwicklung einer Hot Spot-Analyse zur Identifizierung der Ressourcenintensitäten inProduktketten und ihre exemplarische Anwendung. Onlineverfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/2513/file/2513_Hot-Spot-Analyse.pdf (Abruf 07/2019).

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10310. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

10. Ressourcenintensitäts-analyse – MIPS-BewertungWie viele Rohstoffe werden benötigt?Wie viel Natur wird pro Dienstleistunggebraucht?

Mit jedem Produkt, jeder Dienstleistung kau-fen wir automatisch derenökologischen Ruck-sack mit ein. 1 Das ist die Menge an Natur– also an Rohmaterialien – die für die Herstel-lung, die Logistik, die Energiebereitstellung,die Nutzung, die Entsorgung und das Recyc-ling benötigt wird. Der ökologische Rucksackbewertet die Tiefe des Eingriffs in die Naturin Kilogramm oder Tonnen je Serviceeinheit.Auch Reparaturen, ein Upgrading, eine Wei-ter- oder Wiederverwendung gehen in dieBerechnung des ökologischen Rucksacks mitein. Aber nicht nur Produkte, sondern ebensoSharing- oder Leasing-Konzepte bzw. jegli-

che Formen von Nutzungs- und Herstellungs-modellen können in ihrem „Naturkonsum“bewertet werden. Unterschiedliche Geschäfts-und Nutzungsmodelle ergeben schließlich auchunterschiedliche „Naturnutzungen“.

Dienstleistungskonzepte bedienen sich meistmehrerer Produkte, um die gewünschteDienstleistung zu erbringen. Diese werden inihrem spezifischen Produktmix in der Nutzungüber den ökologischen Rucksack abgebildet.Lebens- und Konsumstile stellen sich ebenfallsin ihrer „Naturnutzung“ sehr unterschiedlichdar. Verschiedene Haushalte unterscheidensich in bisherigen Analysen um das 9-Fache,ähnliche Einkommensgruppen bis um das4–5-fache (vgl. Lettenmeier et al. 2014, Let-tenmeier 2018, Greiff et al. 2017). Diese Dif-ferenzen bilden einen Gestaltungsspielraumfür Veränderung in Richtung Ressourcen- undUmweltschonung.

Der ökologische Rucksack wird über den In-dikator MIPS berechnet (vgl. Schmidt-Bleek1994, 2007, Schmidt-Bleek et al. 1998).MIPS = Material Input pro Serviceeinheit(Material Input = Bewegung/Nutzung vonNatur oder Rohmaterialien; Service bezeich-

▶ Arbeitsblätter:10.1 Dienstleistungsbeschreibung10.2 Prozessschaubild10.3 Material Footprints10.4 MIPS Berechnung & Bewertung10.5 Konzeptvergleich10.6 Ergebnisgrafik

net den gestifteten Nutzen z. B. Bewegungvon A nach B, um ein Bedürfnis zu befriedi-gen) (vgl. Definition S. 104).

Die Materialinputs (MI) werden getrenntnach folgenden Kriterien erfasst:

▶ Abiotische bzw. nicht erneuerbare Rohma-terialien,

▶ Biotische bzw. erneuerbare Rohmaterialien,▶ Wasser (Wasserentnahme),▶ Luft,▶ Erosion oder Bodenbewegung.

Das S, also die Befriedigung eines Bedürf-nisses, sollte als gewünschte Dienstleistungmöglichst genau beschrieben werden, damiteine für die Zielgruppe optimale Entwicklungerfolgen kann (vgl. Tischner/Schmidt-Bleek1995). 1 Dann erst erfolgt eine Definitionder sogenannten funktionalen Einheit wiez. B. gefahrene Personenkilometer über 10Jahre Nutzung oder x Kilogramm gekühlteMenge an Lebensmitteln in 15 Jahren. Diefunktionale Einheit kann nie so umfassendsein wie die Servicebeschreibung – die funk-

▶ Verweise dieser Seite siehe S.108

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104 TEIL II: TOOLS

tionale Einheit stellt nur den kleinsten ge-meinsamen Nenner verschiedener Lösungs-optionen dar, deren Stärken und Schwächenjeweils hinsichtlich des gewünschten Servicezu erfassen sind. Ob man nun einen Perso-nenkilometer (pkm) Fahrrad, Bus, Limousineoder Kleinwagen fährt – es handelt sich zu-nächst immer um die gleiche funktionale Ein-heit (pkm). Die Dienstleistung, die dabei in An-spruch genommen wird, ist allerdings je nachFahrzeug sehr verschieden. Sie unterscheidetsich beispielsweise im Komfort oder der be-nötigten Zeit. Die Nutzer/-innen können oftselbst entscheiden, welche Dienstleistung oderwelches Produkt für sie persönlich den größtenNutzen stiftet, jedoch meist nicht, welche öko-logischen Auswirkungen damit einhergehen.

MIPS ist also ein Maß für den Natureingriffeines Produktes oder einer Dienstleistung proerbrachter Nutzen- oder Serviceeinheit, dasden gesamten Lebensweg der beteiligten Pro-dukte und Infrastrukturen berücksichtigt.Für den Indikator gibt es einige unterschied-liche Differenzierungen und Darstellungen –hier werden die zwei „Ausdruckformen“ desökologischen Rucksacks und des Material Foot-print verwendet.

Um Produkte oder Services auf ein ökolo-gisch vergleichbares Maß zu bringen, wirdeine Serviceeinheit definiert, die demkleinsten gemeinsamen Nenner entspricht,z. B. Personenkilomenter. In der Ökobi-lanzierungsmethodik spricht man von derfunktionalen Einheit. Im Gegensatz zumDienstleistungsbegriff im traditionellen Sin-ne bezeichnet Service im MIPS-Konzeptdie gesamte Nutzenstiftung – auch dieFaktoren Komfort, Statussymbolik und Äs-thetik. Diese Faktoren sind von großer Be-deutung für eine erfolgreiche Gestaltung.Die Beschreibung des Services sollte mög-lichst umfassend und gleichzeitig so kurzwie möglich sein. Dabei sollte insbesonde-re auch die Beschreibung der gewünschtenimmateriellen Werte beachtet werden, z. B.allein im Auto sitzen und entspannt die eige-ne Musik hören können (vgl. auch DefinitionService, S. 48 und Lettenmeier et al. 2009).Die funktionale Einheit sollte dagegen nurdie Kernfunktion enthalten z. B. täglich zu-rückgelegte Personenkilometer.

DEFINITIONEN

Der Material Footprint beschreibt den fürden Nutzenden unsichtbaren Ressourcen-einsatz oder den absoluten Input an natür-lichen Ressourcen, der für ein Produkt bzw.dessen Nutzen oder Dienstleistung „von derWiege bis zur Bahre" – oder zur neuen Wie-ge (also Rohstoffgewinnung, Herstellung,Logistik, Handel, Nutzung, Entsorgung oderRecycling/Reuse) benötigt wird. Er bildetnicht den monetären, sondern den physi-schen „Preis“ eines Produkts in physischenEinheiten ab, der alle in der Natur bewegtenMaterialien und die Erosion in kg enthält, diefür die Bereitstellung des Produktes bzw.der Dienstleistung notwendig sind.

Der ökologische Rucksack bezeichnetden Material-Footprint eines Produkts odereiner Dienstleistung minus das Eigenge-wicht des Produkts oder Produktmixes.Er stellt also diejenigen Veränderungen inder Natur dar, die direkt wieder zu Abfallwerden bzw. dissipativ verloren gehen undkeine weitere Dienstleistung erbringen (vgl.Lettenmeier et al. 2009, Schmidt-Bleek etal. 1998).

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10510. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

bei der Neuerzeugung (vgl. MIPS-Tabelle desWuppertal Instituts unter: https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/misc/MIT_2014.pdf – Abruf 07/2019). Rezykliertes Kupfer hatz. B. einen über 100-fach geringeren Rucksackals Kupfer aus der Erzmine. Dies gilt allerdingsnicht für alle Materialien und muss jeweils ge-prüft werden. Wichtig ist, dass der MIPS-Wertauch alle Aufwendungen an Rohmaterialien fürdie Energiebereitstellung (z. B. Kraftwerke, So-laranlagen etc.) und die Transporte (z. B. Stra-ßen, Bahntrassen, Häfen, Verkehrsträger) ent-hält. Über die Nutzungseinheit S lassen sich dieRessourcen „abschreiben“. So wird deutlich,wie viele Dienstleistungen eine Einheit Res-source (z. B. 1t Erz) in ihrer Nutzungsphase er-bringt – oder: wie viel Nutzen man aus einerEinheit Natur erhält (S/MI = Ressourcenpro-duktivität). Das S bildet unterschiedliche Ge-schäfts- und Nutzenmodelle ab, die wiederumeinen direkten Einfluss auf den gesamten Res-sourcenkonsum haben. Finden im GebrauchReparaturen oder der Einbau von Ersatzteilenstatt, wird transportiert, Energie genutzt oderweiter-/wiederbenutzt, wird dies im MI-Werteingerechnet (vgl. Liedtke/Buhl 2013). Auchder Einsatz von Recyclingmaterialien wird hiermit deren jeweiligen ökologischen Rucksack

abgebildet. Für weitergehende MIPS-Analysenoder -Werte ist ein Kontakt mit Experten/Ex-pertinnnen zu empfehlen. Oft kann jedoch be-reits das Abschätzen von Größenordnungen fürdie Gestaltung ausreichend sein.

ToolbeschreibungDas Tool Ressourcen/MIPS besteht aus folgen-den Schritten:

MIPS eignet sich zum Bewerten und Verglei-chen der Umwelteigenschaften von Prozes-sen, Technologien, Produkten, Dienstleistun-gen, Wertschöpfungsketten, Unternehmen,Standorten, Wirtschaftsräumen, Ländern, Re-gionen (u. a. www.materialflows.net, Abruf01/2019), Produktportfolios, Haushalten, Le-bensstilen u. v. m. Es eignet sich für alle Er-eignisse und Aktivitäten, an denen eine Nut-zung von Material und Rohstoffen beteiligt ist– also eigentlich allen Handlungen des alltäg-lichen Lebens und Arbeitens (vgl. Liedtke etal. 2014, Lettenmeier et al. 2014). Die öko-logischen Anforderungen, die sich mit MIPSabbilden lassen, sind in den Hintergrundka-piteln 5. Umweltraum und 10. ökologischerRucksack 1anschaulich dargestellt.

BerechnungAlle benötigten Rohmaterialien werden für je-den Prozessschritt aufaddiert (z. B. in der Her-stellung). Für in Produkten wieder- und wei-terverwendete Materialien und Bauteile sowierezyklierte Grund-, Werk- und Baustoffe wer-den die Rohmaterialien berechnet, die für diejeweilige Aufbereitung notwendig sind. BeiMetallen ist der ökologische Rucksack ausdem Recycling meist wesentlich geringer als

1 DIENSTLEISTUNG BESCHREIBENUND FUNKTIONALE EINHEITABLEITEN

2 PROZESSCHAUBILD ERSTELLEN

3 GEWICHTSANTEILE DERWERKSTOFFE ERMITTELN

4 MI-FAKTOREN EINTRAGEN

5 MATERIAL FOOTPRINTS ALLERLEBENSZYKLUSPHASENBERECHNEN

6 MIPS BERECHNEN

7 MIPS BEWERTEN

8 KONZEPTE VERGLEICHEN UNDINTERPRETIEREN

9 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Verweise dieser Seite siehe S. 108

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106 TEIL II: TOOLS

1 DIENSTLEISTUNG BESCHREIBEN &

FUNKTIONALE EINHEIT ABLEITEN

▶ Arbeitsblatt 10.1Die Serviceeinheit S ist die Basis für einenVergleich unterschiedlicher Produkte oderDienstleistungen, da alle Zahlenwerte auf siebezogen werden. Sie ist auch die Basis derLeistungsanforderung an das Dienstleistungs-konzept. 2 Daher sollten in ihrer Beschrei-bung alle gewünschten Leistungskriterienmöglichst einfach und doch sehr präzise for-muliert werden. 3 (Verweise siehe S. 108)

Die Servicebeschreibung wird mit einemKurztitel versehen (=„Markenname“ desKonzepts) und in einer kurzen Leistungsbe-schreibung skizziert. Bei einer Dienstleistungwerden außerdem die dafür notwendigenProdukte aufgelistet und deren Nutzenanteilaufgezeigt. Die funktionale Einheit wird ab-geleitet.

Bei Dienstleistungen: Für die zur Erbringungder Dienstleistung notwendigen Produktesollte jeweils einzeln eine MIPS-Berechnungoder -Abschätzung erfolgen, die dann in derBewertung der Nutzenphase zusammengezo-gen werden.

10.1 RESSOURCEN / MIPS – DIENSTLEISTUNG BESCHREIBEN

Konzeptbeispiel Teppich- oderBodendackel von Agim MetaDer Designer Agim Meta entwickelte inZusammenarbeit mit dem WuppertalInstitut ein möglichst ressourcensparen-des Konzept zur Reinigung von Bödenund Teppichen, das die „Ressourcen-Regeln“ des Ökodesigns nach Tischner/Schmidt-Bleek 1995 berücksichtigte.

Service:▶ Sauberer, staub- und schmutzfreierBoden bzw. Teppich.Das Gerät soll Bodenfläche und Eckenschnell und effektiv reinigen, gleichzei-tig gut verstaubar, wenig reparaturan-fällig und leicht reparierbar sein. Es sollüber eine lange Lebensdauer verfügen,kurz gesagt: – der ökologische Rucksacksollte möglichst gering sein, die Nutzen-stiftung dagegen hoch.

Funktionale Einheit: tägliche Nutzung(Bodenreinigungvon50–100m2),30Jah-re lang.

Der ökoeffiziente Teppichbürster:

▶ verbraucht keine elektrische Ener-gie, sondern nutzt ein Schwungradals mechanischen Energiespeicherund ist somit eine mechanischeAlternative zum elektrischen Tep-pichbürster,

▶ ist mit ca. 4 kg ungefähr 6 kg leich-ter als ein konventioneller Elektrost-aubsauger,

▶ benötigt keine zu entsorgendenStaubbehälter,

▶ besteht aus nur 5 Werkstoffen (vs.Elektrosauger mit über 50) und be-sitzt ein Gehäuse aus Stahlblech

▶ ist komplett zerleg-, reparier- undrecyclebar

Abb.16: basierend Agim Meta 1995 zitiertnach Ritthoff et al. 2002: 49

Page 107: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

10710. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

10.2 RESSOURCEN / MIPS – PROZESSSCHAUBILD ERSTELLEN2 PROZESSSCHAUBILD ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 10.2Anschließend wird der betrachtete Produktle-benszyklus als Prozesskette dargestellt. Dieeinzelnen Prozessschritte werden mehr oderweniger detailliert mit ihren Beziehungen un-tereinander abgebildet. Dieser Arbeitsschrittdient der Strukturierung, der Berechnung,aber auch dem eigenen Überblick über dengegebenen Gestaltungsraum.

Notizen rundherum erleichtern das Sammelnvon Fragen oder Informationen, die für dieKonzeptentwicklung wichtig sind. Geschäfts-modelle (wie z. B. Leasing, Contracting, ge-nossenschaftliche Modelle etc.) sollten sichhier finden – entweder in den Prozess einge-gliedert oder als Notiz.

Je nachdem, wie sich das Konzept entwickelt,sollte das Prozessschaubild immer wiederüberarbeitet oder ergänzt werden, um mög-liche ökologische, aber auch soziale und öko-nomische Effekte abschätzen zu können undzu notieren. Es kann auch als Bewertungs-grundlage für die Tools 9. Hotspot Analyse so-wie 12. Rebound- &Wirkunsanalyseraster sehrhilfreich sein.

Anwendung: Das Schaubild zeigt exem-plarisch den Produktlebenszyklus dermechanischen Teppichbürste als Pro-zesskette. Es bildet die jeweiligen Pro-zessschritte mit ihren Beziehungen zueinander ab.Ergebnis: Obwohl AgimMeta bereits da-rauf achtete, möglichst wenige und vorallem rezyklierbare Materialien zu ver-wenden, ist auch dieser Produktlebens-zyklus komplex.

Abb.17: basierend auf Ritthoff et al. 2002: 50

HER

STEL

LUNG

NUTZUNG

ENTSORGUNG/RECYCLING/REUSE

Kokserzeugung

Kohlegewinnung

Faser- undGarnproduktion

Stahlerzeu-gung

Textilgewebeh er-stellung

Blechproduktion

Baumwollanbau

BaumwollernteEisenerzeugung

Erzgewinnung

Kunststoffform-teilproduktion

Kunststoff-herstellung

Recycling,Entsorgung

Gebrauch, War-tung, Reperatur

Montage

Produktion derGeräteteile

Rohölgewinnung

ModulEnergie/Strom

ModulTrans port

Auslie-ferung

Erzgewinnung

Aufberei-tung

Reuse

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108 TEIL II: TOOLS

3 GEWICHTSANTEILE DER WERKSTOFFE

ERMITTELN

▶ Arbeitsblatt 10.3Für die Berechnung der MI-Werte wird zu-nächst ermittelt, wie viel Kilogramm einesWerkstoffes im Produkt verbaut sind.

4 MI-FAKTOREN EINTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 10.3Der MI-Faktor gibt an,wie viel Kilogramm Na-tur (Rohmaterial) für die Erzeugung von 1 kgWerkstoff eingesetzt wurde. Da jedes Materialeine eigene Materialintensität aufweist, wirddessen Gewichtsanteil im Produkt mit dem je-weiligen Materialintensitäts-Faktor (MI-Fak-tor) multipliziert. Sind z. B. 2 kg Stahl enthal-ten, werden diese mit dem MI-Faktor 8,51 kgfür Stahl multpliziert. Das heißt, für die Her-stellung der 2 kg Stahl werden 17,02 kg MIbenötigt. Eine Tabelle mit MI-Faktoren findetsich unter: https://wupperinst.org/fa/redakti-on/downloads/misc/MIT_2014.pdf (Abruf 01/2019)

5 MATERIAL FOOTPRINTS ALLER

LEBENSZYKLUSPHASEN BERECHNEN

▶ Arbeitsblatt 10.3Den Material Footprint einer Lebenszyklus-phase ergibt sich aus den einzelnen MI-Wer-

ten (biotische, abiotischeRohmaterialien, Ero-sion) plus Eigengewicht des Produkts. Addiertman die Gesamtwerte der Phasen, erhält manden Material Footprint für das ganze Produkt.

6 MIPS BERECHNEN & 7 BEWERTEN

▶ Arbeitsblatt 10.4Den MIPS-Wert erhält man, indemderMateri-al Footprint aller Lebensphasen eines Produktsdurch die funktionale Einheit S dividiert wird.Alle Phasen werden dann einzeln hinsicht-lich möglicher Optimierungspotenziale ge-prüft: Wo könnte Materialverbrauch redu-ziert, alternative Materialien verwendet odereinzelne Prozessschritte geändert werden?

8 KONZEPTE INTERPRETIEREN UND

VERGLEICHEN

▶ Arbeitsblatt 10.5Wurden MIPS-Werte für mehrere Konzepte er-mittelt, können sie auf Stärken und Schwächensowie Kombinationsmöglichkeiten für neue Ge-staltungsansätze untersucht werden.

9 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 10.6In der Ergebnisgrafik können zwei Konzeptemit-einander verglichen werden.

1. Checkliste, 11. Design forSocial Change, 12. Rebound-und Wirkunsanalyse, 13. Ge-schäftsmodellenwicklung

1. Checkliste, 2. Zielbeschrei-bung

8. Leistungskriterien

TOOLS

1

2

3

2. Umweltraum,10. Ökologischer Rucksack

HINTERGRUNDINFORMATION

1

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10910. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

10.3 RESSOURCEN / MIPS – MATERIAL FOOTPRINTS

Anwendung: Imnächsten Schritt erfolgt die Berechnung der MI-Werte für die Herstellung, die Nutzung und die Entsorgung bzw. das Recy-cling. Die für die MI-Berechnung relevanten Werkstoffe sowie deren Gewichtsanteil im Produkt werden in die Tabelle eingetragen ( 3 ).DannwerdendieMI-FaktorenderWerkstoffefürabiotischeundbiotischeRohstoffesowiefürErosioneingetragen( 4 ).Diesewerdenmitdemjeweiligen Eigengewicht des Materials multipliziert. Schließlich wird jeweils die Summe gebildet ( 5 ).WICHTIG: Für den Material Footprint werden danndie Ergebnisse aufsummiert. Für den ökologischen Rucksack wird das Eigengewicht da-gegen nicht eingerechnet (also vom Material Footprint subtrahiert), denn der Rucksack enthält nur die eingesetzten Rohmaterialien, diedas Produkt oder die Dienstleistung zusätzlich zu seinem eigenen Gewicht trägt.

ANWENDUNGSBEISPIEL TEPPICHBÜRSTE VS. TEPPICHSAUGER

Ergebnis: Der Anteil an Stahl macht hier den größten Teil des Gesamtgewichts aus. Kunststoffe und Baumwolle werden kaum verbaut.Die Baumwolle weist dafür jedoch relativ hohe Werte für abiotische Rohmaterialien und Erosion auf. Die Teppichbürste hat einen MIHerstellungswert von 28,27 kg bei einem Eigengewicht von 3,27 kg – im Vergleich zum „erlebbaren“ Produkt also fast einen Faktor 10 an„Natur“, von dem ein Teil wirtschaftlich nicht genutzt wird.

1. HERSTELLUNG (TEPPICHBÜRSTE)

WERKSTOFF

MATERIALFOOTPRINT= MI ABOTISCH +BIOTISCH + EROSION(kg)

Stahl

Baumwolle

Kunststoff

SUMME 1

26,81

1,32

0, 14

28,27

5

ABIOTISCHEMI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

MIABIOTISCH

(kg)

8, 51

8, 6

3, 47

3, 15 3, 15 3, 15

0, 08 0, 08 0, 08

0, 04 0, 04 0, 04

3, 27 3, 27 3, 27

26, 81

0, 69

0, 14

27, 64

=

=

=

x

x

x

3 3 34 5

5

BIOTISCHE MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0

2,9

0

0

0, 23

0

0, 23

=

=

=

x

x

x

4 5

5

EROSION MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0

5, 01

0

0

0, 4

0

0, 4

=

=

=

x

x

x

4 5

5 5

GEWICHTSANTEILE ERMITTELN MATERIAL FOOTPRINT BERECHNEN5MI-FAKTOREN EINTRAGEN43

diese und bis S. 113 folgende Abb.: basierend auf Ritthoff et al. 2002: 50

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110 TEIL II: TOOLS

10.3 RESSOURCEN / MIPS – MI-WERTE BERECHNEN

Ergebnis:Während der Nutzung der Teppichbürstewerden Reinigungsmittel verbraucht. Bei einem angenommenen jährlichen Verbrauchvon 100 g Reinigungsmittel würden 3 kg für die gesamte Lebensdauer von 30 Jahren benötigt. Dies führt zu einem Material Footprintvon 18 kg.

Ergebnis: Für die Bestimmung des Material Footprints der Entsorgung der Teppichbürste wird zur Vereinfachung lediglich der Transportzur Recyclingstation mit einem Sammel-LKW berücksichtigt. Hierfür wird zunächst der Transportweg von 50 km mit dem Eigengewichtvon 0,00327 t (Umrechnung von kg in t: 3,27/1000) multipliziert; dies ergibt 0,16 tkm. Mit Berücksichtigung des Materialintensitäts-Faktors von 0,11 kg/tkm weist die Entsorgung der Teppichbürste einen Material Footprint von 0,02 kg auf. Der Material Footprint für dieAufbereitung zur Wiederverwendung der Wertstoffe wird dem neu produzierten Produkt zugerechnet.

ANWENDUNGSBEISPIEL TEPPICHBÜRSTE VS. TEPPICHSAUGER

2. NUTZUNG

WERKSTOFF

MATERIALFOOTPRINT= EIGENGEWICHT + MIABOTISCH + BIOTISCH+ EROSION (kg)

Rein igungsmittel (kg/Jahrx30)

SUMME 2

18

18

5

ABIOTISCHEMI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

MIABIOTISCH

(kg)

63 3 3

3 3 3

18

18

=x3 3 34 5

5

BIOTISCHE MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0 0

0

=x4 5

5

EROSION MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0 0

0

=x4 5

5 5

3. ENTSORGUNG/RECYCLING

WERKSTOFF

MATERIALFOOTPRINT= EIGENGEWICHT + MIABOTISCH + BIOTISCH+ EROSION (kg)

Transport zur Recyclingstation(mit LKW 50 km x 0, 00327 t)

SUMME 3

0, 02

0, 02

5

ABIOTISCHEMI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

kg PROGERÄT /SERVICE

MIABIOTISCH

(kg)

0, 1 1kg/tkm

0, 16tkm

0, 16tkm

0, 16tkm

0, 16 0, 16 0, 16

0, 02

0, 02

=x3 3 34

5

BIOTISCHE MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0 0

0

=x4

5

EROSION MI-FAKTORENMIFAKTOR(kg/kg)

MIABIOTISCH

(kg)

0 0

0

=x4 5

5 5

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11110. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

10.3 RESSOURCEN / MIPS – MI-WERTE BERECHNEN ANWENDUNGSBEISPIEL TEPPICHBÜRSTE VS. TEPPICHSAUGER

Ergebnis: Der Gesamt-Fußabdruck oder Material Footprint ergibt sich aus der Summe der jeweiligen Materialverbräuche der Herstel-lung, Nutzung und Entsorgung/Recycling.

Der Materialvebrauch wird dann in Verhältnis zur funktionalen Einheit gesetzt:

SUMMEN

3. RECYCLING/ENTSORGUNG

SUMME ALLER LEBENSPHASEN

2. NUTZUNG

1. HERSTELLUNG

MI ABIOTISCH MI BIOTISCH MI EROSION MATERIALFOOTPRINT

27, 64 0, 23 0, 4 28,27

18, 00 0 0 18,00

0, 02 0 0 0, 02

45, 66 0, 23 0, 4 46, 29

+ =+

+ =+

+

+

=

=

+

+

Funktionale Einheit bezogen auf den Service (z. B. 1 kg saubere Wäsche 30 Jahre lang oder 10 Jahre saubererBoden): MI : S (Dividieren der Summe aller Lebensphasen durch die funktionale Einheit S) = MIPS (MI/S)

4 6 , 2 9 kg 1 , 54 kg

MATERIALFOOTPRINT

: S MIPS

MIPS BERECHNEN

SUMME ALLERLEBENSPHASEN

5

55 55

6

=30 Jahre

Ergebnis: Ausgehend von der Serviceeinheit „ein Jahr sauberer Teppich“ ergibt sich für die Teppichbürste ein MIPS-Wert von 1,54 kg.

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112 TEIL II: TOOLS

10.4 RESSOURCEN / MIPS – MIPS ERRECHNEN &BEWERTEN

VERGLEICH MATERIAL FOOTPRINTS TEPPICHSAUGER UND TEPPICHBÜRSTE

MATERIAL FOOTPRINT IN kg KONZEPT 1: ELEKTRISCHER TEPPICHSAUGER KONZEPT 2: MECHANISCHE TEPPICHBÜRSTE

Herstellung in kg

Recycling in kg

Nutzung in kg

MATERIAL FOOTPRINT(gesamte Lebensdauer desProduktes)

63, 68

0, 02

3.454, 47

3 . 5 1 8, 1 7 ( 1 0 Jahre )

28, 27

0, 02

18, 00

4 6 , 2 9 ( 3 0 Jahre )

INTERPRETATION

Der Abgleich der MIPS Ergebnisse beider Produkte und ihrer zugrunde liegenden Serviceeinheit ermöglicht eine aufschlussreicheInterpretation innerhalb der jeweiligen Phasen.

HERSTELLUNG

Die Resultate der MIPS Berechnung zeigen, dass der Materialverbrauch beim elektrischen Teppichsauger (63,68 kg) im Vergleich zur reinmechanischen Teppichbürste (28,27 kg) doppelt so hoch ist. Eine Ursache liegt darin, dass beim Teppichsauger mehr unterschiedliche Roh-bzw. Werkstoffe benötigt werden als bei der Teppichbürste. Kritisch beim Teppichsauger ist die Vielfalt der eingesetztenMaterialien sowie derenRecyclingfähigkeit und Entsorgung. Die Teppichbürste ist hingegen aus weniger Materialien zusammengesetzt, die leichter voneinander getrenntwerden können und somit gut im Kreislauf führbar sind. Durch den Einsatz von Recyclingmaterial können hier die Material Footprints nochweiter gesenkt werden, etwa um ⅔ des Ressourcenverbrauchs in der Herstellung.

Als vergleichbare Alternative wurden die MIPS-Werte für einen elektrischen Teppichsauger analog berechnet. Anschließend können beideReinigungsweisen miteinander verglichen werden, um die Vor- bzw. Nachteile des Teppichsaugers und der Teppichbürste hinsichtlich ihrerMaterial Footprints zu analysieren (vgl. Interpretation unten).

ANWENDUNGSBEISPIEL TEPPICHBÜRSTE VS. TEPPICHSAUGER

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11310. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

NUTZUNG

Die MIPS Berechnungen weisen sehr deutlich darauf hin, dass die Nutzungsphasen im Vergleich beider Produkte den entscheidendenUnterschied im Ressourcenverbrauch ausmachen. Betrachtet man die gesamte Lebensdauer der Nutzung beider Produkte alsServiceeinheit, so zeigt der Unterschied von 18 kg (Teppichbürste) zu 3.454,47 kg (Teppichsauger) deutlich, dass der elektrischeTeppichsauger in der Nutzungsphase besonders viele Rerssorucen verbraucht. Die Ursache ist im hohen Stromverbrauch begründet.Wichtig zu berücksichtigen ist zudem, dass der Material Footprint pro Jahr als Serviceeinheit in der vorliegenden Berechnung desTeppichsaugers nur innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren gilt. Die Teppichbürste hat dagegen eine Lebensdauer von 30 Jahren. Manbenötigt also drei Sauger für die Lebensdauer einer Teppichbürste. Zudem lässt sich der Sauger wesentlich schlechter reparieren.

RECYCLING / ENTSORGUNG

Recyclingmaterial könnte den Material Footprint in der Herstellung stark senken. Sekundärstahl (Maschinenbaustahl aus Stahlschrott) hatz. B. eine Materialintensität von nur 1,47 kg/kg (vgl. Wuppertal Institut 2014). Beim elektrischen Sauger wäre ein kreislauforientiertes Re-Design notwendig, um die Materialvielfalt zu senken und recyclingfähige Werkstoffe einzusetzen.

EMPFEHLUNG

Aus Gesichtspunkten des Material Footprints ist der Kauf bzw. die Nutzung des mechanischen Teppichreinigers – als innovativeAlternative zum elektrischen Teppichsauger – zu empfehlen. Bei glatten Böden kann er in Verbindung mit dem Wischen des Bodensvöllig ausreichend sein. Der Teppichsauger erbringt noch andere Services wie z. B. Möbel oder Auto saugen, daher wären hierfürressourcenleichtere Konzepte (dematerialisiert und kreislauforientiert) zur Optimierung wichtig.

SCHLUSSFOLGERUNG – ZUSAMMENFASSUNG

Insbesondere die Nutzungsphase bestimmt den Unterschied des Material Footprint der beiden Alternativen. Der Stromverbrauchbeim elektrischen Teppichsauger ist ausschlaggebend solange die Energiebereitstellung nicht regenerativ erfolgt. Die innovativeLösung des mechanischen Teppichreinigers erlaubt es, ohne jeglichen Stromverbrauch den Teppich zu reinigen. Darüber hinaus istder Materialverbrauch bei der Herstellung des elektrischen Teppichsaugers doppelt so hoch wie bei der mechanischen Alternative.Berücksichtigt man zudem die unterschiedliche Lebensdauer beider Alternativen, so wird deutlich, dass der mechanische Teppichreinigereinen viel geringeren Material Footprint aufweist als sein elektrischer Gegenspieler.

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114 TEIL II: TOOLS

Possible Target Corridor forSustainable Use of Global MaterialResourcesBringezu, S. (2015)Resources 2015.Volume 4. S. 24-25. DOI: 10.3390/resour-ces4010025

A comprehensive set of resource use indica-tors from the micro to the macro levelGiljum, S. ; Burger, E.; Hinterberger, F.; Lutter, S. ; Bruckner,M. (2011)Resources, Conservation and Recycling, 55(3), 300-308

Household-level transiton methodologytowards sustainable material footprintsLettenmeier, M.; Laakso, S. : (2016)In: Journal Cleaner Production, 2016,Volume 132, 184–191

Eight tons of material footprint: suggestionfor a resource cap for household consump-tion in FinlandLettenmeier, M., Liedtke, C., Rohn, H. (2014)Resources, 3(3), 488–515

Resource Use in the Production and Con-sumption System – The MIPS ApproachLiedtke, C.; Bienge, K.;Wiesen, K.; Teubler, J.; Greiff, K.;Lettenmeier, M.; Rohn, H. (2014)In: HowMuch Environment Do Humans Need? +20 - ReviewingProgress in Material Intensity Analysis for Transition towardsSustainable Resource Management, Resources 2014, 3(3),544-574. Online verfügbar: http://www.mdpi.com/2079-9276/3/3/544/htm (Abruf 07/2019)

Umweltschutz mit Messer und Gabel: Derökologische Rucksack der Ernährung inDeutschlandMeier, T. (2013)Oekom Verlag, München

QUELLEN– Greiff, K.; Teubler, J.; Baedeker, C.; Liedtke, C.; Rohn, H. (2017):Material and Carbon Footprint of Household Activities.In: Living Labs. Springer, Cham, 2017. S. 259–275.

– Lettenmeier, M. (2018): A Sustainable Level of MaterialFootprint – Benchmark for Designing on-planet Lifestyles.Aalto University publication series, Helsinki, Doctoral Dissertation96/2018. Online verfügbar: https://aaltodoc.aalto.fi/hand-le/123456789/31300 (Abruf 07/2019).

– Lettenmeier, M.; Lähteenoja, S. ; Hirvilammi T.; Laakso S. (2014):Resource use of low-income households: Approach fordefining a decent lifestyle? In: Science of theTotal Environment,481, 681–684.

– Lettenmeier, M.; Rohn, H.; Liedtke, C.; Schmidt-Bleek, F., unterMitarbeit von: Bienge, K.; Urbaneja, D. M.; Buddenberg, J. (2009):Resource productivity in 7 steps. How to develop eco-innovative products and services and improve their materialfootprint. In:Wuppertal Spezial 41,Wuppertal Institut für Klima,Umwelt, Energie,Wuppertal.

– Liedtke, C.; Bienge, K.;Wiesen, K.; Teubler, J.; Greiff, K.; Lettenmeier,M.; Rohn, H. (2014): Resource Use in the Production andConsumption System. In: The MIPS approach. Resources, 3(3),544–574

– Liedtke, C., Buhl, j. (2013): Das dematerialisierte Design.In: Fuhs, K.-S.; Brocchi, D.; Maxein, M.; Draser, B. (Hg.) (2013) DieGeschichte des nachhaltigen Designs VAS, Homburg.

– Ritthoff, M.; Rohn, H.; Liedtke, C. (2002):MIPS berechnen:Ressourcenproduktivität von Produkten und Dienstleistun-gen. In: Wuppertal Spezial, Nr. 27,Wuppertal, Wuppertal Institutfür Klima, Umwelt, Energie. Online verfügbar: http://wupperinst.org/publikationen/details/wi/a/s/ad/585 (Abruf 07/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (2007): Nutzenwir die Erde richtig?In: Die Leistungen der Natur und die Arbeit des Menschen.Forum für Verantwortung, Fischer-Taschenbücher, Frankfurt a. M.

– Schmidt-Bleek, F.; Bringezu, S. ; Hinterberger, F.; Liedtke, C.; Span-genberg, J.; Stiller, H.;Welfens, M. J. (1998):MAIA: Einführung indie Material-Intensitäts-Analyse nach demMIPS-Konzept.Wuppertal Texte, Berlin [u.a.]: Birkhäuser, Berlin.

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser,Basel.

–Welfens, J.; Liedtke C. et al. (2008):Mut zur Nachhaltigkeit –VomWissen zumHandeln – Didaktisches Modul: Ressourcen& Energie (RE), Lehrmaterial zum Projekt„Mut zur Nachhal-tigkeit – Zukunft der Erde“. Stiftung Forum für Verantwortung,ASKO EUROPA-STIFTUNG, Europäische Akademie OtzenhausengGmbH,Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.

–Wuppertal Institut (2014):Materialintensität vonMaterialien,Energieträgern, Transportleistungen, Lebensmitteln.Online verfügbar: https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/misc/MIT_2014.pdf (Abruf 07/2019).

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11510. RESSOURCEN/MIPS-BEWERTUNG

Mein ökologischer Rucksack (Ressourcen-Rechner)http://ressourcen-rechner.de (Abruf 07/2019)

FootprintcalculatorHenkel AG & Co. KGaA,Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,Energie (2019)https://footprintcalculator.henkel.com/en (Abruf 07/2019)

wwwThe Earth: Natural Resources and HumanInterventionSchmidt-Bleek, F. (2009)Haus Publishing, London

Das MIPS-Konzept:Weniger Naturverbrauch – mehr Lebens-qualität durch Faktor 10Schmidt-Bleek, F. und Bierter,W. (1998)Droemer, München

Produktentwicklung: Nutzen gestalten –Natur schonenSchmidt-Bleek, F.; Tischner, U. (1995)In: Schriftenreihe desWirtschaftsförderungsinstituts; 270WIFI Österreich ,Wien

Was ist Ecodesign? – Praxishandbuch fürEcodesign inklusive ToolboxTischner, U.; Moser, H. (2015)Umweltbundesamt, Berlin. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/was-ist-ecodesign(Abruf 06/2019)

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116 TEIL II: TOOLS

Tools zu markt- undgesellschaftsrelevanterUmsetzung

Eine zentrale Herausforderung für Designer/-innen und (Produkt-)Entwickler/-innen ist es,Gestaltungskonzepte zu entwickeln, die sichan den Bedürfnissen der Gesellschaft als auchan denMarktbedingungen insgesamt orientie-ren. Eine erfolgreiche Positionierung auf demMarkt setzt also die Entwicklung von nachfra-georientierten Produkten oder Dienstleistun-gen mit einem integrierten Geschäftsmodellvoraus. 1 1 Es ist z. B. wichtig zu wissen,welche typischen und gemeinsamen Merk-male die anvisierte Zielgruppe charakterisiertund inwieweit das Nutzenversprechen desGestaltungskonzeptes die Bedarfe der Ziel-gruppe adressiert. 2 2 Auch sozioökonomi-sche Effekte und für die Umwelt schädigendeFolgewirkungen sind für die Konzeptentwick-lung hochrelevant, um vorerst unvorhergese-hene Risiken bzw. nicht intendierte negativeWirkungen zu berücksichtigen. 3 3 Ebensosind positive Effekte für Umwelt und Gesell-schaft darstellbar, um Orientierung zu erhal-ten und Potenziale ausschöpfen zu können.

4 4 Zudem ist es wichtig, ein Gestaltungs-

konzept in Entwicklung und Umsetzung re-gelmäßig zu evaluieren 5 und Designszena-rien zu skizzieren, um neue Designoptionenentwickeln zu können. 6 5 Hierbei kanndie Analyse von sozialen Praktiken und ihrerBeziehungen untereinander richtungsweisendsein, da sie sowohl die Zeitverwendung alsauch den Ressourcen- und Energieverbauchsowie die monetären Ausgaben maßgeblichbestimmen. 7 6

Die Tools 11. Design for Social Change, 12. Re-bound- und Wirkungsanalyse und 14. Ziel-gruppen wurden – basierend auf aktuellenForschungsergebnissen der ForschungsgruppeNachhaltiges Produzieren und Konsumie-renamWuppertal Institut –neuentwickelt, dieanderen Tools sind Weiterentwicklungen desDesignguides von 2013 (vgl. Liedtke etal. 2013) oder basieren auf externen For-schungsergebnissen. Eigene Entwicklungenund Konzepte zu Innovationsprozessen, Pro-dukt-Dienstleistungs- und Geschäftsmodell-entwicklungen mit Unternehmen finden sichunter http://www.innolab-livinglabs.de. Teil-bereiche dieser Tools wurden bereits durchKonzeptbeispiele aufgegriffen und getestet.

13. Geschäftsmodellent-wicklung

13. Geschäftsmodellent-wicklung,14. Zielgruppenbe-schreibung

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

9. Hot Spot-Analyseraster

15. Lösungsansätze und De-signszenarien, 6. Evaluierung

15. Lösungsansätze undDesignszenarien

11. Design for Social Change

TOOLS

1

2

3

4

5

6

7

4. Nachhaltiges Wirtschaften,13. Geschäftsmodelle

14. Zielgruppen

12. Effekte, 1. Megatrends

7. Produkte und Dienstleis-tungen, 8. Design, 9. Wert-schöpfungsketten

2. Umweltraum,6. Nachhaltigkeitsziele

8. Design,11. Soziale Praktiken

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

3

5

6

4

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11711. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

11. Design for Social ChangeWelche sozialen Praktiken sollen verändertwerden?

▶ Arbeitsblätter:11.1 Beschreibung11.2 Prozessketten des Alltags11.3 Beziehungen & grafische Bewertung11.4 Priorisierung & Fokussierung11.5 Ableitung von Designideen11.5 Ergebnisgrafik erstellen

Dieses Tool ist eine Neuentwicklung auf Ba-sis der aktuellen Forschungsergebnisse ausder Transition-, Verhaltens-, Design- und Li-vingLab-Forschung und wurde mit HannahFink (methodische Entwicklung) und Chris-toph Tochtrop (Produktdesign) erarbeitet.

Soziale Praktiken sind die „Infrastrukturen“unseres alltäglichen Handelns – sie sind an-einandergereihte Routinen des Alltags, diemeist unbewusst ausgeübt unser Leben er-leichtern und strukturieren. Ihr Mechanismuswirkt wie ein Fließband, in dem eine Handin die andere greift. Die Abläufe sind einge-übt und laufen wie ein Automatismus, derim komplexen Alltag entlastend wirkt. Stö-rungen sind da unwillkommene Reibungen,die Zeit- oder Geldverluste oder auch sozia-le Konflikte erzeugen können. Sie bieten aberauch Chancen, den Alltag gewollt in die eineoder andere Richtung zu verändern. Sind die-se Änderungen wiederum eingeübt, werdensie wieder zur Routine und wirken entlas-tend. Sie können bei gewollter Veränderungdie Lebensqualität und -zufriedenheit erhö-hen und sind daher willkommen, auch wennsie zunächst irritieren. Externe, ohne eigeneAbsichten herbeigeführte Änderungen (z.B.Fluglärm, Großbaustellen, ÖPNV-Taktung,Öffnungszeiten von Einkaufszentren, Betrie-ben oder Schulen etc.) können Lebensquali-tät sowohl steigern als auch einschränken – injedem Fall führen sie zu einer Änderung deseigenen Verhaltensmusters. Soziale Praktikenbilden das Gerüst unserer Zeitverwendung,

Als Designerin war es mir wichtig,die verworrenen Praktiken für Gestaltergreifbar zu machen und durch dieVisualisierung eine neue Möglichkeitzur Ideenfindung aufzuzeigen.

– Hannah Fink, Kommunikations- undProduktdesignerin

»

»

unseres Ressourcenkonsums und unserer Aus-gaben über den Verlauf eines Tages, Monatsoder Jahres hinweg. Manches liegt in unse-rem eigenen Entscheidungsraum, anderes wiez. B. Buslinientaktung oder die Arbeits- oderSchulzeit nicht bzw. nur eingeschränkt.

Eine kleine HochrechnungWenn in Deutschland nur 25 % der Pendler/-in-nen mit einer Entfernung von bis zu 10 km zur Ar-beit statt drei Monate mit dem Auto mit dem Radfahren würden, so könnten 1 Mrd. Euro, über 1Mio.t Ressourcen und über 3,5 Mio.t CO2-Äq.eingespart werden (Wiesen 2015, persönlicheInformation). Ähnliche Größenordnungen erge-ben sich in der Außer-Haus-Verpflegung, wenndie Menüs einmal in der Woche mehr Gemüseals Fleisch enthielten. Ebenso würden wir durchminimale Änderungen unserer Heizungs- undLüftungsroutinen bei 120.000 Wohnungen be-reits zu einer Kostenersparnis zwischen 12 und16 Mio. EUR pro Jahr, CO2-Äq.-Einsparungenzwischen 46.000 und 54.000 t CO2-Äq. pro Jahrgelangen (persönliche Information Baedeker, C./Grinewitschus, V.). Dies verdeutlicht, welchenKlimabeitrag wir durch die einfache Veränderungunserer sozialen Praktiken leisten könnten.

EXKURS

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118 TEIL II: TOOLS

Dabei lohnt es sich die jeweilige Sinnhaftig-keit der eigenen sozialen Praktiken zu be-trachten, um zufrieden(er) leben zu können:Wofür investieren wir unsere Zeit? Investie-ren wir sie subjektiv richtig? Was würde unshelfen, den Alltag gemäß unserer Zeitvorstel-lung zu leben? Auch deshalb lohnt es sich,die eigenen Routinen unter die Lupe zu neh-men. Man könnte beispielsweise einmal zäh-len, wie oft man im Jahr aus Coffee-to-go Be-chern getrunken hat oder mit dem Auto zurArbeit gefahren ist. Multipliziert man dieseHandlung mit etwa 2, 10, 20 oder mehr Milli-onen anderer Bürger/-innen, wird die Bedeu-tung dieser scheinbar unerheblichen Routi-nen für unseren Alltag, unsere Finanzen unddie Natur deutlich. Verändert man also sei-ne Routinen auch nur ein wenig, so hat dasbedeutende Auswirkungen auf die (ökologi-sche und soziale) Umwelt sowie Einfluss aufdie Produkt- und Infrastrukturgestaltung 1

– vorausgesetzt, sie setzen sich allmählich inden eigenen Lebensstilgruppen durch. Diese„hidden Champions“ unseres Alltags zu ver-stehen, ist Anliegen dieses Tools. Die Ästhe-tik, Funktion und der Status von Produktenund Dienstleistungen adressieren z. B. direktunsere Routinen und Handlungsstrukturen

Transformationale Objekte

Um eine Veränderung von alltäglichen Ver-haltensweisen zu erzielen, haben Matthi-as Laschke und Marc Hassenzahl einewissenschaftlich fundierte und gleichzeitigcharmante Methodik zur Entwicklung trans-formationaler Objekte erarbeitet und publi-ziert. Von diesem anspruchsvollen, faszi-nierenden und doch leicht und lebensnahanmutenden Ansatz sind auch die kleinenChangemaker von Christoph Tochtrop aufSeite 130/131 inspiriert.

Zur Methodik transformationaler Objekte:Webseite von Matthias Laschke: http://www.ple-asurabletroublemakers.com (Abruf 06/2019)Webseite von Marc Hassenzahl: http://www.experienceandinteraction.com (Abruf 06/2019).Einen grundlegenden Einblick in Experience De-sign gibt darüber hinaus Hassenzahl 2010.

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

TOOLS

und beeinflussen damit, wer wir sind, wie wiruns darstellen bzw. wie wir leben. Ökointelli-gente Produkte und Dienstleistungen für Ar-beit und Freizeit berücksichtigen diese Aspek-te, wenn sie im Markt Erfolg haben und bei

1

EXKURS

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11911. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

von Nachhaltigkeitszielen auch eine unter-haltsame Portion Ironie und Freude mit-bringt.

Beispiele:Besitz-QuartettAus Fragebögen zum Besitz wird das Be-sitzquartett generiert. Dies will zur Refle-xion und Diskussion über Besitz anregen.Zum Ausfüllen werden alle Dinge einer Ka-tegorie nebeneinander gestellt und gemes-sen. So erhält man eine vergleichbare Zahlan Produktmetern, die als Basis für dasQuartett dient.

Etwas mehr NichtsEin leeres Paket zum Befüllen und Ver-schenken. Es nimmt dem Beschenkten et-was ab, anstatt ihn mit Neuem zu belasten.

Vorstellung eines Transformationkonzep-tes Aktion Produktrecht von ChristophTochtrop

Vision und MissionDer Weg zur Aktion Produktrecht beginnt beidem Vorhaben, etwas für die Leistungskrite-rien Nachhaltiger Konsum und Ressourcen-schonung zu entwickeln. Als Einstigespunktdienten hier Praktiken des Teilens und desgemeinsamen Besitzes. Aus der Krise her-aus, kein wirklich neues und sinnigeres Kon-zept zu finden, wurde der Spieß umgedreht.Statt der üblichen Richtung „Mensch fordertMensch“ ist die Richtung „Produkte fordernMenschen auf“ entstanden. Daraus ist dieAktion Produktrecht erwachsen, die sich alsIntressensvertretung von Produkten begreiftund behauptet »Produkte haben ein Rechtauf Nutzung!« Unter dieser These sind ver-schiedene Demonstrierende-Produkte en-standen, die einen Dialog zu unserem Um-gang mit (ungenutztem) Besitz anstoßen.Durch den Wechsel des Blickwinkels eröff-nete sich eine zuvor unerschlossene Spiel-wiese, die neben der ernsthaften Verfolgung

Abb.18: Das Besitz-Quartett; Christoph Tochtrop

Abb.19: Etwas mehr Nichts; Christoph Tochtrop

EXKURS – AKTION PRODUKTRECHT

QUELLE:Tochtrop, C. (2018): Produkte haben ein Recht auf Nutzung!Graduate Thesis im Graduate Studiengang HeterotopiaSchwerpunktIndustrial Design, Folkwang Universität der Künste, Essen.

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120 TEIL II: TOOLS

Nutzenden auf breite Akzeptanz stoßen wol-len. 1 Praktiken und Produkte bedingen ei-nander und stehen im Austausch. Durch dieAnalyse dieser Interaktion kommen wir aufneue, zukunftsfähige Ideen, die nachgefragtwerden und sich in unseren Alltag integrierenlassen.

Toolbeschreibung1 SOZIALE PRAKTIK BENENNEN

▶ Arbeitsblatt 11.1Der betrachteten sozialen Praktik wird einnachvollziehbarer Name gegeben wie z. B. „ZuHause kochen“ oder „Shoppen gehen“.

2 SOZIALE PRAKTIK BESCHREIBEN

▶ Arbeitsblatt 11.1Meistens setzt sich eine Praktik aus vielenUnterpraktiken zusammen. Deswegen kön-nen hier unterschiedliche Ebenen von Alltags-praktiken im Beruf wie zu Hause beschriebenwerden – mehr oder weniger differenziert. Seies das Thema „Kochen zu Hause“, ein Produk-tionsprozess in der Firma, Zähne putzen, einKleidungsstück, eine Maschine reinigen odereinfach Wasser kochen. Jede Tätigkeit kannhier benannt werden und wird sich in denweiteren Arbeitsschritten immer als komplexe

Prozesskette einzelner Handlungen ausdiffe-renzieren lassen.

3 ZIELGRUPPE DEFINIEREN UND

PERSONA ABLEITEN

▶ Arbeitsblatt 11.1Wichtig ist auch zu beschreiben, welche Ziel-gruppe oder Person man über diese sozialePraktik erschließen möchte. Diese kann mitHilfe des Tools 14. Zielgruppen erarbeitet undin das Arbeitsblatt übertragen werden. DieZielgruppe oder Persona kann auch auf einerFolie kurz beschrieben und dargestellt werden.

4 PROZESSKETTEN AUFZEICHNEN UND

HAUPTPRAKTIKEN DEFINIEREN

▶ Arbeitsblatt 11.2Zunächst wird eine grobe Prozesskette derHauptaktivitäten/-prozesse erstellt: Wel-che Schritte erfolgen bei der Ausübung die-ser Praktik von Beginn bis zum Ende des mitder Praktik verbundenen Prozesses? Es wirdsomit ein erstes grobes Prozessschaubild 2

generiert, um einen Überblick über die Haupt-prozesse oder -praktiken zu erlangen. Mit Hil-fe verschiedener Farben und Pfeile kann au-ßerdem markiert werden, ob die einzelnenPraktiken eine eher schwache oder starke Be-

13. Geschäftsmodellentwick-lung, 14. Zielgruppenbe-schreibung

10. Ressourcen/MIPS

TOOLS

1

2

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12111. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

Soziale Praktik: Beschreibung:

11.1 DESIGN FOR SOCIALCHANGE – PROZESSKETTEN DESALLTAGS

11.2 DESIGN FOR SOCIALCHANGE – PROZESSKETTEN DESALLTAGS

ANWENDUNGSBEISPIEL ZUHAUSEKOCHEN

ANWENDUNGSBEISPIEL ZUHAUSEKOCHEN

LEGENDE

starke Beziehung zwischen den Praktiken

moderate Beziehung zwischen den Praktiken

schwache Beziehung zwischen den Praktiken

Hauptpraktiken

Unterpraktiken

PROZESSKETTEN AUFZEICHNEN UND HAUPTPRAKTIKEN DEFINIEREN

SOZIALE PRAKTIK BENENNEN1

4

SOZIALE PRAKTIK BESCHREIBEN2

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122 TEIL II: TOOLS

ziehung zueinander haben, sie jedesmal aus-geübt oder manchmal auch übersprungenwerden. Will man eine schnelle und grobeBewertung vornehmen, können hierzu die imArbeitsblatt benannten oder selbst bestimm-ten Bewertungskategorien genutzt werden. Eskann auch schon eine Einschätzung des Res-sourcenkonsums, der notwendigen Ausgabenin Euro oder Zeitaufwand in Minuten oderStunden erfolgen.

5 UNTERPRAKTIKEN AUSARBEITEN UND

PROZESSSCHAUBILD VERFEINERN

▶ Arbeitsblatt 11.3Das Prozessschaubild wird jetzt beliebig aus-differenziert. Die Felder der Hauptprozes-se bieten eine Grundstruktur dafür, wie z. B.Einkaufsplanung, Einkaufsfahrten, Lagerung,Kochvorbereitung, Kochen, Essen, Restever-wertung. Für diese Hauptprozessschritte las-sen sich jeweils wieder einzelne Prozessschrit-te untergliedern. Häufig werden währendeiner sozialen Praktik und ihres Prozessab-laufs auch zusätzliche andere Praktiken „mit-erledigt“ – hierzu werden die Schnittstellennotiert z. B. bei der Autofahrt mit Kunden/Kundinnen telefonieren oder die Familie fra-gen, ob noch etwas zu Hause fehlt. Dies ist

11.2 – BEZIEHUNGEN UNDGRAFISCHE BEWERTUNG

starke Beziehung zwischen den PraktikenHauptpraktiken

Unterpraktikenmoderate Beziehung zwischen den Praktiken

schwache Beziehung zwischen den Praktiken

ANWENDUNGSBEISPIEL

LEGENDE

UNTERPRAKTIKEN AUSARBEITEN UND PROZESSSCHAUBILD VERFEINERN5

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12311. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

Eine „große“ Praktik wie Sportkann sich in viele „kleine“ Prakti-ken unterteilen z. B. Rad fahrenoder Joggen. Zur Visualisierunghilft es verschiedene Ebenen an-zulegen z. B. von oben nach unten.Je nachdem, wie ausführlich dieKarte werden soll, können mehrereEbenen eingezeichnet werdenund die Praktiken wieder mitden unterschiedlichsten Routinenverbunden werden (z. B. durchverschiedene Pfeile), um Wechsel-wirkungen darzustellen. Neben derSequenz erhalten Sie zudem einenÜberblick, in welches Netzwerk diejeweilige Praktik eingebettet ist.Vielleicht sehen Sie Verbindungen,die beim reinen Nachdenken garnicht gekommen wären? Odersehen Sie bei anderen Potenziale,um beispielsweise eine Ressourcen-reduktion herbeizuführen?

»

»

von Bedeutung, weil z. B. die Routine Auto-fahren der Zielgruppe oder -person gleich-zeitig erlaubt, zu kommunizieren oder Mu-sik zu hören. Die Personen kombinieren das,was ihnen wichtig ist, und überprüfen, ob siedies möglicherweise in einer anderen Umge-bung, z. B. in einem Bus oder Zug, auch aus-üben würden. Ziel ist es zu verstehen, welcheHaupt- und Unterpraktik gestalterisch adres-siert werden könnten, um einen gewünschtenEffekt zu erreichen. Gestaltung kann gewollteVeränderungen in neue gewünschte Struktu-ren leiten, die eine neue Routine unterstüt-zend rahmen.

Man erhält so einen umfassenden Einblick indie Komplexität und Gestalt des Prozessab-laufs, in den mit der Gestaltung eingegrif-fen wird. Auch kann über dieses Prozessbildverdeutlicht werden, was sich durch die Ent-wicklung bzw. das Konzept im Ablauf ver-einfachen oder verändern würde und wel-che Auswirkungen dies auf die einstudiertenAbläufe der Zielgruppe oder Zielperson imUnternehmen oder Alltag hätte. Wichtig istauch, dass es sich um mitgestaltete und vonder Zielgruppe gewollte Veränderungen han-delt (siehe Tipp).

Wenn es möglich ist, sollte die Zielgruppein diesen Prozess der Erstellung des Schau-bildes eingebunden sein bzw. es mit einerrepräsentativen Gruppe oder einzelnenPersonen erarbeitet werden. Wurden Inter-views und/oder teilnehmende Beobachtun-gen in dem Feld durchgeführt, so könnendie Transkripte analysiert und so die ein-zelnen Praktiken herausgearbeitet werden.Teilnehmende Beobachtung kann beispiels-weise helfen, für die Akteure/Akteurinnenselbst unbewusste Routinen sichtbar zumachen z. B. dass der Wasserkocher immervoll aufgefüllt aufgeheizt wird oder dasFenster bei aufgedrehter Heizung im Bürooffensteht. Die Zielgruppe ist häufig offenfür hilfreiche Veränderungen, die sie alsExperte/Expertin des Systems selbst mit-gestalten können. Meist sind die Menschenbegeistert, welche komplexen Abläufe sieoptimieren und mit Erfolg bewältigen kön-nen. Hilfreiche Methoden hierfür findensich beispielsweise in verschiedenenenDesignkits (siehe Tipp auf S. 25) sowie inmethodischen Grundlagen empirischer So-zialforschung (vgl. Kromrey 2009).

TIPP

– Hannah Fink, Kommunikations-und Produktdesignerin

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124 TEIL II: TOOLS

Hierarchien (oben – mittig – unten) und Farb-differenzierungen hilfreich. Eine möglicheStrukturierung zeigt die Grafik auf der folgen-den Seite. Dabei ist wichtig, auch andere Ak-tivitätsfelder zu beachten. Fällt die fokussiertePraktik in den Bereich Ernährung, ist es z. B.sinnvoll, Mobilität oder Freizeit miteinzube-ziehen. Fällt der Prozess in den Zulieferketten-bereich, so sind ebenso Logistikprozesse zwi-schen den Standorten oder auch zwischen denbetroffenen Unternehmen von Bedeutung.Möglicherweise sind diese eng mit der Mate-rialart verknüpft – ein anderes Material wür-de alle Praktiken, Prozesse und Kompetenzengrundlegend ändern. Man kann so gut wie nieein Aktivitätsfeld ohne die Einflüsse der an-deren betrachten. Man kann die Komplexitätaber eingrenzen, priorisieren und fokussie-ren, wenn diese Verknüpfungen sichtbar undtransparent sind. Im Alltag, im Beruf wie zuHause sind sie meistens nicht zu trennen undsystemisch miteinander verknüpft.

7 HAUPT- UND UNTERPRAKTIKEN

BEWERTEN – ZEIT, GELD, RESSOURCEN

▶ Arbeitsblatt 11.3Nun werden die Prozesse und Verbindungenhinsichtlich des notwendigen Zeitaufwandes,

6 BEZIEHUNGEN HERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 11.3Nach der Differenzierung der (Unter-)Prakti-ken (hier kann je nach Ziel und Notwendig-keit beliebig weit ins Detail gegangen wer-den), werden die Beziehungen zwischen dentäglichen Routinen bzw. Praktiken analysiert.Manche Praktiken stehen in einem sehr star-ken Zusammenhang, andere bedingen sichnur wenig. Zur besseren Übersicht kann hiermit verschiedenen Farben oder aber Strich-dicken gearbeitet werden. Man kann z. B. ein-zeichnen, welche Praktiken der Person oderGruppe besonders wichtig sind, wie z. B. al-leine im Auto sitzen und Musik hören. Prak-tiken, die weit entfernt vom eigentlichen Aus-gangspunkt der fokussierten Praktik liegen,sollten auch Beachtung finden, denn soziale,ökonomische und ökologische Effekte „buch-stabieren“ sich durch das System hindurch –Effekte können sich an anderen Systemortenweit entferntmanifestieren, zumeist auch zeit-lich verzögert. 1 Je nachdem, wie ausführ-lich und fundiert die Fragestellung bearbeitetwerden soll, können nun die Prozesse der an-deren Hauptpraktiken ebenfalls entsprechendausgearbeitet werden. Zur Visualisierung sind

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

TOOLS

1

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12511. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

LEGENDE

starke Beziehung

Hauptpraktiken

Unterpraktiken

moderate Beziehung

schwache Beziehung

hohe Intensität

Zeitverwendung

Kosten

Ressourcen-verbrauch

mittlere Intensität

geringe Intensität

11.2 DESIGN FOR SOCIAL CHANGE – PRIORISIERUNGUND FOKUSSIERUNG

Ressourcenkonsums und der Kosten bewertet:Welche Praktiken sind besonders ressourcen-schwer? Lassen sich diese direkt adressierenoder besser indirekt über den Einfluss eineranderen Praktik? Wie viel Zeit oder Geld wirdinvestiert? Auch die Faktoren Spaß, Status,Selbstbestimmtheit, Motivation, Interesse,Neugierde etc. können in vielen Bereichengroßen Einfluss haben und weitere Bewer-tungsmaßstäbe sein.

8 ANSATZPUNKTE FÜR GESTALTUNG

IDENTIFIZIEREN, PRIORISIEREN UND

FOKUSSIEREN

▶ Arbeitsblatt 11.4Mit diesen Vorarbeiten ist es nunmöglich, Pri-orisierungen und Fokussierungen vorzuneh-men, die zu ersten Ideen einer Entwicklungoder Gestaltung führen können. Es geht hierum die Umsetzung in Produkt- und Dienstleis-tungsideen, die im Weiteren konkretisiert undausgearbeitet werden. Wichtig ist zu bewer-

ten, ob der betroffenen Zielgruppe das Routi-neportfolio entspricht oder nicht.Möchte manetwas ändern oder nicht? Und welche Effek-te/Auswirkung brächte das mit sich – für ei-nen selbst oder andere? Würde es das Lebenmittelbar sogar erleichtern? Ist die Änderungakzeptabel? Gibt es Hemmnisse für die Um-setzung? Können diese „umschifft“ werden?Meistens hilft es, kleine Dinge zu ändern unddafür Objekte zu entwickeln, die das Zeitge-rüst schrittweise zu ändern helfen und „im

GRAFISCHES ANWENDUNGSBEISPIEL

5 UNTERPRAKTIKEN AUSARBEITEN UND PROZESSSCHAUBILD VERFEINERN

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126 TEIL II: TOOLS

Training, in der Aus- oder Weiterbildung“ diePerson herausfordern. Erfolgserlebnisse sindhierbei wichtig. Diese können zu einem ver-änderten Dienstleistungs- oder Produktions-konzept führen, das auf Akzeptanz stößt undschrittweise mit den Nutzenden entwickeltwird.

Dazu sind im Arbeitsblatt folgende Fragestel-lungen zu berücksichtigen:

▶Welche der Unterpraktiken ist besonderszeit-/kosten-/ressourcenintensiv? – extensiv?

▶Welche sind intensiv und zentral positioniert(dadurch mit vielen anderen verbunden)?

▶Welche sind extensiv und zentral positioniert(dadurch mit vielen anderen verbunden)?

▶Welche dieser 12 Unterpraktiken sollte miteinem Objekt, einem Produkt oder gar ei-ner Dienstleistung adressiert werden? Wel-che dieser 12 Unterpraktiken hat den größ-ten Effekt zur positiven Veränderung von a)Zeitverwendung, b) Ressourcenverbrauchund c) Kosten?

▶Was soll adressiert werden? (genaue kurzeBeschreibung) 1

9 PRAKTIKEN FÜR DIE GESTALTUNG

AUSWÄHLEN UND GESTALTUNGSEBENE

BENENNEN

▶ Arbeitsblatt 11.4Die Ansatzpunkte werden benannt und indie Tabelle eingetragen. Die Gestaltungsebe-ne wird definiert – möglicherweise adressiertman dieselbe Praktik auch mit unterschied-lichen Objekten auf unterschiedlichen Ebe-nen einer Handlung z. B. ein transformationa-les Objekt, das Produkt selbst oder auch eineDienstleistung, die mit der Praktik verbundenist. Das sollte charakterisiert werden, um denGestaltungsraum zu bestimmen. Auch die je-weilige Bewertung sollte eingetragen werdensowie mögliche Zielwerte, wenn gewollt. Einekurze Beschreibung dessen, was geändert wer-den soll, hilft nochmals bei der Fokussierungdes Gestaltungsziels.

10 ERSTE KONZEPTIDEEN IN EINER MIND

MAP AUSARBEITEN

▶ Arbeitsblatt 11.5Für die priorisierte Praktik bzw. priorisiertenPraktiken werden nun erste Konzeptideengesammelt. Dies kann frei oder mittels einerMind Map erfolgen. Auch können bestehendeKonzepte hierzu recherchiert und kombiniert

15. Lösungsansätze undDesignszenarien

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

TOOLS

1

2

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12711. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

3.1 NACHHALTIGKEITSRADAR – NETZGRAFIK

German Campos und Christoph Labocha haben das Nachhaltigkeits-Radar während ihrer Konzeptentwicklung „Gesunde Ernährung, mehrBewegung“ ausführlich genutzt. Ihr Ansatz adressiert die Vermeidung von Fettleibigkeit durch mehr Bewegung und gesunder Ernährung.Hierzu haben sie aus den beiden Bereichen Ernährung und Bewegung Initiativen und Ideen recherchiert und diese zunächst einmal nacheiner Auswahl von Nachhaltigkeitskritieren (vgl. Tool 4, 5) bewertet.

Die Diagramme der unterschiedlichen Konzepte und Ideen zeigen sehr unterschiedliche Stärken und Schwächen auf. Für eine eigeneKonzeptentwicklung ist es wichtig, quartiersbezogene Auswahlsmechanismen/-prozesse zu entwicklen (Baukastensystem) und dann eineWirkungsanalyse durchzuführen 2.

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG,MEHR BEWEGUNG

KOOPERATION

SPARTN

ERKRI

TERIEN

SOZIA

LE&WIRTSC

HAFTLIC

HEKRITERIEN

ÖKOLOGISC

HEKRITE

RIEN

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128 TEIL II: TOOLS

Die Kombination der beiden In-itiativen „6. Gemeinsame Sport-veranstaltung in der Stadt“ und„8. Taschengeld mit Sporttrackingverknüpfen (,,wearables")“ ist mitden nebenstehend aufgeführtensozialen Praktiken verbunden. DieAnalyse der sozialen Praktikenund ihre Beziehungen untereinan-der geben wichtige Einblicke, dieanschließend für die Nachhaltig-keitsbewertung genutzt werdenkönnen.

Eine weitere Alternative ist dieKombination der Initiativen„5. Subtile Verhaltenssteuerungschaffen, um gesündere Gewohn-heiten zu etablieren“ und „7. Re-staurantkonzept für Jugendliche,die selber ihre Mahlzeiten zuberei-ten dürfen“. Diese Kombinationführt zu grundlegend neuen sozi-alen Praktiken, die wiederum fürdie Nachhaltigkeitsbewertung he-rangezogen werden können.

Häufigkeit

Bewegung

Geldaufwand

Routiniertheit

Ressourceneffizienz

Vorbereitung

Spaßfaktor

Häufigkeit

Bewegung

Geldaufwand

Routiniertheit

Ressourceneffizienz

Vorbereitung

Spaßfaktor

11.2 DESIGN FOR SOCIALCHANGE – PROZESSKETTEN DESALLTAGS

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12911. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

KOOPE

RATIONSPAR

TNER

KRITERIE

N

SOZIA

LE&WIRTSC

HAFTLIC

HEKRITERIEN

ÖKOLOGISCHEKRITERI

EN

KONZEPTBEISPIEL GESUNDE ERNÄHRUNG,MEHR BEWEGUNG

Diese haben sie jeweils auch bezüglichder von ihnen mit den Tools Nachhal-tigkeitsbewertung entwickelten Krite-rien bewertet, um festzustellen, wel-chen Wert die Konzepte jeweils und inKombination für die definierten Nach-haltigkeitsziele haben: Langfristigkeit,soziales Engagement, Integration, Wer-tevermittlung, Gesundheit, Ernährungs-wissen. Die Kombinationen erreichenjeweils eine höhere Nachhaltigkeitsbe-wertung als die einzelnen Maßnahmenfür sich gesehen. Dies sind erste Ein-schätzungen. Die Transparenz der Vor-gehensweise gibt die Möglichkeit, dieseschnell sichtbar zu machen und mit derZielgruppe wie den Auftraggebern/Auf-traggeberinnen zu diskutieren, um Sze-narien zu entwickeln, die gestalterischausgearbeitet werden können. Dieskann in Kombination mit relevantenTools erfolgen, wie hier mit Hilfe desService Design Toolkits (http://www.servicedesigntoolkit.org).

KOOPE

RATIONSPAR

TNER

KRITERIE

N

SOZIA

LE&WIRTSC

HAFTLIC

HEKRITERIEN

ÖKOLOGISCHEKRITERI

EN

VERWIRKLICHUNGSGRAD 1 2 3 4 5 6 6 5 4 3 2 1

VERWIRKLICHUNGSGRAD 1 2 3 4 5 6 6 5 4 3 2 1

5. Sportveranstaltungen

7. Taschengeld

6. Restaurantbesuch

4. Verhaltenssteuerung

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130 TEIL II: TOOLS

sowie bewertet werden. Erste Designszenari-en (siehe Tool 15. Designszenarien) könnenentworfen werden.

Als erste Bewertungsmatrix für die recher-chierten, kombinierten oder neu erdachtenIdeen und Konzepte können eigene Aspektedefiniert werden, wie z. B. Häufigkeit, Geld-aufwand, Menge, Distanz, Routiniertheit,Vorbereitung, Spaßfaktor oder direkt dieaus den Tools der Nachhaltigkeitsbewertung(Tools 3–8) entwickelten Kriterien herange-zogen werden.

11 KONKRETE PRODUKTE ODER

DIENSTLEISTUNGEN ABLEITEN UND

ENTWICKELN

▶ Arbeitsblatt 11.5Basierend auf der Analyse und Nachhaltig-keitsbewertung der Prozessketten und ihrerHaupt- und Unterpraktiken können neue Ge-staltungslösungen für Produkte und Dienst-leistungen abgeleitet werden. Die neuenGestaltungsoptionen orientieren sich somitnicht nur an den alltäglichen Bedürfnissender Nutzer/-innen, sondern können zudem zugewollten Verhaltensänderungen beitragen(vgl. Exkurs rechts).

Die Sache mit dem WasserkocherWer kochendes Wasser will, schätztmeist, mit dem Wasserkocher untermHahn, wie viel Wasser seine Tasse fas-sen kann. Auf diese Weise kocht man oftmehr Wasser als notwendig. Den leerenKocher mit der Tasse zu befüllen ist eineeinfache und sichere Methode, genau dierichtige Menge Wasser zum Kochen zubringen. Unsere Gewohnheiten verleitenuns aber immer wieder dazu, den Was-serkocher ohne viel Nachzudenken kom-

» Bei einem kleinen Test in meiner WGist schnell deutlich geworden, dassdie obligatorischen 3 cm Restwassernicht mehr mitkochen mussten, seitder Wasserkocher einen kleinerenBewegungsradius bekommen hat. Nacheinigen Wochen zeigte sich zudem, dassalle Bewohner/-innen sich an die neuePraxis gewöhnt hatten. Das Restwasserwurde nach Entfernen der Schnur nichtwieder mitgekocht.

– Christoph TochtropAbb.20: Christoph Tochtrop

»EXKURS – KLEINE CHANGEMAKER

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13111. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

Die HeizefreikarteSie wird ausgeschnitten, und über dasThermostat der Heizung gestülpt. Wenman beginnt zu frösteln, bekommt manbeim Versuch die Heizung aufzudreheneinige Gegenvorschläge präsentiert: un-ter eine Decke kuscheln, Tee kochen,spazieren gehen, warm kleiden, Suppelöffeln, eine Wärmflasche füllen usw. Sohat die Heizung ein wenig länger frei alssonst.

Der Heiz-SmileyDas eigene Thermostat mit etwas be-drucktem Papier in eine Frohnatur zuverwandeln ist nicht schwer. Freut sichdeine Heizung am meisten, wenn sierichtig bollern kann? Oder lächelt sieden ganzen Sommer durch?

Abb.22: Christoph Tochtrop

Abb.21: Christoph Tochtrop

plett zu füllen. Mit einer Schnur (s. Er-klärung links), die amWasserkocher undder Station befestigt ist, kann man dieseGewohnheit leicht durchbrechen und ei-ner umweltfreundlichen Praxis Einzug insein Leben gewähren. Nach einigen Wo-chen ist die neue Praxis zur Gewohnheitgeworden, die auch ohne Schnur beste-hen kann. Denn manchmal ist ein freierWasserkocher doch praktischer.

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132 TEIL II: TOOLS

Analysing Social Milieus and Lifestyles –Their Contribution to a Better Understan-ding of Heating PractisesBuhl, J.; Greiff, K.; Baedeker, C.; Liedtke, C. (2016):In: Keyson, D.V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (eds.) (2016):Living Labs: Design and Assessment of Sustainable Living,Springer International Publishing, Schweiz, S. 249–259

Participant Observation: A Guide forFieldworkersDeWalt, K. (2011)AltaMira Press, Plymouth

Ästhetik der Interaktion: Beschreibung,Gestaltung, BewertungDiefenbach, S. ; Hassenzahl, M.; Eckoldt, K.; Laschke, M.(2016)Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/233854473_Asthetik_der_Interaktion_Beschreibung_Gestaltung_Bewertung (Abruf 07/2019)

QUELLEN– Keyson, D.; Guerra / Santin, O.; Lockton, D. (Hg.) (2017): LivingLabs – Design and Assessment of Sustainable Living.Springer International Publishing, Schweiz.

– Kromrey, H. (2009): Empirische Sozialforschung: ModelleundMethoden der standardisierten Datenerhebung undDatenauswertung. Lucius & Lucius, Stuttgart.

– Namahn und Flanders DC (2014): Service DesignToolkit. Onlineverfügbar: http://www.servicedesigntoolkit.org (Abruf 07/2019).

Energiesuffizienz in HaushaltenEine Senkung des Energiekonsums in Haus-halten benötigt beides: Energieeffizienz und-suffizienz. In dem vom BMBF gefördertenProjekt „Energiesuffizienz“ wurden deshalbzahlreiche Ansätze in Bezug auf das Kon-sumverhalten zum Energieverbrauch iden-tifiziert.

Energiesuffizienz ist (neben Konsistenzund Effizienz) eine Strategie, um Ener-giesysteme in Richtung Nachhaltigkeit zutransformieren (Brischke, Thomas 2014,S. 3). Dabei werden Ressourceneinsatz,Verlagerungseffekte sowie ökologische/soziale Auswirkungen betrachtet.

In Bezug auf Privathaushalte wurden zumeinen Veränderungen von Konsum- und Ge-brauchsentscheidungen untersucht. Außer-dem waren Lebensstilaspekte, soziale Prak-tiken und Versorgungsweisen relevant. Dieprimären Ansätze sind Reduktion (z.B. klei-nerer Fernseher, seltener Waschen), Sub-stitution (z.B. Wäscheleine statt Trockner)und Anpassung des benötigten Gebrauchs

(z.B. überflüssiges Kühlvolumen im Winterabschalten, zusätzliche Kühlbox im Som-mer) (vgl. ifeu 2019).

QUELLEN– Brischke, L.-A.; Thomas, S. (2014): Energiesuffizienz imKontext der Nachhaltigkeit. Definition und Theorie.Arbeitspapier im Rahmen des Projektes„Strategien undInstrumente für eine technische, systemische undkulturelle Transformation zur nachhaltigen Begrenzungdes Energiebedarfs im Konsumfeld Bauen / Wohnen“Online verfügbar: https://www.ifeu.de/wp-content/up-loads/2014.04_WI-ifeu_Thema-Brischke_energiesuffizienz-im-kontext-der-nachhaltigkeit.pdf (Abruf 08/2019).

– ifeu (Stand 2019): Projektwebseite. Online verfügbar: https://www.ifeu.de/projekt/energiesuffizienz (Abruf 08/2019).

– Lahusen, M.; Ritzmann, S.; Sametinger, F; Joost, G.; Brischke, L.-A. (2016):Mixing Up Everyday Life. Uncovering SufficiencyPractices Through Designerly Tools. Online verfügbar:https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/313lahusen.pdf(Abruf 08/2019).

– Sametinger, F.; Lahusen, M.; Joost, G.; Brischke, L.-A. (2015):All I need: Provoking conflicts at the boundaries of theprivate and public sphere in the context of energy suf-ficiency. Conference paper at the 4th Participatory InnovationConference, Hague University of Applied Sciences. Online verfüg-bar: https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/all_i_need_sa-metinger_lahusen.pdf (Abruf 08/2019).

EXKURS – ENERGIESUFFIZIENZ

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13311. DESIGN FOR SOCIAL CHANGE

Green Economy as a Framework forProduct-Service Systems Development:The Role of Sustainable Living LabsGeibler, J. v.; Baedeker, C.; Liedtke, C., Rohn, H.; Erdmann,L. (2016)In: Keyson, D.V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (eds.) (2016):Living Labs: Design and Assessment of Sustainable Living,Springer International Publishing, Schweiz, S. 35–55

Methoden der FeldforschungGirtler, R. (2001)Böhlau Verlag Gesellschaft: Wien, Köln,Weimar

Discretionary Time: A NewMeasure ofFreedomGoodin, R.; Rice, J. M.; Parpo, A.; Eriksson, L. (2008)Cambridge University Press, Cambridge

Material and Carbon Footprint ofHousehold ActivitiesGreiff, K.; Teubler, J.; Baedeker, C.; Liedtke, C.; Rohn, H.(2016)In: Keyson, D.V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (eds.) (2016):Living Labs: Design and Assessment of Sustainable Living, S.259–277, Springer International Publishing, Schweiz

Social Practise as a Main Focus in LivingLab ResearchHasselkuß, M.; Baedeker, C.; Liedtke, C. (2016)in Keyson, D.V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (eds.) (2016):Living Labs: Design and Assessment of Sustainable Living,Springer International Publishing, Schweiz, 23–35.

Experience Design: Technology for All theRight ReasonsHassenzahl, M. (2010)Synthesis Lectures on Human-Centered Informatics,Vol.3, No. 1

Transformationale Produkte: AchtKonzepte zum schonenden UmgangmitRessourcenLaschke, M.; Diefenbach, S.; Heidecker, S.; Hassenzahl, M.(2010)Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/221439650_Transformationale_Produkte_-_Acht_Konzepte_zum_schonenden_Umgang_mit_Ressourcen (Abruf 07/2019)

Der Einwand der Dinge – PleasurableTroublemakersLaschke, M; Hassenzahl, M. (2014)Online verfügbar: http://www.pleasurabletroublemakers.com/read-me (Abruf 01/2019)

Microfoundations for sustainable growthwith eco-intelligent product servicearrangementsLiedtke. C.; Buhl, J.; Ameli, N., (2013)Online verfügbar: http://www.mdpi.com/2071-1050/5/3/1141 (Abruf 01/2019)

Nachhaltiges Design und Suffizienz –ressourcenleicht durchs LebenLiedtke, C.; Buhl, J.; Borgmann, A. (2015).Umweltwirtschaftsforum, Juni 2015,Volume 23, Issue 1-2, pp11-14, DOI 10.1007/s00550-015-0346-7

The Dynamics of Social PracticeShove, E. (2012)SAGE Publications Ltd: London

Erlebnisse statt ProdukteMarc HassenzahlWorld Usability Day 2012 Mannheim UX-DAYhttps://www.youtube.com/watch?v=FWUiRNqpmM8(Abruf 07/2019)

Design that MattersTimothy PresteroTEDx Bostonhttps://www.youtube.com/watch?v=0iTehg-OZ8A(Abruf 06/2019)

wwwPleasurable TroublemakersMatthias Laschkehttp://www.pleasurabletroublemakers.com (Abruf 07/2019)

Experience and Interaction DesignMarc Hassenzahlhttp://www.experienceandinteraction.com (Abruf 07/2019)

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134 TEIL II: TOOLS

12. Rebound- undWirkungsanalyseraster –Matrix und GrafikenWelche Neben- und Reboundeffekte sind mitder Entwicklung verbunden?

Dieses Tool ist eine Neuentwicklung aus un-serer Forschung in den Themenbereichen Re-boundeffekte, sozioökonomische Wirkungenund Zeitverwendung. Es wurde mit JohannesBuhl erarbeitet, der in diesem Bereich promo-viert hat. Es ist – soweit uns bekannt – relativneu, dass eine Rebound- und Wirkungsanaly-se als Tool für die Entwicklung und Gestal-tung von Produkt-Dienstleistungssystemenaufbereitet wurde (vgl. Buhl et al. 2016 undBuhl 2017). Daher kann es sehr sinnvoll sein,zunächst einmal die Hintergrundinformationoder auch die weiterführenden Literaturhin-weise als Einführung in diesen Gestaltungs-raum zu nutzen. 1

Jede Änderung von Verhalten, bei Technolo-gien, Infrastrukturen, Produkten und Dienst-leistungen sorgt in einem komplexen Geflechtsozialer und wirtschaftlicher Aktivitäten fürnicht intendierte Effekte, also solche, dienicht bewusst oder gewollt sind. Diese kön-nen mehr oder weniger umfangreich sein undmehr oder weniger stark positiv oder negativwirken. Ein Beispiel eines zeitlich stark ver-zögerten, nicht intendierten Effektes ist dasOzonloch, das nach langen Jahren des For-schens nach seinen Ursachen zu einemVerbotdes FCKW in Kühlschränken etc. führte (zumBeitrag um das FCKW siehe Umweltbundes-amt 2016). Dieser Effekt wirkt heute nochnach, denn die Moleküle befinden sich nochimmer in unserer Atmosphäre und schädigensie. Ihr Effekt und das Ozonloch begleiten unsalso weiterhin. Solche Effekte sind kurzfristigkaum änderbar, schon gar nicht rückgängigzu machen wie z. B. der Klimawandel oderMigrationsbewegungen aufgrund von Krieg,Wasserknappheit, Verwüstung, Überschwem-mungen und damit verbundenen sozialenKonflikten und wirtschaftlicher Not. Habensolche Effekte einmal an Dynamik gewonnen,ist eine ex-post Beeinflussung oder gar einStoppen mit großen gesellschaftlichen und

▶ Arbeitsblätter12.1 Definition der Betrachtungsebenen12.2 Mind Map12.3 Relevanzen und Gestaltungsansätze12.4 Ergebnisgrafik – Gestaltungsansätze12.5 Ergebnisgrafik – neue Effekte

12. Effekte

3. Vorsorgeprinzipien

3. Vorsorgeprinzipien,4. Nachhaltiges Wirtschaften,10. Ökologischer Rucksack

3. Vorsorgeprinzipien

7. Produkte und Dienstleis-tungen, 10. ÖkologischerRucksack

HINTERGRUNDINFORMATION

1

2

3

4

5

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13512. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

staltet werden, also möglichst ohne negative(Rebound-)Effekte? 5 Zur ersten Orientie-rung gibt es schon gute Ansatzpunkte und Re-geln, die berücksichtigt werden können (vgl.Schmidt-Bleek 1994, 2007).

und Wirtschaft sowie eine Einschränkungder Vielfalt ökosystemarer Dienstleistungen,kurz biologische Vielfalt. Letzteres schmälertlangfristig die Lebensfähigkeit unserer Öko-systeme und damit unser aller Wohlstands-chancen. Vorsorgeorientierung im Sinne vonEnergie- und Ressourcenschonung ist alsomöglich und auch wirtschaftlich. 3 Die Ef-fekte im Überblick sichtbar zu machen istzunächst schwierig, da nicht alle erfasst undvorausgesehen werden können. Es erfordertÜbung, Systemwissen und -kompetenz, umihre Wechselwirkungen (Material-, Ener-gie- und Informationsausstausch) frühzeitigim Gestaltungsprozess zu erkennen. Auchbraucht es einen souveränen Umgang mitder Komplexität von Wechelwirkungen, dieimmer auch Ungewiss- und Unsicherheitenhervorbringt. Man kann aber achtsam seinund Konzepte vorsorgend konzipieren undanlegen. Eine solche Vorgehensweise nenntdie Forschung Resilienz: die Fähigkeit einesSystems, Störungen zu bewältigen und diesesogar für neue Entwicklungen zu nutzen. 4

Die zentrale Fragestellung jedoch bleibt: Wiekönnen ökointelligente und bedarfsgerechteProdukte und Dienstleistungen nachhaltig ge-

wirtschaftlichen Anstrengungen verbunden.Viele dieser Effekte gehen von kleinen Verän-derungen in Prozessen und Handlungen ausund werden über einen längeren Zeitverlaufakut. Sie sind daher oft auch nicht direkt ei-ner einzigen Ursache zuzuordnen (kein direk-ter kausaler Wirkungszusammenhang). 2 Sopotenziert sich der Effekt insbesondere, wennan vielen Orten oder durch immer mehr Han-delnde dieser Einfluss zunimmt. Es kann sichauch um Effekte eines technischen System-sprungs handeln, wie die Erfindung der Elek-trizität oder die des Autos oder Flugzeugs,der Nano- oder Biotechnologie oder gar desFaxgerät, Telefon oder Internet. All diese In-novationen sind mit positiven wie negativen(Neben-)Effekten einhergegangen. Die meis-ten dieser Innovationen möchten wir heutenicht mehr missen, ihre negativen Folgen hin-gegen schon.

Gestalter/-innen können versuchen nicht in-tendierte Effekte zu berücksichtigen, indemökologische, soziale und ökonomische Aspek-te im Netzgeflecht der Wirkungen zwei- bisdrei Schritte voraus mitbedacht werden. Jedenichtintendierte negative Wirkung verursachthorrende „Reparatur“-Kosten für Gesellschaft

Für die Wirkungsanalyse kann eine MindMap die Funktion einer „Wirkungsland-karte“ übernehmen. Als Ausgangspunkteder Mind Map lohnt es sich, ein Dreieckeinzuzeichnen mit den Eckbezeichnungen:PERSONA oder ICH – UMWELT/NATUR– GESELLSCHAFT oder WIR. Dies ist hilf-reich, um eine sehr konkrete Beschreibungvon Entwicklungen, Trends undAktivitätenübersichtlich und strukturiert darzustellen.Je konkreter man wird, desto eher lassensich Wirkungen bezeichnen und Maßnah-men entwickeln. Der Einbezug des ICHund des WIR (Gesellschaft, Peer Group,Zielgruppe) hat sich bisher als sehr wich-tig erwiesen, da die Personifizierung derSichtweisen auf das fokussierte Dienstleis-tungssystem zu einer Konkretisierung undPraxisnähe der Systembeschreibung führt.Dies gilt auch für den Umgang mit dem Be-reich Umwelt/Natur, dessen Bezug

TIPP

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136 TEIL II: TOOLS

zum ICH und WIR darstellbar wird.Markus Schiebel entwickelte das Kon-zept 3D Copy Shop, das eine nachhaltigeNutzungsgestaltung des 3D-Druckens fürHaushalte im Quartier thematisiert. Ausge-hend von der eigenen Erfahrung mit einemheimischen 3D-Drucker wurden Nutzungs-formen wie auch ökologische Wirkung mitHilfe der Tools 2. Zielbeschreibung,3. Nachhaltigkeitsradar, 5. Nationale Nach-haltigkeitsstrategie und 9. Hot Spot-Analy-seraster (Stand 2013) analysiert. Die Pro-zesse eines Online-3D-Copy Shops wurdenmit dem 3D-Druck zu Hause hinsichtlicheines ressourcenschonenden und bedarfs-orientierten 3D-Printangebots im Quartiervergleichend bewertet. Fehldrucke undqualitativ minderwertige Drucke solltenüber ein professionalisiertes Geschäftsmo-dell vermieden werden, Reparaturen ge-fördert und gleichzeitig quartiers-gestalte-rische bis hin zu künstlerisch-ästhetische3D Druck-Objekten im städtischen Raumals Identitäts„note“ des Quartiers entwi-ckelt werden.

ToolbeschreibungUm das Tool in seiner Anwendung zu beschrei-ben, wurden einige Arbeitsblätter auf Basisder Konzeptbeschreibung des 3D Copy Shopzur Verdeutlichung „neu“ ausgefüllt, da diesesTool zum Zeitpunkt der Konzeptentwicklungvon Markus Schiebel noch nicht vorlag.

1 BETRACHTUNGSEBENENDEFINIEREN UND BESCHREIBEN▶ Arbeitsblatt 12.1

Im ersten Schritt werden die Wirkungsebe-nen definiert und kurz beschrieben, die indie Wirkungsanalyse eingehen sollen. Ist einekonkrete Veränderung (Gestaltungsaufgabe)geplant, z. B. die Reparatur eines Haushalts-gegenstandes mit einem 3D-Drucker, dannsind die Wirkungen möglicherweise einfacherzu definieren, zu begrenzen und zu analysie-ren. Schwieriger wird es, wenn eine sozialePraktik und Bedarfsfelder betroffen sind (z. B.beim Einkauf für eine Mahlzeit: Ernährungund Mobilität). Komplexer wäre zusätzlichdie Betrachtung der Wirkungen auf die ge-sellschaftliche und/oder wirtschaftliche Ebe-ne, also in welchem Umfang die Veränderungder Praktik auch eine gesamtgesellschaft-

KONZEPT 3D COPY SHOP

Der/die Betrachter/-in ist dadurch selbstBestandteil des Systems. Sowird es als ge-stalt- und beeinflussbar erlebt.

Ohne diese Perspektive werden meistMetabegriffe benannt wie z. B. Frieden,Staatsverschuldung oder Biodiversität.Dabei fehlt dann oft die Übersetzungdieser Begriffe für das Alltagshandelnwie z. B. nachbarschaftliche, soziale Kon-takte als Schutz vor Einbruch, Produk-ten und Dienstleistungen, die nicht zurVerschuldung von Haushalten führenoder Naturflächen in der Stadt, auf derWildbienen vielfältige Nahrung finden.Solche Konkretisierungen sind direkt mitGestaltung adressierbar und können vonDesignern/Designerinnen und (Produkt-)Entwicklern/Entwicklerinnen aktiv in denGestaltungs- und Entwicklungsprozesseingebunden werden. Ober- oder Meta-begriffe werden dagegen schnell als nichtadressierbar und damit für die konkreteEntwicklung irrelevant eingestuft.

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13712. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

Die Stärke des 3D-Drucks liegtdarin, ein Umdenken zu demThema der Wegwerfkultur in derBevölkerung zu erreichen und dieWertschätzung von Produktenzu steigern. Es muss ein Systementwickelt werden, in dem dieCommunity gestärkt und die Kulturder Selbstverwirklichung und desSelfmade wiederbelebt wird |…|Die Interaktion in der Communityund die daraus resultierendeSchaffung der Gegenstände mitVerzicht auf Massenproduktionsteht im Vordergrund.

Der zu entwickelnde Service musseine Struktur bieten, welche denNutzern die Möglichkeit gibt,3D-Druckmaschinen zu teilen,anstelle sie für sich allein zuverwenden. Dadurch soll einzusätzlicher Rebound Effektvermieden werden und dieProduktion mit 3D-Druckerneffizienter gestaltet werden. ImVordergrund der Services sollnicht der Druck selbst, sonderndie Entwicklung der Produktestehen. Der 3D-Drucker selbst istnur ein modernes Werkzeug, umdie anschließende Fertigung zuerleichtern.

– Markus Schiebel (2013), DokumentationS. 6

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– Markus Schiebel (2013), Dokumentation,S. 4

Foto: vgajic, E+, Getty Images

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138 TEIL II: TOOLS

liche Veränderung bewirken könnte z. B.weil eine gesamte Lebensstilgruppe – alsomehrere Millionen Menschen – auf veganesEssen umsteigen oder sich jeder Haushalteinen 3D-Drucker anschafft. Eine etwas an-dere Betrachtung verlangt der Blick auf ge-

BETRACHTUNGSEBENE ERLÄUTERUNG TOOL / -KOMBINATION

1. Direkte, geplante Veränderung

2.2 Gesellschaftliche/wirtschaftlicheAuswirkungen bzw. Trends (z. B.Zunahme vegetarische Ernährung,Elekromobilität)

2. mögliche weitere / nicht inten-dierte Effekte – Wirkungsanalyse

2.1 Soziale Praktik (z. B. Pizza onlinebestellen) / Konsumfeld (z. B.Ernährung, Mobilität)

2.3 Wertschöpfungskette (An-/Abbau– Produktion – Handel – Nutzung –Recycling/Reuse – Entsorgung)

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Jede Toolanwendung/-kombination endet mitder Reflektion und sys-temischen Gesamtbe-trachtung der erstelltenMind Map und/oderdes Prozessschaubildes.Sind alle wichtigen Be-griffe und Systemfakto-ren enthalten?Sind die Verknüpfun-gen und Verästelungenrichtig dargestellt undverortet, um das be-trachtete System (nochohne Betrachtung mög-licher Effekte) mög-lichst umfassend zu be-schreiben?

1. Checkliste7. Mind Map

7. Mind Map4. SDG5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategieund / oder

6. Megatrendanalyse(11. Design for Social Change)

7. Mind Map9. Hot Spot-Analyse10. MIPS4. SDG

7. Mind Map11. Design for Social Change

12.1 DEFINITION DER WIRKUNGSEBENEN

samte Wertschöpfungsketten, also welcheWirkung hat ein verändertes Verhalten bzw.das Gestaltungskonzept auf die ökologische,gesellschaftliche und wirtschaftliche Dimen-sion der Zulieferländer? So konsumieren Ve-ganer z. B. andere Produkte wie Sojaproduk-

te. Ein anderes Beispiel ist der 3D Druck, derals Reparaturangebot den Neukauf und damitdie Produktion von defekten Elektronikgerä-ten reduziert. Daher ist es in diesem Schrittwichtig zu reflektieren, welche Effekte alsWirkungsebenen betrachtet werden und wel-

KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOP

1 BETRACHTUNGSEBENEN DEFINIEREN UND BESCHREIBEN 2 TOOL/-KOMBINATION AUSWÄHLEN

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13912. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

che nicht. Sollte eine andere Wirkungsebenein einem weiteren Analyseschritt zusätzlichanalysiert werden, da sie für die Bewertungebenfalls relevant ist? Dies sollte in der jewei-lig kurzen Beschreibung des Ziels der Analysewie auch der Ergebnispräsentation festgehal-ten werden.

2 TOOL/-KOMBINATION AUSWÄHLEN

▶ Arbeitsblatt 12.1 und weitereUnterstützend für die Analyse der ausgewähl-ten Betrachtungsebenen sind Tools bzw. Tool-kombinationen des Transition Design Guideszur weiteren Bearbeitung vorhanden. Diesekönnen im Arbeitsblatt ausgewählt werden.Die Tools oder Toolkombinationen werdenentsprechend der in der Tabelle angegebe-nen Reihenfolge unter Berücksichtigung derjeweiligen Beschreibung durchgeführt. Wich-tig: Der Fokus liegt auf der Fragestellung desjeweiligen Tools, zunächst noch nicht auf derWirkungsanalyse. Wenn diese Tools bereitszur Konzeptentwicklung genutzt wurden,können sie in der bereits erarbeiteten Formhier zur Weiterentwicklung dienen. Die Wir-kungsanalyse findet in den folgenden Schrit-ten aufbauend auf den mithilfe der angegebe-nen Tools erarbeiteten Ergebnissen statt.

12.2 / 7.1 MIND MAP KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOP

In einer ersten MindMap notierteMarkus Schiebel einige Assoziationen, die mit demNachhaltigkeitsaspekt des 3D Drucks für Zuhause einhergehen. In einer nächstenMind Map wurden diese Assoziationen neu sortiert und um weitere Verbindungenergänzt (siehe S. 140)

NACHHAL-TIGKEIT

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140 TEIL II: TOOLS

12.2 REBOUND- UND WIRKUNGSANALYSE – MIND MAP KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOP

UMWELT

WIRT-SCHAFT

SOZIALES

ZIEL-GRUPPE/-PERSONA

3 MIND MAP AUS TOOL 7 ÜBERTRAGEN UND ERWEITERN

++++++

––––––

––––––

–––

–––––– –––

++

++

+++

++

––

––––––

––

–––

++

++

+++

++

––

––– +++

–––

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14112. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

3 MIND MAP AUS TOOL 7ÜBERARBEITEN UND ERWEITERN

▶ Arbeitsblatt 7.1 / 12.2Dem Tool 7. Mind Map und dem Schaubild„Prozessketten des Alltags“ aus dem Tool 11.Design for Social Change kommt im Weitereneine grundlegende Funktion zu. Denn über

Mögliche Effekte bei der Einführung des3D-Druck für den „Hausgebrauch“Ausgehend vom gegenwärtigen Anwen-dungsbereich des 3D-Drucks für zuhausewerden die Entwicklungen im technischenBereich beschrieben: Eine wachsende Com-munity ist technisch fasziniert und erarbei-tet sich in Interaktion immer mehr Wissenund Kompetenz, ohne damit ökologischeund soziale Fragestellungen zu verbinden.Das Drucken findet in vielfacher Weise imeigenen Haushalt statt – die Community

4 EFFEKTE PRIORISIEREN

negative Auswirkungen, beidseitig

negative Auswirkungen, einseitig

positive Auswirkungen, beidseitig

positive Auswirklungen, einseitig

hohe positive Relevanz+++

hohe negative Relevanz–––

mittlere positive Relevanz++

mittlere negative Relevanz––

geringe positive Relevanz+

geringe negative Relevanz–

tauscht sich meist virtuell aus. Es gibt vieleFehldrucke, einen hohen Energieverbrauchüber die einzelnen Drucker hinweg und vielAbfall. Der Nutzen für andere ist gering – dieKompetenz und das Wissen bleibt Experten-/Expertinnenwissen. Die Entwicklung findetohne die Reflektion möglicher Reboundeffek-te und sozioöknomischer Effekte oder auchNutzen für die Gesellschaft statt.

Anwendung: In einer ausführlicheren zweitenMind Map werden alle denkbaren Verknüp-fungen und Effekte den jeweiligen Bereichenzugewiesen. Die Veränderung einer Produk-tionstechnologie hin zum 3D-Druck/AdditiveFertigung kann zu einer grundsätzlichen Um-gestaltung einer Wertschöpfungskette führenoder die Substitution von einem erdölbasierten

Grundstoff hin zu einem regional nachwach-senden Grundstoff vorantreiben. Reparaturensind möglich. Neue Produktdesigns und loka-le Geschäftsmodelle sind entwickelbar. Langle-bigkeit lässt sich dort umsetzen, wo es sinnvollist – dort,wo es nicht sinnvoll ist, könnenüber-regionale Kreisläufe initiiert werden. Beispiels-weise die Verlagerung einer Textilproduktionüber Industrie 4.0-Prozesse z. B. von Asiennach Deutschland würde in Asien zu einer ge-ringeren Wertschöpfung führen aber auch dieChance eröffnen, weltweit mit jeweils regionalverfügbaren Rohstoffen dezentral zu produ-zieren und so die Wertschöpfung am Ort derNachfrage oder wenigstens in der kontinen-talen Nähe zu ermöglichen (Reduzierung vonWertschöpfungsstufen, Transportwegen und-kosten, Lagerkosten).

die Integration der betrachteten Praktik bzw.Intervention in das Netz der erstellten MindMap oder das Prozessschaubild können Ver-bindungslinien möglicher Effekte zu anderenBereichen ökologischer, individueller und so-zialer Aspekte gezogen werden: Das betrach-tete Thema wird in dem Schaubild „Prozess-

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142 TEIL II: TOOLS

Ausder erarbeiteten Mind Map zum 3DPrinting für zu Hause werden die relevan-testen Effekte übertragen und ihre Aus-wirkungen für die angegebenen Bereicheabgeschätzt. Die Bewertung zeigt, wieunterschiedlich die Effekte für die einzel-

12.3 BESCHREIBUNG & BEWERTUNG KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOP

EFFEKTE(NACH POSITIVER/NEGATIVER RELEVANZ SORTIERT)NR

1

2

3

4

5

6

7

– –/++

– –

– –

+ +

+ +

+ +

– –

ZIEL-GRUPPE

– –

– –

– –

+ +

+ +

+

– –

SOZIALES

– –

– –

– –

+ +

+ +

+

0

UMWELT

+

– –

?

– –

– –

?

WIRT-SCHAFT

10

8

10

10

10

?

?

GESTALT-BAR (1-10)

RELEVANZ FÜR BEREICHE (SEHR POSITIV++/SEHR NEGATIV––)

4 EFFEKTE SORTIEREN 5 RELEVANZ FÜR ZIELBEREICH UND POTENTIAL FÜR GESTALTUNG ERMITTELN

nen Bereiche sein können. Anschließend wirdbewertet, ob die Effekte mit Gestaltung undEntwicklungsansätzen zu adressieren wären.Als sehr gut änderbar werden die meisten derEffekte eingestuft. Das 3D Copy Shop Konzeptadressiert hier für fast alle Lösungen – es setzt

auf Professionalität und Einbindung derBürger/-innen (vgl. Gestaltungsansatz un-ten). Durch die persönliche Betreuung unddie Einbindung von Künstlern/Künstlerin-nen kann ein Treffpunkt geschaffen undkultureller Austausch gefördert werden.

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14312. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

ketten des Alltag“ oder der Mind Map dortpositioniert, wo eine Zuordnung zu den be-nannten Achsen und Linien bzw. Prozess-schritten sinnvoll wäre, z. B. Zuordnung des3D-Printings zu dem Begriff Technologie oderReparatur, „vegan essen“ z. B. in den BereichErnährung.

4 EFFEKTE PRIORISIEREN

▶ Arbeitsblatt 12.2Nach der Erstellung der Mind Map werdenalle Beobachtungen und alle denkbaren, da-raus folgenden Auswirkungen/Effekte denjeweiligen Bereichen der Mind Map zugeord-net und mit Linien verbunden. Durch eine an-schließende Bewertung nach positiver/nega-tiver Relevanz werden die Effekte vorsortiert.

5 EFFEKTE SORTIEREN

▶ Arbeitsblatt 12.3Die in der Mind Map als sehr positiv bis sehrnegativ markierten Beobachtungen/Effektewerden nach positiver/negativer Relevanzsortiert in die Liste übertragen.

6 GESTALTUNGSANSÄTZEFORMULIEREN

GESTALTUNGS-ANSÄTZE

UMSETZBARKEITNUTZEN

DL

SD

P

SP

DL

SD

P

SP

1

1

2

2

4

3

3

7

6 RELEVANZ FÜR ZIELBEREICH UNDPOTENZIAL FÜR GESTALTUNG ER-MITTELN

▶ Arbeitsblatt 12.3Die priorisierten Effekte werden nun hinsicht-lich ihrer Relevanz (++/+/0/–/– –) nocheinmal auf ihre Hauptwirkungsbereiche – alsoZielgruppe, Gesellschaft/soziales Umfeld,Wirtschaft oder Umwelt/Ökologie – bezo-gen bewertet. Wichtig ist auch, anzugeben obder Effekt durch Gestaltung gezielt adressiertwerden kann. Sind beispielweise notwendigeÄnderungen wegen (nicht) existierender Inf-rastrukturen oder Gesetze nicht möglich, sowürde die Gestaltbarkeit eher gering ausfal-len.

7 GESTALTUNGSANSÄTZEFORMULIEREN▶ Arbeitsblatt 12.3

Welche Gestaltungsansätze/-ideen könntendie genannten Effekte bei positiver Ausprä-gung nutzen und fördern bzw. – bei negativerAusprägung – eindämmen und ihnen entge-genwirken? Handelt es sich bei den einzelnenAnsätzen um ein Produkt, eine Dienstleis-tung, einen Social Design Ansatz, die Ge-staltung einer sozialen Praktik oder um eine

P = Produkt / DL = Dienstleistung / SP = Soziale Praktik /SD = Social Design /WK =Wertschöpfungskette

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144 TEIL II: TOOLS

12.4 REBOUND- UND WIRKUNGSANALYSE – ERGEBNISGRAFIK GESTALTUNGSANSÄTZE

NUTZEN

UMSE

TZBARK

EIT

3DCopyShop

3D-Online-Druckerei

7 ERGEBNISGRAFIK FÜR GESTALTUNGSANSÄTZE ERSTELLEN

Das nebenstehende Beispiel ist ein Auszugaus einem Konzept, welches in demStudienfach 'Business Management' imSommersemester 2013 an der UniversitätWuppertal als Geschäftsplan für einfingiertes Startup Unternehmen von NoraHelms und mir entwickelt wurde. (…) Beidem Unternehmen '3D-Copyshop' handeltes sich um ein Ladenlokal, welches nebeneiner Beratung und Unterstützung inallen Entwicklungsbereichen folgende 4Grundleistungen bietet:

▶ Digitalisieren von physikalischenObjekten zur Weiterverarbeitung mitdigitalen Systemen oder zur digitalenSicherung für die Ewigkeit,

▶ 3D-Drucken von digitalen Daten zumPrototypenbau, Unikatfertigung oderzur Produktion von Kleinstserien,

▶ Direktes Kopieren von physikalischenObjekten (Scan und Druck),

▶ Umfassende Beratung

– Markus Schiebel (2013), Dokumentation, S. 12

»»Anwendung: Mit den Ergebnissen aus demArbeitsblatt 12.3 werden hier die

Gestaltungsansätze in der Ergebnismatrix positioniert.

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14512. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

KONZEPTBEISPIEL 3D COPYSHOPKombination? In den zugehörigen Kästchenkann außerdem vermerkt werden, welche deraufgelisteten Effekte der jeweilige Ansatz ad-ressiert. Zum Schluss können auch die Gestal-tungsansätze bezüglich ihrer Umsetzbarkeitund Wirksamkeit bewertet werden.

8 ERGEBNISGRAFIK FÜRGESTALTUNGSANSÄTZE ERSTELLEN▶ Arbeitsblatt 12.4

In der Ergebnismatrix könnendie erarbeitetenGestaltungsansätze nun positioniert und da-durch visuell nach Potenzial sortiert werden.

9 ERGEBNISGRAFIK FÜR EFFEKTE DERGESTALTUNGSANSÄTZE ERSTELLEN▶ Arbeitsblatt 12.5

Für die einzelnen Gestaltungsansätze kannhier nun eine Übersicht darüber erstellt wer-den, welche Auswirkungen und Effekte (po-sitive wie negative) diese wiederum auf dieBereiche Zielgruppe/-persona, Soziales/Ge-sellschaft, Wirtschaft und Ökologie haben.Dies kann auch in Form einer weiteren MindMap erarbeitet werden, um in iterativen Zy-klen die Idee weiter zu untersuchen und zukonkretisieren.

Das Ladenlokalbesteht (...)aus einemca.100 m2 großenGrundriss mit3 Räumen.Zur Gewinnungvon Laufkundschaftsind 2große Schaufenstervorhanden,in welchenverschiedenste Druckobjekte,sowie einhandelsüblicher RepRapbeim Druckvorgangbetrachtet werdenkönnen. ImVerkaufsraum befindensichneben Regalen, in denenKünstler ihreObjekte ausstellenkönnen, aucheineBeratungsecke. Diehinteren zweiRäumebeinhalten denMaschinenraum, indemdie 3D-Druckmaschinenaufgestellt sind,sowie eineWerkstatt zurSäuberung undNacharbeit dergedruckten Bauteile.

– Markus Schiebel (2013), Dokumentation, S. 13

»

»10 ERGEBNISSE IN DEN BESTEHENDEN

GESTALTUNGS- & ENTWICKLUNGS-

ANSATZ INTEGRIEREN

Hierzu kann das Tool 15. Lösungsansät-ze und Designszenarien und für ein Ver-gleich der Konzeptlösungen und/oderderen Kombination das Tool 3. Nachhal-tigkeitsradar verwendet werden. Inwie-weit Risiken und Synergieeffekte in diekonzeptionelle Entwicklung und Gestal-tung eingeflossen sind, macht eine gra-fische Bearbeitung der Mind Maps (Tool7) wie auch Prozessschaubilder (Tool 11)deutlich.

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146 TEIL II: TOOLS

Das Gestaltungskonzept Cycle Genossen-schaft von Jonas Michels zielt auf eine ge-meinschaftliche Anschaffung und Nutzungnachhaltiger Elektronikprodukte im Stadt-quartier ab. Die Genossenschaft bindet dieMitglieder in der Gemeinschaft, so dass

Integration sowie sozialer Zusammenhaltgefördert werden und Verschuldungen derHaushalte über bedarfsgerechte Finanzie-rungsansätze entgegengewirkt wird. Für dieEntwicklung des genossenschaftlichen An-satzes hat Jonas Michels unter anderem das

12. REBOUND-&WIRKUNGSANALYSE // 9. HOT SPOT-ANALYSERASTER – LEBENSZYKLUSPHASEN

VER

LUST

E

VERLU

STE

ENTSORGUNG

VERLUSTE

ROHSTOFFGE

WINN

UNG

PRODUKTION &

VERARBEITUNG

TRANSPORT

TRANSPORT

TRANSPORTTRANSPORT

A

C

B

DREC

YCLING/ ENTSORGUNG

HAND

EL&

NUTZ

UNG

3 3

33

3

3 3

3

Tool 9. HotSpot-Analyseraster angewendet.Ausgangspunkt des Konzeptes Cycle Genos-senschaft war der herkömmliche Produktle-benszyklus von Elektronikprodukten: Kaufund Nutzung von Elektronikproduktendurch die Haushalte.

VERBESSERUNGSMASSNAHMEN /DESIGNOPTIONEN:

- leichte Demontage (vereinfachter Austausch von

Abb.23: basierend auf Liedtke et al. 2013: 50; grafisch adaptiert

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14712. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

KONZEPTBEISPIEL CYCLEGENOSSENSCHAFT

Mit einer Bewertung anhand des Tools 5.Nationale Nachhaltigkeitsstrategie und Tool9. Hot Spot-Analyseraster wurden die ne-gativen Wirkungen hiervon über eine HotSpot-Analyse bewertet und mit einem Gestal-tungskonzept adressiert. Die Grafik zeigt die

Im Anschluss stellte Jonas Michels die positiven Auswirkungen des Cycle Genossenschaft Ansatzes für Kunden/Kundinnen, Marken undUmwelt in einer eigenen Übersicht zusammen:

VORTEILE FÜR DIE MARKEN VORTEILE FÜR DEN/DIE KUNDEN/KUNDIN VORTEILE FÜR DIE UMWELT

- Sicherung von Rohstoffen

- Gewinnung von umweltbewusstenKunden/Kundinnen

- Bindung von Kunden/Kundinnen andie Marke

- Finanzieller Gewinn durch "Betreuung"der Produkte

- Vergütung bei Rückgabe eines Produktes(Verlässlicher Restwert)

- Produkt wird nur so lange "besessen" wie,es genutzt wird

- Flexible Erwerbs- und Nutzungsmodule

- Gemeinschaftliche Organisation und Finan-zierung, Involvierung von Geringverdienen-den, Teilnahme an einer Genossenschaft/Gemeinschaft

- Verlängerte Produktlebensdauer

- Nutzung eines Produktes durch mehrereBesitzer/-innen

- Einsparung von Rohstoffen

Hot Spots innerhalb des Lebenszyklus unddie Maßnahmenentwicklung wie auch die mitdem Gestaltungskonzept zu erreichenden po-sitiven Wirkungen. Um eine Verbesserung dereinzelnen Lebenszyklusphasen zu erreichen,leitete Jonas Michels einige umzusetzende

Maßnahmen ab: Sicherung der Rohstoff-versorgung, die Steigerung der Produkt-nutzungsdauer sowie die Integration derKunden/Kundinnen in die Entwicklungeines Geschäftsmodells, das soziale undökologische Bedarfe berücksichtigt.

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148 TEIL II: TOOLS

KONZEPT CYCLE GENOSSENSCHAFT

In einer kritischen Reflektion seines Ansatzes zieht Jonas Michels eine erste „Transition-Bilanz“:

Es macht jedoch allemal Sinn, Konzeptezu entwerfen und Überlegungenanzustellen, die einen Wandel hin zu mehrNachhaltigkeit beim Produktkonsumgedanklich vorbereiten. Hierbei ist einesbesonders wichtig: Dieser Wandel mussgemeinschaftlich geschehen, um sichlangfristig etablieren zu können. Diesesverbildlicht das CYCLE-Genossenschaft-Konzept besonders gut und zeigt auf,wie viel effektiver und umfassender ein

» Sinnes- und Konsumwandel gestaltet werdenkann, wenn möglichst viele Parteien daranbeteiligt werden. Letztendlich funktionierenalle Teilhaber der Systems, Hersteller, Händlerund Konsumenten, nur gemeinsam und sindvoneinander abhängig. Durch die Anwendungder durch den Designguide bereitgestelltenTools war es möglich, das ursprünglicheKonzept deutlich zu verbessern und diesoziale Komponente zu stärken. Zwar ist derGedanke eine Produktnutzungsgenossenschaft

mit zahlreichen Mitgliedern undeigenen Geschäften fiktiv und durchausoptimistisch, jedoch alles andere alsutopisch. Vielmehr handelt es sich hierbeium ein erstrebenswertes Ziel, für dessenErreichung das Cycle-Genossenschaft-Konzept wertvolle Anregungen gibt.

– Jonas Michels (2013), Dokumentation, S. 16

»

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14912. REBOUND- & WIRKUNGSANALYSE

Revisiting Rebound Effects fromMaterialResource Use: Indications for GermanyConsidering Social HeterogeneityBuhl, J. (2014)Resources, 3(1), 106–122

Rebound effects in Living Labs: oppor-tunities for monitoring andmitigatingre-spending and time use effects in userintegrated innovation designBuhl, J.; von Geibler, J.; Echternacht, L.; Linder, M. (2017)Journal of cleaner production, 151, 10 May 2017, 592–602

Der Rebound Effekt: Über die unerwünsch-ten Folgen der erwünschten Energieeffizi-enz. Impulse zurWachstumswendeSantarius, T. (2012)In: Impulse zur Wachstumswende, Band 5,Wuppertal Institutfür Klima, Umwelt, Energie

Mapping rebound effects from sustainablebehaviours: Key Concepts and LiteratureReviewSorrell, S. (2010)SLRGWorking Paper 01–10, Brighton, Sussex Energy Group,SPRU, University of Sussex

Environmental pressures from Europeanconsumption and production: A study inintegrated environmental and economicanalysisWatson, D.; Acosta-Fernandez, J.; Wittmer, G.;Pedersen, O. (2013)EEA technical report 2/2013, CopenhagenOnline verfügbar: https://www.eea.europa.eu/publications/environmental-pressures-from-european-consumption(Abruf 07/2019)

Hans Rosling und der Zauber derWasch-maschineHans Rosling (2010)TEDWomenhttps://www.ted.com/talks/hans_rosling_and_the_magic_washing_machine?language=de (Abruf 06/2019)

QUELLEN– Buhl, J. (2016): Rebound-Effekte im Steigerungsspiel.Zeit- und Einkommenseffekte in Deutschland. Nomos,Baden-Baden.

– Buhl, J., Acosta, J. (2016):Work Less, Do Less?Working timereductions and rebound effects. Sustainability Science, 11(2),261–276.

– Schiebel, M. (2013): Rep Rap. Dokumentation zumMasterseminar„Advanced Design Evaluation – Nachhaltiges Gestalten jenseitsvon App und Jutebeutel“, Prof. Dr. Christa Liedtke, SoSe 2013,Bergische UniversitätWuppertal.

– Schmidt-Bleek, F. (2007): Nutzenwir die Erde richtig? In:Die Leistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. Forum fürVerantwortung. Fischer-Taschenbücher, Frankfurt a. M.

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS, das Maß für ökologischesWirtschaften. Berlin/Basel/Boston.

– Umweltbundesamt (2016): Regelungen zu ozonabbauendenStoffen. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/fluorierte-treibhausgase-fckw/rechtliche-regelungen/regelungen-zu-ozonabbauenden-stoffen(Abruf 07/2019).

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150 TEIL II: TOOLS

13. Geschäftsmodell-entwicklung – SustainableBusiness Canvas (SBC)Wie können nachhaltige Geschäftsmodelle fürGestaltungskonzepte entwickelt werden?

Das folgende Tool dient zur Entwicklungvon nachhaltigen Geschäftsmodellen für Ge-staltungskonzepte. Die Geschäftsmodellent-wicklung ist ein wichtiger Meilenstein füreine erfolgreiche Markteinführung von Pro-dukten und Dienstleistungen, da hierbei diedazu erforderlichen Maßnahmen identifi-ziert und geplant werden (z. B. Zeit, Kapi-tal, Kompetenzen, Netzwerke, Zielgruppenetc.). Möglichkeiten und Anforderungen zurwirtschaftlichen, sozialen und ökologischenInwertsetzung der Idee bzw. des Konzepteskönnen erkundet, evaluiert und visualisiertwerden. Dieses Tool verknüpft die Ergebnissedes Transitiondesign-Guides mit dem „Sustai-

nable Business Canvas (SBC)“, ein Ansatz vonFichter und Tiemann (vgl. Fichter & Tiemann2015). Der SBC-Ansatz baut auf dem „Busi-ness Modell Canvas“ von Osterwalder und Pi-gneur auf und hat zum Ziel, Nachhaltigkeitin die Geschäftsmodellentwicklung einzube-ziehen. Im Sinne des Transitiondesign-An-satzes sollte die Geschäftsmodellentwicklungdarauf ausgerichtet sein, nachhaltige undressourcenschonende Produktions- und Kon-summuster zu fördern. Die positiven wienegativen Auswirkungen auf interne undexterne Stakeholder/-innen bei der Marktein-führung des Konzeptes entlang der gesamtenWertschöpfungskette 1 sollten hierbei kon-sistent berücksichtigt werden. Übersetzt aufdie Bewertungslogik nachhaltiger Geschäfts-modelle von Dyllick und Muff (vgl. Dyllick &Muff 2015) können im Zusammenspiel desSBC-Ansatzes mit den Tools des TransitionDesign-Guides sogenannte „3.0 Geschäfts-modelle“ entwickelt werden, die explizit eineoder mehrere Herausforderung(en) der nach-haltigen Entwicklung als Ausgangslage auf-greifen. 1 Somit sollen alle notwendigenMittel (Zeit, Kapital, Kompetenzen etc.) ziel-gerichtet eingesetzt werden, um sozioökono-mische und ökologische Herausforderungen

9. Hot Spot-Analyseraster

1. Checkliste, 2. Zielbeschrei-bung

TOOLS

6. Nachhaltigkeitsziele,12. Effekte

HINTERGRUNDINFORMATION▶ Arbeitsblatt13.1 Integrierte Geschäftsmodell-

entwicklung A13.2 Integrierte Geschäftsmodell-

entwicklung B13.3 Ergebnissammlung

1

2

1

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15113. GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

einer nachhaltigen Entwicklung als geschäft-liche Chance aufzugreifen und entsprechen-de Gestaltungskonzepte mit integriertem Ge-schäftsmodell zu entwickeln.

Je nach formulierten Zielsetzungen des ei-genen Konzepts 2 und der entsprechendenAnwendungen ausgewählter Tools des Tran-sition Design Guides dienen die erarbeitetenErgebnisse als Grundlage für die Geschäfts-modellentwicklung. Diese kann zwar auch be-reits zu Beginn des Entwicklungsprozesses be-dacht werden, sollte aber nicht dazu führen,die Perspektive für kreative Lösungen zu früheinzuengen.

Toolbeschreibung1 ETHISCHEN RAHMEN ENTWICKELN

Der ethische Rahmen legt die Leitplankender Geschäftsmodellentwicklung fest undsollte gemeinsam mit allen Mitentwicklern/Mitentwicklerinnen bereits vor der Durch-führung der nächsten Schritte bestimmt wer-den. Hierzu notieren alle Teilnehmenden ihre3–5 wichtigsten ethischen Aspekte (z. B. Aus-schluss einer Zusammenarbeit mit radikalenGruppen etc.). Anschließend erläutert jede/rTeilnehmende seine /ihre Punkte im Plenum, Abb.24: Fichter / Tiemann 2015

ohne dass sie von den anderen kommentiertwerden dürfen. Nachdem alle ihre Aspektevorgestellt haben, erfolgt eine kritische Dis-kussion im Plenum. Die Ergebnisse können ineinem Positionspapier zusammengefasst wer-den.

2 IM ONLINE-TOOL SBC REGISTRIEREN

Das frei zugängliche Online-Tool kann unterhttps://start-green.net/tools/sustainable-business-canvas (Abruf 07/2019) angewendetwerden. Nach einer kurzen Registrierungkann auf das Tool zugegriffen und die indi-viduellen Eingaben (zwischen-)gespeichertwerden.

2

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152 TEIL II: TOOLS

VISION UND MISSION

NUTZENVERSPRECHEN

SCHLÜSSELAKTIVITÄTEN

SCHLÜSSELRESSOURCEN

KATEGORIE SUSTAINABLEBUSINESS CANVAS

3 LEITFRAGEN DER ZEHN KOMPONENTEN

IM TEAM DURCHSEHEN

Die insgesamt zehn Komponenten des SBCsind mit Leitfragen versehen, die eine in-haltliche Orientierung geben und die Ent-wicklung eines passenden Geschäftsmodellserleichtern. Die Reihenfolge der Bearbei-tung der zehn Komponenten ist flexibel.Sinnvoll ist es jedoch, mit der Formulierungder Vision und Mission zu beginnen, da die-se den identitäts- und sinnstiftenden Rah-men für die Bearbeitung der anderen neunKomponenten bilden (vgl. Müller-Stewens& Lechner 2005, Schallmo 2013). Hierbeiist es wichtig, alle relevanten Mitarbeitendebzw. Mitentwickelnde, Partner/-innen undAuftraggeber/-innen einzubeziehen, um viel-seitige Perspektiven zu integrieren und einegemeinsam abgestimmte Orientierung fürdie Design- und Geschäftsmodellentwicklungsicherzustellen. Die Abbildung rechts zeigt ei-nen Überblick über alle zehn Kategorien.

4 KATEGORIEN MIT HILFE RELEVANTER

TOOLS AUSFÜLLEN

▶ Arbeitsblatt 13.1 und 13.2Hier bietet sich ein integriertes Vorgehen an,indem die Bearbeitungsergebnisse der Tools

4 KATEGORIEN MIT HILFE RELEVANTER TOOLS AUSFÜLLEN

13. GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

1. Checkliste2. Zielbeschreibung4. SDG6 . Megatrendanalyse11. Design for Social Change12. Rebound- & Wirkungsanalyse14. Zielgruppensetzung15. Designszenarien

▶ Inwiefern kann das DesignkonzeptHerausforderungen der nachhaltigenEntwicklung innerhalb der nächsten10–20 Jahren begegnen?

▶ Wie kann das Konzept dazu beitragen,dass Haltungen und Handlungen derZielgruppe und anderer Stakeholder/innen langfristig ressourcenschonen-der und nachhaltiger werden?

1. Checkliste2. Zielbeschreibung4. SDG7. Mind Map8. Leistungskriterien11. Design for Social Change12. Rebound- & Wirkungsanalyse15. Designszenarien

7. Mind Map9. Hot-Spot-Analyse10. Ressourcen/MIPS

1. Checkliste2. Zielbeschreibung9. Hot-Spot-Analyse10. Ressourcen / MIPS12. Rebound- & Wirkungsanalyse

▶ Wird das Nutzenversprechen desDesignkonzeptes in erster Linie ausder Perspektive der Nutzungsphasehergeleitet und hierbei eine Herausfor-derung der nachhaltigen Entwicklungaufgegriffen (z. B. Ressourcenknapp-heit, Ungleichheit, Klimawandel etc.)?

▶ Werden potentzielle Rebound-Effekteberücksichtigt?

▶ Werden die ökologischen undsozioökonomischen Auswirkungen derSchlüsselaktivitäten auf die gesamteWertschöpfungskette berücksichtigt?

▶ Werden die Schlüsselressourcendahingehend ausgewählt, dass eineHerausforderung der nachhaltigenEntwicklung zielgerichtet aufgegriffenwird?

▶ Werden alle ökologischen und sozia-len Auswirkungen entlang der gesam-ten Wertschöpfungskette bedacht?

RELEVANTE TOOLSTRANSITION DESIGN GUIDE

ERGÄNZENDE LEITFRAGENIM SINNE DES TRANSITIONDESIGNS

2

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15313. GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

INTEGRIERTE GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

KUNDEN ▶ Welche soziodemografischen Merkmale(Alter, Geschlecht, Bildungs- und Einkom-mennsniveau), Lebensstile (Werteorientie-rung und Prinzipien, (Umwelt)Einstellung,Milieuzugehörigkeit) charakterisieren meineKunden-/Kundinnengruppe?

▶Welche Kunden-/Kundinnengruppen sollenbesonders berücksichtigt oder aber ausge-schlossen werden?

1. Checkliste2. Zielbeschreibung14. Zielgruppen

WETTBEWERBER

ERTRAGSMODELL

KOSTENSTRUKTUR

7. Mind Map14. Zielgruppen

1. Checkliste2. Zielbeschreibung7. Mind Map9. Hot-Spot-Analyse10. Ressourcen/MIPS11. Design for Social Change14. Zielgruppen

1. Checkliste2. Zielbeschreibung7. Mind Map9. Hot-Spot-Analyse10. Ressourcen/MIPS11. Design for Social Change14. Zielgruppen

▶ Können durch das Designkonzept neuenachhaltigkeitsrelevante Märkte erschlossenwerden und somit ein Wettbewerbsvorteilerzielt werden (first-mover Vorteil)?

▶ Ist es aus sozioökonomischen Gründensinnvoll das Ertragsmodell auf den Bedarfvon benachteiligten Bevölkerungsgruppenauszurichten (vgl. z. B. Bottom of the PyramidApproach)?

▶ Wie können die Kunden bereits in derEntwicklungsphase des Designkonzeptesintegriert werden, um ihre Bedarfe und Exper-tise zu berücksichtigen?

▶ Können variable Kosten langfristig durchgezielte energie- und ressourceneffizienteInvestitionen reduziert werden?

▶ Wenn ja, welche sollten fokussiert werden?

RELEVANTE TOOLSTRANSITIONDESIGN- GUIDE

ERGÄNZENDE LEITFRAGENIM SINNE DES TRANSITIONDESIGNS

KATEGORIE SUSTAINABLEBUSINESS CANVAS

▶ Fortsetzung der Tabelle siehe S. 154

des Transition Design Guides für die Anwen-dung des SBC genutztwerden (und vice versa).Die folgende Tabelle gibt einen Überblick überdie jeweiligen relevanten Tools für die Bear-beitung der einzelnen Komponenten. Dies sindVorschläge, kein „Muss“ für eine Durchführungdes SBC. Darüber hinaus geben ergänzendeLeitfragen imSinne des Transition Designswei-terführende Ansatzpunkte für die Entwicklungeines nachhaltigen Geschäftsmodells.

5 ERGEBNISSE SAMMELN

▶ Arbeitsblatt 13.3Nachdem die zehn Kategorien ausgefüllt wur-den, sollten die zentralen Ergebnisse aller Ka-tegorien in einer übersichtlichen Abbildunggrafisch aufgearbeitet werden. Anschließendsollten die Ergebnisse mit allen relevanteninternen sowie externen Stakeholdern/Sta-keholderinnen diskutiert werden. So könnenunterschiedliche Perspektiven und Verbesse-rungsvorschläge bei der Weiterentwicklungdes Geschäftsmodells berücksichtigt werden.

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154 TEIL II: TOOLS

SCHLÜSSELPARTNERSCHAFTEN 1. Checkliste2. Zielbeschreibung7. Mind Map14. Zielgruppen

▶ Welche Schlüsselpartner in den verschie-denen Wertschöpfungsstufen könnendazu beitragen, dass das Designkonzeptentlang der gesamten Wertschöpfungskettenachhaltig ist?

▶ Welche Bewertungskriterien für die Auswahlvon Partnern sollten hierbei berücksichtigtwerden?

WEITERE RELEVANTESTAKEHOLDER

7. Mind Map14. Zielgruppen15. Designszenarien

▶ Welche Netzwerk- und Kommunikations-konzepte können eine aktive Einbeziehungaller Stakeholder sicherstellen?

KATEGORIE SUSTAINABLEBUSINESS CANVAS

RELEVANTE TOOLSTRANSITION DESIGN GUIDE

ERGÄNZENDE LEITFRAGENIM SINNE DES TRANSITION DESIGNS

13.1 GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG – INTEGRIERTE GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

Geschäftsmodelle entwickeln: 55 innova-tive Konzepte mit dem St. Galler BusinessModel NavigatorGassmann, O.; Frankenberger, K.; Scik, M. (2013)München, Carl Hanser Verlag

Leitfaden zur Nachhaltigkeitsbewertungvon Start-ups: Ein Praxistool für Gründer-teams, Investoren und FördermittelgeberTrautwein, C.; Fichter, K. (2018)Borderstep Institut, Berlin. Online verfügbar: https://www.borderstep.de/publikationen/?publications_title=nachhaltigkeitsbewertung&publications_topic=&publications_author=8108&publications_type= (Abruf 08/2019)

QUELLEN– Dyllick, T.; Muff, K. (2015): Clarifying the Meaning of Sustaina-ble Business – Introducing aTypology From Business-as-Usual toTrue Business Sustainability. Sage, Organization &Environment 2016, Vol. 29(2) 156–174.

– Fichter, K.; Tiemann, I. (2015): Sustainable Business Canvas:OnlineTool. Online verfügbar: https://start-green.net/tools/sustainable-business-canvas (Abruf 07/2019).

– Müller-Stewens, G.; Lechner, C. (2005): Strategisches Manage-ment:Wie strategische Initiativen zumWandel führen.Schäffer- Poeschel Verlag, 3 Auflage.

– Schallmo, D. (2013): Geschäftsmodell-Innovation Grundlagen,bestehende Ansätze, methodisches Vorgehen und B2B-Geschäftsmodelle.Wiesbaden, Springer Gabler.

– Tiemann, I.; Fichter, K. (2016): Geschäftsmodellentwicklungmit dem Sustainable Business Canvas: Moderationsleitfa-den zur Durchführung vonWorkshops. Oldenburg und Berlin.Online verfügbar: https://uol.de/fileadmin/user_upload/wire/fachgebiete/innovation/download/Tiemann_Fichter_Workshop-konzept_SBC_2016_web.pdf (Abruf 07/2019).

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15513. GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

S3C ToolkitECN – Energie Research Centre of the Netherlands und S3CProjekt-Konsortiumhttp://www.smartgrid-engagement-toolkit.eu/exploring/understanding-target-groups (Abruf 07/2019)

Design KitIDEO (ideo.org)http://www.designkit.org(Abruf 07/2019)

Blue Ocean ToolsKim, C.; Mauborgne, R.https://www.blueoceanstrategy.com/tools (Abruf 07/2019)

Learning Space ToolkitNCSU Libraries und DEGWwww.learningspacetoolkit.org (Abruf 07/2019)

Canvanizer – Brainstorm better conceptsProud Sourcing GmbHhttps://canvanizer.com (Abruf 07/2019)

TerraCycle – Abfall abschaffenwww.terracycle.de(Abruf 07/2019)

www

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156 TEIL II: TOOLS

14. ZielgruppenbeschreibungAn wen richtet sich meine Gestaltung?An wen nicht?

Dieses Tool ist ein Ergebnis der aktuellen For-schungsergebnisse in den ThemenbereichenHaushalte, Lebensstile und Milieus in Ver-knüpfung mit einer Footprintbewertung. Eswurde mit Michael Schipperges von sociodi-mensions erarbeitet, der im Bereich der Mili-eu- und Zielgruppenforschung und -beschrei-bung tätig ist und mit dem Wuppertal Institutseit vielen Jahren im Themenbereich Nach-haltige Lebensstile und Haushalte kooperiert.

Eine Konzeptentwicklung im Sinne des Tran-sition Designs setzt fundierte Kenntnisse deradressierten Zielgruppe voraus, für die dasProdukt oder die Dienstleistung gestaltet wird.

Sie sind eine grundlegende Voraussetzung,um Akzeptanz wie Nachfrage in der anvisier-ten Zielgruppe zu erzielen. Transition Designbedeutet, die Menschen in ihrem Alltag zuerreichen und an der Entwicklung neuer Le-bens- und Wirtschaftsformen zu beteiligen.Timothy Prestero nennt das auch „Design forOutcomes“ (vgl. Prestero 2012). Um die an-visierte Wirkung des Designkonzeptes zu er-reichen, kann die Zielgruppe bereits in derEntwicklungsphase wichtige Beiträge leisten.Denn die Menschen selbst sind die Experten/Expertinnen ihres sozialen Systems. Ihre spe-zifischen Kenntnisse aktiv für Gestaltung undEntwicklung verfügbar zu machen, ist eineder Herausforderungen im Transition Designund einer nachhaltigen Transformation.

Bekanntlich sind nicht alle Menschen gleich.Bei der Zielgruppenbetrachtung geht es alsoum die Frage, für welche Menschen ein be-stimmtes Produkt- oder Dienstleistungsange-bot entwickelt wird undwie sich diese Gruppevon anderen abgrenzen lässt. Die genaue Er-fassung und Beschreibung der Zielgruppe istim Designprozess ein fast „alltägliches“ Hand-werkszeug. Die Eingrenzung einer Zielgruppeanhand unterschiedlicher Kriterien und durch

▶ Arbeitsblätter14.1 Recherche und Typologiensammlung14.2 Clusterung und Narration14.3 Persona/e und Profil/e14.4 Nachhaltigkeitskriterien und

Werthaltungen14.5 Footprints14.6 Ergebnisgrafik

unterschiedliche Ansätze sowie ihre Beschrei-bung kann anhand verschiedener Vorgehens-weisen erfolgen. Wichtige Kriterien bei derZielgruppenbestimmung können sein:

▶ sozioökonomische Merkmale wie Alter,Geschlecht, Bildung oder Einkommen

▶ Lebensphasen/-situationen und dement-sprechende Haushaltstypen wie Single, kin-derloses Paar, Familie mit Kindern, Allein-erziehende etc.

▶ Lebensstile, Prinzipien der Lebensfüh-rung, grundlegende Wertorientierungenund Milieuzugehörigkeit – hier kommenpsychografische, ethnografische und sozio-kulturelle Faktoren ins Spiel

▶ spezifische Einstellungen und Verhaltens-muster in einzelnen Alltagsbereichen oderHandlungsfeldern wie beispielsweise Mobi-lität, Ernährung, Wohnen, Freizeit, Konsum– diese werden meist durch entsprechendeTypologien beschrieben

▶ diffusions- und pfadorientierte Kriterienz. B. Innovatoren, Trendfollower, Unter-scheidung nach Persönlichkeitsstärke undMeinungsführerschaft wie z. B. ,,ChangeLeaders"

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15714. ZIELGRUPPENBESCHREIBUNG

In Bezug auf Designpräferenzen, stilistischeVorlieben und ästhetische Ansprüche kannvor allem die Lebensstil- und Milieuforschungwichtige Einsichten bereitstellen.

Entsprechende Ansätze der Zielgruppenfin-dung können sein:

▶ Identifikation aufgrund eigener Erfah-rung und Anschauung (mitunter reicht einfundiertes „Bauchgefühl“)

▶ Auswertung relevanter öffentlich zugäng-licher Studien und Daten (Desk Research),

▶ qualitative empirische Forschung z. B.Fokusgruppen, narrative und problemzen-trierte Einzelinterviews, teilnehmende Be-obachtung; besonders geeignet, um einenvertieften Einblick in Alltagswelten und-praktiken zu bekommen und um das Den-ken, Fühlen und Handeln von Zielgruppenbesser zu verstehen

▶ quantitative, insbesondere repräsenta-tive empirische Untersuchungen – diesesind besonders geeignet, um Größenanteileund Marktpotenziale einzelner Zielgruppenzu ermitteln und diese anhand standardi-sierter und somit messbarer Fakten zu be-schreiben

Die ersten zwei Ansätze können oft selbst(„mit Bordmitteln“) durchgeführt werden. Beiden beiden letzteren ist es ratsam, einschlä-gige Spezialisten (z. B. Forschungsinstitute)hinzuzuziehen. Qualitative und quantitativePrimäruntersuchungen lassen sich heute auchgut online durchführen – hiermit sind erhebli-che Kostenvorteile verbunden (vgl. Tipp wei-ter unten).

Die wichtigsten Vorgehensweisen zur Be-schreibung von Zielgruppen sind die folgen-den Punkte:

Persona: Hierwird eine einzelne fiktive, aberkonkrete Person so beschrieben, dass sie al-les für die Zielgruppe Charakteristische ver-körpert. Dabei können auch Fotos und Bildereine Rolle spielen. Für die Beschreibung kön-nen vorliegende Daten, aber auch (durchauslegitim) die eigene Kreativität und Intuitiongenutzt werden.Profil: Hier werden möglichst prägnant dietypischen Merkmale einer Gruppe herausge-arbeitet, sodass deutlich wird, was dieseMen-schen miteinander gemeinsam haben, alsoworin sie sich ähnlich sind und wodurch siesich von anderen unterscheiden.

Bereits veröffentlichte Toolkits mit entspre-chenden Methoden und Materialien könnenfür die Zielgruppen-, Persona- und Profilbe-schreibung hilfreich sein. Zur Orientierungsind am Ende dieser Toolbeschreibung eini-ge dieser Toolkits aufgelistet. In diesem Toolsoll darüber hinaus auf die Erweiterung undVerknüpfung solcher Charakterisierungen mitEinstellungen zur Umwelt und zur Nachhal-tigkeit eingegangen werden. Wo und in wel-chen Gruppen liegt welches Potenzial füreine gesellschaftliche Transformation in Rich-tung Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Klima-schutz?

Dazu kann die Anwendung des Ressourcen-rechners hilfreich sein, da sich für spezifischeLebensstilgruppen ein detaillierter Ressour-cenverbrauch bestimmen lässt: www.ressour-cen-rechner.de. Er kann angewendet werden,sobald die Persona, Profile oder Zielgruppenbeschrieben sind, um eine erste Einschätzungzu deren Ressourcenkonsum zu erhalten. Al-ternativ kann die Zielgruppe diesen auchselbst exemplarisch ausfüllen. Für eine De-taillierung der Lebensstile ist eine angepass-te, spezifischere Erhebung gemeinsam mitRessourcenexperten/-expertinnen zu empfeh-

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158 TEIL II: TOOLS

len. Dies ist insbesondere für Unternehmenund andere Auftraggeber/-innen dann inter-essant, wenn diese nachhaltige, energie- undressourceneffiziente Produkte und Dienstleis-tungen entwickeln oder Informationen zuNachhaltigkeit und Umwelt für diverse Inte-ressensgruppen ergänzen wollen.Im Kontext nachhaltiger Lebensstilforschungwird eine einfache Übertragung für den Alltaghandhabbarer Kriterien in zwei lebenswelt-liche Bereiche übersetzt:– Zeit: Stunden und Minuten, die am Tag,in der Woche, im Monat oder Jahr für ver-schiedene Aktivitäten verwendet werden1 1

– Ausgaben: Euro und Cent, die am Tag, imMonat oder Jahr für verschiedene Produkteund Dienstleistungen ausgegeben werden.

Der dritte Bereich ist gegenwärtig noch nichtlebensweltlich verankert, kann es aber überentsprechende Anwendung in der Alltagspra-xis werden:– Ressourcen oder Emissionen:Natur oder Treibhausgase in t oder kg, dieman für Aktivitäten bzw. den Konsum vonProdukten und Dienstleistungen bean-sprucht oder benutzt/emittiert. 2 2

12. Rebound- und Wirkungs-analyse

10. Ressourcen/MIPS

TOOLS

12. Effekte

2. Umweltraum, 7. Produkteund Dienstleistungen,9. Wertschöpfungsketten

HINTERGRUNDINFORMATION

Wichtig ist zu entscheiden, ob man Ex-perten/Expertinnen aus Markt- und Sozi-alforschung einbindet. Für relativ eng be-grenzte Zielgruppen oder auch wenigerkomplexe Aufgabenstellungen reicht esoft aus, eine eigene Zielgruppenbeschrei-bung zu erstellen und – wenn gewollt– diese über Interviews, teilnehmendeBeobachtung oder Fokusgruppen zuüberprüfen und zu vertiefen. Sofern manjedoch ein großes Projekt mit komplexenAufgabenstellungen plant, ist die Zusam-menarbeit mit Experten/Expertinnen ausMarkt- und Sozialforschung zu empfeh-len. Sie können hilfreiche Informationenzur Zielgruppe effektiv und preisgünstigbereitstellen (z. B. Auskünfte zu Kun-den-/Kundinnen- oder Konsumenten-/Konsumentinnengruppen), da sie rele-vante Erfahrungen und Marktkenntnissebesitzen und darüber hinaus auf sozio-ökonomische Daten und Analysen bezüg-lich sozialer Milieus und Zeitverwendungzurückgreifen können. Sie beherrschenauch die erforderlichen Methodenkompe-tenzen zur Erhebung und Auswertung re-

TIPP

1

2

1

2

präsentativer Daten (z. B. via Interviewsoder entsprechender Online-Tools). Ihrwissenschaftlicher Beitrag kann den qua-litativen Zugang zur Zielgruppe befruch-ten und profilieren. Dies ist sowohl fürUnternehmen als auch für die Forschungsehr interessant.

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15914. ZIELGRUPPENBESCHREIBUNG

ToolbeschreibungDas hier beschriebene Tool besteht aus 10 ein-fachen Schritten, die in der Verknüpfung mitweiteren Tools, die den Fokus auf eine nach-haltige Transformation legen, wichtig sind.

kunftsforschungsinstitutionen oder auch beiInstitutionen wie z. B. dem Umweltministe-rium, Forschungsministerien, der OECD oderStatista (siehe Linkliste am Ende der Toolbe-schreibung). Diese werden in regelmäßigenAbständen erstellt – eine aktuelle Recherchelohnt sich also. Interessante Studien werdenin das Arbeitsblatt eingetragen und das fokus-sierte Themenfeld benannt.

2 TYPEN JE STUDIE BENENNEN UND

BESCHREIBEN

▶ Arbeitsblatt 14.1Aus den Studien werden die jeweiligen Typ-namen in die Tabelle übertragen und Stich-worte zu deren Beschreibung notiert. So er-hält man einen Überblick über den aktuellenStand der Forschung und Untersuchungenhierzu.

3 TYPOLOGIEN CLUSTERN

▶ Arbeitsblatt 14.1Hat man schon eine grobe Vorstelleung deradressierten Zielgruppe/n, so kann man je-weils relevante Typen farbig markieren bzw.ähnliche Typen einer Farbe zuordnen. Hatman noch keine Vorstellung zur Zielgruppe,so sucht man zwischen den Studien nach zu-

Basierend auf den Forschungsergebnissen desWuppertal Instituts im Bereich ressourcen-leichte Haushalte, Milieus, Lebensstile undPersona lässt sich nun folgendes Vorgehen zurnachhaltigkeitsbezogenen Zielgruppenanalysebeschreiben: Will man sich zunächst einmalselbst an die Zielgruppe herantasten, so hilftdie bereits angesprochene kleine Auswahl pu-blizierter Tools und Toolkits zu diesem The-menbereich. Eine eigene Recherche lohnt sich,um einen Überblick über verschiedene metho-dische Herangehensweisen zu bekommen unddie für sich selbst Ansprechendste auszuwäh-len.

1 TYPOLOGIEN RECHERCHIEREN UND

THEMENFELD BENENNEN

▶ Arbeitsblatt 14.1Im ersten Schritt erfolgt eine Recherche nachaktuellen Studien zum Umwelt- und Nach-haltigkeitsbewusstsein (vgl. BMUB/UBA2015/2017) sowie nach relevanten Typolo-gieansätzen für das fokussierte Anwendungs-feld z. B. bezüglich Mobilität, Ernährungoder digitale Welt. Es gibt auch Studien fürspezifische Altersgruppen sowie Umfragenzu deren Einstellungen. Zu finden sind sieunter anderem bei Markt-, Milieu- und Zu-

1 TYPOLOGIEN RECHERCHIERENUND THEMENFELDER BENENNEN

2 TYPEN JE STUDIE BENENNENUND BESCHREIBEN

3 TYPOLOGIEN CLUSTERN

4 TYPEN ZUSAMMENFASSEN UNDBESCHREIBEN

5 PERSONA/E ODER PROFIL/EENTWICKELN

6 WERTHALTUNGEN UNDNACHHALTIGKEITSKRITERIENDER ZIELGRUPPE/-PERSONAVERKNÜPFEN

7 FOOTPRINTRECHNERAUSWÄHLEN UND AUSFÜLLEN

8 PERSONA/E UND FOOTPRINTSVERKNÜPFEN UND AUSWERTEN

9 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

10 ERGEBNISSE MIT RELEVANTENINTERESSENSGRUPPENDISKUTIEREN

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160 TEIL II: TOOLS

einander passenden Typen, die man ebenfallsin gleicher Farbe markiert. So erfolgt eineerste Clusterung ähnlicher Typologien so-wie deren konkretere Beschreibung. Dies istder erste Schritt, um zu einer Zielgruppen-beschreibung zu gelangen – man nutzt über-greifend die bestehenden Forschungs- undUntersuchungsergebnisse, um zu einer le-bensweltlichen Beschreibung möglicher Ziel-gruppen über verschiedene Bedarfsfelder hin-weg zu kommen.

4 TYPEN ZUSAMMENFASSEN UND

BESCHREIBEN

▶ Arbeitsblatt 14.2Die farblich gleich markierten Typen werdenmit Titel und Stichworten in das Arbeitsblatt14.2 übertragen. Aus den Stichworten wirdeine Beschreibung des Typus erstellt – ambesten direkt in Form einer Personen- oderZielgruppenbeschreibung. Diese kann auchals Geschichte formuliert werden. In den wei-teren Schritten kann das Entwicklungsteam,die Zielgruppe und/oder der Auftraggeber ak-tiv integriert werden.

BEISPIEL FÜR EINEPERSONABESCHREIBUNG

Juliana Hofgebauer (Kurzcharakteristik)

• sozial-ökologisch orientierte Haushalte

• 50 Jahre, keine Kinder, geschieden, fester

Partner, Wohnort: Berlin

• Wohnform: Mietwohnung, zusammen mit

dem Partner

• Bildung: hoch, Psychologin

• Einkommen: ca. 3.500 € monatlich

• Grundorientierung: Umwelt aus Prestige

• Nachhaltigkeitsorientierung aus Überzeu-

gung/Idealismus, aber auch aus Prestige-

gründen

• eigenes Auto, aber vorwiegend Nutzung

öffentlicher Verkehrsmittel (nah und fern –

weil bequemer und ökologischer)

• ausgeprägtes Ernährungsbewusstsein, kauft

überwiegend in Bioläden, Reformhäusern

und auf einem Wochenmarkt ein und legt

hohen Wert auf fair gehandelte Bio-Produkte

• bewegt sich in einer gehobenen „Ökoszene“

Berlins

• beruflich eingespannt und engagiert, strebt

nach mehr Zeit für Muße und persönliche

Interessen, Inanspruchnahme zahlreicher

zeitsparender Dienstleistungen

5 PERSONA/E ODER PROFIL/E

ENTWICKELN

▶ Arbeitsblatt 14.3Unter Nutzung der Tools, die für eine Perso-nae- bzw. Profilbeschreibung anleiten, wirdnun ein für die Gestaltung nutzbares Perso-nenprofil entwickelt. Hier sollten auch dieInformationen der Tools 1. Checkliste und 2.Zielbeschreibung sowie bereits vorliegende In-formationen seitens des Auftraggebers (z. B.in Unternehmen zur Kundenstruktur etc.,auch Interviews mit erfahrenen Kundenbe-treuern) oder der Zielgruppe selbst (Inter-views, teilnehmende Beobachtung, Skriptsetc.) einfließen. In Verbindung mit den er-arbeiteten Beschreibungen aus dem Schritt3 kann dies sehr hilfreich sein. Nun könnenschrittweise eine oder mehrere Personae oderProfile der/von Zielgruppe(n) erarbeitet wer-den. Das Arbeitsblatt bietet hierzu eine struk-turierte Vorlage.

Für eine Beschreibung können folgende Kri-terien verwendet werden (vgl. Schipperges2016):▶ soziale Lage (Bildung, Einkommen, Stel-lung im Beruf)

▶ Alter, Generationszugehörigkeit

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16114. ZIELGRUPPENBESCHREIBUNG

▶ Soziales Milieu / Grundorientierung / Wer-te / Prinzipien der Haushaltsführung

▶ Haushaltsgröße: Anzahl Personen▶ Haushaltssituation (junge/alte Singles,Paare, ohne/mit Kindern, Alleinerziehende,Patchwork-Familien, Empty Nests, Wohnge-meinschaften, mehrere Generationen, etc.)

▶Wohnsituation (Fläche, Energieversorgung),▶ Haustyp (Alt- oder Neubau, einzeln oder inReihe stehend)

▶ Ausstattung mit Produkten▶ Lage: innerstädtisch, stadtnah, suburban,ländlich (Mobilität)

▶ Zeitverwendungsmuster/Tagesablauf

6 WERTHALTUNGEN UND

NACHHALTIGKEITSKRITERIEN DER

ZIELGRUPPE/-PERSONA VERKNÜPFEN

▶ Arbeitsblatt 14.4 & 8.2Nun werden die Werthaltungen der Persona/emit erarbeiteten Nachhaltigkeitskriterien(Tool 8) 1 verknüpft. Es wird beschrieben,wie die Persona/das Profil sich bezüglichdieser Kriterien verhalten würde; was ist fürdiese/s Persona/Profil hierzu wichtig?

7 FOOTPRINTRECHNER AUSWÄHLEN UND

AUSFÜLLEN

▶ Arbeitsblatt 14.5Nun wird der jeweilige Fußabdruck bewertet.Neben den Fußabdrücken zu Ressourcen-,Energie- und Wasserkonsum ließe sich zumBeispiel auch der sogenannte slaveryfootprintnun je Persona/Profil fiktiv ausfüllen. Die fol-gende Tabelle enthält einige entsprechendeLinks zu einer Vielzahl öffentlich zugängli-cher Rechner. Diese können für eine Bewer-tung ausgewählt und angewendet werden.Die Ergebnisse können in die Tabelle einge-tragen werden.

Thema / Indikator Name Link

CO2-Bilanz und CO2-Szenarien

Ressourcenkonsum

Wasser Footprint

Flächennutzung

Sklavenarbeit

Ressourcenrechner

How many slaves work for you?

CO2-Rechner

Global Ecological Footprint Calculator

Your Water Footprint

www.ressourcen-rechner.de (Abruf 07/2019)

www.slaveryfootprint.org (Abruf 07/2019)

http://uba.co2-rechner.de/de_DE (Abruf 07/2019)

http://www.footprintnetwork.org/resources/footprint-calculator(Abruf 07/2019)

http://waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/personal-water-footprint-calculator (Abruf 07/2019)

7

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162 TEIL II: TOOLS

8 PERSONA/E UND FOOTPRINTS

VERKNÜPFEN UND AUSWERTEN

▶ Arbeitsblatt 14.5Die Personabeschreibungen und die Ergeb-nisse der Footprintrechner werden nun ver-knüpft analysiert und ausgewertet. Es werdenAnforderungen hinsichtlich der Gestaltungs-aufgabe kondensiert (was ist für die Personoder Zielgruppe wichtig? Welche Werthal-tungen sind damit verknüpft, welche Foot-prints?) Der Nachhaltigkeit förderliche undhemmende Werthaltungen und Verhaltens-weisen werden identifiziert. Gestaltungsan-sätze können nun abgeleitet werden.

9 ERGEBNISGRAFIK ERSTELLEN

▶ Arbeitsblatt 14.6Für die grafische/visuelle Darstellung der ge-sammelten Informationen zu Persona/e oderProfil/en kann Vorlage auf dem Arbeitsblattgenutzt werden, es sind aber auch andereMedien denkbar: Eine Fotokollage, ein kurzerFilm, eine Zeichnung, die Darstellung einesTagesverlaufs und dem damit verbundenenProduktcodes/-mix oder eine kurze Geschich-te etc. Auch hierzu gibt es viele Beispiele inden Designkits und den dort vorhandenenFallstudien. Das Lebensgefühl der Persona

Vertiefung: Statistiken zur Ausgaben-und Zeitverwendung

Eine Verknüpfung der Persona mit aufihren Lebensstil bezogenen Ausgaben-und Zeitverwendungsmustern wäre einwichtiger ergänzender Analyseschritt.Diese lassen sich aus den entsprechen-den Statistiken ableiten und sind leichtzugänglich und aufbereitet auf denSeiten zu Einkommen, Konsum und Le-bensbedingungen der Statistischen Äm-ter des Bundes und der Länder:https://www.destatis.de/DE/ZahlenFak-ten/GesellschaftStaat/EinkommenKon-sumLebensbedingungen/Zeitverwendung/Zeitverwendung.html (Abruf 01/2019)

TIPP

13. Geschäftsmodellent-wicklung

TOOLS

1

sollte hierbei für das Entwicklungsteam deut-lich werden.

10 ERGEBNISSE MIT RELEVANTEN

INTERESSENSGRUPPEN DISKUTIEREN

Die erarbeitete Darstellung und Beschrei-bung sollte nun nochmal im Team, mit derZielgruppe, Interessensgruppen und/odermit dem/der Auftraggeber/-in diskutiert wer-den. Mit den daraus resultierenden Ein-sichten können die ersten Ergebnisse noch-mal überarbeitet und verfeinert werden.Für die Entwicklung angepasster Geschäfts-modelle 1 ist die Kenntnis der jeweiligenZielgruppe ebenso von hoher Bedeutung wiebei der Entwicklung des Designkonzeptes.Beides lässt sich mit den hier erarbeiteten Er-gebnissen nun in eine Reflektion des Entwick-lungsstandes oder der Entwicklung selbst ein-beziehen.

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16314. ZIELGRUPPENBESCHREIBUNG

Naturbewusstsein 2015. Bevölkerungsum-frage zu Natur und biologischer VielfaltBMUB/BfN (2016)Berlin/Bonn. Online verfügbar: www.bfn.de/fileadmin/BfN/gesellschaft/Dokumente/Naturbewusstseinsstudie2015.pdf(Abruf 01/2019)

Umweltbewusstsein und Umweltverhal-ten in Deutschland 2018. Ergebnisse einerrepräsentativen Bevölkerungsumfrage.Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleareSicherheit [BMU]; Umweltbundesamt [UBA] (2019)Berlin, Dessau-Roßlau. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2018 (Abruf 07/2019)

Understanding Target Groupshttp://www.smartgrid-engagement-toolkit.eu/exploring/understanding-target-groups (Abruf 01/2019)

Der Kunde im Fokus: Die wichtigstenZielgruppen im Überblick – Milieus,Lebenswelten, KonsumentenKalka, J.; Allgayer, F. (2007)Redline-Verlag, Heidelberg

A Sustainable Level of Material Footprint– Benchmark for Designing one-planetLifestylesLettenmeier, M. (2018)Aalto University publication series, Helsinki, Doctoral Disser-tation 96/2018. Online verfügbar: https://aaltodoc.aalto.fi/handle/123456789/31300 (Abruf 07/2019)

vhw-Milieus 2010Schipperges, M (2010)https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/verbandszeitschrift/2000_2014/PDF_Dokumente/2010/FWS_6_2010/FWS_6_2010_Schipperges.pdf (Abruf 07/2019)

QUELLEN– BMUB/UBA (Stand 2017): Umweltbewusstsein in Deutschland2016: Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsum-frage. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/umweltbewusst-sein_deutschland_2016_bf.pdf (Abruf 07/2019).

– Prestero, T. (2012): Design for people, not awards. TEDxBoston.Online verfügbar: https://www.ted.com/talks/timothy_preste-ro_design_for_people_not_awards (Abruf 07/2019).

– Schipperges, M. et al. (2016): Umweltbewusstsein in Deutsch-land 2014 – Vertiefungsstudie: Umweltbewusstsein undUmweltverhalten junger Menschen. Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/293483221/download (Abruf07/2019).

Online Design KitIDEO (ideo.org)http://www.designkit.org (Abruf 07/2019)

Generation Awake – europaweite Studie zuRessourceneffizienzEuropean Comission (2015)http://ec.europa.eu/environment/generationawake/index_en.htm (Abruf 07/2019)

Der VerbraucherleitfadenEuropäische Kommission (2014)http://ec.europa.eu/environment/generationawake/pdf/generationawake-consumption-guide_de.pdf(Abruf 07/2019)

www

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164 TEIL II: TOOLS

15. Lösungsansätze undDesignszenarienWie viele Wege führen zum Ziel?Wie fokussiert man sich?

Ein Szenario zielt auf die Darstellung einerLösungsoption für zukünftige Ereignisse oderSituationen ab – für Situationen in ein paarStunden, in ein paar Tagen oder Jahren undJahrzehnten. Bezogen auf letztere Zeitab-schnitte eignen sich auch Visionen und Leit-bilder zur Beschreibung möglicher oder ge-wünschter „Zukünfte“ 1 1.

Das Szenario kann sich auf eine einzelne Ak-tivität beziehen, aber auch auf ein Produkt-oder Dienstleistungssystem, Geschäfts- oderNutzenmodell oder gar Lebensstile, Lebens-und Arbeitswelten sowie Gesellschaften/Wirtschaften oder Regionen, Quartiere,Nachbarschaften u. v. m. Entsprechend sindauch die betroffenen Akteurs-/Akteurinnenoder Interessensgruppen in die Betrach-tung einzubeziehen, wie z. B. einzelne Ak-teure/Akteurinnen und ihre Lebenswelten

▶ Arbeitsblatt15. Designszenarien und Lösungsansätze

6. Megatrendanalyse

TOOLS

3. Vorsorgeprinzipien

HINTERGRUNDINFORMATION

(z. B. Teams verschiedener Abteilungen,Wertschöpfungsketten,Quartiere/Nachbar-schaften). Dazu soll dieses Tool dienen (vgl.Liedtke etal. 2013).Eine tiefergehende Einfüh-rung zu Design orientierten Szenarien findetman unter „Generating new shared visionsof sustainable product service systems“ (vgl.Manzini et al).

Toolbeschreibung1 SZENARIEN ENTWICKELN

▶ Arbeitsblatt 15Szenarien dienen der Verständigung über ge-meinsame Vorstellungen und darüber, wasentwickelt werden soll. Sie müssen daher inverständlicher Sprache formuliert werden,ohne zu große Detailtiefe (technische Daten,sozioökonomische Daten, Nachhaltigkeits-bewertung). Im Designprozess lohnt es sichmehrere Szenarien zu entwickeln, um denGestaltungsraum im Team mit der Zielgrup-pe oder mit dem/der Auftraggeber/-in aus-zuloten. Letztendlich kann dies auch zu einerKombination von Teilbereichen der verschie-denen Szenarien führen oder aber zum be-wussten Aussortieren spezifischer Designop-tionen.

1

1

Gesunde Ernährung, mehrBewegung in Tools 3, 6, 7,11, 15

KONZEPTBEISPIELE

1

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16515. LÖSUNGSANSÄTZE & DESIGNSZENARIEN

15. DESIGNSZENARIEN UND LÖSUNGSANSÄTZE KONZEPTBEISPIEL: GESUNDE ERNÄHRUNG, MEHRBEWEGUNG

Kurze Erläuterung der adressierten Themenbereiche (5–10 Sätze oder Stichpunkte)

▶▶

Anwendung:Wie kann dem gesundheitlichen und immer häufiger auftretenden Problem des Übergewichts entgegengewirkt werden? 1

1 SZENARIEN ENTWICKELN

2 GESTALTUNGSIDEEN ABLEITEN

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166 TEIL II: TOOLS

QUELLEN– Bibliographisches Institut (2016): Vision – Definition.Online verfügbar: http://www.duden.de/rechtschreibung/Vision#Bedeutung (Abruf 07/2019) .

– Gausemeier, J.; Fink, A.; Schlake, O. (1996, 2. Aufl.): Szenario-Management. Planen und Führenmit Szenarien. Carl Hanser,München.

– Hansmann, K.W. (1983): Kurzlehrbuch Prognosenverfahren.Mit Aufgaben und Lösungen. Framework for Scenario Develop-ment in LCAWiesbaden, Germany, aus Pesonen, H.-L. (2000).

– Irrgang, J. (2009): Leitfaden Kundenservice: exzellenter Ser-vice in allen Phasen des Kundenkontakts. GABAL Verlag GmbH.

– Liedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.; Abbis, P.(2013):Wuppertal Institut Designguide: Background infor-mation & Tools.Wuppertal Institute for Climate, Environment,Energy. Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/index/index/docId/4893 (Abruf 07/2019).

– Nestle (2016): Die Nestlé Studie 2016 – So is(s)t Deutschland.Online verfügbar: https://www.nestle.de/unternehmen/publikatio-nen/nestle-studie/2016 (Abruf 07/2019).

– Online-Verwaltungslexikons olev.de zu Management und Reformder öffentlichen Verwaltung (Stand 2018): Leitbild. Krems, B. (Hg.)Online verfügbar: http://olev.de (Abruf 07/2019).

– Scholz, M.W.; Tjetje, O. (1996):Methoden der Fallstudie. In:Industrieareal Sulzer-EscherWyss, aus Pesonen, H.-L. (2000):Framework for Scenario Development in LCA. Vdf Hochschulverlag,Zürich, Switzerland.

2 GESTALTUNGSIDEEN ABLEITEN

▶ Arbeitsblatt 15Aus den unterschiedlichen Szenarien werdennun Ideen bzw. Schlussfolgerungen für dieGestaltung abgeleitet. Im besten Falle gelangtman über die unterschiedlichen Perspektivenzu neuen Ideen, die sich möglicherweise auchkombinieren lassen.

DEFINITIONEN

„Ein Szenario ist die Beschreibung einerEntwicklung eines Analyse-Ziels unter al-ternativen Rahmenbedingungen“ (Hans-mann 1983).

„Ein Szenario ist eine allgemein verständ-liche Beschreibung einer möglichenSituati-on in der Zukunft, die auf einem komplexenNetz von Einflussgrößen beruht. Ein Sze-nario kann darüber hinaus die Darstellungeiner Entwicklung enthalten, die aus derGegenwart zu dieser Situation führt“ (Gau-semeier 1996)

„Im Gegensatz zu einer Prognose versu-chen Szenarien nicht, die Zukunft voraus-zusagen. Szenarien sollen vielmehr denk-

bare Zukunftsmöglichkeiten aufdecken(eigene Übersetzung von Scholz und Tietje1996).

Eine Vision ist ein „in jemandes Vorstel-lung besonders, in Bezug auf Zukünftigesentworfenes Bild“ (Bibliographisches Ins-titut 2016). „Eine Vision beschreibt einenidealen Zustand, der in der Zukunft liegt“(Irrgang 2009: 16).

Ein Leitbild umfasst „|…| kurz und präg-nant den Auftrag (Mission), die strategi-schen Ziele (Vision) und die wesentlichenOrientierungen für Art und Weise ihrerUmsetzung (Werte). Es soll damit allenOrganisationsmitgliedern eine einheitlicheOrientierung geben und die Identifikationmit der Organisation unterstützen“ (OnlineVerwaltungslexikon).

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16715. LÖSUNGSANSÄTZE & DESIGNSZENARIEN

wwwUX-zentrisch erörtert: Szenarien undFeaturematrix als Evaluationsmethode imUser Centered DesignKonstantinWeiss (2016)http://uxzentrisch.de/szenarien-und-featurematrix-als-evaluationsmethode-im-user-centered-design(Abruf 01/2019)

Design for Sustainability – Manual, Modu-les,Worksheets

TU Delft / UNEPhttp://www.d4s-sbs.org (Abruf 07/2019)

How-To: Scenario-based Designit-economics GmbH (12/2017)https://www.it-economics.de/blog/2017-12/how-to-scenario-based-design (Abruf 07/2019)

Scenario-Based DesignHans Põldoja, Head of Studies at School of Digital Technolo-gies, Tallinn University (2011)Slideshare.nethttps://de.slideshare.net/hanspoldoja/scenariobased-design(Abruf 07/2019)

Scenario based design. Techniques onhow to design user flows and not justtacking on a bit of design at the end.Mustafa Kurtuldu (06/2018)Medium.comhttps://medium.com/dev-channel/scenario-based-design-a4aded4bab4d (Abruf 07/2019)

Design oriented Scenarios – Generatingnew shared Visions of Sustainable ProductService SystemsManzini, E.; Jégou, F. ; Meroni, A. (2016)Online verfügbar: http://www.d4s-sbs.org/MB.pdf(Abruf 01/2019)

Scenario-Based DesignRosson, M. B.; Carroll, J. M. (2002)Department of Computer Science and Center for Human-Computer InteractionVirginia Tech, Blacksburg VA. In:Jacko, J. & Sears, A. (Hg),The Human-Computer InteractionHandbook: Fundamentals,Evolving Technologies andEmerging Applications. Lawrence Erlbaum Associates, 2002,pp. 1032-1050. Online verfügbar:https://ocw.tudelft.nl/wp-content/uploads/2_RossonCar-rollSBDforHandbook2002.pdf (Abruf 07/2019)

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168 TEIL II: TOOLS

16. EvaluierungWie lassen sich Designlösungen bezüglichÖkologie, Soziales, Ökonomie bewerten?

Das Tool wurde auf Basis des Designguidesvon 2013 überarbeitet (Liedtke et al. 2013,basierend auf Schmidt-Bleek/Tischner 1995).Es dient der Evaluierung bestehender Produkt-oder Dienstleistungssysteme hinsichtlich ihrerNachhaltigkeit. Es kann einem Schnell-Checkdienen oder auch der Reflektion in verschie-denen Stadien des Designprozesses. Befindetsich der Prozess noch auf einem nachhaltigenWeg oder wurde ein wichtiger Aspekt aus demBlickfeld verloren? Auch kann es beim Bench-marking verschiedener Lösungskonzepte die-nen. Beim Start eines Entwicklungsprozessesist es wichtig, das bestehende Produkt- oderDienstleistungssystem zu bewerten. Hierfürkönnen bereits erarbeitete Indikatoren oder

Bewertungskriterien verwendet werden 1.Alternativ kann auch ein Schnellcheck ohnediese Vorbereitung durchgeführt werden, in-dem sich an den hier vorgeschlagenen Bewer-tungskriterien orientiert wird. Das folgendeTool zur Evaluierung der Nachhaltigkeit vonDesignkonzepten kann im Entwicklungs-prozess je nach Bedarf mehrmals verwendetwerden. Es ist für eine schnelle Reflektion desEntwicklungsstandes geeignet, insbesonderewenn man keine eigenen Nachhaltigkeitskri-terien entwickelt hat.

Toolbeschreibung1 LÖSUNGSOPTIONEN EINTRAGEN

▶ Arbeitsblatt 16.1&16.2Die verschiedenen bisher erarbeiteten oderbereits bestehende Lösungsoptionen werdenin das Arbeitsblatt übertragen, und kurz be-schrieben – hierfür ist die vorherige Anwen-dung anderer Tools 2 hilfreich.

2 LÖSUNGSOPTIONEN BEWERTEN

▶ Arbeitsblatt 16.1&16.2Nun werden die unterschiedlichen Designlö-sungen anhand des Kriteriensets (+3 Kriteri-um vollkommen erfüllt bis -3 Kriterium über-haupt nicht erfüllt) bewertet.

Tools 8.-11, 13. Geschäfts-modellentwicklung

1. Checkliste, Tools 4-6,8. Leistungskriterien

TOOLS

▶ Arbeitsblätter16.1 Ökologische Faktoren I16.2 Ökologische Faktoren II16.3 Sozio-ökonomische Faktoren I16.4 Sozio-ökonomische Faktoren II16.5 Eigene Faktoren16.6 Auswertung und Schlussfolgerung

1

2

Fitnessriegel BugProtein inTools 7 & 16

KONZEPTBEISPIELE

1

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16916. EVALUIERUNG

+3

-8

+6

+4

+2+2

+1

+3

+13

+6

-4

+15+2

+1

Mit dem Konzept Fitnessriegel BugProtein – Insekten als alternative Eiweißquelle für Europa 1 will Selina Maleska Akzeptanz für Insektenals Nahrungsmittel und Eiweißquelle schaffen – als qualitativ hochwertige Nahrung, bei gleichzeitig geringerem Ressourcen- und Flächen-verbrauch. Anhand der Evaluierungstabelle wurden zwei Fitnessriegel (eigene Lösung und konventionelle Variante) miteinander verglichen.

-2

-2

+1

-3

+1

-2

-1

-8

+2

+2 -2

+2

+2

+4

-2

-4

+1

+2

+1

+3

+2

+13

konventionellerProteinriegel

konventionellerProteinriegel

konventionellerProteinriegel

konventionellerProteinriegel

BugProtein Bar

BugProtein Bar

BugProtein Bar

BugProtein Bar

+6 +6SUMME

Ergebnis: Die ökologische Bewertung zeigt, dass der Bug Protein Bar als alternative Eiweißquelle vor allem in der Produktionsphase mit weni-ger Naturkonsum verbunden ist als der konventionelle Riegel. Gründe sind u. a. die niedrigereMaterialdiversität und die geringere Landnutzung.

16.1 EVALUIERUNG – ÖKOLOGISCHE BEWERTUNGSKRITERIEN KONZEPTBEISPIEL FITNESSRIEGEL

energie-/materialarmeKreislaufschließung

geringe Abfallintensität

PRODUKTION

NUTZUNG

geringe Ausschussrate

geringeWerkstoffvielfalt

geringe Transportintensität

geringer Flächenbedarf

geringer Schadstoffeinsatz

geringer Flächenbedarf

geringe Abfallintensität

REUSE / RECYCLING (VERPACKUNG)

geringer Reinigungsaufwand

hohe Recyclingquote

gute Zerlegbarkeit/Trennbarkeit

SUMMEN

Produktion

Nutzung

Recycling / Reuse

GESAMTSUMME

Abb.25: Arbeitsblatt im Konzept adaptiert; Entwicklung basierendauf Schmidt-Bleek/Tischner 1995; vgl. auch Liedtke et al. 2013:57

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170 TEIL II: TOOLS

3 SUMMEN BILDEN

▶ Arbeitsblatt 16.2 & 16.4 & 16.5Daraufhin werden die Scorewerte für jedePhase zusammenaddiert (z. B. +3 und -2 er-geben +1), um einen Gesamt-Schätzwert fürjede Designlösung in jeder Phase zu erhalten.Sind bestimmte Kriterien für eine Lösungnicht relevant, kennzeichnet man diese mitn/a (nicht anwendbar). In den einzelnenBereichen sollten besonders negative oderpositive Scorewerte farbig gekennzeichnetwerden. Nach dem gleichen Prinzip kann na-türlich auch für eigene, schon entwickelte Be-wertungskriterien 1 vorgegangen werden.

4 ÜBERSICHT ERSTELLEN UND SCHLUSS-

FOLGERUNGEN ABLEITEN

▶ Arbeitsblatt 16.6Die Scorewerte aus den einzelnen Bereichender Arbeitsbätter 16.1 und 16.2 werden nunin die Übersicht eingetragen und eine Ge-samtbewertung errechnet. Diese Gesamtbe-wertung sollte wiederrum kurz interpretiertwerden. Möglicherweise können einzelneBereiche der verschiedenen Lösungsoptionenauch kombiniert werden, um daraufhin einenbesseren Scorewert zu erreichen.

Dissipative Verluste sind Materialverlusteaufgrund einer feinen Verteilung (dissipiert= fein verteilt), weshalb sie dem Wertstoff-kreislauf meist nicht mehr zugeführt wer-den können bzw. ihm entzogen werden.Beispiele dafür sind Verluste, die durch Ab-nutzung entstehen, wie z. B. Reifenabrieboder Mikroplastik.

Eine dissipative Nutzung führt dazu, dassStoffe in Produkten oder anderen Anwen-dungsbereichen fein verteilt werden. Meistwird dadurch die Rezyklierbarkeit einesMaterials verringert. Ein Beispiel ist dieVerteilung von geringen Mengen an selte-nen Erden oder Edelmetallen in Elektronik-produkten, die häufig nicht oder nur schwerwieder zusammengeführt werden können,um wiederverwertet zu werden.(vgl. Umweltbundesamt Stand 2018)

8. Leistungskriterien

TOOLS

1

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17116. EVALUIERUNG

www

IN FORM Leitfaden Evaluation.BMEL– Bundesministerium für Ernährung undLandwirtschaft (Hg.) (2017)Online verfügbar: https://www.in-form.de/fileadmin/Dokumente/Materialien/IN_FORM_Leitfaden_Evaluation.pdf (Abruf 07/2019)

Evaluation als modernes Ritual.Christine Schwarz (2004)Heinrich Böll Stiftung, BerlinOnline verfügbar: https://bds-soz.de/BDS/texte/schwarz_evaluation.pdf (Abruf 07/2019)

Was ist eine gute Evaluation? –Einführung zu Funktionen undMethodenvon EvaluationsverfahrenStockmann, R. (2004)

EvaluierungBundesministerium des Inneren, für Bau und Heimathttp://www.orghandbuch.de/OHB/DE/Organisationshandbuch/2_Vorgehensmodell/25_Evaluierung/evaluierung-node.html(Abruf 07/2019)

Centrum für Evaluation, Saarbrücken. Online verfügbar:http://www.ceval.de/modx/fileadmin/user_upload/PDFs/workpaper9.pdf (Abruf 07/2019)

QUELLEN– Liedtke, C.; Ameli, N.; Buhl, J.; Oettershagen, P.; Pears, T.; Abbis, P.(2013):Wuppertal Institut Designguide: Background infor-mation & Tools.Wuppertal Institute for Climate, Environment,Energy. Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/index/index/docId/4893 (Abruf 07/2019).

– Schmidt-Bleek, F.; Tischner, U. (1995): Produktentwicklung:Nutzen gestalten – Natur schonen. Schriftenreihe desWirtschaftsförderinstituts, 270,WIFI Österreich ,Wien.

– Umweltbundesamt (Stand 2018): Glossar beginnendmit D /dissipiert. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/d (Abruf 07/2019).

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172 TEIL II: TOOLS

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173X. KAPITEL KURZTITEL

TEIL III HINTERGRUNDINFORMATIONEN

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174 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

TEIL III HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Welt, die wir gestalten ......................................................................................................................176Das Wuppertaler Transformationsmodell und der Transition Design Guide .....................................176Kapitel 1: In welcher Welt leben wir? Die Megatrends unserer Zeit ...........................................................178Kapitel 2:Welchen Umweltraum können wir für Gestaltung nutzen? ........................................................181Kapitel 3: Welche Vorsorgeprinzipien sind zu beachten? ........................................................................186Kapitel 4: Was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften? ................................................................................189Kapitel 5:Wie kann man die dafür notwendige Transformation gestalten? ...............................................195Kapitel 6:Welche Nachhaltigkeitsziele geben der Gestaltung Orientierung? ............................................202Nachhaltig Gestalten ..............................................................................................................................206Kapitel 7:Was sind ökologische oder nachhaltige Produkte und Dienstleistungen? ..................................209Kapitel 8:Wie verbindet man Nachhaltigkeit, Öko-Design und Transition Design? ...................................215Kapitel 9: Wie können Wertschöpfungsketten optimiert werden? ..............................................................221Kapitel 10:Was ist ein ökologischer Rucksack oder Material Footprint? ..................................................226Kapitel 11:Warum sind soziale Praktiken so wichtig für Nachhaltigkeit? ..................................................233Kapitel 12:Was sind nicht intendierte Effekte oder Reboundeffekte? .......................................................237Kapitel 13:Was haben nachhaltige Geschäftsmodelle mit Design zu tun? ...............................................243Kapitel 14:Warum sind Nutzer/-innen und Zielgruppen so wichtig für die Gestaltung? ...........................248Der Beginn der Gestaltung für heute und morgen ...............................................................................251

Kapitelübersicht

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175EINLEITUNG

zwischen Tools und Hintergrundinformation.Für Interessierte kann die Hintergrundinfor-mation auch ohne das Heranziehen der dazu-gehörigen Tools einen kurzen Einblick in spe-zifische Themen der Nachhaltigkeitsforschungund -debatte geben. Für einen schnellerenÜberblick zum Thema Nachhaltigkeit lohntsich außerdem ein Blick in den CrashkursNachhaltigkeit (Welfens et al. 2016).

„Alltägliche Entscheidungssituationen bilden dieGrundlage von Veränderung – jeden Tag eineoder mehrere Entscheidungen nachhaltiger ge-troffen, ergeben in Summe eine nachhaltigeTransformation vonProduktion undKonsum, vonWirtschaftssystem und Gesellschaft.“ (Liedtke etal. 2016: 2)

QUELLEN– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – Eine politische Design-theorie. 2. Auflage. Suhrkamp, Berlin.

–Welfens, J.M.; Liedtke, C.; Fink, A. (2016): Crashkurs Nachhaltig-keit und Design: Einemultimediale Übersicht. Projekt CLUBOF ROM für den Alltag,Wuppertal Institut. https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/CoR_Crashkurs_Nachhaltigkeit.pdf (Abruf 06/2019).

Teil III: Hintergrundinformationen

„Design ist das planvolle – also absichtli-che, vorsätzliche, zielorientierte – Ge-stalten von physischen und virtuellenGegenständen, Innen- und Außenräumen,Information und sozialen Beziehungen.Dieser erweiterte Designbegriff umfasstalso alles, was in disziplinär engeren Kon-texten Produkt-, Industrie-, Grafik-, undKommunikationsdesign etc. genannt wird,sowie darüber hinaus Architektur, Städte-bau und Stadtplanung, Landschaftsarchi-tektur, aber auch Bereiche der bildendenKunst und des sozialen und künstlerischenAktivismus.“ (von Borries 2017: 9)

Die Hintergrundinformationen erläutern nocheinmal kurz die einzelnen Themen, die mitden Tools des Transition Design Guides adres-siert werden. Um diese bei Bedarf weiter ver-tiefen zu können, wird zum Abschluss einesjeden Kapitels auf grundlegende Literatur ver-wiesen. Querverweise sorgen zudem für eineschnelle inhaltliche Verknüpfung der Themen

Change by Design: How Design ThinkingTransforms Organizations and InspiresInnovationBrown, T. (2009)HarperBusiness, New York

The Design of Everyday Things. HumanFactors and Ergonomics in ManufacturingNorman, D. (2013)16. Auflage, Basic Books, New York

Incremental and Radical Innovation:Design Research vs. Technology andMeaning ChangeNorman, D., Verganti, R. (2014)In: Design Issues: 30(1)

Design Driven Innovation. Changing theRules of Competition by Radically Innova-tingWhat Things MeanVerganti, R. (2009)Harvard Business School Press, Boston

The Value of Design.Wirkung undWertvon Design im 21. JahrhundertWagner, F. (2015)Hermann Schmidt Verlag, Mainz

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176 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

DIE WELT, DIE WIR GESTALTEN

„Entwerfen ist das Gegenteil von Unterwer-fen. Entwerfen. Unterwerfen. Alles, wasgestaltet ist, unterwirft uns unter seineBedingungen. Gleichzeitig befreit uns dasGestaltete aus dem Zustand der Unterwer-fung, der Unterworfenheit. Design schafftFreiheit, Design ermöglicht Handlungen,die zuvor nicht möglich oder nicht denkbarwaren. Indem es dies tut, begrenzt es aberauch den Möglichkeitsraum, weil es neueBedingungen schafft. Alles, was gestaltetist, entwirft und unterwirft. ... Diese demDesign inhärente Dichotomie ist nicht nureine gestalterische, sondern eine politische.Sie bedingt Freiheit und Unfreiheit, Machtund Ohnmacht, Unterdrückung und Wi-derstand. Sie ist das politische Wesen vonDesign.“ (von Borries 2017: 9 f.)

„Design wird als Praxis verstanden, dieMaterielles wie Immaterielles, Dinghaf-tes wie Zeichenhaftes so umschließt, dass,wie der Architekturtheoretiker Philip Ur-sprung thesenhaft formuliert, „Kunst undArchitektur (...) im Design aufgehen. (Ur-sprung 2012: 119).“ (von Borries 2017: 9)

Das Wuppertaler Transformati-onsmodell und der TransitionDesign Guide

Für einen gesellschaftlichen Wandel hin zueiner 8-Tonnen-Gesellschaft in Kombinationmit der Erreichung der UN-Ziele für nachhal-tige Entwicklung sind grundlegende gesell-schaftliche Veränderungen auf allen Ebenendes Lebens und Wirtschaftens sowie daraufabgestimmte politische Rahmenbedingungennotwendig. Das Wuppertaler Transformati-onsmodell, wie es der Präsident des Wupper-tal Instituts Uwe Schneidewind in Die Gro-ße Transformation – Eine Einführung in dieKunst gesellschaftlichen Wandels (2018) vor-stellt, zeigt diese Ebenen, Arenen, Perspekti-ven und die Interdependenzen zwischen ih-nen auf.

Es gibt viele Stellschrauben, die Entwürfenachhaltigen Handelns ermöglichen, damitdiese umfassende Transformation gelingenkann. Wichtig ist es hierbei, vielfältige undzielgruppenspezifische Entwürfe für nachhal-tige Lebensstile zu gestalten. Der Wupperta-ler Transition Design Guide (seit 2013 in derEntwicklung) ist ein Werkzeugkasten dafür

und adressiert an all diejenigen, die selbst et-was dazu beitragen wollen. Er kann völlig un-abhängig für den eigenen Gestaltungsprozessverwendet oder dabei in Bezug zum Wupper-taler Transformationsmodell gesetzt werden(siehe Abbildung rechts).

„Design im Sinne des Begriffs De-Signum,der »Ent-zeichnung« (vgl. Flusser 1993,S.9), legt offen, welche gesellschaftlichen,ökonomischen, politischen, kulturellenBedingungen der Gestaltung der Dinge zu-grunde liegen. Design kann damit als Aus-druck von Normen, aber auch von Ängstenund Hoffnungen verstanden werden: Esverdinglicht die Bedingungen.“(von Borries 2017: 18)

QUELLEN– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – Eine politische Design-theorie. 2. Auflage. Suhrkamp, Berlin.

– Flusser, V. (1993): Vom Stand der Dinge – Eine kleine Philoso-phie des Design. Herausgegeben von F.Wurm, Steidl, Göttingen.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

– Ursprung, P. (2012): Die Kunst der Gegenwart. 1960 bis heute.Beck, München.

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177DIE WELT DIE WIR GESTALTEN

Das Wuppertaler Transformationsmodell Der Wuppertaler Transition Design Guide

Abb.26: basierend auf Schneidewind 2018: 14

-KARBONISIERUNG-MATERIALISIERUNGENTKOPPLUNG VONWACHSTUM

UND RESSOURCENVERBRAUCH

PERSPEKTIVWECHSEL

NACHHALTIGEENTWICKLUNGSZIELE (SDG)

8 TONNEN-GESELLSCHAFT

GETEILTE VERANTWORTUNGZivilgesellschaft UnternehmenPolitik

▶ Nachhaltigkeit alskulturelle Revolution

▶ Zukunftskunst

▶ Transformationsschulen

▶ Nachhaltigkeit undmoderner Kapitalismus

SIEBENWENDEN

Wissenschaft Individuum

DE

Tools 1 & 2Leistungsanforderungen/Lastenheft

Tools 9 & 10Bewertung der Wertschöp-fungsketten: vom Rohstoffa-bbau bis zum Recycling

▶▶

Tools 11–16Markt- und gesellschafts-relevante Umsetzung

12345

12

34

Tools 3–8Nachhaltigkeitsbewertung

Ernährungs-wende

Mobilitäts-wende

UrbaneWende

Industrie-wende

WOHLST

ANDS- UND KONSUMWENDE

ENERGIEWENDE RESSOURCEN

WENDE

PLANETARE GRENZEN

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178 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

1. In welcher Welt leben wir?– Die Megatrends unserer Zeit

Schneidewind 2018: Kap. 1,2,3

„Megatrends sind derzeit bereitssichtbare, lang anhaltende Verände-rungsprozesse mit einer sehr breitenReichweite und einer durchdringendenWirkung. Sie gelten als mächtige Störfak-toren, die in der Lage sind, die zukünftigeGesellschaft und grundlegendeEntwicklungen zu formen.“(U cjdcl q et al. 2016)

Megatrends 1 beschreiben also laufendeVeränderungsdynamiken innerhalb von Ge-sellschaften – global, aber dennoch mitkulturellen und damit regional durchausunterschiedlichen Ausprägungen und Inter-pretationen. Dies zeigen bereits die unter-schiedlichen Wege auf, die die USA, Deutsch-land und China innerhalb des MegatrendsDigitalisierung beschreiten. Deutschland setztauf die Digitalisierung der Produktion, derAusstattung aller Produkte und Prozesse hin

1 6. Megatrends 2 4. Sustainable Development Goals, 10. Ressourcen/MIPS 1 2. Umweltraum, 6. Nachhaltigkeitsziele

zum Internet of Things and Services (IoTS),die USA auf die Entwicklung von Softwareund Datenbanken, bis hin zu Geschäftsmo-dellen basierend auf den entwickelten Inter-netfunktionen – die „Big Five“ wie Google,Facebook oder Apple sind gegenwärtig dasStichwort, Unternehmen mit noch nie da-gewesenem Wert und Macht-/Einflusskon-zentration. China wiederum setzt auf bei-des zunächst im eigenen Land, um sich auchhier schrittweise zu einem inter/nationalenMarktführer zu entwickeln (vgl. dazu Send-ler 2016). Damit wird auch ein umfassenderWandel der Konsummuster und Arbeitsweltsowie der Geschlechterrollen einhergehen.

Ein anderes Beispiel eines Megatrends istder demografische Wandel, der jede Nationtrifft – allerdings mit sehr unterschiedlichenVorzeichen: Verjüngen sich einige Nationenstetig, so altern andere rasant. Dies führt zusozialen Problemlagen und Ungleichgewich-ten. Soziale, ökonomische und kulturelle Dis-paritäten verlaufen also nicht nur innerhalbeiner Gesellschaft und deren Volkswirtschaf-

ten, sondern auch zwischen verschiedenenLändern und Regionen der Welt sowie derenEinwohner/-innen selbst.

Die Welt ist im Umbruch – das zeigen dieidentifizierten Megatrends deutlich. Denn dieWirtschafts- und Machtstrukturen verschie-ben sich weltweit. Auch in den BereichenEnergieversorgung, Ressourcenknappheit so-wie des Klimaschutzes werden unterschiedli-che Pfade gewählt. Die „German Energiewen-de“ ist ein Beispiel dafür, das internationalvielfach beobachtet und diskutiert wird. Dochtrotz aller Unterschiede haben sich die Staa-ten 2015 auf ein Klimaziel in Paris und inter-nationale Nachhaltigkeitsziele bei den Verein-ten Nationen in New York geeinigt. 2 1

Trotz aller Rück- oder Fortschritte in den letz-ten Jahrzehnten ist dies ein wichtiges Zei-chen dafür, dass die meisten Staaten dieserErde an einer friedlichen und zukunftsfähi-gen Entwicklung interessiert sind und nacheinem gleichsam ökologischen und sozialensowie auch wirtschaftlichen Ausgleich su-

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179KAPITEL 1: MEGATRENDS

chen. Dieser Prozess wird von Megatrendsbegleitet, die nicht einfach negiert werdenkönnen – umso wichtiger ist es, sie bereits inihren Anfängen zu erkennen und aktiv mitzu-gestalten. Dies fängt bei den Produkten undDienstleistungen wie auch Infrastrukturen an– sie sind in Material transformierte Spiegelgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ziele,der eigenen und gemeinsamen Deutungsmus-ter und Politiken. Sie verdeutlichen entwedereine nachhaltige oder nicht-nachhaltige Inno-vationskraft und Aktivität der jeweiligen Ak-teure/Akteurinnen. 1 1

„Deshalb sollte der Gestalter die Geister ken-nen, die er in den Köpfen hervorrufen könnte.Entweder um genau diese Geister zum Lebenzu erwecken oder um mögliche Missverständ-nisse zu vermeiden.“ (Schmitz 2016: 130)

Klimawandel und soziale Konflikte schrei-ten mit all ihren negativen Begleiterschei-nungen voran (vgl. Weizsäcker et al. 2017,IGBP 2015). So ist es für das Designan der Zeit, ein Zeichen zu setzen, dass Ge-

1 9. Hot Spot-Analyseraster, 11. Design for Social Change, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 1 9. Wertschöpfungsketten, 12. Effekte

Soziale Techno-logische Ökonomische Ökologische Politische

EEA 2017

1. DivergierendeBevölkerungs-trends weltweit

2. Entwicklunghin zu einerurbanerenWelt

3. VeränderteGesundheits-belastungenund Pande-mierisiken

4. Beschleunigtertechnologi-scher Wandel

5. AnhaltendesWirtschafts-wachstum

6. ZunehmendemultipolareWelt

7. Zunehmen-der globalerWettbewerbum verfügbareRessourcen

8. WachsenderDruck aufÖkosysteme

9. Zunehmendschwerwie-gendereFolgen desKlimawan-dels

10. Zunehmen-de Umwelt-verschmut-zung

11. Verschie-deneGovernance-Konzepte

Agentur Z-Punkt (Stand 2019, übersetzt)

2. Soziale Dispa-ritäten

3. DifferenzierteLebenswelten

5. Biotechnolo-gische Trans-formation

6. UnbeständigeWirtschaft

7. Business-Ökosysteme

8. AntropogeneUmweltzer-störung

10. NeuepolitischeWelt(un)ordnung

11. Verschie-bungglobalerMachtver-hältnisse

1. Demografischer Wandel 4. Digitale Transformation 9. Wandel der Arbeitswelt12. Urbanisierung

Megatrend-studien –zweiBeispiele

In der Tabelle werdendie wichtigsten Megat-rends des Analysepa-piers der EuropäischenUmweltagentur(EEA 2017) und desZ-Punkt-Instituts (o.J./ Stand 2019, Abruf01/2019) dargestellt.

Abb.27: basierend aufLiedtke et al. 2016: 6;aktualisiert

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180 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

2 6. Nachhaltigeitsziele, 7. Produkte und Dienstleistungen, 8. Design 2 14. Zielgruppen 2 14. Zielgruppenbeschreibung

staltung eine Frage der eigenen Entschei-dungen und Haltung ist und sich Nachhal-tigkeitsziele in nachhaltige, moderne sowieästhetische Infrastrukturen und Produkt-Dienstleistungssysteme materialisieren las-sen. 2

Megatrends sind zwar gegeben, ihre Aus-gestaltung hingegen nicht. Durch das Erfassenund Reflektieren von Megatrends erfolgt eineBerücksichtigung des gesellschaftlichen Zeit-geistes. Die adressierte Zielgruppe 2 3 fühltsich angesprochen und nutzt eher die ange-botenen Gestaltungslösungen. Denn diesepassen zu ihrem Lebensgefühl. Daher ist dieBeachtung vonMegatrends Voraussetzung fürerfolgreiches Design.

QUELLEN– Europäische Umweltagentur (Stand 2017): Assessment of globalmegatrends—an update. Online verfügbar: https://www.eea.europa.eu/themes/sustainability-transitions/global-megatrends/global-megatends#contents (Abruf 07/2019).

– IGBP– International Geosphere-Biosphere Programme (Stand2015): Great Acceleration. Online verfügbar: http://www.igbp.net/globalchange/greatacceleration.4.1b8ae20512db692f2a680001630.html (Abruf 07/2019).

– Schmitz, H.-G. (2016): Postwertzeichendesign – von Kafka bisLoriot. Niggli, Salenstein.

– Sendler, U. (2016): Die Chancen von Industrie 4.0 Vernetzungund Durchgängigkeit als Faktoren einer erfolgreichenIndustriepolitik. Online verfügbar: https://www.boell.de/sites/default/files/web_161010_e-paper_bb_grordnpol_2_indust-rie_4_0_v100.pdf (Abruf 07/2019).

– Ursprung 2012: Die Kunst der Gegenwart. 1960 bis heute. Beck,München.

– vonWeizsäcker, E. U.;Wijkman, A.; u.a. (2017):Wir sind dran.Club of Rome: Der große Bericht. Gütersloher Verlagshaus,Gütersloh.

– Welfens, J.M.; Liedtke, C.; Fink, A. (2016): CrashkursNachhaltigkeit und Design: Einemultimediale Übersicht.Projekt CLUB OF ROM für den Alltag, Wuppertal Institut. Onlineverfügbar: https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/CoR_Crashkurs_Nachhaltigkeit.pdf (Abruf 06/2019).

– Z-Punkt (o.J.):Megatrends Update. Understandung theDynamics of Global Change. Online verfügbar: http://www.z-punkt.de/uploads/files/566/web1_zp_megatrends_a5.pdf (Abruf07/2019).

OECD Science, Technology and InnovationOutlook 2016https://www.ewi-vlaanderen.be/sites/default/files/bestanden/oecd_science_technology_and_innovation_outlook_2016.pdf (Abruf 07/2019)

Global Trends. Prospects forWorld SocietyStiftung Entwicklung und Frieden (SEF)http://www.global-trends.info (Abruf 07/2019)

Globale MegatrendsWGBU (2011)Factsheet Nr. 3/11https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/factsheet-globale-megatrends (Abruf 07/2019)

www

Global population growth, box by boxHans RoslingTED@Cannes (2010)http://www.ted.com/talks/hans_rosling_on_global_population_growth (Abruf 07/2019)

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181KAPITEL 2: UMWELTRAUM

gen eng mit dem Effekt des Klimawandels undeiner Verringerung der Biodiversität verbun-den. Damit beschleunigt sich auch die Verrin-gerung unserer wirtschaftlichen Grundlagender Wohlstandsschaffung UND: die Behebungeinmal verursachter Schäden, sofern dies dennüberhaupt möglich ist, kostet immense Geld-summen. Unser gegenwärtiges Wirtschaftenund Leben scheint daher nicht dazu geeignet,kommenden Generationen ein gutes Leben aufder Erde zu ermöglichen. Aus diesemGrund istes notwendig ein neues Verständnis des Wohl-standsbegriffes zu etablieren und dieses voneinem stetig steigenden Bruttoinlandsproduktzu entkoppeln (Schneidewind 2018). Dazubedarf es jedoch eines „Great Mindshift“ (Gö-pel 2016), einem „Umparken im Kopf“, wiees Schneidewind (Schneidewind 2018: 63)nennt. „Eine wichtige Rolle spielen dabei Wohl-standspioniere, die heute ausprobieren und zei-gen, wie alternative Wohlstandsmodelle konkretaussehen“ (ebd.: 64). Es ist von erheblicher Be-deutung, dass auch Designer/-innen ihre Po-tenziale als gestalterische Pioniere der Zukunfterkennen und nutzen. 1

Innerhalb des dazu zur Verfügung stehendenInteraktionsraums, gibt es Grenzen der Be

2. Welchen Umweltraum könnenwir für Gestaltung nutzen?

Schneidewind 2018: Kap. 8, 9, 10, Teil B

„|Wir führen| ein Leben, das in dieserForm nur eine begrenzte Zeit lang möglichist – eben so lange, bis wir die Ressourcen,die uns dieser Planet bietet, aufgebrauchtoder weggeschafft und zerstört haben.Dann ist unsere Art zu leben und zu wirt-schaften nicht zukunftsfähig, und aus die-ser Einsicht gilt es dringend Konsequen-zen zu ziehen“ (Schmidt-Bleek 2007: 37).

Fläche und Masse sind begrenzt auf der Erde.Hierzu zählen auch die von der Natur zur Ver-fügung gestellten Dienstleistungen, wie etwadie Bereitstellung sauberer Luft, natürlicherRessourcen, Böden für die Landwirtschaft,Wälder und Berge zur Erholung, genetischeVielfalt u. v.m. Mit der bisherigen technologi-schen Innovation hat sich der Mensch zuneh-mend in die natürlichen Grenzen ausgebreitet,sie weit überschritten. Diese Innovationen wa-ren und sind eine grandiose Leistung. Sie ha-ben vielen Menschen Wohlstand und Lebens-qualität verschafft. Doch schon lange ist dieseintensive Nutzung natürlicher Dienstleistun-

Die Planetary boundaries (dt. planetari-sche/planetare Grenzen oder Leitplanken,Belastungsgrenzen des Planeten) be-schreiben die ökologischen Belastungs-grenzen der Erde. Ein Wissenschaftler-team unter Leitung von Johan Rockström(Stockholm Resilience Centre) definierte2009 für folgende Bereiche die planetari-schen Grenzen:

▶ Klimawandel*▶ Ozeanversauerung▶ Verlust von Biodiversität*▶ Landnutzungsveränderungen▶ Abbau der stratosphärischenOzonschicht

▶ Globale Süßwassernutzung▶ Phosphoreintrag in die Biosphäre▶ Stickstoffeintrag in die Biosphäre*▶ Verschmutzung durch Chemikalien(noch unbestimmt)

▶ Atmosphärische Aerosolbelastung(noch unbestimmt)

* Für diesedrei Bereichesind dieGrenzenbereits überschritten.

EXKURS

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182 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

lastbarkeit der Natur, die es zu berücksich-tigen gilt und die wegen der Komplexitätökosystemarer Zusammenhänge mehr oderweniger bestimmbar sind. Klima- und Nach-haltigkeitsziele beispielsweise definieren sol-che Grenzen als einzuhaltende Zielkorridore,Grenzwerte toxischer Substanzen sind zudemklare Grenzziehungen, die jedoch immer wie-der überprüft und aktualisiert werden müs-sen. 2 1

Das Umweltraumkonzept adressiert solcheGrenzen und Zielkorridore (vgl. Opschoor1995): Akzeptiert man die Grenzen der Naturund der Regenerationsfähigkeit ihrer Funktio-nen, dann ergibt sich daraus ein Umwelt-raum, in dem die Menschen wirtschaften undihr Leben gestalten können. 3 Dieser ist viel-fältig und bei weitem ausreichend, vorausge-setzt, man nutzt ihn intelligent und umsichtig(vgl. Liedtke 2018).

Spangenberg (2014) beschreibt mit dem Kon-zept der planetaren Grenzen auch Grenzen

1 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ressourcen/MIPS, 16. Evaluierung 2 4. Sustainable Development Goals, 5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, 10. Ressourcen/MIPS1 3. Vorsorgeprinzipien, 6. Nachhaltigkeitsziele, 11. Soziale Praktiken 3 11. Design for Social Change 14. Zielgruppenanalyse

▶ Overshoot Dayhttps://www.overshootday.org

▶ Global Footprint Networkhttp://www.footprintnetwork.org/resources/footprint-calculator

▶ Ressourcenrechnerhttps://www.ressourcen-rechner.de/

▶ Sustainable Society Indexhttp://www.ssfindex.com

▶ Slavery Footprinthttp://slaveryfootprint.org/

▶ CO2-Rechnerhttp://uba.co2-rechner.de/de_DE

▶ Water Footprinthttp://waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/personal-water-footprint-calculator

▶ OECD Better Life Indexhttp://www.oecdbetterlifeindex.org

TIPP

Es gibt vielfältige Ansätze, um die umweltbezogenen, aber auch die sozialen Grenzen unsererWirtschafts- und Konsumweise deutlich zu machen (alle Abruf 07/2019), z. B.:

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183KAPITEL 2: UMWELTRAUM

Abb.28: basierend auf Raworth 2018: 69, zitiert nach Schneidewind 2018: 174; grafisch adaptiert

der Unterversorgung (Underconsumption,Armut und Unterernährung) und des Über-konsums (Overconsumption). Die planetarenLeitplanken quantifizieren die ökologischenGrenzen und das sog. social protection floorconcept (Cinchon et al. 2011) zeigt die Mini-malbedingungen für ein würdevolles Lebenauf. Beide Grenzziehungen sind notwendig,um Leben und Wohlstand in Gesellschaftenzu gestalten. Dafür sind umfassende instituti-onelle Änderungen in Wirtschaft, Politik undGesellschaft notwendig. Insbesondere in denLändern und Regionen des Überkonsums be-darf es einer Änderung in Richtung „better butless” für wohlhabende oder auch im Überflusslebende Gruppen, und in Richtung „enoughand better” für von Armut und Hunger betrof-fene Gruppen (vgl. Spangenberg 2014).

Raworth (2018) kombiniert die planetarenLeitplanken und sozialen Nachhaltigkeitskri-terien so, dass sich ein Nachhaltigkeitsraumfür ein nachhaltiges Leben ausbildet, dersich zwischen den ökologischen und sozialenGrenzwerten befindet (siehe Abb. und Schnei-dewind 2018, Kap. 11). Produkte und Dienst-leistungen können helfen, diesen „Nachhaltig-keitsraum“ auszugestalten und in Form und

Konzept der „Doghnut-Ökonomie“ von Kate Raworth

MANGEL

ÜBERSCHUSS

Luftverschmutzung

Rückg

angder O

zonschicht Klimawandel

Versauerungder M

eere

chemischeUmwelt-

verschmutzung

Stickstoff- undPh

osphor-

belastun

g

Süßwasserverknappung

Flächenumwandlung

Verlust der Artenvielfalt

REGENERATIVE UND DISTRIBU

TIVE Ö

KONOMIE

SICHERER

UNDGEREC

HTER RAUM FÜR DIEMENSC

HHEIT

GESELLS

CHAFTLICHES FUNDAMENT

ÖKOLOGISCHE DECKE

WasserEnergie

Netzwerke

Wohnen

Gleichstellung

Gerechtigkeit politische

Teilhabe

Frieden &

Gerechtigkeit

Bildung

Gesund

heit

Nahrung

soziale

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184 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Material Nachhaltigkeit und Würde zu kom-munizieren. Schmidt-Bleek wies schon 1993darauf hin, dass ein nachhaltiger Ressourcen-konsum auch ein Gerechtigkeitskonzept ist –es ging ihm darum zu beziffern, dass 20% derWeltbevölkerung 80% der Ressourcen und80% der Weltbevölkerung 20% der Ressour-cen konsumieren – solche Unterschiede beste-hen z.T. auch innerhalb eines Landes, einerRegion oder einer Stadt (vgl. Rosling 2015).Nachhaltige Produkte und Dienstleistungenverringern die Ungleichheit und ermöglichenein würdevolles Leben in einer funktionfähi-gen und lebenswerten Umwelt (=Ressourcen-gerechtigkeit) (Schmidt-Bleek 1993, 2007).1 1

„Die Forschung zeigt: Je höher das sozialeKapital und die soziale Kohäsion in einemLand (oder auch einer Stadt) ausgeprägtsind und je geringer soziale Ungleichheitenausfallen, desto höher ist die durchschnitt-liche Lebenszufriedenheit und desto weni-ger Gewalt und Kriminalität, Krankheiten,Angst und soziales Misstrauen und demzu-

folge Risiken für die gesellschaftliche Sta-bilität finden sich.“ (WBGU 2016: 11)

QUELLEN– Bringezu, S. (2015): PossibleTarget Corridor for SustainableUse of Global Material Resources. In: Resources 2015. Volume4. S. 24-25. DOI: 10.3390/resources4010025. Online verfügbar:https://www.researchgate.net/publication/273494524_Possib-le_Target_Corridor_for_Sustainable_Use_of_Global_Materi-al_Resources (Abruf 07/2019)

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– Göpel, M. (2016): The Great Mindshift: How a New EconomicParadigm and Sustainability Transformations go Hand inHand. Springer, Cham.

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1 7. Produkte und Dienstleistungen, 8. Design, 9. Wertschöpfungsketten 1 4. Sustainable Development Goals, 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ökologischer Rucksack,11. Design for Social Change

http://www.sustainablegoals.org.uk/design-for-sustainability(Abruf 07/2019)

– Opschoor, H. (1995): Ecospace and the fall and rise of through-put intensity. In: Ecological Economics, 15(2), 137- 140.

– Raworth, K. (2018):Die Donut-Ökonomie: Endlich einWirt-schaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört. Carl HanserVerlag, München.

– Rockstrøm, J.; Steffen,W.; Noone, K.; Persson, A.; Chapin, F.; Lambin,E.; Lenton, T.; Scheffer, M.; Folke, C.; Schellnhuber, H.; Nykvist, B.; deWit, C.; Hughes, T.; van der Leeuw, S. ; Rodhe, H.; Sorlin, S. ; Snyder, P.;Costanza, R.; Svedin, U.; Falkenmark, M.; Karlberg, L.; Corell, R.; Fabry,V.; Hansen, J.;Walker, B.; Liverman, D.; Richardson, K.; Crutzen, P.;Foley, J. (2009): A safe operating space for humanity. In: Nature461(7263), 472–475.

– Rosling, H. (2015):Don´t Panic – End Poverty. Online verfügbar:https://www.gapminder.org/videos/dont-panic-end-poverty (Abruf07/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (2007):Nutzenwir die Erde richtig? DieLeistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Schmidt-Bleek, F. (1993):Wie viel Umwelt braucht der Mensch?MIPS – Das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser, Berlin.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

– Spangenberg, J. H. (2014): Institutional change for strongsustainable consumption: sustainable consumption and thedegrowth economy. In: Sustainability: Science, Practice & Policy,10(1), 62-77. Online verfügbar:

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185KAPITEL 2: UMWELTRAUM

https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/15487733.2014.11908125 (Abruf 07/2019).

–Wackernagel, M., Rees,W. (1997): Unser ökologischerFußabdruck. Birkhäuser, Basel.

–WBGU –Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderungen (2016): Der Umzug der Menschheit.Die transformative Kraft der Städte. Berlin. Online verfügbar:https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/der-umzug-der-menschheit-die-transformative-kraft-der-staedte (Abruf07/2019).

www

Sustainable Resource Management.Global Trends, Visions and PoliciesBringezu, S. , Bleischwitz, R. (2009)Routledge, Sheffield

Climate change 2014: Synthesis Report.Contribution ofWorking Groups I, II andIII to the Fifth Assessment Report of theIntergovernmental Panel on ClimateChange IPCCPachauri, R. K., Allen, M. R., Barros, V. R., Broome, J.,Cramer,W., Christ, R., ... & Dubash, N. K. (2014)Genf. Online verfügbar: http://ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/syr/SYR_AR5_FINAL_full_wcover.pdf (Abruf07/2019)

Implications of the 1.5-degree target forthe resource use of lifestylesWackernagel M., Lettenmeier M. (2017

Paper presented at theWorld Resources Forum, 24.-25.Oct., Geneva

Zivilisatorischer Fortschritt innerhalbplanetarischer Leitplanken – Ein Beitragzur SDG-DebatteWBGU (2014)Politikpapier Nr. 8. Online verfügbar: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/zivilisatorischer-fortschritt-innerhalb-planetarischer-leitplanken-ein-beitrag-zur-sdg-debatte (Abruf 07/2019)

Wir sind dran. Club of Rome: Der großeBerichtWeizsäcker, E.U. von,Wijkman, A. et al. (2017)Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh

Great AccelerationInternational Geosphere-Biosphere Programme (IGBP)http://www.igbp.net/globalchange/greatacceleration.4.1b8ae20512db692f2a680001630.html (Abruf 07/2019)

Don't Panic – How to End Poverty in 15YearsHans Rosling (2015)Gapminder Foundationhttps://www.gapminder.org/videos/dont-panic-end-poverty (Abruf 07/2019)

Planetary BoundariesJohan RockströmTED Global (2010)http://www.ted.com/talks/johan_rockstrom_let_the_environment_guide_our_development (Abruf 07/2019)

Macht Mensch – das Konzept planetari-scher LeitplankenWGBU (Stand 2017)https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/macht-mensch-das-konzept-planetarischer-leitplanken(Abruf 07/2019)

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186 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Chancen und Potentialen verbunden ist. 1 1

Eine Wirkung kann zudem erst zu einem vielspäteren Zeitpunkt auftreten und/oder an ei-nem weit entfernten Ort. Rückkopplungen imSystem (z. B. Ökosystem Erde: Sandvorkom-men weltweit) und in, sowie zwischen denSubsystemen (z. B. Ökosystem Rhein und Ma-lediven: Knappheit der Ressource Sand (vgl.Röhrlich 2016)) sind immer möglich – sei esin der Natur oder auch in unserer Technosphä-re (vgl. Jäger 2007). Ein anderes Beispiel fürspätere nichtintendierte Wirkungen und dieschwierige Planung zukünftiger Effekte ist dergroße Anteil an emittierten FCKWs durch nörd-liche Industrieländer und deren Beitrag zur Bil-dung des Ozonlochs am Südpol (vgl. ebd.: 53).

Dabei liegt die Herausforderung im Verständ-nis und eigenen Wirken innerhalb der Mul-tidimensionalität solcher Transformations-prozesse. Die Fertigkeit, Einzelbausteine ineinen gemeinsamen, übergeordneten Kontextzu bringen, wird mit der „transformative Li-teracy“ (Schneidewind 2018: 38) beschriebenund kann auch als Zukunftskunst bezeichnet

3. Welche Vorsorgeprinzipiensind zu beachten?

Schneidewind 2018: Kap. 5, 7, 8, 9, 10

„Die konventionellen Formen der Risi-kobewertung beruhen auf der Annahme,dass die zu beurteilenden Technologien,Materialien oder Handlungen hinsicht-lich ihrer Wirkungen bekannt sind. BeiInnovationen liegt jedoch häufig eine gro-ße Ungewissheit bei der Risikoabschät-zung vor. (...) Dabei geht es vor allem umdie Entwicklung von Vorsorgepraktikenin unterschiedlichen gesellschaftlichenHandlungsbereichen und die Frage, wiedarin mit Ungewissheit und Nichtwissenumgegangen werden soll.“ (Grießhammeret al. 2012: 7)

Kleine Veränderungen können große Effekteerzielen, große Eingriffe können zu kleinenAuswirkungen führen. Welches Szenario ein-tritt, kann niemand mit vollständiger Sicher-heit und in vollem Umfang abschätzen, da jed-wede Aktivitätmit Risikenund Unsicherheiten,

werden (vgl. Schneidewind 2018).Unser Verhalten erzeugt „Effekte, die mannig-faltig sind, oft erst spät in Erscheinung treten,nicht vorhersagbar und damit auch nicht voll-ständig planbar sind. Natürliche und sozioöko-nomische Systeme besitzen eine gewisse Wider-standskraft, um negative Effekte zu ertragenoder abzuschwächen; allerdings ist die Kraftnicht unendlich groß. (…) Es gilt daher, fürdiese Systeme Regeln und Gesetze aufzustellen(...)“ (Jäger 2007: 106).

Übersetzt man die Vorsorgeprinzipien in ei-nen gestalterischen Kontext, so sind einigeRegeln ableitbar, die durch die verschiedenenTools des Designguides adressiert werden:(vgl. Jäger 2007, Liedtke et al. 2008)

1. Ein kluges und vorausschauendes Risi-komanagement ist notwendige Voraus-setzung nachhaltigen Gestaltens.Mit hoher Unsicherheit verbundene Risikensollten vermieden werden. Dies bedeutet,die Eingriffstiefe in die Natur möglichst zuminimieren und so wenig Ressourcen und

1 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 1 12. Effekte

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187KAPITEL 3: VORSORGEPRINZIPIEN

Flächen in Anspruch zu nehmen wie mög-lich. Für soziale Aspekte bedeutet dies, dieinternationalen Nachhaltigkeitsziele in deneigenen Gestaltungskontext zu übersetzen.1 1

2. Sind negative oder positive Wirkungenab-sehbar, können sie beschrieben werden,um transparente und nachvollziehbareGestaltungsentscheidungen zu treffen.Negative Wirkungen sollten möglichst mi-nimiert, positive verstärkt werden. 2 2

3. Alles ist miteinander vernetzt.Die Vernetzungen können – soweit nach-vollziehbar – grafisch dargestellt werden.Mögliche Wirkungsketten können so durch-dacht werden. Dies ist für die Gestaltungs-kompetenz ein wichtiger Denkschritt, da ertrainiert, mit Komplexitäten umzugehen.(siehe dazu auch https://designlab.ucsd.edu) 3 3

4. Nachhaltigere Produkt- und Dienstleis-tungssysteme können auf Basis diesesWissens modular entwickelt werden.Rückholbarkeit und Veränderbarkeit ein-zelner Entwicklungen, die mit Unwissenbehaftet sind, können in der Gestaltungmitbedacht werden. 4

5. Geschäftsmodelle – können Nachhal-tigkeit in ihrer rechtlichen und struk-turellen Anlage berücksichtigen. 5 4

„Nachhaltigkeit (oderZukunftsfähigkeit) hatdreiwesentliche Dimensionen: Eine wirtschaftliche,eine soziale und eine ökologische. Die ökologi-sche Dimension gibt die Leitplanken für wirt-schaftliche und soziale Entwicklung vor, weil dieVerfügbarkeit natürlicher Ressourcen begrenztist und die lebensnotwendigen Leistungen derÖkosphäre durch menschliches Tun gemindertoder zunichte gemacht, aber nicht ersetzt wer-den können.“ (Schmidt-Bleek 2007: 229)Design kann Resilienz – die Fähigkeit sozialerund ökologischer Systeme auf Unvorhergese-henes adaptiv zu reagieren – fördern. Es kann

nicht das Unvorhersehbare vorhersehbar ma-chen, aber es kann helfen vorsorgeorientiertvorzugehen undRisiken, basierend auf gegen-wärtigem Wissen, zu minimieren.

QUELLEN– Grießhammer, R., Jahn, T., Thomas, K., Kraemer, R. A., Leggewie,C., Renn, O., Schneidewind, U., Zahrnt, A. (2012): Verstehen –Bewerten – Gestalten. TransdisziplinäresWissen für einenachhaltige Gesellschaft. Memorandum zurWeiterentwick-lung der sozial-ökologischen Forschung in Deutschland.Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg.

– Jäger, J. (2007):Was verträgt unsere Erde noch?Wege in dieNachhaltigkeit. Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M.

– Liedtke, C.,Welfens, M. J., Schaefer, I., Schmitt, M. (2008):Mut zurNachhaltigkeit – VomWissen zumHandeln – DidaktischesModul: Nachhaltige Entwicklung (NE). Stiftung für Verantwor-tung, Otzenhausen.

– Röhrlich, D. (2016): Auf Sand gebaut. Alternativen für eineendliche Ressource. In: Deutschlandfunk:Wissenschaft im Brenn-punkt. Köln. Online verfügbar: http://www.deutschlandfunk.de/auf-sand-gebaut-alternativen-fuer-eine-endliche-ressource.740.de.html?dram:article_id=371135 (Abruf 07/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (2007): Nutzenwir die Erde richtig? DieLeistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

1 4. Sustainable Development Goals, 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ressourcen/MIPS 1 6. Nachhaltigkeitsziele, 9. Wertschöpfungsketten, 12. Effekte 2 12. Rebound- und

Wirkungsanalyse 2 11. Soziale Praktiken, 12. Effekte 3 9. Hot Spot-Analyseraster, 11. Design for Social Change, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 3 8. Design, 12. Effekte4 8. Leistungskriterien, 15. Lösungsansätze und Designszenarien, 16. Evaluierung 5 13. Geschäftsmodellentwicklung 44. Nachhaltiges Wirtschaften, 13. Geschäftsmodelle

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188 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Morgenstadt.Wie wir morgen leben. Lö-sungen für das urbane Leben der ZukunftBullinger, H.-J., Röthlein B. H. (2012)Hanser,München

Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozessgesellschaftlicher ÄsthetisierungReckwitz, A.(2013)Suhrkamp, Berlin

Environmental Literacy in Science andSociety: From Knowledge to DecisionsScholz, R.W. (2011)CambridgeUniversity Press, Cambridge

Die beste allerWelten – wohin bewegtsich die Gesellschaft im 21. Jahrhundert?Schulze, G. (2003)Hanser,München

Die Kunst der Gegenwart. 1960 bis heuteUrsprung, P. (2012)Beck,München

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forumfür Verantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

Die Kunst vernetzt zu denken: Ideen undWerkzeuge für einen neuen UmgangmitKomplexitätVester, F. (2000)Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart

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189KAPITEL 4: NACHHALTIGES WIRTSCHAFTEN

4. Was bedeutet nachhaltigesWirtschaften?

Schneidewind 2018: Kap. 5, 6, 13, 17,20, 22

„Unser heutiges Wirtschaftssystem istder in ökonomische Mechanismen undInstitutionen gegossene Glaube an un-begrenztes materielles Wachstum. DieBeharrungskraft – auch die ideelle – dergegenwärtigen gesellschaftlichen undökonomischen Rahmung, innerhalb derdie natürlichen Grenzen außer Acht ge-lassen werden, muss daher eine zentraleRolle spielen.“ (Schneidewind 2018: 42 f.)

Eine lebenswerte und intakte natürliche Um-welt ist Grundlage menschlichen Lebens undWirtschaftens. Ohne natürliche Ressourcenund funktionierende ökologische sowie wirt-schaftliche Kreisläufe ist ein zukunftsfähigesWirtschaften für die Menschen auf dem Pla-neten nicht möglich. Der Ansatz des „nach-haltigen Wirtschaftens“ verbindet materiellenWohlstand der Menschheit mit dem Respek-

tieren der planetarischen Leitplanken 1 1

und der Teilhabe an Freiheit und Demokratie:

Nachhaltiges Wirtschaften setzt einedemokratische und zukunftsgewandteWirtschaftsordnung voraus, die daraufausgerichtet ist, den Menschen grenz-überschreitend Lebensqualität, Freiheit,Gesundheit und Chancengleichheit für so-ziale Teilhabe innerhalb der planetarischenGrenzen sowohl für gegenwärtige als auchzukünftige Generationen zu gewähren (ei-gene Zusammenfassung in Anlehnung anBuczko et al. 2010, WCED 1987, Rock-ström et al. 2009). 2 2

Es gibt viele Faktoren, die dazu beigetragenhaben, dass unsere Produktions- und Konsum-muster ressourcen- und energieschwer sind,dass wir für unsere immer differenzierterenBedürfnisse immer mehr Natur – und zwar imglobalen Maßstab – in Anspruch nehmen. DasFortschreiten von Umweltgefährdung und Kli-mawandel (vgl. z. B. Rockström 2009, IPCC2014, SDG-Report 2018) macht deutlich, dass

kleine Reformen nicht ausreichen. Es ist viel-mehr eine „Große Transformation“ notwen-dig (WBGU 2011; siehe auch Einleitung, S.10). Hier stellt sich die besondere Aufgabe,den andauernden und sich andauernd be-schleunigenden Transformationsprozess vonWirtschaft, Gesellschaft und Umwelt so zu ge-stalten, dass er nachhaltig verläuft: „Der Wertdes Nachhaltigkeitsprinzips liegt darin, durchein Denken in verschiedenen Dimensionen zu-nächst deren Wechselwirkungen und vielfa-chen Zielkonflikte sichtbar zu machen. Diesekönnen und müssen sodann durch ein Ausba-lancieren dieser drei Nachhaltigkeitsdimensi-onen Wirtschaft, Umwelt und Soziales und inWahrnehmung der internationalen Verant-wortung Deutschlands gelöst werden.“ (Bun-desregierung, Nationale Nachhaltigkeitsstra-tegie 2016: 25) 3 3

Die entscheidende Frage bei der Analyse derneuen „grünen“ Wirtschaftsstrategien ist, obdiese zu einer Entkopplung von wirtschaftli-chem Wachstum und der Umweltbelastungsowie dem Erhalt der Lebensgrundlagen des

1 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ressourcen/MIPS 1 2. Umweltraum 2 4. Sustainable Development Goals, 5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie 2 6. Nachhaltigkeitsziele3 6. Megatrends 3 1. Megatrends, 3. Vorsorgeprinzipien, 5. Transformation

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190 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Menschen führen werden? Diese DoppelteEntkopplung – „als Kombination aus technolo-gischen Effizienzsteigerungen und neuen Wirt-schaftsmodellen sowie Konsumstilen“ (Schnei-dewind 2018: 54) spielt eine zentrale Rollebei der Umsetzung der Idee des nachhaltigenWirtschaftens (Schmidt-Bleek 2007, 1993).

„Historische Perspektive“: Grundzüge dersozialen MarktwirtschaftDeutschland orientiert sich seit Mitte des 20.Jahrhunderts an dem Konzept der SozialenMarktwirtschaft, das unter der politischenund wissenschaftlichen Leitung von LudwigErhard (erster Wirtschaftsminister der BRDvon 1949 bis 1963) und AlfredMüller-Armack(Professor und Staatssekretär im Bundeswirt-schaftsministerium von 1952 bis 1963) einge-führt wurde. Der Leitgedanke des Konzeptesbesteht darin, dass alle Anbieter/-innen undNachfrager/-innen am Markt ihre Aktivitätenin einem weitestgehend freien und geschütz-ten Rahmen gestalten können. Im Gegensatzzur freien Marktwirtschaft soll zudem ein so-zialer Ausgleich für benachteiligte Bevölke-rungsgruppen, bspw. bei krankheits- oder al-tersbedingtem Ausfall von Markteinkommen,sowie soziale Teilhabe und Chancengleichheit

durch einen staatlichen Ordnungsrahmen ge-währleistet werden. Somit wird über Kapital,Steuereinnahmen und Transferzahlungen derZugang zu Bildung, Gesundheitsversorgungund weiteren sozialen Dienstleistungen für Be-nachteiligte sichergestellt (vgl. BMWi 2017).

Herausforderungen einer ökosozialen Markt-wirtschaft„Der Sozialismus ging daran zu Grunde, dass eres nicht zuließ, dass die Preise die ökonomischeWahrheit sagen. Der Kapitalismus könnte dar-an zu Grunde gehen, dass er nicht dafür sorgt,dass die Preise die ökologische Wahrheit sagen“(Ernst Ulrich v. Weizsäcker, Gründungspräsi-dent des Wuppertal Instituts (Seitz 2014: 31))

Josef Riegler hat bereits 1989 erkannt, dassdas Konzept der Sozialen Marktwirtschaftnach dem Motto „Wohlstand für alle“ (Er-hard 1957) für ein globales Wirtschaftssys-tem, welches auf der Ausbeutung der Naturbasiert, nicht funktionieren kann, wenn auchkünftigen Generationen das Leben und Wirt-schaften in einer intakten Umwelt ermöglichtwerden soll. Als Reaktion auf Umweltzerstö-rungen und -katastrophen (z. B. die Nuklear-katastrophe von Tschernobyl) und dem unge-

bremsten Verbrauch natürlicher Ressourcen inden letzten Dekaden entwickelte er in einemExperten-/Expertinnenteam das Konzept der„Ökosozialen Marktwirtschaft“ (vgl. Radema-cher et al. 2011). Dem Konzept zufolge müs-sen insbesondere ambitionierte, institutionelleRahmenbedingungen für nachhaltiges Produ-zieren und Konsumieren geschaffen werden.Dazu gehören z. B. der Vorschlag der Ressour-cenkommission am Umweltbundesamt (KRU),eine Produktkennzeichnungsstelle zur Förde-rung von Ressourceneffizienz und Kreislauffä-higkeit von Produkten einzurichten (vgl. KRU2017) oder die Forderung nach einer verur-sacherorientierten CO2-Bepreisung negativerökologischer Effekte des Wirtschaftens (vgl.z. B. Dena 2017 zu CO2-Bepreisung). Aktuellfließt das Naturkapital überwiegend als kos-tenloser Produktionsfaktor in die Preisgestal-tung. Informationen zu Ressourcenverbrauchund THG-Emissionen müssen auf Unterneh-mens- und Produktebene transparent seinund als Kostenfaktor in Unternehmensprozes-se und Investitionsentscheidungen einfließen.Nur so kann der Preismechanismen als Signal-und Koordinationsinstrument zukunftsfähigsein (vgl. Dena 2017).

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191KAPITEL 4: NACHHALTIGES WIRTSCHAFTEN

Der Weg zu einer globalen Green EconomyNeben den Bewegungen rund um die „ökoso-ziale Marktwirtschaft“ im europäischen Raum-wird auch auf globaler Ebene die Forderungnach einem nachhaltigen Wirtschaftssystemimmer lauter. Unter dem Dach der sogenann-ten „Green Economy“ soll die Transformationzu einem nachhaltigen globalen Ordnungsrah-men beschleunigt werden. „Green Economy– verstanden als eine wettbewerbsfähige, um-welt- und sozialverträgliche Wirtschaftsweise“(Welfens; Büttgen; Berg 2016: 6, zit. n. Seidl/Zahrnt 2010: 30) – ist seit etwa 2007 zum neu-en, auf Wachstum, Wohlstand und Lebensqua-lität ausgerichteten Leitbild in internationalenund nationalen Diskursen zum nachhaltigenWirtschaften geworden (weitere Informatio-nen unter www.unep.org/greeneconomy).

Der Übergang zu einer „globalen Green Eco-nomy“ hat eine wichtige kulturelle Dimen-sion, so wie auch im Gesamtbild die „IdeeNachhaltiger Entwicklung (...) ein kulturellesProjekt“ ist (Schneidewind 2018: 23). Not-wendige Voraussetzung für die Umsetzungdieses großen Transformationsprojektes isteine bewusste und kompetente Zivilgesell-schaft, welche die technologischen, ökono-

mischen, politisch-institutionellen und kul-turellen Prozesse versteht und entsprechendnutzt. Für die Große Transformation ist ausdiesem Grund ein ökonomischer „Mind-shift” (Göpel 2016, zitiert nach Schneidewind2018: 445) unerlässlich.

„Damit ist eine Neuorientierung des Wirtschaf-tens gemeint, die ein erweitertes Wohlstands-verständnis ins Zentrum stellt und erfolgreichesWirtschaften daran misst, ob es ein gutes Lebenfür möglichst viele Menschen ermöglicht. Dabeigilt es, die Potenziale zu nutzen und gleichzeitigglobale ökologische und soziale Leitplanken imBlick zu halten (WBGU i.E.)” (Schneidewind2018: 445).

Nachhaltiges Wirtschaften messenEine zentrale Herausforderung für die Trans-formation hin zu einer globalen Green oderSustainable Economy ist es, nachhaltigesWirtschaftswachstum neu zu definieren undzu messen (vgl. Liedtke et al. 2013), da einfa-che Absichtserklärungen häufig nicht ausrei-chen. Hierzu müssen neue Bewertungskrite-rien für ein qualitatives Wirtschaftswachstumentwickelt werden, die insbesondere Lebens-qualität, existenzsichernde Beschäftigung,

globale Verteilung von Wohlstand und denZustand der Ökosysteme abbilden (vgl. Deut-scher Bundestag 2013, Buczko et al. 2010,Stiglitz et al. 2009). Das Bruttoinlandspro-dukt (pro Kopf) bzw. Bruttonationaleinkom-men (bis 1999 Bruttosozialprodukt genannt)als Indikator für wirtschaftliches Wachstumist demnach keine ausreichende Bewertungs-grundlage für das Wohl einer Gesellschaft.

„Das Bruttosozialprodukt berücksichtigt nichtdie Gesundheit unserer Kinder, die Qualität ih-rer Ausbildung oder die Freude ihrer Spiele. Esenthält nicht die Schönheit unserer Dichtungoder die Kraft unserer Ehen; die Klugheit unse-rer öffentlichen Auseinandersetzungen oder dieIntegrität unserer öffentlichen Repräsentanten.Es misst weder unseren Verstand noch unserenMut; weder unsereWeisheit noch unserLernen;weder unser Dulden noch unsere Hingabe fürunser Land; es misst kurz gesagt alles, außerdem, was das Leben wertvoll macht“ (Kennedy1968).

Der Better Life Index der OECD (Organisationfür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung) greift diese Problematik, durch dieBildung eines Wohlstandindizes, bestehend

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192 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

aus 24 Teilindikatoren, auf (vgl. Abbildung)(vgl. Liedtke 2018, von Borries 2017). Dazuwerden neben ökonomischen quantitativenKennzahlen, wie z. B. dem Haushaltseinkom-men oder Finanzvermögen, vor allem sozialeund ökologische Kriterien, wie das subjekti-ve Wohlbefinden der Bevölkerung, die Work-Life-Balance oder der Zustand der Ökosyste-me miteinbezogen. Alternativ beschreibt derWorld Happiness Indexmit insgesamt 40 Tei-lindizes den Entwicklungstand eines Landesweitaus detaillierter und berücksichtigt dabeisubjektive Aspekte wie z. B. Entscheidungs-freiheiten in der Lebensgestaltung. Der vonder UN entwickelte Human-Development-Index bildet mit den drei Indikatoren Lebens-erwartung, Kaufkraft und Bildungsniveau denEntwicklungsstand einer Nation ab, was ihnzwar einfacher in der Erhebung, jedoch re-duzierter in der Aussagekraft macht. Vorteildieses Index sind die einheitlich von 189 Na-tionen erhobenen Bewertungsindikatoren, dieeine bessere internationale Vergleichbarkeitzulassen. Um außerdem die ökologischen Ef-fekte zur Erreichung eines nationalsstaatli-chen Wohlstandes zu berücksichtigen, beziehtder Happy Planet Index (HPI) in seiner Be-rechnung den jeweiligen ökologischen Fuß-

abdruck eines Landes mit ein, vernachlässigtdafür jedoch Kriterien wie die Wirtschaftsleis-tung oder den technologischen Entwicklungs-stand. Unabhängig von der Wahl der Indikato-

Abb.29: basierend auf OECD Better Life Initiative 2016: 3, © OECD; grafisch minimal adaptiert

ren zeigen die skizzierten Indizes bestehendeAlternativen, um Wohlstand und nachhaltigesWirtschaften messbar zu machen. Dabei ha-ben insbesondere Designer/-innen durch ihre

Haushalts-einkommen Finanzver-

mögenBeschäfti-gung

Verdienst

Arbeitssi-cherheit

Langzeitar-beitslosigkeit

Arbeitszeiten

ArbeitsfreieZeit

Zimmer proPerson

ErschwinglicherWohnraum

sanitäreGrundversorung

Wasser-qualität

Luft-qualität

Lebenser-wartung

Gesundheits-wahrneh-mung

Bildungs-stand

Ausbildungs-dauer

kognitiveFähigkeiten

sozialeUnterstützung

Wahlbeteili-gung

Beteiligung vonInteressen-gruppen

gewaltsameTodesfälle

nächtlichesSicherheits-befinden

Lebens-zufrieden-heit

SUBJEKTIVESWOHLBEFINDEN EINKOMMEN

UND VERMÖGEN

ARBEITSPLÄTZE,LÖHNE UNDGEHÄLTER

AUSGLEICHVON BERUFS-UND PRIVAT-LEBEN

BILDUNG UNDAUSBILDUNG

SOZIALEBEZIEHUNGEN

BÜRGERSCHAFTLI-CHES ENGAGEMENTUND POLITIK-GESTALTUNG

PERSÖNLICHESICHERHEIT

GESUNDHEITSZUSTANDUMWELTQUALITÄT

WOHNEN

Aktuelle Lebensqualität in Deutschland

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193KAPITEL 4: NACHHALTIGES WIRTSCHAFTEN

Gestaltungskraft die Möglichkeit, die skizzier-ten mehrdimensionalen Wohlstandsindikato-ren durch innovative Produkt-Dienstleistungs-systeme positiv zu beeinflussen und somit dieTransformationen bestehender wachstums-orientierter und ressourcenintensiver Wirt-schaftssysteme im Sinne einer Green Econo-my zielgerichtet mitzugestalten (vgl. Liedtke2018, von Borries 2017).

QUELLEN– BMWi (2017): Soziale Marktwirtschaft. Online verfügbar: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Wirtschaft/soziale-marktwirtschaft.html (Abruf 07/2019).

– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen. Eine politische Design-theorie. 2. Auflage, Suhrkamp, Berlin.

– Buczko, C. et al. (2010): Ökosoziale Marktwirtschaft für einezukunftsfähige Gesellschaftsordnung –WissenschaftlichesHintergrundpapier. Online verfügbar: https://de.slideshare.net/netzwerkvonchristen/oekosoziale-marktwirtschaft-wissenschaftli-cher-bericht-22-07-2010 (Abruf 07/2019).

– Bundesregierung (2016): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie– Neuauflage 2016. Online verfügbar: https://www.bundesregie-rung.de/Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/Deutsche_Nach-haltigkeitsstrategie_Neuauflage_2016.html?nn=437032 (Abruf07/2019).

– Dena (2017): Energie- und Klimaschutzexperten fordernstärkere CO2-Bepreisung. Online verfügbar: https://www.dena.de/newsroom/meldungen/2017/energie-und-klimaschutzexper-ten-fordern-staerkere-co2-bepreisung (Abruf 07/2019).

– Deutscher Bundestag (2013): Schlussbericht der Enquete-Kommission„Wachstum,Wohlstand, Lebensqualität –Wegezu nachhaltigemWirtschaften und gesellschaftlichemFortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft“. Online verfügbar:http://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/175745/schluss-bericht-der-enquete-kommission (Abruf 07/2019).

– Erhard, L. (1957):Wohlstand für Alle. Econ, Düsseldorf.

– Fatheuer, T. (2014): Ökonomie und Natur - eine neueErzählung. In: Umsonst oder unbezahlbar? Eine kritische Diskussionzur Rolle der ‚Natur’in Modellen alternativer Wohlstandsmessungund zumarktbasierten Instrumenten im Naturschutz. FachtagungBonn 2014. Online verfügbar: https://www.boell.de/sites/default/files/2014-12_tagungsbericht_umsonst_oder_unbezahlbar.pdf(Abruf 07/2019).

– Göpel, M. (2016): The Great Mindshift: How a New EconomicParadigm and Sustainability Transformations go Hand inHand. Springer, Cham.

– IPCC – Pachauri, R. K.; et al. (2014): Climate change 2014:synthesis report. Contribution ofWorking Groups I, II andIII to the fifth assessment report of the IntergovernmentalPanel on Climate Change. Genf. Online verfügbar: http://ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/syr/SYR_AR5_FINAL_full_wcover.pdf(Abruf 07/2019).

– Kennedy, R. F. (1968): Remarks at the University of Kansas,March 18, 1968. Online verfügbar: https://www.jfklibrary.org/learn/about-jfk/the-kennedy-family/robert-f-kennedy/robert-f-kennedy-speeches/remarks-at-the-university-of-kansas-march-18-1968 (Abruf 07/2019).

– KRU – Ressourcenkommission am Umweltbundesamt (2017): Pro-duktkennzeichnungsstelle zur Förderung der Ressourcenef-fizienz und Kreislauffähigkeit von Produkten – Position

der Ressourcenkommission am Umweltbundesamt. Onlineverfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1968/publikationen/kru_produktkennzeichnungsstelle.pdf (Abruf 07/2019).

– Liedtke, C. (2018):Design for Sustainability. Online verfügbar:http://www.sustainablegoals.org.uk/design-for-sustainability (Abruf07/2019).

– Liedtke, C., Buhl, J., Ameli N. (2013):Microfoundations forSustainable Growth with EcoIntelligent Product Service-Arrangements. Online verfügbar: http://www.mdpi.com/2071-1050/5/3/1141/htm (Abruf 07/2019).

– OECD Better Life Initiative (2016):Wie lebt es sich in Deutschland?Online verfügbar: http://docplayer.org/31400016-Wie-lebt-es-sich-in-deutschland.html (Abruf 07/2019).

– Radermacher, F. J., Riegler, J., &Weiger, H. (2011): ÖkosozialeMarktwirtschaft: Historie, Programmund Perspektiveeines zukunftsfähigen globalenWirtschaftssystems. Oekom,München.

– Rockström, J. et al. (2009): Planetary Boundaries: Exploring theSafe Operating Space for Humanity. In: Ecology and society, 14(2),32. Online verfügbar: http://www.ecologyandsociety.org/vol14/iss2/art32 (Abruf 07/2019).

– Schmidt-Bleek, F. (2007):Nutzenwir die Erde richtig? DieLeistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Schmidt-Bleek, F. (1993):Wie viel Umwelt braucht der Mensch?MIPS – Das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser, Berlin.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

Page 194: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

194 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Green Start-Ups – a NewTypology for Sus-tainable Entrepreneurship and InnovationResearchBergset, L.; Fichter, K. (2015)Journal of Innovation Management, 3 (3), 118-144

Product design and business model stra-tegies for a circular economyBocken, N. M. P. ; de Pauw, I.; Bakker, C.; van derGrinten, B. (2016)In: Journal of Industrial and Production Engineering, 33(5),308-320

Evolution of Design for Sustainability:From ProductDesign toDesign for SystemInnovations and TransitionsCeschin, F.; Gaziulusoy, I. (2016)In: Design Studies, 47, 118-163

BessereWelt: Hat der Kapitalismusausgedient? Eine Reise durch alternativeWirtschaftssysteme.Corneo, G. G. (2014)Goldegg, Berlin/Wien

Erfolg und Scheitern "grüner" Innova-tionenFichter, K.; Clausen, J. (2012)Metropolis, Maburg.

Diffusion Dynamics of Sustainable Inno-vation – Insights on Diffusion PatternsBased on the Analysis of 100 SustainableProduct and Service InnovationFichter, K.; Clausen, J. (2016)

In: Journal of Innovation Management, 4(2), 30-67

Emissions TradingWorldwide: StatusReport 2017ICAP (2017).Berlin: Oktoberdruck. Online verfügbar: https://icapcarbonac-tion.com/en/?option=com_attach&task=download&id=447(Abruf 07/2019)

The Great Transformation: The Political andEconomic Origins of Our TimePolanyi, K. (1944)Beacon Press, Boston

Nutzen wir die Erde richtig? Die Leistungender Natur und die Arbeit des MenschenSchmidt-Bleek, F. (2007)Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M.

The Performance EconomyStahel,W. (2006)New York: Palgrave Macmillan

Towards a Green Economy – Pathways toSustainable Development and PovertyEradication. A Synthesis for Policy MakersUNEP (2011)Online verfügbar: https://www.cbd.int/financial/doc/green_economyreport2011.pdf (Abruf 07/2019)

– Seitz, K. (2014):Dokumentation: Umsonst oder unbezahlbar?Eine kritische Diskussion zur Rolle der‚Natur’ in ModellenalternativerWohlstandsmessung und zumarktbasiertenInstrumenten imNaturschutz. Fachtagung, Bonn, 19. November2014. Heinrich-Böll-Stiftung (Hg); Global Policy Forum Europe (Hg);terre des hommes Deutschland e.V. (Hg), Berlin/Bonn/Osnabrück.

– Stiglitz, P., Sen, A., Fitoussi, J. P. (2009): Report of the Commis-sion on the Measurement of Economic Performance etSocial Progress. Online verfügbar: http://ec.europa.eu/eurostat/documents/118025/118123/Fitoussi+Commission+report (Abruf07/2019).

–WBGU –Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderungen (2011):Welt imWandel: Gesellschafts-vertrag für eine GroßeTransformation. Online verfügbar:https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/welt-im-wandel-gesellschaftsvertrag-fuer-eine-grosse-transformation(Abruf 07/2019).

–WCED World Commission on Environment and Development(1987): Our Common Future (Brundtland-Report). OxfordUniversity Press, Oxford.

–Weizsäcker, E. U. von; Görres; A., Ehringhaus, H.; Schlegelmilch, K.;Luhmann, J.-H. (1994): DerWeg zur ökologischen Steuerre-form.Weniger Umweltbelastung undmehr Beschäftigung.Das Memorandum des Fördervereins Ökologische Steuerre-form. Olzog, München.

–Welfens, J.; Büttgen, A.; Berg, H. (2016): NRW 2030 Zukunfts-bilder Hintergrundpapier zum AP 8 im Rahmen desZuwendungsprojektes„Konzeptionelle Analysen und Über-legungen zur Ausgestaltung einer Nachhaltigkeitsstra-tegie NRWaus wissenschaftlicher Sicht.“ Online verfügbar:https://docplayer.org/35661678-Nrw-2030-zukunftsbilder.html(Abruf 07/2019).

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195KAPITEL 5: TRANSFORMATION

5. Wie kann man die dafür not-wendige Transformation gestal-ten?

Schneidewind 2018: Kap. 3, Teil B, 23

In Deutschland hat sich der wissenschaftlicheBeirat der Bundesregierung Globale Umwelt-veränderungen umfassend mit den Anfor-derungen einer großen Transformation be-schäftigt und einige für unsere Gesellschaftengrundlegende Berichte verfasst. Er erläutertdiesen Begriff wie folgt:

„Das Konzept einer „großen Transformation“wurde 1944 durch den ungarischen ÖkonomKarl Polanyi in seiner gleichnamigen Analyseder Industriellen Revolution geprägt. Es ana-lysiert den umfassenden systemischen Wandelnationaler Ökonomien in Wechselwirkung mitden Strukturen der Weltwirtschaft. In Anleh-nung an Polanyis Transformationsverständ-nis] definiert der WBGU, eine, die planetari-schen Leitplanken berücksichtigende, GroßeTransformation als umfassenden Wandel, dereinen Umbau der nationalen Ökonomien undder Weltwirtschaft innerhalb dieser Leitplan-ken vorsieht, um irreversible Schädigungen desErdsystems sowie der Ökosysteme und deren

Auswirkungen auf die Menschheit zu vermei-den.“ (WBGU 2011: 417)

„Fasst man diese Anforderungen an die voruns liegende Transformation zusammen,wird deutlich, dass die anstehenden Ver-änderungen über technologische und tech-nokratische Reformen weit hinausreichen:Die Gesellschaften müssen auf eine neue„Geschäftsgrundlage“ gestellt werden. [...]Der Gesellschaftsvertrag kombiniert eineKultur der Achtsamkeit (aus ökologischerVerantwortung) mit einer Kultur der Teil-habe (als demokratische Verantwortung)sowie mit einer Kultur der Verpflichtunggegenüber zukünftigen Generationen (Zu-kunftsverantwortung).“ (ebd.: 2)

Es geht um einen Epochenumbruch im globa-len Maßstab – nach der neolithischen Revolu-tion, in der die Grundlage für unsere Agrarge-sellschaft gelegt wurde, über die industrielleRevolution, in der sich die Industriegesell-schaft entwickelte, steht nun ein Umbruchin eine für die Erde tragfähige internationa-le Menschengemeinschaft an (vgl ebd.). Indiesem Umbruch beschreibt die „NachhaltigeEntwicklung (...) einen weiteren Schritt in der

Entwicklung menschlicher Zivilisation hin zueiner Welt, in der Würde und die Entfaltungs-möglichkeiten von Menschen überall auf die-ser Welt heute und in Zukunft Kompass für ge-sellschaftliches, politisches und ökonomischesHandeln sind“ (Schneidewind 2018: 23). DieTransformation selbst vollzieht sich in meh-reren Jahrzehnten, umso wichtiger diese vo-ranzutreiben, da der Klimawandel stetig fort-schreitet. In einer Transformation überlagernsich ökonomische, kulturelle, soziale undökologische Veränderungsprozesse in unter-schiedlichen Geschwindigkeiten und in ver-schiedenen Regionen mit jeweils unterschied-lichen Akteuren/Akteurinnen. Dabei bestehtdie Herausforderung bei der nun anstehendenTransformation zur klimaverträglichen Ge-sellschaft darin, einen umfassenden Umbruchbewusst und möglichst gesteuert zu vollzie-hen, um soziale Ungleichheiten und Konfliktewie auch Klimakatastrophen und ökosystema-re Risiken zu mindern.

Dieser Umbruch hat bereits begonnen: In den1970er Jahren wurde das etablierte Wirt-schafts- und Gesellschaftsmodell 1 erstmalsdurch die Studie „Grenzen des Wachstums“in Frage gestellt (Meadows et al. 1972). Seit

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196 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

etwa dem Beginn des 21. Jahrhunderts istder Transformationsprozess in eine Phase derbeschleunigten Entwicklung eingetreten, inder die entscheidenden Weichen in RichtungNachhaltigkeit zu stellen sind. Dieser Prozesskann allerdings auch ins Stocken geraten undmisslingen. Konkret handelt es sich um dreiHauptweichen der Weltgesellschaft, die neujustiert werden müssen, damit die 2°C-Leit-planke nicht durchbrochen wird. Diese Wei-chen betreffen den Energiesektor einschließ-lich des Verkehrswesens, die Urbanen Räumesowie die Landnutzungssysteme (vgl. WBGU2011: 285).

In umfassenderer Ausführung beschäftigt sichebenfalls Schneidewind mit jenen sektoralenTransformationspotentialen. So identifizierter sieben „Transitionsarenen“, welche denKern einer Großen Transformation darstel-len. Die Grundbausteine einer solchen bildendemnach:1. die Wohlstands- und Konsumwende,2. die Energie- und3. die Ressourcenwende.

Jene drei Sphären finden sich wiederum indamit verbundenen sektoralen Wenden – der4. Mobilitätswende,5. Ernährungswende,6. Urbanen Wende und7. Industriellen Wende

wieder und ergeben zusammen ein Netzwechselwirkender Transformationsarenen.(vgl. Schneidewind 2018: 169, 170)

„Die Große Transformation gilt es als einenProzess zu verstehen, der von vielen Akteurengestaltet wird. Ausgestattet mit einem klar de-finierten normativen Kompass geht es um dieFähigkeit, in komplexen gesellschaftlichen, kul-turellen, ökonomischen und technologischenProzessen zu navigieren.” (Schneidewind2018: 32)

Nimmt man diese Anforderungen wahr, sositzt Design an einer der Schnittstellen derRealisierung einer großen Transformation füreine nachhaltige Entwicklung. Es übersetztdiese Anforderungen in Material und Struk-turen, in Produkte, Dienstleistungen und In-

frastrukturen, in das alltägliche Leben undArbeiten der Menschen. Transformation wirdphysisch und emotional erleb- und gestaltbar.Sie wirkt sinnstiftend (Identität, soziales Mit-einander/Wertschätzung), das Leben sichernd(Sicherheit, Vertrauen) und entfaltend (Selbst-wirksamkeit, Status). Damit kann Design zu ei-nem friedfertigen, an Nachhaltigkeit orientier-ten Epochenumbruch beitragen und diesen inForm, Ästhetik und „Sprache“ (=Haltung) indie materialisierte Welt übersetzen. 1

Für die Gestaltung und Entwicklung einerTransformation hat die Ressourcenkommissi-on am Umweltbundesamt acht Orientierungs-punkte abgeleitet (vgl. KRU 2014, Liedtke etal. 2015, Abb. S. 197).

Bezogen auf die Gestaltung und Entwicklungvon Produkten und Dienstleistungen bedeutetdies:1. Zukunftsorientierung 2 2

Zukunftsziele wie die des normativen Kom-passes des WBGU (2016) oder die Sustai-nable Development Goals (SDG) der Verein

1 4. Nachhaltiges Wirtschaften 1 11. Design for Social Change, 13. Geschäftsmodellentwicklung 2 6. Megatrends, 4. Sustainable Development Goals 2 1. Megatrends,3. Vorsorgeprinzipien, 4. Nachhaltiges Wirtschaften

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197KAPITEL 5: TRANSFORMATION

Abb.30: basierend auf KRU 2014: 5, erweitert nach Geels 2004, Geels and Schot 2007, Geels 2011

Ökosysteme – Material und Fläche sind begrenztKernkomponenten für eine nachhaltige Transformation

Zukunftsorientierung – Gestaltung einer ressourcenleichten Gesellschaft

Wasser

Luft

Boden

ökosystemareDienstleistungen Struktur- und Akteursorientierung

1

2 4

8Fläche,abiotischeundbiotischeFaktoren

FloraundFauna

Nischen-

innovationen

soziotechnisches

Regime

Ressourcenkultur

Märkte, Nutzer/innen, Präfe-renzen

Politik

Kultur

Wissenschaft

Technologie

Produkt- Dienstleistungssysteme

Industrie6

Explorations-& Transitions-orientierung

Zeit

5 Prozess- u. Produktorientierung

Extraktion Nutzung Entsorgung/Recycling

Akteure

7

Befähigungsorientierung

3

Ziel- &Ergebnis-Orientierung

Pf ege und Erhalt der Natur

Dienstl

eistungen der Natur

Verarbeitung

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198 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

ten Nationen in Formsprache und Funktionganzer Dienstleistungssysteme und derenProdukte „materialisieren“.▶ Faktoren wie soziale Sicherheit, Selbst-

wirksamkeit, Integration/Inklusion, Soli-darität, Zugehörigkeitsgefühle, Vertrau-en, (soziale) Identität sowie eigene undsoziale Entfaltung u.a. als Gestaltungszie-le miteinbeziehen.

2. Erhaltung der ökosystemaren Dienstleis-tungen 2 2

▶ Durch Formsprache und Funktion vonProdukten und Dienstleistungen zu mehrAufmerksamkeit gegenüberder Naturundden Mitmenschen beitragen und selbstbe-stimmte Entscheidungen für oder gegendie Natur sowie das soziale Miteinander

▶ Sozialen Konflikte und Kriegen auf derWelt vorbeugen, die vielfach auf Ressour-cenkonflikten – also dem Zugang zu Flä-chen und Wasser – basieren.

3. Ziel- und Ergebnisorientierung 3 3

▶ Leitindikatoren sowie -ziele definieren, dieuns helfen, den Zustand und die Entwick-lung unserer Interaktionen mit der Naturzu beschreiben.

▶ Die internationalen und deutschen Nach-haltigkeitsziele als Wegweiser in die Leis-tungsanforderungen für Forschung undEntwicklung und das Design übersetzenund umsetzen (vgl. UN SDG 2015, Bundes-regierung 2017).

4. Struktur- und Akteursorientierung 4 4

▶ Bedarfe und alltägliche Notwendigkeitender Menschen in ihren gegebenen struktu-rellen Rahmenbedingungen wahrnehmen.Timothy Prestero nennt dies „Design forOutcome“ (2012).

▶ Integration von Anwendern/Anwenderin-nen-, Zielgruppen- oder Nutzern/Nutze-rinnen sowie Co-Creation/Co-Design alsetabliertes Vorgehen im Designprozessnutzen und bereitstellen.

5. Prozess- und Produktorientierung 5 5

▶ Prototypen realisieren und testen.▶ Prozessveränderungen in Produktion und

Konsum, die eine Umsetzung der Gestal-tung nach sich ziehen kann, mitbedenken.

▶ Geschäftsmodelle und deren Ausgestaltungfür die gewünschte Zielerreichung gestal-ten und erproben.

Produktgestalter/-innen sind damitÜbersetzer/-innen des Gewünschten undGewollten zwischen Produktion und Kon-sum, zwischen Nische und Mainstream.

6. Explorations- und Transitionsarenen 6 6

▶ Prototypen und Geschäftsmodelle nutzer-und anwender/-innenintegriert gestalten,bauen und erproben.

▶ Mit den Betroffenen Reallabore oder Li-vingLabs gestalten, in deren geschütztenRaum Explorationen und Erprobungenstattfinden können.

▶ Jeden Menschen zur aktiven Gestaltung sei-ner Umweltund seinesLebensstils befähigen.

2 10. Ressourcen /MIPS, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 2 2. Umweltraum 3 15. Lösungsansätze und Designszenarien 3 4. Nachhaltiges Wirtschaften, 6. Nachhaltigkeits-ziele 4 11. Design for Social Change, 14. Zielgruppen 4 1. Megatrends, 5. Transformation 5 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ressourcen / MIPS, 13. Geschäftsmodelle 5 7. Pro-dukte und Dienstleistungen, 9. Wertschöpfungsketten, 11. Soziale Praktiken 6 11. Design for Social Change, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 6 5. Transformation, 8. Design

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199KAPITEL 5: TRANSFORMATION

▶ Moderator/-in für Gestaltung einerTransformation sein.

7. Erfahrungslernen 1 x 1 x

Um Risiken und Fehlentwicklungen zu ver-meiden, ist Erfahrungslernen und Erprobenvon Produkten von hoher Bedeutung (vgl.Bliesner et al. 2014).▶ Über Transitionsarenen undAnsätze desSo-

cial Design Erfahrungslernen ermöglichen.▶ Designansätze weiterentwickeln.

8. Ressourcenkultur 2 2

▶ Ressourcenkultur als ein Ziel von Gestal-tung entwickeln.

▶ Ökologischen und sozialen Ressourcen ineiner solchen Kultur mit wertschätzenderHaltung begegnen. Ein Design ist somitauch immerein politischesund gesellschaft-liches Statement (vgl. Spangenberg 2014,Spangenberg 2016, von Borries 2017).

▶ Gestaltung als Haltung und Formspracheals Statement verstehen.

Design bildet damit eine der wichtigstenStellschrauben einer nachhaltigen gro-ßen Transformation.

QUELLEN– Bliesner, A.; Liedtke, C.;Welfens, M. J.; Baedeker, C.; Hasselkuß, M.;Rohn, H. (2014):„Norm-Oriented Interpretation Learning”andResource Use: The Concept of„Open-Didactic Exploration”as a Contribution to Raising Awareness of a ResponsibleResource Use. In: Resources, 3(1), 1–30. Online verfügbar: https://www.mdpi.com/2079-9276/3/1/1 (Abruf 07/2019).

– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen: eine politische Design-theorie. 2. Auflage, Suhrkamp, Berlin.

– Bundesregierung (2016): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie– Neuauflage 2016. Online verfügbar: https://www.bundesregie-rung.de/Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/Deutsche_Nach-haltigkeitsstrategie_Neuauflage_2016.html?nn=437032 (Abruf07/2019).

– Geels, F.W. (2004): From Sectoral Systems of Innovation toSocio-Technical Systems: Insights about Dynamics andChange from Sociology and Institutional Theory. In: Researchpolicy, 33(6-7), 897–920.

– Geels, F.W.; Schot, J. (2007): Typology of Sociotechnical Transiti-on Pathways. In: Research policy, 36 (3), 399–417.

– Geels, F.W. (2011): The Multi-Level Perspective on Sustainabi-Lity Transitions. Responses to Seven Criticisms. In: Environmen-tal innovation and societal transitions, 1 (1), 24–40.

– Liedtke, C.; Hermann, S. et al. (2014): Ressourcenleicht lebenundwirtschaften. Standortbestimmung der Ressourcen-kommission am Umweltbundesamt (KRU) Ressourcenkom-mission am Umweltbundesamt. Online verfügbar: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikatio-nen/kru_standortbestimmung_0.pdf (Abruf 07/2019).

– Liedtke, C.; Baedeker, C.; Borrelli, L. M. (2015): Stellschrauben fürNachhaltigkeit: Trends und Verantwortungen in Produktionund Konsum. In: Roth, M; Ulbert, C.; Debiel, T. (Hg.): StiftungEntwicklung und Frieden. Institut für Entwicklung und Frieden, KäteHamburger Kolleg/Cetre for Global Cooperation Reserach: GobaleTrends 2015, 299–314, Fischer, Frankfurt/M.

– Meadows, G.; Meadows, D. H.; Zahn, E.; Milling, P. (1972): DieGrenzen desWachstums. Bericht des Club of Rome zur Lageder Menschheit. Deutsche Verlagsanstalt, München.

– Prestero, T. (2012): Design for People not Awards. Onlineverfügbar: https://www.ted.com/talks/timothy_prestero_de-sign_for_people_not_awards/transcript?language=en#t-441572(Abruf 07/2019).

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

– Spangenberg, J. (2014): Institutional change for strongsustainable consumption: sustainable consumption andthe degrowth economy. In: Sustainability: Science, Practice &Policy, 10 (1).

– Spangenberg J. (2016): The world we see shapes the world wecreate. How the underlying worldviews lead to differentrecommendations from environmental and ecological

1 3. Vorsorgeprinzipien, 11. Soziale Praktiken, 12. Effekte 1 11. Design for Social Change, 15. Lösungsansätze und Designszenarien , 16. Evaluierung 2 1. Megatrends2 4. Sustainable Development Goals, 11. Design for Social Change

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200 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Evolution of Design for Sustainability:From Product Design to Design for SystemInnovations and TransitionsCeschin, F.; Gaziulusoy, I. (2016)In: Design Studies, 47, 118-163

Emotionally Durable Design. Objects,Experiences and EmpathyChapman, J. (2005)London Earthscan Publishing

Eight Tons of Material Footprint. Suggestionfor a Resource Cap for Household Consump-tion in FinlandLettenmeier, M.; Liedtke, C.; Rohn, H. (2014)In: Resources, 3(3), 488-515. Online verfügbar:https://www.mdpi.com/2079-9276/3/3/488 (Abruf 07/2019)

LIVINGLABS UND REALLABORE:

Reallabore im Kontext transdisziplinärerForschungJahn, T.; Keil, F. (2016)In: GAIA - Ecological Perspectives for Science and Society 25(4): 247–52

Living Labs – Design and Assessment ofSustainable LivingKeyson, D. V.; Guerra-Santin, O., Lockton, D. (2017)Springer International Publishing Switzerland

Living Lab: An Open and Citizen-CentricApproach for InnovationKareborn, B. B.; Stahlbrost, A. (2009)In: International Journal of Innovation and RegionalDevelopment, 1 (4), 356

Von„Aktionsforschung“ bis„Zielkonflikte“:Schlüsselbegriffe der ReallaborforschungParodi, O.; Beecroft, R.; Albiez, M.; Quint, A.; Seebacher, A.;Tamm, K.;Waitz, C. (2016)In: Technikfolgenabschätzung – Theorie Und Praxis, 25 (3)

Structure Matters: Real-World Laboratoriesas a NewType of Large-Scale ResearchInfrastructure. A Framework Inspired byGiddens’Structuration TheorySchneidewind, U.; Augenstein, K.; Stelzer, F.;Wanner, M. (2018)In: GAIA 01/2018, Oekom, München

TRANSDIZIPLINÄRE FORSCHUNG:

Methods for Transdisciplinary Research:A Primer for PracticeBergmann, M.; Jahn, T.; Knobloch T.; Krohn,W.; Pohl, C.;Schramm, E.; Klein, J. T. (2012)Campus, Frankfurt/M.

Transdisciplinary Research in SustainabilityScience: Practice, Principles, and ChallengesLang, D. J. et al. (2012)In: Sustainability science, 7 (1), 25–43

Vom Experimentellen Lernen zumTransfor-mativen ExperimentierenSchneidewind, U.; Singer-Brodowski, M. (2015)In: Zfwu, 16 (1)

DESIGN:

Transition Design: An Educational Frame-work for Advancing the Study and Designof Sustainable Transitions.Irwin, T.; Tonkinwise, C.; Kossoff, G. (2015)School of Design, Carnegie Mellon University.

economics – the green economy example. In: Int. J. SustainableDevelopment, 19(2).

– Vereinte Nationen (Stand 2019): Helping governments andstakeholders make the SDGs a reality. Sustainable DevelopmentGoals Knowledge Plattform. Online verfügbar: https://sustainable-development.un.org (Abruf 07/2019).

–WBGU –Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderungen (2016): Der Umzug der Menschheit.Die transformative Kraft der Städte. Berlin. Online verfügbar:https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/der-umzug-der-menschheit-die-transformative-kraft-der-staedte (Abruf07/2019).

–WBGU –Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Um-weltveränderungen (2011):Welt ImWandel. Gesellschaftsver-trag Für Eine GroßeTransformation. Online verfügbar: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/welt-im-wandel-ge-sellschaftsvertrag-fuer-eine-grosse-transformation (Abruf 07/2019).

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201KAPITEL 5: TRANSFORMATION

wwwLivingLabs in der Green EconomyWuppertal Instituthttp://www.innolab-livinglabs.de (Abruf 07/2019)

SDGWebseiteVereinte Nationenhttps://sustainabledevelopment.un.org (Abruf 07/2019)

Transition DesignWebseiteSchool of Design at Carnegie Mellon Universityhttps://transitiondesign.net (Abruf 07/2019)

Microfoundations for Sustainable Growthwith Eco-Intelligent Product Service-ArrangementsLiedtke, C.; Buhl, J.; Ameli, N. (2013)In: Sustainability, 5(3), 1141-1160

Designing value through less by inte-grating sustainability strategies intolifestylesLiedtke, C.; Buhl, J.; Ameli, N. (2013)In: International Journal of Sustainable Design, 2(2),167-180

Design for Sustainability (DfS): Theinterface of Sustainable Production andConsumptionSpangenberg, J. H.; Fuad-Luke, A.; Blincoe, K. (2010)In: Journal of Cleaner Production, 18 (15)

Designing for Society. Products andServices for a BetterWorldTromp, N.; Hekkert, P. (2018)Bloomsbury Visual Arts, London / New York

Vision In Product Design - A guidebookfor Innovatorsvan Dijk, M.; Hekkert, P. (2014)BIS Publishers, Amsterdam

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202 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

6. Welche Nachhaltigkeitszielegeben der Gestaltung Orientie-rung?

Schneidewind 2018: Kap. 7, 8, 9, 10

„Das Leitbild ,Nachhaltige Entwicklungʻ (engl.sustainable development) fordert alle Menschenauf, sich so zu verhalten, dass alle Erdbewoh-ner heute und in Zukunft gut leben können. Dieerste Definition von Nachhaltigkeit geht auf dieWeltkommission für Umwelt und Entwicklungzurück. In dem von diesem Gremium im Jah-re 1987 zur Lage der Nationen vorgelegten Be-richt, dem sogenannten ,Brundtland- Reportʻ,wird Nachhaltigkeit beschrieben als eine […]Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegen-wart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künfti-ge Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nichtbefriedigen können.ʻ (Weltkommission für Um-welt und Entwicklung 1987: 46). Als nachhaltigwird eine gesellschaftliche Entwicklung dem-nach bezeichnet, wenn sie sich sowohl an öko-nomischen, ökologischen als auch an sozialenMaßstäben von ,Verträglichkeitʻ messen lässt[...] Die Umsetzung des Leitbildes NachhaltigeEntwicklung kann nur im Zusammenspiel zwi-schen Politik, Wirtschaft und Verbraucherinnenund Verbrauchern sowie im Dialog mit ande-

ren Organisationen, z. B. Kirchen und Nicht-Regierungsorganisationen, erfolgen. Auf derglobalen Ebene werden die Ziele und Maßnah-men einer nachhaltigen Entwicklung für denPlaneten auf den ,Weltgipfelnʻ formuliert. Dererste ,Weltgipfelʻ, an dem mehr als 170 Staa-ten teilgenommen haben, fand 1992 in Rio deJaneiro statt [Lexikon der Nachhaltigkeit Stand09/2015]. In dem Abschlussdokument diesesTreffens wurde ein Fahrplan für die Zukunft desPlaneten im 21 Jh. formuliert, die sog. Agenda21 [Lexikon der Nachhaltigkeit Stand 08/2015].Die Agenda 21 sieht bereits vor, dass die Pla-

nung und Umsetzung einer nachhaltigen Ent-wicklung durch die Staaten in Form nationalerStrategien und Umwelt(aktions)pläne erfolgensollte.“ (Liedtke et al. 2016: 9–11) Daraufhinwurden Folgekonferenzen abgehalten (1992,1997, 2002, 2012): „2015 (September) fand inNew Yorkder UN-Sondergipfel zur ,2030-Agen-da für nachhaltige Entwicklungʻ statt. Im Zen-trum stand die Verabschiedung neuer interna-tionaler Nachhaltigkeitsziele für die Zeit nach2015, die sogenannten »Sustainable Develop-ment Goals«.“ (ebd. 11)

Abb.26: United Nations,SDG Poster 2018,Online verfügbar:https://www.un.org/sustainabledevelop-ment/news/commu-nications-material(Abruf 01/2019)

Sustainable Development Goals

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203KAPITEL 6: NACHHALIGKEITSZIELE

Diese adressieren weltweite ökologische, ge-sellschaftliche und wirtschaftliche Herausfor-derungen. Ihre Umsetzung soll zur Verbesse-rung der Lebensbedingungen von Menschenweltweit als auch des Zustands des globalenÖkosystems beitragen. Zentrale Zielsetzun-gen sind unter anderem Armuts- und Hun-gerbekämpfung, Förderung von Gesundheit,(beruflicher) Bildung und menschenwürdigerArbeit, nachhaltiges Konsumieren und Produ-zieren, Reduzierung von Ungleichheit sowiedie Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutz(United Nations 2019).

Die Bundesregierung hat in ihrer Neuauflageder Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016alle 17 SDGs adressiert. Die Neuauflage wur-de auf Basis einer einjährigen DialogphasemitBürgern und Bürgerinnen, Verbänden und In-stitutionen entwickelt.

Diese Zielsetzungen betreffen unser Lebenund Wirtschaften direkt. 1 Das bedeutet, dieglobalen Nachhaltigkeitsziele materialisieren

sich zukünftig in Produkten, Dienstleistungenund Infrastrukturenoder aber dieZielewerdennicht erreicht. Hier sind Designer/-innen undProduktentwickler/-innen gefragt. Die SDGssind somit eine zentrale Bezugsgröße für nach-haltiges Design. Sie können unmittelbar in De-sign übersetzt werden. 1

Auch Verbraucher/-innen berücksichtigenzunehmend Nachhaltigkeitsaspekte von Pro-dukten und Dienstleistungen bei ihrer Kauf-entscheidung (vgl. Schaller et al. 2012, SGSGermany 2014) – so können nachhaltigkeits-orientierte Gestaltungskonzepte zur Steige-rung der Akzeptanz und Attraktivität bei-tragen. 2 2 Auch in Unternehmen ist dieOrientierung der Unternehmensstrategie anden Leitzielen der SDGs immer mehr gefragt(vgl. UN Global Compact 2017, 2018). 3

3 Das liegt unter anderem daran, dass dieglobalen Vernetzungen über die Wertschöp-fungsketten immer komplexer werden undVerbraucher/-innen mehrTransparenz bezüg-lich der weltweiten Auswirkungen von Unter-

nehmenstätigkeit einfordern. Insbesondereim Hinblick auf die ökologischen Ansprücheder Konsumierenden bezeichnet der Soziolo-ge Nico Stehr jene Entwicklung als „Morali-sierung der Märkte“ (Stehr 2007, zitiert nachSchneidewind 2018: 366).

QUELLEN– Bundesregierung (2016): Deutsche Nachhaltigkeitsstra-tegie – Neuauflage 2016. Online verfügbar: https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/Deutsche_Nachhaltigkeitsstrategie_Neuauflage_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=18 (Abruf 07/2019).

– IASS – Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam(2019):Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030. Onlineverfügbar: https://www.wpn2030.de (Abruf 07/2019).

– Lexikon der Nachhaltigkeit (Stand 09/2015):Weltgipfel Rio deJaneiro, 1992. Online verfügbar: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/weltgipfel_rio_de_janeiro_1992_539.htm (Abruf 07/2019).

– Lexikon der Nachhaltigkeit (Stand 08/2015): Agenda 21. Onlineverfügbar: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/agen-da_21_744.htm (Abruf 07/2019).

– Schaller, S. , Vogell, K., Georgi, R., Kuhndt, M., Raab, C. (2012):Nachhaltigkeit in der deutschen Konsumgüterwirtschaft –Themen, Trends und Initiativen. Online verfügbar:

1 1. Megatrends, 4. Nachhaltiges Wirtschaften 1 4. Sustainable Development Goals, 6. Megattrendanalyse, 5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, 8. Leistungsktiterien2 11. Soziale Praktiken, 12. Effekte, 14. Zielgruppen 2 14. Zielgruppenbeschreibung, 11. Design for Social Change, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 3 4. Nachhaltiges

Wirtschaften, 13. Geschäftsmodelle 3 13. Geschäftsmodellentwicklung

Page 204: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

204 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Eine Frage der Ehre und wie es zu morali-schen Revolutionen kommtAppiah, K. A. (2011)Beck, München

Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Neu-auflage 2016Bundesregierung (2016)Online verfügbar: https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/Deutsche_Nachhaltigkeitsstrategie_Neuauflage_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=27 (Abruf 07/2019)

Nationales Programm für nachhaltigenKonsum – GesellschaftlicherWandel durcheinen nachhaltigen LebensstilBundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleareSicherheit – BMU (2019)Online verfügbar: https://www.bmu.de/publikation/nationales-programm-fuer-nachhaltigen-konsum-gesellschaftlicher-wandel-durch-einen-nachhaltigen-leb(Abruf 07/2019)

Deutsches Ressourceneffizienzprogramm II.Programm zur nachhaltigen Nutzung undzum Schutz der natürlichen RessourcenBundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleareSicherheit – BMU (2016)Online verfügbar: https://www.bmu.de/fileadmin/Da-ten_BMU/Pools/Broschueren/progress_ii_broschuere_bf.pdf(Abruf 07/2019)

https://www.gs1-germany.de/fileadmin/gs1/basis_informatio-nen/Nachhaltigkeit_in_der_Konsumgueterwirtschaft.pdf (Abruf07/2019).

– SGS Germany (2014): Vertrauen und Skepsis: Was leitet dieDeutschen beim Lebensmitteleinkauf? SGS-Verbraucher-studie 2014 .Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentati-ven Befragung. Online verfügbar: http://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2015/42839/pdf/sgs.pdf (Abruf 07/2019).

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Stehr, N. (2007): Die Moralisierung der Märkte. Eine Gesell-schaftstheorie. Suhrkamp, Frankfurt/M.

– Tischner, U., Schmincke, E., Rubik, F., Prösler, M. (2000): How todo EcoDesign? In: Art Books Intl Ltd.

– United Nations Clobal Compact (2018): https://www.unglobal-compact.org/docs/publications/Decent-Work-in-Global-Supply-Chains_UN-Global-Compact.pdf (Abruf 07/2019).

– United Nations Clobal Compact (2017):Making Global GoalsLocal Business. A New Era for Responsible Business. Onlineverfügbar: https://www.unglobalcompact.org/docs/about_the_gc/MakingGlobalGoalsLocalsBusiness2017.pdf (Abruf 07/2019).

– United Nations (Stand 2019): Sustainable DevelopmentKnowledge Platform. Online verfügbar:https://sustainabledevelopment.un.org (Abruf 07/2019).

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Design for SustainabilityLiedtke, C. (2018)Online verfügbar: https://www.sustainablegoals.org.uk/design-for-sustainability (Abruf 07/2019)

The fortune at the bottom of the pyramid,revised and updated 5th anniversary edi-tion: Eradicating poverty through profitsPrahalad, C. K. (2009)FT Press

SGS-Verbraucherstudie 2016. Produktsicher-heit bei Konsumgütern – Ergebnisseeiner bevölkerungsrepräsentativenBefragungSGS Germany GmbH (2016)Online Verfügbar: https://www.qualitaetssiegel.net/de/veroeffentlichungen/verbraucherstudie_2016 (Abruf07/2019)

Wir sind dran. Club of Rome: Der großeBericht:Was wir ändern müssen, wenn wirbleiben wollen. Eine neue Aufklärung füreine volleWeltvonWeizsäcker, E. U.;Wijkman, A. (2017)Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh

Page 205: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

205KAPITEL 6: NACHHALIGKEITSZIELE

WBCSD CEO Guide to the SDGsWBCSD –World Business Council for SustainableDevelopmenthttps://www.wbcsd.org/Overview/Resources/General/WBCSD-CEO-Guide-to-the-SDGs (Abruf 07/2019)

Davos 2015 – Sustainable Development:Demystifying the FactsHans RoslingWorld Economic Forumhttps://www.youtube.com/watch?v=3pVlaEbpJ7k (Abruf07/2019)

wwwInternationale Ziele – Die Agenda 2030für nachhaltige EntwicklungBMZ (2016)http://www.bmz.de/de/ministerium/ziele/2030_agenda/index.html (Abruf 06/2019)

Post 2015 – Agenda für nachhaltigeEntwicklungBundesregierung (2016)https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2014/09/2014-09-30-agenda-nachhaltige-entwicklung.html (Abruf 07/2019)

Netzwerk Verbraucherforschungwww.netzwerk-verbraucherforschung.de (Abruf 07/2019)

HLG-PCCB: High-level Group for Partner-ship, Coordination and Capacity-Buildingfor statistics for the 2030 Agenda forSustainable DevelopmentVereinte Nationenhttp://unstats.un.org/sdgs/hlg (Abruf 07/2019)

Interagency Expert Group on SDGIndicatorsUnited Nationshttp://unstats.un.org/sdgs/iaeg-sdgs (Abruf 07/2019)

The Sustainable Development GoalsReport 2017United Nations (2017)

https://unstats.un.org/sdgs/report/2017 (Abruf (06/2019)

SDSN – Sustainable Development Solu-tions Network. A Global initiative for theUnited Nationshttp://unsdsn.org (Abruf (06/2019)

United Nations Global Compacthttps://www.unglobalcompact.org (Abruf 07/2019)

Global Compact Netzwerk DeutschlandUnited Nations Global Compacthttps://www.globalcompact.de (Abruf 07/2019)

Page 206: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

206 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

chen Strukturen und Infrastrukturen, Dienst-leistungen und Produkten. Mentale Modelleund Deutungen, Routinen und Praktiken wer-den durch Objekte geprägt oder prägen diese.Letztlich benötigt jede Idee eine irgendwiegeartete Materialisierung, die ökologische,soziale wie ökonomische Fußabdrücke in derWelt hinterlässt. Es gibt keine Dienstleistungohne Material- und damit Ressourceneinsatz.Wie groß die miteinander verwobenen Fuß-abdrücke sind (im Positiven wie im Nega-tiven) und wo sie entstehen, hängt von derArt und Weise der Gestaltung der Produkt-Dienstleistungssysteme und ihrer Wertschöp-fungsketten sowie der kulturellen Haltungund Deutung ihrer Nutzung, ihres Konsumab.Bis auf die Naturgesetze ist in diesem „Spiel“alles menschengemacht und damit gestaltbar– gerade die Bürger/-innen in freiheitlich-de-mokratischen Gesellschaftsordnungen tragendamit Verantwortung und die Möglichkeitfür die Einrichtung und Entwicklung dieserRegeln. Es lohnt in diesem Zusammenhangimmer wieder, die Präsentationen von HansRosling und seinem Team (www.gapminder.org) anzuschauen, welcher diese globalenMechanismen datenmäßig aufbereitet undaufgezeigt hat – seine Dateninterpretationen

NACHHALTIG GESTALTENSchneidewind 2018: Kap. 2, 3, 4, Teil C

„Unterwerfendes Design bestätigt beste-hende Herrschafts- und Machtverhältnis-se, indem es dies funktional und ästhetischmanifestiert. (...) Auch ein vermeintlichneutrales, funktionalistisches Design, dassich nur einer unpolitischen Problemlö-sung verschrieben zu haben meint, entgehtnicht der immanenten Bindung des De-signs an die Sphäre des Politischen. Dennoft sichert ein problemlösungsorientiertesDesign die bestehende Ordnung und über-nimmt damit auch ohne es zu wollen, einepolitische Funktion“ (von Borries 2017: 21)

„Entwerfendes Design ist ermächtigend.(...) Das entwerfende Design versucht des-halb, seinen Benutzern und Rezipientenechte Handlungsspielräume für ihr Lebenzurückzugeben. Es stattet sie mit Techno-logien, Werkzeugen, Instrumenten undSymbolen eines selbstbestimmten Lebenaus.“ (von Borries 2017: 25)

Wie wir leben, lernen und wirtschaften, istalso eine Frage der Gestaltung von räumli-

verändern die Sicht auf die Mechanismen undBewertungen, von der Entstehung von Armutbis hin zur damit verbundenen Notwendigkeitökointelligenter Technologien, Produkte undDienstleistungen. Sie drehen die Perspektiveder Ursachen- und Problemdefinition um, dif-ferenzieren diese anders als die Deutungsho-heit der wohlhabenden Menschen und gebenso neue Einsichten und Inspirationen für dennotwendigen Wandel und darauf bezogen dieGestaltung von Lebens- und Wirtschaftsräu-men (vgl. Schulze 2003).

„Through Designer’s Work, we will be ableto outgrow the need for any kind of greenideology. Sustainability will become nor-mal, integrated in all other aspects thatmake life worth living, like humour, ima-gination, vision, curiosity, humanity andlove.“ (Antonelli 2012: 105)

„Die Dinge des Menschen bilden ein Sys-tem, das die soziale Welt stabilisiert undgewissermaßen den >Klebstoff< des so-zialen Lebens darstellt. (...) Die Interak-tion mit den Dingen gewährt uns einenbeherrschbaren Weltausschnitt und dieGewissheit, dass uns der Himmel nicht

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207NACHHALTIG GESTALTEN

auf den Kopf fällt und dass unsere Umweltkonstante Eigenschaften ausweist.“ (Bosch2012: 58 f.)

QUELLEN– Antonelli, P. (2012): States of Design 09: Green Design. In:Domus online: https://www.domusweb.it/en/design/2012/01/31/states-of-design-09-green-design.html (Abruf 07/2019).

– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – eine politische Design-theorie. SuhrkampVerlag, Berlin, 2. Auflage

– von Borries, F. (2015):Was ist Design? In: On Display – EinDesignmagazin. Online verfügbar: https://designondisplay.de/essay-what-is-design (Abruf 07/2019).

– Bosch, A. (2012): Sinnlichkeit, Materialität, Symbolik. DieBeziehung zwischenMensch und Objekt und ihre soziolo-gische Relevanz. In: Möbius, S. , Prinz, S. (Hg.): Das Design derGesellschaft. Zur Kultursoziologie des Designs. Transcript, Bielefeld.

– Schulze, G. (2003): Die beste allerWelten –wohin bewegt sichdie Gesellschaft im 21. Jahrhundert? Hanser, München.

Social Design – Gestalten für die Transfor-mation der GesellschaftBanz, C. (2016)Transcript, Bielefeld

Design Thinking for Social InnovationBrown, Y.,Wyatt, J. (2010)In: Stanford Social Innovation Review 8(1), 31-35

Evolution of design for sustainability:From product design to design for systeminnovations and transitionsCeschin, F., Gaziulusoy, I. (2016)In: Design Studies, 47, 118-163

Emotionally Durable Design. Objects,Experiences and EmpathyChapman, J. (2005)Earthscan Publishing, London

Designers Visionaries and Other Stories: ACollection of Sustainable Design EssaysChapman, J. (2012)Routledge, London

Diffusion Dynamics of Sustainable Inno-vation – Insights on Diffusion PatternsBased on the Analysis of 100 SustainableProduct and Service InnovationFichter, K., Clausen, J. (2016)In: Journal of Innovation Management, 4(2), 30-67

Persuasive Technology Using Computersto ChangeWhatWeThink and DoFogg, B. J. (2003)Morgan Kaufmann Publishers, San Francisco

Convergences: Design for SustainabilityTransitions and DegrowthGaziulusoy, A. I.; Houtbeckers, E. (2018)NODUS Sustainable Design Research Group,

Department of Design, Aalto University, Helsinki, Finland.Paper presented at the 6th International DegrowthConference. August 21-25, 2018, Malmö, Sweden. Onlineverfügbar: https://www.researchgate.net/publica-tion/327118593_Convergences_Design_for_Sustainabili-ty_Transitions_and_Degrowth (Abruf 07/2019)

Pleasurable Troublemakers. In the game-ful worldHassenzahl, M., and Laschke, M. (2014)MIT Press, Cambridge

Transition DesignIrwin, T. (2018)In: Bauwens, M., Simms, A., Newell, P., Peck, J.,White, D.,Irwin,T., Dahle, C., McAdam, S. , Gaziulusoy, I., Winn, L.:Transition Together 2018 Position Papers, A symposium onthe need for societal transitions and systems-level change.31-40

Transition Design: An Educational Frame-work for Advancing the Study and Designof Sustainable TransitionsIrwin, T., Tonkinwise, C., Kossoff, G. (2015)School of Design, Carnegie Mellon University. Onlineverfügbar: https://www.academia.edu/15283122/Transition_Design_An_Educational_Framework_for_Advancing_the_Study_and_Design_of_Sustainable_Transitions_presented_at_the_STRN_conference_2015_Sussex_ (Abruf 07/2019)

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208 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Transition Design 2015. A new area ofdesign research, practice and study thatproposes design-led societal transitiontoward more sustainable futuresIrwin, T.; Kossoff, G.; Tonkinwise, C; Scupelli, P. (2015)Carnegie Mellon Design – School of Design, Pittsburgh.Online verfügbar: https://design.cmu.edu/sites/default/files/Transition_Design_Monograph_final.pdf(Abruf 07/2019)

Transformation Design. Perspectives on aNew Design Attitude (Board ofInternational Research in Design, BIRD)Jonas,W., Zerwas, S. , Anshelm, K. von (Hg.) (2016)Birkhäuser, Basel

Of chalk and cheese: behaviour changeand practice theory in sustainable designKuijer, L., Bakker, C. (2015)In: International Journal of Sustainable Engineering, 8(3),219-230

Annoying, but in a nice way: An inquiryinto the experience of frictional feedbackLaschke, M., Diefenbach, S. , Hassenzahl, M (2015)In: International Journal of Design, 9 (2), 129-140

The Design with Intent Method: A designtool for influencing user behaviourLockton, D., Harrison, D., Stanton, N. A. (2010)In: Applied Ergonomics, 41(3), 382–392

Design with Intent. A Design pattern tool-kit for environmental and social behaviourchangeLockton, D. (2013, Phd Diss.)Brunel University

DesignWhen Everybody Designs: An Intro-duction to Design for Social InnovationManzini, E. (2015)MIT Press, Cambridge

Das Design der Gesellschaft – Zur Kultur-soziologie des DesignsMoebius, S. , Prinz, S. (Hg.) (2012)Transcript, Bielefeld

Time, Consumption and Everyday Life:Practice, Materiality and CultureShove, E. et al. (2009)Bloomsbury, London

The Handbook of Design for SustainabilityWalker, S. , Giard, J. (Hg.) (2013)A&C Black, London, New York

Designing Sustainability: Making RadicalChanges in a MaterialWorldWalker, S. (2014)Routledge, Abingdon

Don't Panic – How to End Poverty in 15YearsHans Rosling (2015)Gapminder Foundationhttps://www.gapminder.org/videos/dont-panic-end-poverty (Abruf 07/2019)

Service Design for/in TransitionCameron Tonkinwise & Terry Irwin, Carnegie MellonUniversity (2015)Slideshare by LinkedIn Learninghttps://www.slideshare.net/sdnetwork/service-design-forin-transition-cameron-tonkinwise-terry-irwin-carnegie-mellon-university (Abruf 07/2019)

www

Page 209: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

209KAPITEL 7: PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN

7. Was sind ökologische odernachhaltige Produkte undDienstleistungen?

Schneidewind 2018: Kap. 7, 10, Teil B

„Products play a key role in the economy,serving society's needs and contributingto people's identity. Designing productsbetter, extending their useful lifetime andchanging their role within the system willbe crucial for the development of a circulareconomy.“ (EEA 2017: 10)

„Ökointelligente und nachhaltige Güter oderProdukte sind dabei Gegenstände, Geräte,Maschinen, Gebäude und Infrastrukturen, diebei marktgängigen Preisen und bei Minimie-rung von Material, Energie, Flächenbedarf,Abfall, Transport, Verpackung und gefährlichenStoffen über den gesamten Lebenszyklus vonRohstoffabbau bis Recycling hinweg möglichstlange und möglichst viel (unterschiedlichen,an den Bedürfnissen des einzelnen Kunden ge-messenen) Nutzen erbringen.“ (Schmidt-Bleek2007: 192)

Bereits 1995 beschrieben Schmidt-Bleek undTischner drei Nachhaltigkeitsstrategien fürein ökologisches und nachhaltiges Design(vgl. auch Liedtke et al. 2013):

▶ Weniger Balast, Genuss des Lebens undLebensqualität – Suffizienz,

▶ in Kreisläufen wirtschaften – Konsistenz,▶ Mehr Nutzen aus weniger Ressourcen

– Effizienz.

Es geht um die Revision des Gebrauchs imRahmen der Entwicklung neuer Wohlstands-modelle (Schmidt-Bleek 1994, Sachs 1993,Schneidewind und Zahrnt 2013). In diesemSinne ist ökologisches Design nachhaltigesund transformatives Design, da es die Verän-derung von Handlungsmustern erlaubt bzw.forciert (Spangenberg et al. 2010).

Nachhaltiges Design sucht alle drei Strategi-en integriert umzusetzen – sucht nach einermöglichst optimalen Integration von Form,Materialität, Symbolik, Nutzenstiftung undRessourcenschonung. 1 1

1 10. Ressourcen/MIPS, 11. Design for Social Change, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse 1 2. Umweltraum, 10. Ökologischer Rucksack

Eine kleine Erläuterung

Ausgehend von derSuffizienz...(diese wird im Kapitel 10. Was ist ein öko-logischer Rucksack oder Material Footprint?erläutert)

können dieKonsistenzstrategie...

„Im Gegensatz zur effizienteren Bewirtschaf-tung der einzusetzenden Ressourcen, zielt dieKonsistenzstrategie auf denEinsatz anderer,öko-effektiver Materialien ab.Konsistenz be-deutet in diesem Zusammenhang die Schlie-ßung der Stoffkreisläufe in wirtschaftlichenWertschöpfungsketten nach dem Vorbildder ökologischen Kreisläufe. Abfälle oderschädliche Emissionen werden weitestge-hend minimiert, da alle Materialien, die amEnde von Konsumakten oder Leistungser-stellungsprozessen anfallen, für den jeweilsnächsten Prozess wieder den Ausgangsstoffbilden können (Paech 2005: 54).

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210 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das Konsistenzprinzip beschränkt sich alsoauf die Materialqualität des Produktes ansich. Kann diese am Ende wieder dem Stoff-kreislauf zugeführt werden, spielt die Quan-tität der eingesetztenMaterialien keine Rollemehr (etwa ein vollständig biologisch ab-baubares T-Shirt). Das MIPS-Konzept er-weitert diese Sichtweise um alle für die Pro-duktionsprozesse benötigenund inder Naturbewegten Materialien (Material Footprint).Denn etwa zwei Drittel der bewegten Mate-rialien landen gegenwärtigdirekt wieder alsAbfall in derNatur – sie können gar nicht imKreislauf geführt werden, da sie niemals ineinen Wirtschaftskreislauf über das Produkteintreten (Schmidt-Bleek 2007: 42).

|...| Nur etwa 3 Prozent der in der Techno-sphäre befindlichen Stoffströme werden bis-her im Kreislaufgeführt |...| – für diese trifftdas Konsistenzprinzip ansatzweise zu. Alleweiteren Stoffströme gehen in den Bestand– also in Infrastrukturen und langlebigeProdukte wie z. B. Brücken,Energiesysteme,Ver- und Entsorgungssysteme, Telekommu-nikationssysteme über, die wiederum be-ständig neue Stoffströme und Ressourcen-verbräuche durch wachsende Nachfrage,

Pflege und Instandhaltung induzieren. Ge-rade die Nutzung von Informations- undKommunikationstechnologien kostet zuneh-mend Umwelt und Ressourcen und wirktbeschleunigend auf Konsumumsätze (z. B.über überproportionale Wachstumsratenim eCommerce). Alle diese Stoffströme pro-duzieren einen weltweit wachsenden ökolo-gischen Rucksack. Konsistent kann also einSystem nur sein, wenn es auch diese „ver-steckten“ ökologischen Rucksäcke in die(Um-)Gestaltung unserer zukünftigen Pro-duktions- und Konsumsysteme, in die Nach-haltigkeitsstrategien sowie die Lebenszyk-luskosten jeweils einbezieht.“ (Liedtke undBuhl 2013: 185 f.)

... und dieEffizienzstrategie...

„Die Effizienzstrategie zielt auf die Senkungdes Ressourcen- und Energieeinsatzes proOutputeinheit ab. Klassischerweise werdenin diesem Zusammenhang häufig spritspar-same Autos oder auch Energie-Sparlampengenannt. Damit bleibt aber zunächst of-fen, ob der Ressourcenverbrauch nur rela-tiv, also in Abhängigkeit des Outputs (progefahrenen Kilometer oder Leuchtstunde)

oder auch absolut abnimmt (siehe Bringe-zu/Bleischwitz 2009, Bringezu/Schütz 2010,Mancini et. al. 2011). Denn Effizienzgewin-ne können leicht überkompensiert werden,wenn aufgrundvon Rebound-Effekten, etwadurch sparsamere Autos oder GlühbirnenAnreize geschaffen werden, längere Stre-cken zurück zu legen oder das Licht längerbrennen zu lassen (Sorrel et al. 2007).

Nur eine absolute Entkopplung des Res-sourcenverbrauchs vom Produktionspro-zess trägt aber zumErreichen des Faktor 10,also zu einer echten Umweltentlastung bei.Relevante Schritte zu jener Ressourcenpro-duktivität zeigt der NaturwissenschaftlerErnst Ulrich von Weizsäcker (u.a.) auf: In»Faktor 4 – Doppelter Wohlstand mit hal-bem Naturverbrauch« (1997) und »Faktor5 - Die Formel für nachhaltiges Wachstum«(2009) beschreibt er die Möglichkeit einereffizienteren Nutzung der Ressourcen umden Faktor 4 bzw. Faktor 5mit verfügbaremtechnologischen Know-How.“ (Liedtke undBuhl 2013: 184 f.)

... in der Produkt-Dienstleistungsgestaltungangelegt werden.

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211KAPITEL 7: PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN

Integration von Effizienz und Konsistenz in SuffizienzstrategienDie Nachhaltigkeitsstrategien im Kontext des Faktor 10-Konzepts

Abb.31: basierend auf Schmidt-Bleek und Tischner 1995: 19

ABSOLUTEENTKOPPLUNGdes Ressourcenverbrauchsvon gesellschaftlicherWohlstandsentwicklung

Organisatorisch-strukturellDienstleistung statt Produkt, neueGeschäftsmodelle, Logistik, Vertrieb,Nutzenmanagement

Gesellschaftlich – soziale PraktikenRevision des Gebrauchs, neueWohlstandsmodelle, soziotechnischeInteraktion begleitet soziale Innovation

TechnischProzesse, Produkte und Infrastrukturenoptimieren; Kreisläufe schließen

KONSISTENZ

EFFIZIENZ

SUFFIZIENZ

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212 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Wie weit entfernt sindwir voneinem nach-haltigen Lebensstil? – Es gibt klare Ziele!Länder wie Deutschland benötigen vieleRessourcen für ihre Wirtschaft und Gesell-schaft. Der UN International Resource Panelging 2017 in seinem Fact Sheet „Assessingglobal resource use“ davon aus, dass im sel-ben Jahr 88.6 Mrd. Tonnen Ressourcen kon-sumiert wurden – dreimal soviel wie 1970!High income countries verbrauchen dabeipro Person das Zehnfache im Vergleich zuPersonen in low income countries, so dasPanel (grundlegende Informationen findensich unter: http://www.resourcepanel.org,Abruf 02/2019). Ein Ende dieses Wachs-tums ist nicht abzusehen.

Um nachhaltig zu leben und zuwirtschaften,wäre ein um den Faktor 10 geringerer Res-sourcenkonsum bis 2050 notwendig (vgl.Schmidt-Bleek 1993, 2007). Dies erscheintzunächst nicht machbar – doch schaut mansich kulturelle, ökonomische, institutionelleund technologische Möglichkeiten und Po-tenziale mit System an, erhält man einenanderen Eindruck (vgl. Liedtke et al. 2013,

Lettenmeier 2018, Schneidewind 2018).Die einzelnen Haushalte (www.ressour-cen-rechner.de (Abruf 02/2019)) könnenebenso dazu beitragen wie die Unterneh-men (vgl. Lettenmeier et al. 2014, Bringezu2009, 2015). Der pro Kopf Ressourcenkon-sum der Haushalte (=Material Footprint)müsste dafür bis 2050 durchschnittlich etwaum den Faktor 4–5 sinken, von ca. 30–40 tauf 8 t pro Kopf und Jahr (vgl. Lettenmei-er et al. 2014), bis 2030 also etwa um dieHälfte. Für die Treibhausgasemissionenbedeutet das: Vor 2050 müssten Null Ton-nen netto-CO2 erreicht sein (vgl. Wackerna-gel und Lettenmeier 2017). Dies kann nurüber eine intelligente ressourcenleichte undnachhaltige Gestaltung und Entwicklungvon Produkt-Dienstleistungssystemen desalltäglichen Gebrauchs und der ver- undentsorgenden Infrastrukturen erfolgen. Hierliegen umfangreiche Potenziale für den Kli-ma- und Ressourcenschutz: Das Produk-tions- und Konsumsystem kann integrierttransformiert werden, um die Klima- undRessourcenziele zu erreichen.

Beispiel: ressourcenschonendes Wohnenheute und morgenDie Tabelle auf der nächsten Seite zeigt diegegenwärtigen Konsumwerte und die Ziel-werte des Ressourcenkonsums für Haushal-te im Bereich Wohnen in Finnland. Heutekonsumieren sie im Durchschnitt etwa 10,8t/Kopf und Jahr – Ziel wären 1,6 t/Kopf undJahr bis 2050. Dies bedeutet eine grund-legende Veränderung der Ressourcenver-sorgung dieses Lebensbereichs, wobei dieerlebte Wohnqualität erhalten und gestei-gert werden soll. Um eine solche Heraus-forderung zu meistern, benötigt man intel-ligente technische, digitale Konzepte undInnovationen, neue Verknüpfungen schonbestehender technischer Anwendungen mitsozialen Innovationen für eine neue Wohn-und Lebenswelt. In der Tabelle sind einigeAnsatzpunkte sozialer und technischer Artbenannt – viele von ihnen werden bereitsin Projekten weltweit erprobt (z. B. https://www.bmbf.de/de/zukunftsstadt-566.html,https://transitionnetwork.org, beide Abruf02/2019).

EXKURS

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213KAPITEL 7: PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN

QUELLEN– Bringezu, S. (2015): PossibleTarget Corridor for SustainableUse of Global Material Resources. In: Resources 2015, 4(1),25–54.

– Bringezu, S. ; Ramaswami, A.; Schandl, H.; O'Brien, M.; Pelton, R. E.;Nagpure, A. S. (2017): Assessing global resource use: a systemsapproach to resource efficiency and pollution reduction.Report of the International Resource Panel. United NationsEnvironment Programme. Nairobi.

– Bringezu, S. ; Schütz, H. (2010): Der ökologische Rucksack imglobalen Handel: ein Konzept verbindet Ökonomie. In:Geografische Rundschau. 42(4), 12–17.

– Bringezu, S. ; Bleischwitz, R. (2009): Sustainable resourcemanagement. Trends, visions and policies for Europe andtheWorld. Greenleaf, Sheffield.

– BMBF (Stand 02/2019): Energiewende und nachhaltigesWirtschaften. Zukunftsstadt. Online verfügbar: https://www.bmbf.de/de/zukunftsstadt-566.html (Abruf 07/2019)

– European Environment Agency (2017): Circular by Design -Products in the circular economy. EEA Report No 6/2017. Onlineverfügbar: https://www.eea.europa.eu/publications/circular-by-design (Abruf 06/2019).

– International Resource Panel – IRP (2017): Assessing globalresource use: A systems approach to resource efficiencyand pollution reduction. A Report of the International ResourcePanel. United Nations Environment Programme. Nairobi, Kenya.Vollständiger Bericht und Factsheet online verfügbar: http://www.resourcepanel.org/reports/assessing-global-resource-use (Abruf07/2019)

– Lettenmeier, M., Liedtke, C., Rohn, H. (2014): Eight Tonnes ofMaterial Footprint – Suggestion for a Resource Cap forHousehold Consumption in Finland. In: Resources 2014, 3(3),488–515.

Vorschlag eines nachhaltigen Material Footprintfür den Bereich WohnenWohnen – von 10,8 auf 1,6 Tonnen pro Person

Der Material Footprint fürWohnen kann von 10,8 auf 1,6 Tonnen/Person reduziert werden, indem:

– Nullenergiehäuser entwickelt werden, die nicht die Materialintensität bestehender Häuser überschreiten,

– eine drastische Wende in der Elektrizitätserzeugung von fossilen zu erneuerbaren Energien, insbesondereWind- und Solarenergie stattfindet und

– der individuelle Wohnraum durch flexible Wohnkonzepte verkleinert wird. DieAuswirkungen letzteres aufdas individuelle Wohlbefinden können durch zuhnehmendeShared Living-Angebote und eine Steigerungder Attraktivität von öffentlichen Plätzen reduziert werden.

Kernaussage

Erforderliche Reduktion Faktor 6,8

direkte Konsummenge 38 m2/Kopf (Haus)11.500 kWh (Wärme und Elektrizität)

Gegenwart

20 m2/Kopf (Nullenergiehaus)1000 kWh (Elektrizität)

Zukunft

Materialintensität 65 kg/m2/a (Haus, ungeheizt/ungekühlt)0,6 kg/kWh (Wärme und Elektrizität, Finnland)

Gegenwart

65 kg/m2/a (Haus, geheizt/gekühlt)0,3 kg/kWh (Elektrizität, Europa)Zukunft

Anteil am MaterialFootprint vonHaushalten

Gegenwart 27%

Zukunft 20%

Abb.32: übersetzt und adaptiert aus Lettenmeier et al. 2014: 497 (weitere Konsumbereiche sind dort beschrieben)

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214 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

– Liedtke, C.; Buhl, J. (2013): Das dematerialisierte Design. In:Fuhs, S. ; Brocchi, D.; Maxein, M.; Draser, B. (Hg.): Die Geschichte desnachhaltigen Designs –Welche Haltung braucht Gestaltung? VAS,Bad Homburg, 178–193.

– Liedtke, C.; Buhl, J.; Ameli, N. (2013): Designing value throughless by integrating sustainability strategies into lifestyles.In: International Journal of Sustainable Design, 2(2), 167–180.

– Mancini, L.; Lettenmeier, M.; Rohn, H.; Liedtke, C. (2012): Appli-cation of the MIPSmethod for assessing the sustainabilityof production-consumption systems of food. In: Journal ofEconomic Behaviour & Organization, 81(3), 779–793.

– Transition Network: https://transitionnetwork.org (Abruf 07/2019)

– Paech, N. (2005): Hat sich dieWachstumsfrage erledigt? In:Natur und Kultur, 6(1), 52–72.

– Sachs,W. (1993): Die vier E. Merkposten für einenmaßvollenWirtschaftsstil. In: Politische Ökologie, 11(33), 69–72.

– Schmidt-Bleek, F. (2007): Nutzenwir die Erde richtig? DieLeistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. FischerTaschenbuch, Frankfurt /M.

– Schmidt-Bleek, F.; Tischner, U. (1995): Produktentwicklung:Nutzen gestalten – Natur schonen. Schriftenreihe desWirt-schaftsförderinstituts, 270.

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS – Das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser,Berlin.

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Schneidewind, U.; Zahrnt, A. (2013):Damit gutes Leben einfacherwird: Perspektiven einer Suffizienzpolitik. Oekom, München.

– Sorrell, S. ; University of Sussex, Sussex Energy Group (2007): TheRebound effect: an assessment of the evidence for economy-

Sustainable solutions: developing pro-ducts and services for the futureCharter, M., Tischner, U. (2001)Greenleaf, Sheffield

Die Geschichte des nachhaltigen Designs–Welche Haltung braucht Gestaltung?Fuhs, S. , Brocchi, D., Maxein, M., Draser, B. (Hg.) (2013)VAS, Bad Homburg

Mit Ecodesign zu einer ressourcenscho-nendenWirtschaft

Hora, M., Tischner, U. (Hg.) (2015)Online verfügbar: https://www.technologieland-hessen.de/mm/htai_ecodesign_broschuere.pdf (Abruf 07/2019)

Microfoundations for sustainable growthwith eco-intelligent product servicearrangementsLiedtke, C., Buhl, J., Ameli, N. (2013a)In: Sustainability, 5(3), 1141–1160

Ecodesign. The Competetive AdvantageWimmer,W., Lee, K.-M., Quella, F., Polak, J. (2010)Springer, Dordrecht /Heidelberg / London /New York

wwwEnergy efficient productsEuropäische Kommissionhttps://ec.europa.eu/info/energy-climate-change-environment/standards-tools-and-labels/products-labelling-rules-and-requirements/energy-label-and-ecodesign/energy-efficient-products_en (Abruf 06/2019)

Bundespreis Eco-DesignIDZ– Internationales Design Zentrum Berlin e. V.https://www.bundespreis-ecodesign.de (Abruf 07/2019)

Transition DesignCarnegie Mellon Universityhttps://transitiondesign.net (Abruf 07/2019)

wide energy savings from improved energy efficiency. UK,Energy Research Centre, Sussex.

– Spangenberg, J. H.; Fuad-Luke, A.; Blincoe, K. (2010): Design forSustainability (DfS): the interface of sustainable productionand consumption. In: Journal of Cleaner Production 18(15),1483–1491.

–Wackernagel M.; Lettenmeier M. (2017): Implications of the1.5-degree target for the resource use of lifestyles. Paperpresented at theWorld Resources Forum, 24.–25. Oct.. Geneva.

– vonWeizsäcker, E. U.; Hargroves, K.; Smith, M. (2009): FaktorFünf: Die Formel für nachhaltigesWachstum. Droemer Knaur,München.

– vonWeizsäcker, E. U.; Lovins, A. B.; Lovins, L. H. (1997): Faktor Vier :doppelterWohlstand – halbierter Naturverbrauch: der neueBericht an den Club of Rome. Droemer Knaur, München.

–Wuppertal Institut (Stand 2019):Mein Ökologischer Rucksack.online verfügbar: https://www.ressourcen-rechner.de (Abruf 03/2019)

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215KAPITEL 8: DESIGN

8. Wie verbindet man Nachhal-tigkeit, Öko-Design und Transi-tion Design?

Schneidewind 2018: Kap. 22

Die sich mit Nachhaltigkeit, Öko-Design undTransformation befassende Designliteraturentwickelt sich dynamisch. Die Vielfalt derentwickelten Designtheorien spiegelt aucheine Vielfalt an Möglichkeiten wider, mit derdinglichen Welt umzugehen und diese zuformen (u. a. Banz 2016, von Borries 2017,2015, Irwin 2018, Kristof 2010, Schneide-wind 2018, Walker 2014, Welzer 2014). FürNachhaltigkeit und die „Große Transforma-tion“ (vgl. dazu WBGU 2011) ist diese Viel-falt von hoher Bedeutung, gibt sie doch dieMöglichkeit, von unterschiedlichen Perspekti-ven aus Problemlösungen zu entwickeln undzu erproben. Diversität kann auch hier einGewinn sein, wenn sie auf ein konkretes, ge-meinsam bestimmtes und nachhaltiges „Out-come“ (=Wirkung) gerichtet wird – hier diedingliche Welt. 1 1

„Design ist immer transformativ. Egal, ob wirunser Handy benutzen, ein Buch lesen, eineWerbung anschauen oder einen Fahrkarten-automaten benutzen: die Nutzung spezifischerProdukte, Services sowie von Kommunikationbeeinflusst unsere Handlungen und verdeut-licht gleichzeitig unsere eigene Haltung. UnserDenken, unsere kulturellen Muster, wie auchunsere Wünsche und Vorstellungen, materiali-sieren sich in Produkten, Infrastrukturen undDienstleistungen und umgekehrt. Wir kaufenProdukte, die uns einen sozialen Status geben –dabei wird nicht nur der Status, sondern auchStruktur, Sicherheit oder Identität vermittelt.Sie de-/codieren uns und unsere Gesellschaft.Die Gestaltung der materiellen Basis – das sindProdukte und Infrastrukturen – unserer emo-tionalen wie auch Grund-Bedarfe greifen inei-nander und sind Ziel und Aufgabe von Design,sie sind Teil jeglicher Veränderungsprozesse.(...) Ein transformatives und nachhaltiges Pro-dukt oder eine Dienstleistung unterstützt impli-zit individual-, sozial- und umweltverträglichesHandeln bzw. macht Zielkonflikte sichtbar. Esenthebt den Nutzer nicht von jeglicher Ver-

antwortung, sondern hilft ihm diese zu priori-sieren und trainiert komplexe, resiliente Ent-scheidungsfindungen in komplexen Umwelten.“(Liedtke et al. 2016: 34 f.)

Irwin et al. 2015 beschreibt die Entwicklungdes Designs vom Design for Service über De-sign for Innovation bis hin zum TransitionDesign (siehe Abbildung Das Kontinuum derDesignansätze). Ziel ist die Änderung des so-ziotechnischen Systems – also von Produktionund Konsum– inRichtung Nachhaltigkeit undRessourcenschonung über die Revision desGebrauchs (der Produkte und Dienstleistun-gen des Alltags) (Schmidt-Bleek 1993, 2007).Ein solcher Wertewandel vollzieht sich nichtvon heute auf morgen. Die erste Idee einesTouchscreens hatte Tönis Käo bereits Anfangder Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts,die Technik war jedoch längst noch nichtweit genug, um sie auch umsetzen zu können(Lobjakas et al. 2014). Das Smartphone ken-nen wir im Alltagsgebrauch nun seit etwa 10Jahren. Dazwischen liegen fast 40 Jahre. DieRekonstruktion von Kommunikation, Produk-

1 4. Nachhaltiges Wirtschaften, 5. Transformation, 6. Nachhaligkeitsziele 1 4. Sustainable Development Goals, 5. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, 8. Leistungskriterien,10. Ressourcen / MIPS, 11. Design for Social Change, 15. Lösungsansätze und Designszenarien

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216 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Abb.33: basierend auf Irwin, T., Tonkinwise, C., Kossoff, G. 2015: 8; eigene Übersetzung.

Das Kontinuum der Designansätze

Zeithorziont, Tiefe der Auseinandersetzung und Kontext werden erweitert,um ökologische und soziale Anliegen zu integrieren

» Lösungen, die Nutzer/-innen anverschiedenen „touch points“(Berührungspunkte) erreichen,

» Gestaltung von Erfahrungen undInteraktionen („experience design“),

» Beobachtung und Interpretation vonNutzer/-innenverhalten und -bedürfnisseninnerhalb spezifischer Kontexte,

» kostenorientiert,

» Bereitstellung nützlicher &begehrenswerter Dienstleistungen fürNutzer/-innen (Konsumenten/-innen),

» im Unternehmensbereich verankert,

» bewegt sich innerhalb vorherrschenderökonomischer Paradigmen.

»adressiert ein bestimmtes soziales Bedürfniseffektiver als bereits existierendeAngebote,

»nutzt und verstärkt existierende, jedochwenig genutzte Ressourcen,

»soziale Innovation als Co-Design-Prozess,in dem Designer/ innen als Katalysatorenund Vermittler/ innen Teil transdisziplinärerTeams sind,

» verschiedene Stakeholder profitieren,»Gemeinschaften werden bestärkt impolitischen, unternehmerischen, privatenund Non-Profit-Bereich zu agieren,

» fördert einen Paradigmenwechsel sowiealternative Wirtschaftsmodelle,

» führt zu einem erkennbaren, positivensozialen Wandel.

» von Design gestützter gesellschaftlicherWandel hin zu nachhaltigeren Zukünften,

» Ziel: grundlegende Rekonstruktion vonLebensstilen,

» Grundverständnis: soziale, ökonomische,politische und natürliche Systemebedingen sich gegenseitig,

» basiert auf „cosmopolitan localism“:regional ausgerichtete Lebensstile,globale Probleme unter Berücksichtigunglokaler, sozialer und umweltbezogenerBedingungen adressieren,

» fordert bestehende Paradigmen herausund entwickelt neue Leitwerte,

» führt zu radikalem, positivem, sozialemund ökologischem Wandel.

Ausgereifte Disziplin

Design for Service

Gestaltung, die sich innerhalbvorherrschender sozio-ökonomischerund politischer Paradigmen bewegt.

Disziplin in der Entwicklung

Design for Social Innovation

Gestaltung, welche die vorherrschendensozio-ökonomischen und politischenParadigmen herausfordert.

Aufstrebende Disziplin

Transition Design

Gestaltung, die radikal neuesozio-ökonomische und politischeParadigmen entwickelt.

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217KAPITEL 8: DESIGN

tion und Lebensstil verlief über viele kleineund größere Schritte (=Transition), die je-weils aktiv gestaltet und gesteuert wurden.Für das Design als Stellschraube der Gestal-tung und Steuerung von Veränderung (=Re-konstruktion von Produktion und Konsum)sind in diesem Prozess 3 Ebenen für einengrundlegenden Wertewandel zu beachten:

1. Die Handlungsmuster2. Die Handlungsstrukturen

(Produkt-/Service-Design)3. Die Deutungsmuster (Social Design,

Kommunikationsdesign)

Erst durch eine systemische Sichtweise aufdas Produkt-Dienstleistungssystem könnenSteuerungspunkte nachhaltigkeitsorientierterTransformation erschlossen werden. Trans-formative Objekte können eine ebenso gro-ße Veränderung bewirken wie politische Pro-gramme, Kommunikationskampagnen oderNischeninnovationen, denn sie verändern dieHandlungs- und Deutungsarenen des Alltagsund begründen einen Wertewandel. Deutun-

gen wandeln sich dabei permanent. Die öf-fentliche Anerkennung und Ablehnung vonProdukten und Dienstleistungen hängt vonderen, in der Gesellschaft mehrheitlich vor-handenen, Deutung ab, die wiederum vonvielen Akteuren/Akteurinnen aktiv gestaltetwird (vgl. Stengel 2011). 1

Für eine Transformation müssen Kommuni-kations- und Industriedesign also eng koope-rieren.EineErprobungderTransition-Design-produkte erfolgt in LivingLabs (Haushalten,Unternehmen,Quartieren/Nachbarschaften,Städten/Kommunen) oder Reallaboren(vgl. auch Schäpke et al. 2018, Wanner etal. 2018, Schneidewind et al. 2018, Singer-Brodowski et al. 2018, Keyson et al. 2017,http://www.innolab-livinglabs.de).

QUELLEN– Banz, C. (2016): Social Design – Gestalten für dieTransforma-tion der Gesellschaft. Transcript, Bielefeld.

– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – Eine politische Design-theorie. 2. Auflage, Suhrkamp, Berlin.

– von Borries, F. (2015):Was ist Design? In: On Display – Ein

1 11. Design for Social Change

Designmagazin. Online verfügbar: https://designondisplay.de/essay-what-is-design (Abruf 07/2019).

– Carnegie Mellon University, School of Design (2015): AdditionalResources. Online verfügbar: https://transitiondesignseminarcmu.net/resources (Abruf 02/2019)

– Irwin, T.; Tonkinwise, C.; Kossoff, G. (2015): Transition Design: AnEducational Framework for Advancing the Study and Designof SustainableTransitions. School of Design, Carnegie MellonUniversity, Pittsburgh. Online verfügbar: https://design.cmu.edu/sites/default/files/Transition_Design_Monograph_final.pdf (Abruf07/2019)

– Irwin, T. (2018): Transition Design. In: Bauwens, M.; Simms,A.; Newell, P.; Peck, J.;White, D.; Irwin, T.; Dahle, C.; McAdam, S. ;Gaziulusoy, I.;Winn, L.: Transition Together 2018 Position Papers, Asymposium on the need for societal transitions and systems-levelchange. 31–40.

– Innolab: Living Labs in der Green Economy. RealweltlicheInnovationsräume für Nutzerintegration und Nachhaltig-keit: Online verfügbar: https://www.innolab-livinglabs.de (Abruf07/2019).

– Keyson, D. V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (2017): Living Labs.Design and Assessment of Sustainable Living. SpringerInternational Publishing, Switzerland.

– Kristof, K. (2010):Models of Change: Einführung undVerbreitung sozialer Innovationen und gesellschaftlicherVeränderungen in transdisziplinärer Perspektive. vdfHochschulverlag AG, Zürich.

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218 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Prosumption

Stadt

Haushalte /Quartiere

Infrastrukturen

Soziotechnische Interaktion

Produktion Konsum

TransitionDesign

Narration / Deutungsmuster

Unternehmen LivingLabs

Branchen

Handlungsmuster

Handlungsstrukturen Wertewandel

Social-/Ko

mmun

ikationsde

sign

Prod

ukt-/S

ervice

Design

Tran

sformationa

lesDesign

Wertewandel ist gestaltbar – 3 Ebenenmodell der Gestaltungsansätze

Abb.34: Liedtke/Franck 2015

Akteure/Akteurinnen aus Produktion und Konsum können in Livinglabs und Reallaboren nachhaltigeres Leben undWirtschaften erproben und ent-wickeln. Das gemeinsameLernen und Erprobender besten Wegeführt über vieleSchritte zu einerRekonstruktion der materiellenund immateriellenLebens-, Konsum- und Produktionswelten.

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219KAPITEL 8: DESIGN

– Laschke, M.; Diefenbach S. ; Schneider, T.; Hassenzahl, M. (2014):Keymoment: Initiating Behavior Change through FriendlyFriction. Proceedings of the 8th Nordic Conference on Human-Computer Interaction: Fun, Fast, Foundational. NewYork.

– Liedtke, C.;Welfens, J.; Fink, H.; Büttgen, A.; Reddig, S.; Tochtrop, C.(2016): Crashkurs Nachhaltigkeit. Überblick aus dem Projekt„Club of Rome für den Alltag“.Wuppertal. Online verfügbar:http://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/569 (Abruf 07/2019).

– Lobjakas, K.; Zec, P.; Pärn, M. (2014): Tõnis Käo – Disain kuieksperiment / Design as experiment. Tallinn: Estonian Museumof Applied Art and Design.

– Schäpke, N.; Stelzer, F.; Caniglia, G.; Bergmann, M.;Wanner, M.;Singer-Brodowski, M.; Loorbach, D.; Olsson, P.; Baedeker, C.; Lang, D.J. (2018): Jointly Experimenting for Transformation? ShapingReal-World Laboratories by ComparingThem. In: GAIA, 27(1),85–96.

– Schmidt-Bleek, F. (2007): Nutzenwir die Erde richtig? DieLeistungen der Natur und die Arbeit des Menschen. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Schmidt-Bleek, F. (1993):Wieviel Umwelt braucht der Mensch?MIPS – Das Maß für ökologischesWirtschaften. Birkhäuser,Berlin.

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Schneidewind, U.; Augenstein, K.; Stelzer, F.;Wanner, M. (2018):Structure Matters: Real-World Laboratories as a New Type ofLarge-Scale Research Infrastructure. A Framework Inspiredby Giddens’ StructurationTheory. In: GAIA, 27(1), 12 – 17

– Singer-Brodowski, M.; Beecroft, R.; Parodi, O. (2018): Learning inReal-World Laboratories. A Systematic Impulse for Discus-sion. In: GAIA, 27(1), 23 – 27.

– Stengel, O. (2011): Suffizienz: die Konsumgesellschaft in derökologischen Krise. Oekom, München.

– Tischner, U.; Sto, E.; Kjærnes, U.; Tukker, A. (2010): System Innova-tion for Sustainability 3. Greenleaf, Sheffield.

–Walker, S. (2014): Designing Sustainability: Making RadicalChanges in a Material World. Routledge, Abingdon.

–Wanner, M.; Hilger, A.;Westerkowski, J.; Rose, M.; Stelzer, F.;Schäpke, N. (2018): Towards a Cyclical Concept of Real-WorldLaboratories. In: disP – The Planning Review, 54(2), 94–114.

–WBGU,Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderungen (2011):Welt ImWandel: Gesellschafts-vertrag für eine GroßeTransformation. Berlin.

–Welzer, H.; Sommer, B. (2014): Transformationsdesign.Wege ineine zukunftsfähige Moderne. Ökom, München.

HANDLUNGSMUSTER

Pleasurable TroublemakersHassenzahl, M.; Laschke, M. (2014)In:Walz, S. P., Deterding, S. (Hg.): The GamefulWorld.Cambridge.

HANDLUNGSSTRUKTUREN (Produkt-/Service-Design)

DesignWhen Everybody Designs: An Int-roduction to Design for Social InnovationManzini, E. (2015)MIT Press, Cambridge

Experience Design: Technology for All theRight ReasonsHassenzahl, Marc (2010)Morgan and Claypool Publishers

Designing Sustainability: Making RadicalChanges in a MaterialWorldWalker, S. (2014)Routledge, Abingdon

DEUTUNGSMUSTER (Social Design, Kommuni-kationsdesign)

Die Kultur des ExperimentierensAlcántara, S. , Lindner, D., Löwe, C., Kuhn, R., Puttrowait,E. (2018)In: Reallaboren Nachhaltigkeit gemeinsam schaffen. ZIRIUS -Universität Stuttgart, Stuttgart

The Beauty of Balance – An Empirical Inte-gration of the Unified Model of Aestheticsfor Product DesignBerghman, M., Hekkert, P. (2016)In: Future-focused Thinking. 2016 Design, Research andSociety (DRS), 50th Anniversary Conference Paper,Brighton

Wohlbefinden und Design: ErfolgreicheAlltagspraktiken erheben und gestalte-risch nutzenBien, M.; Klapperich, H.; Hassenzahl, M.; Laschke, M.(2018)

Page 220: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

220 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In: Dachselt, R.;Weber, G. (Hrsg.):Mensch und Computer 2018 – Tagungsband, 02.–05.September 2018, Dresden.

Actionable Gamification: Beyond Points,Badges and LeaderboardsChou, Y.-K. (2016)Octalysis, Lean PublishingFramework of Product ExperienceDesmet, P. M. a., Hekkert, P. (2007)In: International Journal of Design, 1(1), 57–66. Onlineverfügbar: http://studiolab.ide.tudelft.nl/diopd/wp-content/uploads/2012/02/frameworkproductex.pdf (Abruf 07/2019)

Psychologie in der nutzerzentriertenProduktgestaltung. Mensch – Technik –Interaktion – ErlebnisDiefenbach, S.; Hassenzahl, M. (2017)Springer, Berlin / Heidelberg

An Interaction Vocabulary. Describing TheHow Of InteractionDiefenbach, S.; Lenz, E.; Hassenzahl, M. (2013)In: Proceedings of the CHI 2013, Conference on HumanFactors in Computing Systems. ACM Press, New York

Developing Theories for SustainableDesignDoordan, D. (2013)In: Walker, S. , Giard, J.(Hg.): The Handbook of Design forSustainability. Bloomsbury, London

Design ActivismFuad-Luke, A. (2009)Routledge, Oxon

Experience Design: Technology for All theRight ReasonsHassenzahl, M. (2010)Morgan and Claypool Publishers, San Rafael

Selling’em by the sackHogan, D. G. (1997)New York University Press, New York

The Transition Companion: MakingYourCommunity More Resilient in UncertainTimesHopkins, R. (2011)Chelsea Green Publishing Company,White River Junction

Transition Design: A Proposal for a NewArea of Design Practice, Study, andResearchIrwin, T. (2015)In: Design and Culture, 7(2), 229–246

DesignWhen Everybody Designs: An Int-roduction to Design for Social InnovationManzini, E. (2015)MIT Press, Cambridge

Design for the real worldPapanek, V.; Fuller, R. B. (1972)

Thames and Hudson, London

Caution! Transitions ahead: politics,practice and sustainable transitionmanagementShove, E.;Walker, G. (2007)In: Environment and Planning, 39(4), 763–770

Nudge: Improving decisions about health,wealth, and happinessThaler, R. H.; Sunstein, C. R. (2008)Yale University Press, New Haven

Selbst denken: eine Anleitung zumWiderstandWelzer, H. (2013)Fischer, Frankfurt/M.

Moralizing Technology: Understandingand Designing the Morality of ThingsVerbeek, P. P. (2011)University of Chicago Press, Chicago

The Keymoment: Change throughfriendly frictionMatthias Laschke (2014)https://vimeo.com/86994036 (Abruf 07/2019)

Page 221: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

221KAPITEL 9: WERTSCHÖPFUNGSKETTEN

9. Wie können Wertschöpfungs-ketten optimiert werden?

Schneidewind 2018: Kap. 13, 17, 20, 22

Vielen, auch täglich genutzten Produkten undDienstleistungen ist nicht anzusehen, wel-che wirtschaftlichen Aktivitäten, individuel-len Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertig-keiten für deren Bereitstellung und Konsumerforderlich sind: von der Produktentwick-lung über die Rohstoffgewinnung, über dieverschiedenen Stufen der Bearbeitung undVerarbeitung, den Transport, den Handel bishin zu den Recycling- und Entsorgungspro-zessen nach dem Gebrauch des Produktes.Dienstleistungsangebote nutzen dabei spe-zifische Produktmixe und Geschäftsmodellefür ihre Inanspruchnahme, die damit mehre-re Wertschöpfungsketten für eine Dienstleis-tung integrieren. 1 1 Daher ist ein Blick aufdie relevanten bzw. betroffenen Wertschöp-fungsprozesse in der Gestaltung von Produk-ten und Dienstleistungen für eine nachhalti-ge Entwicklung hochrelevant: die Phasen desProduktlebenszyklus gliedern sich in spezifi-sche Wertschöpfungsprozesse, für die wie-

Abb.35: basierend auf Seeliger, G. (2007): 4

Produkt-entwicklung

NutzungProduktion Verwertung /Entsorgung

Kreislaufführung

Fertigung Produktbegl.Dienstleistung

Instand-haltung

Montage Demon-tage

Modi-fikation

Produktlebenszyklus

Wert-schöpfungs-prozesse

Kompetenzen

Akteure

Ebenen und Voraussetzungen in einer Wertschöpfungskette

Fräsen Kleben

Warten Zerle-gen

Schlei-fen

Schwei-ßen

Reini-gen

Quali-fizieren

Inspi-zieren

Ver-bessern

Funk-tion

ändern

Zustandüberwa-chen

1 Die Welt die wir gestalten, 10. Ökologischer Rucksack, 12. Effekte 1 9. Hot Spot-Analyseraster, 10. Ressourcen/MIPS, 12. Rebound- und Wirkungsanalyse

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222 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

derum spezifische Kompetenzen erforderlichsind. Die jeweiligen Kompetenzen sind meistan unterschiedlichen Standorten von Produk-tion und Konsum vorhanden, die sich weit aufdem Globus verstreuen können (vgl. Abb.). Sohandelt es sich eher um Wertschöpfungsnet-ze als um lineare Ketten, deren Managementexzellente Logistiksysteme benötigt. Ein Neu-oder Redesign hat direkten Einfluss auf diegesellschaftlichen, individuellen, wirtschaftli-chen und ökologischen Produktions- und Le-bensbedingungen an all diesen Standorten.Mit den sich beschleunigenden Aktivitätenzu Industrie 4.0 und Konsum, also der Digi-talisierung der Produktion und des Konsums,ändern sich die Aktivitäten in den Wertschöp-fungsnetzwerken dramatisch. Eine vertikaleund horizontale Datenintegration erlaubt eineNeugestaltung wirtschaftlicher Produktions-welten und gesellschaftlicher Lebenswelten.Dies hat wiederum grundlegende Auswirkun-gen auf die betroffenen sozialen, ökonomi-schen und ökologischen Systeme:

„Die Perspektive der Wertschöpfungskette setztAkteure von Produktion und Konsum an ihrenjeweiligen Orten miteinander in Beziehung.Zwischen den Stufen der Wertschöpfung flie-

ßen Informationen, Waren und Rohstoffe, dieoft über Kontinente hinweg per Schiff, Lastwa-gen und Flugzeug von einemUnternehmen zumnächsten transportiert werden. Jede einzelneStufe ist zudem jeweils spezifisch inGesellschaft

Abb.36: basierend auf Geibler/Bienge 2010: 42

Soziales System

Rohstoff-gewinnung

Produktion /Verarbeitung

Nutzung /Handel

Entsorgung /Recycling /Reuse

Sozial-

ökologisch

e

Interaktion

Sozio-

ökologisch

e

Interaktion

Informationsf üsse,monetäre Flüsse,Macht

Stofff üsse

Wiederverwendungz. B. Pfandflasche

Weiterverwendungz. B. Autoreifen als Kinderschaukel

Wiederverwertungz. B. Altglas für Glasherstellung

Weiterverwertungz. B. für Fleecepullis aus recyclierten Plastikflaschen, Rohöl

Umwelt

StufenderW

ertschöpfung

Zeit

und Umwelt eingebettet (sozio-ökologische In-teraktionen), z. B. durch rechtliche oder kul-turelle Rahmenbedingungen. Die Unterschie-de können dabei sehr groß sein. (...) Wie dieWertschöpfung zwischen den einzelnen Akteu-

Interaktions- und Beziehungsebenen in Wertschöpfungsketten

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223KAPITEL 9: WERTSCHÖPFUNGSKETTEN

ren verteilt ist oder welche Möglichkeiten diebeteiligten Akteure haben, Einfluss auf die Ge-staltung der Produkte und Prozesse zu nehmen,ist nicht immer einfach zu durchschauen“ (vonGeibler/Bienge 2010: 42).

Akteure/Akteurinnen, insbesondere Desig-ner/innen und Entwickler/innen, können Pro-dukte, Dienstleistungen und Infrastrukturenverändern. Dies gelingt über die Veränderungeinzelner Prozesse über Prozessketten bis hinzu ganzen Wertschöpfungssystemen oder-netzen. Dies ist leicht vorstellbar, wenn mansich allein die technischen Veränderungender letzten 20 Jahre ansieht – vom Telefonmit Tastatur bis zum Smartphone, vom Lebenohne Internet bis zum davon durchdrungenenAlltagsleben. Dies waren und sind Revolutio-nen im Alltag oder auch Systemsprünge 1 1

, die allerdings auch zu einem drastischen An-stieg des Ressourcenkonsums, dem Verlust anBiodiversität, bedrohten Ökosystemen, demKlimawandel wie auch der Veränderung sozi-aler Bedingungen und über den Globus starkvariierender Lebens- und Arbeitsbedingungen

geführt haben. Umgekehrt kann aber die Ge-staltung auch eine nachhaltigere Ausrichtungund Entwicklung von Wertschöpfungsnetzenbewirken. Dazu benötigt sie Leitplanken, diemögliche positive und negative Effekte derGestaltungsidee im Wertschöpfungssystemanzeigen können:

Bewertung von Wertschöpfungsketten undihrer EffekteAm bekanntesten für die Bewertung ökologi-scher Effekte ist die Methode der Ökobilan-zierung (Life Cycle Analysis = LCA). Inzwi-schen ist auch die Methodenentwicklung zursozialen Bewertung von Wertschöpfungsket-ten (Social-LCA = S-LCA) weit fortgeschrit-ten (UNEP/SETAC 2013, Lehmann et al.2013). Sie fokussieren entweder den gesam-ten Lebenszyklus (gesamter Lebensweg: vonden Rohstoffen bis zum Recycling/der Ent-sorgung) oder differenzieren zwischen denPhasen „cradle to gate“ (Rohstoffbeschaffungbis zum Unternehmenstor = Zulieferkette),„gate to gate“ (im Unternehmen), „gate to cr-adle or disposal“ (Unternehmenstor bis Rezy-

klierung/Entsorgung). Für eine erste Bewer-tung und Abschätzung relevanter Aspekte gibtes weitere methodische Ansätze, wie z. B. imökologischen Bereich den ökologische Fußab-druck, Material Footprint/ökologischen Ruck-sack oder Carbon Footprint 2 2, im sozio-ökonomischen und ökologischen Bereich dieHot Spot-Analyse. 3 3 Die Methode der HotSpot-Analyse dient der Abschätzung von öko-logischen, ökonomischen und sozialen positi-ven oder negativen Auswirkungen (in Formvon Potenzialen, Stärken, Schwächen undRisiken) von der Rohstoffgewinnung bis zumRecycling/der Entsorgung. Von Unternehmenkann diese Methode auch zur Analyse und Be-richterstattung nicht-finanzieller KPIs (KeyPerformance Indicators) dienen. 4 4Einmächtiges Instrument für mehr Nachhaltig-keit, da besonders Investoren/Investorinnen,Kreditgeber/innen und Verbraucher/innendiese zunehmend nachfragen.

Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist zen-tral bei der Umsetzung der Ressourcenwen-de und gleichzeitig „ein gigantisches und im

1 3. Vorsorgeprinzipien, 5. Transformation, 8. Design 1 12. Rebound- und Wirkungsanalyse, 15. Lösungsansätze und Designszenarien 2 2. Umweltraum 2 10. Ressoucen /MIPS, 3 12. Effekte 3 9. Hot Spot-Analyseraster, 11. Design for Social Change 4 4. Nachhaltiges Wirtschaften, 13. Geschäftsmodelle 4 13. Geschäftsmodelle, 14. Zielgruppen

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224 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Erfolgsfall hochrentables Investitionsprojekt,das die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie si-chern kann. Damit die dafür notwendigen In-vestitionen in Forschung und Entwicklung underforderliche Infrastrukturen auch tatsächlichgetätigt werden, bedarf es langfristig klarerZielvorgaben und der tatsächlichen Umsetzungbestehender Gesetze in allen europäischen Mit-gliedsstaaten.“ (Schneidewind 2018: 216)

QUELLEN– von Geibler, J.; Bienge, K. (2010): GlobaleWertschöpfungs-ketten: Eine Frage der Nachhaltigkeit – das Beispiel derPalmölindustrie. In: Geografische Rundschau 42(4), 42–48.

– Lehmann, A.; Zschieschang, E.; Traverso, M.; Finkbeiner, M.; Schebek,L. (2013): Social aspects for sustainability assessment oftechnologies—challenges for social life cycle assessment(SLCA). In: The International Jounal of Life Cycle Assessment, 18(8),1581–1592.

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

– Seliger, G. (2007):Nachhaltige industrielleWertschöpfungsnetze.In: FUTUR, 9(2), 4–5.

– UNEP/SETAC; Valdivia, S. ; Ugaya, C. M.; Hildenbrand, J.; Traverso,M.; Mazijn, B.; Sonnemann, G. (2013): AUNEP/SETAC approachtowards a life cycle sustainability assessment – ourcontribution to Rio+ 20. In: The International Journal of Life CycleAssessment, 18(9), 1673–1685.

Demand-oriented Supply Chain Strate-gies. A Review of Literature Operationsand Supply Chain ManagementBasnet, C.; Seuring, S. (2014)Online verfügbar: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2464375 (Abruf 07/2019)

Methoden im Living Lab: Unterstützungder Nutzerintegration in offenenInnovationsprozessenEchternacht, L.; von Geibler, J.; Meurer, J.; Behrend, J. (2016)Arbeitspapier im Arbeitspaket 2 (AS 2.2) des INNOLABProjekts.Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, EnergieGmbH.Wuppertal. Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/6521/file/6521_INNOLAB_AP2-2.pdf (Abruf 07/2019)

Erfolg und Scheitern„grüner“ Innovatio-nen – warum einige Nachhaltigkeitsinno-vationen amMarkt erfolgreich sind undandere nichtFichter, K.; Clausen, J. (2013)Metropolis, Marburg

Integrating resource efficiency in businessstrategies: a mixed-method approach forenvironmental life cycle assessment inthe single-serve coffee value chainvon Geibler, J.; Cordaro, F.; Kennedy, K.; Lettenmeier, M.,Roche, B. (2016)In: Journal of Cleaner Production, 115, 62-74. Online

verfügbar: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959652615018764?via%3Dihub (Abruf 07/2019)

Resource intensity in global food chains:the Hot Spot AnalysisLiedtke, C.; Baedeker, C.; Kolberg, S. ; Lettenmeier, M.(2010)In: British Food Journal, 112, 1138–1159

The Hot Spot Analysis: Utilization asCustomized Management Tool towardsSustainable Value Chains of Companies inthe Food SectorRohn, H.; Lukas, M.; Bienge, K.; Ansorge, J.; Liedtke, C. (2014)In: AGRIS on-line Papers in Economics and Informatics, 6,133–143

Social Life Cycle Assessment in derAutomobilindustrieKarlewski, H. (2016)TU Berlin. Online verfügbar: https://www.depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/5286/3/karlewski_hannah.pdf (Abruf 07/2019)

Value Links 2.0: Manual on SustainableValue Chain DevelopmentSpriger-Heinze, A. (2017)Online verfügbar: http://valuelinks.org/wp-content/uploads/2015/09/ValueLinks-Manual-2.0-Vol-1-final-draft-July-2017.pdf (Abruf 07/2019)

Page 225: Transition Design Guide : Design für Nachhaltigkeit · 2019. 10. 2. · Verbindung mit einer Energie- und Res-sourcenwende Diesematerialisierensichin: Produkten, Dienstleistungen

225KAPITEL 9: WERTSCHÖPFUNGSKETTEN

Entwicklung einer Hot Spot-Analyse zurIdentifizierung der Ressourcenintensitä-ten in Produktketten und ihre exemplari-sche AnwendungWallbaum, H., Kummer, N. (2006)In: Ergebnispapier - Arbeitspaket 2.2: „Steigerung derRessourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigenEntwicklung“, Projekt im Auftrag des BMBF,Wuppertal: tripleinnova/ Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. 76.Online verfügbar: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/2513/file/2513_Hot-Spot-Analyse.pdf(Abruf 07/2019)

GRI StandardsGRI – Global Reporting Initiativehttps://www.globalreporting.org/standards (Abruf07/2019)

Deutscher NachhaltigkeitskodexRat für Nachhaltige Entwicklunghttp://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/de/startseite.html (Abruf 07/2019)

Social Hotspots DatabaseSocial Hotspots Databasehttps://socialhotspot.org (Abruf 07/2019)

Sustainable Society IndexSustainable Society Foundation

http://www.ssfindex.com (Abruf 07/2019)

Supply Chain Mappingth data GmbHhttp://supply-chain-mapping.com (Abruf 07/2019)

Pro Planet. Das REWE Group-Navigations-system für nachhaltigere Produkte undDienstleistungenREWE Grouphttp://www.proplanet-label.com/Download/REWE_15_037_HandbuchProPlanet_Erweiterung_Print_A4_hoch_zum_Versand.pdf (Abruf 07/2019)

Sustainability of supply chains in the ageof informationTom Pathuis (2015)TEDx Talkshttps://www.youtube.com/watch?v=zKOkEEmtlIo (Abruf07/2019)

www

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226 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

10. Was ist ein ökologischerRucksack oder Material Foot-print?

Schneidewind 2018: Kap. 10, Teil B

„Eine der Definitionen von „ökologischemDesign“ bezieht sich auf die Reduktion desRessourcenverbrauchs in der industriel-len Produktion sowie auf die Ausformungvon Lebensstilen der Menschen. Um diesesZiel zu erreichen, wurden in den letztenJahrzehnten Konzepte und Indikatorenentwickelt, mit deren Hilfe man eine mög-liche absolute Reduktion des Ressour-cenkonsums richtungssicher abschätzenkann. Sie liefern DesignerInnen, Entwick-lerInnen und Unternehmen ein wirksamesInstrumentarium, um Produkte anders– umweltfreundlich und ressourcenscho-nend – zu konzipieren und in ein Nachhal-tigkeitsmanagement von Produktion undKonsum einzubetten.“ (Liedtke und Buhl2013: 178)

„Ökointelligente Güter sind dann letztend-lich Gegenstände, Geräte, Maschinen, Ge-bäude und Infrastrukturen, die bei markt-gängigen Preisen und bei Minimierung von

Material, Energie, Flächenbedarf, Abfall,Transport, Verpackung und gefährlichenStoffen über den gesamten Lebenszyklusvon Rohstoffabbau bis Recycling hinwegmöglichst lange und möglichst viel (un-terschiedlichen, an den Bedürfnissen deseinzelnen Kunden gemessenen) Nutzen er-bringen.“ (Schmidt-Bleek 2000: 4)

Mit jedem Produkt, jeder Dienstleistung, kau-fen wir einen ökologischen Rucksack, eineUmweltwirkung ein. Der ökologische Ruck-sack funktioniert wie eine Währung, die je-der Technologie- oder Technikanwendung,jedem Produkt, jedem Prozess, jeder Dienst-leistung, jedem Unternehmen, jedem Haus-halt, jedem Lebensstil, jeder Handlung einen„ökologischen Preis“ oder Wert zuordnet.Der ökologische Rucksack bzw. der MaterialFootprint ist ein Indikator zur Messung derRessourcenproduktivität (vgl. Schmidt-Bleek1994) und zeigt für alle Aktivitäten in Wirt-schaft und Gesellschaft den damit verbunde-nen lebenszyklusweiten Ressourcenkonsumauf – von der Rohstoffbeschaffung bis zurEntsorgung oder dem Recycling. Er enthältauch die Bewertung der Nutzenphase, denKonsum.

Ein wesentliches Ziel sowohl der SDGs alsauch der deutschen Nachhaltigkeitsstrategieist die Ressourcenschonung sowie ein gerech-ter Zugang zu natürlichenRessourcen. Sowirddie Bedeutung natürlicher Ressourcen in neunder insgesamt 17 SDGs unmittelbar in den je-weiligen Unterzielen herausgestellt, wie z. B.in SDG 15, Unterziel 9: „Bis 2020 Ökosystem-und Biodiversitätswerte in die nationalen undlokalen Planungen, Entwicklungsprozesse, Ar-mutsbekämpfungsstrategien und Gesamtrech-nungssysteme einbeziehen“ (Vereinte Nationen2015: 27). Die Bundesregierung hat sich imDeutschen Ressourceneffizienzprogramm II(kurz, Prog-Ress II) konkrete volkswirtschaft-liche Ziele gesetzt, unter anderem die Ver-dopplung der Rohstoffproduktivität 1994 bis2020 (BMUB 2016: 41). Zudem werden achtkreislaufwirtschaftliche Indikatoren und Ziel-setzungen verfolgt, unter anderem die Steige-rung der Recyclingrate bei Siedlungsabfällendauerhaft auf über 65 Prozent ab 2020 (BMUB2016: 42).

Berechnet wird der ökologische Rucksacknach dem MIPS-Konzept (Schmidt-Bleek1994, 2000, Schmidt-Bleek et al. 1998):MI/S =Material Input per Serviceeinheit.

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227KAPITEL 10: ÖKOLOGISCHER RUCKSACK

Abb.37: adaptiert nach Schmidt-Bleek und Tischner 1995: 74

HerstellungMI

GebrauchMIPS (G)

Lang-lebigkeit

Re-ManufakturMIPS (RM)

BetreibenMIPS (B)

WartenMIPS (W)

ReinigenMIPS (R)

Sammeln / SortierenMIPS (S)

EntsorgenMIPS (E)

Reparieren MIPS (RP)

Reparierbarkeit

Zuverlässigkeit /Robustheit,Korrosionsbeständigkeit, Er-müdbarkeit, Technoadaptions-fähigkeit

Wiederverwendbarkeit

Weiterverwendbarkeit

Zerlegbarkeit

Zerlegbarkeit

Einige MIPS-relevante Faktoren im Design

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228 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Suffizienzstrategie – Design von S(oder Nutzeneffizienz)„Der Nenner – die Service Unit oder Dienst-leistungseinheit – verbirgt die eigentliche ge-stalterische Chance und die Möglichkeit, Sys-temsprünge hinsichtlich der Reduktion desabsoluten Ressourcenverbrauchs zu schaffen.S = 0 würde bedeuten, erst gar keine ressour-cenbasierte Dienstleistung in Anspruch zu neh-men. Sofern dies nicht möglich ist, geht es umdie Dematerialisierung von gestiftetemNutzen,indem entweder der Ressourcenverbrauch inProduktion und Konsum direkt und absolut ge-senkt wird und/oder der aus einem KilogrammNatur gestiftete Service gesteigert wird: Ent-schleunigungs- und Regionalisierungsstrategi-en, z. B. ein Gespräch von Angesicht zu Ange-sicht zu führen oder einen Waldspaziergang zumachen, Produkte zu teilen oder Dienstleistun-gen zu tauschen, entschleunigt zu kochen undzu essen (Slow Food, Slow Shopping) sind indiesem Zusammenhang beispielhaft denkbar.

Die Frage ist also letztendlich: Benötige ichdiese Dienstleistung bzw. dieses Produkt über-haupt? Gewinne ich damit an Lebensqualität

oder nicht? Beschwert mich das Produkt oderdie Nutzung vielleicht langfristig in Form vonzusätzlichen Kosten für Pflege oder Miete (eineWaschmaschine z. B. benötigt Platz)? Sind so-ziale „Folgeinvestitionen“ wie z. B. steigernderBedarf anZeit zuerwarten? Will ich michdamitüberhaupt im Weiterenbeschäftigen? Wenn dieEntscheidung fällt, dass die Dienstleistung fürdas eigene Wohlbefinden, die Lebensqualitätnotwendig ist, dann beginnt die gestalterischeAufgabe des „Wie“: ein Neu-design oder Re-design des Vorhandenen kann stattfinden, al-lerdings unter der Prämisse der Nutzung einesbegrenzten, aber innerhalb seiner Grenzen freiausgestaltbaren Umweltraums.

Design ist dann in der Lage, just am Hebel derDematerialisierung anzusetzen – zu Beginndes Produktionsprozesses. Dafür ist es not-wendig, die engen Grenzen eines klassischenProduktdesigns zugunsten einer holistischenDesignperspektive im Sinne eines SustainableDesigns oder EcoDesigns zu überwinden (vgl.Charter/Tischner 2001, Wimmer et al. 2004,Vezzoli/Manzini 2006), die Raum für eine Neu-entdeckung des Produktions- und Konsumsys-

tems gibt. Das inhärente Wesen nachhaltigenDesigns ist die konsumorientierte Befriedigungvon Bedürfnissen bei gleichzeitiger Erfüllungökologischer Ziele. Dadurch stehen weniger dieProdukte als viel mehrdie Funktion, der Nutzendes Produktes im Vordergrund (Karlsson undLuttrop 2006). Design kann dann als Interme-diär zwischen Produktion und Konsum fun-gieren, steht gleichsam aber nicht mehr alleinvor der Aufgabe, existierende Güter neu auf-zulegen, sondern sich auf die Suche nach neu-en Lösungen zugunsten nachhaltiger Produkt-und Dienstleistungsarrangements zu begeben.“(Liedtke und Buhl 2013: 187).

Für den/die Gestalter/-in ergeben sich dieFragen: Wie immateriell lässt sich die Dienst-leistung gestalten? Können Ressourcen z. B.durch soziale Interaktionen und soziale Inno-vationen ersetzt werden? Können sogar übereine ästhetische und humorvolle Gestaltungdes Nichts, oder wie Beuys sagen würde derBedürfnislosigkeit (Beuys 1989), positive Re-bound-Effekte erschlossen werden? Lassensich daraus neue Statussymbole generieren?

EXKURS

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229KAPITEL 10: ÖKOLOGISCHER RUCKSACK

Abb.38: adaptiert nach Bringezu, S. ; Liedtke, C. 1997,basierend auf Liedtke et al. 1994: 19

Ausgewählte Aspekte des Ressourcenmanagements für das Design

PRODUKT-MANAGEMENT

STOFFSTROM-MANAGEMENT

– Konstruktion– Material– Langlebigkeit– Reparierbarkeit– Wieder-/Weiterverwendbarkeit– Wieder-/Weiterverwertbarkeit– Zerlegbarkeit– ...

NACHHALTIGKEITS-STRATEGIEN

EFFIZIENZSUFFIZIENZKONSISTENZ

Nutzungsart– Leasing– Contracting– genossenschaftlicheNutzungskonzepte

– ...

Produktionstechnologieund Betriebsverband– Produktherstellung– Recycling– Entsorgung– Logistik– ...

Infrastrukturmanagement– Energieversorgung– Wasserver- undAbwasserentsorgung

– ...PRODUKTDESIGN

Produktwahl– Redesign(Substitutionsprodukte)

– Entwicklung neuerProdukte

– ...

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230 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Formel ist einfach und die Berechnungebenso:„MIPS erlaubt die Messung und Bewertungdes inputorientierten ökologischen Wirkungs-potenzials eines Produktes (z. B. einer Wasch-maschine), das genutzt wird, um einen spe-zifischen Service oder Nutzen (z. B. saubereWäsche) zu erhalten. Es ermöglicht auf dieseWeise auch den Vergleich unterschiedlicherProdukte mit dem gleichen, zugrunde liegen-den Nutzen (z. B. auf unterschiedliche Art vonA nachB zu reisen).“ (Liedkte und Buhl 2013:182).

„Der Material Input (MI) wird in Kilogrammoder Tonnen gemessen. Die Serviceeinheitoder Service Unit (S) hat dagegen keine vorde-finierte Dimension. Diese hängt von dem Ein-zelfall und der näheren Beschreibung der ge-wünschten Dienstleistungab. AlleMaterialien,die inder Naturvon derErstellung bis zur Ent-sorgung eines Produktes oder einer Dienstleis-tung bewegt werden, aber nicht in diese einge-hen und damit direkt wieder zu Abfall werden,bilden den versteckten ökologischen Rucksackeines Produktes oder einer Dienstleistung. DerMaterial Footprint oder ökologische Rucksackentspricht damit dem Materialinput „von der

Wiege bis zur Wiege des Produktes“ (Schmidt-Bleek 1994:108).

Je kleiner der ökologische Rucksack eines Pro-duktes oder einer Dienstleistung ist, desto bes-ser für die Umwelt – so die Regel. Rezyklier-tes Material, Reparatur, ein Up-Grading, eineWeiter- oder Wiederverwendung, die Zerleg-barkeit und Langlebigkeit, jedes Warten, Rei-nigen, wie auch die Nutzung, gehen mit ih-rem Ressourcenkonsum in die Bewertung ein.Die MIPS Bewertung erlaubt damit die Bewer-tung vieler Gestaltungsaspekte wie z. B. der inder Grafik dargestellten (vgl. Schmidt-Bleekund Tischner 1995, vgl. Liedtke et al. 2013).Sharing-, Tausch- oder Leasing-Konzepte, Ge-schäfts- und Nutzungsmodelle ergeben un-terschiedliche Ressourcennutzungen. Dienst-leistungskonzepte nutzen meist ein Bündelvon Produkten für ihre Bereitstellung – auchsie können in ihrer Produktvielfalt abgebildetwerden. Reboundeffekte können vor Einfüh-rung abgeschätzt und nach Einführung bewer-tet werden.

Die Vielfalt der Lebens- und Konsumstile wirdauch über ihren Ressourcenkonsum ersicht-lich. Auf der Produktionsseite können Tech-

nologien und Prozesse ebenso bewertet wer-den wie ganze Unternehmen, Standorte oderFilialen. Ob die Produktion biobasiert (= ba-sierend auf nachwachsenden Rohstoffen)oder kreislauforientiert (= konsistenzorien-tiert) ist, wie sich der Energiemix ressourcen-seitig zusammensetzt, – all das zeichnet sichim ökologischen Rucksack oder Material Foot-print ab.

„Ein auf der Grundlage jenes lebenszykluswei-ten Stoffstrommanagements entwickeltes Res-sourcenmanagement betrachtet Produktionund Konsum als ein interagierendes System,das neben dem Herstellungsprozess auch dieNutzung und Entsorgung bzw. Verwertung desProduktes im Blick behält (Neu- als auch Re-design). Nur durch parallele und aufeinanderabgestimmte Veränderung der Produktions-und Konsummuster können Güter und Dienst-leistungen nachhaltiger gestaltet werden. Dennletzten Endes ist nicht das Produktan sich nach-haltiger, sondern die damit verbundenen Pro-duktions- und Lebensstilmuster.“ (Liedtke undBuhl 2013:183).

Ein umfassendes Ressourcenmanagementbeinhaltet ein Stofftstrommanagement (Ma-

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231KAPITEL 10: ÖKOLOGISCHER RUCKSACK

terialwahl, Prozesse, Technologien, Wert-schöpfungsketten), ein Produktmanagement(Nutzungsformen, Geschäftsmodelle, Pro-duktwahl) sowie ein professionelles Pro-duktdesign mit dem Ziel, die Nachhaltigkeits-strategien (vgl. Abb. S. 231, Liedtke et al.2013).

Effizienz (Material einsparen, Reboundeffektminimieren), Suffizienz (gutes Leben gestal-ten – sein eigenes Maß finden, vgl. Abb. S.232) und Konsistenz (Kreisläufe schließen)integriert umzusetzen und die ökointelligen-teste Performance zu erreichen. Ausgehendvon der Suffizienz können dann die Konsis-tenz- und Effizienzstrategie in der Produkt-Dienstleistungsgestaltung umgesetzt werden(Liedtke und Buhl 2013).

QUELLEN– Beuys, J. (1989): Kunst heute Nr. 1. Joseph Beuys im Gesprächmit Knut Fischer undWalter Smerling. Kiepenheuer &Witsch,Köln.

– Bringezu, S. ; Liedtke, C. (1997): Technisch-stoffliche Faktoren:Stoffstromanalyse der industriellen Produktion. Ecomed,Landsberg.

– BMUB (2016): Deutsches Ressourceneffizienzprogramm II –Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz dernatürlichen Ressourcen. Online verfügbar:

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/progress_ii_broschuere_bf.pdf (Abruf 01/2019).

– Charter, M.; Tischner, U. (2001): Sustainable solutions: develo-ping products and services for the future. Sheffield: Greenleaf.

– Karlsson, R.; Luttropp, C. (2006): EcoDesign: what’s happening?An overview of the subject area of EcoDesign and of thepapers in this special issue. In: Journal of Cleaner Production,14 (15-16), 1291–1298.

– Liedtke, C.; Buhl, J. (2013): Das dematerialisierte Design. In:Fuhs, K.-S., Brocchi, D., Maxein, M., Draser, B. (Hg.): Die Geschichtedes nachhaltigen Designs, VAS, Homburg, 178–193.

– Liedtke, C.; Buhl, J.; Ameli, N. (2013): Designing value throughless by integrating sustainability strategies into lifestyles.In: International Journal of Sustainable Design, 2(2), 167–180.

– Schmidt-Bleek, F. (1994):Wieviel Umwelt braucht derMensch? : Faktor 10 - das Maß für ökologischesWirtschaf-ten. DTV, München.

– Schmidt-Bleek, F.; Tischner, U. (1995): Produktentwicklung:Nutzen gestalten – Natur schonen, Schriftenreihe desWirtschaftsförderinstituts Nr. 270,WIFI Österreich.

– Schmidt-Bleek, F. et al. (1998):MAIA – Einführung in dieMaterial-Intensitäts-Analyse nach demMIPS-Konzept.Birkhäuser, Basel.

– Schmidt-Bleek, F. (2000): Das MIPS-Konzept: Weniger Natur-verbrauch –mehr Lebensqualität durch Faktor 10. DroemerKnaur, München.

– Schneidewind, U. (2018): Die GroßeTransformation. EineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandelns. FischerTaschenbuch, Frankfurt/M.

–Vereinte Nationen (2015): Transformation unsererWelt: die

Sustainable resource management:global trends, visions and policiesBringezu, S. ; Bleischwitz, R. (2009)Greenleaf, Sheffield

Resource Use in the Production and Con-sumption System – the MIPS ApproachLiedtke, C.; Bienge, K.;Wiesen, K.; Teubler, J.; Greiff, K.;Lettenmeier, M.; Rohn, H. (2014)In: Journal Resources, 3(3), 544-574Household-level transiton methodologytowards sustainable material footprintsLettenmeier, M., Laakso, S. (2016)In: Journal Cleaner Production, 132, 184-191. Onlineverfügbar: https://www.mdpi.com/2079-9276/3/3/488/htm (Abruf 07/2019)

Eight Tons of Material Footprint – Sugges-tion for a Resource Cap for Household

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Online verfügbar:http://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf(Abruf 01/2019).

– Vezzoli, V.; Manzini, E. (2006): Design for SustainableConsumption. In: Perspective on Radical Changes to SustainableConsumption and Production.

–Wimmer,W.; Züst, R.; Lee, K.-M.; Alliance for Global Sustainability(2004): ECODESIGN implementation: a systematic guidanceon integrating environmental considerations into productdevelopment. Springer, Dordrecht.

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232 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Consumption in FinlandLettenmeier, M., Liedtke, C., Rohn, H. (2014)In: Journal Resources, 488-515

Faktor Vier: doppelterWohlstand – hal-bierter Naturverbrauch: der neue Berichtan den Club of RomevonWeizsäcker, E. U.; Lovins, A. B.; Lovins, L. H. (1995)Droemer Knaur, München

Faktor Fünf: Die Formel für nachhaltigesWachstumvonWeizsäcker, E. U. , Hargroves, K., Smith, M.,(2009)München: Droemer Knaur

ECODESIGN UND CIRCULAR-DESIGN

Circular by design – Products in thecircular economyEuropean Environment Agency; Schoenmakere,M. De (EEA); Gillabel, J. (VITO) (2017)In: EEA Report, 6. Online verfügbar: https://circulareconomy.europa.eu/platform/sites/default/files/circular_by_design_-_products_in_the_circular_economy.pdf (Abruf07/2019)

Die Geschichte des nachhaltigen DesignsFuhs, K.-S.; Brocchi, D.; Maxein, M.; Draser, B. (Hg.) (2013)Homburg: VAS

Living Labs – Design and Assessment ofSustainable Living

Keyson, D. V.; Guerra-Santin, O.; Lockton, D. (Hg.) (2018)Springer International Publishing Switzerland

Design for Sustainability (DfS): theinterface of sustainable production andconsumptionSpangenberg, J.; Fuad-Luke, A.; Blincoe, K. (2010).- In: Journal of Cleaner Production, 18(15),1483–1491.

The Performance EconomyStahel,W. (2006)New York: Palgrave Macmillan

Was ist EcoDesign? Ein Handbuch fürökologische und ökonomische GestaltungTischner, U.; Schmincke, E.; Rubik, F.; Prösler, M. (2002)Frankfurt/M.: Verlag Form

How to Ecodesign? Practical Guide forEcodesign – Including a ToolboxTischner, U.; Moser, H. (2015)Federal Environment Agency. Online verfügbar: http://www.econcept.org/language/en/how-to-do-ecodesign (Abruf07/2019)

ENERGIESUFFIZIENZ

Energiesuffizienz im Kontext der Nachhal-tigkeit. Definition und TheorieBrischke, L.-A.; Thomas, S. (2014)Online verfügbar: https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/2014.04_WI-ifeu_Thema-Brischke_energiesuffizienz-im-kontext-der-nachhaltigkeit.pdf

Energiesuffizienz Projektwebseiteifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidel-berg (Stand 2019)Online verfügbar: https://www.ifeu.de/projekt/energiesuffizienz (Abruf 07/2019)

Mixing Up Everyday Life. UncoveringSufficiency Practices Through DesignerlyTools.Lahusen, M.; Ritzmann, S.; Sametinger, F; Joost, G.;Brischke, L.-A. (2016)Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/304115007_Mixing_Up_Everyday_Life_-_Uncovering_Sufficiency_Practices_Through_Designerly_Tools (Abruf 07/2019)

All I need: Provoking conflicts at theboundaries of the private and public sherein the context of energy sufficiencySametinger, F.; Lahusen, M.; Joost, G.; Brischke, L.-A. (2015)Conference paper at the 4th Participatory InnovationConference, Hague University of Applied Sciences.

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233KAPITEL 11: SOZIALE PRAKTIKEN

11. Warum sind soziale Prakti-ken so wichtig für Nachhaltig-keit?

Schneidewind 2018: Kap. 2, 3, 4, 11, 18

Eine Zielrichtung für eine nachhaltige Gestal-tung ist eine absolute Entkopplung der Res-sourcennutzung von Wohlstandssteigerungender Gesellschaft durch wirtschaftliche undgesellschaftliche Innovationen. Dies kannnicht allein durch technische Innovationenim Sinne einer Effizienzsteigerung, sondernnur gekoppelt mit der Veränderung von Pro-duktions-, Konsum- bzw. Verhaltensmusternim Alltag der Menschen gelingen (vgl. Bar-bier 2009, Jackson 2008, Liedtke et al. 2017,Schneidewind 2018).

Denn „auch wenn Technologien, Geschäfts-modelle und Politik wichtig sind – am Endeverändern Ideen und neue Wertvorstellungendie Welt. Jede große Transformation ist letzt-lich eine moralische Revolution. Erst in ihremWindschatten verändern sich Politik, Wirt-schaftssysteme, Technologien und Infrastruk-turen.“ (Schneidewind 2018: 42)

Routinen und soziale Praktiken bilden dasGegengewicht von Veränderung und sind einebenso wesentlicher Bestandteil unseres All-tags. Sie erhalten unsere technische wie so-ziale Umwelt. Routinen und Praktiken desAlltags, wie z. B. die Fahrt zur Schule oderArbeit, werden beispielsweise durch die unsumgebenden Strukturen in ihrer Ausübungund Gestaltung „gelenkt“ und eingeübt – derÖPNV hat vorgegebene Haltepunkte, an de-nen man sich orientieren muss, will man vonA nach B gelangen. Strukturen für Handlun-gen werden durch Produkte, z. B. den Bus, dieU-Bahn, das Auto, vorgegeben. Auch Dienst-leistungsstrukturen z. B. der ÖPNV oder derMobiltelefonvertrag und letztlich alle gebau-ten Infrastrukturen wie z. B. das Verkehrssys-tem mit seinen Straßen, U-Bahn-Schächtenund Brücken, geben uns Wege oder Routenmit entsprechenden Zeitspannen vor. Sie for-men unsere Routinen und sozialen Praktiken.Routinen sind Handlungen, die nicht be-wusst, sondern automatisch ablaufen. Siegeben dem Tag Struktur und Sicherheit undsorgen gleichzeitig für Entlastung und Frei-räume, um auf neue Vorkommnisse und An-forderungen, auf Änderungen im Tagesablaufzu reagieren. Erfolgen Systemsprünge wie

z. B. die Einführung des Telefons, des Autos,des Fax, des Internets, des Smartphones, somüssen die entsprechenden Infrastrukturenentwickelt und Routinen verändert und neueingeübt werden (= Neu- oder Rekonfigura-tion). Nach einiger Zeit nutzt man z. B. Emailanstelle von Fax oder des Postwegs. Dies er-folgt nicht von heute auf morgen, sonderndauert mitunter mehrere Jahre bis Jahrzehn-te. „Kleinere und größere” Änderungen imTagesablauf wie z. B. den Ausfall eines Kol-legen, der Streik am Flughafen oder im Kin-dergarten, ein Gewitter u. v.m., ändern unse-re Routinen nicht, sie unterbrechen sie undzeigen auf, dass Änderung und „Change Ma-nagement” möglich sind. Sie zeigen Hand-lungs- und Gestaltungsfähigkeit im Alltag,unsere Fähigkeit, auf Unerwartetes reagierenzu können und die Herausforderung zu meis-tern (= Resilienz).

Alltägliche Handlungsroutinen in Beruf undHaushalt sowie soziale und technische Inno-vationen und Veränderungen spiegeln sichdirekt im Energie- und Ressourcenkonsumwider – sie benötigen mehr oder weniger Res-sourcen und haben soziale und ökonomischeWirkungen auf uns, unseren Haushalt,

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234 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Soziale Praktiken sind ...„(...) routinierte Verhaltensweisen, die ausmehreren miteinander verbundenen Elemen-ten bestehen: Formen körperlicher Aktivi-tät, mentaler Aktivität, "Dingen" und derenGebrauch, einem Hintergrundwissen in derForm des praktischen Verstehens, Know-Hows, emotionaler Zustände und motivatio-nalem Wissen.“ (Reckwitz 2002: 249).

Die Veränderung von Produktions-, Kon-sum- bzw. Verhaltensmustern kann auch alssoziale Innovation entsprechend einer Neu-konfiguration sozialer Praktiken verstandenwerden: „Eine soziale Innovation ist eine vonbestimmten Akteuren bzw. Akteurskonstella-tionen ausgehende intentionale, zielgerich-tete Neukonfiguration sozialer Praktiken inbestimmten Handlungsfeldern bzw. sozialenKontexten, mit dem Ziel, Probleme oder Be-dürfnisse besser zu lösen bzw. zu befriedigen,als dies auf der Grundlage etablierter Prak-tiken möglich ist“ (Howaldt und Schwarz2010: 89). Soziale Innovationen bilden dieGrundlage einer schrittweisen Veränderung(Transition) einer komplexen Neukonfigu-

ration der materialisierten Welt: Produkt-und Dienstleistungswelten, Infrastrukturenund damit unserer Lebens- und Arbeitswelt(= soziotechnisches Regime).

Praxisbeispiel: Klimaspatz „Piaf“Im Büro der Bundesumweltministerin Sven-ja Schulze sitzt neuerdings ein digitaler Vo-gel namens „Piaf“, der die Luftqualität imRaum misst. Der charmante Raumklima-Assistent erfasst CO2-Wert, Temperatur so-wie die relative Luftfeuchtigkeit und sig-nalisiert, wenn gelüftet werden sollte. Dasanimiert Nutzende, sich energieeffizien-ter zu verhalten und ihre Raumluftqualitätwahrzunehmen – was gleichzeitig bis zu 20Prozent Energie einsparen kann. Die Idee,dem Raumklima-Assistenten die Gestalt ei-nes Vogels zu geben, hatte die DesignerinDr. Christina Zimmer. Abgeleitet ist diesesKonzept von einer altbewährten Praxis inden Bergstollen des Ruhrgebiets: Kanarien-vögel signalisierten den Bergleuten, wenndie Konzentrationen von Kohlenmonoxidgefährlich hoch wurde und sie unverzüglichden Stollen verlassen mussten. Die Vögel-

chen wurden so zu einem Symbol für guteLuftqualität, was sich nun im Designkon-zept widerspiegelt (vgl. Pressemiteilung desWuppertal Instituts vom 07.02.2019)

EXKURS

Fotos: Wuppertal Institut / Designerin: Christina Zimmer

Färbt sich der Bauch von „Piaf“ rot, sollte durchgelüftetwerden. Leuchtet er weiß, ist die Luftqualität wieder gut.

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235KAPITEL 11: SOZIALE PRAKTIKEN

die Wirtschaft und die Gesellschaft. Sie allesind mit „Naturkonsum” verbunden. Es ergibtsich ein spezifisches, lebensstil- oder milieu-bezogenes Profil an Ressourcen- und Ener-giekonsum: der ökologische Fußabdruck ei-ner Person, eines Haushalts, eines Quartiers,einer Stadt oder ländlichen Kommune, einesBundeslandes, wie auch der gesamten Ge-sellschaft und Wirtschaft. Nicht nachhaltigeRoutinen sind Verursacher des Klimawan-dels und sozialer Ungleichheit, da sie beste-hende Strukturen manifestieren und täglichreproduzieren – dies gilt auch für die damitverbundenen Produkte und Dienstleistungen.Ihre Änderung ist anspruchsvoll und hängtvon der Gestaltung der dinglichen Welt undderen Deutung ab.

Ändert man diese Routinen schrittweise z. B.über ökointelligente Produktinnovationen, sosind auch die damit verbundenen Infrastruk-turen (= soziotechnisches Regime: Politik-,Technologie-, Wirtschafts-, Wissenschafts-,Bildungssystem) direkt betroffen. Car-Sha-ring ist ein Beispiel mit vielfältigen Effekten –z. B. ändert sich der Bestand der PKWs kaum,die Car-Sharing-Infrastruktur kommt hinzu.In Berlin beispielsweise fahren die Nutzen-

den Strecken unter 2 und 5 km, die sie vor-her zu Fuß oder mit dem ÖPNV zurückgelegthaben (Schmitt et al. 2017). Einsparungen anEmissionen liegen im niedrigen, einstelligenProzentbereich. Die Neukonfiguration derRoutinen, Produkte und Dienstleistungen istnicht abgeschlossen und noch auf dem Wegvon der Nische in den Mainstream. Ökoin-telligente und soziale Gestaltung der jewei-ligen Geschäftsmodelle sind notwendig, umneue öko-soziale Routinen entstehen zu las-sen (z. B. Car Sharing als Statussymbol statteines SUV).

Es geht dabei darum, die zu einem Zeitpunktetablierten nicht-nachhaltigen sozialen Prak-tiken in Richtung Nachhaltigkeit gemeinsamgewollt und bewusst zu verändern (Ebeneder transformationalen Objekte (Laschke etal. 2010), um somit neue, selbstbestimmteund erfahrbare Konstruktionen der eigenenLebens- und Arbeitswelt zu eröffnen (Blies-ner et al. 2014, Howaldt und Schwarz 2010).Gleichzeitig ist die Kommunikation bzw. Nar-ration über die Veränderung ein wichtigesElement für die Realisierung neuer Struktu-ren und Routinen – je positiver die gesell-schaftliche Wertung und Deutung, desto eher

besteht die Chance für eine Veränderung(Ebene Kommunikationsdesign).

„Es handelt sich dann und insoweit um einesoziale Innovation, wenn sie – marktvermit-telt oder ‚non- bzw. without-profit‘ – sozialakzeptiert wird und breit in die Gesellschaftbzw. bestimmte gesellschaftliche Teilbe-reiche diffundiert, dabei kontextabhängigtransformiert und schließlich als neue sozi-ale Praxis institutionalisiert bzw. zur Rou-tine wird“ (Howaldt und Schwarz 2010: 89)

QUELLEN– Barbier, E. B. (2009): A Global New Deal. Report preparedfor the Economics and Trade Branch, Division of Technology,Industry and Economics, UNEP. Laramie.

– Bliesner, A.; Liedtke, C.;Welfens, M. J.; Baedeker, C.; Hasselkuß, M.;Rohn, H. (2014): „Norm-Oriented Interpretation Learing“ andResource Use. The C oncept of„Open-Didactic E xploration“as a C ontribution to Raising Awareness of a ResponsibleResource Use. In: Journal Resources, 3/2014, 1–30.

– Howaldt, J., Schwarz, M. (2010): Soziale Innovation imFokus: Skizze eines gesellschaftstheoretisch inspiriertenForschungskonzepts. Bielefeld: Transcript.

– Jackson, T. (2008): ProsperityWithout Growth? SustainableDevelopment Commission.

– Laschke, M.; Diefenbach, S. ; Heidecker, S. ; Hassenzahl, M. (2010):Transformationale Produkte-Acht Konzepte zum schonen-den Umgangmit Ressourcen. In: Mensch & Computer, 189–194.

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236 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Transition Design: An Educational Frame-work for Advancing the Study and Designof Sustainable Transitions.Irwin, T.; Tonkinwise, C.; Kossoff, G. (2015)School of Design, Carnegie Mellon University.

Models of change: Einführung undVerbrei-tung sozialer Innovationen und gesell-schaftlicher Veränderungen in transdiszip-linärer PerspektiveKristof, K. (2010)Zürich: Vdf-Hochschulverlag

Wie Können PsychologInnen IhrWissenBesser an die PraktikerIn bringen?Matthies, E. (2005)In: Umweltpsychologie, 9 (1), 62–81

Theories of practice: Agency, technology,and culture. Exploring the relevance ofpractice theories for the governance ofsustainable consumption practices in thenewworld-orderSpaargaren, G. (2011)In: Global Environmental Change, 21, 813–822

Marketing nachhaltiger DienstleistungenScholl, G. (2009)Marburg: Metropolis

The Dynamics of Social Practice: EverydayLife and how it Changes

Shove, E.; Pantzar, M.;Watson, M. (2012)Los Angeles/ Thousand Oaks, London: SAGE Publications

Suffizienz: die Konsumgesellschaft in derökologischen KriseStengel, O. (2011)Dissertationsschrift,Wuppertaler Schriften zur Forschung füreine nachhaltige Entwicklung. München: Oekom.

Chancen und Grenzen nachhaltigenKonsums in einer ressourcenleichtenGesellschaftSpeck, Melanie; Liedtke, Christa (2016)In: Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie 2016/2017, MetropolisVerlag, Marburg, 2016, 255–269

Soziale Innovationen im AufwindRückert, J., Jaeger, M., Schäfer, M., UBA (Hg.) (2014)Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/soziale_innovatio-nen_im_aufwind_bf_1.pdf (Abruf 07/2019)

Innovationen für die GesellschaftHowaldt, J., Kopp, R., Böschen, S. , Krings, B.. (2017)Online verfügbar: http://sfs.tu-dortmund.de/cms/innovati-onskongress/de/ergebnisse/broschuere/Broschuere_Soziale-Innovation_ITAS_2017.pdf (Abruf 07/2019)

www

– Liedtke, C.; Hasselkuß, M.; Speck, M.; Baedeker, C. (2017): Transi-tion and Social Practices. Journal of Sustainable Development,10(5), 25.

– Reckwitz, A. (2002): Toward aTheory of Social Practices. -In:European Journal of Sociology, 5, 243–263.

– Schmitt, M.; Bienge, K.; Clausen, J.; Bowry, J.; Howell, E.; Rohn,H. (2017): Nutzen statt Besitzen – eine ressourcenleichteKonsumalternative: Mythos oder Realität?Wuppertal Insti-tut für Klima, Umwelt und Energie,Wuppertal. Online verfügbar:https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/595 (Abruf 01/2019).

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

–Wuppertal Institut (07.02.2019): Klimaspatz„Piaf“ signalisiert,ob die Luft rein ist. Öffentliche Gebäude für den Klimaschutzfit machen. Pressemitteilung vom 07.02.2019. Online verfügbar:https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/4629 (Abruf 07/2019).

Transitions to Sustainable Development:New Directions in the Study of Long TermTransformative ChangeGrin, J.; Rotmans, J.; Schot, J. (2010)Routledge, London

Up, Down, round and round: ConnectingRegimes and Practices in Innovation forSustainabilityHargreaves, T.; Longhurst, N.; Seyfang, G. (2013)In: Environment and Planning A, 45(2), 402–420

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237KAPITEL 12: EFFEKTE

12. Was sind nicht intendierteEffekte oder Reboundeffekte?

Schneidewind 2018: Kap. 5, (Teil B)

„Ohne Verhinderung des Bumerangeffektsgibt es keine Zukunftsfähigkeit.“– Schmidt-Bleek 2000: 131

Jede Änderung von Verhalten wie auch Tech-nologien, Infrastrukturen, Produkten undDienstleistungen sorgt in einem komplexenGeflecht sozialer und wirtschaftlicher Akti-vitäten für Effekte, die nicht intendiert, alsonicht bewusst gewollt sind. Diese könnenmehr oder weniger umfangreich sein undmehr oder weniger stark positiv oder nega-tiv wirken.

Der sogenannte Rebound-Effekt beschreibtallgemein den mengenmäßigen Unterschiedzwischen den möglichen Ressourcen- oderEnergieeinsparungen, die durch bestimmteNachhaltigkeitsbemühungen entstehen, undden tatsächlichen Einsparungen. Somit führtder Rebound-Effekt dazu, dass das möglicheEinsparungspotenzial verschiedener Nachhal-tigkeitsbemühungen nicht oder nur teilwei-se realisiert wird. Dieser Effekt ist einer der

Gründe, warum nachhaltige Innovationen zueiner geringeren Entkopplung von Naturver-brauch und Wohlstandsentwicklung führenals gewünscht.

ReboundeffektNach Sorrell werden Rebound-Effekte als„the unintended consequences of actionsby households to reduce their energy con-sumption and/or greenhouse gas (GHG)emissions“ (vgl. Sorrell 2010: 8) verstan-den. Sorrell (vgl. ebd.) macht klar, dass„the relevant actions may either be tech-nical, such as purchasing a more fuelef-ficient car, or behavioural, such as turninglights off in unoccupied rooms“.

Die Wirkungsanalyse versucht eine Ver-änderung im Produktions-Konsum-Sys-tem und die damit verbundenen, nicht-intendierten Wirkungen abzubilden. DieseVeränderung kann positive oder negativeEffekte haben und sich ökonomisch, öko-logisch und/oder sozial realisieren. Einökologisch negativer, unvermuteter Effektwird mit „Reboundeffekt“ bezeichnet. Einpositiver Effekt würde einer zunächst nichterwarteten Verbesserung der Wirkung ent-

sprechen, sozusagen einen „co-benefit“darstellen.

Bewertung von ReboundeffektenReboundeffekte bewertet man in t oder %verminderten Effekts, ökonomische Effek-te in Geldeinheiten oder % und sozialeEffekte in sozioökonomischen Einheiten,wie sie in den SDGs oder den Nachhaltig-keitsstrategien abgebildet werden oder fürdie Faktoren ebenso in % Änderung. Diesimmer bezogen auf das geschätzte odererrechnete Potenzial.

Solche Effekte sind meist schwer rückholbar.Es können kleine Änderungen mit großer,globaler Wirkung sein oder aber lokal tiefgrei-fende Änderungen mit begrenzten Wirkungs-ketten. Dies ist in komplexen Systemen meistnicht vorhersehbar. Wirkungen können zeit-versetzt und an völlig anderen Orten auftre-ten, als sie induziert wurden. Auch sogenann-te Systemsprünge wurden nicht von heute aufmorgen eingeführt, auch wenn es manchmalso scheint – von den ersten Computern bis zuderen verbreiteter Nutzung heute dauerte esbeispielsweise Jahrzehnte. Dies sind Zeitdi-

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238 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

mensionen, in denen nachhaltige Gestaltungwirkmächtig sein kann. Bisher ist es jedochdie nichtnachhaltige Gestaltung. Denn mehroder weniger professionelle Gestaltung findetimmer und zu jeder Zeit statt.

Gestaltung kann versuchen, die mit solchenEntwicklungen nicht intendierten Effekte zuberücksichtigen – sicherlich nicht zu 100%,aber doch durch das Bedenken möglicherKaskadeneffekte zwei, drei Schritte weiter imNetzgeflecht der Aktivitäten. Vorsorgeorien-tierung ist möglich und wirtschaftlich. Dennjede nichtintendierte negative Wirkung verur-sacht horrende Kosten für Wirtschaft und Ge-sellschaft – sozial, ökologisch und ökonomisch.Für Gestaltung gilt es, mögliche Effekte sicht-bar zu machen und diese zu adressieren. Wievon Borries (vgl. Borries 2017) sagt: „GutesDe-sign entwirft die Welt“ (ebd.: 137) „Entwerfenbedeutet, ästhetischen Widerstand zu leisten.“(ebd.: 123) und „Die Welt zu entwerfen ist einemoralische Verpflichtung“ (ebd.: 121). Ästhe-tischen, kommunikativen und dinglichen Wi-derstand benötigt es, um negative Effekte inpositive Vielfalt und Chancen zu wandeln.Solche Effekte zu bedenken, möglicherwei-se sichtbar zu machen, ist zunächst schwie-

Die Kosten des KlimawandelsDer Klimawandel kann zu zerstöre-rischen Wetterextremen führen, wiez. B. Hitzeperioden, Starkniederschlä-ge, Überschwemmungen, Stürme undSturmfluten. Diese verursachen hohevolkswirtschaftliche Folgekosten. Allei-ne die Zerstörungen des Hurrikans Ka-trina im Jahr 2005 kosteten rund 150Milliarden Dollar (Burton und Hicks2005). Doch nicht nur die direktenSchäden des Klimawandels, wie Ernte-ausfälle aufgrund von Hitze- und Tro-ckenperioden in der Landwirtschaft,sondern auch die Kosten für notwendi-ge Klimaanpassungsmaßnahmen müs-sen hierbei berücksichtigt werden. (Fürweiterführende Informationen vgl. Bun-desinstitut für politische Bildung 2013,Kemfert 2007).

EXKURSrig und Übungssache – sicher ist auch, dassman nie alle erfassen kann. Man kann aberachtsam sein und seine Konzepte vorsorgendanlegen.

Die drei folgenden Beispiele sollen ein Her-antasten an das Thema ermöglichen: Wir un-terscheiden hier negative und positive Effekteund Wirkungen sowie die ökologischen Re-boundeffekte. Solche Effekte können in allengesellschaftlichen Bereichen entstehen: derwirtschaftlichen Situation, der sozialen Ein-bettung wie auch in der Ökologie. Wir begin-nen mit Beispielen für negative ökologischeReboundeffekte, um dann positive, bzw. co-benefits anzudenken, die Gestalter und Pro-duktentwickler in Unternehmen innerhalbvon Konzepten adressieren können – das istdie eigentliche und intelligente Gestaltungs-aufgabe für Transitiondesign. Wie können so-ziale Innovationen genutzt werden, um Re-boundeffekte zu vermeiden?

Unsere Mobilität – technologischeWeiterentwicklungenDie Deutschen verbringen heute genauso vielZeit für ihre Mobilität wie noch vor Jahren,nur die Strecke, die sie im gleichen Zeitraum

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239KAPITEL 12: EFFEKTE

zurücklegen, ist gewachsen. Die entwickelteVerkehrstechnologie sowie die Verkehrsinf-rastruktur und -politik hat uns Möglichkeiteneröffnet, heutzutage bspw. in Köln zuwohnenund in Mettmann zu arbeiten oder in Müns-ter zu wohnen und im Bergischen Land zuwandern (=positiver sozialer Effekt). Bisherwenden die Menschen seit langem zwischen0,75 und 1,5 Stunden am Tag für Mobilitätauf – bei schneller werdenden Transportmit-teln bedeutet dies längere Strecken (Santari-us 2012). Damit verbunden ist ein erhöhterEnergie- und Ressourcenkonsum, was gleich-zeitig eine steigende Umweltbelastung bedeu-tet – der Klimawandel wird forciert. Bei ca. 80Millionen Einwohnern/Einwohnerinnen einewirkliche Hausnummer: im Durchschnitt imVerkehrsbereich rund 6,7 t Ressourcenkon-sum pro Haushalt im Jahre 2005 (=negati-ver Umwelt-/wirtschaftlicher Reboundeffekt)(Buhl 2014).

Unser Ablasshandel – psychologischeEffekteEin zweites Beispiel betrifft im Kern unser eige-nes Verhalten: Familie Müller heizt ihre Woh-nung in allen Zimmern auf 25 Grad, weil siesich dann besonders wohlfühlt. Dafür handelt

sie mit sich selbst aus, dass sie nicht in den Ski-urlaub fährt, was ihrer Meinung nach wesent-lich umweltbelastender wäre und von zahlrei-chen anderen Familien gemacht wird. Oder einanderes Beispiel: Wenn wir uns vegan ernäh-ren, dann können wir doch mobil sein und z. B.nach Thailand in den Urlaub fliegen (indivi-duell positiver wie gesellschaftlich wirtschaft-licher Effekt/negativer Reboundeffekt). Diesekleinen Ablasshandlungen sind völlig normalund in sich selbst sehr charmant, weil sie sehrmenschlich sind. Sie sind auch ein Zeichen fürdie moralische Aufmerksamkeit gegenüber dereigentlichen Thematik, also ein guter Ansatz-punkt für Design und Gestaltung und Grundla-ge für die Gestaltung positiver sozialer Effekte.

Unsere KonsumneigungWenn wir einmal durch unsere Wohnung,bzw. unseren Haushalt gehen und all die Pro-dukte wahrnehmen, mit denen wir tagtäglichumgehen und die wir tatsächlich nutzen, sosind es, im Verhältnis zum Gesamtbestand,sehr wenige. Spaßeshalber kann man sie ein-mal einordnen in Produkte, die man fürs Le-ben und seinen Alltag benötigt und daher inGebrauch sind und in Produkte, die man we-nig oder gar nicht in Nutzung hat. Dann kann

man im Kopf überschlagen, wie viel die un-genutzten Produkte im Einkauf gekostet ha-ben, welche Fläche belegt worden wäre unddamit Miete gekostet hätten. Solch ein groberÜberschlag kommt z. B. für nicht getrageneKleidungsstücke schnell auf mehrere hundert,wenn nicht gar tausende Euro. Dies ist alsonicht nur ein negativer Effekt für die Umwelt,sondern auch für die eigene Geldbörse (ohneeigentlichen Nutzen), wohl aber positiv fürdie Wirtschaft (vgl. Aktion Produktrecht, S.119).

Mögliche Überschuldung?Ein anderes Beispiel ist die durch eine Pro-dukt-Dienstleistungsgestaltung möglicherwei-se induzierte Überschuldung, wie sie heut-zutage einige Jugendliche trifft, die über ihrSmartphone und dessen Dienstleistungen undVertragsgestaltung in einer Überschuldungs-falle stecken. Auch dies ist ein unerwünschtersozialer Effekt mit hoher individueller Rele-vanz, dem man durch eine entsprechende Ge-staltung von Produkt und Dienstleistung ent-gegenwirken kann.

Das Ding mit der Effizienz und den AusgabenBei den folgenden Beispielen handelt es sich

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240 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

nicht nur um technologische Effizienzgewinne,sondern auch um Verhaltensänderungen bzw.Vermeidungshandlungen, die Reboundeffek-te induzieren. Verbrauchsarme, kleine Autos,Lebensmittelabfall reduzieren oder ein Gradweniger Raumtemperatur sind umweltfreund-lich/er und helfen sparen. Das eingesparteGeld liegt entweder auf der Bank oder wirddirekt für andere Konsumfelder ausgegeben.Beides hat wirtschaftliche, soziale und ökolo-gische Effekte und schmälert den ersten posi-tiven Effekt. Bei Reboundeffekten ist es alsowichtig, auch auf Verschiebungen zwischenverschiedenen Konsumfeldern zu achten.

Positive Effekte wären in der Gestaltung dem-nach in der Weise angelegt, dass sie in einerKaskade zu einer Verbesserung des StatusQuo beitragen und zu einer Verringerung ei-nes möglichen Reboundeffektes, wie z. B. inForm eines Siegels, das faire und ökologischeProdukte markiert, deren Nutzenphase lebens-wert und zeitintensiv gestaltet ist. Dies wärenProdukte und Dienstleistungen, die anregen,die eigene Lebensqualität zu verbessern, sichzu entfalten, Gemeinwohl mit Eigennutz zuverbinden, die wirtschaftliche Situation in derWaage zu halten und die soziale Integration

zu unterstützen. Ehrenamtliches Engagementkönnte dies sein, im Restaurant um die Eckegemeinsam zu essen, sich weiterzubilden,seinen Kindern Zeit zu widmen, vorhande-ne Produkte und Dienstleistungen zu mietenoder professionell reparieren zu lassen u. v.m.Zeitintensive Beschäftigungen mit ressour-cenleichteren Aktivitäten bilden einen gutenSchutz vor möglichen negativen Effekten undfördern – gut gestaltet – positive Bilanzen imBereich der sozialen Entwicklung, der eigenenLebensqualität und Zufriedenheit wie auchder Umwelt.

Die folgende Tabelle stellt Tätigkeiten undderen Ressourcenkonsum bzw. ökologischenRucksack – in Bezug auf Zeit (h) – dar: Bil-dung ist meist ressourcenleichter als Haus-haltsführung, insbesondere Reparatur und In-standhaltung in Eigenarbeit. Zeit mit Kindernim Haushalt ist im Schnitt ressourcenleichterals Hobbies und Sport, ebenso die meistenFormen ehrenamtlichen Engagements.

Dies sind Richtgrößen und jeweils zu differen-zieren bezüglich einzelner Aktivitäten. Sie ge-ben aber bereits Einblick in die Richtung, wel-che Aktivitäten bei einer Zeitersparnis durch

eine technische Innovation, z. B. umweltbelas-tender sind und welche nicht. Dies gilt eben-so für Kosteneinsparungen durch eine sozialeoder technische Innovation, die teilweise wie-der investiert werden. (Buhl et al. 2017)

QUELLEN– von Borries, F. (2017):Weltentwerfen – Eine politische Design-theorie. 2. Auflage. Berlin: Suhrkamp.

– Buhl, J. (2014): Revisiting rebound effects frommaterialresource use. Indications for Germany considering socialheterogeneity. In: Resources, 3(1), 106-122.

– Buhl, J.; Acosta, J. (2016a):Work less, do less?Working timereductions and reboundeffects. In: Sustainable Science, 11 (2).

– Buhl, J.; Acosta, J. (2016b): Indirect effects from resourcesufficiency behaviour in Germany. In: Santarius, T. et al. (Hg.):Rethinking Climate and Energy Policies. New Perspectives on theRebound Phenomenon. Springer, 37–55.

– Buhl, J.; Schipperges, M.; Liedtke, C. (2017): Die Ressourcen-intensität der Zeit und ihre Bedeutung für nachhaltigeLebensstile. In: Kenning, P. et al. (Hg.): Verbraucherwissenschaf-ten. Springer-Fachmedien,Wiesbaden.

– Bundesinstitut für politische Bildung (2013): Kosten des Klima-wandels. Online verfügbar: http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt klimawandel/38487/kosten-des-klimawandels (Abruf07/2019).

– Burton, M.; Hicks, M. (2005): Hurricane Katrina: Preliminaryestimates of commercial and public secor damage. Onlineverfügbar: http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.318.7580&rep=rep1&type=pdf (Abruf 07/2019).

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241KAPITEL 12: EFFEKTE

Aktivität Ökologischer Rucksackin kg/h

Bildung 1,05

Haushaltsführung (inkl. Reparatur, Handwerk, Bauen,Instandhaltung und Haushaltsorganisation) 16,16

Soziale Kontakte (inkl. Gespräche und Telefonieren) 2,48

Massenmedien (Lesen) 0,96

Persönlicher Bereich (inkl. Waschen und Anziehen) 3,12

Zeit mit Kindern im Haushalt 2,50

Hobbys und Spiele (inkl. künstlerischer Tätigkeiten) 6,94

Schlafen und Ausruhen 0,50

Gesundheit 10,67

Aktivitäten in der Natur und Sport 3,64

Essen und Trinken (inkl. Einkaufen und Vorbereitung 9,73

Betreuung (inkl. Kinderbetreuung) 6,93

Ausgehen und Ausflüge 8,69

Massenmedien (TV, Radio und Computer) 1,96

Anmerkung: Die Ressourcenintensitäten werden in kg/hangegeben. Eine Stunde für Schlaf oder Ausruhen hat eineRessourcenverbrauch von 0,5 kg. Die Ressourcenintensität istentsprechend 0,5 kg/h.

Ressourcenintensitäten in Konsum und Zeitverwendung

Abb.39: basierend auf Buhl 2016, S. 148, in Anlehnung anBuhl und Acosta 2015, supplementary material. Daten:Sozio-oekonomisches Panel v29 (2008), Einkommens- undVerbrauchsstichprobe 2008, Zeitbudgeterhebung 2001/2002,Acosta, J. & Schütz, H. für Watson et al. (2013).

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242 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

– Kemfert, C. (2007): Klimawandel kostet die deutscheVolkswirtschaft Milliarden. Online verfügbar: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.55814.de/07-11-1.pdf(Abruf 07/2019).

– Santarius, T. (2012): Green growth Unravelled: How ReboundEffects Baffle Sustainability Targets when the Economykeeps Growing. Heinrich Boell Foundation, Berlin.

– Schmidt-Bleek, F. (2000): Das MIPS-Konzept. Faktor 10. DroemerKnaur, München.

– Sorrell, S. (2010):Mapping Rebound Effects from SustainableBehaviours. Key Concepts and Literature Review. SLRGWorking Paper. University of Sussex, Sussex Energy Group, SPRU,Brighton.

Rebound effects in Living Labs: Oppor-tunities for monitoring andmitigatingre-spending and time use effects in userintegrated innovation designBuhl, J.; Geibler, J.; Echternacht, L.; Linder, M. (2017)In: Journal of Cleaner Production, 151, 592–602

Rebound-Effekte – Ursachen, Gegenmaß-nahmen und Implikationen für die LivingLab-ForschungBuhl, J.; Echternacht, L.; von Geibler, J. (2015)Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie,Wuppertal.Online verfügbar: https://www.innolab-livinglabs.de/fileadmin/user_upload/Benutzerdaten/Publikationen/INNOLAB_AS12a_Basisstudie_Reboundeffekte.pdf (Abruf07/2019)

Rebound-Effekte. Ihre Bedeutung für dieUmweltpolitikDe Haan, P.; Peters, A.; Semmling, E.; Marth, H.; Kahlen-born,W. (2015)Umweltbundesamt Berlin. Online verfügbar:https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/texte_31_2015_rebound-effekte_ihre_bedeutung_fuer_die_umweltpolitik.pdf(Abruf 07/2019)

Theoretical Perspective on ReboundEffects from a Social Science Point ofView:Working Paper to Prepare EmpiricalPsychological and Sociological Studies inthe REBOUND ProjectPeters, A.; Sonnberger, M.; Dütschke, E.; Deuschle, J. (2012)In: Working Paper Sustainability and Innovation. FraunhoferInstitute

Podcast – ReboundeffekteUmweltbundesamt BerlinOnline verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1/audio/green_radio_reboundeffekt.mp3 (Abruf 07/2019).

Regelungen zu ozonabbauenden StoffenUmweltbundesamt Berlin (2016)Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/the-men/wirtschaft-konsum/produkte/fluorierte-treibhausgase-fckw/rechtliche-regelungen/regelungen-zu-ozonabbauenden-stoffen (Abruf 07/2019)

www

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243KAPITEL 13: GESCHÄFTSMODELLE

13. Was haben nachhaltigeGeschäftsmodelle mit Designzu tun?

Schneidewind 2018: Kap.6, 8, 20, 22

„Erst wenn die Nachhaltigkeitsziele vonUnternehmen an die Nachhaltigkeitsher-ausforderungen der Gesellschaft ange-koppelt werden, dürfen wir hoffen, dassUnternehmen effektiv zur Bewältigung derNachhaltigkeitsprobleme beitragen.“(Dyllick 2014: 98)

„Unternehmen können ein wichtiger Trei-ber einer Nachhaltigen Entwicklung sein.Dies ist möglich, wenn sie ihre Strategienneu definieren und ihre Wertschöpfungs-ketten reorganisieren, aber auch dann,wenn neue Unternehmen entstehen, dieLösungen für gesellschaftliche Herausfor-derungen anbieten. Unternehmen mobili-sieren in diesen Fällen Innovations- undInvestitionskraft für die Große Transfor-mation.“ (Schneidewind 2018: 361)

Warum sind Geschäftsmodelle so wichtig fürGestaltung im Sinne einer auf Nachhaltigkeitausgerichteten Transformation unseres sozi-alen Zusammenlebens?

Ein Geschäftsmodell beschreibt „(…) das Grund-prinzip, nach dem eine Organisation Werteschafft, vermittelt und erfasst" (Osterwalder undPignuer 2011: 18). Es kann gewollte Struktu-ren verfestigen und lebendig halten. Im Ge-schäftsmodell wird das Nutzenversprechen füreine bestimmte Zielgruppe definiert, wobei hierder Besitz (z. B. eines Autos) oder der Nutzen(z. B. mobil sein) bei der Entwicklung im Vor-dergrund steht. Zudem wird geplant, welcheFi-nanzmittel, Fachkräfte, Kooperationspartner/-innen etc. entlang der Wertschöpfungskettenotwendig sind, und welches Ertragsmodellfür die eigenen Unternehmensziele sinnvoll ist(Kaufen, Leasen, Mieten?). So kann beispiels-weise ein „Pay per Use-Ertragsmodell“ (vgl.Gassmann etal. 2013b)ein Anreiz für bestimm-te Zielgruppen sein, mit Carsharing flexibelmo-bil zu sein und Wartungen (Reparaturen) so-wie Tanken den Dienstleistern zu überlassen.Jedes Geschäftsmodell hat somit direkte Aus-wirkungen auf unsere wirtschaftlichen und so-zialen Aktivitäten und Strukturen (wie z. B.

Straßen, öffentliche Räume und Gebäude) imAlltag. Apple oder Amazon machen deutlich,wie diese unser alltägliches Konsumverhaltenund damit einhergehenden Zeitverwendungenverändern können. So wird zum Beispiel immermehr Zeit mit technischen Geräten (Smartpho-nes, Computer, Fernseher, etc.) verwendet undProdukte zunehmend in nur wenigen Augenbli-cken online gekauft. Das Geschäftsmodell dientnicht nur zur Status-quo-Analyse für die Markt-einführung des Gestaltungskonzeptes, son-dern zudem für die Kommunikation mit zent-ralen Interessensgruppen (z. B. in Gesprächenmit potenziellen Investoren/Investorinnen undKunden/Kundinnen), um Stärken und Schwä-chen herauszustellen und das Geschäftsmodellbzw. das zugrundeliegende Gestaltungskon-zept entsprechend zu überarbeiten. Um nicht-intendierte Effekte zu reduzieren, sollte das Ge-schäftsmodell gemeinsam mit den anvisiertenNutzenden und anderen Interessensgruppenentwickelt werden, da somit zum Beispiel nichteingeplante und ungewollte Nutzungsformender Kunden/Kundinnen (z. B. spritintensiveNutzung von Carsharing-Autos aufgrund einerpro Minute-Abrechnung) bereits in der Ent-wicklung berücksichtigt werden können.

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244 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Doch was zeichnet ein nachhaltigesGeschäftsmodell aus?Mit dem Geschäftsmodell wird definiert, wel-che Kernidee dem Design zugrunde liegt,z. B. eher ein sozialorientiertes Unternehmenim Sinne einer ökosozialen Marktwirtschaftoder aber ein auf Gewinn und stark am Markt(Marktanteil und -wachstum) orientiertes Un-ternehmertum (vgl. Friedman 1970). Dies hatBedeutung für die Wahl der Rechtsform unddie Gestaltung des Managementsystems (z. B.hinsichtlich der Ziel- undKennzahlenentwick-lung). So hat die Auswahl von Rechtsformen,wie z. B. eine Aktiengesellschaft (AG), Ge-sellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH),eingetragener Verein (e.V.), etc. direkte Aus-wirkungen auf die Gestaltung von Geschäfts-prozessen und Verpflichtungen der Berichter-stattung (vgl. Pott und Pott 2015). „Geradein dieser Vielfalt liegt ein besonderes Poten-tial für nachhaltigkeitsorientierte Transforma-tionsprozesse“ (Schneidewind 2018: 363).

Es gibt zahlreiche Unternehmen, die sichdurch ihre Produkt- und Prozessinnovations-fähigkeit auszeichnen. Dennoch verlierenauch solche Unternehmen, die lange Jahrefür ihre innovativen Produkte und Prozes-

se bekannt waren, plötzlich ihren Wettbe-werbsvorteil. Beispiele sind Firmen wie No-kia, Brockhaus, Kodak, Quelle oder Schlecker.Nach jahrzehntelangem Erfolg verschwindensie teilweise oder ganz von der Bildfläche,weil sie es versäumt haben, ihr Geschäftsmo-dell an die sich ändernden Umweltbedingun-gen (z. B. zunehmende Digitalisierung) an-zupassen (vgl. Gassmann et al.q 2013a). Willein Unternehmen jedoch langfristig bestehenbleiben, sollte es eine regelmäßige Überprü-fung und Verbesserung der Wertschöpfung inForm einer Produkt-, Dienstleistungs-, oderProzessinnovation durchführen.

Während „Business as Usual“-Geschäftsmo-delle auf eine rein finanzielle Wertschöp-fung für den Eigentümer abzielen, erfolgtschrittweise eine zunehmende Integrationvon ökologischen und sozialen Zielsetzungenin den Geschäftsmodellen Business-as-Usalbis Business Sustainability 3.0. Um die glo-balen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen undden Ansprüchen der „moralisierten Märkte“(Stehr 2007, zitiert nach Schneidewind 2018:366) gerecht zu werden, reicht eine wie vonKatrin Muff und Thomas Dyllick (2016) defi-nierte „Business Sustainability 1.0“, d. h. die

Konzentration der unternehmerischen Tätig-keit auf Maßnahmen, die ökonomische Vor-teile schaffen, bzw. eine „Business Sustainabi-lity 2.0“, d. h. die Gleichstellung ökologischerund sozialer Zielsetzungenmit der individuel-len Geschäftstätigkeit nicht mehr aus (vgl. Ab-bildung S. 245). Ein nachhaltiges Geschäfts-modell im Sinne von Business Sustainability2.0 zeichnet sich dadurch aus, dass es nichtnur Gewinne für die Eigentümer/-innen gene-riert, sondern darüber hinaus auf eine sozialeund ökologische Wertschöpfung abzielt. Es iststattdessen notwendig, der bestehenden „In-side-out“-Perspektive von Unternehmensstra-tegien nachträglich Nachhaltigkeitsaspektehinzuzufügen und diese in eine „Outside-in“-Perspektive umzuwandeln, die umgekehrt „dieexternen gesellschaftlichen Herausforderun-gen als Ausgangspunkt für die Weiterentwick-lung der eigenen Geschäftsstrategie nimmt“(Schneidewind 2018: 367). Die unternehme-rische Nachhaltigkeit 3.0 bringt schließlichGeschäftsmodelle hervor, die sich aufgrundihrer nutzen- statt problemorientierten Inno-vationskraft vom Wettbewerb abheben (vgl.Gassmann et al. 2013b). Mitentscheidendist jedoch, dass die Geschäftsmodelle immerwieder reflektiert und angepasst werden, um

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245KAPITEL 13: GESCHÄFTSMODELLE

Abb.40: basierend auf Dyllick und Muff 2015; zitiert nach Schneidewind 2018:368

den Aufbau ressourcenschwerer und sozialbedenkliche Strukturen entgegenzuwirken.Fragt man sich: Welche Chancen und Mög-lichkeiten ergeben sich aus einem Beitrag zurLösung gesellschaftlicher Nachhaltigkeitshe-rausforderungen und welchen gesellschaft-lichen individuellen Nutzen will man stiften(vgl. Dyllick 2015), so wird das Geschäftsmo-dell zum Bestandteil von nachhaltigem De-sign, indem es Produktions- und Konsummus-ter mitgestaltet, die eine Entkopplung von derSteigerung der Lebensqualität und dem Na-turverbrauch unterstützen. Mitentscheidendist, dass diese ebenfalls immer wieder reflek-tiert und angepasst werden, um ressourcen-schwere und sozial verwerfliche Strukturenzu vermeiden.

QUELLEN– Dyllick, T.; Muff, K. (2016): Clarifying themeaning of BusinessSustainability – from business-as-usual to true businesssustainability. In: Organization Environment, 29(2), 156-174.

– Dylick, T.; Muff, K. (2015): Die Suche nach echter Nachhaltigkeit.Neue Züricher Zeitung.

– Dyllick, T. (2015): Auf der Suche nach echter unternehmerischerNachhaltigkeit. Online verfügbar: https://docs.wixstatic.com/ugd/7d558e_cfdc2de0700648a19b5fad97f0a455ec.pdf oder:https://www.truebusinesssustainability.org/copy-of-case-studies-bs2 (beide Abruf 07/2019).

True Business Sustainability(Outside-in)

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246 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

– Dyllick, T. (2014): Ausblick – Das Lernen neu erfinden. In:Meynhardt, T. (Hg.): Nachhaltigkeit – Kein Thema! Fallstudien ausder Unternehmenspraxis, Springer Fachmedien,Wiesbaden.

– Friedman, M. (1970): The social responsibility of business isto increase its profits. The NewYork Times Magazine, Onlineverfügbar: http://umich.edu/~thecore/doc/Friedman.pdf (Abruf07/2019).

– Gassmann, O.; Frankenberger, K.; Csik, M. (2013a): Geschäftsmo-delle aktiv innovieren. In: Grichnik, D.; Gassmann, O. (Hg.): Dasunternehmerische Unternehmen,Wiesbaden: Springer Fachmedien,23–41.

– Gassmann, O.; Frankenberger, K.; Csik, M. (2013b): Geschäftsmo-delle entwickeln: 55 innovative Konzeptemit dem St. Gallerbusiness model navigator. Carl Hanser, München.

– Osterwalder, A.; Pigneur, Y. (2011): Business Model Generation:Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausfor-derer. Campus, Frankfurt/M.

– Pott, O.; Pott, A. (2015): Entrepreneurship: Unternehmens-gründung, Businessplan und Finanzierung, Rechtsformenund gewerblicher Rechtsschutz. Springer Gabler

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

Creating value through business modelinnovationAmit, R.; Zott, C. (2012)In: MIT Sloan Management Review, 53(3), 41–49. Onlineverfügbar: http://aproaingenieria.com/intranet/uploads/creating-value-through-businessmodel-innovation.pdf(Abruf1 06/2019)

Innovative GeschäftsmodelleBieger, T.; zu Knyphausen-Aufseß, D.; Krys, C. (Hg.) (2011)Springer.

A literature and practice review todevelop sustainable business modelarchetypesBocken, N. M. P.; Short, S.W.; Rana, P.; Evans, S. (2014)In: Journal of Cleaner Production, 65, 42-56.Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/260030295_A_literature_and_practice_review_to_develop_sustainable_business_model_archetypes (Abruf 06/2019)

Business models for sustainable inno-vationBoons, F.; Lüdeke-Freund, F. (2013)Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/256023864_Business_Models_for_Sustainable_Innovation_State_of_the_Art_and_Steps_Towards_a_Research_Agenda (Abruf 07/2019).

Model Behavior. 20 Business Model Inno-vations for sustainabilityClinton, L.;Whisnant, R. (2014)Online verfügar: https://sun-connect-news.org/fileadmin/DATEIEN/Dateien/New/model_behavior_20_business_model_innovations_for_sustainability.pdf (Abruf 07/2019)

Clarifying the meaning of sustainablebusiness: Introducing a typology frombusiness-as-usual to true businesssustainabilityDyllick, T.; Muff, K. (2016)In: Organization & Environment, 29(2), 156-174.Online verfügbar: https://www.researchgate.net/publication/272298854_Clarifying_the_Meaning_of_Sustainable_Business_Introducing_a_Typology_From_Business-as-Usual_to_True_Business_Sustainability(Abruf 07/2019)

Sustainability-Oriented InnovationHansen, E.; Grosse-Dunker, F. (2013)In: Idowu, S. O.; Capaldi, N.; Zu, L.; Gupta, A. D. (Hg.):Encylopedia of Corporate Social Responsibility, 4. Auflage,Springer, Heidelberg

The triple layered business model canvas:a tool to design more sustainable busi-ness modelsJoyce, A.; Paquin, R.; Pigneur, Y. (2015)ARTEM Organizational Creativity International Conference.Online verfügbar:

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247KAPITEL 13: GESCHÄFTSMODELLE

https://www.researchgate.net/publication/280044131_The_triple_layered_business_model_canvas_a_tool_to_design_more_sustainable_business_models (Abruf07/2019).

Business Model Generation: Ein Hand-buch für Visionäre, Spielveränderer undHerausfordererOsterwalder, A.; Pigneur, Y. (2011)Frankfurt/M.: Campus

Business models for sustainability:Origins, present research, and futureavenuesSchaltegger, S.; Hansen, E. G.; Lüdeke-Freund, F. (2016)Online verfügbar: https://bit.ly/2MEb977 (Abruf 07/2018)

Business cases for sustainability: the roleof business model innovation for corpo-rate sustainabilitySchaltegger, S. , Lüdeke-Freund, F., Hansen, E. (2012)In: International Journal for Innovation and SustainableDevelopment, 6(2). Online verfügbar: https://www2.leuphana.de/umanagement/csm/content/nama/downloads/download_publikationen/Schaltegger_Luedeke_Freund_Hansen_Business_Case_Sustainability.pdf (Abruf 07/2019).

Geschäftsmodelle für unternehmerischeNachhaltigkeitSchaltegger, S. (2015)

Little Green Bags:Was ist echte unterneh-merische Nachhaltigkeit?HSG Uni St.Gallen (2016)https://www.youtube.com/watch?v=8rwjMc-Ziug (Abruf07/2019)

Little Green Bags: Geschäftsmodell-inno-vationenHSG Uni St.Gallen (2013)https://www.youtube.com/watch?v=Jb0YzYW05nk (Abruf07/2019)

www

Centre for Sustainability Management (Hg.), LeuphanaUniversität Lüneburg. Online verfügbar: http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/Forschungseinrichtungen/csm/files/CSm_Schriften/CSM_Impulse_2_2014.pdf (Abruf01/2019).

Leitfaden zur Nachhaltigkeitsbewertungvon Start-ups: Ein Praxistool für Gründer-teams, Investoren und FördermittelgeberTrautwein, C.; Fichter, K. (2018)Borderstep Institut, Berlin. Online verfügbar: https://www.borderstep.de/publikationen/?publications_title=nachhaltigkeitsbewertung&publications_topic=&publications_author=8108&publications_type= (Abruf 08/2019).

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248 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

14. Warum sind Nutzer/-innenund Zielgruppen so wichtig fürdie Gestaltung?

Schneidewind 2018: Kap. 13, 18, 22Und was bietet in diesem Zusammenhang derMilieu-Ansatz?

„Transition design bedeutet, die Men-schen in ihrem Alltag zu erreichen undan der Entwicklung neuer Lebens- undWirtschaftsformen zu beteiligen. |...| Beider Zielgruppenbetrachtung geht es alsoum die Frage, für welche Menschen einbestimmtes Produkt- oder Dienstleistungs-angebot entwickelt wird und wie sich dieseGruppe von anderen abgrenzen lässt.“(Tool 14. Zielgruppenbeschreibung, S. 156)

Zielgruppen lassen sich über soziodemo-grafische Merkmale, Lebensphasen und -si-tuationen, Lebensstile, Prinzipien der Le-bensführung, Grund- und Wertorientierung,Milieuzugehörigkeit, Einstellungen und Ver-haltensmuster sowie diffusions- und pfadori-entierte Kriterien beschreiben. Ein Konzept,das unmittelbar an den vielfältigen Lebens-wirklichkeiten der Menschen im Alltag an-setzt und diese ganzheitlich beschreibt, ist

die Lebenswelt- und Milieuforschung. Sie istin besonderer Weise geeignet, ein realitäts-nahes, differenziertes und reichhaltiges Bildunterschiedlicher wichtiger Zielgruppen zuzeichnen – und soll daher im Folgenden ein-gehender beschrieben werden.

Die Lebensweltforschung geht zunächst ein-mal davon aus, dass die soziale Welt nie-mals eine „Welt an sich“, sondern immer eine„Welt für mich“ ist, dass sie also durch subjek-tives Erleben gefiltert und kulturspezifischeSinnzuschreibungen und Deutungen geprägtwird. Aufgrund dieser Deutungen orientie-ren sich Menschen im Alltag und vor diesemHintergrund handeln sie. Der ganzheitlich-verstehende Ansatz der Lebensweltforschungberücksichtigt dabei die verschiedenen Fak-toren, die das Alltagshandeln prägen unddie verschiedenen Dimensionen, die für dasAlltagsbewusstsein bestimmend sind – diesesind unter anderem:

Die soziale Lage, also kulturelle Ressour-cen (Bildung, Wissen), materielle Ressour-cen (Einkommen, Besitz), soziale Ressour-cen (Netzwerke, Kontakte)

Die generationale Lage, d. h. Alter, Le-bensphase und spezifische Prägungen inder Epoche des Erwachsen-Werdens

Grundorentierungen und Werte, Normenund Moralvorstellungen, Lebensziele (al-les, was im Leben wichtig, richtig und er-strebenswert ist)

Lebensstile und ästhetische Präferenzen,Geschmack (alles, was das Schöne aus-macht)

soziale Praktiken und Routinen, das All-tagshandeln (im Beruf und in der Freizeit,bei der Mediennutzung und im Konsum, inHaushalt und Familie, bei Ernährung, Woh-nen, Mobilität etc.)

In der Alltagswirklichkeit spielen diese ver-schiedenen Faktoren und Dimensionen im-mer zusammen. Sie sind nicht voneinanderunabhängig. Vielmehr ergeben sich empi-risch typische Muster, die eine bestimmte All-tagswelt charakterisieren und ein bestimm-tes soziales Milieu ausmachen. Ein sozialesMilieu (von französisch: Mitte, Umgebung,Umwelt) bezeichnet die Umstände und Zu-

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249KAPITEL 14: ZIELGRUPPEN

Soziale Milieus in Deutschland 2018 (Modell: sociodimensions)

Abb.41: sociodimensions, Institute for Socio-cultural Research, Heidelberg. Anteile der sozialen Milieus in Prozent der Stichprobe, Repräsentativerhebung bei N=4.038 Befragten,deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren. Datenbasis: BMU / UBA (Hrsg.) (2019): Umweltbewusstsein in Deutschland 2018. Ergebnisse einer repräsen-tativen Bevölkerungsumfrage. Berlin, Dessau-Roßlau. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2018 (Abruf 07/2019).

„Kriegs- und Nach-kriegsgeneration“

Etablierte Milieus14 %

Prekäre Milieus 13 %

TraditionelleMilieus13 %

Kritisch-kreativeMilieus

13 %

JungeIdealis-tische

5 %

JungeDistanzierte

5 %

BürgerlicherMainstream

26 %

JungePrag-mati-sche

9 %

niedrig

mittel

hoch

SozialeLage

Generationenlage

70+ Jahre 45–70 Jahre 30–45 Jahre -30 Jahre

„Modernisierungs- undWertewandel-generation“

„PostmoderneGeneration“

„Globale und digitaleGeneration“

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250 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

sammenhänge, die typische Wahrnehmungs-und Denkweisen, Mentalitäten sowie darausresultierende Verhaltensweisen von sozialenGruppen bedingen. Dabei wird dieser Be-griff heutzutage auch auf die Gruppen selbstübertragen. In diesem Sinne fasst ein sozia-les Milieu Menschen zu einer Gruppe zusam-men, die sich in einer gemeinsamen sozialenUmwelt bewegen und die in ihrer Lebensauf-fassung und ihrem Alltagsverhalten einanderähnlich sind („Gruppen Gleichgesinnter“). Siemachen deutlich, welche Prinzipien ihre Le-bensführung bestimmen. Insofern sind sie inbesonderer Weise als Zielgruppen geeignet,bei der Entwicklung nachhaltiger Produkteund nachhaltigen Designs Orientierung zugeben und die Frage zu beantworten, für wel-che Menschen ein bestimmtes Produkt- oderDienstleistungsangebot konzipiert wird. In-dem es die Alltagswelt der Menschen in denMittelpunkt stellt, hilft das Milieu-Konzeptunmittelbar dabei, die Menschen auch in ih-rem Alltag zu erreichen.

In der aktuellen sozialwissenschaftlichenNachhaltigkeitsforschung ist vor allem das(vereinfachte) Konzept der sozialen Milieusvon sociodimensions verbreitet (http://www.

sociodimensions.com). Es beschreibt sechsgroße gesellschaftliche Gruppen – die unteranderem in den Umweltbewusstseinsstudi-en des Umweltbundesamtes dokumentiertsind (Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz, Bau und Reaktorsicherheit, Umwelt-bundesamt 2017). Diese Segmentation bildetdie wesentlichen gesellschaftlichen Struktu-ren angemessen ab und gibt einen allgemei-nen Überblick über die Vielfalt gesellschaft-licher Lebensformen, verzichtet aber aufübermäßige Komplexität. Selbstverständlichkann es für einzelne Aufgabenstellungen nö-tig sein, weiter zu differenzieren – beispiels-weise wird dies für die jungen Milieus des Öf-teren der Fall sein. Diese Differenzierungenkönnen mit Hilfe weiterer, aufgabenspezifi-scher Informationen ad hoc geleistet werden.Auch das Institut sociodimensions bietet hier-zu differenziertere Modelle an.

Man kann diese sozialen Milieus in einem Po-sitionierungsraum nach sozialer Lage (verti-kal) und Generationszugehörigkeit (horizon-tal) verorten (siehe dazu S. 249).

Nicht jede/-r lässt sich immer ganz eindeutigeiner Gruppe zuordnen. Daher zeigt die Grafik

auch Überschneidungsbereiche, die andeuten,zwischen welchen sozialen Milieus häufigerÜbergangs- und Mischformen vorliegen.

QUELLEN– Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleareSicherheit [BMU] und Umweltbundesamt [UBA] (Hrsg.) (2019):Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in Deutschland2018. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsum-frage. Berlin, Dessau-Roßlau. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2018 (Abruf 07/2019).

– Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-sicherheit [BMU] und Umweltbundesamt [UBA] (Hg.) (2017):Umweltbewusstsein in Deutschland 2016: Ergebnisse einerrepräsentativen Bevölkerungsumfrage. Berlin, Dessau-Roßlau. Online verfügbar: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/umweltbewusst-sein_deutschland_2016_bf.pdf (Abruf 07/2019).

– Flaig, B. (2001): Soziale Milieus. Milieuforschung. In: Brauner,D. J.; Leitolf, J.; Raible-Besten, R.;Weigert, M. (Hg.): Lexikon derPresse- und Öffentlichkeitsarbeit. R. Oldenbourg, München.

– Schipperges, M. (2001): Lebenswelt. Lebensweltforschung. In:Brauner, D.J.; Leitolf, J.; Raible-Besten, R.;Weigert, M. (Hg.): Lexikonder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. R. Oldenbourg, München.

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251DER BEGINN DER GESTALTUNG FÜR HEUTE UND MORGEN

DER BEGINN DER GESTALTUNGFÜR HEUTE UND MORGEN

„Design ist eine Leitdisziplin der Zukunft.Wenn man davon ausgeht, dass die Welt– und damit auch der Mensch selbst –vom Menschen gestaltet ist, bedeutet dieszugleich, dass die Tätigkeit des Designerseine erhebliche Bedeutung hat (...) Designist eine janusköpfige Disziplin, die schnellund flexibel auf Veränderungen der Gesell-schaft oder Umwelt reagieren kann. Sie istein Doppelwesen, das gleichzeitig der Weltder Kunst (mit all ihrer Freiheit) und derWelt der Ökonomie (mit all ihrer Wirk-mächtigkeit) angehört (...) Design hat dieMacht positive Zukunftsbilder zu entwer-fen, Wünsche sichtbar zu machen, Emanzi-pation voranzutreiben und Vorstellungendavon zu entwickeln, wie ein gutes Lebenfür alle umgesetzt werden könnte. (...)Gutes Design entwirft die Welt neu.“(von Borries 2017: 135 f.)

Doch lässt sich Zukunft so einfachgestalten?

Das Toffler-Experiment zum Bewusstsein vonder Zukunft (A. Toffler 1970). „Ichmöchte Ih-nen ein Experiment von A. Toffler aus demJahr 1970 vorstellen“:„Was hat Herr Tofflergemacht? Er hat an zwei Universitäten, näm-lich in New York und in Los Angeles, Studen-ten aufgefordert, eine fiktive Erzählung fort-zusetzen. Die Erzählung handelte von HerrnHoffmann, von Frau Hoffmann und ihrer acht-jährigen koreanischen Adoptivtochter. Die Si-tuation, die denStudierenden in diesemExperi-ment geschildert wurde, war ganz einfach: DieAdoptivtochter weint. Sie ist umringt von ande-ren Kindern. Ihre Kleidung ist schmutzig, undein bisschen ist sie auch zerrissen. Die anderenKinder starren das Mädchen böse an. Das istdie Ausgangssituation. Nun sollten die Studie-renden die Geschichte entlang einiger Fragenzu Ende schreiben. Dabei sind sie – ohne dassdie Studierenden das wussten – in zwei Grup-pen unterteilt worden. Die eine Gruppe hattedie Geschichte in der Vergangenheitsform vor-liegen. Die Kinder hörten etwas, sie sahen et-was, sie rannten. Die Frage war: Was tat HerrHoffmann? Was tat Frau Hoffmann? Was sag-

ten die Kinder? Die andere Gruppe hatte dieGeschichte in Zukunftsform erhalten. Da hießes dann: Sie sollten erzählen, was Herr undFrau Hoffmann tun werden. Was die Kindersagen werden. Ansonsten waren aber Text undauch die Anweisungen ganz identisch. Das Er-gebnis: Die erste Gruppe, die Text und Aufga-be in der Vergangenheitsform vorliegen hatte,erzählte sehr inhaltsreiche, plastische, interes-sante Fortsetzungen. Da wurden neue Charak-tere erfunden, da wurden neue Situationen ge-schaffen, da wurden die Dinge und die Dialogesehr ausgeschmückt. Die zweite Gruppe, diemit der Zukunftsform konfrontiert war, liefer-te nur fragmentarische Textpassagen; diesewaren eher nichtssagend und unwirklich. DieGeschichten, die in der Vergangenheit spielten,waren farbig – die, die in der Zukunft angesie-delt waren, waren dagegen blass.“ (de Haan,zitiert nach Liedtke et al. 2008: 8)

Was heißt das für die Anwendung des Tran-sition Design Guides? Erst einmal verdeutlichtes, dass es schwierig ist, in die Zukunft zudenken. Man benötigt dafür Strukturen undTools, um dieses einzuüben. Kompetenzen,die dafür notwendig sind, werden durch denProzess selbst entwickelt. Wir nennen dies:

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252 TEIL III: HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Über Erfahrungslernen Systemwissen er-langen. Je häufiger und ergebnisreicher wirdies durchlaufen, desto mehr „Spielvarian-zen“ ergeben sich und desto mehr gestalte-rische Vielfalt entsteht. Diese bisherigen Er-fahrungen der Anwendung der entwickeltenTools, die hier vorgestellt und an Beispielenauch exemplarisch dargestellt werden, zeigt,dass der Spaß mit der Anwendung wächstund neue Dimensionen der Entwicklung undGestaltung erreicht werden. Auch die eigeneSelbstwirksamkeit und Identität wird entwi-ckelt, da die Konzepte neugierig machen undzum Austausch anregen. Sie sind im Mittel-punkt des Alltags und der Lebenswirklichkeitder Menschen, irritieren oder gefallen, regenzum Auseinandersetzen an. Für die Zielgrup-pe und den/die Auftraggeber/-in geben sieHandlungsmöglichkeiten zur direkten Umset-zung – manchmal sofort, manchmal über we-nige bis viele Gestaltungschritte hinweg. Dervorliegende Designguide ist ein Zwischener-gebnis – Rückmeldungen, konstruktive Kritikund Anregungen helfen bei der weiteren Ent-wicklung. Der erste Designguide wurde 2013publiziert, der zweite nun 2019 – zwischenbeiden liegt gefühlt ein Systemsprung.

„Jürg Minsch (1993) brachte es in den1990er Jahren sehr schön auf den Punkt, alser formulierte, dass die Idee der Nachhalti-gen Entwicklung letztlich eine konsequenteVerlängerung der Idee der Menschenrechteist: Das Recht auf Würde, Entfaltung undEntwicklungschancen billigen wir nicht nurallen Menschen innerhalb eines Staates zu,sondern jedem Menschen auf der Welt, ganzgleich ob er heute oder erst in Hundertenvon Jahren geboren wird. Das ist die faszi-nierende und gleichzeitig so anspruchsvolleZivilisationsidee, die hinter der Klimafrageund der Forderung nach Nachhaltiger Ent-wicklung steht.“ (Schneidewind 2018: 35)

QUELLEN– Liedtke, C.;Welfens, M. J.; Schaefer, I.; Schmitt, M. (2008):Mut zurNachhaltigkeit – VomWissen zumHandeln – DidaktischesModul: Nachhaltige Entwicklung (NE). Stiftung für Verantwor-tung, Otzenhausen.

– Schneidewind, U. (2018):Die GroßeTransformation – eineEinführung in die Kunst gesellschaftlichenWandels. Forum fürVerantwortung, Fischer Verlag, Frankfurt/M.

–Minsch, J. (1993): Nachhaltige Entwicklung Idee – Kernpostu-late: ein ökologisch-ökonomisches Referenzsystem für einePolitik des ökologischen Strukturwandels in der Schweiz.Teilstudie des Forschungsprojektes„Ökologischer Strukturwandelund Innovation in der Schweiz" im Rahmen des SPP Umwelt.“Institut fürWirtschaft und Ökologie – IWÖ, St. Gallen.

Fortschritt braucht Feedback

Für die Weiterentwicklung und Opti-mierung der Tools, Arbeitsblätter undInhalte des Transition Design Guidesnehmen wir gerne Anregungen undkontruktive Kritik entgegen!Lassen Sie uns gerne wissen, welcheErfahrungen Sie damit machen undteilen Sie die Vielfalt Ihrer Lösungsan-sätze – vielleicht entwickeln Sie ja dennächsten mit!

Kontakt:Prof. Dr. Christa [email protected]

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253X. KAPITEL KURZTITEL

TEIL IV ARBEITSBLÄTTER

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254 ARBEITSBLÄTTER

Die Arbeitsblätter sollen eine direkte Anwen-dung der Tools ermöglichen und als Werk-zeug für die eigene Konzeptentwicklungdienen. Gerne dürfen und sollen sie dabei in-dividuell weiterentwickelt und an die eigenenBedürfnisse angepasst werden.

Sie stehen online unter folgendem Link zumDownload und Ausdruck zur Verfügung:https://wupperinst.org/design-guide

TEIL 5TEIL IV Arbeitsblätter

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255... UND WO SIE ZU FINDEN SIND

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