Transregionales Netzwerk für Schlaganfallintervention mit...

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Transregionales Netzwerk für Schlaganfallintervention mit Telemedizin (TRANSIT-Stroke) Peter Kraft (1,2), Silke Wiedmann (2), Christoph Kleinschnitz (1), Peter U. Heuschmann (2), Jens Volkmann (1) (1) Neurologische Universitätsklinik Würzburg (2) Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg Hintergrund Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 200.000 Menschen einen erstmaligen Schlaganfall. Die Behandlung eines erstmaligen ischämischen Schlaganfalls trägt mit ca. 7 Mrd. EUR direkten Kosten jährlich zu den Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen bei. Seit einigen Jahren existieren effektive Verfahren zur frühen Diagnose und Therapie des Schlaganfalls. Hierzu zählen z.B. die Behandlung der Patienten auf spezialisierten Schlaganfallstationen (sog. Stroke Unit, SU) und insbesondere die medikamentöse Auflösung eines Gefäßverschlusses bei Patienten nach Hirninfarkt (sog. Thrombolyse), die jedoch nur innerhalb von 4,5h nach Symptombeginn begonnen werden kann. Um die ländlichen Bereiche Bayerns mit einer adäquaten Schlaganfallversorgung abdecken zu können, wurden bereits einige telemedizinische Schlaganfall-Netzwerke vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit gefördert und etabliert (z.B. TEMPiS, STENO, TESS, Abb. 1). Die Evaluation des TEMPiS Netzwerks konnte zeigen, dass Patienten, die in einem telemedizinisch angebundenen Krankenhaus behandelt wurden, eine geringere Wahrscheinlichkeit für ein schlechtes Outcome (Tod, Institutionalisierung, Behinderung) hatten im Vergleich zu Patienten mit normaler Schlaganfallbehandlung. Die ländlich geprägte Region Nordwestbayern verfügte bislang nicht über ein Schlaganfallnetzwerk, so dass hier Verbesserungsbedarf bestand. Konzept und Struktur Es zeichnet sich ab, dass sich die akute Schlaganfallmedizin durch den zunehmenden Einsatz von invasiven Therapieverfahren (neuroradiologische Interventionen, chirurgische Techniken) in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Für bestimmte Patientenkollektive (schwere Schlaganfälle) wird daher eine hochspezialisierte Versorgung an ausgewiesenen Zentren notwendig werden, die über die bisherige intravenöse Lysetherapie innerhalb des 4,5h Zeitfensters hinausgeht. Dieser aktuellen Entwicklung trägt die Organisationsstruktur von TRANSIT- Stroke Rechnung (Abb. 2). TRANSIT-Stroke sieht ein dreistufiges, vertikal gegliedertes Konzept vor. Den Krankenhäusern der verschiedenen Stufen kommen dabei verschiedenen Aufgaben zu. Stufe I Kliniken haben keine eigene Stroke Unit bzw. eine telemedizinisch-vernetzte Stroke Unit, Stufe II Kliniken besitzen eine regionale und Stufe III Kliniken eine überregionale Stroke Unit. Zwischen den einzelnen Kliniken kann eine bedarfsgerechte Verlegung erfolgen, wobei gewachsene Patientenströme beibehalten werden sollen. Neben der vertikalen Gliederung soll ebenfalls eine horizontale Vernetzung der Kliniken mittels einer virtuellen Datenplattform erfolgen („Cloud“). Dadurch soll die Verfügbarkeit wichtiger diagnostischer und therapeutischer Einheiten kommuniziert werden. Diese virtuelle Plattform kann auch dazu verwendet werden, anonymisierte wissenschaftliche Daten zur Behandlung der Patienten strukturiert und standardisiert zu erheben und auszuwerten. Kontakt Transregionales Netzwerk für Telemedizin und Schlaganfallintervention (TRANSIT-Stroke) Ärztlicher Geschäftsführer: Dr. P. Kraft Josef-Schneider-Str. 11, 97080 Würzburg Tel.: 0931/201-23170, mail: [email protected], Homepage in Vorbereitung Neurologie Klinische Neurobiologie Abbildung 1: Geförderte Telemedizin-Netze in Bayern (Quelle: www.stmug.bayern.de) Abbildung 2: Dreistufiges TRANSIT-Stroke-Konzept mit vertikaler und horizontaler Vernetzung. Sekundärpräventionskonsil Eine langfristige leitliniengerechte Umsetzung der sekundärpräventiven Medikation nach Schlaganfall ist vordringlich um wiederholte Ereignisse zu verhindern. Studien zeigen aber, dass nur ca. 70% der Patienten eine im Krankenhaus begonnene sekundärpräventive Medikation nach drei Monaten noch erhalten. So ist auch davon auszugehen, dass innovative Möglichkeiten zur Sekundärprävention, wie z.B. direkte orale Antikoagulantien oder neue interventionelle Verfahren, nicht ausreichend im Versorgungsalltag berücksichtigt werden. Als zusätzliche Besonderheit des TRANSIT-Stroke Netzwerkes liegt der Fokus daher nicht nur auf einer Verbesserung der Akuttherapie, sondern auch auf der Sicherstellung einer adäquaten Sekundärprävention zur Verhinderung wiederholter Ereignisse. Hierzu soll bei Förderung ein Sekundärpräventions- konsil etabliert und hinsichtlich Effektivität sowie Kosten-Nutzen Verhältnis evaluiert werden. Qualitätssicherung und wissenschaftliche Begleitung Regelmäßige Fortbildungen für ärztliches und nicht-ärztliches Personal: Symposien Tutorensystem Lehrvisiten und interdisziplinäre Falldiskussionen Telefonkonferenzen Gemeinsame Standard Operating Procedures (SOPs) Systematische Datenerhebung zur Darstellung der sektorenübergreifenden Qualität der Schlaganfallversorgung Evaluation der Implementierung eines Sekundärpräventionskonsils:

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Transregionales Netzwerk für Schlaganfallintervention mit Telemedizin (TRANSIT-Stroke)

Peter Kraft (1,2), Silke Wiedmann (2), Christoph Kleinschnitz (1), Peter U. Heuschmann (2), Jens Volkmann (1)

(1) Neurologische Universitätsklinik Würzburg

(2) Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg

Hintergrund Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 200.000 Menschen einen erstmaligen

Schlaganfall. Die Behandlung eines erstmaligen ischämischen Schlaganfalls

trägt mit ca. 7 Mrd. EUR direkten Kosten jährlich zu den Ausgaben der

gesetzlichen Krankenkassen bei. Seit einigen Jahren existieren effektive

Verfahren zur frühen Diagnose und Therapie des Schlaganfalls. Hierzu zählen

z.B. die Behandlung der Patienten auf spezialisierten Schlaganfallstationen

(sog. Stroke Unit, SU) und insbesondere die medikamentöse Auflösung eines

Gefäßverschlusses bei Patienten nach Hirninfarkt (sog. Thrombolyse), die

jedoch nur innerhalb von 4,5h nach Symptombeginn begonnen werden kann.

Um die ländlichen Bereiche Bayerns mit einer adäquaten

Schlaganfallversorgung abdecken zu können, wurden bereits einige

telemedizinische Schlaganfall-Netzwerke vom Bayerischen Staatsministerium

für Umwelt und Gesundheit gefördert und etabliert (z.B. TEMPiS, STENO,

TESS, Abb. 1). Die Evaluation des TEMPiS Netzwerks konnte zeigen, dass

Patienten, die in einem telemedizinisch angebundenen Krankenhaus

behandelt wurden, eine geringere Wahrscheinlichkeit für ein schlechtes

Outcome (Tod, Institutionalisierung, Behinderung) hatten im Vergleich zu

Patienten mit normaler Schlaganfallbehandlung. Die ländlich geprägte Region

Nordwestbayern verfügte bislang nicht über ein Schlaganfallnetzwerk, so dass

hier Verbesserungsbedarf bestand.

Konzept und Struktur

Es zeichnet sich ab, dass sich die akute Schlaganfallmedizin durch den

zunehmenden Einsatz von invasiven Therapieverfahren (neuroradiologische

Interventionen, chirurgische Techniken) in den kommenden Jahren

weiterentwickeln wird. Für bestimmte Patientenkollektive (schwere

Schlaganfälle) wird daher eine hochspezialisierte Versorgung an

ausgewiesenen Zentren notwendig werden, die über die bisherige intravenöse

Lysetherapie innerhalb des 4,5h Zeitfensters hinausgeht.

Dieser aktuellen Entwicklung trägt die Organisationsstruktur von TRANSIT-

Stroke Rechnung (Abb. 2). TRANSIT-Stroke sieht ein dreistufiges, vertikal

gegliedertes Konzept vor. Den Krankenhäusern der verschiedenen Stufen

kommen dabei verschiedenen Aufgaben zu. Stufe I Kliniken haben keine

eigene Stroke Unit bzw. eine telemedizinisch-vernetzte Stroke Unit, Stufe II

Kliniken besitzen eine regionale und Stufe III Kliniken eine überregionale

Stroke Unit. Zwischen den einzelnen Kliniken kann eine bedarfsgerechte

Verlegung erfolgen, wobei gewachsene Patientenströme beibehalten werden

sollen.

Neben der vertikalen Gliederung soll ebenfalls eine horizontale Vernetzung

der Kliniken mittels einer virtuellen Datenplattform erfolgen („Cloud“). Dadurch

soll die Verfügbarkeit wichtiger diagnostischer und therapeutischer Einheiten

kommuniziert werden. Diese virtuelle Plattform kann auch dazu verwendet

werden, anonymisierte wissenschaftliche Daten zur Behandlung der Patienten

strukturiert und standardisiert zu erheben und auszuwerten.

Kontakt

Transregionales Netzwerk für Telemedizin und

Schlaganfallintervention (TRANSIT-Stroke)

Ärztlicher Geschäftsführer: Dr. P. Kraft

Josef-Schneider-Str. 11, 97080 Würzburg

Tel.: 0931/201-23170, mail: [email protected], Homepage in Vorbereitung

Neurologie

Klinische Neurobiologie

Abbildung 1: Geförderte

Telemedizin-Netze in Bayern (Quelle:

www.stmug.bayern.de)

Abbildung 2: Dreistufiges TRANSIT-Stroke-Konzept mit vertikaler und

horizontaler Vernetzung.

Sekundärpräventionskonsil

Eine langfristige leitliniengerechte Umsetzung der sekundärpräventiven

Medikation nach Schlaganfall ist vordringlich um wiederholte Ereignisse zu

verhindern. Studien zeigen aber, dass nur ca. 70% der Patienten eine im

Krankenhaus begonnene sekundärpräventive Medikation nach drei Monaten

noch erhalten. So ist auch davon auszugehen, dass innovative Möglichkeiten

zur Sekundärprävention, wie z.B. direkte orale Antikoagulantien oder neue

interventionelle Verfahren, nicht ausreichend im Versorgungsalltag

berücksichtigt werden.

Als zusätzliche Besonderheit des TRANSIT-Stroke Netzwerkes liegt der Fokus

daher nicht nur auf einer Verbesserung der Akuttherapie, sondern auch auf der

Sicherstellung einer adäquaten Sekundärprävention zur Verhinderung

wiederholter Ereignisse. Hierzu soll bei Förderung ein Sekundärpräventions-

konsil etabliert und hinsichtlich Effektivität sowie Kosten-Nutzen Verhältnis

evaluiert werden.

Qualitätssicherung und wissenschaftliche Begleitung

• Regelmäßige Fortbildungen für ärztliches und nicht-ärztliches Personal:

Symposien

Tutorensystem

Lehrvisiten und interdisziplinäre Falldiskussionen

Telefonkonferenzen

• Gemeinsame Standard Operating Procedures (SOPs)

• Systematische Datenerhebung zur Darstellung der

sektorenübergreifenden Qualität der Schlaganfallversorgung

• Evaluation der Implementierung eines Sekundärpräventionskonsils: