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Trauma Berufskrankh 2010 · 12 [Suppl 4]:405–409 DOI 10.1007/s10039-010-1672-1 Online publiziert: 16. September 2010 © Springer-Verlag 2010 A. Seekamp Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Patientenströme und -steuerung in der zentralen Notaufnahme Zukunft der Notaufnahmen Die zukünftigen Herausforderungen an eine zentrale Notaufnahme werden sich veränderten Parametern anpassen. So werden sich die Kliniken mehr als in der Vergangenheit der Sicherstellung der Pa- tientenversorgung je nach ihrem Versor- gungsauftrag widmen müssen. Die ab- nehmende Versorgung durch niederge- lassene Ärzte im Rahmen des KV-Ver- sorgungsauftrags (KV: kassenvertrags- ärztlich), insbesondere in ländlichen Ge- bieten, wird in den Kliniken ein erhöhtes Patientenaufkommen zur Folge haben. Des Weiteren wird die Dichte der versor- genden Kliniken aufgrund ökonomischer Zwänge in den nächsten Jahren weiter ab- nehmen, sodass die Patienten, die einer klinischen Versorgung bedürfen, länge- re Rettungswege in Kauf nehmen müssen. Hieraus ergibt sich, dass Patienten öfter als bisher in einem zunehmend instabi- len kritischen gesundheitlichen Zustand eingeliefert werden. Erforderliche Umstrukturierungen In einem Bericht der WHO (World Health Organization) über zentrale Notaufnah- men in der europäischen Krankenhaus- landschaft wurden eine Neuorientierung und Umorganisation gefordert. Hierzu wurde u. a. aufgeführt, dass die zentralen Notaufnahmen in den europäischen Kli- niken stark überfüllt seien und dort häu- fig Patienten behandelt werden würden, die vielleicht auch im KV-Bereich zu ver- sorgen gewesen wären. Des Weiteren wur- de darauf hingewiesen, dass es in der Ver- sorgung von Vorteil ist, wenn der Patient, je nach seiner gesundheitlichen Störung früh von dem hierfür erforderlichen Spe- zialistenteam behandelt wird [2]. Um den zukünftigen Herausforde- rungen gerecht zu werden, müssen so- wohl die Infrastruktur als auch die Be- handlungsabläufe in einer zentralen Not- aufnahme neu überdacht werden. Hier- zu gehört z. B. die prioritätenorientier- te Behandlung, der ein höherer Stellen- wert als bisher zugeordnet werden muss. Des Weiteren ist eine hohe ärztliche Ent- scheidungskompetenz in Anwesenheit zu verpflichten. Hierdurch können ver- zögerte Behandlungsabläufe vermieden und die Verweildauern der Patienten in einer Notaufnahme möglichst kurz gehal- ten werden. Bei der Etablierung zentraler Notaufnahmen sind darüber hinaus die überregionalen Erfordernisse der Patien- tenversorgung zu berücksichtigen. So ist die Ausrichtung zentraler Notaufnahmen z. B. als interdisziplinäres notfallmedizi- nisches Kompetenzzentrum mit gleich- zeitiger An- und Einbindung der präkli- nischen Rettungsmittel sinnvoll. Grund- sätzlich ist eine hohe Auslastung der Vor- haltungsressourcen anzustreben, um auch den Betrieb einer zentralen Notaufnahme kostendeckend erhalten zu können. Infrastruktur  Ziel einer optimierten Infrastruktur ist eine verzögerungsfreie Durchschleusung Abb. 1 8 Beispiel eines Schockraums zur gleichzeitigen Behandlung von 2 Patienten 405 Trauma und Berufskrankheit · Supplement 4 · 2010|

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Trauma Berufskrankh 2010 · 12 [Suppl 4]:405–409DOI 10.1007/s10039-010-1672-1Online publiziert: 16. September 2010© Springer-Verlag 2010

A. SeekampKlinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Patientenströme und -steuerung in der zentralen Notaufnahme

Zukunft der Notaufnahmen

Die zukünftigen Herausforderungen an eine zentrale Notaufnahme werden sich veränderten Parametern anpassen. So werden sich die Kliniken mehr als in der Vergangenheit der Sicherstellung der Pa-tientenversorgung je nach ihrem Versor-gungsauftrag widmen müssen. Die ab-nehmende Versorgung durch niederge-lassene Ärzte im Rahmen des KV-Ver-sorgungsauftrags (KV: kassenvertrags-ärztlich), insbesondere in ländlichen Ge-bieten, wird in den Kliniken ein erhöhtes Patientenaufkommen zur Folge haben. Des Weiteren wird die Dichte der versor-genden Kliniken aufgrund ökonomischer Zwänge in den nächsten Jahren weiter ab-nehmen, sodass die Patienten, die einer klinischen Versorgung bedürfen, länge-re Rettungswege in Kauf nehmen müssen. Hieraus ergibt sich, dass Patienten öfter als bisher in einem zunehmend instabi-len kritischen gesundheitlichen Zustand eingeliefert werden.

Erforderliche Umstrukturierungen

In einem Bericht der WHO (World Health Organization) über zentrale Notaufnah-men in der europäischen Krankenhaus-landschaft wurden eine Neuorientierung und Umorganisation gefordert. Hierzu wurde u. a. aufgeführt, dass die zentralen Notaufnahmen in den europäischen Kli-niken stark überfüllt seien und dort häu-fig Patienten behandelt werden würden, die vielleicht auch im KV-Bereich zu ver-sorgen gewesen wären. Des Weiteren wur-de darauf hingewiesen, dass es in der Ver-

sorgung von Vorteil ist, wenn der Patient, je nach seiner gesundheitlichen Störung früh von dem hierfür erforderlichen Spe-zialistenteam behandelt wird [2].

Um den zukünftigen Herausforde-rungen gerecht zu werden, müssen so-wohl die Infrastruktur als auch die Be-handlungsabläufe in einer zentralen Not-aufnahme neu überdacht werden. Hier-zu gehört z. B. die prioritätenorientier-te Behandlung, der ein höherer Stellen-wert als bisher zugeordnet werden muss. Des Weiteren ist eine hohe ärztliche Ent-scheidungskompetenz in Anwesenheit zu verpflichten. Hierdurch können ver-zögerte Behandlungsabläufe vermieden und die Verweildauern der Patienten in einer Notaufnahme möglichst kurz gehal-

ten werden. Bei der Etablierung zentraler Notaufnahmen sind darüber hinaus die überregionalen Erfordernisse der Patien-tenversorgung zu berücksichtigen. So ist die Ausrichtung zentraler Notaufnahmen z. B. als interdisziplinäres notfallmedizi-nisches Kompetenzzentrum mit gleich-zeitiger An- und Einbindung der präkli-nischen Rettungsmittel sinnvoll. Grund-sätzlich ist eine hohe Auslastung der Vor-haltungsressourcen anzustreben, um auch den Betrieb einer zentralen Notaufnahme kostendeckend erhalten zu können.

Infrastruktur 

Ziel einer optimierten Infrastruktur ist eine verzögerungsfreie Durchschleusung

Abb. 1 8 Beispiel eines Schockraums zur gleichzeitigen Behandlung von 2 Patienten

405Trauma und Berufskrankheit · Supplement 4 · 2010  | 

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des Patienten durch die zentrale Not-aufnahme bis hin zur definitiven Thera-pie. Um dies zu gewährleisten, sind zu-nächst strukturelle Voraussetzungen an die Erreichbarkeit sowie die Anfahrt und die Zugangswege einer Notaufnahme zu stellen. Hier haben sich z. B. getrennte Zugänge für liegend transportierte und für selbsteinweisende fußläufige Patien-ten bewährt. Ebenso müssen bestimmte Räumlichkeiten und qualifiziertes Perso-nal vorgehalten werden.

Entsprechend der Behandlungspriori-täten lassen sich bei den Räumlichkeiten 3 Kategorien voneinander abgrenzen:Fder Schockraum (.Abb. 1), welcher

Patienten mit vitaler Bedrohung vor-behalten bleiben sollte,

FBehandlungsräume mit der Möglich-keit einer Überwachung und einer Applikation von Sauerstoff und

FBehandlungsräume mit einer Basis-ausstattung.

Darüber hinaus sind spezielle Funktions-räume in einer Notaufnahme vorzuhal-

ten, wie ein steriler Operationsbereich mit separater Patienten- und Mitarbeiter-einschleusung sowie Räumlichkeiten für eine Sonographie, ein Gipsraum und wei-tere Untersuchungsmöglichkeiten für au-genärztliche, für HNO-ärztliche und ggf. auch für gynäkologische Notfälle. Eben-so wichtig sind die unmittelbar zugängli-che, Bild gebende Diagnostik sowie eine ausreichend groß dimensionierte Warte-zone und weitere Räumlichkeiten für ad-ministratives Personal sowie Arbeitsmög-lichkeiten für das ärztliche und pflegeri-sche Personal.

Vorteilhaft ist sicherlich auch die An-gliederung einer Aufnahmestation an die zentrale Notaufnahme. In einer derart er-weiterten Notaufnahme können die Pati-enten je nach Dringlichkeit rasch durch-geschleust oder zur ggf. erforderlichen Überwachung stationär aufgenommen werden. Eine Aufnahmestation sollte al-len Fachdisziplinen mit einem hohen An-teil von Notfallpatienten offengehalten werden und dem Charakter einer Inter-mediate-Care-Station entsprechen, um auch kurzfristig überwachungspflichti-ge Patienten behandeln zu können. Ob weitere elektiv durchzuführende chirur-gische oder andere interventionelle thera-peutische Maßnahmen der Notaufnahme angegliedert sind, muss im Einzelfall ent-schieden werden.

Was die unmittelbar baulichen Vo-raussetzungen betrifft, sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Grundsätzlich sollten die verschiedenen Patientenwege klar beschrieben sein und sich möglichst wenig kreuzen. Nicht zu vermeidende Überschneidungen wird es sicherlich im Bereich der Bildgebung und auch dem der Funktionseinheiten zur interventionellen Therapie geben. Ansonsten jedoch sollten die Wege des Patienten von Beginn an bis hin zur definitiven Versorgung klar aus-gerichtet sein.

Behandlungsablauf

Auch bezüglich der Prozesse und Be-handlungsabläufe innerhalb einer zentra-len Notaufnahme sind neuere Erkennt-nisse umzusetzen. So muss die Alarmie-rung über festgelegte Protokolle erfol-gen, die mit den lokalen Rettungsdiens-ten und den Rettungsleitstellen abzustim-

Abb. 2 8 Beispiel eines Notfall-Triage-Systems (modifizierter Australian-Triage-Score)

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Zukunft der Notaufnahmen

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men sind. Die Behandlung als solche hat, wie oben angeführt, prioritätenorientiert zu erfolgen, hierzu können verschiedene Triagesysteme herangezogen werden. In bestimmten Bereichen gibt es darüber hinaus mittlerweile standardisierte und bewährte Behandlungsalgorithmen, die im Schockraum für die Versorgung von Schwerverletzten unumgänglich sind. Zu nennen ist hier z. B. das ATLS®-Konzept (ATLS „advanced trauma life support“), welches mittlerweile eine internationa-le Verbreiterung und hohe Anerkennung gefunden hat. Auch für den Massenanfall von Verletzten oder epidemische Infek-tionserkrankungen ist in einer zentralen Notaufnahme ein entsprechendes Kon-zept vorzuhalten.

Darüber hinaus müssen Regelungen getroffen werden, wie der weitere Trans-fer vonstatten geht sowohl intern als auch extern. Intern wird es sich in der Regel um den Operationsbereich, den intensivstati-onären Bereich oder aber die Aufnahme- oder Normalstation handeln. Externe Ver-legungen hängen sehr vom Versorgungs-auftrag der Klinik ab, kleinere Kliniken werden eher darauf angewiesen sein, Pa-tienten nach auswärts zu verlegen, wäh-rend maximal versorgende Kliniken eher Patienten von extern zu übernehmen ha-ben. Hierfür sind entsprechende vertrag-liche Vereinbarungen zu treffen, die eine Kommunikation im konkreten Fall ent-sprechend erleichtern.

Zur unmittelbaren Triagierung eines jeden Notfallpatienten gibt es verschie-dene Scoresysteme. Zu nennen sind hier Fder Manchester-Triage-Score (MTS)

[4], Fder Canadien-Triage-and-Acuity-

Score (CTAS), Fder Emergency-Systeme-Index (ESI)

und Fder Australian-Triage-Score (ATS).

Allen gemeinsam ist, dass sie eine prioritä-tenorientierte Behandlung erlauben, was letzten Endes dazu führt, dass FArbeitsabläufe besser gesteuert wer-

den können, Feine hohe Behandlungsqualität er-

reicht und bewahrt wird, Fdie Dringlichkeit der Erkrankung so-

fort erkannt wird,

Zusammenfassung · Abstract

Trauma Berufskrankh 2010 · 12 [Suppl 4]:405–409 DOI 10.1007/s10039-010-1672-1© Springer-Verlag 2010

A. Seekamp

Patientenströme und -steuerung in der zentralen Notaufnahme

ZusammenfassungIn Zukunft werden sich die Kliniken mehr als bisher der Sicherstellung der Patientenver-sorgung widmen müssen. Zu erwarten sind ein erhöhtes Patientenaufkommen, eine Ab-nahme der Dichte der versorgenden Kliniken und damit längere Rettungswege. Ziel ei-ner optimierten Infrastruktur ist eine verzö-gerungsfreie Durchschleusung des Patienten durch die zentrale Notaufnahme bis hin zur definitiven Therapie. Hierfür sind diverse Um-strukturierungen erforderlich. Diese betref-fen zum einen die Räumlichkeiten, zum an-deren die Vorhaltung entsprechend qualifi-zierten Personals. Auch die Prozesse und Be-handlungsabläufe innerhalb einer zentralen Notaufnahme müssen optimiert werden, wo-

bei sich u. a. standardisierte Behandlungsal-gorithmen bewährt haben. Darüber hinaus müssen Regelungen getroffen werden, wie der weitere Transfer vonstatten geht. Zur Si-cherstellung der Versorgung in der Fläche ist eine Vernetzung entsprechender Kliniken sinnvoll, wie sie durch das TraumanetzwerkD der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirur-gie (DGU) für Unfallverletzte innerhalb der nächsten Jahre realisiert werden wird.

SchlüsselwörterNotaufnahme · Patientenversorgung · Strukturelle Voraussetzungen · Behandlungs-algorithmus · TraumanetzwerkD

Patient flow and management in the central emergency department

AbstractIn the future, clinics will need to devote more efforts than previously to guaranteeing pa-tient care. Increased patient numbers, a re-duction in treating clinics and therefore lon-ger emergency routes can be expected. The aim of optimized infrastructure consists in undelayed transit of patients through the central emergency department up to defin-itive treatment. To this end, a certain level of restructuring is required, affecting prem-ises on the one hand and provision of ap-propriately qualified personnel on the oth-er. In addition, processes and treatment pro-cedures within a central emergency depart-ment need optimization, whereby standard-

ized treatment algorithms, among others, have proved their value. In addition, regula-tions need to be made on how further trans-fer takes place. To guarantee treatment over a wide area, a network linking relevant clinics is recommended, such as the Traumanetz-werkD (trauma network) to be set up for in-jury patients in the coming years by the Ger-man Society of Trauma Surgery (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, DGU).

KeywordsEmergency department · Patient care · Structural requirements · Algorithms, treatment · TraumanetzwerkD

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Abb. 3 8 Beispiel eines klinikeigenen Schockraumablaufplans

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Zukunft der Notaufnahmen

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Fdie Erstversorgung zeitnah eingeleitet wird,

FRessourcen der Räumlichkeiten bes-ser genutzt werden und letzten Endes

Fgegenüber dem Patienten ein Ver-trauen geschaffen wird und Ängste genommen werden.

Beispiele für den Australian-Triage-Sco-re sowie für das Schockraumsystem unse-rer Klinik finden sich in .Abb. 2 und 3.

In einem Konsenspapier [1] der an der Notfallbehandlung von Patienten im We-sentlichen beteiligten Fachgebiete wurde festgehalten, dass diese frühestmöglich fachspezifisch zu erfolgen hat und eine spezifische Facharztausbildung für die in-nerklinische Notfallmedizin nicht erfor-derlich ist, da die Notfallbehandlung in-nerhalb der Fachgebiete bereits Bestand-teil der eigenen fachbezogenen Weiterbil-dung ist. Dennoch wird seitens der Fach-gebiete zukünftig eine Art Mindestquali-fikation für die ärztliche Tätigkeit in der Notaufnahme festzuschreiben sein, eben-so wie eine Zusatzqualifikation in Ma-nagementaufgaben für die leitende Posi-tion einer zentralen Notaufnahme.

Welchen Einfluss die Festlegung be-stimmter Behandlungsalgorithmen haben kann, zeigt sich am Beispiel des ATLS®, welches im Wesentlichen für mehrfach-verletzte Unfallopfer Anwendung fin-det. In einer Studie aus den Niederlanden konnte nachgewiesen werden, dass ein solches Konzept zu einer signifikanten Minderung der Mortalität innerhalb der ersten 60 min nach der Einlieferung der Patienten führt. Auf die Gesamtmortali-tät hat ein solcher Behandlungsalgorith-mus ebenfalls einen vorteilhaften Effekt, jedoch ist dieser dann aufgrund der wei-teren Einflussmöglichkeiten während des stationären Aufenthaltes nicht mehr si-gnifikant [3].

Netzwerke

Um eine Versorgung von Patienten mit bestimmten gesundheitlichen Störun-gen auch in der Fläche sicherzustellen, ist eine Vernetzung entsprechender Klini-ken sinnvoll. Als beispielhaft kann hier das TraumanetzwerkD der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) betrachtet werden, welches innerhalb

der nächsten Jahre zu einer komplett flä-chendeckenden Versorgungsstruktur zur Behandlung von Unfallverletzten füh-ren wird. Für die teilnehmenden Klini-ken ergibt sich durch eine solche Vernet-zung eine Sicherstellung der personellen, strukturellen und organisatorischen Vo-raussetzungen für die Patientenversor-gung. In Abhängigkeit der regionalen Kli-nikstruktur kann sich aufgrund des Ver-sorgungsauftrags auch eine Erweiterung der Versorgungspflichten im Rahmen der Zertifizierung ergeben. Hinzu kommt für die Klinik eine Ausrichtung an standar-disierten Behandlungspfaden jeweils im aktuellen Abgleich mit evidenzbasierten Leitlinien der DGU. Auch ist die ärztli-che Qualifikation durch die verpflichten-de Teilnahme an speziellen Ausbildungs-programmen, wie dem ATLS®, sicherge-stellt. Ebenfalls gewährleistet wird ein in-ternes und externes Qualitätsmanage-ment durch das Traumaregister der DGU, welches das TraumanetzwerkD begleitet. Ein weiterer Vorteil einer derartigen Ver-netzung ist die Einrichtung einer regio-nalen und überregionalen Kommunika-tionsplattform im Sinne einer Teleradio-logie sowie eines gemeinsames Fort- und Weiterbildungscurriculums innerhalb des Netzwerks.

Resümee

Patientenströme und Patientensteuerung sind in Bezug auf die Notfallbehandlung effektiv in einer zentralen Notaufnahme, die durch eine entsprechende Aufnah-mestation erweitert sein sollte, sicherzu-stellen. Sowohl die Qualität der Patien-tenversorgung als auch die Qualifizierung der Mitarbeiter lassen durch eine Zentra-lisierung der Notfallversorgung eine deut-liche Optimierung erwarten.

KorrespondenzadresseProf. Dr. A. SeekampKlinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel,Arnold-Heller-Straße 7, 24105 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

1. Gries A (2010) Notfallbehandlung – zentral und in-terdisziplinär. Dtsch Arztebl 107:A268–A269

2. Leppäniemi A (2009) Update on global trends in trauma. Trauma 11:37–47

3. Olden DJ van (2004) Clinical impact of advanced trauma life support. Am J Emerg Med 522–525

4. Wulp I van der, Baar ME van, Schrijvers AJ (2008) Reliability and validity of the Manchester triage system in a general emergency department pati-ent population in the Netherlands: results of a si-mulation study. Emerg Med J 25:431–434

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