Treichel kultur transkulturalität_basismodelle

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Kultur aus traditioneller und transkultureller Sicht

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Kultur inter- und transkulturell

Prof. Dr. Dietmar Treichel

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D. Treichel

IKF Luzern

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Kultur:

Modelle, Elemente & Prozesse

Prof. Dr. Dietmar Treichel MA MBA

IKF, Luzern, CH

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+41 41 211 04 73

OKT 08

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Erste Kulturbegriffe

Von der "Rohigkeit" gelangt der

Mensch durch Ausbildung seiner

Anlagen zur Kultur, zur Gestaltung

des Daseins nach seinen Zwecken

und Entfaltung seiner eigenen

Kräfte. Die Kultur erarbeitet sich

der Mensch in der Gesellschaft.

(Kant, c. 1780)

Kultur ist der Glückszustand

des geselligen, aus sich selbst

heraus würdevollen und

rechtschaffenen Menschen im

Vergleich zum Naturzustand.

Sie erhebt das Leben über die

Not der Tiere. (v. Pufendorff,

c. 1670)

„Kultur“ < lat. colere: pflegen,

verehren

»Jede Nation hat ihren Mittelpunkt

der Glückseligkeit wie jede Kugel

ihren Schwerpunkt.« Kultur ist die

Totalität einer Lebensweise, in sich

geschlossen und nach außen durch

eindeutige Differenz zu anderen

Kollektiven gekennzeichnet. Sie ist

die unverwechselbare Substanz

eines Volkes. (Herder c. 1780)

Kultur ist der essentielle Grund

menschlichen Unglücklichseins,

da ihre künstlichen Regeln für ein

zivilisiertes Verhalten die

kreative Natur des Menschen

unterdrückt. (Rousseau, c. 1800)

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Einige Kulturdefinitionen seit 1900

Kultur ist mentale Program-

mierung. (Hofstede 1980)

Kulturelle Muster und Diskurse

begrenzen den Raum des Möglichen

und Denkbaren, sie lenken die

Interpretationen und Aussagen der

Menschen in einer Art und Weise,

dass ein Hintergehen des Gegebenen,

eine Infragestellung und

Gegenpositionierung kaum mehr

möglich sind. (Foucault, c. 1980)

Kultur ist das Geflecht von

Symbolen und Bedeutungen, in

denen Menschen ihre Erfahrung

interpretieren und nach denen

sie ihr Handeln ausrichten.

(Geertz 1959).

Kultur ist der offene und instabile

Prozess des Aushandelns von

Bedeutungen, der im Falle einer

Kompromissbildung zur Abschließung

sozialer Gruppen führt. (Wimmer 2005)

Kulturen werden als gesellschaft-

liche Rekonstruktionen der

Wirklichkeit erzeugt und sind

Wertvorstellungen, Verhaltens-

normen und Deutungsmuster.

(Flechsig 2000)

Kultur ist diejenige Lebenswelt,

die jemand als ›eigene‹ definiert,

weil sie Normalität und

Plausibilität bietet und soziales

Routinehandeln ermöglicht.

(Berger/Luckmann 1979)

Der Mensch kann sich von der

Barbarei durch das Stadium der

Zivilisation zur Hochkultur

entwickeln. (Freud, Elias)

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Vier Probleme des klassischen Kulturbegriffs

• Homogenitätsvorstellung

Es bestehen große intrakulturelle Variationen selbst in einfachen, erst recht

in komplexen arbeitsteiligen Gesellschaften („Schweizer Kultur“:

calvinistischer Bankier aus Genf, jugendliche Subkultur in Zürich,

Tessiner Intellektuelle, katholischer Bergbauer)

• Ausblendung von Machtbeziehungen

Kulturelle Sinngebungsprozesse entfalten sich im Spannungsfeld von

Machtbeziehungen (zwischen Geschlechtern, Generationen, Klassen etc.)

• Modell des übersozialisierten Individuums

Die Individuen folgen weitgehendst den kulturellen Regeln … Die Kultur

schreibt das Skript vor, nach dem die einzelnen Individuen ihre Rolle

spielen“. Dagegen: Das Kulturelle ist eine von mehreren Regelwerken;

Individuen richten sich häufig nicht nach kulturellen Regeln.

• Vernachlässigung kulturellen Wandels

Kultur ist statisch und besitzt keine Eigendynamik, Kulturen verändern sich

nicht von innen heraus, sondern nur durch Kontakt mit anderen Kulturen.

(Wimmer, 2005, S. 28 ff.)

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Kultur

ist

ein interaktiv erlerntes, soziales System von

selektierten Wirkungselementen,

die als bedeutungsvoll, wichtig und richtig

wahrgenommen, bewertet, gesetzt und

kommuniziert werden,

um eine Orientierung für gute Entscheidungen und

Entwicklungen anzubieten

und um Werkzeuge, Methoden und Prozesse für

Fühlen, Denken und Handeln in sozialen Systemen

zur Verfügung zu stellen,

mit deren Hilfe Menschen ihre persönlichen

Herausforderungen, fachlichen Probleme oder

existenziellen Dilemmata sinnvoll bewältigen

können.

Dietmar Treichel, 2011

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Werte &

Grundannahmen

Ideen &

Entwicklungen

Normen &

Haltungen

Praktiken

& Artefakte

Elemente & Struktur des kulturellen Systems

Fühlen

Handeln

Glauben Denken

IndividuenGruppen

OrganisationInstitution

Wirklichkeit

Gesellschaft

WeltMenschJenseits

außen

innen

ideell real

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Formen & Dimensionen von Kultur (GLOBE)

Machtdistanz

Unsicherheits-

vermeidung

Geschlechter-

gleichstellung

Zukunfts-

orientierung

Humanitäre

Orientierung

Leistungs-

orientierung

Institutioneller

Kollektivismus

In-Group

Kollektivismus

Durchsetzungs-

wille

Nationale

Kultur

Professions-

kultur

Organisa-

tionskultur

Koopera-

tionsstil

Lokale

Kultur

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Pragmatische Kulturdimensionen

Kontext-

verhalten

• high context: dichte Netzwerke, Person = Information, indirekte

Kommunikation, Körpersprache

• low context: Background, Person und Lebensbereiche sind getrennt,

direkte Kommunikation, Verbalsprache

Raum-

verhalten

• physische und psychische Unterscheidungen und Grenzen

• persönlicher Raum, Nähe und Berührungen

• Territorium und Besitz

Zeit-

verhalten

• monochron vs. polychron

• Vergangenheits- vs. Zukunftsorientierung

• Pläne und Zeitvorgaben

• Geschwindigkeit der Informationsübertragung

Sozial-

verhalten

• spezifisch - diffus: Betroffenheit der verschiedenen Lebensbereiche,

interpersonale Distanzregulation

• Universalismus - Partikularismus: Einhalten von Regeln auch gegen

Beziehungen vs. Beziehungen sind wichtiger als abstrakte Regeln

• Kollektivismus vs. Individualismus: Individuelle od. kollektive Interessen

dominieren, auch wenn die andere Seite darunter leidet

• neutral vs. emotional: Tonfall, Sprachmelodie, Gestik, Ausdruck von

Interesse bzw. Desinteresse

• Leistungs- vs. Herkunftsorientierung als Basis von Honorierung

• Unsicherheitsvermeidung: Risiko als Herausforderung oder Bedrohung

• Masculinity vs. Feminity: Trennung & Wert von Rollen, Aggressivität

• Machtdistanz: Akzeptanz von sozialen Hierarchien und Machtverteilung

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Interkulturalität / Transkulturalität

interkulturell transkulturell

Begriffe Fokus Begriffe Fokus

Einheiten Verhalten System/e Kräfte

Empirie Durchschnitt Netzwerk Akteur

Funktionen Effizienz Mensch Interessen

Differenz VergleichGemeinsame

Ressourcen

Kreative

Optionen

Training Sensibilität Entwicklung Potenziale

Technik Skills Persönlichkeit Kompetenzen

Sensibilität Ich / Fremde Authentizität Wir / Diversity

Kooperation Austausch Konstruktion W/W + CR

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interkulturell - transkulturell

Paradox der Globalisierung: Menschen sind instinktiv ethnozentrisch

und (re-)agieren aufgrund ihrer selektiven Wahrnehmung & Vor-Urteile,

benötigen jedoch kulturell adäquate Fähigkeiten.

Die interkulturelle Lösung

Grundlage:

_ Vergleich der Charaktieristika und

Differenzen zwischen fixierten Gruppen

und Kulturkonzepten

(z.B. Hofstede, Trompenaars, Thomas)

_ Differenz/Defizit-Orientierung

Aspekte:

Werte, Funktionen/Rollen, Normen,

Strukturen, Ziele

Strategien:

_ Erhöhung der interkulturellen

Sensibilität (Bennett, Hammer)

_ Erlernen von kulturspezifischen

Kommunikationstechniken (Training)

_ Anpassen von generischen

Management-Methoden

Die transkulturelle Lösung

Grundlage:

Verstehen der Gemeinsamkeiten und

Austausch zwischen dynamischen Systemen

und Handlungskonzepten

(z.B. Welsch, GLOBE)

_ Synergien/Ressourcen-Orientierung

Aspekte:

Akteure, Beziehungen, „Spiele“, Komplexität,

Prozesse, Meilensteine

Strategien:

_ Entwicklung einer sensiblen, authentischen

Persönlichkeit („kulturelle Intelligenz“)

_ Entwickeln von generischen & toleranten

Handlungskompetenzen (deutero learning)

_ Situativ optimiertes Leadership-Verhalten

(„kulturelle Kreativität“ – Flechsig)