TXTW Gehaltsunterschied

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Lohngleichheit für Frauen: Der kleine Unterschied Am „Equal Pay Day“ wird alle Jahre wieder die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen beklagt. Dabei haben es Frauen selbst in der Hand, die Verdienstlücke zu schließen - schließlich haben sie es auch größtenteils selbst verschuldet. 20.03.2015, von Sven Astheimer Es gibt Debatten, die kehren im Jahresrhythmus wieder. Die Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen ist so ein Thema. Denn an diesem Freitag ist wieder „Equal Pay Day“ […]. Das Statistische Bundesamt ist deswegen zu Wochenbeginn mit der Meldung herausgekommen, dass die Einkommenskluft zwischen den Geschlechtern mit 22 Prozent unverändert groß geblieben ist. Wenn Männer ein Fünftel mehr verdienen als Frauen, klingt das zunächst nach einer himmelschreienden Ungerechtigkeit, was wiederum den Regulierungsdrang der Politik entfacht. Kein Wunder, dass Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gerade an einer Vorlage für ein „Entgeltgleichheitsgesetz“ arbeitet. […] Ein Großteil des Lohnunterschieds lässt sich durch verschiedene Einflussfaktoren gut begründen. Bündelt man diese Erklärungen, kommt man unweigerlich zu einem Schluss: Frauen haben sich diese Verdienstlücke größtenteils selbst eingebrockt. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Sie haben es selbst in der Hand, daran etwas zu ändern. Frauen lassen sich schwer für Technikberufe begeistern Da wäre vor allem die Wahl von Branchen und Berufen. Denn die Entgelte variieren zwischen den einzelnen Wirtschaftsbereichen enorm. […] Theoretisch könnte man natürlich das Gehaltsgefälle zwischen den Branchen einfach verbieten. Ein derart tollkühner Frontalangriff auf die Tarifautonomie fiele aber wohl selbst der großen Koalition nicht ein. Also heißt die Antwort: Wenn Frauen besser bezahlt werden wollen, müssen sie häufiger dort arbeiten, wo Männer es schon tun. Es ist auch nicht so, dass Arbeitgeber in der Industrie etwas gegen Mitarbeiterinnen hätten. Im Gegenteil, seit Jahren versucht die Wirtschaft gerade Mädchen für Technikberufe zu begeistern. Doch der Erfolg von Girls Day & Co. stellt sich nur langsam ein. Der beliebteste Ausbildungsberuf war in diesem Jahr der für Bürokaufleute. Frauenanteil: 74 Prozent. Wenn es junge Frauen überhaupt in die Industrie zieht, dann auch dort nur an den Schreibtisch. In den klassischen Lehrberufen hat sich nichts verändert. Angesichts marginaler Frauenanteile würden wohl selbst die politisch Korrektesten von „Industriemechaniker“ (6 Prozent), „Kraftfahrzeugmechatroniker“ (5) und „Elektroniker“ (2) sprechen.

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Artilkel

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Lohngleichheit für Frauen: Der kleine Unterschied

Am „Equal Pay Day“ wird alle Jahre wieder die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen beklagt.

Dabei haben es Frauen selbst in der Hand, die Verdienstlücke zu schließen - schließlich haben sie es auch

größtenteils selbst verschuldet.

20.03.2015, von Sven Astheimer

Es gibt Debatten, die kehren im Jahresrhythmus wieder. Die Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen

ist so ein Thema. Denn an diesem Freitag ist wieder „Equal Pay Day“ […]. Das Statistische Bundesamt ist

deswegen zu Wochenbeginn mit der Meldung herausgekommen, dass die Einkommenskluft zwischen den

Geschlechtern mit 22 Prozent unverändert groß geblieben ist. Wenn Männer ein Fünftel mehr verdienen als

Frauen, klingt das zunächst nach einer himmelschreienden Ungerechtigkeit, was wiederum den

Regulierungsdrang der Politik entfacht. Kein Wunder, dass Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig

gerade an einer Vorlage für ein „Entgeltgleichheitsgesetz“ arbeitet. […] Ein Großteil des Lohnunterschieds

lässt sich durch verschiedene Einflussfaktoren gut begründen. Bündelt man diese Erklärungen, kommt man

unweigerlich zu einem Schluss: Frauen haben sich diese Verdienstlücke größtenteils selbst eingebrockt. Im

Umkehrschluss heißt das aber auch: Sie haben es selbst in der Hand, daran etwas zu ändern.

Frauen lassen sich schwer für Technikberufe begeistern

Da wäre vor allem die Wahl von Branchen und Berufen. Denn die Entgelte variieren zwischen den einzelnen

Wirtschaftsbereichen enorm. […] Theoretisch könnte man natürlich das Gehaltsgefälle zwischen den

Branchen einfach verbieten. Ein derart tollkühner Frontalangriff auf die Tarifautonomie fiele aber wohl selbst

der großen Koalition nicht ein. Also heißt die Antwort: Wenn Frauen besser bezahlt werden wollen, müssen

sie häufiger dort arbeiten, wo Männer es schon tun.

Es ist auch nicht so, dass Arbeitgeber in der Industrie etwas gegen Mitarbeiterinnen hätten. Im Gegenteil, seit

Jahren versucht die Wirtschaft gerade Mädchen für Technikberufe zu begeistern. Doch der Erfolg von Girls

Day & Co. stellt sich nur langsam ein. Der beliebteste Ausbildungsberuf war in diesem Jahr der für

Bürokaufleute. Frauenanteil: 74 Prozent. Wenn es junge Frauen überhaupt in die Industrie zieht, dann auch

dort nur an den Schreibtisch. In den klassischen Lehrberufen hat sich nichts verändert. Angesichts marginaler

Frauenanteile würden wohl selbst die politisch Korrektesten von „Industriemechaniker“ (6 Prozent),

„Kraftfahrzeugmechatroniker“ (5) und „Elektroniker“ (2) sprechen.

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Auch an den Hochschulen gestaltet sich der Wandel zäh. Männer wählen noch immer wesentlich häufiger die

techniklastigen Studiengänge als Frauen. […] Einige Entwicklungen lassen aber hoffen. So meldet der

Branchenverband Bitkom, dass sich mittlerweile 23 Prozent der Mädchen vorstellen können, später einmal

im IT-Bereich ihr Geld zu verdienen – unter den Jungen sind es 27 Prozent.

Selbstbewusst die eigenen Interessen vertreten

Daneben gibt es einen weiteren wichtigen Grund für die Gehaltskluft: Frauen tragen in der Familie nach wie

vor den Großteil der Kosten für die Kindererziehung. Mit dem ersten Kind kommt der große Einschnitt, weil

die Rückkehr in den Beruf meist bloß in Teilzeit erfolgt. […] Mit 20 Stunden in der Woche lässt sich

bestenfalls der Besitzstand wahren. Die nächste Stufe auf der Karriereleiter wird unendlich hoch. […] Mehr

Kinderbetreuungsangebote und Teilzeitmodelle in Richtung 30-Stunden-Woche helfen aber, den Spagat

zwischen Kindern und Karriere künftig besser zu bewältigen.

Bereinigt um diese Faktoren, schrumpft der große Unterschied zwischen den Geschlechtern zum kleinen. Etwa

7 Prozent Verdienstunterschied bleiben. Hier heißt es kämpfen. Von den Männern können die Frauen lernen,

selbstbewusst über das eigene Gehalt zu verhandeln, statt bescheiden darauf zu setzen, dass die eigenen

Qualitäten schon erkannt und honoriert werden. […]

Zugegeben: Es wäre eine andere Gesellschaft, in der zunehmend Mädchen in Overalls in Werkstätten an Autos

herumschrauben, Programmiererinnen mit ihren Einstiegsgehältern den Personalmanagern die Tränen in die

Augen treiben und Männer nicht mehr selbstverständlich davon ausgehen können, dass die Sozial- und

Pflegedienste auch ohne ihr Zutun geleistet werden. Doch es ist das gute Recht der Frauen, darauf

hinzuarbeiten. Dafür gibt es kein Gesetz.

Gekürzt und leicht verändert aus http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/equal-pay-day-2015-

lohngleichheit-fuer-frauen-13486883.html