U Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft · 2011-04-28 · Im Vergleich zum Onlineportfolio...

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x 236 media perspektiven 5/2008 ................................................................................................................................................................ Web 2.0 führt zu neuem Beteiligungsboom der Verlage Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft Von Andreas Vogel* Wer heute einen gut besuchten Printkongress ver- anstalten will, der lädt zu Diskussionen über digi- tale elektronische Medien. Die zweite Konferenz „Powering Digital Success“, veranstaltet vom Ver- band Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), dem Weltverband der Zeitschriftenverleger FIPP (1) und CeBIT im März 2008, war mit 350 internationalen Teilnehmern ausgebucht. Und auch die nationalen Treffen der deutschen Verleger drehen sich haupt- sächlich um dieses eine Thema: „Fachmedien von Print bis Web 2.0.“ und „Auf allen Kanälen – Cross- mediastrategien der Verlage“, so hießen zuletzt Jahreskonferenzen von Zeitschriften- und Zeitungs- verlegern. Auch wird von einigen Großverlagen mit- hilfe des paradoxen Begriffes „elektronische Pres- se“ die digitale Welt medienpolitisch als eigener Hoheitsbereich markiert. Das weckt Erinnerungen an die Zeiten, in denen Zeitungsverleger den Vi- deotext als „Bildschirmzeitung“ etikettiert haben, weil sie hierin eine Bedrohung ihrer Geschäfte sa- hen. Die Digitalisierung hat inzwischen die Medien- nutzung der europäischen Publika kräftig erwei- tert. Zwar gibt es kein Medium, das als Verlierer der Vermehrung elektronischer Angebote dasteht. Aber die Grenzen des Wachstums ihrer Nutzung haben Print und inzwischen wohl auch das lineare Fernsehen erreicht. Seit Mitte der 1990er Jahre befassen sich die deut- schen Verleger zunehmend engagierter mit den Möglichkeiten des Internets. Hintergrund sind nicht nur Befürchtungen, Printtitel könnten von den di- gitalen Angeboten verdrängt werden. Auch ohne Kannibalisierungsängste bestände Handlungsbedarf. Denn die Auflagen der periodischen Kaufpresse als Tageszeitungen oder Publikumszeitschriften sinken ganz allmählich seit Mitte der 1980er Jahre, zwi- schenzeitlich nur kurz belebt durch die Deutsche Einheit. Da liegt es für die Verlage nahe, neben dem Stammgeschäft auch neue Geschäftsfelder zu er- kunden. Publizistische Onlinewerbeträger bereitzustellen, ist ein solches Geschäftsfeld. Die deutschen Online- Nettowerbeumsätze stiegen nach Angaben des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) von 153 Mio Euro im Jahr 2001 auf 495 Mio Euro im Jahr 2006. Dies ergibt zumindest eine Hochrechnung des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), des VDZ und des Verban- des Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT). Der Bundesverband Informationswirtschaft, Tele- kommunikation und neue Medien (BITKOM) mel- dete für 2007 sogar 976 Mio Euro. In diesen Zah- len sind die Suchwort- und die Affilitatevermark- tung (Weiterleitung an externen Shop) nicht ent- halten. Die Validität der Zahlen ist allerdings be- grenzt. Denn besonders die werbestarken Handels- unternehmen kaufen einen großen Anteil ihrer On- line-Werbeausgaben über CPX-Kampagnen (Cost- per-Transaction) ein, mithin auf Erfolgsbasis. Hoch- gerechnet wird hingegen wohl auf der Grundlage fiktiver Konditionen und Rabatte. (2) Ende des Jahres 2003 prognostizierten VDZ und die Unternehmensberatung BCG, dass bis 2008 die Onlinewerbung in den Zeitschriftenverlagen rund 13 Prozent der Nettowerbeumsätze ausmachen würden. (3) Im November 2007 bilanzierten VDZ und das Beratungsunternehmen KPMG dann einen erreichten Anteil von 4,6 Prozent und verschoben die 13-Prozent-Erwartung in das Jahr 2010. (4) Selbst beim Burda-Verlag dürfte 2007 der Anteil der On- linewerbung noch unter 10 Prozent der gesamten Werbeumsätze gelegen haben. Daher überraschte die Meldung aus der Axel Springer AG, bereits die 15-Prozent-Marke erreicht zu haben. (5) Die Basis- daten für diesen Wert sind Pro-Forma-Erlöse, mit- hin „Umsätze sämtlicher Onlineaktivitäten auf der Basis ungeprüfter Finanzinformationen“. (6) Eine Plausibilitätsprüfung der Daten zeigt dann auch hohe Umsatzanteile durch Web-Applikationen und -Services (zanox, smarthouse). Insofern hat der Konzern die Zuordnung zu den Werbeerlösen wohl eher großzügig vorgenommen. Eigene Berechnun- gen des Autors auf der Basis von Umsatzmeldun- gen und -schätzungen kommen für die Axel Sprin- ger AG eher auf eine Quote der Onlinewerbung von knapp unter 10 Prozent der Gesamtwerbeein- nahmen. Die Presseverlage müssen sich wandeln, zweifels- ohne. Es gilt, die eigenen publizistischen Angebote unter den Bedingungen veränderter Nutzergewohn- heiten und stagnierender Pressemärkte zu über- prüfen, zu erweitern und neue Angebote zu plat- zieren. Doch in der Betrachtung neuer Geschäfts- modelle und Geschäftszweige stellt sich dem Beob- achter inzwischen eine wesentliche Frage: Dienen die neuen Angebote immer der Absicherung und Erweiterung des publizistischen Potenzials der Ver- lage? Oder entfernen sich einige Verlage bereits von ihren publizistischen Wurzeln und sind in naher oder ferner Zukunft eher Online-Versand- händler, Entertainment-Unternehmen, gar Freizeit- und Kontaktclubs mit angeschlossenen Periodika? Voraussetzung für solche Beurteilungen ist eine Bestandsaufnahme der vielfältigen elektronischen Aktivitäten und die Analyse ihrer zugrunde liegen- den Strategien. Darum geht es im Folgenden durch die Betrachtung der großen Zeitschriften- und Zei- tungsverlage. Bereits vor sieben Jahren erschien an dieser Stelle eine entsprechende Übersicht. (7) Nach den Einbrüchen der Werbeumsätze im Stammge- schäft Print und den Rückschlägen im neuen Markt bestimmten im Jahr 2001 Rückzüge und Einspa- Verlage seit Mitte der 1990er Jahre mit Möglichkeiten des Internets befasst Publizistische Onlinewerbeträger als Geschäftsfeld Online-Nettowerbe- umsätze bisher hinter Prognosen zurückgeblieben Entfernen sich einige Verlage durch Onlineengagement von ihren publizis- tischen Wurzeln? Bestandsaufnahme der Onlineaktivitäten großer Verlage U ................................................................................. * Wissenschaftliches Institut für Presseforschung und Medien- beratung (WIP), Köln.

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Web 2.0 führt zu neuem Beteiligungsboom derVerlage

Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft

Von Andreas Vogel*

Wer heute einen gut besuchten Printkongress ver-anstalten will, der lädt zu Diskussionen über digi-tale elektronische Medien. Die zweite Konferenz„Powering Digital Success“, veranstaltet vom Ver-band Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), demWeltverband der Zeitschriftenverleger FIPP (1) undCeBIT im März 2008, war mit 350 internationalenTeilnehmern ausgebucht. Und auch die nationalenTreffen der deutschen Verleger drehen sich haupt-sächlich um dieses eine Thema: „Fachmedien vonPrint bis Web 2.0.“ und „Auf allen Kanälen – Cross-mediastrategien der Verlage“, so hießen zuletztJahreskonferenzen von Zeitschriften- und Zeitungs-verlegern. Auch wird von einigen Großverlagen mit-hilfe des paradoxen Begriffes „elektronische Pres-se“ die digitale Welt medienpolitisch als eigenerHoheitsbereich markiert. Das weckt Erinnerungenan die Zeiten, in denen Zeitungsverleger den Vi-deotext als „Bildschirmzeitung“ etikettiert haben,weil sie hierin eine Bedrohung ihrer Geschäfte sa-hen.

Die Digitalisierung hat inzwischen die Medien-nutzung der europäischen Publika kräftig erwei-tert. Zwar gibt es kein Medium, das als Verliererder Vermehrung elektronischer Angebote dasteht.Aber die Grenzen des Wachstums ihrer Nutzunghaben Print und inzwischen wohl auch das lineareFernsehen erreicht.

Seit Mitte der 1990er Jahre befassen sich die deut-schen Verleger zunehmend engagierter mit denMöglichkeiten des Internets. Hintergrund sind nichtnur Befürchtungen, Printtitel könnten von den di-gitalen Angeboten verdrängt werden. Auch ohneKannibalisierungsängste bestände Handlungsbedarf.Denn die Auflagen der periodischen Kaufpresse alsTageszeitungen oder Publikumszeitschriften sinkenganz allmählich seit Mitte der 1980er Jahre, zwi-schenzeitlich nur kurz belebt durch die DeutscheEinheit. Da liegt es für die Verlage nahe, neben demStammgeschäft auch neue Geschäftsfelder zu er-kunden.

Publizistische Onlinewerbeträger bereitzustellen, istein solches Geschäftsfeld. Die deutschen Online-Nettowerbeumsätze stiegen nach Angaben desZentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft(ZAW) von 153 Mio Euro im Jahr 2001 auf 495 MioEuro im Jahr 2006. Dies ergibt zumindest eineHochrechnung des Bundesverbandes DeutscherZeitungsverleger (BDZV), des VDZ und des Verban-des Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT).Der Bundesverband Informationswirtschaft, Tele-

kommunikation und neue Medien (BITKOM) mel-dete für 2007 sogar 976 Mio Euro. In diesen Zah-len sind die Suchwort- und die Affilitatevermark-tung (Weiterleitung an externen Shop) nicht ent-halten. Die Validität der Zahlen ist allerdings be-grenzt. Denn besonders die werbestarken Handels-unternehmen kaufen einen großen Anteil ihrer On-line-Werbeausgaben über CPX-Kampagnen (Cost-per-Transaction) ein, mithin auf Erfolgsbasis. Hoch-gerechnet wird hingegen wohl auf der Grundlagefiktiver Konditionen und Rabatte. (2)

Ende des Jahres 2003 prognostizierten VDZ unddie Unternehmensberatung BCG, dass bis 2008 dieOnlinewerbung in den Zeitschriftenverlagen rund13 Prozent der Nettowerbeumsätze ausmachenwürden. (3) Im November 2007 bilanzierten VDZund das Beratungsunternehmen KPMG dann einenerreichten Anteil von 4,6 Prozent und verschobendie 13-Prozent-Erwartung in das Jahr 2010. (4) Selbstbeim Burda-Verlag dürfte 2007 der Anteil der On-linewerbung noch unter 10 Prozent der gesamtenWerbeumsätze gelegen haben. Daher überraschtedie Meldung aus der Axel Springer AG, bereits die15-Prozent-Marke erreicht zu haben. (5) Die Basis-daten für diesen Wert sind Pro-Forma-Erlöse, mit-hin „Umsätze sämtlicher Onlineaktivitäten auf derBasis ungeprüfter Finanzinformationen“. (6) EinePlausibilitätsprüfung der Daten zeigt dann auchhohe Umsatzanteile durch Web-Applikationen und-Services (zanox, smarthouse). Insofern hat derKonzern die Zuordnung zu den Werbeerlösen wohleher großzügig vorgenommen. Eigene Berechnun-gen des Autors auf der Basis von Umsatzmeldun-gen und -schätzungen kommen für die Axel Sprin-ger AG eher auf eine Quote der Onlinewerbungvon knapp unter 10 Prozent der Gesamtwerbeein-nahmen.

Die Presseverlage müssen sich wandeln, zweifels-ohne. Es gilt, die eigenen publizistischen Angeboteunter den Bedingungen veränderter Nutzergewohn-heiten und stagnierender Pressemärkte zu über-prüfen, zu erweitern und neue Angebote zu plat-zieren. Doch in der Betrachtung neuer Geschäfts-modelle und Geschäftszweige stellt sich dem Beob-achter inzwischen eine wesentliche Frage: Dienendie neuen Angebote immer der Absicherung undErweiterung des publizistischen Potenzials der Ver-lage? Oder entfernen sich einige Verlage bereitsvon ihren publizistischen Wurzeln und sind innaher oder ferner Zukunft eher Online-Versand-händler, Entertainment-Unternehmen, gar Freizeit-und Kontaktclubs mit angeschlossenen Periodika?

Voraussetzung für solche Beurteilungen ist eineBestandsaufnahme der vielfältigen elektronischenAktivitäten und die Analyse ihrer zugrunde liegen-den Strategien. Darum geht es im Folgenden durchdie Betrachtung der großen Zeitschriften- und Zei-tungsverlage. Bereits vor sieben Jahren erschien andieser Stelle eine entsprechende Übersicht. (7) Nachden Einbrüchen der Werbeumsätze im Stammge-schäft Print und den Rückschlägen im neuen Marktbestimmten im Jahr 2001 Rückzüge und Einspa-

Verlage seit Mitte der 1990er Jahre mit

Möglichkeiten desInternets befasst

PublizistischeOnlinewerbeträger

als Geschäftsfeld

Online-Nettowerbe-umsätze bisher hinter Prognosenzurückgeblieben

Entfernen sich einigeVerlage durchOnlineengagementvon ihren publizis-tischen Wurzeln?

Bestandsaufnahmeder Onlineaktivitätengroßer Verlage

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beratung (WIP), Köln.

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rungen das Onlineengagement. Die Strategien zuBeginn des Jahrtausends lauteten: Kooperationenmit starken Partnern, Synergien im eigenen Haus,Integration von Online und Print, vorsichtige Inno-vationen online, schwache Beteiligungen abwickeln,Angst vor Kannibalisierungen, Hoffnungen auf PaidContent.

Inzwischen haben sich die Unternehmen konsoli-diert und verfügen auch wieder über Rücklagen.Zugleich ist mit dem Stichwort Web 2.0 der Opti-mismus zurückgekehrt. So investieren die Verlagewieder, auch wenn nach wie vor für verlagsspezifi-sche Geschäftsmodelle die wirklichen Erfolgsstorysfehlen. Wie sind die Unternehmen heute aufge-stellt? Die Gesamtbetrachtung aller elektronischendigitalen Aktivitäten der Verlage würde das Volu-men eines Aufsatzes bei weitem sprengen. Daherwerden nur die allgemeinen Onlineaktivitäten be-trachtet, audiovisuelle Produktionen und Angebotein Hörfunk, Fernsehen und Web-TV hingegen aus-geklammert. Auch wesentlich im Ausland wirksa-me Beteiligungen werden nicht betrachtet, derFokus liegt auf den deutschen Märkten. Die mo-mentane Investitionsgeschwindigkeit der Konzerne

zwingt nahezu jede neue Woche zu Korrekturenoder Erweiterungen der folgenden Organigramme.Sie sind daher auf dem Stand von Ende März2008.

Hubert Burda MedienHubert Burda ist schon früh in das Onlinebusinesseingestiegen und gilt heute in der Branche als Pro-tagonist der Hinwendung zu digitalen Angeboten.Er bezeichnet inzwischen das Digitalgeschäft als„zweite starke Säule des Unternehmens“. (8) Bis2010 soll das Digital-Geschäft zusammen mit demDialogmarketing die Hälfte des Umsatzes bringen.Digitalgeschäft meint Online und Broadcasting.Der Bereich Online ist wesentlich über die BurdaDigital GmbH aufgestellt, strategisch ist auch eineinsgesamt 59-prozentige Beteiligung an der börsen-notierten Tomorrow Focus AG sehr wichtig (vgl.Abbildung 1). Die grundsätzliche Struktur des Ge-schäftsbereichs hat sich in den letzten fünf Jahrenkaum verändert: Um Technik, Applikationen undwebbasierte Dienstleistungen kümmert sich dieTochter Digital Systems. Für die Drahtlos-Servicesgibt es inzwischen Burda Wireless.

Allgemeine Online-aktivitäten im deut-

schen Markt imFokus der Bestands-

aufnahme

Digitalgeschäft beiBurda „starke zweiteSäule des Unterneh-mens“

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x238media perspektiven 5/2008Andreas Vogel

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Die Webangebote zu den printbasierten Markenwerden von unterschiedlichen Töchtern gestaltet:vieles durch Tomorrow Focus, die Chip-Sites vonChip Xonio Online, auch der Focus Magazin Ver-lag, die STARnetONE und tradierte Verlagstöchterbefassen sich mit der Gestaltung digitaler Auftritteund Medien. Die meistbesuchten Websites sindChip Online (IVW-Rang 17 von 539 nach Page Im-pressions im Januar 2008) und Focus online (Rang25). Neue digitale Medienmarken werden über dieAbantis Media GmbH aufgebaut. So starteten 2007in zwei Burda-Kernmärkten die Themenportalebongusto.de (Food) und bequeen.de (Frauen). ZurBurda-Strategie gehört es auch, erfolgreiche aus-ländische Internetkonzepte nach Deutschland zutransferieren. Burda beteiligt sich hierzu an denMutterkonzernen und kann dann die deutschenTöchter aufbauen. Beispiele hierfür sind Science-Blogs und GlamMedia.

Bei der Werbevermarktung verweisen alle Angebo-te auf Tomorrow Focus. Tomorrow Focus nimmtauch durch externe Kunden (map.24, faz.net,jetzt.de) laut Internet Facts 2007 III mit 15,01 Mil-lionen Nutzern pro Monat im Onlinevermarkter-Ranking Platz vier in Deutschland ein. Nach IVWsind 29 Angebote im Februar 2008 Tomorrow Focuszugeordnet. Auch die IVW-Zahlen zeigen das Un-ternehmen auf der Basis von Page Impressions un-ter den Vermarktungsgemeinschaften an vierterStelle. Die Beteiligungen, die Tomorrow Focus hält,haben sich bis auf „Playboy Deutschland“ inzwi-schen nahezu ausgetauscht. Das Reiseportal holi-daycheck.de erreichte im Januar 2008 im IVW-Ran-king Platz 18.

Burdas Beteiligungsfirma Digital Ventures hatihr Portfolio beträchtlich erweitert. Einige Beteili-gungen wurden verkauft, bei anderen die Anteileaufgestockt. Neu ist ein deutlicher Schwerpunktauf Onlinespielen, gleich fünf Beteiligungen sindin diesem Bereich aktiv. Zudem spiegelt sich derBoom des user-generated Content in vier neuerenBeteiligungen wider: Hier sollen die Nutzer bewer-ten, bloggen und sich organisieren. Einen kontinu-ierlichen Schwerpunkt bilden inzwischen die Shops:Technik, Computer, Büro- und Unterhaltungselek-tronik, Bücher, Blumen, Haustierbedarf, Spiele, Rei-sen – all das kann man bei Burda im Versandhan-del erhalten.

Der Burda-Konzern erzielte im Jahr 2006 mit demDigitalgeschäft (einschließlich der Rundfunk-Mehr-heitsbeteiligungen) einen konsolidierten Umsatzvon knapp 231 Mio Euro. Dies sind 14,4 Prozentdes Gesamtumsatzes und bedeutet erstmals höhereUmsätze als im seit Jahren rückläufigen Druckbe-reich (166 Mio Euro).

Auf die beiden Onlinehändler computeruniverseund Cyberport entfielen 2006 über 125 Mio EuroJahresumsatz, wobei computeruniverse erst abHerbst 2006 konsolidiert wurde. Die TomorrowFocus AG wurde mit einem Jahresumsatz von

67 Mio Euro hingegen voll konsolidiert. Beteiligtist Burda direkt oder indirekt im Geschäftsfeld Di-gital auch an 30 Radio- und Fernsehunternehmenund rund 20 Firmen und Startups über Burda Di-gital Ventures. In den Konzernabschluss voll oderquotal einbezogen werden nur die Mehrheitsbetei-ligungen und Tochterunternehmen. Hierzu gehörenauch die Aktivitäten des Technologie-DienstleistersDigital Systems für externe Dritte. Für die meis-ten Mehrheitsbeteiligungen werden Umsatzzahlender Firmen nicht bekannt gegeben, auch die Höhevon Minderheitenbeteiligungen veröffentlicht Burdanicht.

Bemerkenswert sind die Aktivitäten von STAR-netONE: Die Firma produziert einerseits Online-auftritte von Zeitschriftenmarken, Webangebote wieSTAR CONTROL, STAR SHOTS und auch ein Web-TV-Magazin STAR STYLE.TV. Andererseits istSTARnetONE aber auch Produzent und Vermarktergroßer Events wie NEW FACES AWARDS, BAMBI,TRIBUTE TO BAMBI oder ONE 100. Dies zeigt:real erlebte Events werden für die Menschen inDeutschland zunehmend zu attraktiven Kontrastenzum digitalen, auch computervermittelten Home-Entertainment.

Axel Springer AGErklärtes Ziel der Axel Springer AG ist es, zueinem „in Europa führenden multimedial integrier-ten Print-, Online- und TV-Unternehmen zu wach-sen“. (9) Das Unternehmen hat 2008 seine BereicheZeitungen, Zeitschriften und Onlineangebote derMarkenfamilie Bild in einem Vorstandsbereich ge-bündelt. Damit sollen die Potenziale des Marktesnoch erfolgreicher gehoben werden. Der Geschäfts-bereich Elektronische Medien berichtet hingegenals Querschnittsfunktion an den gesamten Vor-stand. Die Digitalisierungsstrategie besteht darin,die Kernkompetenzen auf digitale Märkte zu über-tragen: Inhalte und Marken, ihre Vermarktungsowie Rubriken und Marktplätze. Hierzu gehörtauch, Onlinemarken zu erwerben, um neue Ver-triebskanäle und Zielgruppen zu erschließen. EineÜbersicht über die Onlineaktivitäten gibt Abbil-dung 2.

Im Vergleich zum Onlineportfolio 2001 besteht2008 die zentrale Multimedia-Unit nicht mehr. DerKonzern hat die Verantwortung für die Onlineakti-vitäten seiner Printmarken den jeweils zuständigenVerlagsbereichen zugewiesen. Dies fördert eine en-ge Verzahnung von Print und Online in Contentund Marketing. Für die Realisierung der Online-angebote bedienen sich die Bereiche sehr unter-schiedlicher externer Dienstleister. Die Vermark-tung der Onlinewerbung findet weitgehend hausin-tern und eher dezentral statt. Doch auch das gibtes: die Website der Frauenzeitschrift „Jolie“ wirddurch die mehrheitlich zu Burda gehörende To-morrow Focus AG vermarktet.

Ein Schwerpunkt lag in der Digitalisierung derMarke Bild. Hierzu wurde die Allianz mit T-Onlineaufgelöst. Die Bild digital KG ist nun eine reineSpringer-Tochter. Bild.de wurde Ende 2007 relauncht

Werbevermarktungüber Tomorrow

Focus

Umsätze imDigitalgeschäft (inkl.

Rundfunk) 2006erstmals höher als im

Druckbereich

Springer will führen-des europäischesMultimediaunterneh-men werden

Enge Verzahnung von Print und Onlinein Content undMarketing

Digitalisierung der Marke Bild

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und ist das meist besuchte Portal einer deutschenPrintmarke (IVW-Rang 8 nach Page Impressions imJanuar 2008). Ein spezielles Mobilfunkangebot mitim März 2008 rund 220 000 Kunden bietet zudemden kostenlosen mobilen Zugriff auf das Bildmo-bil-Portal. Nach Springer-Angaben übernimmt esmit rund acht Millionen Page Impressions inzwi-schen die Marktführerschaft unter allen mobilenInformationsportalen. (10) Auch Welt online ist er-folgreich. Auf dem 28. Rang insgesamt platziertsich das Webangebot auch bei den Zugriffen aufredaktionelle Inhalte noch vor sueddeutsche.de.

Der Konzern ist an verschiedenen Unternehmendes E-Commerce beteiligt. Im Internet steigern dieRubrikenmärkte generell und stetig ihre Zugriffs-zahlen. Dies gilt auch für Springers Immobilien-markt immowelt und den Stellenmarkt StepStone.Der Automarkt ist hingegen bei Autobild direkt in-tegriert. An Onlineshops verzeichnet der KonzernBeteiligungen für die Produktgruppen Bücher undElektronik. Darüber hinaus erhält die Axel SpringerAG Transaktionsvergütungen über die Preissuchma-schine Idealo und den Fondsvermittler wall:street.

Nach dem Geschäftsbericht 2007 erwirtschaftetedie Axel Springer AG im Bereich Digitale Medien(Online und Rundfunk) konsolidierte Außenumsatz-erlöse von 152 Mio Euro. Dies sind 5,9 Prozent desGesamtumsatzes 2007 in Höhe von 2,58 Mrd Euro.Hinzu kommen nicht gesondert ausgewiesene, anPrintmarken gebundene Onlineumsätze von bis zu70 Mio Euro. Der Konzern benannte für 2007 Pro-Forma-Erlöse von insgesamt 221 Mio Euro aus On-linegeschäften, das wären 8,6 Prozent. Auf der Bi-lanzpressekonferenz wurde als Ziel für das Jahr

2010 ein Umsatz von mindestens 400 Mio Euro be-nannt. (11) Um das zu erreichen, investierte derKonzern 2007 zum ersten Mal mehr Geld in Onli-negeschäfte als in den Printmarkt. Die Pro-Forma-Erlöse sind keine bilanztechnisch harten Zahlen,eher ein Zugeständnis an die bohrenden Nachfra-gen von Fachjournalisten. Insofern sind sie alsüberschlägige Schätzungen auch politische Zahlenohne buchhalterische Belastbarkeit. Dies wirdwohl auch zukünftig so bleiben. Denn kaum einPressekonzern weist seine Umsätze nach Medien-sparten aus. Nur wenige Pressekonzerne veröffent-lichen zum Beispiel die Höhe ihrer jährlichen Um-sätze mit Zeitschriften.

Gruner + Jahr AG„Expand your brand“ war und ist das Leitmotiv beiGruner + Jahr. Hierbei stehen die Onlineaktivitä-ten nicht als eigenständig betriebene Geschäftsfel-der auf der Agenda, sondern sie dienen dem Zieleiner multimedialen Segmentführerschaft. Sie er-gänzen und erweitern das inhaltliche Angebot derPrinttitel. Entsprechend übersichtlich stellt sich dasOnline-Organigramm von Gruner + Jahr heute dar(vgl. Abbildung 3). Es ist deutlich schlanker alsnoch vor sieben Jahren. Die Multimedia Ventureswurde aufgelöst, der Konzern hat sich von vielenBeteiligungen getrennt. Die verbliebenen Einheitenpositionieren sich als interne Dienstleister für dasOnlineengagement schlüssig: G+J Electronic MediaSales für die Werbevermarktung, G+J ElectronicMedia Service für die technische Umsetzung, G+JNew Media Ventures für das interne Consulting.

Beteiligungen anUnternehmen des

E-Commerce

2007 erstmals mehrin Online als in Print

investiert

Onlineengagement in den letzten Jahrengestrafft

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Vier inhaltlich ausgerichtete Töchter betreuen dieThemenfelder Frauen und Eltern, Wohnen undLeben, „Stern“, Wirtschaft.

Weitere Themenfelder werden durch Zukäufeabgedeckt: Im letzten Jahr hat der Konzern denEntertainment Media Verlag vollständig übernom-men. Dessen Schwerpunkt ist die Entertainment-branche mit Fachzeitschriften und Kundenmagazi-nen. Er betreibt entsprechende Portale und Con-tentproviding. Für Endkunden besteht das Portalkino.de, das auch die Rubriken Video, Games undMusik integriert. Eine weitere Neuakquisition istdie xx-well.com AG, sie bietet online Ernährungs-und Gesundheitsbetreuung. Wer schlanker werden,nicht mehr rauchen, fit sein will, der kann sichhier im Abonnement coachen lassen. Die Food-Community chefkoch.de hat der Konzern erst kürz-lich mehrheitlich übernommen. Alle übrigen The-menfelder des Konzerns werden über die entspre-chenden Verlagsbereiche online gestellt. Dies giltauch für die Webangebote der Tageszeitungen Fi-nancial Times Deutschland und Sächsische Zeitung.

Über die Anteile am Spiegel Verlag und an derMotor Presse Stuttgart ist der Konzern zudem anweiteren Onlineaktivitäten und Tochtergesellschaf-ten mittelbar beteiligt. Die Motor Presse Stuttgarthatte bereits 2003 ihre Partnerschaft mit T-Onlinebeendet. Investitionen in Startups, Communitys,Shops etc. tätigt Gruner + Jahr hingegen nicht.Der Konzern weist seine Onlineumsätze nicht ge-sondert aus. Im Ranking der IVW-Online-Nutzungs-daten findet sich stern.de im Januar 2008 auf Platz22, chefkoch.de auf Platz 44 und die Beteiligungspiegel.de auf Rang 10.

Bauer VerlagsgruppeDie Verlagsgruppe Bauer vertraut „unbeirrt demPotenzial von Print, auch wenn sich Wachstums-chancen in anderen Medienbereichen, zum Bei-spiel im Internet, zeigen“. (12) Für die Darstellungder Onlinegeschäfte ist daher auch 2008 kein Or-

ganigramm notwendig. Die Internettochter „Dock23“ wurde 2003 aufgelöst und ihre Aufgaben zwi-schenzeitlich der Bauer Produktions KG übertra-gen. Im September 2007 wurde neu die Bauer Di-gital KG gegründet. Sie soll alle Onlineaktivitätenbündeln und auch printunabhängige Internetan-gebote entwickeln. So hat die neue Tochter zumBeispiel das konzerneigene Hörbuchportal lausch-gut.de mit Live-Streams von der Leipziger Buch-messe angereichert. Die Digital KG soll zukünftigauch Beteiligungen im Onlinesektor halten, damitsind entsprechende Akquisen des Konzerns zu er-warten.

Die Vermarktung der Websites übernimmt BauerMedia Online, eine Abteilung der Bauer Media KG.Bisher sind die meisten Onlineauftritte eng mitden Printtiteln des Konzerns verknüpft. Die Do-maine praline.de betreibt der Konzern auch nachdem Verkauf der gleichnamigen Zeitschrift weiter.Die Tochter Inter Games KG wurde im Frühjahrdieses Jahres aufgelöst. Deren Printmagazin fürOnline-Gaming „egames“ erschien nur ein Jahr,und auch die zugrunde liegende Spieleplattformegames.de ist inzwischen eingestellt. Im Ranking derIVW-Daten ist die höchstplatzierte Bauer-Websitebravo.de auf Platz 65. Eine weitere Einnahmequel-le des Konzerns ist das Content Syndication für ex-terne Websites. Zu erwähnen sind schließlich nochdie Zeitungstochter Volksstimme sowie die 31-pro-zentige Beteiligung an RTL II, denn beide Medienhaben ebenfalls eigene Webauftritte. Die Verlags-gruppe Bauer weist ihre Onlineumsätze nicht ge-sondert aus.

Holtzbrinck-KonzernHoltzbrinck möchte zukünftig zweigleisig fahrenund baut neben dem traditionellen Mediengeschäftseit Jahren sein Onlinegeschäft mit wachsenderGeschwindigkeit aus. Die vollständige Darstellungder Onlinegeschäfte des Holtzbrinck-Konzerns ge-lingt daher nur schwer. Zu vielfältig sind inzwi-schen die Aktivitäten des Unternehmens, zu schnell

Keine Investitionenin Start-ups, Commu-

nitys oder Shops

Verlagsgruppe Bauervertraut auf

Potenzial von Print –nur geringe Online-

aktivitäten

Onlineauftritte eng mit Printtitelnverknüpft

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folgen die Zukäufe aufeinander, zu unklar ist dieHöhe vieler Beteiligungen. Wesentliche Teile desOnlineengagements betreibt Holtzbrinck über seinevier Tochtergesellschaften Digital, Ventures, eLABund Online Services (vgl. Abbildungen 4 und 5).

Holtzbrinck Digital hält über die Tochter Holtz-brinck Networks die strategischen Internetbeteili-gungen für den Aufbau neuer Geschäftsfelder, be-vorzugt durch Mehrheitsbeteiligungen. Zu den lautVerlag „profitablen B2C-Unternehmen, die übereine gute Marktposition verfügen“ gehört seit An-fang 2007 das Unternehmen StudiVZ. Seine beidenPortale für Studenten und Schüler führten imJanuar 2008 das Ranking der IVW-gelisteten Web-sites nach Page Impressions mit großem Abstandvor dem T-Online-Contentangebot an. Auch die Be-teiligung meinestadt.de kann sich weit vorne aufRang 15 platzieren.

Holtzbrinck Ventures ist die ehemalige, 1998 ge-gründete NetworXs und firmiert inzwischen alsGmbH. Sie investiert mit dem Ziel von Verkaufsge-winnen in junge Online-Firmen. Auch Inhalte, Kun-denverbindungen, Marken und Medienleistungenbringt der Konzern in die Start-ups ein. Das Port-folio umfasst mehr als 30 Firmen mit Beteiligun-gen zwischen 10 und 95 Prozent. Die Produkte derUnternehmen sind breit gestreut: Shops, Portale,Foren, aber auch Marktforschung, Suchmaschinen-

technik oder VoIP. Der aktuelle Stand verändertsich monatlich durch Zukäufe, Verkäufe oder Ein-stellungen. Mitunter werden erfolgreiche Beteili-gungen auch intern an andere Gesellschaften desKonzerns verkauft.

Holtzbrinck eLAB versteht sich als Labor des Web2.0. Ideen werden hier zur Marktreife entwickeltund durch GmbH-Gründungen in den Online-markt gebracht. Die Konzernbeteiligung an den imMärz 2008 bestehenden 16 Gesellschaften liegt fastimmer deutlich oberhalb von 50 Prozent, minde-stens vier Unternehmen sind reine Töchter. Bei denmeisten handelt es sich um Angebote auf der Basisvon user-generated Content.

Weitere Internetunternehmen wurden für die Zei-tungstöchter von Holtzbrinck gegründet. So Zeit On-line oder die regional tätigen Gesellschaften UrbanMedia (Berlin) oder Main Media. Onlinelösungenfür weitere Regionalzeitungen des Konzerns stelltdie Holtzbrinck Online Services bereit. Sie ist ins-besondere an der ISA GmbH & Co KG beteiligt.Diese organisiert seit 2003 das Rubrikengeschäftim Internet. Eigner sind die Zeitungsgruppen Holtz-brinck, WAZ und Ippen zu gleichen Teilen. Inzwi-schen hat die ISA sieben Rubrikenmärkte erschlos-

Holtzbrinck Digital

Holtzbrinck Ventures

Holtzbrinck eLAB

Weitere Internet-unternehmen fürZeitungstöchter

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sen: autoanzeigen.de, markt.de, stellenanzeigen.de,immowelt.de, trauer.de und fewoanzeigen.de wer-den durch motoso.de als Markt für Autoteile undAutoservice ergänzt. Die Partnervermittlung der-zweitefruehling.de für Menschen ab 40 Jahren isthingegen im März dieses Jahres gescheitert. Inzwi-schen ist die ISA das führende AnzeigennetzwerkDeutschlands, sie verknüpft die Rubrikenanzeigenvon 109 Zeitungstiteln.

Schließlich ist Holtzbrinck über seine TochterVerlagsgruppe Handelsblatt schon lange im Inter-net durch den Vermarkter GWP Online und dieWirtschaftsdatenbank Genios vertreten. Das Finanz-portal Sharper wurde hingegen 2002 eingestellt.Auch die früheren Beteiligungen der EconomyOneAG sind längst Geschichte. Von Tomorrow Focushat die EconomyOne weitere Anteile an Bellevue& More erworben, wodurch der Themenschwer-punkt Immobilien des Verlagshauses durch Print-und Onlineangebote erweitert wird.

Bei soviel Aktivitäten überrascht der für das Jahr2006 im Geschäftsfeld „Digitale Medien“ ausgewie-sene Umsatz. Er beträgt 28,3 Mio Euro bei einemGesamtumsatz des Konzerns von 2,24 Mrd Euro.Dies liegt zum einen daran, dass der konsolidierteUmsatz die Minderheitenbeteiligungen nicht erfasst.Zum anderen werden deutlich dreistellige Millio-nenumsätze in den Bereichen „Zeitungen und Wirt-schaftsinformationen“ online erwirtschaftet und ent-sprechend dort konsolidiert. Der Konzern hat er-klärt, er wolle bis 2011 rund 500 Millionen Euroim Onlinesegment investieren und dann rund einViertel des Umsatzes hieraus erzielen. (13) Holtz-brinck veröffentlicht nach wie vor weder einen

Geschäftsbericht noch ausführliche Unternehmens-kennzahlen.

Verlagsgesellschaft MadsackViele Zeitungskonzerne haben in den letzten Jah-ren ihr Onlineengagement neu geordnet. Denn ih-ren ersten Kooperationen durch Beteiligungen andem Kleinanzeigenportal Versum und der Service-gesellschaft ZET.NET AG war kein Erfolg beschie-den. Versum scheiterte bald, ZET.NET wurde 2002insolvent. Hingegen hat sich die OMS als erfolgrei-cher Werbevermarkter von inzwischen 37 Tageszei-tungsverlagen im Markt behauptet. Seit einem Jahrstehen die Signale bei den Tageszeitungsverlagenwieder auf Ausweitung der Geschäfte.

Für die Verlagsgruppe Madsack bilden die Heraus-gabe regionaler Tageszeitungen sowie die Herstel-lung und Verteilung weiterer Druckerzeugnisseweiterhin das Kerngeschäft. Onlineangebote ergän-zen dieses Spektrum, gewinnen aber auch zuneh-mend eigenständigen Charakter. Die Onlineauftrit-te der Regionalzeitungen betreut die Madsack On-line GmbH, sie hieß früher ASPA. Zudem bestehteine langjährige Beteiligung an dem Regionalpor-tal hier.de (vgl. Abbildung 6).

Der Konzern hat im Mai 2007 als erster regionalerZeitungskonzern eine eigene Venture-Tochter ge-gründet, die Madsack MediaLab KG. Sie hält Betei-ligungen an Start-Ups, soll aber auch eigene Ideenzur Marktreife bringen. Schwerpunkte der Investi-tionen liegen in den Bereichen Media Commerce(Marktplätze) und Online Networks (Social Net-works). Aktuell sind sechs recht unterschiedlicheUnternehmen im Portfolio. Sie lassen Ärzte undArbeitgeber durch die Nutzer bewerten, bieten als

Ziel: Bis 2011 einViertel des Umsatzes

aus Onlinesegment

Print bleibt für Mad-sack Kerngeschäft

Venture-Tochter fürOnlineaktivitäten

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Eigenentwicklung von Madsack Navigation für Web-radios, meinsport.de ist ein Sportforum, jobdoo.debietet Handwerker-Auktionen und Hobbyjournalis-ten können unter myheimat.de veröffentlichen. Be-teiligungshöhen oder Umsatzanteile des Digitalge-schäfts gibt der Konzern bisher nicht bekannt.

M. DuMont SchaubergDer Kölner Zeitungskonzern M. DuMont Schauberghat zuletzt durch die Beteiligung an der Frankfur-ter Rundschau Schlagzeilen gemacht. Die Unter-nehmensgruppe sieht sich selber als Zeitungsver-lag mit weiteren Beteiligungen an Buchverlagenund Hörfunksendern. Der Konzern hatte sich imJahr 2003 von den kränkelnden Onlinebeteiligun-gen Versum, StreamEvent und RegioInformationgetrennt. Die Portal-Tochter Iposa in Halle wurdeaufgelöst.

Seit 2006 werden die Onlineaktivitäten wieder aus-gebaut (vgl. Abbildung 7). Die Neue Medien KG istweiterhin eine zentrale Servicetochter. Mit Nach-barverlagen aus Düsseldorf, Wuppertal, Aachenund Bonn gründete der Konzern für den regiona-len Rubrikenmarkt im Rheinland die Kalaydo KG.

Zur Verstärkung der Werbevermarktung im Rhein-land wurde die DuMont Net geschaffen. Im De-zember 2007 gründete auch DuMont eine VentureHolding. Sie ist inzwischen eine strategische Part-nerschaft mit Madsack eingegangen und hat je-weils 10 Prozent an vier Beteiligungen der Mad-sack MediaLab übernommen, darunter zwei Ent-wicklungsprojekte. Bereits im Portfolio war dieSuchmaschine oneview. Seit 2008 ist auch dasMädchenportal LizzyNet bei DuMont zu finden.Aus der Initiative „Schulen ans Netz“ hervorgegan-gen und jahrelang mit öffentlichen Mitteln geför-dert, wurde es nun DuMont zur Fortführung über-geben.

SWMH/Medienunion/GWVDie inzwischen zweitgrößte ZeitungsverlagsgruppeDeutschlands ist ein verschachteltes Medienkon-glomerat um die Verlegerfamilie Schaub, Mann-heim, und eine Gruppe Württembergischer Verleger.Kern der Gruppe ist die Südwestdeutsche MedienHolding GmbH mit vielfältigen Zeitungsbeteiligun-gen. Die Onlineaktivitäten der Gruppe haben bis-lang eher ergänzenden Charakter (vgl. Abbildung 8).

Nach Trennung vonOnlinebeteiligungen

2003 seit 2006wieder Ausbau des

Onlineengagements

Online hat fürVerlagsgruppe eher ergänzendenCharakter

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In den verschiedenen Regionen wurden bereitsEnde der 1990er Jahre Onlinetöchter gegründet.Die Rheinpfalz Online AG ist ebenso wie die Süd-west Presse Online Dienste eine Full-Service-Agen-tur in ihrer Region. Vom Internet Providing überHosting, Webdesign, Contentbetreuung bis zur On-linewerbung reichen die Produkte. Genutzt werdensie von externen Dritten und den angeschlossenenTageszeitungen.

Der Rheinpfalz Verlag hat seine Rubrikenmärk-te inzwischen wieder in den Webauftritt der Tages-zeitung integriert. Die Beteiligung an marktplatz-pfalz.de war nicht erfolgreich, der Onlineauftrittwurde eingestellt. In Stuttgart entwickelt die MSHauch Software für das Internet. Die Kunden für E-Paper-Lösungen und Online-Anzeigenbuchungssys-teme reichen über die Zeitungen der Verlagsgrup-pe hinaus. Die Stuttgart Internet Regional betreutdie Websites der angeschlossenen Zeitungen. Fürdas Rubrikengeschäft haben sieben Tageszeitungs-verlage aus Baden-Württemberg zudem zwei Ge-meinschaftsunternehmen gegründet. Die BW PoolKG stellt die Printanzeigen von allen beteiligtenZeitungen aus den Rubriken Stellen, KFZ, Immobi-lien und Bekanntschaften zur Einbindung in die je-weiligen Zeitungs-Onlineauftritte seit Dezember2002 im Netz bereit. Wikibuy ist seit November2005 ein reines Online-Regionalportal für Kleinan-zeigen, Basiseinträge sind hier teilweise kostenlos.

Im Südwesten sind die Zeitungen als Beziehereines gemeinsamen Zeitungsmantels zudem imPartnerverbund Südwestpresse organisiert. Untersuedwest-aktiv.de steht ihnen ein gemeinsames leis-tungsfähiges Portal zur Verfügung, das in die ein-zelnen Verbreitungsgebiete verzweigt.

Seit wenigen Monaten gehört auch der Süddeut-sche Verlag mehrheitlich zur SWMH. Ihr Zeitungs-portal sueddeutsche.de betreut die gleichnamigeOnlinetochter. Sueddeutsche.de findet sich im Ran-king der IVW-Page-Impressions vom Januar 2008auf Platz 31 aller registrierten Seiten. Der Verlagder Süddeutschen Zeitung hat in den letzten Jah-ren sein Augenmerk sehr erfolgreich eher auf Ne-

bengeschäfte durch Buch-, Musik- und Video-Edi-tionen gelegt denn auf Onlinegeschäfte. Daherwurden in den letzten Jahren keine Onlinetöchtergegründet. Eine Beteiligung im Bereich eLearningund Weiterbildung wird über den Verlag der Fran-kenpost gehalten. Das junge Portal jetzt.de wirdhingegen weiterhin von der Tochter Magazin Ver-lagsgesellschaft SZ betrieben.

Verlagsgruppe WAZ Im Web 1.0 der Jahrtausendwende war die Verlags-gruppe WAZ nicht allzu erfolgreich. Der Konzerngehört zu den drei Gründern und Eignern der ISAGmbH, die zunehmend reichweitenstärkere Rubri-kenmärkte im Internet betreibt (vgl. ISA GmbH imHoltzbrinck-Schaubild). Darüber hinaus war dieVerlagsgruppe online bis in das letzte Jahr hineineher zurückhaltend. Die Tochter Cityweb heißt in-zwischen WAZ New Media KG und bietet weiter-hin Service Providing und Hosting an. Darüberhinaus ist WAZ New Media aber inzwischen derzentrale interne Berater und Betreuer der deut-schen Tageszeitungen des Konzerns. Das Unterneh-men betreut zudem auch das neue, Ende Oktober2007 gestartete Portal DerWesten.de. Es bindet dienordrhein-westfälischen Tageszeitungen der Grup-pe ein, wird aber von einer Redaktion mit eigen-ständiger Chefredaktion gestaltet. Im Januar 2008platzierte sich dieses Portal noch auf Platz 116 derIVW-erfassten deutschen Webangebote, im März2008 auf Platz 83.

Ippen-GruppeDie verschiedenen Tageszeitungen der Ippen-Grup-pe haben den Onlinebereich bislang eher zurück-haltend als ergänzendes Medium behandelt. Ledig-lich für die Sicherung des Rubrikengeschäftes hatIppen 2003 die ISA GmbH mit gegründet (vgl. Ab-bildung 5 zu Holtzbrinck). Die Onlineaktivitäten fin-den ansonsten an den unterschiedlichen Standor-ten dezentral statt. In München besorgt die eigen-ständige Tochter Munich Online GmbH die On-lineauftritte der Gruppe. Dies sind insbesonderemerkur-online.de, tz-online.de und das Szene-Maga-zin munich-online.de. Sie stellt auch Dritten viel-fältige Dienste und Services zur Verfügung, darun-

Durch Zukauf des SüddeutschenVerlags zählt auch

sueddeutsche.de zumKonzern

2007 neues PortalDerWesten.degegründet

Onlineaktivitätenmeist unter dem Dach derPrintmedien

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ter Verzeichnisse und Shops. An allen anderen Zei-tungsstandorten der Ippen-Gruppe finden die On-lineaktivitäten weiterhin unter dem Dach des ört-lichen Pressehauses statt.

FAZ VerlagsgruppeDie Aktivitäten bei der FAZ Verlagsgruppe sind weit-gehend auf das Zeitungsportal faz.net begrenzt. Eswird seit 2001 durch die Tochter F.A.Z. ElectronicMedia GmbH gestaltet und belegt im IVW-Rankingder Januar-Zahlen 2008 Platz 43 aller erfasstenWebsites. Damit konnte die noch 2007 bestehendeReichweitenführerschaft unter den Onlineangebo-ten der Tageszeitungen nicht aufrecht erhalten wer-den. Im Herbst 2006 wurde zudem die Stellenbörsefazjob.net geschaffen, um die Onlineumsätze beiden Stellenanzeigen zu steigern.

Fazit Die Printverlage machen vermehrt wieder onlinemobil. Ihre Strategien unterscheiden sich hierbeideutlich. Die Bestandsaufnahme der Online-Ge-schäftsfelder der Pressewirtschaft hat gezeigt, dassein erheblicher Teil des Onlineengagements man-cher Verlage Aktivitäten betrifft, bei denen es nichtoder nicht in erster Linie um publizistische Inhaltegeht. Beispiele hierfür sind Investitionen im Games-Markt, in Communitys, E-Commerce, Technologienoder Start-Ups. Einige dieser Aktivitäten könnenmittelbar als Elemente der Leser-Blatt-Bindung oderals Leserservice auf die publizistischen Produktebezogen werden. Andere Aktivitäten führen aberzweifelsfrei in völlig von der Publizistik getrennteGeschäftsfelder. Sofern Onlineangebote den direk-ten Verkauf oder die Vermittlung von Waren oderDienstleistungen einschließen, ist die publizistischeGlaubwürdigkeit tangiert. Hier gilt es, die redaktio-nelle Unabhängigkeit durch klare Trennungen si-cherzustellen, wie dies auch der Presserat für denOnlinejournalismus anstrebt. Verlage haben bishernur vereinzelt bindende Verhaltensregeln für ihregedruckten Periodika öffentlich vorgelegt. (14)

Den Aufbau eigenständiger Onlinemarken betrei-ben nur einzelne Verlagskonzerne. Erst die Zukunftwird zeigen, ob sich im Wettstreit um die reichwei-tenstärksten Themenportale Printmarken oder neueOnlinemarken durchsetzen werden. Bei den Web-sites mit publizistischen Inhalten sind die Verlagedauerhaft recht erfolgreich. Die Statistik der IVW-gemeldeten Websites zeigt in der Kategorie „redak-tioneller Content“ seit vielen Monaten recht stabilunter den zwanzig nach Page Impressions führen-den Websites neun Printmarken (vgl. Tabelle 1).

Noch ist das Wachstum des Internets insgesamtungebrochen. Die Menge der Webangebote und diedokumentierten Zugriffszahlen steigen monatlich.590 IVW-kontrollierte Onlineangebote verzeichne-ten im März 2008 insgesamt 2,56 Milliarden Visitsund 32,44 Milliarden Page Impressions. (15) Dochlängst nicht jede Onlinenutzung bedeutet die Zu-wendung zu publizistischen Angeboten. Und selbstweit gefasst, unter Einschluss des Film- und Musik-konsums, sind diese Nutzungsarten online nichtdominierend. Daher ist es irreführend, die gesamte

Internetnutzung als Mediennutzung zusammenzu-fassen und diese Zeitdauer der Nutzungsdauer vonMedien gegenüberzustellen.

Dies lässt sich mit Zahlen belegen. Seit dem Herbst2004 erfasst die IVW die Seitennutzung in einerBinnendifferenzierung aus sieben Hauptkategorienund 50 Unterkategorien. Die prozentuale Auftei-lung auf die Hauptkategorien zeigt Tabelle 2: Nurjede vierte aufgerufene Seite enthält heute nochüberwiegend redaktionelle Inhalte, vor zwei Jahrenwar es noch jede zweite. Inzwischen sind 51 Prozentaller Page Impressions Zugriffe auf user-generatedContent. Auch die Betrachtung der absoluten Zah-

Zeitungsportalfaz.net

Bestandsaufnahmeder Onlineaktivitäten

zeigt zahlreiche En-gagements in publizi-stikfernen Bereichen

Werden sich Print-oder Onlinemarken

durchsetzen?

Bei Onlinenutzungsinkt Anteil redaktio-neller Inhalte

1 Rangfolge von Internetangeboten in der Kategorieredaktioneller Content im Januar 2008

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Page Rang Angebot Impressions

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1 T-Online Contentangebot 837 680 9482 Bild.de 542 866 6773 Spiegel online 491 259 8974 yahoo 361 694 3475 MSN 343 864 7896 RTL.de 307 460 1177 AOL 236 074 3098 Chip Online 187 539 9839 Sport1 169 603 548

10 stern.de 132 298 32011 OnVista 129 628 83512 n-tv online 127 506 16413 Focus online 124 000 83314 Welt online 115 991 69015 Ladies.de 108 365 99216 Wetter Online 97 657 93717 sueddeutsche.de 90 469 45518 kicker online 88 265 49619 heise online 84 973 30820 ProSieben Online 84 244 937

Quelle: Eigene Berechnungen nach IVW.

2 IVW-Online-Nutzungsdaten 2006 bis 2008jeweils Januar1)

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Anteile in % Page Impressions2006 2007 2008 2008

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user-generated Content n.e. n.e. 51,0 15 700 483 512redaktioneller Content 50,7 47,7 24,1 7 408 148 915E-Commerce 18,2 16,8 10,8 3 314 462 074Kommunikation 16,6 20,7 6,8 2 085 290 987Suche/Verzeichnis 8,4 9,6 4,5 1 396 917 020Spiele 4,8 4,5 2,2 689 403 855Diverses 0,4 0,2 0,1 44 820 439nicht zugeordnet 0,9 0,5 0,4 128 071 592

Gesamt 100,0 100,0 100,0 30 767 598 394. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1) Januar 2008: 537 Onlineangebote, 30 767 598 394 Page Impressions, 2 429 621 841 Visits.

Januar 2007: 471 Onlineangebote, 14 853 178 797 Page Impressions, 1 794 051 248 Visits.Januar 2006: 406 Onlineangebote, 10 959 276 952 Page Impressions, 1 415 184 671 Visits.

Quelle: Eigene Berechnungen nach IVW.

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x246media perspektiven 5/2008Andreas Vogel

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len ist für professionelle publizistische Angebotenicht nur ermutigend (vgl. Tabelle 3). Beim redak-tionellen Content sind Zugriffe auf Nachrichten-sites, aber auch auf Entertainment- und Lifestyle-sites im Jahresvergleich trotz zunehmender Ange-bote rückläufig. Die Themen Sport, Wirtschaft/Fi-nanzen und Consumer Electronic haben hingegenweiterhin zweistellige Wachstumsraten.

Die meisten heute neuen Seiten füllen zurzeitdie Nutzer selber: Unter dem Begriff „Social Net-working“ summiert sich inzwischen alles, was dem Mitteilungsdrang der Online-Communitys ent-spricht: Chats, Blogs, Boards, Foren. Und aktuellwerden Tipps und Mitteilungen von Nutzern fürNutzer im Netz zunehmend eingebunden undführen zu neuen modischen Labels für Online-angebote: Social Platforms, Social Bookmarking,Social News, Social Shopping sind heute hochbe-wertete Rezepte. Etliches Onlinehandeln ist keineMediennutzung, und häufig sind die führenden An-bieter dieser Dienste bisher gar nicht IVW-erfasst.Weitere solche eher medienfernen Aktivitäten sindOnlineshopping, Onlinegaming, Flirtlines, Down-loads von Software, Musik und Klingeltönen, indi-viduelle E-Mails, Telebanking – die Liste ließe sichfortsetzen.

Es sind solche Aktivitäten, welche die Hitlisten derOnlinenutzung anführen. Sie bringen Nutzerzah-len, Nutzungszeiten und in deren Folge bei dauer-haftem Erfolg auch Umsatz. Einige Verlagshäu-ser haben bereits angekündigt, zukünftig mehr als

20 Prozent ihres Gesamtumsatzes im Onlinebe-reich erlösen zu wollen. Bei den heute erreichtenGesamtumsatzgrößen dieser Konzerne fällt diePrognose nicht schwer: Sie werden dieses Ziel nurdurch die erhebliche Ausweitung eher medienfer-ner Angebote und Dienste erreichen, in denen pu-blizistische Inhalte keine Rolle spielen.

Anmerkungen:

1) International Federation of the Periodical Press.2) Vgl. den Beitrag „Bitkom-Zahlen und ihre Relevanz“ im Media-

brief Juli 2007 von Sinnerschrader, http://www.mediabrief.de/2007/07.

3) Vgl. Das Medienhaus der Zukunft – Print-Online Effizienz, Online-Erträge und Crossmedia. Hrsg. v. VDZ und BCG. Berlin 2003, S. 30.

4) Vgl. die Studie von VDZ und KPMG: Das Geschäftsfeld Internetfür Verlage. Berlin 2007.

5) Vgl. epd-Medien 63/2007 zur Telefonkonferenz des Springer-Vorstandsvorsitzenden Matthias Döpfner über die Halbjahres-ergebnisse 2007 am 8. 8. 2007.

6) Pressemitteilung der Axel Springer AG v. 12. 3. 20087) Vgl. Vogel, Andreas: Onlinestrategien der Pressewirtschaft.

Bestandsaufnahme des Onlineengagements der großen Zeitungs-und Zeitschriftenverlage. In: Media Perspektiven 12/2001, S. 590–601.

8) Burda Review. Jahrbuch 2007. Editorial, S. 3.9) Geschäftsbericht der Axel Springer AG 2007, S. 16.

10) Vgl. ebd., S. 28.11) Vgl. Axel Springer forciert Digital- und Auslandsgeschäft.

In: Hamburger Abendblatt v. 13. 3. 2008.12) Geschäftsbericht 2007, Editorial Heinz Bauer.13) Vgl. Interview mit Holtzbrinck-Finanzchef Jochen Gutbrod.

In: Welt am Sonntag v. 27. 1. 2007.14) Axel Springer AG: Leitlinien zur Sicherung der journalistischen

Unabhängigkeit (2003); WAZ-Mediengruppe: Verhaltenskodex(2007).

15) Daten von www.ivw.de.

Verlage werden On-lineumsätze nur

durch Ausweitungmedienferner Ange-

bote steigern können

3 Onlinenutzung von redaktionellem Content 2006 bis 2008 (nur stärkste Kategorien ausgewiesen)jeweils Januar

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VeränderungPage Impressions 07/082006 2007 2008 in %

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redakt. Content (hauptsächlich:)Homepage 1 395 034 218 1 545 915 376 1 878 545 905 21,5Entertainment und Lifestyle 1 293 935 378 1 846 618 349 1 607 198 336 –13,0Nachrichten 710 586 432 1 039 639 218 925 328 442 –11,0Consumer Electronic 517 015 413 596 392 610 716 474 450 20,1Sport 314 040 614 464 057 008 637 946 802 37,5Wirtschaft/Finanzen 433 453 937 455 302 990 570 268 387 25,3

user-generatet Content (hauptsächlich:)Social Networking 1) 1) 13 434 506 526 1)Homepage n.e. n.e. 716 512 814 n.e.

E-Commerce (hauptsächlich:)Rubrikenmärkte 1 634 852 375 1 995 148 465 2 819 456 307 41,3Onlineshops 183 288 030 251 159 181 263 580 893 4,9

Kommunikation (hauptsächlich:)E-Mail, SMS, E-Cards 902 682 516 1 163 869 489 1 075 620 988 –7,6Chat 756 257 146 1 317 859 532 421 687 561 1)Messenger 93 654 120 338 189 328 367 572 020 8,7

Suche/Verzeichnisse (hauptsächlich:)Verzeichnisse, Auskunftsdienste 355 489 592 575 572 487 848 923 911 47,5Suchmaschinen 383 628 389 608 518 961 383 952 838 –36,9

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Quelle: Eigene Berechnungen nach IVW.

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