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U. van Suntum VWL III Foliensatz 4. 1 4. Geldschöpfung und Geldpolitik Zahlungsmittel Wertaufbewahrungsmittel Recheneinheit 3 Geldfunktionen: 4 wichtige Geldeigenschaften: Allgemeine (meist gesetzliches) Anerkennung Wertbeständig (früher stofflich, heute hinsichtlich Kaufkraft) Im Prinzip unbegrenzt vermehrbar, jedoch knapp gehalten Beliebige Teilbarkeit

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4. Geldschöpfung und Geldpolitik

• Zahlungsmittel

• Wertaufbewahrungsmittel

• Recheneinheit

3 Geldfunktionen:

4 wichtige Geldeigenschaften:

• Allgemeine (meist gesetzliches) Anerkennung

• Wertbeständig (früher stofflich, heute hinsichtlich Kaufkraft)

• Im Prinzip unbegrenzt vermehrbar, jedoch knapp gehalten

• Beliebige Teilbarkeit

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• Erste Zahlungsmittel: Kleinvieh, Steingeld

(Japan), Speerspitzen (China, Afrika), Salz,

Muscheln

• Erfindung der Münzen durch Krösus, (König

der Lyder, im 7. Jhd. vor Christus)

• Rom: Ausgeprägtes Münzwesen (hergestellt u.a.

im römischen Tempel „Moneta“)

• Zuvor u.a. Kleinvieh („pecua“) als Tauschmittel

=> „pecunia“ Geld

• Erfindung des Papiergeldes in China, in Europa

erst im 18. Jahrhundert

Historische Entwicklung des Geldes

Pfeilspitzen aus Flintstein, 3 Jahrtsd. v. Chr.

Kaurimuschel, vor 4000 Jahren in ganz Ostasien verbreitet

Hacksilber in verschiedenen Formen

Antike römische Silbermünze

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• Griechen: Gold- und Silbermünzen, auch Kupfer• Mittelalter: Silbermünzen („Joachimsthaler“) => Dollar• 17. Jhd.: Zettelbanken • Zollverein 1834: im Norden Taler, im Süden Gulden• 1871: Reichsmark, Notenmonopol• 1923: Inflation => Rentenmark • 1949: (nach neuerlicher Inflation) Deutsche Mark • 1991: Vertrag von Maastricht• 2002: Vollendung der Währungsunion, Euro

Reichsbanknote zu 1 Billion Mark 1923

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Kennzeichen moderner Geldsysteme

• Staatliches Geldmonopol (EZB),

unabhängig, Verpflichtung auf Preisniveaustabilität,

• Zweistufiges Mischgeldsystem,

(Zentralbank schafft Geldbasis darauf folgt Geldschöpfung der Geschäftsbanken)

• Buchgeld (Giro- und Sparkonten, Geldmarktpapiere etc.),

bedeutsamer als Bargeld (Münzen und Scheine)

• Verschiedene Geldmengenabgrenzungen (M1, M2 M3...),

Auswahl abhängig von Fragestellung und Empirie

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Komponenten der Geldmenge im Euroraum(Mrd. Euro, Juli 2003)Bargeldumlauf 361,5 M1täglich fällige Einlagen 2122,3 41%Einlagen mit vereinbarterLaufzeit von bis zu 2 Jahren 1063,6 sonstige kurzfristigeEinlagen mit vereinbarter Einlagen M2Kündigungsfrist bis zu 3 Monaten 1555,7 85%Repogeschäfte 219,9Geldmarktfondsanteile undGeldmarktpapiere 584,9 marktfähige FinanzinstrumenteSchuldverschreibungen bis M3zu 2 Jahren 89,8 100%Summe Geldmenge M3 5997,7

Quelle: EZB Monatsbericht Oktober 2003

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Geldpolitische Instrumente

• Zinspolitik: Pensionnahme bzw. Ankauf von (kurzlaufenden) Wertpapieren (Wechsel, festverzinsliche Wertpapiere, Bankschuldverschreibungen) => Steuerung über Mengenrestriktionen oder Leitzinsen

• Offenmarktpolitik:

An- bzw. Verkauf von (langlaufenden) Wertpapieren am Kapitalmarkt

• Devisenpolitik:

(An- und Verkauf von Devisen)

• Mindestreservepolitik: (Veränderung des Geldschöpfungsspielraums der Geschäftsbanken)

• Direkte Staatskredite, Ausschüttung von Zentralbankgewinnen

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• Diskontsatz: Zinssatz für Ankauf von Wechseln

• Lombardsatz:

Zinssatz für Pfandnahme festverzinslicher Wertpapiere

• Tendersatz:

Erlangung kurzfristiger flüssiger Mittel durch Kreditinstitute unter Verpfändung von Wechseln oder Kreditforderungen an Wirtschaftsunternehmen

• Tagesgeldsatz:

Interbankenzins für täglich fällige Gelder

Zinspolitisches Instrumentarium der früheren Bundesbank:

Quelle: EZB, Monatsbericht 10/2003

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Zinspolitisches Instrumentarium der EZB:

Quelle: Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 2006

Notenbankzinsen und Tagesgeldsatz

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Internationale Zinssätze:

Ausgewählte Bankzinsen

Quelle: EZB, Monatsbericht 10/2003 Quelle: Bundesbank, Geschäftsbericht 2002

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Steuerungsziele der Geldpolitik

• Reine Zinspolitik:

vor allem beim Ziel der Konjunktursteuerung (Großbritannien)

• Geldmengenpolitik: beim Vorrang der Preisniveaustabilität (Deutsche Bundesbank)

• Direkte Inflationssteuerung: Vorrang der Preisniveaustabilität

• EZB „Zwei-Säulen-Strategie“: Geldmengensteuerung (M3) + Beobachtung und Prognose der Inflationsentwicklung

• Theoretische Basis des Geldmengenzieles: Quantitätsgleichung M = Yreal P/v

+ -=

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Umlaufgeschwindigkeit der Geldmenge M3 im Euro-Währungsgebiet (1980 – 2000)

Quelle: EZB

ln [BIPnom/M3]

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M3 Wachstum und der Referenzwert

Quelle: EZB, Monatsbericht 10/2003

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Zentralbankbilanz und Geldsteuerung(stark vereinfacht)

Aktiva Passiva

• Kreditforderungen gegen Banken• dito gegen Staat• Wertpapiere• Währungsreserven• Sonstige

• Bargeldumlauf B• Mindestreserven MR• Überschußreserven ÜR

Geldbasis GB Geldbasis GB (auch: monetäre Basis MB)

Ynom = vM M = vM m GB

R

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U. van Suntum VWL III WS 2008/09 Foliensatz 4. 14

Zentralbankbilanz und Geldsteuerung(stark vereinfacht)

Probleme:

• vM nicht konstant (abhängig von i und dp/p)

• m nicht konstant (abh. von Bargeldquote b = B/M und Reservehaltung)

• Bankreserven R (auch: „Zentralbankgeld“ ZG) setzen sich zusammen aus MR und Überschußreserven ÜR (letztere im folgenden gleich Null angenommen)

• GB nur begrenzt steuerbar (Einlagenhöhe variiert, somit auch MR)

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Geldschöpfung der GeschäftsbankenB = Bargeld (200) , E = Einlagen (Buchgeld), R = Mindestreserven, r = R/E

Haushalte undUnternehmen

Geschäfts-banken.

Zentralbank

b = 20%1-b = 80% r = 25%

1 – r = 75%

...

... ...

B E R

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Ergebnis des Geldschöpfungsprozesses:

• Die Geldbasis beträgt GB =

davon Bargeld B und (Mindest)Reserven R (ÜR = 0).

• Die Geldmenge M beträgt am Ende M = B + E =

• D.h. die Geldbasis ist durch zusätzliche Geldschöpfung der Geschäftsbanken in Höhe

von ergänzt worden.

• Der Geldschöpfungsmultiplikator beträgt hier:

• Geldschöpfungsfähigkeit der Geschäftsbanken:

steigt mit abnehmender Bargeldquote b und mit abnehmendem Reservesatz r

(Ableitung siehe unten)

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Ableitung Geldschöpfungsmultiplikator:

B = bM (Bargeld)

E = (1 – b) M (Buchgeld)

M = B + E (Geldmenge)

R = rE (Bankreserven)

GB = B + R (Geldbasis)

M = mGB (Def. Multiplikator)

Gesucht ist Multiplikator m

Symbole:

B = Bargeld

b = Bargeldquote

M = Geldmenge

E = Einlagen

R = (Mindest-)Reserven

(Überschußreserven = 0)

r = Reservesatz

GB = Geldbasis

m = Geldschöpfungs-

multiplikator

Im Beispiel oben: m =

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Geldschöpfungsmultiplikator mit 2 Einlagekategorien:ES = d E = Spareinlagen, ET = (1 – d)E = Termineinlagen

B = bM (Bargeld)

M = B + E (Geldmenge)

E = (1 – b) M = ES + ET = d E + (1-d) E (Einlagen)

R = RS + RT = rS ES + rT ET (Bankreserven)

= rS d E + rT (1-d) E

= rS d (1-b) M + rT (1-d) (1-b) M

M = mGB (Def. Multiplikator)

Gesucht ist Multiplikator m

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Schlußfolgerungen

• Die Geldmenge ist nur bedingt steuerbar

• Schon die Zentralbankgeldmenge ZB ist nachfrageabhängig (wegen

Reservehaltung)

• Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken variiert ebenfalls mit der

Nachfrage

• Änderungen im Anlageverhalten des Publikums führen über

unterschiedliche Reservehaltung zu Änderungen des

Geldschöpfungsmultiplikators

• Zudem schwankt Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes konjunkturell,

langfristig sinkt sie

• Über „open-mouth-policy“ kann Zentralbank die Erwartungen und

damit das Verhalten der Geschäftsbanken und des Publikums

beeinflussen