Ueber Chlorophyll aus narkotischen Pflanzen

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Ueber Chlorophyll aus narkotischen Pflanzen ; von Franz Jahn, Medicinal - Assessor und Apotheker in Bleiningen. __. Die Frage: dcomrnt wohl dem Chlorophyll aus narko- tischen Pflanzen ein Theil der narkotischen Wipkung zu oder nichtlu hat mich, nachdem Hr. Dr. Mohr (Ann. der Pharm. Septemberheft von 1839) die griineFarbe der nar- kotischen Extracte als eine blosse Spielerei bezcichnet hat, die nichts fur die Gute der Extracte beweise, lebhaft be- schaftigt; denn wenn auch nach dem Bekanntwerden der narkotischen Pflanzenbasen vorherzusehen war, dass die Wirksamkeit der betreffenden Pflanzen besonders den Alkaloiden zuzuschreiben sei, so konnte doch, vor damit vorgenommenen directen Versuchen, woruber mir nichts bekannt geworden ist, andern in den Pflanzen enthaltenen Bestandtheilen , dem Chlorophyll und Eiweissstoff z. B., eine einigermassen narkotische Wirkung keineswegs mit Gewissheit abgesprochen werden, wenn diese Pflanzen- bestandtheile nach ihren chemischen Eigenschaften in nar- kotischen und nicht narkotischen Pflanzen auch ubrigens keinen merklichen Unterschied gezeigt haben. In der grunen Farbe der nach der Preuss. Pharmakopoe berei- teten derartigen Extracte sieht man doch einigermassen einen Anhaltspunct ftir die Gewissheit der regelrechten Bereitung derselben, und ich habe mich von solcher Ver- muthung zeither irnmer nicht ger" trennen mogen. Was mich darin bestarktc, war der Umstand, dass ich im ver- gangenen Jahre etwas von dem, bei Bereitung des Bella- donna - Extractes nach Abdestillation des Weingeist - Aus- zugs sich ergebenden Chlorophyll -Absatze, in wenig Was- ser geriihrt, einer Katze ins -4uge gestrichen hatte, worauf eine bedeutende Erweiterung der Pupille erfolgte. Es ergab sich hieraus offenbar die narkotische Wirksamkeit dieser Absatze, auch dass dieselben nicht, wie es in vie- len Fallen geschieht, vor Ertheilung einer andern gesetz-

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Ueber Chlorophyll aus narkotischen Pflanzen ; von

Franz Jahn, Medicinal - Assessor und Apotheker in Bleiningen.

__.

Die Frage: dcomrnt wohl dem Chlorophyll aus narko- tischen Pflanzen ein Theil der narkotischen Wipkung zu oder nichtlu hat mich, nachdem Hr. Dr. Mohr (Ann. der Pharm. Septemberheft von 1839) die griineFarbe der nar- kotischen Extracte als eine blosse Spielerei bezcichnet hat, die nichts fur die Gute der Extracte beweise, lebhaft be- schaftigt; denn wenn auch nach dem Bekanntwerden der narkotischen Pflanzenbasen vorherzusehen war, dass die Wirksamkeit der betreffenden Pflanzen besonders den Alkaloiden zuzuschreiben sei, so konnte doch, vor damit vorgenommenen directen Versuchen, woruber mir nichts bekannt geworden ist, andern in den Pflanzen enthaltenen Bestandtheilen , dem Chlorophyll und Eiweissstoff z. B., eine einigermassen narkotische Wirkung keineswegs mit Gewissheit abgesprochen werden, wenn diese Pflanzen- bestandtheile nach ihren chemischen Eigenschaften in nar- kotischen und nicht narkotischen Pflanzen auch ubrigens keinen merklichen Unterschied gezeigt haben. In der grunen Farbe der nach der Preuss. Pharmakopoe berei- teten derartigen Extracte sieht man doch einigermassen einen Anhaltspunct ftir die Gewissheit der regelrechten Bereitung derselben, und ich habe mich von solcher Ver- muthung zeither irnmer nicht ger" trennen mogen. Was mich darin bestarktc, war der Umstand, dass ich im ver- gangenen Jahre etwas von dem, bei Bereitung des Bella- donna - Extractes nach Abdestillation des Weingeist - Aus- zugs sich ergebenden Chlorophyll -Absatze, in wenig Was- ser geriihrt, einer Katze ins -4uge gestrichen hatte, worauf eine bedeutende Erweiterung der Pupille erfolgte. Es ergab sich hieraus offenbar die narkotische Wirksamkeit dieser Absatze, auch dass dieselben nicht, wie es in vie- len Fallen geschieht, vor Ertheilung einer andern gesetz-

6 Jahn,

lichen Vorschrift zur Bereitung dieser Extracte, als ganz- lich nutzlos verworfen werden durfen.

Zur genauern Ermittelung des Sachverhaltnisses musste man indess mit cinem moglichst reinen Blattgriin arbciten. Es bot sich hierzu zunachst Bilsenkraut - Chlorophyll bei Bereitung dieses Extractes dar. Dieses sammelte ich, oh- gleich cs mir wegen Verringerung der schonen grunen Farbe des Extractes leid that, dem letzteren dasselbe zu rauben, wusch es erst mit Wasser, da aber das Chloro- phyll vermoge seiner harzigen Natur die wirksamern son- stigen Bestandtheile so urnhiillen mochte, dass das Wasser keine Einwirkung darauf zu uben im Stande war, so loste ich es in alkoholisirtem Weingeist, filtrirte und vermischte das Filtrat mit einer ziemlichen Menge von Wasser, wo- durch eine stark weissgriin getriibte Fliissigkeit entstand, aus welcher sich aher erst nach mehreren Tagen nach und nach ein Absatz des Pflanzenharzes zu bilden anfing. Ein Versuch, durchs Filtriren die Aheit zu beschleunigen, schlug wegen schwierigen Durchlaufcns der allzustark ge- triibtOn Fliissiskeit fehl. Man musste deshalb warten, bis das meiste Chlorophyll freiwillig sich abgesetzt hatte, wor- uber wieder mehrere Tage vergingen und man kam als- dann dahin, dass man die Flussigkeit vom Bodensatz ab- giessen und dieses mit dem Rest der Flussigkeit auf ein Filter bringen und hier noch die letzten Wasserantheile ablaufen lassen konnte. Den trocknen, dabei zerreiblich gewordenen Filterinhalt brachte man in einer Reibschale mit Mandelol zusammen. Theilweise loste er sich mit gruncr Farbe auf, theilweise blieb ein graugrunes Pulver zuruck, jedcnfalls in verandertem Chlorophyll bestehend, herbeigefuhrt durch Beruhrung desselben mit Luft und Wasser in den damit vorgenommenen Versuchen zur Rei- nigung. Ohne diesen Theil zu trennen, wurde die im Gan- zcn in wenisen Tropfcn bestehcnde Oelmischung in das Auge eines Ilundcs gestrichen, es erfolgte aber keine merIc- liche Vet-grosseruny der Pupille und ich sclbst habe den Versuch an mir wiederholt, ohno irgend etwas, als eine Reizung des Auges clurch das Oel, welche dieses, auch

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ohne raneig zu sein, an sich selbst verursacht, zu ern- pfinden.

Es war nun aber zu befiirchten, dass die friiher an dem weniger reinen Chlorophyll beobachtete narkotische Wirkung durch die zu seiner Reinigung vorgenommene Iangere Procedur vernichtet worden sei, da bekanntlich die meisten Pflanzensubstanzen in Beriihrung mit Wasser so leicht veranderlich sind. Ich sammelte also vor Kur- zem aufs Neue eine ziemliche Blenge von Chlorophyll aus Belladonna, loste dasselbe in der moglichst kleinen Menge von Weingeist, fallte dasselbe aus dieser Auflosung wieder durch eine miiglichst kleine Menge von Wasser (ungefahr das 4fache Volumen), brachte aber die stark griin gefarbte triibe Fliissigkeit sogleich aufs Filter, wobei jedenfalls we- Sen der verhaltnissmassig gegen das Wasscr in grosserer Menge vorhandenen Quantitat von Weingeist eine grossere Beweglichkeit der Flussigkeit erzielt worden war, so dass sie jetzt ungleich schneller d u d s Filter lief. Das auf demselben zuriickgebliebene Chlorophyll wurde etwas ab- getrocknet, mit heissem Wasscr wieder iibergossen, wo- durch es sich erweichte, so dass es damit geknetet und alle Theile desselben mit Wasser in Beriihrung kommen konnten, welche Arbeit noch einigemal zu seiner ganz- lichen Erschopfung wiederholt tvurde.

Es hatte nach diesem noch guten Zusammenhang und besass eine dunkelgriine Farbc, loste sich auch in grosse- rer Vollkommenheit in Weingcist wieder auf, aber auch an dieser mit Wasser vermischtcn Auflosung konnte ieh an mir selbst nur eine durch das Pflanzenharz und den Weingeiat vermehrte Reizung des huges, keineswegs eine Vergrosserung der Pzrpille und jenes Doppelsehen bemer- ken, wie ich es einst bei Versuchen mit Belladonnabeeren an einern Auszug derselben, als mir zufallig etwas von der in gewisser Weise concentrirtcn Fliissigkeit ins Auge kam, zu meinem Leidwcsen kennen zu lernen und einen ganzen Tag lang zu empfinden Gclcgenheit hatte.

Nach solchen Erfahrungen stimme ich der Meinung des Hm. Dr., Mohr vollkommen bei, dass dns Chlorophyll

8 Meurer,

uls unniitaer Bestandtheil in narkotischen Eztracteu zu be- trachten sei. Sein Vcrfahren zur Darstellung dieser Arz- neiformen kann nur gelobt werden, es ist hei aller Zweck- massigkeit einfach und die Priifung der nach ihm darzu- stellenden Extractc auf richtige Bmdungsweise wird durch Weingeist von einer bestimmten Starke zu bewerkstelligen sein, in welchcm sich das Extract ohnc bedeutenden Riick- stand losen muss.

Extracts pneumatica ; v on

Dr. Meurer.

Extracta pneumatica auch Extracta frigide parata, Extracta lege artis parata, nennen einige Aerzte und Apo- theker die mit Hiilfe der Luftpumpc ihres Wassers be- raubten und zur Consistenz einer Pillenmasse gebrachtcn, ausgepressten Safte narkotischer Pflanzen.

Diese Extracte unterscheiden sich im Aeussern von den nach der siichsischen und preussischen Pharmakopoe bereiteten namentlich durch die schone griine Farbe und durch den kriiftigen Geruch des Krautes, aus dem sie be- rcitet sind, welcher aber doch nur bei dem Ex&. conii mactclati als dem Schierling eigenthumlich, nicht den nar- kotisclien Krautern im Allgemeinen angehorend, hervortritt.

Die schone griine Farbe und der narkotische Geruch sind es nun, weshalb man glaubt in diesen Praparaten etwas gefunden zu haben, worin die wirksamen Kraftc der Pflanzen im vollsten Maasso enthalten, und crhalten werden. Andere Beweise hat man fur die Wirksamkeit dersclben nicht, denn es sind keine Versuchc an Thieren, ttn gesunclcn hlenschcn oder auf den Gehalt an Alkaloiden angestell t worden.

Urn nun uber dcn wahren Werth dieser Extracte zu entscheidcn und ihre Wirksamkeit mit der nach der Landes- Pharmakopiie hereiteten zu vergleichen, ist es wohl am