Über das Nitrosamin

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1108 Schwarx, Giese: Uber das Nitrosamin. [Jahrg. 67 Nun konnte man mit Hahn und Wassmuth annehmen, daS auf ihrem Wege wenigstens die Phenyl-athylamine am besten darzustellen waren, fur deren Gewinnung uns die Natur schon geeignete Allyl-Verbindungen liefert. Der bei weitem giinstigste Fall in dieser Beziehung ware die Synthese des Homo-piperonylamins aus Safrol. Dieses wurde aus Piperonal auf unserem Wege schon dargestellt4). H a h n und Wassmuth kamen erst nach 5 Umsetzungen (darunter 2 katalytischen Hydrierungen und einer Ozoni- sation) dorthin, wo wir schon nach 2 Stufen waren. Legt man die Katalog- Preise der wichtigsten Chemikalien zugrunde, so zeigt aul3erdem eine kleine 't'berschlags-Rechnung, daS wir sogar Homo-piperonylamin nach unserem Verfahren noch billiger herstellen konnen. Fur [3.4-Dimethoxy-phenyl]- athylamin fallt naturlich der Vergleich der beiden fraglichen Methoden noch vie1 ungiinstiger fur die Synthese von Hahn und Wassmuth aus. Bei dieser Sachlage ist es uns unverstandlich, wie H a h n und Wassmuth zu dem oben angefiihrten Urteil iiber unseren Weg im Vergleich mit dem ihrigen kommen konnten. Da die Darstellung der Phenyl-athylamine das Eingangs-Tor fur die Synthese der sehr grol3en Schar von Isochinoh-Al- kaloiden darstellt, erscheint es uns wichtig, mit aller Klarheit auszusprechen, daS die elektrolytische Reduktion der leicht herstellbaren a-Nitro-styrole dem von Hahn und Wassmuth aufgezeigten, chernisch sehr interessanten Wege, ebenso wie vielen anderen, weit iiberlegen ist. Wir bedauern, da13 wir durch die Ablehnung einer gemeinsamen Richtig- stellung seitens des Hrn. Kollegen H a h n zu dieser Feststellung unsererseits nunmehr gezwungen sind. 212. Robert Schwarz und Hermann Giese: Ober das Nitrosamin. [Aus d. Anorgan. Abteil. d. Chem. Instituts d. Universitat Frankfurt a. M.] (Eingegangen am 11. Mai 1934.) Im Verlauf von Untersuchungen, die wir iiber das freie Ammonium- Radikal anstellten, versuchten wir, im AnschluS an die von Joanisl) beschriebene und von Z i n t l uncl Harder2) kiirzlich untersuchte Darstellung von Nitrosylnatrium, das Ammonium in fliissigem Ammoniak mit Stick- oxyd zu einem analogen Nitrosylammonium umzusetzen. 1st die Schlubachsche Ammonium-Losung3) in fliissigem Ammoniak wirklich den Alkali-Ammoniak-Losungen vergleichbar, so waren auch gleichartige chemische Reaktionen zu erwarten. Dies ist jedoch nicht eigentlich der Fall. Die Losung reagiert nicht mit Stickoxyd, ein dem NaNO entsprechender Niederschlag fallt nicht aus, anch bleibt nach anschlieflendem vorsichtigem Abdestillieren des Ammoniaks kein Riickstand, sondern es tritt Wasserstoff- Entwicklung ein. 4) K. H. Slotta u. G. Haberland, Angew. Chem. 46, 766 [I9331 l) Joanis, Compt. rend. Acad. Sciences 118, 713 [1894]. z, Zintl u. Harder, B. 66, '760 [1933]. 3, Schlubach u. Ballauf, B. 54, 2825 [1921], 57, 1684 [Igq].

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1108 Schwarx, G i e s e : Uber das Nitrosamin. [Jahrg. 67

Nun konnte man mit H a h n und Wassmuth annehmen, daS auf ihrem Wege wenigstens die Phenyl-athylamine am besten darzustellen waren, fur deren Gewinnung uns die Natur schon geeignete Allyl-Verbindungen liefert. Der bei weitem giinstigste Fall in dieser Beziehung ware die Syn these des Homo-piperonylamins a u s Safrol. Dieses wurde aus Piperonal auf unserem Wege schon dargestellt4). H a h n und Wassmuth kamen erst nach 5 Umsetzungen (darunter 2 katalytischen Hydrierungen und einer Ozoni- sation) dorthin, wo wir schon nach 2 Stufen waren. Legt man die Katalog- Preise der wichtigsten Chemikalien zugrunde, so zeigt aul3erdem eine kleine 't'berschlags-Rechnung, daS wir sogar Homo-piperonylamin nach unserem Verfahren noch billiger herstellen konnen. Fur [3.4-Dimethoxy-phenyl]- athylamin fallt naturlich der Vergleich der beiden fraglichen Methoden noch vie1 ungiinstiger fur die Synthese von H a h n und Wassmuth aus.

Bei dieser Sachlage ist es uns unverstandlich, wie H a h n und Wassmuth zu dem oben angefiihrten Urteil iiber unseren Weg im Vergleich mit dem ihrigen kommen konnten. Da die Darstellung der Phenyl-athylamine das Eingangs-Tor fur die Synthese der sehr grol3en Schar von Isochinoh-Al- kaloiden darstellt, erscheint es uns wichtig, mit aller Klarheit auszusprechen, daS d ie e lek t ro ly t i sche Reduk t ion d e r le ich t hers te l lbaren a - N i t r o - s t y r o l e dem von H a h n und Wassmuth aufgeze ig ten , chernisch seh r i n t e re s san ten Wege, ebenso wie vielen anderen , wei t iiberlegen i s t .

Wir bedauern, da13 wir durch die Ablehnung einer gemeinsamen Richtig- stellung seitens des Hrn. Kollegen H a h n zu dieser Feststellung unsererseits nunmehr gezwungen sind.

212. R o b e r t Schwarz und H e r m a n n G i e s e : Ober das Nitrosamin.

[Aus d . Anorgan. Abteil. d . Chem. Instituts d. Universitat Frankfurt a . M.] (Eingegangen am 11. Mai 1934.)

Im Verlauf von Untersuchungen, die wir iiber das f re ie Ammonium- Rad ika l anstellten, versuchten wir, im AnschluS an die von Joanis l ) beschriebene und von Z in t l uncl Harde r2 ) kiirzlich untersuchte Darstellung von Nitrosylnatrium, das Ammonium in fliissigem Ammoniak mit S t i ck - oxyd zu einem analogen Ni t rosy lammonium umzusetzen. 1st die Schlubachsche Ammonium-Losung3) in fliissigem Ammoniak wirklich den Alkali-Ammoniak-Losungen vergleichbar, so waren auch gleichartige chemische Reaktionen zu erwarten. Dies ist jedoch nicht eigentlich der Fall. Die Losung reagiert nicht mit Stickoxyd, ein dem NaNO entsprechender Niederschlag fallt nicht aus, anch bleibt nach anschlieflendem vorsichtigem Abdestillieren des Ammoniaks kein Riickstand, sondern es tritt Wasserstoff- Entwicklung ein.

4) K. H. S l o t t a u. G. H a b e r l a n d , Angew. Chem. 46, 766 [I9331 l) Joan i s , Compt. rend. Acad. Sciences 118, 713 [1894]. z, Z i n t l u. H a r d e r , B. 66, '760 [1933]. 3, S c h l u b a c h u. B a l l a u f , B. 54, 2825 [1921], 57, 1684 [ I g q ] .

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Dagegen konnten wir Wahrend dieser Versuche mit St ickoxyd eine in.teressante Beobachtung machen. Die benutzte Apparatur war undicht geworden, und wahrend beim Abdestillieren des Ammoniaks und des Stickoxyds in eine mit fliissiger Luft gekiihlte Vorlage Luf t zutreten konnte, trat eine intensive R o t f a r b u n g auf. Um dieser auffallenden Erscheinung . nachzugehen, stellten wir durch mehrmaliges Fraktionieren reines NO dar und kondensierten davon eine Menge in einem mit fliissiger Luft (fl. I,uft) gekiihlten GefaB. Auf den festen Beschlag von NO verdichteten wir ferner t roches festes Ammoniak. Beim langsamen Erwarmen des GefailJes bis zum Schmelzpunkt des Ammoniaks zeigte sich keinerlei Reaktion. Die entstehende Losung von NO in fliissigem NH, ist schwach gelb. War aber das NO nicht peinlich gereinigt, enthielt es also N,O,, oder IieilJ man vor dem Auftauen der kondensierten Beschlage Sauerstoff zutreten, so konnte die Rotfarbung beobachtet werden, und zwar war sie um so intensiver, je mehr Sauerstoff reagiert hatte.

Daher lieBen wir nunmehr S t icks tof fsesquioxyd in der gleichen U'eise in ungefahr gleichen Mengen in festen bzw. schmelzenden Phasen auf Ammoniak einwirken. Die einsetzende Reaktion war aber trotz Kiihlung von auBen so uberaus heftig, daB die kondensierten Gase augenblicklich verdampften und in der Gasphase miteinander zu Wasser und dicken, weiBen Nebeln von Ammon iu mn it r it reagierten.

Nach verschiedenen Versuchen, die Reaktion zwischen N,O, und NH, zu dampfen und dabei trotzdem Mengen umzusetzen, die eine ausreichende Ausbeute der roten Verbindung lieferten, arbeiteten wir folgende Methode aus: Um die Reaktions-Temperatur nicht iiber den Schmelzpunkt des Ammoniaks gelangen zu lassen und seine hohe Schmelzwarme auszunutzen, wurde ein sehr groBer Uberschd von festem Ammoniak verwendet. Urn aber trotzdem eine moglichst innige Mischung und gegenseitige Angriffs- flache der beiden festen Substanzen zu erreichen, wurden sie zuvor nach einem besonderen Verfahren'gepulvert. Zu diesem Zweck wird eine mittel- groRe Porzellanschale unter Bedeckung mit einem Brettchen mit fl. Luft gefiillt. Die fl. Luft mu13 vollstandig trocken und sauber sein, und wird deshalb zweckmaoig durch Filz filtriert. Das heftige Abdampfen der fl. Luft in der Reibschale verhindert die Kondensation von Luft-Feuchtigkeit. Vorher hat man in einem entsprechenden Gefd3 etwa 60 ccm troches fliissiges Ammoniak kondensiert. Den Inhalt gieBt man nun schnell in die mit fl. Luft gefiillte Reibschale, wobei er unter heftigem Abdampfen der fl. Luft auf .deren Oberflache erstarrt. Man fiillt schnell fl. Luft nach und zerreibt nun unter entsprechendem Schutz der Hande niit Tiichern und Handschuhen das feste Ammoniak unter der fl. Luft mit dem Pistill zu einem diinnfliissigen Brei. Dieser wird sogleich in den bereitgestellten Kolben A der Figur I ge- gossen. Genau so werden in einer kleineren Reibschale 1-2 g N,O, unter fl. Luft gepulvert und in den Kolben A gespiilt. Der Schliff S , am Kolben A ist nicht gefettet, damit er vor dem Ansetzen an die Schliffhaube von der beim Stehen mit dem Ammoniak-Luft-Brei angesetzten Eiskruste durch Er- warmen und Abwischen befreit werden kann. Dagegen ist die Schliffhaube reichlich gefettet. Sie ist durch die Apparatur mit der schon vor dem An- setzen des Kolbens in Gang gesetzten Olpumpe verbunden, so daB dann die in A befindliche fl. Luft abgepumpt wird. Wahrend dessen wird A von a d e n mit fl. Luft solange gekiihlt, bis innen alle fl. Luft verdampft und das Mano-

Berichte d. D. Cham. Gesellschaft. Jahrg. LXVII. 7 2

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meter M a d Null gesunken ist. Zeitweise wird durch lebhaftes Hin- und Herschwenken im Schliff S, die pulvrige Masse im Kolben A kriiftig durch- gemischt, um ein Niedersinken des schwereren N,O, zu verhindem. Dann wird H, geschlossen und die AuBenkihlung von A entfemt.

Beim Erwarmen reagiert die hellblaue Masse vom Rande her nach innen durch, wobei sie sich kraftig nach orangerot verfarbt. Nach dem Auftauen des gesamten Ammoniaks ist eine klare, rote Losung entstanden. M a n c h a I hat sich dabei etwas Stickstoff entwickelt, welcher, nachdem die Losung bis zum Siedepunkt erwarmt ist, nach entsprechender Stellung der Zwei- Weg-Hahne H, und H, durch Ammoniakgas in das Azotometer getrieben werden kann ; dieses ist mit verd. Schwefelsaure beschickt. Nach SchlieBung von H, und H, wird das Ammoniak von A nach der Falle B destilliert, indem diese mit fl. Luft gekiihlt wird. Dabei farbt sich die Losung immer tiefer purpurrot. In dem Augenblick, da sich in A ein fester, weil3er Ruckstand abscheidet und die Losung eintrocknet, entfarbt sich die rote Verbindung unter Aufschaumen vollstandig. Hierbei wird wiederum Stickstoff ent- wickelt. Der weil3e Riickstand erweist sich als Ammoniumni t r i t .

Die q u a n t i t a t i v e Verfolgung des Vorgangs zeigte, daB die Umsetzung nicht immer gleichartig verlauft. Bei den Reaktionen, die jeweils beim Auf- tauen und beim Abdampfen des Ammoniaks einsetzen, werden Stickstoff- Mengen entwickelt, die zu den gefundenen (NH,) NO,-Mengen nicht in gleichen stochiometrischen Verhaltnissen stehen. In manchen Fallen entwickelte sich beim Auftauen auch etwas NO, der Riickstand enthielt dann Nitrat. I,at man jedoch zunachst diese Falle aul3er acht, so ist jedenfalls eindeutig zu erkennen, da13 es sich bei der ro ten Subs tanz um eine Verbindung handelt, die sich aus N,O, und NH, bildet und sich andererseits in N, und (NHJNO, zerse tz t .

Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um die Bildung des Amids de r sa lpe t r igen Saure , des Ni t rosamins , das nach: N,O, + zNH, = (NHJNO, + H,N.NO entsteht und nach: zH,N.NO = (NH,)NO, + N, zerfallt.

Eine Stiitze findet diese Annahme darin, da13 man unter den gleichen Bedingungen aus subs t i t u i e r t em Ammoniak und N,O, Ni t rosamine

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erhalt. Wir froren z. B. Methyl-ani l in und St icks tof fsesquioxyd mit fl. Luft ein und dampften letztere ab. Nach der beim Schmelzpunkt des Methyl-anilins bei - j0 stattgefundenen heftigen Reaktion gaben wir das Reaktionsgemisch in verd. Salzsaure und atherten das erhaltene Phenyl - methyl -n i t rosamin aus. Es destillierte bei 13 mm einheitlich bei 1210 und gab eine Ausbeute von etwa 80 % des angewandten N,O,.

Wenn es sich bei der roten Verbindung wirklich um das Ni t rosamin handelt, so mu13 es auch aus anderen geeigneten Der iva t en der sa l - pe t r igen S a u r e du rch Ammonolyse unter ahnlichen Bedingungen e n t - s tehen . Das ist auch in der Tat der Fall: So wurde Nitrosyl-schwefel- s au re nach der beschriebenen Methode rnit pulverisiertem, festem Ammoniak umgesetzt, ferner das nach Schul tz-Sel lack4) aus fliissigem SO, und KNO, im Einschlul3rohr gewonnene Kaliumsalz der Nitrosyl-schwefelsaure. In beiden Fallen erhielten wir rosarote bis purpurrote5) Losungen in fliissigem Am- moniak, neben den weiBen Niederschlagen von unloslichem Ammonium- bzw. Kaliumsulfat: NSO,H + 3NH, = (NH,),SO, + H,N.NO.

Wir versuchten auch hier, den Reaktionsverlauf quantitativ zu er- mitteln, fanden aber die Verhaltnisse nicht reproduzierbar. Beim Auftauen entwickelte sich meist schon Stickstoff, aber in jeweils verschiedener GroBen- ordnung. In einem Falle wurde nur so wenig Stickstoff entwickelt, da13 praktisch alle NSO,H in H,N,O nach obiger Gleichung umgesetzt worden war. Nach Eindampfen und Zersetzen der roten Verbindung erfa13ten wir die Zersetzungsprodukte (NH,) NO,, N, und (NH,),SO,. Sie verhielten sich wie 2:3:5.

Demnach ist die Gesamtreaktion nach: 5NSO,H + I ~ N H , = 5 (NH,)NO, + 3N, + 5 (NH,),SO, + H,O verlaufen und zwar iiber die Zwischenstufe: NS0,H + 3NH, = H,N,O + (NH,),SO,. Das so entstandene Nitrosamin hat sich zu 4/5 nach: 4H,N,O = z(NH,)NO, + zN, und zu '1, nach: H,N,O = N, + H,O zersetzt. In anderen Fallen war der Ablauf der Reaktion quantitativ verschieden, qualitativ entstanden jedoch stets die gleichen Endprodukte.

Wir benutzten die Umsetzung von Nitrosyl-schwefelsaure rnit Ammoniak auch dazu, urn eine I so l ie rung des Ni t rosamins zu ver- suchen, denn die Unloslichkeit des gebildeten Sulfats in fl. Ammoniak er- moglicht die Abscheidung dieses Nebenproduktes. Wir konstruierten eine zweckentsprechende Apparatur, in welcher die rote Losung vom ausgeschie- denen Sulfat filtriert wurde. Auch beim noch so vorsichtigen Abdampfen des Filtrats zersetzte sich aber die rote Substanz wiederum unter Aufschaumen, als Zersetzungsprodukt entstanden N, und (NH,) NO,. Wir versuchten daher die Verbindung aus fl. Ammoniak in andere Losungsmittel, wie dther, Py- ridin und Chloroform, iiberzufiihren, jedoch gelang es nicht. Im Augenblick, da sie von den letzten Anteilen Ammoniak getrennt wird, zersetzt sie sich. Ferner versuchten wir, ein Alkalisalz des Ni t rosamins zu erhalteri, indem wir in dem verwendeten pulverisierten Ammoniak zuvor KNH, losten. Bei der Umsetzung rnit Nitrosyl-schwefelsaure bemerkten wir eine voriiber-

4, S c h u l t z - S e l l a c k , B. 4, 11.3 [1871:. 5 , Purpurrot scheint die eigentliche Farbe der Verbindung zu sein, wahrend die

mit N,O, erhaltene, mehr orangerote eine Mischfarbe sein diirfte, d a KO sich in NH, mit gelber Farbe kist.

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gehende Violettfarbung, dann aber trat lebhafte Stickstoff-Entwicklung ein, und nach dem Schmelzen des Ammoniaks blieb die Losung farblos. Nach dem Abdestillieren des Amm-oniaks ertvies sich der weiiBe Riickstand als Nitrit, Sulfat und als Amido-sulfonat.

Die Reaktion ist hier also interessantenveise nach : H,NK + ON. 0. SO,H + KH, = KNO, + H,N . SO,(KH,) verlaufen, wahrend bekanntlich in saurer waiBriger Losung die Reaktion einen unigekehrten Verlauf nimmt : HO. N : 0 + NH,. SO,H = H,SO, + H,O + pi,. Daher war dann auch ein Versuch, Nitrosamin durch Umsatz von Amido-sulf on s aure niit Kal iumn i t r i t in fl. Ammoniak zu erhalten, erfolglos.

Wir gaben nun die Versuche zur Isolierung der roten Verbindung einst- weilen auf und bemiihten uns, durch andere Bildungsweisen die Annahme zu erharten, daiB es sich hier um das Nitrosamin handelt.

Als weitere geeignete Abkommlinge der salpetrigen Saure reagieren mit schmelzendem Ammonia k auch N i t r os y lpe r c h lo r a t und N i t r 0 s y 1- ch lo r id unter Bildung der roten Verbindung. Wahrend Nitrosylperchlorat vollig gleichartig wie Nitrosyl-schwefelsaure reagiert, mu13 mit Nitrosyl- chlorid anders verfahren werden, weil sich beim Unisatz gro13erer Mengen leicht Chlorstickstoff als Kebenprodukt bildet, der heftige Explosionen ver- anlafit. Durch zwei gegeniiberstehende Diisen leiteten wir NH,-Gas und NOC1-Gas gegen die innere Wandung eines von a d e n mit fl. Luft gekiihlten GefaiBes, das mit einer Olpumpe verbunden war. Es zeigte sich sofort ein Beschlag von der bekannten roten Farbe, wahrend gleichzeitig Stickstoff entwickelt wurde. Neben dem roten wurden auch ein wei13er Beschlag be- merkt, der sich als nicht umgesetztes NH,, ferner etwas Wasser erwies, aul3erdem war ein gelber Beschlag zu sehen von nicht umgesetztem NOC1. Erwarmt man das GefaB, so entfarben sich die Beschlage unter Aufschaumen, der Ruckstand besteht aus (NH,) C1, (NH,) NO, und H,O.

Um uns von Ammoniak als Losungsmittel frei zu niachen, liel3en wir Ni t rosy lch lor id auch mit festeni Na.KH, reagieren. Die Reaktion verlief zwar nicht im gewiinschten Sinne, doch ist ihr Ergebnis iinmerhin interessant. Wir lieiBen trocknen Stickstoff bei Atmospharendruck durch ein GefaW streichen, welches fliissiges Nitrosylchlorid enthielt und durch ein Kaltebad gekiihlt war. Der mit NOC1-Dampf beladene Stickstoff passierte weiter ein mit NaNH, beschicktes U-Rohr, das sich im gleichen Kaltebad befand, ferner eine mit fl. Luft gekddte Falle. Hielt man das Kaltebad unter -600, so kondensierte sich in der Falle unverandertes NOC1. Ging man aber bis auf etwa -40°, so bedeckte sich die Oberflache der Amid-Komer mit einer braunlichen Schicht, wahrend sich in der Falle Ammoniak kondensierte. Die Reaktion kommt bald zum Stillstand und beginnt von neuem, wenn man die Amid-Korner zerreibt und dadurch neue Oberflachen dem Angriff des NOCl darbietet. SchlieBlich enveist es sich, daW alles Nat r iu inamid in Chlorid und N i t r i t iibergegangen ist. Im ganzen diirfte die Reaktion etwa nach: ver- laufen.

Im weiteren Verlauf unserer Versuche iiber das Nitrosamin leiteten wir Ammoniak-Gas in tiefgekiihltes A thy l - und Amyln i t r i t ein. Sofern diese Ester vollig trocken waren, trat keinerlei Reaktion ein, hochstens eine Gelbbraunfarbung war zu beobachten. LaiBt man trocknes, tiefgekiihltes Amylnitrit in fl. Ammoniak einflieBen, ist ebenfalls keine Reaktion zu be-

3 NaNH, + 2 NOCl = z NaC1+ XaNO, + 2 KH, + K,

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merken, wohl aber, wenn im fl. Ammoniak Kal iumamid geliist ist. In diesem Falle tritt stiirmische Stickstoff-Entwicklung ein, und es scheiden sich Niederschlage ab. Nach dem Abdampfen des fl. Ammoniaks ist nach- zuweisen Diamyla the r , der Riickstand besteht groBtenteils aus Kal ium- n i t r i t : Auch hier erscheint eine Bildung von NitroSamin nicht wahrscheinlich, denn sonst hatte es sich im fl. Ammoniak losen konnen. Freilich ist es dann, wie auch bei der Reaktion zwischen Nitrosyl-schwefekaure und XNH, beschrieben in ammono-alkalischer Losung unbestandig.

Nachdem wir die Derivate der salpetrigen Saure mit Ammoniak umge- setzt hatten, versuchten wir noch einen anderen Weg. Wir lieBen Verbin- dungen, welche die Reste -KO und -NH, enthielten aufeinander einwirken, so z. B. Chloramin und Ni t rosy lka l ium. Nach Marckwald und Wille6) stellten wir Chloramin dar und kondensierten auf der festen Verbindung vorsichtig festes Ammon iak. Nach Auftauen und Abdampfen einer Probe stellten wir fest, daB sich Chloramin in absol. Ammoniak unverandert lost und sich n i c h t z u Hydraz in umsetz t . Die erhaltene Losung gossen wir nun in eine nach Z i n t l und Harder') erhaltene Suspension von KNO. Weder trat Farbung der Losung, noch Gasentwicklung ein.

Als weiteren Versuch leiteten wir in eine Losung von Kal iumamids) S t ickoxyd ein. Es fie1 sofort ein weil3er Niederschlag aus, eine ganz schwache Rotfarbung der Losung, auch Gasentwicklung war voriibergehend zu be- merken. Nach Abdampfen des Ammoniaks erwies sich der Niederschlag als Ni t rosy lka l ium. In Wasser geliist, entwickelte er reichlich S t ick- oxydul . In der Losung waren neben Ammoniumnitrit groBere Mengen Hydraz in . Es zeigt sich also, daB nicht nur aus den blauen Losungen der Alkalimetalle in Ammoniak mit Stickoxyd Nitrosyl-alkali erhalten wird, sondem auch aus den Losungen der Amide: KNH, + NO= KNO + NH,. Dabei wird voriibergehend das NH,-Radikal frei, das sich zu N,H, dimerisiert : 2 NH, = N,H,. Ware eine geniigende Konzentration an Stickstoff zugegen gewesen, so hiitte die Moglichkeit zur Bildung von H,N,O bestanden. In diesemVersuchaberperlteK0 nur in Blasen durch die Losung, so daB die Reaktion : NH, + NO = H,N,O untergeordnet blieb und das entstehende Nitrosamin sich in der ammono-alkalischen Losung wieder zersetzte nach : 2 NH, .NO = (NH,) KO, $- NZ9).

Urn die ersten drei Reaktionen so zu leiten, da13 die Bildung von Nitros- amin und das Verschwinden des Kaliumamids begiinstigt wird, erschien es naheliegend, KO unter b u c k auf in Ammoniak gelostes Kaliumamid einwirken zu lassen. Dies hatte in der Tat den gewiinschten Erfolg: Ein sehr starkwandiges Bombenrohr wurde beschickt mit etwa 0.1 g Kalium, fl. Ammoniak darauf kondensiert und nach vollendetem Umsatz zu Kalium- amid unter auBerer Kiihlung mit fl. Luft auf der eingefrorenen Losung etwas mehr als die berechnete Menge reines Stickoxyd verdichtet. Die Bombe wurde abgeschmolzen und senkrecht stehend in eineni Bade langsani bis zum Schmelz-

2 C,H,,.NO, + KNH, = (C,H,l),O + KNO, + N, + H,O.

8, X a r c k w a l d 11. XVille, 13. So, 1319 .;923j. :) Z i n t l u . H a r d e r , loc. cit. 8, KNH, wurde hei allen Yersuchen stets friscli ails K und fl. SH, unter Zusatz

y , Damit wii-d iibrigens erkliirlich, wari.ni Z i n t l I:. H arcler in ihreni S,iSO Spii:-eJi einer Spur X:e,0:3 hercitet.

von Nitrit finden ; die . ~ l B a l i - . ~ m r n ( : i i i ~ i ~ - J ~ ~ s i i x i ~ , s e t z t sich trill

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punkt des Ammoniaks erwarmt. Bei etwa 90° war das NO jenseits der kriti- schen Temperatur vollig in den Gaszustand ubergegangen. Eine etwa I cm breite, obere Schicht der noch festen Kaliumamid-Losung war dabei bereits stark orangerot gefarbt lo). Nach dem Schmelzen des Ammoniaks blieb die rote Schicht, getrennt durch ein dichtes Polster von ausgefallenem Nitrosyl- kalium, bestehen. Beim Umschwenken des Rohrs mischte sich der Inhalt, und die Farbung ging stark zuriick, da der untere Teil der Losung ja noch ammono-alkalisch war, in welchem Medium, wie wir sahen, das Nitrosamin unbestandig ist. In der oberen, rotgefarbten Schicht aber durfte alles Kalium- amid umgesetzt gewesen sein. Bei hoheren NO-Drucken ware die Reaktion zweifellos durch die ganze Losung gegangen, doch vermochte das Glasmaterial auch in Form starkster Capillaren den bei dieser Temperatur schon auBer- ordentlich hohen NO-Drucken bei dahingehenden Versuchen nicht stand- zuhalten l1).

Mit diesem Versuch ist wohl mit geniigender Beweiskraft dargetan, da13 die bei den verschiedenen Reaktionen in Ammoniak entstehende rote Losung das Nitrosamin enthalt. Auffallend ist, daB die Verbindung niemals in flussigem Ammoniak entstand, sondern nur in festem bzw. schmelzendem Ammoniak und auch niemals in Abwesenheit desselben. Offenbar ist die Temperatur des schmelzenden Ammoniaks die obere Grenze ihrer Bildungs- fahigkeit. 1st sie aber einmal entstanden, so halt sie sich bis iiber den Siedepunkt des Ammoniaks hinaus, selbst wenn die Siedetemperatur durch geloste Salze, besonders Ammoniumnitrit, bedeutend heraufgesetzt ist. Mtiglicherweise handelt es sich um ein Anlagerungsprodukt an Ammoniak oder das Ammoniumsalz des als Saure fungierenden Ki t ros - amins. Die Darstehng von Alkalisalzen gelang nicht, da sich das Nitros- amin, wie beschrieben, zersetzt. Bringt man Alkalimetall in eine durch Eindampfen stark angereicherte rote Losung, in der sich allerdings auch noch Ammoniumnitrit zu befinden pflegt, so entwickelt sich lebhaft Gas, ohne da13 die rote Farbe an Intensitat e i n b a t .

Gibt man zu einer Ldsung von Ni t rosamin in fl. Ammoniak vorsichtig Wasser , so entfarbt sie sich augenblicklich, ohne Gasentwicklung. Im Ruckstand befindet sich nach wie vor Ammoniumni t r i t . Mithin nimmt Nitrosamin Wasser auf und bildet nach : H,N,O + H,O = (NH,) NO, Ammoniumnitrit. Man darf daher die Zersetzung in Ammoniumnitrit und Stickstoff nach: z H,N,O = (NH,)NO,+N, als eine Dispropor t ion ierung ansehen, wobei I Mol. Nitrosamin in N, und H,O zerfallt, wahrend ein zweites Mol. das H,O zu Ammoniumnitrit aufnimmt.

Es bestehen hier gewisse Parallelen zu Thieles N i t r amid , welches zwar in wa13riger Losung bestandig ist, in alkalischer dagegen sofort in Stick- oxydul und Wasser zerfallt : H,N. NO, = N,O + H,O, H,N . NO = N, + H,O. Ebenso wie fur das Nitramid konnen auch fur das Nitrosamin verschiedene Strukturformeln angenommen werden. AuBer der normalen Formel I ware,

I. H'K-N=O 11. H-N=N-OH H'

lo) s. Anmerk. 5, S. 1111. 11) DaB sich beim Umscli~~-eiikcii der Capillare das H,N,O tatsachlich zersetzt

ha t te , 1ieB sich wie folgt erweisen: Als wir iiach Einfrieren des Inhalts mi t f l . Luft die Capillare offneten, entwich S t i c k s t o f f .

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noch Formel I1 zu diskutieren. Nach I1 ware die Verbindung ein Azokorper, womit ihre lebhafte Farbung in Einklang stande.

Gegen Formel I1 und fur Formel I sprechen samtliche Entstehungs- weisen und die Parallelitat zu den organischen Nitrosaminen. Da aber auch diese unter bestimmten Bedingungen aus Azoverbindungen entstehen, bleibt fur das Nitrosamin die Entscheidung iiber seine Konstitution noch offen. Moglicherweise stehen beide Formen im Verhaltnis von Tautomeren zu einander.

Zusammenf assung. Bei der Reaktion von S a l p e t rig s a u r e - a n 11 y d r i d , von N i t r o s y 1 - s c h w e f e 1s a u r e

und ihrem Kaliumsalz, von N i t r o s y l p e r c h l o r a t und von Ni t rosy lch lor id mit Am- m o n i a k wird bei dessen Schmelzpunkt das Entstehen einer rotgefarbten Verbindung beobachtet, die als Nitrosamin, H,N. S O , angesprochen wird. Der Vorgang entspricht der Gleichung: N,O, + zNH, = zH,h'.NO + NH,.NO,. Diese Annahme wird durch das analoge Verhalten organisch substituierter Ammoniake gestiitzt. Sie wird meiter dadurch bewiesen, dal3 bei Einwirkung von S t i c k o s y d unter Druck auf in festem Am- moni a k gelostes K a l ium am id N i t ros am i n nebeu N i t r o s y lka l ium entsteht : KNH, + zNO = KFO + SH,.NO.

Nitrosamin ist, auWer in fliissigem Ammoniak, in keinem anderen Losungsmittel erhaltlich. Dadurch mird seine Isolierung erschwert. Es gelingt auch nicht, die Verbin- dung von Ammoniali ZLI trennen, da sie dann in A m m o n i u m n i t r i t und St icks tof f zerfallt. &Zit TVasser yereinigt sie sich zu Ammoniumni t r i t . I n ammono-alkalischer Losung zersetzt sie sich ebenfalls zu Nitrit und Stickstoff.

Na t r i u m amid reagiert bei -40° mit verdiinntem Xi t ro s ylc hlo r id- Dampf nach: 3NaNH, + 2NOC1 = zNaCl 4- SaSO, + zSH, + S,.

S a l p e t r i g s a u r e - e s t e r setzen sichweder mit gasformigem noch fliissigem trocknen -4mmoniak urn; mit einer ammoniakalischen Losung von K a l i u m a m i d crfolgt Re- aktion nach: zRNO, + KNH, = R,O + KNO, + h', + H,O.

Chloramin reagiert weder rnit fliissigem Ammoniak, noch rnit d a r k suspendiertem Xitrosylkalium. - Amido-su l fonsaure reagiert in fliissigem Ammoniak nicht mit Kaliumnitrit, vielmehr w-erden aus K i t r o s y l - schwefelsiiure und Kaliumamid Amido-sulfonat und Nitrit erhalten.

Die moglichen Strukturformeln des Kitrosamins werden an Hand der Reaktionen und Bildungsweisen diskutiert.

213. J o s ef P i r s c h: Liisungsmittel zu Mikro-Molekulargewichts- Bestimmungen nach der Methode der molaren Schmelzpunkts-

Erniedrigung fur die Praxis des organischen Chemikers. [Aus d. Pharmazeut.-chem. Universitats-Laborat. in Wien.]

(Eingegangen am 23. Mai 1934.)

Jouniauxl ) hat als erster im Jahre 1912 auf die ungewohnlich hohe molare Gefrierpunkts-Erniedrigung des Camphers (49.7) hingewiesen. Zehn Jahre spater hat K a r l Ras t2) die Versuchs-Anordnung von C. Drucker und Schreiner3) etwas abgeandert auf die Durchfiihrung von Mikro-Mole- kulargewichts-Bestimmungen rnit Campher als Lijsungsmittel iibertragen

1) J o u n i a u s , Compt. rend. Acad. Sciences 154, 1592 [ I ~ I Z ] ; Bull. Soc. chim.

3) Biol. Zentralbl. 18, 99 [I913]; H. Meyer , Lehrb. d. organ.-chem. Methodik, France [4] 11, 724, 993 ;1912:.

4. Aufl., S. 413.

K. R a s t , B. 56, 1053, 3727 [ I ~ z z ] .