Ueber den Mechanismus der Geburt bei Kopflagen

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Ueber den Meehanismus der Geburt bei Kopflagen. Von Dr. med. Stephan, praktlschem Arzt in nsenburg. (1VIit Abbildungen Fig. 1--20 auf Tafel IX.) Um sieh den Meehanismus der Geburt bei Kopflagen klar zu maehen, halte ieh es fiir gut, den ganzen Geburtsaet der Zeit naeh, oder was in diesem Falle ebenso gut passen wiirde, dem 0 r te nach, in zwei Theile zu theilen und I. den Meehanismus zu betraehten, bis der Kopf auf dem Beekenboden steht. Wi~hrend dieser Zeit geht der Kopf dureh die yore kleinen Beeken gebildeten Knophenwandungen; seine Riehtung geht yon oJ~en vorn naeh unten hinten, seine Bewegungen sind zweierlei Art: a) fortsehreitend, b) drehend und zwar a. um seine transversale, ~. um seine verticale Axe. II. Den Meehanismus zu betraehten yon dem Zeitpunkte ab, wo der Kopf auf den Beekenboden getreten ist, bis er die Schamspalte verl~sst. W~hrend dieser Zeit geht der Kopf dureh die vom K n o c h e n n i e h t rings umgebenen Weichtheile des kleinen Beckens, seine Richtung geht yon oben hinten nach unten vorn, und man hat zu betrachten: a) den Zeitabschnitt, in welchem der Kopf die sieh ~ndernde Richtung yon oben hinter naeh unten v o r n annimmt;

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Ueber den Meehanismus der Geburt bei Kopflagen.

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Dr. med. S tephan , prakt lschem Arzt in nsenburg.

(1VIit Abbildungen Fig. 1--20 auf Tafel IX.)

Um sieh den Meehanismus der Geburt bei Kopflagen klar zu maehen, halte ieh es fiir gut, den ganzen Geburtsaet der Zeit naeh, oder was in diesem Falle ebenso gut passen wiirde, dem 0 r te nach, in zwei Theile zu theilen und

I. den Meehanismus zu betraehten, bis der Kopf auf dem B e e k e n b o d e n steht.

Wi~hrend dieser Zeit geht der Kopf dureh die yore kleinen Beeken gebildeten K n o p h e n w a n d u n g e n ; seine Riehtung geht yon oJ~en vorn naeh unten h i n t e n , seine Bewegungen sind zweierlei Art:

a) fortsehreitend, b) drehend und zwar

a. um seine transversale, ~. um seine verticale Axe.

II. Den Meehanismus zu betraehten yon dem Zeitpunkte ab, wo der Kopf auf den Beekenboden getreten ist, bis er die Schamspalte verl~sst.

W~hrend dieser Zeit geht der Kopf dureh die vom K n o c h e n n i e h t rings umgebenen Weichtheile des kleinen Beckens, seine Richtung geht yon oben h i n t e n nach u n t e n vorn, und man hat zu betrachten:

a) den Zeitabschnitt, in welchem der Kopf die sieh ~ndernde Richtung yon oben h i n t e r naeh unten v o r n annimmt;

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b) in dieser Richtung a. fortschreitet ft. sich dreht um seine transversale Axe.

Forschen wir nach den U r s a che n dieser Bewegungen. Was in Nr. I. die f o r t s c h r e i t e n d e Bewegung anbetrifft,

so wird diese wohl ohne Zweifel dureh Druek yon oben dureh die Wehe und die Bauchpresse hervorgebracht, fiber diesen Punkt mag wohl nur eine Meinung existiren.

Was aber in Nr. I. die d r e h e n d e Bewegung anbetrifft um die v e r t i e a l e Kindesaxe, so herrsehen v e r s e h i e d e n e An- s~chten fiber deren Ursache. Mich an keine kehrend, mSchte ich die Saehe in meiner Weise beleuchten. Die Drehung tier Kindes- axe betr~gt yore Eingange in das kleine Becken bis auf den Beckenboden 1/s his beinahe 1/~ Kreislinie. Man kann nun an- nehmen, der F r u c h t h a l t e r wird um diese Kreislinie gedreht, alsdann muss sich die Frucht darin "mi td rehen ; der Frucht- halter wiirde aber, wollte er sich um l/~ Kreislini e drehen, einfach abreissen, ausserdem ist keine Kraft da, die den Frucht- halter dreht.

Deshalb muss sich die Frucht i n n e r h a l b des Fruehthalters drehen, also ihre S t e l l u n g zum Fruehthalter ver~ndern. Da aber der Kopf mit dem Rumple der Frucht verbunden ist, und letzterer dem Kopfe gewiss keine halbe Umdrehung bei eigenem Stillstande gestattet, so fragt es sieh, dreht der im kleinen Beeken liegende Kopf den im grossen Becken liegenden Rumpf oder dreht der Rumpf den Kopf.

Was sollte nun im kleinen Becken den Koiof drehen? eine a c t i v e Kraft Jst nicht da; man kann an eine pa s s ive , den Widerstand der Wandungen des knSehernen Beekens denken, welche dutch ihre Form eine Drehung des h e r a b g e d r i i e k t werdenden, im s a g i t t a l e n a l s im t r a n s v e r s a l e n D u r c h - m e s s e r l ~ n g e r e n Kopfes bewirken.

Nun ist ja im Beekeneingange der q u e r e Durehmesser des kleinen Beckens l ~ n g e r als der sagittale, in der Beekenweite und Beckenenge ist es u m g e k e h r t .

Wenn nun der quere Durehmesser des kleinen Beckens in tier Beckenweite k f i rze r ist, als der s a g i t t a l e Durchmesser des Kopfes oder ebenso l ang , dann liesse sieh denken, dass die F o r m des kleinen Beckens wohl eine Drehung der Pfeilnath aus dem schr i~gen in den s a g i t t a l e n Durchmesser des Beckeus

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herbeifiihren kann, st~nde aber die kleine Fontanelle n a c h h i n t e n r e c h t s , so kSnnte die Form des kleinen Beckens wohl Ursache sein, dass die kleine Fontanelle sich naeh h i n t e n in den s a g i t t a l e n Durchmesser des kleinen Beckens dreht, nach vorn kSnnte sie dieses u n m S g l i c h ; und doch t h u t sie dieses so h~ufig; das beweist aber, dass die Wandungen des kleinen knSchernen Beekens in der Beckenweite in den meisten F~llen dem Kopfe P l a t z genug l a s s e n , um sich naeh a l l e n Seiten zu drehen und dass es eine a n d e r e Kraft sein muss, die den Kopf dreht.

Da sich nun keine andere Kraft im kleinen Beeken findet, welche den Kopf dreht, der Kopf also n i e h t den R u m p f drehen kann, so wird der R u m p f den K o p f drehen und die Ursaehe im grossen Beeken liegen.

Der einfaehe Druck yon Seiten des Rumples k a n n , da der Kopf dureh den Ansatz der Wirbelsi~ule in zwei Hebelarme ge- thei]t wird, und wi rd eine zweifache Bewegung am dem Kopfe hervorbringen: 1) eine fortschreitende 2) eine drehende aber n i e h t um die v e r t i e a l e Axe des Kopfes, sondern um die trans- versale. J)

Um eine Drehung um die v e r t i e a l e Axe des Kopfes hervor- zubringen, wie sie doch d a ist, ist es nSthig, class aueh der R u m p f sich um seine v e r t i c a I e Axe dreht, and das t h u t er aueh, und die Ursache davon sind naeh meiner Meinung der iiberstumpfe Winkel , den die hintere Wand des kleinen Beekens mit-der des grossen bildet und die Weh~n, welche bei der Geburt die Drehung der Riickenfl~tche des Kindes and somit der kleinen Fontanelle naeh vorn bewirken. 2) Man kann sich eine solehe Drehung sehr wohl vorstellen, wenn man sich die gekriimmte Kindesaxe vorstellt und den erwghnten Winkel auf ihre halb- seitliehe halb convexe Fl~che einwirken lgsst. Fig. 1.

Die Wirkung ist alsdann gerade so, wie bei einem elastischen Stabe Fig. 2, den man yon oben nach unten zusammendriickt, und ihm eine K r i i m m u n g giebt (Axe des Kindes), dann im

1) Diese Drehung um die transversale Axe bewirkt, dass sich der lhngere sagittale Durehmesser des Kopfes mehr in die Riehtung der Beckenaxe dreht, dadurch wird dem Kopfe mehr Platz zur Drehung um seine verticale Axe innerhalb des kleinen Beckens naeh allen Seiten hin geschafft.

2) Der betreffende Winkel macht sich beim Eingehen mit der Hand in den Uterus unserm Geftihle sehr bemerkbar.

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Punkte a fixirt hiilt, und am Pankte b gegeu die Kante c d schiebt; es wird sich alsdann der Stab d r e h e n , und zwar so, dass die Kante c d in die C o n c a v i t ~ t des gekriimmten Stabes zu liegen kommt.

Es stelle Fig. 3 eineu Sagittalschnitt durch eine Schwan- gere vor, es sei a die hintere Beckeuwand, b der Uterus, c die Kindesaxe.

Jetzt soll "eine gelinde Wehe kommen; dieselbe macht den Uterus mehr kugelfSrmig und kriimmt in Folge der dadurch ent- stehenden Verkiirzung seiner L~ingsaxe die Kindesaxe. Die geometrisehen Verhiiltnisse s011 Fig. 4 darstellen.

Jetzt soll eine starke Wehe kommen, bei derselben wird be- kanntlieh d i e B an e h p r es s e gebraucht und bei dieser die Musculi reeti abdominis gespannt, diese dr~ingen den obe ren T h e i l des Uterus gegea die hintere Bauchwand zuriiek, geben ihm also eine a n d e r e Riehtung als dem u n t e r e n T h e i l e , der doch in d e r - s e l b e n Richtung (Axe), wie das k l e i n e Beeken liegt, das heisst k n i e k e n ihn ein an dem e r w ~ h n t e n W i n k e l des k n S c h e r n e n Beckens . Der Uterus beh~ilt dabei auf seiner v o r d e r e n Seite die K u g e l f o r m , die ihm die Wehe g i eb t , auf der hinteren nieht. Fig. 5.

Die in Folge der Verkiirzung der Liingsaxe des Uterus bei der Wehe noch mehr gekriimmte Axe des Kindes muss sich 1ran nach vorn drehen, weft dasselbe mit seiner convexen Fliiche naeh hinten gekehrt gar k e i n e n P l a t z haben wiirde im Uterus und k a n n s ich nach vorn drehen, weil die K u g e l f o r m auf tier v0r- deren Seite des Uterus k e i n e n W i d e r s t a n d bei der Drehung entgegensetzt.') Fig. 6.

Die UterushShle hat im nicht sehwangeren und im sehwange- ren Zustande keine Kuge]form, sondern eine d e r a r t i g e Form, dass ihre v e r t i c a l e Axe am g r S s s t e n , ihre t r a n s v e r s a l e k l e i n e r , ihre sag~ t t a l e am k l e i n s t e n ist'Z), das heisst der Uterus in tier Frontalebene der Frau liegend gedaeht; es ist also die F o r m e ines p l a t t g e d r i i c k t e n Eies. Die Frucht wird

1) Die Drehung li~sst sich auch am Phantom nachahmen: Man lege das nach Fig. 1 gekrtimmte Kind im rechten schrhgen Durchmesser, Rticken nach rechts, Kopf beinahe auf dem Beckenboden, in das kn6cherne Becken, schiebe das nach oben stehende Steissende des Kindes gerade nach hinten, ohne es so zu fixiren, dass eine Drehung nicht m6glich is~, so vollzieht sich die Drehung.

2) In der Wehe sucht sie die Kugelibrm anzunehmen. Archly f. Gyll i ikologie . Bd. XI1. t If t . 3. 31

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sich dieser Form anpassen, das heisst mit der l~ngsten Axe vom Kopf bis zum Steiss der L~ngsaxe der UterushShle, mit der zweit li~ngsten tier transversalen Axe der UterushShle. Die z w e i t l i~ngste Axe ist aber bei der F r u c h t die s a g i t t a l e durch den FruchtkSrper, denn bei der GrSsse derselben ist nicht nur die L~nge des Sagittalschnittes durch den Rumpf zu rechnen, sondern es ist Riicksicht zu nehmen

1) a u f d i e K r i i m m u n g der Frucht,

2) au f die in s a g i t t a l e r R i c h t u n g der F r u c h t l i e g e n - den E x t r e m i t ~ t e n . Fig. 7.

Die dritte Axe der Frucht, das ist die t r a n s v e r s a l e durch den F r u c h t k S r p e r , die k l e i n s t e , wird sich der s a g i t - t a l e n dutch den U t e r u s anpassen. Bei dieser Lage kommt der Riicken des Kindes nicht gegen die vordere oder hintere W a n d , sondern gegen eine der beiden K a n t e n des U t e r u s zu liegen.

Nun finder man am Ende der Schwangerschaft meist den Uterus nach re c h t s , den Riicken der Frucht nach l i n k s und vo rn liegen. Dieses liegt d a r a n , dass der Uterus n i c h t in der Frontalebene der Frau liegt, sondern mit der e i n e n Se i t e auf der in den Bauchraum vorspringenden W i r b e l s ~ u l e , mit der andern in der u e r t ie fun g, in welcher dus Colon ascendens ruht; also ein Horizontalschnitt durch den Bauch einer Schwangeren wiirde die Sache so darstellen wie Fig. 8 zeigt.

Die t r a n s v e r s a l e Axe des Uterus geht also yon vorn l i n k s ~lach h i n t e n r e c h t s , whhrend die L ~ n g s a x e yon oben rech t s nach unten l i n k s geht. Der UteruskSrper liegt also mit seiner t r a n s v e r s a l e n Axe in der Ebene des r e c h t e n schr i igen I )u rch - m e s s e r s , wird also auch, da er doch die S a g i t t a l a x e d e s Kindes in derselben Richtung h~lt, den Kopf in d i e s e m D u r c h - mess e r halten (NB. wenn die Wandungen des Uterus nicht zu schlaff sind).

Die Ursache, dass der Uterus meist die Lage naeh r e c h t s einnimmt, suche ich nicht in der Flexura sigmoidea, sondern im D i i n n d a r m und zwar 1) in der peristaltischen Bewegung, welche yore Duodenum aus den Diinndarm nach links treibt, 2) in der A n h e f t u n g des M e s e n t e r i u m s , welche yon oben l inks n a c h u n t e n r e c h t s q u e r i iber die Wirbelsiiure geht, Fig. 9 u. 10. Der Uterus miisste, wollte er den Diinndarm auf die rechte Seite schieben, das Mesenterium n a c h oben u m k l a p p e n , bei seiner

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Lage nach rechts braucht er dieses n i c h t ; seine Lage nach links mSchte wohl dann mSglich werden, wenn die Bauchdeeken recht welt sind, so class der Diinndarm hinter dem Uterus Platz hat. 1)

Die L~nge der L s des Uterus bedingt also die G r a d l a g e de r F r u c h t .

Die Schwere des Kopfes die K o p f l a g e , wie Versuche gezeigt haben.

Die F o r m der U t e r u s h S h l e und die F o r m der F r u c h t - axe der S c h s

Die ovule und yon vorn naeh hinten a b g e p l a t t e t e F o r m der U t e r u s h S h l e and die l~ ieh tung i h r e r t r a n s v e r s a l e n Axe yon vorn l inks nach h i n t e n r e e h t s , in weleher sie die s a g i t t a l e Axe des K indes hs bedingt die S c h ~ d e l l a g e im r e c h t e n s ch r~gen D u r c h m e s s e r .

Die Richtung tier Queraxe sowohl als der L~ngsaxe des Uterus wiirden bei horizontaler Lage tier Schwangeren, in welcher doch die meisten gebs die zweite Sch~dellage bedingen, wenn, wie man vielfach annimmt, unter andern auch S c h r S d e r Seite 48 in seinem Handbuche, die Schwere der Frucht auch die Stellun~ ihres Riickens nach der linken oder rechten Kante des Uterus bedingen soil

Wir haben aber in tier grSsseren Mehrzahl tier Fiille erste Sch~idellage. Entweder muss dieser letztere Einfluss der Schwere also n i c h t da se in , oder ein a n d e r e s M o m e n t muss ihn auf - h e b e n und durch se inen E i n f l u s s erste Sch~dellage bedingen, und dieses Moment ist w i e d e r u m der i i b e r s t u m p f e W i n k e l , den das grosse Becken mit dem kleinen bildet, der bei der Wehe, wie oben angegeben, den Uterus in a knickt, und so die Kindes- axe in die bequemste Stellung dreht (Fig. 11), das heisst so, dass der betreffende Winkel gerade in die Concavitiit tier Kindesaxe sieht, und diese b e q u e m s t e S t e l l u n g fiir das K i n d muss bei der oben e r w ~ h n t e n L a g e des U t e r u s im r e c h t e n

1) Der schwangere Uterus hat in der H6he des Nabels etwa den grSssten Umfang, welter nach unten wird sein Umfang geringer; seine Lage, ob mehr naeh rechts oder nach links yon der Wirbelsi~ule, wird daher auch dureh seine obere volumin6sere Hi~lfte bedingt werden. Dort in der Nabelgegend wird er aber v(m der Flexura sigmoidea weniger in seiner Raumeinnahme beeintri~chtigt, wohl aber auf die angegebene Weise vom Dtinndarm. Dem Rectum kann man auch nieht die Kraft beimessen, einen schwangeren Uterus naeh reehts oder ]inks zu schleben.

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schr i igen D u r c h m e s s e r de r F r a u die e r s t e Schi~del lage s e in, denn der Knick f~llt wegen der Lage des Uterus yon oben r e c h t s n a c h un ten l inks n i e h t in die Medianebene, sondern in die Ebene des rechten sehriigen Durchmessers. ') Fig. 12.

E rk l i~ r l i ch wird dnrch die erwiihnte Ursache auch das r s s c h e und p l S t z l i c h e I ) r e h e n der kleinen Fontsnelle bei zweiter Schiidellage yon h i n t e n rechts nsch v o r n rechts oder gsr nsch v o r n l i n k s , well eine r a s c h wirkende Kraft, die Wehe , die K i n d e s s x e yon dem e r w i i h n t e n W i n k e l a b s t S s s t .

Erkl~irlich wird sber such noch etwas anderes.

G e s i c h t s l a g e n entwiekeln sich sus z w e i t e r S c h i i d e l l a g e mit nach h in t en gerichteter Fontsnelle 5fters; Gesichtslagen iiberhsupt treten gern bei engem B e e k e n Bin; alsdsnn dreht sieh die kleine Fontanelle n i c h t nach vorn, das G e s i c h t tritt tiefer; wsrum? Wenn das Becken eng ist, so f i x i r t es den Kopf, geststtet i hm und somit such der g a n z e n K i n d e s s x e keine Drehung nach vorn; der K n i c k ira U t e r u s rnscht aber seine Mseht suf die Kindesaxe g e l t e n d ; da er sie nieht d r e h e n l~ann, so b e u g t er sie naeh der entgegengesetzten Seite; so d s s s d ie C o n v e x i t ~ t s u f d ie B a u c h f l i i e h e des K i n d e s f i i l l t ; die S t e l l e , wo die Beugung b e w i r k t wird, werden die Hsls- wirbel und die ersten Brustwirbel sein; wir erhslten die Formen ~on Fig. 13 und 14.

Der kiirzere Hebelsrm, das IIinterhaupt, bleibt nun in diesem Falle beim Hersbsteigen des Kopfes nicht dadurch zuriick, dass dasselbe bei seinem Herabsteigen Widerstsnd finder, sondern da- dureh, class die Lsge des R u m p f e s der Frucht ihre Riehtuug gegen den Kopf i~ndert.

Eine Therapie wiirde bei dieser Gesiehtslsge mit naeh reehts gewsndtem Riieken eine Lsgerung der Frsu auf die l i n k e Seite sein; denn bei der Lagerung auf der dem Knick e n t g e g e n - g e s e t z t e n Seite wiirde letzterer auf die e n t g e g e n g e s e t z t e Seite such des U t e r u s f a l l e n und somit wiirde der c o n v e x e n K r f i m m u n g de r F r u c h t n s e h der B a u e h s e i t e entgegen- gesrbeitet. (Fig. 15 und 16.)

Was fiber die Drehung des Kopfes bei Schiidellage gessgt ist, gilt such mntatis mutsndis bei ursprfinglichen Gesiehtslagen: man hat eben dsrauf Riicksieht zu nehmen, dass die Lgngsaxe der

1) NB. im Anfange der Geburt.

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Frueht nicht naeh dora Riicken zu, sondern nach dem Bauche zu convex ist.

Nachdem nun der Kopf bis auf den Beckenboden sieh drehend und fortschreitend yon vorn oben nach hinten unten gelangt ist, welche Kraft giebt ihm alsdann die Richtung yon oben hinten nach unten vorn ? Dieses thut die vordere Beckenwand.

Die Kindesaxe sieht, wenn der Kopf auf don Beckenboden gekommen ist, mit ihrer C o n v e x i t g t nach vorn gegen die Symphyse, mit ihren beiden Enden nach hinten, also liegt ent- gegengesetzt der Axe des kleinen Beckens, welche mit ihrer Con- cav i t i i t naeh vorn sieht. Fig. 17.

Bei eineni Drueke yon oben auf die Kindesaxe wird nun 1) der Seh~del den Beckenboden nach h i n t e n driingen,

erweitern und spannen; 2) er wird aber aueh zugleich an dem Beckenboden in

der Richtung a b Fig. 18 h e r a b g l e i t e n ; 3) wird die Kindesaxe sich mehr nach v o r n zu k r i im-

m e n suchen. Bei dieser Kriimmung wird sie gegen die v o r d e r e B e c k e n -

w a n d gedr~ingt und st6sst daselbst auf ein H i n d e r his s, dieses Itinderniss wird aber immer b e d e u t e n d e r , je t i e f e r der Sch~del an tier hinteren Beckenwand herabgleitet, bis zuletzt gar k e i n e K r i i m m u n g mehr gestattet ist und, w~hrend tier Datum den Kopf nach vorn dr~ngt, die Kindesaxe (am Halse) nach hinten gebeugt wird, so dass sie mit ihrer Convexit~t nach h in t e n sieht und nun d i e s e l b e Richtung hat wie die Axe des k l e i n e n B e c k e n s , Fig. 19 und 20. Eine Drehung der Kindesaxe ist nicht gestattet, well die Muskulatur des Beekenbodens den Kopf in s a g i t t a l e r R J c h t u n g festh~ilt. 1)

Das weitere Fortschreiten tier Frucht besorgt jetzt 1) t ier l)ruck yon oben, 2) die durch den Druck yon oben gespannte

1) Es ergiebt sich hieraus, dass ein Druck der Hand gegen die nach der Symphyse gekrtlmmte Kindesaxe unter der Symphyse i n der Wehenpause an- gebracht, die Krilmmung nach hinten und somit auch die Richtung des Kopfes aus der Richtung yon oben vorn nach unten hinten in die t~iehtung yon oben hinten nach unten vorn iiberftihren muss, man also der Mutter Arbeit ersparen und die Geburt beschleunigen kann; doch darf dieses nicht zu frO& geschehen, well eine Erweiterung des Beckenbodens n6thig ist, damit das Kind austreten kann, diese Erweiterung kann aber nicht so gut zu Stande kommen, wenn die Kraft yon oben in der Richtung der Beckenaxe wirk~.

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Muskula~ur des Dammes, welohe, jenachdem wir Sch~idel- oder Gesichtslage haben, am Kinn oder am Hinterhaupt der Frucht einen sehr guten Angriffspunkt iindet, um den Sch~del nach ~orn zu schieben. Da an der oberen nach der eoncaven Seite der Kindesaxe hinsehenden Fl~i~he des Kopfes nicht eine gleiche den- selben nach vorn bewegende Kraft existirt, sondern vielmehr durch den absteigenden Sehambeinast hier ein Hinderniss vor- handen ist, so wird der Kopf nicht dutch die Schamspalte ge- s e h o b e n , sondern fiber den vorderen Theil derselben gew~lz t , das heisst, er nimmt eine Drehung um seine transversale Axe an.

W e r n i g e r o d e , im b~ovember 1875.