Über die Chemie des Öles der Lindenrinde

3
(Mitteilung aus der Landwirtschaftliehen Versuchsstation zu Miinster i. Westf.) 13BER DIE CHEMIE DES 0LES DER LINDENRINDE. Von HORST ENGEL. (Eingegangen am 5. Mai 1927.) Im Ansetflul~ an die vorstehenden Untersuehungen des Herrn Dr. SODZ~G wurde das fette 01 der Lindenrinde einer n~heren chemischen Analyse unterzoge n. (Tber die Chemie der aus den Aehsenorganen der Bs gewonnenen Baumfette ist bisher nur wenig bekannt geworden. So sollen im Stamm der Eiehe 10lein, Palmitin und Stearin enthalten sein, im Rindenfett yon Hamame~is virginica 2 in der Hauptsache Olein und Palmi~in. Trotzdem die Gegenwart von fet~em O1 in den Achsen der Baume mi$ Hilfe des Mikroskopes schon lange erkannt worden war, ist die Frage, ob Fett oder fett~hnlieher KSrper 3, doch noeh keineswegs ganz ge16st. So war es wiinschenswert, aueh fiber das im Whiter ats Re- servestoff gespeicherte O1 tier Lindenrinde chemische Kenntnis zu ge- winnen. Experimenteller Teil. Ii[enge des Fettes. Die quantitative Fettbestimmunff, die mi~ der gemahlenen und getroek- neten Rinde sowoM mit Benzol als aueh mi~ Ather als L6sungsmittel vorge- nommen wurde, lieferte nach 5--6stiindigem Extrahieren im Mittel 15,1%. Nach anderen Angaben soll das 01 in der Rinde zu 7,9--10,3~o, im Holz zu 6,3--9,2~o~ und in ttolz und Rinde zusammen zu 9--10~o ~ enthalten sein. Charakterisierung und Kennziffern. Das Fort ist bei gew6hnlicher Temperatur fliissig. Auch bei + 5 ~ bleibt es noeh fliissig. Die Farbe ist hellbraun, der Geruch schwach aromatisch. Nach 1/~ngerem Stehen setzte sieh ein krystalliner Bodensatz ab. Die Bestimmung der Verseifungszahl, die mit alkoholiseher Kalilauge in der Warme vorgenommen wurde, braehte den mittleren Weft yon 175, 2. Wenn auch die eigentliche Verseifung schnell und leicht erfolgte, so wurde die alko- holisehe L6sung der Kaliseifen nieht klar trotz 1/~ngeren Koehens. Diese Triibung 1 METZGrR, P. : Dissertation Miinehen 1896. 2 GRfiTTNER, F. : Arch. f. Pharm. H. 1, 236. 1898. A~T]~VS: Arkiv f. Botanik 14, Nr. 16. 1916. 4 NIKLEWSKI: Beih. z. Botan. Zentralbl. 19, I, 68. 1906. s BA~ANE~rZKY: Botan. Zentralbl. 18, 157. 1884. Planta Bd. 4. ~6

Transcript of Über die Chemie des Öles der Lindenrinde

(Mitteilung aus der Landwirtschaftliehen Versuchsstation zu Miinster i. Westf.)

13BER DIE CHEMIE DES 0 L E S D E R L I N D E N R I N D E .

Von

HORST ENGEL.

(Eingegangen am 5. Mai 1927.)

I m Ansetflul~ an die vors tehenden Unte r suehungen des H e r r n Dr. SODZ~G wurde das f e t t e 01 der L indenr inde einer n~heren chemischen Ana lyse unterzoge n. (Tber die Chemie der aus den Aehsenorganen der Bs gewonnenen B a u m f e t t e i s t b isher nur wenig b e k a n n t geworden. So sollen i m S t a m m der Eiehe 10le in , P a l m i t i n und S tea r in en tha l t en sein, im R i n d e n f e t t yon Hamame~is virginica 2 in der H a u p t s a c h e Olein und Palmi~in. T r o t z d e m die Gegenwar t von fet~em O1 in den Achsen der B a u m e mi$ Hi l fe des Mikroskopes schon lange e rkann t worden war, i s t d ie F rage , ob F e t t oder fe t t~hnl ieher KSrpe r 3, doch noeh keineswegs ganz ge16st. So war es wi inschenswert , aueh fiber das i m W h i t e r ats Re- servestoff gespeicher te O1 tier L indenr inde chemische K e n n t n i s zu ge- winnen.

E x p e r i m e n t e l l e r Tei l .

Ii[enge des F e t t e s .

Die quantitative Fettbestimmunff, die mi~ der gemahlenen und getroek- neten Rinde sowoM mit Benzol als aueh mi~ Ather als L6sungsmittel vorge- nommen wurde, lieferte nach 5--6stiindigem Extrahieren im Mittel 15,1%. Nach anderen Angaben soll das 01 in der Rinde zu 7,9--10,3~o, im Holz zu 6,3--9,2~o~ und in ttolz und Rinde zusammen zu 9--10~o ~ enthalten sein.

C h a r a k t e r i s i e r u n g und Kennz i f f ern .

Das Fort ist bei gew6hnlicher Temperatur fliissig. Auch bei + 5 ~ bleibt es noeh fliissig. Die Farbe ist hellbraun, der Geruch schwach aromatisch. Nach 1/~ngerem Stehen setzte sieh ein krystalliner Bodensatz ab.

Die Bestimmung der Verseifungszahl, die mit alkoholiseher Kalilauge in der Warme vorgenommen wurde, braehte den mittleren Weft yon 175, 2. Wenn auch die eigentliche Verseifung schnell und leicht erfolgte, so wurde die alko- holisehe L6sung der Kaliseifen nieht klar trotz 1/~ngeren Koehens. Diese Triibung

1 METZGrR, P. : Dissertation Miinehen 1896. 2 GRfiTTNER, F. : Arch. f. Pharm. H. 1, 236. 1898.

A~T]~VS: Arkiv f. Botanik 14, Nr. 16. 1916. 4 NIKLEWSKI: Beih. z. Botan. Zentralbl. 19, I, 68. 1906. s BA~ANE~rZKY: Botan. Zentralbl. 18, 157. 1884.

Planta Bd. 4. ~6

390 H. Engel:

war in der Gegenwart grSllerer Mengen unverseifbarer Stoffe begriindet. Die Ausbeute an Unverseifbarem, welches mit Petrolather aus der neutralen Seifen- l~sung ausgesehiittelt wurde, hatte dean aueh den erheblichen Betrag yon im Mittel 7,35~o. Es bestand zum kleineren Teile aus einer braunen 61igen Grund- substanz, wi~hrend der gr6i3ere Antefl sehmale schSn krystalline Nadelnl bfldete.

Nach dem Entfernen des Unverseifbaren batten die freien Si~uren, die durch Ansauern tier SeifenlSsung mit verdtinnter Salzsiiure und Ausschiitteln mit _~ther gewonnen waren, gleichfalls fliissige Konsistenz und braune Farbe. Die Neutralisationszahl, die nach Art der Verseifungszahl bestimmt wurde, lag im Mittel bei 195,3. Naturgemi~fl war die Neutralisationszahl der nieht yore Unvcr- seifbaren befreiten Fettsi~uren niedriger. Sic lag bei 183,5.

Aus der mittleren Verseifungszahl von 175,2 fiir das 01 errechnet sich theoretisch unter der Annahme, dal~ in der Tat Triglyzeride vorlagen, ftir die Si~uren eine solche von 182,4, eine Zahl, die mi~ der experimentell gefundenen yon 183,5 gut iibereinstimmt. Wird dabei das Unverscifbare mit 7,35~o bertiek- sichtigt, so erhSht sieh die Neutralisationszahl der Fettsiiuren auf 195,9, wiSh- rend ffir diese S~uren, wie sehon angeffihrt, die Zahl 195,3 experimentell ge- funden wurde. Dall in der Tat Glyzerin vorhanden war, besti~tigte der positive Verlauf tier Acroleinreaktion.

~qach den Verseifungs- und Neutralisationszahlen ist somit anzunehmen, dab in der Hauptsaehe Fettsi~uren mit 18 C-Atomen zugegen sind, und da$ diese an Glyzerin gebunden vorkommen.

Die Jodzahl sehwankte, je nach Jodiiberschufl. Sic lag bei 99,4--106,0. Auch diejenige tier freien Fettsauren zeigte diese Unregelmi~i~igkeit. Sic sehwankte zwischen 106,9~113,2. Die Jodzahl der vom Unverseifbaren befreiten Fett- s~uren lag konstanter zwischen 101,0--102,9. Offenbar hatten die Schwan- kungen in der unverseifbaren Substanz ihre Ursache.

Nach diesen Jodzahlen kommen in der Hauptsache Fetts~uren mit eincr Doppelbindung in Frage. Nur ein geringerer Anteil scheint zwei bzw. mehr als zwei Doppelbindungen zu enthalten.

Analyse des SKuregemisches. Das S/~uregemiseh wurde einer Trennung der festen,con den fllissigen Anteilen

unterworfen. Die dabei erhaltene Menge fester, gesi~ttigter Fettsi~uren betrug 1,41%. Nach zweimaligem Umkrystallisieren aus verdfinntem Alkohol bfldeten sieh schimmernde Krystallschuppen yore Schmelzpunkt 66,0 ~ wahrscheinlieh Stearinsiiure darstellend. Von einer weiteren Reinigung muSte aus Substanz- mangel abgesehen werden.

Die Zusammensetzung der flfissigen, ungesi~ttigten Si~uren wurde auf Grund der versehiedenen L6slichkeit ihrer Bromide ermittelt. Bei der Bromierung tier won den festen Anteilen befreiten Si~uren bildete sich Tetrabromstearinsi~ure yore Schmclzpunkt 112--113 ~ Der Bromgehalt betrug irn Mittet 53,2% (theo- retiseh erforderlich 53,3~o). Mit reiner Tetrabromstearinsaure, SchmelzpunkC 113 ~ aus reifem Mohn61 vermeng$, erlitt der Schmelzpunkt keine Depression. So war die Anwesenheit yon Linolsi~ure einwandfrei erwiesen. Die aus der gefundenen Tetrabromstearins~ure errechnete Menge Linolsi~ure betrug 3,86%.

Aus dem dutch Filtration yore Tetrabromid befreiten Filtrat wurde eine tiefbraun gefiirbte Substanz gewonnen, die sich dutch liingeres Erhitzen welter

1 Wahrscheinlich kryst. Tiliadin. Nach BRXVTIGA~: Arch. f. Phaxm. 238, 555. 1900; Pharm. Ztg. 1898. Nr. 105.

Uber die Chemie des 01es der Lindenrinde. 391

verfarbte. Die Brombes~immung ergab im Mittel 36,90/o Brom, w~hrend theo- retisch fiir Dibromstearins~ure 36,2% erforderlJch sind. Aus der gefundenen Menge der Dibromstearins~ure errechnet sich ein Gehalt an 01s~ure yon 88,5%

Zusammenfassung der Ergebnisse. Die aufgefundenen Fetts~uren kommen gebunden an Glyzerin vor.

Das 01 ist ein fettes 01 im iiblichen Sinne. Die Menge 1 der S~uren be- trug :

01s~ure . . . . . . . . . . . . . . rund 88% Linols~ure . . . . . . . . . . . . . rund 4% feste SSuren (wahrscheinlich Stearins~ure) . 1,5%.

Die Glyzeride miissen somit der Hauptmenge nach aus Triolein be. stehen. Von einer Untersuchung des Unverseifbaren, als wahrscheinlich nicht zu dem eigentlichen 01 gehSrend, wurde vorl~ufig abgesehen.

t Die angeffihrten Zahlen erheben auf quantitative Genauigkei~ keinen Anspruch. Krys~allisationen k6nnen immer nur zu Ann~herungswerten fiihren.

26*