Ueber die Hervorbringung hörbarer Töne

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15'2 Belieben bebt oder senkt, die Natur des Tons plstzlich umwandeh. Diese Eigenscbaft bietet dem Spieler vielc Hulfsquellen zur Veriiiannigfachung der musikalischcn Effecte. Wenn man den Luftkasten in mehre fur sich bewegliche Theile zerlegte, deren jeder eine Octave urn- fafstc, so 'wiirde es leicht seyn beide Tongattungen zu- sammenwirken zu lassen. Man khiite zum Beispiel den bohen.TUnen den Klang des Piano lassen, und deu tie- fen T h e n den der Zungenpfeifen geben, oder umge- kehrt. - XVIII. Ueber die Hcrcorlringung hiirbarer The; con Hobert Kanc; vol. XIX p. 247. ) (Aus den Procecclinp~ of tbr Roynl Irish Acudcmy; Phil #log. Die Wahrnehmung der Tiine elitstelit dadurch, dafs das Trommclfell in eine schwiugende Bewcguug versetzt wird, die isochron ist mit den von dem tbnenden Kilr- per ausgebendeu Schwingungen. Jeder Kiirper, welcher als eine einzige Masse schwingt, erzeugt gleichzeitig zwei Wellen, deren Bewegiingen von entgegengesetzter Rich- tung sind, und von denen die eine verdunnt, die andere verdichtet ist. Wenn dicse beiden Wellen gleichzeitig und mit gleicher Kraft zuin Trommelfell gelangen, erfolgt eine vollkommene Neutralisatiou uiid kein Ton wird ge- hilrt. Wo also ein schwingender Kiirper die Wahrnch- mung eines Tons im Ohr erzeugt, da ist eine der bei- den Wellen entweder ganzlich aufgefangen oder wenig- stens geschwlcht ivorden, und die Stzrke des Schalls ist proportional dem Intensitstsunterschiede der beiden Wel- len, wann sie das Ohr erreichen. Alle Instrumente zur Verstarkung der Tihe und Her- vorbringung von Resonanz wirken, nacb diesem Princip. Die folgenden Thatsachen werdetl diefs im Detail

Transcript of Ueber die Hervorbringung hörbarer Töne

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Belieben bebt oder senkt, die Natur des Tons plstzlich umwandeh. Diese Eigenscbaft bietet dem Spieler vielc Hulfsquellen zur Veriiiannigfachung der musikalischcn Effecte. Wenn man den Luftkasten in mehre fur sich bewegliche Theile zerlegte, deren jeder eine Octave urn- fafstc, so 'wiirde es leicht seyn beide Tongattungen zu- sammenwirken zu lassen. Man khiite zum Beispiel den bohen.TUnen den Klang des Piano lassen, und deu tie- fen T h e n den der Zungenpfeifen geben, oder umge- kehrt. -

XVIII. Ueber die Hcrcorlringung hiirbarer T h e ; con H o b e r t Kanc;

vol. XIX p . 247. ) (Aus den Procecclinp~ of tbr Roynl Irish Acudcmy; Phil #log.

Die Wahrnehmung der Tiine elitstelit dadurch, dafs das Trommclfell in eine schwiugende Bewcguug versetzt wird, die isochron ist mit den von dem tbnenden Kilr- per ausgebendeu Schwingungen. Jeder Kiirper, welcher als eine einzige Masse schwingt, erzeugt gleichzeitig zwei Wellen, deren Bewegiingen von entgegengesetzter Rich- tung sind, und von denen die eine verdunnt, die andere verdichtet ist. Wenn dicse beiden Wellen gleichzeitig und mit gleicher Kraft zuin Trommelfell gelangen, erfolgt eine vollkommene Neutralisatiou uiid kein Ton wird ge- hilrt. Wo also ein schwingender Kiirper die Wahrnch- mung eines Tons im Ohr erzeugt, da ist eine der bei- den Wellen entweder ganzlich aufgefangen oder wenig- stens geschwlcht ivorden, und die Stzrke des Schalls ist proportional dem Intensitstsunterschiede der beiden Wel- len, wann sie das Ohr erreichen.

Alle Instrumente zur Verstarkung der Tihe und Her- vorbringung von Resonanz wirken, nacb diesem Princip.

Die folgenden Thatsachen werdetl diefs im Detail

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erliiutern. Eine Stimmgabel ist das Centrum von vier Wellen, zwei + und zwei - (Fig. 12 Taf. 11); allein, wenn sic nicht sehr dicht an's Ohr gebracht wird, hbrt man keinen Toti, weil alle vier Wellen mit ihren Centris sehr dicht aneinanderliegen, daher sammtlich mit gleicher Kraft auf das Ohr wirken, und ihr Unterschied, wenig- stens anntiherud, Null ist.

Nshert man nun cine offene Rbhre von gleicher LYnge Nit der Liinge einer halben Welle (a one-phase wave) der Stimmgabel dem eiuen Centro, wie A in Fig. 13 Taf. 11, so bcginnt die Liift in Einklang wit der Gabel zu schwingen, da sic durch die erstc eintretende Welle in Bewegung gesetzt wird. Uie Schwingung aus der Rbhre ist aber eine Phase hiuter der der Gabel zuriick, und wenu also eiue.- Welle VOID Ceutro A ausgeht, trifft sie eine + Welle aus dem Ende l? der Rfihre, und beide werden zerstbrt. Das - Centrum C zerstfirt auch ein + Centruin, wie D , und es bleiben nur die Centra der + Wellen, B von der Gabel und F von der RBhre, und diese wirken gemeiuschaftlich auf das Trommelfell, urn den von uns gehlirten Ton zu cneugen.

1st die Rahre gesclilosseu und nur halb so lang, so wird die von A ausgehende und in die Riilrre tretendc Welle am Bodeu reflectirt; und sie tritt in deln Moinatit wieder aus, wann die n%chste - Welle von A eintre- ten will (Fig. 14 Taf. 11). E und A zerstBren alsdann einander, und da auch C und D interferiren, so bleibt uur die +Welle B , welche ungehindert auf das Ohr wirkt. Der Ton einer offenen Rbhre ist daher ceten's paribus weit starker als der einer gesclilossencn Rfihre, da dort zwei Welleu statt einer vorhanden sind.

Dab geschlossene Rbhren, wenn sie resonireu, den Ton des urspriinglich vibrirenden Kfirpers zum Theil zer-

*Wren, uud offene in Zusatz zu diesem ein neues Cen- trum einer Welle von gleicher Phase Nit der Ubrigblei- benden licfern, LEst sich auf mnncherlei Weise zeigbn.

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So hat Hr. Adams vor langer Zeit gezeigt, dafs wenn zwei geschlossene HUhreu unter rechten Winkeln gegen einander gestellt sind, sie iinterferiren, wenn man sic gegen cine Stiinmgabel ansprechen Iafst, was bisher noch nicht erkliirt worden ist. Einleuchtend ist jedoch, dafs wcnn die RUhren rechtwiuklich gegen einander lie- geu, dje zerstbrten Wellen sich in entgegengesetzten Pha- sen befinden, und die iibrigbleibenden ebenfalls, so d a t der Erfolg derselbe ist, wie wenn gar kciiie Rbhren da wiireq. Derselbe Effect Iafst sich ditrch eine einzige Hbhre bervorbringen, wenn man sie so bicgt, dafs ilire Mundungen rechtwinklich gegen einander liegeii (Fig. 15 Taf. 11); die - and + Wellen, D und C, begeguen und neutralisiren einander in der Rbhre, uud da die Wellen A und B , auch + und -, welche iibrig blei- ben, ebenfalls interferiren, so wird kcin Ton gehbrt I ) . In einer offenrn, zu cineni Kreise gebogenen Rdhre, wie in Fig. 15, befinden sich die zerstiirten Wellen (A, C) in gleicher Phase, wie die iibrigbleibendeii (B, D) , rind folglich ertiint eine solche Rbhre itiit fast der doppelten Kraft ciner gewiilinlichen offenen Riilire.

DaL es der Ton dcr iiicht in die Riihre tretenden Wellen ist, und nicht der der Wellcn iti der Rbhre, welchen wir h e n , zeigt sich, wenn man zwei geschlos- sene Riihren anwcndet, wie' Fig. 16. Wenn die beiden - Wellen durch die kreisrunde offene Rbhre nbsorbirt werden, absorbirt jede geschlossene Riihre eine + Welle und folglich wird kein Ton gehiirt, ungeachtet so vie1 vibrirendes Material zugegen ist. Wain nber die Kbh- ren -4 und B offen wiiren (Fig. 17), dann miifstell die vibrirenden Centrn blofs zu deren ahgewandtcn Enden verschoben werdtw, und die Kiilwen wurden T ihe nus- senden, wie die Sliinmgnbel es ohne sie that iii Fig. 16.

1) In dsr?Figur fehh dcr Birrlrstnhc B. er mufs r r c h neben A iiber c rtelrm. P.

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Hat die offene Rabre die doppdte L%nge einer Phase, dann geschieht die Neutralisation wie in Fig. IS, indem die iibrigbleibenden Wellen B und F , sich in entge- geng-etzten Phasen befinden; da aber ihre Centra so weit auseinanderliegen, so interferiren sie nur in byperbo- loidischen Fllchen, welche man nur bci sorgfiiltiger Nach- suchnng entdeckt, die indefs von S a v a r t beobachtet sind, obgleich er nicht auf ihre Ursache verfiel.

Allc diese Priucipien haben illre rollstandige Best%- tigiing erhaltcn durch ein zu diescin Zweck construirtes und Chlorizophon gcnanntes Instrument. Es besteht a w einer quadratischen klasplatte, befesiigt fiber einer Reihe gesclilossener Hiihren von solcher GriiCse, dafs, wenn die Platte in vier Abtheiliingen init diagonalen Knotenlinien schwingt, die Lange jeder Hiihre die Hiilfte der Phasenlznge der eneugten Welle ist; dabei babe11 sic eiiien dreiseiti- gen Querschuitt von gleicher Grhfse init einer der schwin- gendeii Abtheilung der Platte. Wenn eine dicser Riih- ren an die Platte gebracht, und diese durch einen auf die Mitte einer der Seiien aufgesetzten Violinbogen in Schwingung versetzt wird, so toot die Hnhre, uiid desto lauter, je naher ihre Miindung an dic Platte gebracht wird. Nun wird hier die gesoinlnte Welle der Platte von der Kbhre aufgefangen, und je vollkommener ihr Entweichen in die Luft verhindert wird, desto lauter ist der entste. liende Ton; er mufs also aus Wellen entstehen, die nicht iu die Rbhre eintreten. Auf diese Weise kann man ir- gend eine odcr mehre Wellen durch die geschlossenen Ri)hren absorbiren lassen, und mit einer und derselben Plattc eine Stufenfolge von Tonstlrken mit einer oder tnehren der vier Riihren eneugen, je nachdein diese fol- genrlerinafsen angeordnet sind:

Die schwingende Platte giebt acht Wellen, vier oben, vier untcn,,und zwar 4+ uud 4-.

Mit eiiier Rahre wird eine Wellt? absorbirt , 3+ und 3- zerstiiren einander, tind eine Welle, eiitgegen-

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gesetzt in Phase mit der absorbirten, bleibt iibrig, und giebt ciiien hbrbaren Ton.

Mit zwei Rbhren kbnnen die absorbirten Wellen entweder von entgegengesetzten oder gleichen Pbasen s e p . Sind sie eutgegengesetzt, so siud die iibrigblei- benden Wellen 3+ und 3-, nnd man hiirt keinen Ton; sind aber die absorbirten Wellen von gleicher Phase, beide z. B. +, so bleiben 4- und 2+, und folglich wird das Ohr doppelt affcirt durch 2-. Die Riihren kiinnen entweder beide iiber oder unter der Platte s e p , oder blofs die eine dariibcr urid die andere clarunter.

Mit drei Rbhren k6nnen die absorbirten Wellen eutweder alle von glcicher Phase seyn, oder zwei von der eineu und die dritte von der andern. Im ersteu Fall werden 3+ absorbirt; es bleiben also 4- und I + , und das Ohr empfangt den Impuls von 3-. In dem andern Fall werden 2+ und 1 - absorbirt; es' bleiben 2+ und 3- iibrig, und der Iinpuls auf das Ohr ist nur 1-. Hiebei kann die Stelluug der Rbliren varii- ren wie in dein friiheren Fall.

Mit vier Hbhren kann die Absorption entwcder Wel- len skimmtlich vou gleicher Phase oder 2+ uud 2- treffen. Im ersten Fall werden die iibrigbleibenden Wel- len entweder 4+ oder 4- sepn, in welchem Fall man den lautesten Ton hgrt, den die Platte geben kann, oder es bleiben 2 t und 2-, in welchem Fall die Platte keiuen Ton liefert. Diese Kesultate beweisen geniigend, dafs die Tiine, welche innn hiirt, die riickstandigen und nicht die in die Riihre eintretenden sind.

Eine schwingende Platte giebt immer einigen Ton, selbst ohne RGhrcn, denn da sie wenigstens acht Wel- len hervorbringt, so siud iminer einige giiustiger beum- standet zur Einwirkung auf das Olir als andere. Dicser Uuterschied wlchst niit der Anzahl der Wellen, und desbalb wird der unabhliigige Ton dzr Platte in dein Maafse starker , als die schwingeudeu Abtheilungeii, in welche er zerfdlt , zahlrcicher wcrdcii.

I57 Eine im Freien schwingende Saitc giebt wenig oder

gar keineu Ton; wenn sie aber tiber ein elnstisches Brett ausgespannt oder damit verbundeii wird, bringt sie eine grofse Resonanz hervor. Diefs hat zwei Ursachen. Erst- lich ist die Saite, fiir sicb allein, der Mittelpunkt zweier ungemein dicht zusamlncnliegender Wellen, die also mit einander interferirei:. Wenn aber die Saite AB nahe bei einer F lkhe Cschwingt, so wird die zu dieser Fki- che gehende Welle -1 reflectirt; sie begegnet also die ihr folgende Welle +2, neutralisirt sie zuin Theil und setzt die Welle - 2 in den Stand das Ohr obne Schwa- chung zu erreichen (Fig. 19). Wahrscheinlich entspringt jedoch der gr6Bte Theil des Tons dadurch, dafs das Brett oder die Flaclie selbst theilweise oder als Gan- zes schwingt. Geschieht diefs theilweise, so haben die Theile in Bezug auf das Ohr verschiedene Lage, und macheii also eiuen Eindruck auf dasselbe. Schwiiigt sie aber als Ganzes, so ist die Platte C so breit, oder, wenu sie einen Kasten bildet, so begranzt, dafs die cine Welle durch innere Reflexion verloren geht, und nur die von der Aufsenseite abgehende Welle das Ohr erreichen kann.

Stellt man ciue Stimmgabel atif einen Tisch, so geht eiue Welle durch innere Transmission und Heflexion ver- loreu, wahrend die von der Aufsenseite herkornmende das Ohr erreicht.

Bei Zungenpfeifen bringt die Zunge zwei Wellen hervor, welche, wenn sie frei schwingt, einander am Ohr nentrnlisiren ; alleiu in Praxis ist der einen ein offener Austritt durcli das Mundstlick gestattet, wahrend die an- dere in den H6hlungen der Lippen und des Muudes rer- loren geht. Uei Mundstiick-Instrumenten, wie JagdhiTr- ner und Trompeten, dient die MundhBhle ebenfalls z w Absorption der einen Welle, wahrend die andere frei entweicht.

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