Über die Verbreitung von Flavonoiden bei pleurokarpen Laubmoosen II. Apigenin and...

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Institut fur Allgemeine Botanik der Universidt Mainz Ober die Verbreitung von Flavonoiden bei pleurokarpen Laubmoosen II. Apigenin und Apigenin-7 -rhamnoglucosid bei Pleurozium schreberi (WILLD.) MITT. On the Occurrence of Flavonoids in the Pleurocarpous Mosses II. Apigenin and Apigenin-7-rhamnoglucoside in Pleurozium schreberi (WILLD.) MITT. O. V ANDEKERKHOVE Eingegangen am 1. August 1980 . Angenommen am 4. August 1980 Summary 12 species of pleurocarpous mosses have been investigated as to their content of flavo- noids. Flavonoid tests on 11 species have given negative results. Only one species, Pleurozi- um schreberi, contains three flavonoids. They were purified by means of paper chromato- graphy. Two of them are by chromatography, acid hydrolysis and absorption spectrum identical with apigenin and apigenin-7-rhamnoglucoside. The third flavonoid is as yet un- identified. Qualitative hydrolysis yields apigenin. The chemotaxonomic importance of the results is briefly discussed. Key words: mosses, Pleurozium Schreberi, flavonoids, apigeninglycosides. Einleitung Seit dem Erscheinen von HEGNAUERS Chemotaxonomie der Pflanzen im Jahre 1962, wo Flavonoide fur Laubmoose nur von Mnium cusp ida tum (KOZLOWSKI, 1921) erwahnt werden konnten, hat sich unsere Kenntnis uber die Verbreitung von Flavonoiden bei Laubmoosen sehr erweitert (MARTENSSON and NILSKON, 1974; BENDZ et aI., 1962; MELCHERT and ALSTON, 1965; NILSSON, 1973; NILKSON et aI., 1973; LINDBERG et aI., 1974; OSTERDAHL, 1976, 1978, 1979; VANDEKERKHOVE, 1978. Diese Untersuchungen bezogen sich aIle auf akrokarpe Laubmoose. An pleuro- karpen Laubmoosen untersuchten NILSON and BENDZ (1973) 3 Drepanocladus- und mehrere Calliergon-Arten und fan den keinerlei Flavonoide. Schon 1967 hatten MCCLURE and MILLER 22 Arten pleurokarper Laubmoose getestet und 5 als mog- licherweise flavonoidhaltig bezeichnet. Unterdessen wurde bei einer dieser Arten Z. Pflanzenphysiol. Bd. 100. S. 369-372. 1980.

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Institut fur Allgemeine Botanik der Universidt Mainz

Ober die Verbreitung von Flavonoiden bei pleurokarpen Laubmoosen

II. Apigenin und Apigenin-7 -rhamnoglucosid bei Pleurozium schreberi (WILLD.) MITT.

On the Occurrence of Flavonoids in the Pleurocarpous Mosses

II. Apigenin and Apigenin-7-rhamnoglucoside in Pleurozium schreberi (WILLD.) MITT.

O. V ANDEKERKHOVE

Eingegangen am 1. August 1980 . Angenommen am 4. August 1980

Summary

12 species of pleurocarpous mosses have been investigated as to their content of flavo­noids. Flavonoid tests on 11 species have given negative results. Only one species, Pleurozi­um schreberi, contains three flavonoids. They were purified by means of paper chromato­graphy. Two of them are by chromatography, acid hydrolysis and absorption spectrum identical with apigenin and apigenin-7-rhamnoglucoside. The third flavonoid is as yet un­identified. Qualitative hydrolysis yields apigenin. The chemotaxonomic importance of the results is briefly discussed.

Key words: mosses, Pleurozium Schreberi, flavonoids, apigeninglycosides.

Einleitung

Seit dem Erscheinen von HEGNAUERS Chemotaxonomie der Pflanzen im Jahre 1962, wo Flavonoide fur Laubmoose nur von Mnium cusp ida tum (KOZLOWSKI, 1921) erwahnt werden konnten, hat sich unsere Kenntnis uber die Verbreitung von Flavonoiden bei Laubmoosen sehr erweitert (MARTENSSON and NILSKON, 1974; BENDZ et aI., 1962; MELCHERT and ALSTON, 1965; NILSSON, 1973; NILKSON et aI., 1973; LINDBERG et aI., 1974; OSTERDAHL, 1976, 1978, 1979; VANDEKERKHOVE, 1978.

Diese Untersuchungen bezogen sich aIle auf akrokarpe Laubmoose. An pleuro­karpen Laubmoosen untersuchten NILSON and BENDZ (1973) 3 Drepanocladus- und mehrere Calliergon-Arten und fan den keinerlei Flavonoide. Schon 1967 hatten MCCLURE and MILLER 22 Arten pleurokarper Laubmoose getestet und 5 als mog­licherweise flavonoidhaltig bezeichnet. Unterdessen wurde bei einer dieser Arten

Z. Pflanzenphysiol. Bd. 100. S. 369-372. 1980.

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ein Flavonoid identifiziert (V ANOEKERKHOVE, 1977). In der vorliegenden Untersu­chung sol1 iiber Tests auf Flavonoide bei weiteren 12 Arten pleurokarper Laubmoose herichtet werden.

Material und Methoden

Das Untersuchungsmaterial waren folgende 12 Arten: Acrocladium cuspidatum, Anomo­don viticulosus, Brachythecium rivulare, Brachythecium rutabulum, Climacium dendroides, Cratoneurum commutatum, Eurhynchium striatum, Hygramblystegium irriguum, Pleurozium schreberi, Scleropodium purum, Thuidium abietinum und Thuidium tamariscifolium. Aile diese Moose wurden im Oktober 1979 im Schwarzwald gesammelt.

Nach Lufttrocknung gelangten jeweils 5-10 g Material zur Extraktion mit 500f0igem waBrigem Methanol, im Faile von Pleurozium schreberi waren es 22 g. Die weiteren Proze­duren der Reinigung und chromatographischen Anreicherung sind schon fruher beschrieben worden (VANDEKERKHOVE, 1977). Die getrockneten Chromatogramme wurden im langwelli­gen UV-Licht betrachtet, mit Ammoniak behandelt sowie mit Naturstoffreagens A und mit Benedicts Reagens bespruht. Fur die UV-Spektroskopie und die Hydrolyse wurden Reilli­gungen mit verschiedenen Laufmitteln vorgenommen. Die Messung der UV-Spektren erfolg­te mit einem Spektralphotometer Zeiss M 4 Q III unter Gebrauch der iiblichen Methoden (MABRY et al., 1970).

Diskussion und Ergebnisse

Die untersuchten Arten pleurokarper Laubmoose waren, wie das Behandeln mit den ohen genannten Chemikalien zeigte, mit Ausnahme von Pleurozium schreberi f1avonoidfrei. Dieses Moos entha:lt 3 Flavonoide mit folgenden Rr-Werten:

F, F2 F}

tert. ButanollEssigsaure/Wasser 3 : 1 : 1 0,87 0,60 0,49

IS%ige Essigsaure 0,11 0,53 0,44

Damit lag nahe in F] ein Aglykon zu vermuten, in F2 und F3 Glykoside. Aile drei Fla­vonoide reagierten negativ auf Benedicts Test und lieferten eine gelbgriine Farbung im UV-Licht mit Naturstoffreagens A. Zunachst wurde das Aglykon durch Chromatographie mit 300f0iger Essigsaure isoliert. Cochromatographie mit Apigenin (Roth) ergab in zweidi­mensionaler Entwicklung mit tert. ButanollEssigsaure/Wasser 3 : 1 : 1 und IS% iger Essig· saure nur einen Fleck.

UV-Spektren (Am".,nm):

Methanol: 268, 331 Na-methylat : 272 , 390 AlCh : 277, 300, 341, 378 AlCl}/HCl: 276, 299, 340, 379 Na-acetat: 277, 299, 382, Na-acetat/H}BOJ 268, 299, 334

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Damit ist die Substanz Fl als das Aglykon Apigenin identifiziert. Die Substanz F2 wurde durch eindimensionale Papierchromatographie mit tere. ButanollEssigsaure/ Wasser 3 : 1 : 1 vorgereinigt und anschlie~end durch Entwickeln mit 150f0iger Essigsaure isoliert. Die Rf-Werte und die Farbreaktion deuteten auf eine enge Beziehung oder Identitat mit dem Flavonoid von Hylocomium splendens hin (V ANDEKERKHOVE, 1977). Cochromatographie mit diesem Flavonoid sowie mit Rhoifolin (Roth) ergab jeweils nur einen Fleck.

UV-Spektren (Am'" nm):

Methanol: 268, 332 Na-methylat: 271, 388 AICIl: 273, 300, 348, 382 AICVHCl: 273, 300, 340, 381 Na-acetat: 268, 347, 388 N a -acetat/HlBO J: 268, 335

Eine halbstiindige Hydrolyse mit Methano1l2n HCI (1 : 1) lieferte 3 Flavonoide: da~ Aglykon Fl=Apigenin, die Ausgangssubstanz F2 und eine neue Substanz mit den Rf-Wer­ten 0,63 (TBA) und 0,23 (150f0ige Essigsaure). Dieses Produkt gibt bei Cochromatographie mit Apigenin-7-monoglucosid nur einen Fleck, wird von p-Glucosidase (Serva) in aqua dest. vollstandig in Apigenin und Glucose gespalten und kann somit als identifiziert gelten als Apigenin-7-monoglucosid .

Zweistiindige Hydrolyse von F2 mit dem vorgenannten Gemisch ergibt als Flavonoid nur Apigenin, als Zucker wurden Glucose und Rhamnose nachgewiesen. Diinnschichtchromato­graphie auf Celluloseplatten (Merck) mit dem Laufmittel Kthylacetat/ Essigsaurei Metha­nol l Wasser 60: 15 : 15 : 10 erlaubt eine gute Trennung von Glucose und Rhamnose (R f-

Werte: Glucose 0,14; Rhamnose 0,36). Damit kann als gesichert gelten, da~ das Flavonoid F2 von Pleurozium schreberi Apigenin-7-rhamnoglucosid ist.

Die Substanz F3 konnte nicht in ausreichenden Mengen isoliert werden. Hydrolyse iiber 3 Stunden liefert aber eben falls Apigenin, die Rf-Werte deuten auf ein Diglycosid hin und das Verhalten gegen Raucherung mit Ammoniak legen nahe, es fUr ein Apigenin-7,4'-digly­cosid oder Apigenin-4' -diglycosid zu halten.

Das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung bestatigt fruhere Befunde (MCCLU­RE and MILLER, 1967; NILSSON and BENDZ, 1973; VANDEKERKHOVE, 1977), da~ Fla­vonoide bei pleurokarpen Laubmoosen sehr selten sind. Sie wurden bisher erst bei Hylocomium splendens und Pleurozium schreberi nachgewiesen.

Vorwiegend aus cytologischen Grunden (z. B. Peristombau) wird von einigen Autoren (z. B. SMITH, 1978) neuerdings Pleurozium schreberi aus der Familie der Entodontaceae herausgenommen und in die Nahe der Gattung Rhytidiadelphus ge­stellt. In dem Werk von SMITH (1978) wird allerdings eine gro~e Familie Hypna­ceae aufgesteIlt, zu der auch die bisherigen Rhytidiaceae und Hylocomiaceae geho­ren, die letzteren allerdings als eigene Unterfamilie abgetrennt und nur die Gattung Hylocomium selbst umfassend ohne die fruher haufig zur Familie Hylocomiaceae gerechnete Gattung Rhytidiadelphus (z. B. BERTSCH, 1966). Die Ergebnisse der phy­tochemischen Untersuchungen auf Flavonoide legen nun nahe, Pleurozium schreberi weniger in die Nahe von Rhytidiadelphus zu steIlen, wie dies SMITH aus cytologi­schen Grunden tut, sondern die Art direkt an Hylocomium splendens anzuschlieBen

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(moglicherweise als Obergang zu Rhytidiadelphus), da beide Arten ein gemeinsames

Hauptflavonoid besitzen. Aile anderen bisher untersuchten nahezu 30 Arten von

pleurokarpen Laubmoosen sind vollig frei von Flavonoiden und namentlich die 3 Arten der Gattung Rhytidiadelphus besitzen keinerlei Spur en davon.

Literatur

BENDZ, G. et al.: Acta chern. scand. 16, 1183 (1962). HEGNAUER, R.: Chemotaxonomie der Pflanzen. Band 1 (1962). KOZLOWSKI, M. A.: Compt. Rend. 173,429 (1921). LINDBERG, G. et al.: Chemica scripta 5,140 (1974). MABRY, T. J. et al.: The Systematic Identification of Flavonoids (1970). MARTENSSON, O. and E. NILSSON: Lindbergia 2, 145 (1974). MCCLURE, J. W. and H. A. MILLER: Nova Hedwigia XIV, 113 (1967). MELCHERT, T. E. and R. E. ALSTON: Science 150, 1170 (1965). NILSSON, E.: Abstracts of Uppsala Dissertations from the Faculty of Science 239 (1973). NILSSON, E. et al.: Chemica scripta 4, 66 (1973). NILSSON, E. and G. BENDZ: In: G. BENDZ and J. SANTESSON: Chemistry in Botanical Clas-

sification, Academic Press, 117 (1973). OSTERDAHL, B.-G.: Acta Chern. Scand. B 30, 867 (1976). - Acta Chern. Scand. B 32, 714 (1978). - Abstracts of Uppsala Dissertations from the Faculty of Science 516 (1979). SMITH, A. J. E.: The moss flora of Britain and Ireland (1978). VANDEKERKHOVE, 0.: Z. Pflanzenphysiol. 85, 135 (1977). - Z. Pflanzenphysiol. 86, 135 (1978 a). - Z. Pflanzenphysiol. 86, 279 (1978 b).

Dr. O. VANDEKERKHOVE, Institut fur Allgemeine Botanik der Universitat, SaarstraBe 21, D-6500 Mainz.

Z. P/lanzenphysiol. Ed. 100. S. 369-372. 1980.