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Uber Metallcarbonyle. 75l) Von W. HIEBER und Mitarbeitern Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen Von ERWIN WEISS Mit 2 Abbildungen Inhaltsiibersicht Ein Vergleich der an verdiinnten benzolischen Lijsungen gemessenen Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen, welche aul3erdem noch Nitrosyl NO, Isonitril CNR oder Cyclopentadienyl C,H5 als Liganden enthaltcn, erlaubt es, Schliisse beziiglich des Bindungscharakters von CO und der genannten Liganden zu ziehen. Die Ergebnisse zeigen, da13 die Metall-CO-Bindung praktisch unpolar ist; ihr gegen- iiber weist Me-NO in Metall-nitrosyl-carbonylen ein nur um etwa 0,5 D verschiedenes Moment auf. Die Metall-Isonitril-Bindung in Fe(CO),(CNCH,) ist hingegen stark polar. Dami t zusammenhangende Bindungsfragen werden diskutiert. Fur den oktaedrischen Durchdringungskornplex Fe(CO),J, wird aus dem experi- mentell zu ,u = 3,6 D gefundenen Moment auf cis-Konfiguration geschlossen. Einleitende Bemerkungen Bezuglich der Metall-Kohlenstoffbindung in den Metallcarbonylen sah man lange Zeit eine befriedigende Annahme darin, da13 das einsame Elektronenpaar am C- Atom nach Art einer koordinativen Kovalenz Met C=O 1 in die Elektronenschale des zentralen Metallatomes einbe- zogen werden sollte. Das treibende Moment scheint dabei die Ausbildung von edelgaskonfigurierten Elektronenbahnen zu sein und es lassen sich mit dieser Arbeitshypothese viele chemische und physikalische Eigen- schaften dieser Verbindungsklasse verstehen. Diese Anschauungen wurden spater von PAULING 2, verfeinert, der die Bedeutung von mesomeren Strukturen 0 e3 Me t C EZ 0 I <+ Me + C=O, e Me t C=O A B C e e3 G e 3 , \ / 1) 74Mitteil., W. HIEBER u. L. SCHUSTER, Z. anorg. allg. Cheni. 287, 214 (1956). a) L. PAULINQ, ,,The Nature of the Chemical Bond", 2.Aufl. Oxford University Press, London 1950, S. 251ff.

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Uber Metallcarbonyle. 75l)

Von W. HIEBER und Mitarbeitern

Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen

Von ERWIN WEISS

Mit 2 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Ein Vergleich der an verdiinnten benzolischen Lijsungen gemessenen Dipolmomente

von Metallcarbonylverbindungen, welche aul3erdem noch Nitrosyl NO, Isonitril CNR oder Cyclopentadienyl C,H5 als Liganden enthaltcn, erlaubt es, Schliisse beziiglich des Bindungscharakters von CO und der genannten Liganden zu ziehen.

Die Ergebnisse zeigen, da13 die Metall-CO-Bindung praktisch unpolar ist; ihr gegen- iiber weist Me-NO in Metall-nitrosyl-carbonylen ein nur um etwa 0,5 D verschiedenes Moment auf. Die Metall-Isonitril-Bindung in Fe(CO),(CNCH,) ist hingegen stark polar. Dami t zusammenhangende Bindungsfragen werden diskutiert.

Fur den oktaedrischen Durchdringungskornplex Fe(CO),J, wird aus dem experi- mentell zu ,u = 3,6 D gefundenen Moment auf cis-Konfiguration geschlossen.

Einleitende Bemerkungen Bezuglich der Metall-Kohlenstoffbindung in den Metallcarbonylen

sah man lange Zeit eine befriedigende Annahme darin, da13 das einsame Elektronenpaar am C- Atom nach Art einer koordinativen Kovalenz

M e t C=O 1 in die Elektronenschale des zentralen Metallatomes einbe- zogen werden sollte. Das treibende Moment scheint dabei die Ausbildung von edelgaskonfigurierten Elektronenbahnen zu sein und es lassen sich mit dieser Arbeitshypothese viele chemische und physikalische Eigen- schaften dieser Verbindungsklasse verstehen.

Diese Anschauungen wurden spater von PAULING 2, verfeinert, der die Bedeutung von mesomeren Strukturen

0 e3 Me t C EZ 0 I <+ Me + C=O, e Me t C=O

A B C

e e3

G e 3 , \

/

1) 74Mitteil., W. HIEBER u. L. SCHUSTER, Z. anorg. allg. Cheni. 287, 214 (1956). a) L. PAULINQ, ,,The Nature of the Chemical Bond", 2.Aufl. Oxford University

Press, London 1950, S. 251ff.

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224 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 287. 1956

hervorhob. von denen B die betrachtliche elektronegative Aufladung des zentralen Metallatomes vermeidet. Eine experimentelle Stutze fur diesen ,,Doppelbindungsanteil" sieht PAULING in der rontgenographi- schen und elektronenoptisch festgestellten Abstandsverkurzung der Me-C-Bindung gegenuber den mit seinen Einfachbindungs-Atom- radien berechneten Werten.

Wenn es eine vernunftige Betrachtungsweise sein sollte, die Art der Bindung in den Metallcarbonylen durch mesomere Grenzformeln wiederzugeben, so w i d sich nun die Frage erheben, his zu welchem Aus- ma13 eine Reteiligung von Doppelbindungsstrukturen vorliegt. Diese Probleinstellung gilt in gleicher Weise fur verwandte Bindungstypen, so z. B. fur die Me-C-Bindung in den Isonitrilo-3), den Cyano-4) und Alkinylo-Kamplexen 5, oder fur die Me-N-Bindung in den Nitrosyl- verbindungen 3).

Zur experimentellen Klarung erscheint die schon genannte Methode der genauen Abstandsbestimmung nicht immer geeignet, da die zum Vergleich beniitigten Bindungsradien der Atome haufig nicht mit ge- nugender Cenauigkeit bekannt sein durften 4). Einen besseren Einblick wird man wohl iiber andere meljbare physikalische Eigenschaften er- warten durfen, wie etwa durch die Kraftkonstanten der Me-C-Bindung, welche spekt'roskopisch zuganglich sind 6, '), und schlie13lich in beson- derem MaBe durch die Ladungsverteilung an den an der Bindung be- teiligten Atomen, welche ihren Ausdruck im e lek t r i schen Moment d e r B i n d u n g findet.

Es ist einleuchtend, dalj man Aufschlusse hieriiber nicht an den reinen Metallcarbonylen selbst gewinnen konnen wird. Diese Molekeln sind meist hochsymmetrisch gebaut und zeigen infolge intramolekularer Kompensation nach auljen hin kein meljbares Dipolmoment. Eine Storung der Symmetrie wird aber dadurch erzeugt, da13 man eine oder mehrere CO-Gruppen durch andere Liganden, wie z. B. Halogen, Ni- trosyl NO, Isonitril CNR oder Cyclopentadienyl C,H, ersetzt.

Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, durch Vergleich der elek- trischen Momente derart substituierter Carbonylverbindungen Ein-

s, W. HIEBER u. D. v. PIOENOT, Chem. Ber. 89, 196 (1956); 89, 613 (1956), vgl.

4, W'. HIEBER, R. NAST u. J. G. FLOSS, Z . anorg. allg. Chem. 283, 188 (1956). 5, R. NAST, Z. Naturforschg. Sb, 381 (1953). 6, R. S. NYHOLM u. L. N. SHORT, J. chem. Soc. [London] 1963, 2670. 7, R. K. SHELINE u. K. S. PITZER, J. Amer. chem. Soc. 72, 1107 (1950). - Vgl. bes.

auch die zusammenfass. Darst. J. W. CABLE u. R. K. SHELINE, Chem. Reviews 66, 1 bis 26 (1956).

auch die dort zitierte Lit.

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E. WEISS, Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen 226

blicke zu gewinnen in die zunachst relativen Momente dieser Metall- Liganden- Bindungen. Hieraus konnen sodann - mit angemessener Vorsicht - Schlusse gezogen werden bezuglich der Struktur dieser Liganden in den jeweils vorliegenden Verbindungen. Es ist zu erwarten, daB der Charakter einer betrachteten Bindung auch merklich von Art und Anzahl anderer vorhandener Liganden beeinflufit wird. Verall- gemeinernde Schliisse wird man daher erst nach Untersuchung einer grofieren Anzahl von Verbindungen ziehen durfen.

Experimentelles

Die Dipolmomente wurden bestimmt aus Messungen von Dielek- trizitatskonstante, Dichte und Brechungsindex benzolischer Losungen bei 25" C. Bei der Konstruktion der MeBapparatur war auf hohe MeB- empfindlichkeit, sowie auf die Moglichkeit, alle Manipulationen unter Luft- und FeuchtigkeitsausschluB durchfuhren zu konnen, besonders zu achten.

Messung der Dielektrizitatskonstante Die Bestimniung der DK erfolgte mit dem Dipolmeter DM 01 von SLEVOGT~). Dieses

empfindliche Gerat arbeitet nach der bekannten ifberlagerungsmethode mit einer Me& frequenz von 1800 bzw. 1000 kHz. Die Resonanz der beideu temperaturstabilisierten Schwingkreise wird uber eine Kathodenstrahlrohre angezeigt und liefert bei Fliissig- keiten eine maximale MeSempfindlichkeit von A E / E = 5 . 10".

Das Gerat wurde in der Weise geeicht, dad zwei Fixpunkten auf der Skala des Med- drehkondensators die entsprechendeu DK-Werte zugeordnet und dann zwischen den Teilstrichen linear interpoliert wurde. Als Bezugssubstanzen dienten hochgereinigtes Benzol und Cyclohexan9): Benzol eZ5 = 2,2725; Cyclohexan cZ5 = 2,0148.

Die Medzellen mit einem Volumen von 4 ml und 40 ml waren innen rhodiniert; sie wurden durch einen HoPPLER-Ultrathermostaten auf der konstanten Temperatur 25,OO 5 0,02" C gehalten, wobei die Temperatur des umgepumpten Wassers durch ein BECKMANN-Thermometer standig kontrolliert wurde.

Herstellung der Lasungen, Fiillung der MeBzelle Nebenstehend abgebildete Apparatur schliedt sich weitgehend an eine von BRIEGLEE

und CZEKALLA *) beschriebene Versuchsanordnung an und erlaubt eine bequeme Fiillung der Fliissigkeitszelle bei Luft- und Feuchtigkeitsausschlud.

Die Substanz, sowie die erforderliche Menge Losungsmittel werden nacheinander in das rnit trockenem, gereinigtem Stickstoff gefullte SCHLENKsche Rohr v, oder v, eingewogen. Fliissige Verbindungen wagt man am besten in diinnwandigen, angeritzten Glasampullen ein und zertrummert diese im geschlossenen GefaB durch Schutteln und

8, Hersteller: Wissenschaftlich-technische Werkstatten Dr. habi!. K. SLEVOGT, Weilheim/Obb. Das Gerat wurde ausfuhrlicher beschrieben von G . BRIEGLEB u. a. CZEKALLA, Z. Elektrochem. Ber. Bunsenges. physik. Chem. 58, 249 (1954).

9) L. HARTSHORN u. D. A. OLIVER, Proc. Roy. SOC. [London], Ser. A 123,664 (1929), vgl. ferner: R. MECKE u. K. ROSSWOG, Angew. Chem. 66, 75 (1954).

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'226 Zritschrift fiir anorganische und dlgemeine Chemie. Band 287. 1956

vermittels eines magnetisch betatigten Fallgewichtes. - Nach erfolgter Losung setzt man V im Stickstoffgegenstrom - uber Hahn H, - an den Schliff S an. Schon vorher wurden alle Zuleitungen sowie die MeBzeIle grundlich mit N2 gespult. Durch Stellung des Hahnes

H, auf ,,Entliiften" wird alsdann die Losung uber den kapillaren Heber in die Zelle gedriickt. Die Zelle kann entleert werden, indem man die Hahne H, und H, um- stellt. AnschlieBend wird so oft mit reinem, trockenem Losungsmittel gespult, bis sieh dessen DK ein- stellt. Vor jeder Neufiillung muB die Zelle durch Durchleiten eines 1 Stickstoffstromes getrocknet werden.

I Thermostot

Bestimmung von Dichte und Brechungsindex der Losungen

Die Dichtebes t immung er- folgte mit einem von BRIEGLEB und CZEKALLA~) beschriebenen P y k n o m e t e r P, welches bei un- serer Anordnung direkt an den seit- lichen Schliff des GefaBes V, an- gssetzt und mit einem Teil der Losung gefullt werden konnte. Unter Beriicksichtigung des Luftauftriebes betragt die erreichbare Genauig- keit der Dichtebestimmung A@/@ =

Die Brechungs indizes der 5 . 10-5.

Abb. 1. Gerate zur Dipolmessung Losungen wurden mit einem ABB& RefraktometeI lo) gemessen, dessen

heizbares MeBprisma bei besonders luftempfindlichen Substanzen mit einer DurchfluB- kuvette ausgestattet werden konnte. Alle Ablesungen - fur die Na-D-Linie - wurden so genau als moglich vorgenommen, wobei jeweils iiber mehrere Werte gemittelt wurde.

Reinigung der Losungsmittelll) BenzoI, p. a. von E. Merck, wurde pro Liter C,K, zweimal nacheinander mit je

70 ml konz. H,SO, geschuttelt und abgetrennt. Nach Waschen mit 2 n-NaOH und Wasser wurde uber CaCl, getrocknet, dann von diesern abdekantiert, Na-Draht eingepreBt und spater uber eine lange, rnit RAscHIa-Ringen gefiillte Kolonne abdestilliert. Die mittlere Fraktion yon konstantem Brechungsindex wurde durch partielles Ausfrieren feingereinigt. Dichte ey = 0,8737 & 0,0001. n g = 1,4979 0,0001.

lo) Firma Carl ZeiB, Oberkochen, Wurtternberg. 11) Herrn Dr. H. WALZ danken wir bestens fur die Mitteilung der Reinigungsvor-

schrif ten.

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E. WEISS, Dipolmomente yon MetaIIcarbonyIverbindungen 221

Cyclohexan , chem. rein von E. Merck, wurde pro Liter mit 100 ml Nitriersaure (1 TI. konz. HNO, + 3 T1. konz. H,S04) versetzt und zwei Stunden lang unter RuckfluS erhitzt. Nach Zugabe von 50 ml konz. HNO, wurde weiter erhitzt und diese Prozedur nochmals mit 50 ml rauchender HNO, wiederholt. Zur Entfernung aromatischer Nitro- verbindungen wurde nun mehrmals mit kleinen Portionen konz. H2S04 geschuttelt, dann mit 2 n-NaOH und Wasser gewaschen, uber Na,S04 und schlieBlich uber Natrium getrocknet. Die weitere Reinigung durch fraktionierte Destillation und Kristallisation erfolgte wie bei Benzol. e:" = 0,7738 f 0,0001. n g = 1,4236 f 0,0001.

Zur e x t r e m e n Wasserbef re iung dieser Losungsmittel hat sich die von SCHUPP und M E C K E ~ ~ ) beschriebene Umlauftrocknungsanlage in der von KORTUM und W A L Z ~ ~ ) modifizierten Form bestens bewahrt.

Darstellung und Reinigung der untersuchten Verbindungen Fe(CO),, technisches Produkt der BASF, Ludwigshafen/Rhein, wurde durch wieder-

hoke fraktionierte Kondensation im Vakuum gereinigt und in gewogene Ampullen ab- gefullt. Alle Operationen haben bei gedampftem Licht zu erfolgen.

Co(CO),(No) und Fe(CO),(NO), wurden nach SEEL14) dargestellt und wie Fe(CO), gereinig t und eingewogen.

Fe(CO),(CNCH,), nach HIEBER u. v. PIGENOT 3, erhalten, wurde durch wiederholte Hochvakuumsublimation gereinigt.

Fe(CO),Ja15). Die Darstellung und Reinigung durch Umkristallisieren erfolgte in trockenem Benzol unter LichtausschluB.

(CsHs)V(CO),la), (C,H,)Cr(CO),(NO)l7) und (C5H,)Mn(CO),1*) wurden durch Hoch-

(C5H5)Co(CO),19) durch sorgfaltige fraktionierte Kondensation im Hochvakuum

v a kuumsublimation,

gereinig t.

Aus Molekulargewichtsbes t immungen ist fur alle Verbindungen nachgewiesen, daB in benzolischer Losung Einzelmolekeln vorliegen.

Versuchsergebnisse und Berechnung der Dipolmomente Die Extrapolation der an verdunnten Losungen erhaltenen Ergebnisse auf unend-

liche Verdunnung wurde in Anlehnung an HEDESTRAND~~) vorgenommen. Hiernach er-

lZ) R. MECKE u. R. SCHUPP, Z. Elektrocheni. Ber. Bunsenges. physik. Chem. 62,

lJ) G. KORTUM u. H. WALZ, Z. Elektrochem. Ber. Bunsenges. physik. Chem. 67,

") W. HIEBER u. F. SEEL, Z. anorg. allg. Chem. 269, 40 (1952). l5) W. HIEBER u. G. BADER, Ber. dtsch. chem. Ges. 61, 1717 (1928). la) E. 0. FISCHER u. W. HAFNER, Z. Naturforschg. 9b, 503 (1954). I7) E. 0. FISCAER, 0. BECKERT, W. HAFNERU. H. 0. STAHL, Z. Naturforschg. lob,

18) E. 0. FISCHER u. R. JIRA, Z. Naturforschg. 9b, 618 (1954). E. 0. FISCHER u. R. JIRA, Z. Naturforschg. lob, 355 (1955).

20) G. HEDESTRAND, Z. physik. Chem., Abt. B 2, 428 (1929).

269 (1948).

75 (1953).

598 (1955).

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228 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 257. 1956

halt nian die gesamte Molpolar i sa t ion des Gelcisten zu

und die E l e k t r o n e n p o l a r i s a t i o n zu

Gelostes: Index 2; Losungsmittel: Index 1 ; Losung: Index 12; Molekulargewicht: M. Zur Auswertung obiger Gleichungen benotigt man neben einigen Konstanten des

Losungsmittels noch die Steigungen der DK-, Dichte- und na-Konzentrationskurven, welche aus den Meeergebnissen durch ein graphisches Mittelungsverfahren hestimmt wurden :

c12 = c1 + a . xz; x = Molenbruch,

e12 = el + b . x,;

= n: + c - x,.

Eine grundsiitzliche Schwierigkeit bei der Berechnung des Dipolmomentes nach

___ ~

/-I = 0,0128 v(Pzm - PE - PA) T

besteht darin, daR die Atompolarisation PA nicht mit hinreichender Sicherheit bekannt ist. Zwar spielt die Berucksichtigung von PA nur bei kleinen Momenten cine Rolle und wird auch hier von einigen Autoren vernachlassigt, wenn man statt der auf unendlich lange Wellen extrapolierten Elektronenpolarisation diejenige fur die Na-D-Linie setzt, wie dies auch bei unseren Messungen geschehen ist. Im folgenden soll die Momentbe- rechnung jedoch dadurch verbessert werden, daR versucht wird, den Anteil Pa abzii- schatzen, der dann zusatzlich noch in Rechnung gesetzt werden muS.

Fur E i s e n p e n t a c a r b o n y l Fe(CO),, welches auf Grund von Elektronenbeugungs- versuchen 21) und Untersuchung des IR-Spektrums ') die Konfiguration einer trigonalen Bipyramide aufweisen soll, wird man kein Dipolmoment erwarteu diirfen. Unter dieser Voraussetzung kann der Anteil Pk direkt experimentell bestimmt werden und be- tragt nach unseren Versuchsergebnissen 20% von DPE, der Elektronenpolarisation fur Na-D-Licht. Es erscheint gerechtfertigt, einen ahnlich groBen prozentualen Anteil von .PE auch bei der Berechnung der iibrigen Mctallcarbonylverbindungen an Stelle von P i einzusetzen. Fur Verbindungen (C,H,)Me(CO), ist dieser Anteil sicherlich kleiuer, wie man bei der Untersuchung von Fe(C,H,), feststellen kann22). Im ubrigen weisen die Verbindungen (C,H,)Me(CO). so groWe elektrische Momente auf, dafi sich Unsicherheiten von PA nicht inehr bemerkbar machen. Bei der folgenden Berechnung der Momente ist durch Index bei ,us jeweils angegeben, welcher prozentuale Anteil von DPE an Stelle von P i eingesetzt wurde. Ferner bedeuten in nachfolgender Tabelle der Mefiergebnisse : As,,, A@,,, AD.:, die hderungen von DK, Dichte und nk gegenuber den entsprechenden Werten des reinen Losungsmittels.

Z1) R. V. G. EWENS u. M. L. LISTER, Trans. Faraday Soc. 35, 681 (1939). 22) E. WEISS, diese Zeitschr., nachfolgende Abhandlung.

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E. WEISS, Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen 229

Tabel le d e r Mefiergebnisse

1. E i s e n p e n t a c a r b o n y l Fe(CO),

0,0225, 0,0083, 0,0180, 0,0066, 0,0172, 0,0064, 0,0120, 0,0044,

0,027e 0,0102

0,0062, 0,0022, a = 0,37 & 0,

0,0202, 0,O 165, 0,0130, 0,O 12 7, 0,0088, 0,0045,

b = 0,73*0,

-0,0041 -0,0033 -0,0026 -0,0026 -0,0019 -0,0008

5 C = -0,145 002 PD = 0,63 f 0,06 D ~ 2 0 % = 0 D DPE =4 1 , 7 1 0 8 cms P,,=50,0&0, 7cmS

2. C y c 1 open t a die n yl - van a di u m - t e t r a car bo n yl C5H5V(CO), 0,0156, 0,2364 0,0148, 0,0113 0,0105 0,1569 0,0099, 0,0074 0,0120, 0,1830 0,0116 0,0088 0,0070 0,1052 0,0068 0,0051

a = 15,05 + 0,15 b = 0,95, f 0,Ol c = 0,71 & 0,03 DPE = 58,5 1 0,8 cm3 P'Loo = 269,s 2,5 cm3 ~ 1 0 % = 3J7 f 0,06 D

3. C y clo pe n t a di e n y 1 ~ m ang a n - t r i c a r b o n y 1 C,H,Mn(CO), 0,0039, 0,0601 0,0036, 0,0016 0,0104, 0,1682 0,0096, 0,0043 0,0128, 0,2049 0,0117, 0,0056 0,0155, 0,2526 0,0143, 0,0066 0,0157, 0,2510 0,0143, 0,0071

a = 15,91 & O,l5 b = 0,91, 0,Ol c = 0,44 rt 0,02 DPx = 47,5 jz 0,6 cm3 Paw = 275,4 1 2,5 cm3 ~ 1 0 % = 3,30 f 0,06 D

4. C y c 1 o p e n t a d ie n y 1 - ko b a 1 t - di c a r b o n y 1 C5H5Co(C0), 0,0177, 0,1481 0,0132, 0,0061 0,0132, 0,1126 0,0099, 0,0046 0,0079, 0,0687 0,0060, 0,0028

a = 8,46 $I 0,2 b = 0,75 f 0,02 c = 0,34, f 0,02 DPB = 43,O & 1 cni3 P,, = 216 & 3 cm3 ~ 1 0 % = 2,S7 f 091 D

5. E i s e n - t e t r a c a r b o n y l - d i j o d i d Fe(CO),J, 0,0072, 0,1433, 0,0224, 0,0048, 0,0964 0,0147, 0,0024, 0,0482 0,0073,

0,0049, 0,0987, 0,0153, 0,0070, 0,1390 0,0216,

0,0061, 0,1233 -

a = 19,8, & 0,3 b = 3,07, i: 0,Ol DPx = 63,9 f 1 cm3 P,, = 342 f 5cm3 pD = 3,GS&0,06 D ___________- _- - -~ ~

0,0072 0,0045 0,0024

0,0050 0,0069

c = 0,98 0,04

-

,~c,,%= 3,60&0,06D

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230 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 287. 1956

T a b e l l e d e r Me 13 e r g e b n i s s e (Fortsetzung) -

AD42 _ _ _ _ _ x2 4 2 de12

6. K o b a l t n i t r o s y l c a r b o n y l Co(CO),(NO) 0,0113, 0,0065, 0,0080, -0,0011

0,0111, 0,0066, 0,0079, --0,0010

0,0173, 0,0101, 0,0120, -0,0016 0,0087, 0,0056, 0,0061, -0,0009

0,0261, 0,0156, 0,0182, -0,0029 a = 0,60 f 0,03. b = 0,70, & 0,Ol c = -0,lO 5 0,03

DPE = 34,8 & 0,8 om3 PZo3 = 45,6 & 0,8 cm3 p D = 0,72 D

7. E i s e n n i t r o s y l c a r b o n y l Fe(CO),(NO),

0,06 pno% = 0,43& 0,lD

0,0042, 0,0059 0,0033, 0,0005 0,0159, 0,0208 0,0119, 0,0019 0,0252, 0,0340 0,0181, 0,0032, 0,0095, 0,0135 0,0073, 0,0011,

a = 1,35 f 0,05 b = 0,75 f 0,02 c = 0,12 i 0,02 DPE = 36,95 f 0,9 om3 PZ, = 55,6 & 1,4 cm3 pD = 0,95 & 0,06 D pa,,% = 0,72 &0,07D

8. C y c 1 o pe n t a die n y 1 - c h r o m - d i ca rbo n yl - n i t r o s y 1 (C,H,) Cr(CO),(NO) 0,oo 75, 0,1141 0,0068, 0,0048 0,0123, 0,1872, 0,0113, 0,0076, 0,0185, 0,2819 0,0171, 0,0118

c = 0,63, f 0,02 DPB= 50,0+0,8 om3 P2,=264,2f3 om3 p,,= 3,523 f 0,OSD p10%=3,19&0,05D

9. E i se n - t e t r a c a r bon yl - me t h y 1 i son i t r i 1

a = 15,18 f 0,15 b = 0,92 f 0,01,

Fe(CO),(CNCH,) 0,0159, 0,5722 0,0136, 0,0034 0,0134, 0,4843 0,0113, 0,0028 0,0084, 0,3044 0,0072, 0,001 7

c = 0,21 f 0,01 .P~=47,6&0,6 om3 P,,=574 & 5 cm3 pD=5,07&0,03 D paa%=5,02f0,03 D

a = 36,O f 0,3 b = 0,85, i 0,01,

_____ _____ _ _ _ ~ ~ _ _ _ _ I ~

Diskussion der Ergebnisse 1. Eisenpentaearbonyl Fe(CO),

Fur Fe(CO), war aus fruheren Messungen von BERGMANN und EN GEL^^), sowie von GRAFFUNDER und HEYMANNZ4) ein Moment von 0,64 bzw. 0,81 D gefunden worden. Der Unterschied riihrt im wesent- Iichen daher, da13 im ersten Falle mit dem Wert nPE, im zweiten hin- gegen mit der auf unendlich lange Wellen extrapolierten Elektronen- polarisation gerechnet wurde. Dabei wurden keine weiteren Korrekturen

23) E. BERQMANN u. L. ENaEL, Z. physik. Chem., Abt. B 13, 232 (1931). 24) W. GRAPFUNDER u. E. HEYMANN, Z. physik. Chem., Abt. B 15, 377 (1932).

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E. WEBS, Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen 231

vorgenommen, um die Atompolarisation Pi bzw. PA zu beriicksichtigen. Unter dieser - sicher unberechtigten - Annahme fiihren unsere Mes- sungen zum gleichen Ergebnis. Wir finden namlich mit P,, = 50,O f 0,7 em3 und .P, = 41,7 & 0,8 em3 ein elektrisches Moment von pD = 0,63 & 0,06 D. Dieser Befund wurde von oben genannten Autoren durch Annahme der Konfiguration einer t e t r a g o n a l e n P y r a m i d e gedeutet; das Metallatom sollte sich hierbei im Zentrum der Pyramidenbasis befinden. Nun wurde aber, wie eingangs erlautert, die Konfiguration einer t r i g o n a1 en B i p y r a mid e wahrscheinlicher gemacht, und man hat im Lichte dieses Befundes nunmehr das experimentell fest- gestellte Moment der unberiicksichtigt gebliebenen Atompolarisation zuzuschreiben. Demnach betragt dieser Anteil Pa = P,, - .P, = 8,3 f 1,5 em3 = 0,2 1 .P, und erscheint nach allgemeinen Er- fahrungen bei anorganischen und metallorganischen Verbindungen noch plausibel. Fur Nickeltetra- carbonyl, Ivi(CO),, dessen tetraedrische Konfi- guration elektronenoptisch 26) und rontgenogra- phisch 26) gesichert ist, scheint nach Messungen von SUTTON, NEW und BENTLEY~’) der Anteil der

co

oc-

CO

co Abb. 2. Konfigura-

tion yon Fe(CO),

Atompolarisation geringer zu sein. Unter Umstanden hat man diesen Befund durch Annahme einer festeren Bindung der CO-Gruppen in Ni(CO), zu deuten.

2. Cyclopentadienyl-vanadium-tetracarbonyl (C,H,)V(CO),

3. Cyclopentadienyl-mangan-tricarbonyl (C,H,)Mn(CO),

4. Cyclopentadienyl-kobalt-dicarbonyl (C,H,)Co(CO),

Fur diese Verbindungen wurden nachstehende Momente gefunden, wobei Pa = 0.1 . nP, gesetzt wurde:

(C5H5) V (CO), plo% = 3,17 iz 0,05 D (C,H,)Mn(CO), plo% = 3,80 f 0,05 D (C,H&o(CO), = 2,87 rt 0,1 D.

In erster Naherung ist also das beobachtete Moment unabhangig von der Anzahl der CO-Molekeln in der Verbindung. Der Befund zeigt ferner, da13 das B i n d u n g s m o m e n t von Me-C-0 in dieser Reihe

9 L. 0. BROCKWAY u. P. C. CROSS, J. chem. Physics 3, 828 (1935). 26) J. LADELL, B. POST u. I. FANHUCHEN, Acta crystallogr. [Copenhagen] 6, 795

27) L. E. SUTTON, R. G. NEW u. J. B. BENTLEY, J. chem. SOC. [London] 1933, 652. (1952).

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232 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 287. 1956

n i c h t grol3er a l s e t w a 0,4 D sein kann; hingegen hat man der Bindung C,H,-Me ein Moment von etwa 2-2,5 D zuzuschreiben.

Wenn man zur Beschreibung der Me-C-0-Bindung die eingangs aufgefuhrten mesomeren Grenzstrukturen benutzt, so scheint zunachst der formal unpolare Valenzzustand B dem kleinen Bindungsmoment am besten gerecht zu werden. Dalj aber auch den polaren Formeln, besonders A ein merkliches Gewicht zukommen mul3, folgt aus einer eingehenderen Betrachtung :

Sieht man von den formalen Ladungen a b und betrachtet allein die Elektronegativitaten, welche in der Reihenfolge Me -+ C -+ 0 anwachsen, so resultiert hieraus ein Dipol, der sein positives Ende am Metal1 haben wird. Er kann dadurch kompensiert werden, da13 man eine entsprechende Beteiligung der polaren Grenzformeln annimmt.

5. Eisen-tetracarbonyl-dijodid Fe(CO,)J,

Die Auswertung der Versuchsergebnisse liefert ein fur diese Ver- bindung unerwartet grol3es Moment von p,, = 3,69 & 0,05 D bzw. pz0% = 3,60 f 0,05 D. Es muB hieraus der Schlulj gezogen werden, daB sich die Jodatome im oktaedrischen Durchdringungskomplex in c is- S t e l l u n g befinden. Aus elektrostatischen Grunden sollte man dagegen erwarten, da13 die stabile Form diejenige der trans-Konfiguration sei.

Es ist wahrscheinlich, daB das Auftreten der cis-Verbindung seine Ursache im R e a k t i o n s m e c h a n i s m u s der Darstellung, gemalj

Fe(CO), + J, + Fe(CO),Jz + C0l5)

hat, wo ja nach Eliminierung eines CO die beiden J-Atome an dieser Stelle in die Molekel eintreten und dann in benachbarten Lagen gebunden werden konnen. Offensicht!ich entstehen hierbei nicht beide Isomere nebeneinander ; fur die Messungen wurden nsmlich Produkte aus ver- schiedenen Reaktionsansatzen verwendet, welche jedoch in allen Fallen zum gleichen Ergebnis fuhrten. Die entsprechende transverbindung ist jedenfa'lls bisher noch nicht bekannt.

Eine alternative Erklarung fur das bevorzugte Auftreten der cis- Verbindung wiirde ahnliche Bindungsverhaltnisse voraussetzen, wie sie von C H A T T ~ ~ ) angenommen werden, um den an planaren dsp2-Komplexen des Ni und P t eingehend studierten ,,trans-Effekt" zu deuten. Bekannt- lich ist in Verbindungen wie Pt(CO),Cl, oder [(CH,)3M],PtCI, (M = P, As, Sb) jeweils die cis-Verbindung stabiler als die entsprechende trans-Verbindung. CHATT erklart dieses Verhalten aus den besonderen,

J. CAATT u. R. G. WILPINS, J. chem. Soc. [London] 1952, 273, 4300.

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E. WEISS, Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen 233

gerichteten Eigenschaften der am zentralen Metal1 xur Verfugung ste- henden d- und hybridisierten dsp2-Elektronenbahnen in Verbindung mit der Tatsache, da13 ein Teil der Liganden, namlich CO bzw: (CH,),M, bevorzugt befahigt sein soll, zusatzliche n-Doppelbindungen mit dem Metallatom einzugehen. Unter Umstanden konnen analoge Vorstellungen auch fur gewisse o k t a e d r is c h e d2sp3-D ur c h d r in g u n g s k om plex e vom Typ FeL,X, angewandt werden. Im Falle des Fe(CO),J, erfiillen die Liganddn die genannten Bedingungen: die CO-Molekel ist im Ver- gleich zu Jod bevorzugt befahigt, Doppelbindungen einzugehen.

Bei der Abschatzung der Stabilitat mu13 man allerdings auch die elektrostatische Begiinstigung der trans-Form beriicksichtigen. - Zur Beurteilung, ob die genannten Bindungsvorstellungen zutreffen, wird man weiteres experimentelles Material abwarten miissen. So sind im Falle des Os(CO),X,29) und der Isonitrilkomplexe Fe(CNR),X,30) 31)

jeweils beide Isomere bekannt ; ihre konfigurative Zuordnung steht noch aus.

Da13, in ubereinstimmung mit dem Befund an den Verbindungen (C,H,)Me(CO),, auch im Falle des Fe(CO),J, das Bindungsmoment von Me-C-0 r e l a t i v klein se in mu13, ergibt sich aus einer Diskus- sion des experimentell ermittelten Zahlenwertes von p = 3,6 D. Ahn- liche Schliisse hat schon C H A T T ~ ~ ) bei der Untersuchung von Pt(CO),C1, gezogen, fur welche Verbindung er ein Moment p = 4,85 D fand.

J E N S E N ~ , ) setzt namlich das Bindungsmoment von Ni-Br zu etwa 2,5 D an; in Anlehnung an die Elektr~negat ivi ta ten~~) s5) der betreffenden Atome darf man fur Fe-J einen ahnlich grorjen und fur Pt-C1 einen etwas groljeren Wept annehmen. Die vektorielle Addition der Partial- momente liefert dann die richtigen Betrage p = 3,6 D bzw. 4,85 D, wenn man fur Me-C-0 nur ein Moment p I 0,5 D zulaat.

6. Ko bal tnitrosylcarbonyl Co( CO),( NO) 7. Eisennitrosylearbonyl Fe(CO),(NO),

Beide Verbindungen weisen nach Elektronenbeugungsversuchen 36) tetraedrische Konfiguration auf. Auch hier gestatten es die vorliegenden

29) W. HIEBER u. H. STALLMANN, Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 1472 (1942). 30) W. HIEBER, Angew. Chem. 6 2 , 3 6 9 (1950). 31) L.MALATESTA, A. S A ~ C O u. G. PADOA, Ann. Chimica [Roma] 43, 617 (1953). 32) J. CHATT u. A. A. WILLIAMS, J. chem. SOC. [I.ondon] 1951, 3061. $9 K. A. JENSEN u. B. NYaAARD, Acta chem. scand. 3, 474 (1949). 34) L. PAULINQ, FuSnote z), Seite 48ff. 35) M. HAISSINSKY, J. Physique Radium (8) 7, 7 (1946). 39 L. 0. BROCKWAY u. J. S. ANDERSON, Trans. Faraday SOC. 33, 1233 (1937).

Z. snorg. allg. Chemie. Bd. 287. 16

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Dipolmomente, eine detailliertere Aussage iiber den Charakter der Bindungen, insbesondere von Me-N-0, xu machen.

Unsere Versuchsergebnisse fiihren zu folgenden Momenten : Co(CO),(NO) : P D = 0,72 & 0,06 D ; ~ ~ 0 % = 0,4, f 0,l D ; Fe(CO),(NO),: p D = 0,96 f 0,06 D ; pz0% = 0,7, & 0,07 D.

Die an zweiter Stelle genannten Werte wurden unter Annahme einer zusatzlichen Atompolarisation PL = 0,2 .P, berechnet. Mit Sicherheit darf man die fur jede Verbindung angegebenen Werte als obere bzw. untere Grenze von p betrachten und mu13 daraus folgern, da13 die S u b - s t i t u t i o n e i n e r CO-Gruppe d u r c h NO n u r e ine r e l a t i v k l e i n e d n d e r u n g d e s e lek t r i schen Momentes , niimlich um etwa 0,6 D mit sich bringt. Nun wurde aber bereits gezeigt, daB die Me-C-0- Bindung selbst nur ein kleines Moment aufweist. Dies bedeutet, daU man von den fur die Metall-N-0-Bindung diskutierten 3, ,) mesomeren Grenzformeln

e @ \ 60 @ CB M e c N G O 1 Me+N=O

A B

derjenigen ein ,,groOeres Gewicht" zu geben hat, welche dem kleinen Moment am besten Rechnung tragt. Fur diese Abschiitzung gelten wieder die schon im Falle der Me-C-0-Bindung dargelegten Gesichtspunkte. Offensichtlich geniigt die Valenzformel B besser den gestellten An- forderungen. Betrachtet man auch hier neben den formalen Ladungen die Elektronegativitaten der fraglichen Elemente, so resultiert fur letztere allein ein Dipol Me --f N --f 0 mit seinem positiven Ende am Metall, welcher zahlenmaflig sogar noch groaer als im Falle von Me-C-0 ist ; Stickstoff ist ja bekanntlich elektronegativer als Kohlenstoff. Offensichtlich kann hierdurch das durch die formalen Ladungen er- zeugte Moment soweit kompensiert werden, da13 insgesamt der gegen- uber der Me-C-0-Bindung beobachtete kleine Zuwachs von etwa 0,6 D zustande kommt.

8. Cyclopentadienyl-chrom-dicarbonyl-nitrosyl (C,H,)Cr(CO),(NO)

Vergleicht man das fur diese Verbindung gefundene Moment p,, = 3,Z3 & 0,03 D bzw. pl0% = 3,1, =t 0,03 I) mit denjenigen der Cyclopentadienyl-metall-carbonyle (C,H,)Me(CO),, so wird man eine bemerkenswerte Ahnlichkeit der elektrischen Momente feststellen mussen. Diese Tatsache steht wiederum i n O b e r e i n s t i m m u n g m i t d e n a n d e n Me t a1 1 - c a r b o n y 1 - n i t r 0 s y l e n Go( CO),(NO) u n d Fe(CO),( NO), gezogengn Schliissen und bedarf daher keiner weiteren Erorterung.

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E. WEISS, Dipolmomente von Metallcarbonylverbindungen 235

9. Eisen-tetracarbonyl-methylisonitril Fe(CO),(CNCH,) Die Auswertung der Ergebnisse fuhrt bei Fe(CO),(CNCH,) zu dem

unerwartet grol3en Moment von pD = 5,07 =!= 0,04D bzw. ,urn% =

5,O2 O,O4 D. Man kann diesen experimentellen Befund nur durch eine

polare Grenzformel in1 Sinne von Me + CE-N-R deuten, also ohne nennenswerten Doppelbindungsanteil zwischen Metal1 und C-Atom. Diese Struktur wird auch der aus rontgenographischen Untersuchungen an Fe(CNCH,),X, besta tig ten linearen Anordnung Me-C-N-R gerecht. Die noch zu diskutierende,) mesomere GrenzformelMe + C=N-R diirfte im Falle des Fe(CO),(CNCH,) nur eine untergeordnete Rolle spielen, da sie nicht das grorje Dipolmoment erklart. Es ist allerdings auch hier moglich, eine lineare Atomanordnung zu realisieren, wenn man sowohl am C- als auch am N-Atom eine digonale sp-Bastardi- sierung annimmt. Man darf erwarten, dalj dieser Struktur in Verbin- dungen wie Ni(CNR), oder Cr(CNR), ein groljerea Gewicht zukommt ; die polare Grenzstruktur wiirde namlich hier zu einer erheblichen for- malen nega tiven Ladung des zentralen Metalles fuhren.

Das fur Fe(CO),(CNCH,) gefundene Moment erscheint auch seinem Zahlenwert nach plausibel, wenn man bedenkt, dalj die Isonitrile selbst ein ein p von etwa 3,5 D aufweisen, so dalj auch hier die Bedeutung der

polaren Dreifachbindungsstruktur 1 CEN-R evident ist. Beruck- 0 @

sichtigt man nun den gemarj MetCGN-R vergrooerten Abstand der Ladungen, so wird der festgestellte Wert von ,u = 5,0 D durchaus ver- s tandlich.

0 @

-

@ @

Der Research Corpora t ion , NewYork, und der Fraunhofer -Gese l l schaf t zur F o r d e r u n g d e r a n g e w a n d t e n Forschung e.V. danken wir fur die Unterstutzung der Arbeit.

37) H. M. POWELL u. G. M’. R. BARTINDALE, J. chem. SOC. [London] 1946, 799; H. M. POWELL u. G. B. STANQER, J. chem. SOC. [London] 1939, 1105.

Munchen, Anorganisch-chernisches Laboratoriurn d e y Tschnischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 20. Juli 1956.

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