Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

8
Acta Medica Scandinavica. Vol. XCI, fasc. 1-11, 1937. (Aus der Medizinischen Abteilung des Stengard Krankenhauses in Helsing- fors, Chefarzt Professor Dr. Med. William Kerppola.) Ueber Stiirungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie. von M. CH. EHRSTROM. (Mit 1 Abbildung.) Veranderungen in den quantitativen und qualitativen Ver- haltnissen der Plasmaproteine sind nichts Ungewohnliches. Die Mangelhaftigkeit der zur Verfugung stehenden Analysenmethoden oder die Umstandlichkeit haben aber zur Folge, dass der Kliniker auf diese Frage relativ selten stosst. Bei Infektionen aller Art und speziell bei chronischen Eiterungen, Tuberkulose und Syphilis trifft man eine Steigerung der Globuline an. Diese ist hochgradig bei der tropischen Krank- heit Kala-azar und bezieht sich besonders auf die Euglobuline. Die Myelomkrankheit ist meistens mit einer Steigerung der Totalproteine kombiniert und die Steigerung ist in den meisten Fallen durch die Globuline bedingt, wenn auch Ausnahmen mit einer Verminderung der Totalproteilie vorkommen (J. Bing). Bei dieser Krankheit sowie auch bei anderen Neoplasmen des Knochenmarks tritt auch das bei normalen Fallen nicht vorkom- mende Bence-Jones’ Eiweiss im Blut auf (Kydd, Cantarow). Ausser diesen sozusagen symptomatischen Hyperglobulinamien findet man auch mankheitsfale beschrieben, bei denen das Zentrale des Krankheitsbildes aus Veranderungen der Plasmaproteinver- hiltnisse hesteht. So 2.B. haben u.a. Salvesen einen Fall, der eine Bei der Redaktion am 16. November 1936 eingegangen.p

Transcript of Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

Page 1: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

Acta Medica Scandinavica. Vol. XCI, fasc. 1-11, 1937.

(Aus der Medizinischen Abteilung des Stengard Krankenhauses in Helsing- fors, Chefarzt Professor Dr. Med. William Kerppola.)

Ueber Stiirungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie.

von

M. CH. EHRSTROM.

(Mit 1 Abbildung.)

Veranderungen in den quantitativen und qualitativen Ver- haltnissen der Plasmaproteine sind nichts Ungewohnliches. Die Mangelhaftigkeit der zur Verfugung stehenden Analysenmethoden oder die Umstandlichkeit haben aber zur Folge, dass der Kliniker auf diese Frage relativ selten stosst.

Bei Infektionen aller Art und speziell bei chronischen Eiterungen, Tuberkulose und Syphilis trifft man eine Steigerung der Globuline an. Diese ist hochgradig bei der tropischen Krank- heit Kala-azar und bezieht sich besonders auf die Euglobuline.

Die Myelomkrankheit ist meistens mit einer Steigerung der Totalproteine kombiniert und die Steigerung ist in den meisten Fallen durch die Globuline bedingt, wenn auch Ausnahmen mit einer Verminderung der Totalproteilie vorkommen (J. Bing). Bei dieser Krankheit sowie auch bei anderen Neoplasmen des Knochenmarks tritt auch das bei normalen Fallen nicht vorkom- mende Bence-Jones’ Eiweiss im Blut auf (Kydd, Cantarow).

Ausser diesen sozusagen symptomatischen Hyperglobulinamien findet man auch mankheitsfale beschrieben, bei denen das Zentrale des Krankheitsbildes aus Veranderungen der Plasmaproteinver- hiltnisse hesteht. So 2.B. haben u.a. Salvesen einen Fall, der eine

Bei der Redaktion am 16. November 1936 eingegangen.p

Page 2: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

184 M. CH. EHRSTRQM.

enorme Ausscheidung von Globulin im Harn hatte, und J. Bing und Nee1 zwei Falle von Hyperglobulinamie mit Veranderungen des ientralen Nervensystems beschrieben. Da die khiologie dieser Falle vorlaufig unbekannt ist, konnen sie als idiopathische Hyper- globulinamien rubriziert werden.

Eine Hyperproteinamie die hauptsachlich auf einer Steigerung der Albumine beruht wird nicht selten bei essentieller Hypertonie gefunden.

Gewohnlicher als eine Zunahme der Plasmaproteine ist Hypo- proteinamie. Am meisten bekannt ist die Hypoproteinamie bei Bright’s disease, speziell bei den tubularen Nephropathien. Die Hypoproteinamie ist durch eine Verminderung der Plasmaalbumine bedingt. Das gleiche ist der Fall bei Hypoproteinamie bei Unter- ernahrung und Kachexie, die bei der Hungerodemkrankheit ihren krassesten Ausdruck gefunden hat. Weniger bekannt ist die Hypo- proteinamie bei schweren Anamien, besonders bei pernizioser Antimie und bei myeloischer Leukamie, Herzinsuf fizienz, Leberzirrhose, akuter gelber Leberatrophie, Diarrhoen und bei serosen Ergiissen.

Schliesslich muss zu Storungen des Plasmaproteinstoffwechsels im weiteren Sinne auch die Amyloidose in ihren verschiedenen For- men des generalisierten und lokalisierten Typus gerechnet werden.

Es ist sehr wenig daruber bekannt, wo und tyie die Plasma- proteine gebildet werden. Bei Bedarf, beispielsweise nach einem Blutverlust, kann der Korper seine Plasmaproteine recht schnell aufbauen und dabei die Globuline schneller als die Albumine bilden.

Oft erscheint aber diese Fahigkeit besonders mangelhaft zu sein, was die Veranlassung zu der Vermutung gegeben hat, dass speziell Hypoalbuminamie zuweilen das Resultat einer defekten Proteinsyntese sein konnte. Nur bezuglich des Fibrinogens weiss man, wenn auch nicht mit vollkommener Gewissheit, dass diese Syntese in der Leber vor sich geht. Dieses hat den Gedanken veranlasst, dass die Plasmaproteinsyntese zum mindesten teilweise eine Funktion dieses Organs sein konnte. Als Beleg hierzu wurde die friiher erwiihnte Verminderung der Plasmaproteine bei Leber- zirrhose und akuter gelber Leberatrophie angefuhrt.

Auf einem zuverlassigerem Fundament steht die Theorie von der Rolle des fiochenmarks bei der Plasmaproteinsyntese. Der Ausgangspunkt ist die Myelomkrankheit gewesen. Bei ihr findet man sehr oft, wenn auch nicht in allen Fallen, Veranderungen des

Page 3: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

U E B E R S T d R U N C E N D E S PLASMAPROTEINSTOFFWECHSELS ETC. 185

Bluteiweisses. Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es wahrscheinlich pathologische Prozesse in speziellen Zellen- systemen des Knochenmarks sind, die mit bestimmten Serum- proteinveranderungen koordiniert werden. Insbesondere wurden die myeloiden Zellen verantworlich gemacht (Hecht Johansen, Gros, Buerkel).

Als Beleg fur die Knochenmarktheorie dirften ebenfalls Ver- anderungen des Bluteiweisses bei pernizioser Anamie und Leukamie gelten. Weiterhin muss erwahnt werden, dass Bertel von Bonsdorff in einer Arbeit iiber atypische Amyloidose den Gedanken aus- spricht, dass sowohl die generalisierte wie die lokalisierte Amyloi- dose, charakterisiert als eine Storung des Eiweisstoffwechsels, mit Storungen der Knochenmarkfunktion genetisch verkniipft sei. Er verweist dabei auf den Zusammenhang zwischen Amyloid und Myelom sowie zwischen pathologischen Prozessen im Knochen- system und Amyloidose. Schliesslich mochte ich selbst den Umstand hervorheben, dass bei Kala-azar mit ihrer Hyperglobulinamie der Erzeuger der Krankheit, Leishmania Donovani, in erster Linie im Knochenmark angetroffen wird.

Vielfach ist man aber der Auffassung, dass samtliche Storungen des Plasmaproteinstoffwechsels auf irgend eine oder beide der zwei wirksamen Komponenten zuriickgefiihrt werden konnen, namlich Unterernahrung und direkter Eiweissverlust aus dem Blutserum (Peters und Eisenman). Es ist aber von vornherein klar, dass Storungen, die mit Steigerungen des Bluteiweisses oder Auftreten von pathologischen Eiweissformen, wie Bence-.Jones’ Eiweiss, verbunden sind, schwerlich in dieser Form erklart werden konnen.

Als ResuItat von Unterernahrung sind Hypoproteinamie bei Hungerodem, Kachexie, Nephriten ohne Albuminurie, Herzinsuffi- zienz, Anamie, Leukamie, akuter gelber Leberatrophie und bei Leberzirrhose rubriziert worden. Der Eiweissverlust durch die Nieren wurde als Ursache zu der Hypoproteinamie bei hochgradigen Albuminurien betrachtet, wahrend bei Diarrhoen die eiweiss- reichen schleimigen Abfiihrungen die Schuld bekommen haben. Bei Blutungen und serosen Ergiissen in den Korperhohlen spielt sich der Eiweissverlust mehr direkt ab.

Eine solche einseitige Erklarung der Hypoproteinamie kann aber nicht erschopfend sein. Eine ganze Reihe von Tatsachen zeigt, dass weiterhin ein unbekannter Faktor bei der Proteinsyntese

Page 4: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

186 u, CIJ. EERSTROM.

vorhanden ist. Zunichgt ist es nicht immer offenbar, dass Unter- ernahrung bei den obenerwahnten Zustanden wirklich vorge- kommen ist. Bei akuter gelber Leberatrophie und auch bei perni- zioser Anamie beispielsweise ist der Krankheitsverlauf derartig kurz, dass eine Malnutrition kaum in Frage kommen kann. Bei vielen chronischen Leiden mit einer Appetitlosigkeit und Nahrungs- verweigerung von mehreren Monaten werden andererseits oft nor- male Plasmaproteinwerte angetroffen. Bei pernizioser Anamie und myeloischer Leukamie wiederum geschieht die Verbesserung des Plasmaproteinbildes in intimer Parallelitat mit dem Blutbild, und zwar ziemlich unabhangig vom Allgemeinzustand (ref. Hecht Johansen). Bei Nephritis trifft man oft recht friihzeitig, un- abhangig von Albuminurie und Oedem und bevor irgend eine Unter- ernahrung in Frage kommen konnte, eine starke Senkung der Plasmaproteine an (Rennie u.a.), eine Tatsache, die ich selbst in der Lage war zu beohachten.

Wichtig ist auch der Umstand, dass ein Plasmaproteindefizit, wie es beispielsweise bei Albuminurie auftritt, ausserst schwer mit einer proteinreichen Diat zu korrigieren ist, obwohl die Eiweiss- zufuhr den Verlust durch die Nieren theoretisch decken miisste. Tatsachlich zeigen die Forschungen der letzten Jahre, dass eine solche Diat bei der Erhohung der Plasmaproteine meistens wirkungs- 10s ist. (Czoniczer und St. Weber; Shih-Hao-Liu und Hsien-I Chu; M. Ch. Ehrstrom, Lyon und Dunlop u.a.m.).

Bei normalen Plasmaproteinwerten ist es auch unmoglich, durch einen Oberschuss an Eiweiss in der Nahrung eine Steigerung des Bluteiweisses herbeizufuhren. Das Plasmaeiweiss hat mit ande- ren Worten ein Normulniveau, das von dem sonstigen Eiweisstoff- wechsel im Korper recht unabhangig ist.

Mit Riicksicht auf die bedeutungsvolle Rolle des Plasmaeiweisses als Regulator des osmotischen Druckes des Blutes, als Transport- mittel fur im Blut befindliche geloste oder aufgeschlammte Stoffe und als Vermittler bei dem Austausch zwischen dem Blut und den Geweben kann man auch vom logischen Gesichtspunkt aus keine allzu grosse Einwirkung von ausseren diatetischen Faktoren auf die Plasrnaproteine erwarten. Die Plasmaproteine miissen nicht als abhangig von dem Eiweisstoffwechsel in seiner Gesamtheit ange- sehen werden, sondern als ein integrierender Bestandteil des Blutes, welches als ein kompliziertes Organ mit vielen Funktionen aufzu-

Page 5: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

U E B E R STORUNGEN DES PLASMAPROTEINSTOFFWECHSELS ETC. 187

fassen ist, betrachtet werden. Am ehesten miissen Vergleiche zwischen den Proteinen im Blut und dessen iibrigen Komponenten angestellt werden, wie z.B. Hamoglobin, Kalzium, Zucker, Chloride etc.

Von diesem Gesichtspunkt aus scheint es mir, dass man grossere Moglichkeiten hat, das Problem des Eiweisstoffwechsels besser losen zu konnen. Als Arbeitshypotese mochte ich rnich eines parallelen Vergleiches zwischen dem Plasmaproteinstoffwechsel und dem Hamo- globinstoffwechsel bedienen. Man konnte dabei Parallelen zwischen Blutungsanamien und Hypoproteinamien ziehen, die durch Eiweiss- verlust aus dem Blutserum entstanden sind. Man konnte soge- nannte sekundare Anamien bei Infektionen, Kachexien, Inani- tionen usw. rnit Hypoproteinamien bei entsprechenden Zustanden vergleichen. Bei Serumeiweissdefizit von zweifelhafter khiologie wken perniziose Anamie oder andere gleichartige Anamien Ver- gleichsobjekte und bei Hyperproteinamie wiederum Polyglobulien verschiedenen Ursprungs.

Bei der Behandlung von Storungen des Plasmaeiweisstoff- wechsels konnte man also mit einfachen Hypoproteinamien rechnen, die auf die Proteinzufuhr ebenso wie einfache Anamien auf Eisen (und Roborantia) reagieren. Man konnte auch mit Fallen von Hypoproteinamie rechnen, die gegen therapeutische Massnahmen in Analogie mit therapieresistenten sekundaren Anamien resistent sind. Und schliesslich fuhrt der Vergleich mit pernizioser Anamie den Gedanken auf die Eventualitat, dass der Plasmaproteinstoffwechsel uon irgend einem Stoff in der gleichen Weise reguliert sein kiinnte, wie der Hlirnoglobinstoffwechsel von dem antianamischen Faktor in der Leber reguliert wird.

Wenn sie aber fruher auch nicht ausgesprochen worden ist, so liegen doch Unter- suchungen vor, die davon Zeugnis geben, dass die Gedanken in der gleichen Richtung gegangen sind und in Versuchen rnit Behand- lung von Stiirungen des Eiweisstoffwechsels zum Ausdruck kamen. So sind wiederholte Versuche, allerdings mit geringem Erfolg, rnit der Behandlung von Amyloid bei dem Menschen mit Lebertherapie gemacht worden (Whitbeck u.a.). Bei experimenteller hmyloidose bei weissen Mausen gelang es demgegenuber Grayzel, Jacobi, Warshall, Bogin und Bolker bei fruhzeitigen Fallen Zuruckresorp- tion der Amyloid durch Zusatz von pulverisierter trockener Leber in der Nahrung zu erzielen. Es kann weiterhin erwahnt werden,

Diese Hypotese kann zu kuhn erscheinen.

Page 6: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

188 M . C H . EHRSTRObI.

dass C-Vitamin den Serumproteinstoffwechsel zu beeinflussen scheint, indem die Serumalbumine bei C-Vitamintherapie steigen (Boger und Martin).

Mit dem hier oben entwickelten Gedanken iiber den Zusammen- hang zwischen Knochenmarkfunktionen und Eiweisstoffwechsel als husgangspunkt und mit dem Gedanken vor Augen, dass das Knochenmark moglicherweise der Sitz fur den hypotetischen, den Eiweisstoffwechsel regulierenden Faktor sein konnte, habe ich Versuche angestellt, Hypoproteinamie mit Knochenmark zu behandeln. Infolge der Schwierigkeit, geeignetes Patientenmaterial und der noch grosseren Schwierigkeit, rotes Knochenmark in genugender Menge zu erhalten, kann ich bislang jedoch, trotz ein- jahriger Bemuhungen, nur uber das Resultat von einem einzigen Fall Bericht erstatten.

Der Fall betrifft einen 39 jahrigen Mann mit einer kavernosen Tuberkulose und einer hochgradigen Albuminurie, ohne Hyper- tonie und ohne nennenswertes pathologisches Harnsediment. Er stand seit April 1935 unter Beobachtung und war seitdem drei- ma1 in das Krankenhaus aufgenommen. Wiederholte Kongoproben auf Amyloid fielen positiv aus, d.h. ca. 90 yo des Farbstoffes ver- schwanden innerhalb einer Stunde aus dem Blut. Die Albuminurie schwankte zwischen 3 und 20 pro mille, der Cholesteringehalt des Blutes zwischen 800 und 1000 mg %.

Wahrend der ganzen Beobachtungszeit erhielt er eine protein- reiche Nahrung, die ausserdem 200 gr gekochte oder gebratene Leber pro Tag enthielt (Ahb. 1).

Wahrend des ersten Aufenthaltes irn Krankenhaus, voni 29. April bis 12. Juni 1935, schwankten die Totalserumproteine bei 7 Untersuchungen zwischen 4.9 und 5.8 %. Wahrend der Periode vom 8.-14. Mai erhielt der Patient ausserdem Leberextrakt. Wie aus der Kurve hervorgeht, wurde mit dieser kombinierten Eiweiss- Lebertherapie kein Resultat erzielt.

Wahrend des zweiten Aufenthaltes im Krankenhaus, 11. 11.- 28. 12. 35, erhielt der Patient die gleiche Therapie. Die Seruni- proteine wurden auch jetzt nicht beeinflusst, wenn auch das Mittel- niveau ca. 1/2 yo hoher lag.

M‘ahrend des letzten Krankenhausaufenthaltes erhielt der Patient einen Monat lang, 19. 2.-18. 3. 36, ausser der gleichen eiweissreichen Diat taglich 100 gr Knochenmarkextrakt. Dieser

Page 7: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

U E B E R S T O R U N G E N DES PLASMAPROTEINSTOFFWECHSELS ETC. 189

Extrakt wurde dank der freundlichen Vermittlung des Dozenten G. J. Ostling in dem Laboratorium der A. B. Medica hergestellt. Rippen von Rindern wurden zerschlagen, mit Wasser bei 60-80' extrahiert und der Extrakt bis zum Trocknen ausgedunstet. Der Ertrag von 30 kg frischen Rippen war ca. 400 gr Trockenextrakt.

Vor der Behandlung betrugen die Totalserumproteine 6.8 %, die Serumalbumine 2.6 %, die Serumglobuline 4.2 % und die Albumin/Globulinquote nur 0.62. Nach 10 tagiger Behandlung waren die Totalproteine auf 7.2 %, die Serumalbumine auf 3.2 %

Fig. 1.

gestiegen, die Serumglobuline etwas gesunken, auf 4 %, und die Albumin/Globulinquote auf 0.8 gestiegen. 18 Tage spater waren die Totalproteine weiterhin auf 7.7 % gestiegen. Die Serumalbu- mine stiegen bis auf 3.75 %, wahrend die Globuline ziemlich unver- lindert verblieben, weshalb die Albumin/Globulinquote auf 0.92 gesteigert wurde. (Fig. 1.)

Der Fall ist vereinzelt und ich bin selbst der erste, der nicht zu weitgehende Schhssfolgerungen ziehen mochte. Der Umstand, dass sich die Plasmaproteine wahrend 9 Monate langer gleichartiger Behandlung ziemlich stationar verhielten, um daraufhin wahrend einmonatlicher Behandlung mit Knochenmark rasch zu steigen, trotz unveranderier Albuminurie, ferner das Sachverhaltnis, dass die Steigerung ausserdeni nur die Albumine beriihrte, ist jedoch derartig

Page 8: Ueber Störungen des Plasmaproteinstoffwechsels und Versuche mit Knochenmarktherapie

190 M. CH. E H R S T R ~ M .

pragnant, dass es sich vielleicht nicht um einen Zufall handelt. Mit der friiher entwickelten theoretischen Erorterung als Basis und mit Rucksicht auf die praktischen Schwierigkeiten bei den Ver- suchen habe ich es als berechtigt angesehen, diesen Fall zu publi- zieren in der Erwartung, dass fortgesetzte Versuche weitere Klar- heit in diese Frage bringen werden.

Zusammenfassung.

1. Es wird eine kurze ubersicht ubei. den Zustand mit Storungen des Plasmaproteinstoffwechsels und daruber gegeben, was uber die Art und den Ort der Plasmaproteinbildung bekannt ist.

2. Als Arbeitshypotese bei dem Studium der Storungen des Plasmaproteinstoffwechsels wird ein Vergleich zwischen dem Plasrnaproteinstoffwechsel und dem Hamoglobinstoffwechsel ange- s tellt ,

3. Bericht uber einen Fall von Hypoproteinamie, wo sich die Plasinaproteine wahrend 9 Monate langer Behandlung mit eiweiss- reicher Diat und Leber ziemlich unverandert verhielten, um daraufhin wahrend einer einmonatlichen Behandlung mit Knochen- markextrakt von 6.8 auf 7.7 % zu steigen. Die Steigerung beriihrte lediglich die Albumine, die von 2.6 auf 3.75 yo stiegen.

Literatur.

Bing und Neel: Bibliotek for Laeger. 127, 369 (1935). Boger und Martin: Munch. med. Wchschr. 1935 No. 23. von Bonsdorff: Finska Lakaresallsk. Hdl. 75, 447 (1933). Buerkel: Z. klin. Med. 127, 552 (1934). Cantarow: Amer. J. med. Sci. 189, 425 (1935). Czoniczer und St. Weber: Klin. Wschr. 1933, 1566. Ehrstrom, M. Ch.: Finska Lak. sallsk. Hdl. 79, 59 (1936). Grayzel, Jacobi, Warshall, Bogin und Bolker: Arch. Pathol. 17, 50 (1934). Gros: Dtsch. Arch. klin. Med. 177, 461 (1935). Hecht Johansen: Acta med. scand. 82, 276 (1934). Kydd: J. biol. chem. 107, 747 (1934). Lyon und Dunlop: Edinburgh med. J. 42, 68 (1935). Ref. Year bookof general medicin 1935. Peters und Eisenman: Amer. J. med. Sci. 186, 808 (1933). Rennie: Quart. J. Med. 2, 521 (1933). Salvesen: Acta med. scand. 65, 152 (1926). Shi-Hau Liu und Hsien-I Chu: J. clin. invest. 14, 293 (1935). Whitbeck: J. Bone and Joint Surg. 14, 85 (1932).