Umweltmedizin: Trinkwasser

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Trinkwasser

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Trinkwasser

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Wasservorkommen weltweit

Weniger als 0,3% des Wasservolumens der Erde sind theoretisch nutzbar zur Trinkwasser- gewinnung

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Wassergewinnung

Talsperre

Wasserbehälter (Zisterne)

Brunnenhaus

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• Grundwasser• Brunnen• Quellen

• Uferfiltrat ("Pseudo"-Grundwasser)

• Oberflächenwasser• Talsperren • Flüsse, Seen

• Regenwasser

• Meerwasser

• Aufbereitetes Abwasser

Wassergewinnung

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(72% der Förderung) Gewinnung von Wasser aus tieferen geologischen Schichten über Quellen und Brunnen nach Filterung von Niederschlagswasser über eine ausreichende Bodenpassage.

Das Niederschlagswasser versickert solange, bis es auf wasser-undurchlässige Schichten trifft.

Grundwasserhorizont oder Grundwasserstockwerk: Über dieser bildet sich die wasserführende Schicht nach unterschiedlicher Geologie:

Wasserführende Schicht • Porengrundwasserleiter: Sande, Kiese.• Kluftgrundwasserleiter: Gesteinsklüfte, Karst (höheres Kontaminationsrisiko)  

Grundwasser  Quelle

Brunnen

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Hygienische Risiken:

• Kontaminationenen über die Oberfläche (evtl. Einsickern von Oberflächenwasser in die Gewinnungsanlage)

• Nicht ausreichende Filtrationsleistung bzw. Filtrationsstrecken (Tiefe) der geologischen Schichten

• Erschöpfung der Filtrationsleistung des Boden• Überbeanspruchung des Grundwasserleiters durch intensive

Entnahme mit der Folge des Einbruchs von Oberflächenwasser• Eindringen von Kontaminationen über Klüfte ohne Filterwirkung• Eindringen von schlecht filtrierbaren bzw. mobilen Schadstoffen• Kontaminationen durch geogene Schadstoffe (Mineralien, Metalle), v.a.

zunehmende Temperatur (und Löslichkeit) bei tiefen Entnahmen 

Grundwasser

DIN 2000: Trinkwasser soll Wasser sein, das aus Grundwasser von einwandfreier Beschaffenheit aus genügender Tiefe und ausreichend filtrierenden Schichten gewonnen ist und in keiner Weise beeinträchtigt wurde.

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(Wasserschutzgebiet).  Einschränkungen im Quell- und Brunnenbereich zum Schutz der Wasservorkommen: 

unmittelbarer Fassungsbereich Eingezäunt: kein Verkehr, landwirtschaftliche Nutzung, Düngung, Schädlingsbekämpfung. inkl. der Auflagen für II + III

biologischer Schutz: 50 Tage-Linie Dauer des Grundwassereinzuges 50 Tage. Keine Bebauung, Straßen, Camping, Ölwechsel, Öllager, Kleingärten, Intensivlandwirtschaft, Friedhöfe, Fischteiche, Transport v. wassergefährdenden Stoffen. inkl. der Auflagen für Zone III.

Grenze des GW-Einzugsgebietes (Der Absenktrichter ist evtl. größer) Schutz vor schwer abbaubaren chemischen und radioaktiven Stoffen: Ausnahme: Heizöl für Hausgebrauch(III a), keine Kläranlagen, Mülldeponien, Industrien mit Emissionen von wassergefährdenden Stoffen, Massentierhaltungen, Neuanlage von Friedhöfen etc.  

Trinkwasser Schutzzonen

Zone I:

Zone II:

Zone III a,b:

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Wasserverbrauch (Regionale Unterschiede)

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Wasserverbrauch in der BRD

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Wasserverbrauch in Haushalten

Prozentualer Anteil des Wasserverbrauchs: Abgesetzt: Einsparpotenziale durch Alternativ-Nutzung

(z.B. Regenwasser)

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Wasserverbrauch: Prognosen und Realität

Verbrauchspitzen während der Fußballweltmeisterschaft 1982

1990

60 70 80 90 00

Prognosen zur Wassergewin-nung des ZMV (Mittelhes-sische Wasserwerke)

1990

1978

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(für zentrale Trinkwasserversorgungen).

Anforderungen an das Trinkwasser1. Trinkwasser muss frei von Krankheitserregern sein und darf keine

gesundheitsschädlichen Eigenschaften haben.

2. Trinkwasser muss keimarm sein

3. Trinkwasser muss appetitlich sein und nach seiner äußeren Beschaffenheit zum Genuss anregen. Es soll daher farblos, klar, kühl, geruchlos und von gutem Geschmack sein.

4. Der Gehalt an gelösten Stoffen muss sich in gewissen Grenzen halten. Er soll bei bestimmten Stoffen (Eisen, Mangan, organischen und Stickstoffverbindungen) so gering wie möglich sein.

5. Trinkwasser soll möglichst keine Korrosion hervorrufen.

6. Trinkwasser soll stets in genügender Menge und mit ausreichendem Druck zur Verfügung stehen.

Vitruv (25 v. C): " Wasser soll frei sein von tödlichen und schädlichen Stoffen, kühl, farblos und angenehm schmecken."

TRINKWASSERQUALITÄTDIN 2000

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Bundeseuchengesetz bis 1975 wichtigste gesetzliche Grundlage zur Überwachung der Trinkwasserqualität: 

§ 11, Abs 1: "Trinkwasser sowie Wasser für Betriebe, in denen Lebensmittel gewerbsmäßig hergestellt oder behandelt werden, oder die Lebensmittel gewerbsmäßig in den Verkehr bringen, muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu befürchten ist".

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)  seit 20. Juli 2000§ 37: Beschaffenheit von Wasser für den menschlichen Gebrauch sowie von Schwimm- und Badebeckenwasser, Überwachung etc.§ 37, Abs. 1: Wasser für den menschlichen Gebrauch muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist". 

§38: Erlass von Rechtsverordnungen §39: Untersuchungen, Maßnahmen der zuständigen Behörde §40: Aufgaben des Umweltbundesamtes §41: Abwasser 

Infektionsschutzgesetz - IfSG

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• Neue Parameter: z. B. Acrylamid, Vinylchlorid, Epichlorhydrin aus dem Netz oder als Folgen der Aufbereitung (THM), Bromat, DOC und zusätzliche Pestizide (Dieldrin, Aldrin, Heptachlor u.a.) 

• Radioaktive Stoffe: Tritium: 100Bq/l und Gesamtrichtdosis: 0,1mSv/Jahr (Übergangsfrist). 

• Verschärfung: Antimon, Arsen, Blei, Kupfer, Nickel, PAK (z.T. Übergangsfristen) 

• Einführung neuer mikrobiologischer Parameter 

• Flexiblere Ausnahmeregelungen: Der Parameterwert für THM wurde gegenüber der alten TrinkwV deutlich hochgesetzt (100µg/L am Zapfhahn). Es besteht aber ein Minimierungsgebot 

• Teilweiser Ersatz eines Grenzwertes durch die unpräzise Vorgabe: "Keine anormalen Veränderungen" oder " für den Verbraucher annehmbar" (z.B. Färbung, Geruch, Trübung, DOC, KBE) 

• Die EU-Richtlinie gilt bis zum Zapfhahn! Parameter, deren Konzentration im wesentlichen durch Aufbereitung und Netz bestimmt sind, erscheinen in einer gesonderten Anlage. 

• Indikatorparameter: Bei Überschreitung der Parameterwerte (Grenzwerte) muss der entsprechende Staat prüfen, ob dieser ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt. 

• Berichts- und Informationspflicht gegenüber Verbraucher und EU• Anforderungen an die Qualitätssicherung der Untersuchungslabors (Akkreditierung)

EG- Trinkwasser-Richtlinie 98/83/EG

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zu §5 Abs.2.u.3 

Allgemeine AnforderungenParameter GrenzwertE. coli 0/100mlEnterokokken 0/100mlColiforme 0/100ml 

Indikatorparameter (Anl. 3)Clostridium perfringens 0/100mlKoloniezahl bei 22°C 100/ml am Zapfhahn

20/ml nach Abschluß der Aufbereitung 1000/ml Anlagen bis 1000m3/Jahr

Koloniezahl bei 36°C 100/ml (Bei Koloniezahlen Grenzwert auch: keine wesentlichen Änderungen) 

TrinkwV 2001 (EG-Richtlinie) Mikrobiologische Parameter Anl. 1

Anforderungen zur Abfüllung in FlaschenParameter GrenzwertE. coli 0/250mlEnterokokken 0/250mlPseudomonas aeruginosa 0/250mlKoloniezahl bei 22°C 100/mlKoloniezahl bei 36°C 20/mlColiforme 0/250ml

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zu §6 Abs.2  

Chemische Parameter, deren Konzentration sich im Verteilernetz einschließlich der Hausinstallation in der Regel nicht mehr erhöht.  Lfd. Nr. Parameter Grenzwert mg/l 1 Acrylamid 0,0001* 2 Benzol 0,001 3 Bor 1 4 Bromat 0,01 5 Chrom 0,05 6 Cyanid 0,05 7 1,2-Dichlorethan 0,003 8 Fluorid 1,5 9 Nitrat 5010 Pflanzenschutzmittel (einzeln) 0,0001**11 Pflanzenschutzmittel (insges.) 0,000512 Quecksilber 0,00113 Selen 0,0114 Tetrachlorethen und Trichlorethen 0,01* berechnet bei Einsatz als Flockungsmittel etc.** Für Aldrin, Dieldrin, Heptachlor und Heptachlorepoxid der Grenzwert: 0,00003 mg/l. Pflanzenschutzmittel schließen Abbauprodukte ("Biozidprodukte") ein.

Chemische Parameter (Teil I) Anl. 2

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Chemische Parameter, deren Konzentration im Verteilernetz einschließlich der Hausinstallation ansteigen kann.  

Lfd. Nr. Parameter Grenzwert mg/l 1 Antimon 0,005 2 Arsen 0,01 3 Benzo-(a)-pyren 0,00001 4 Blei 0,01* 5 Cadmium 0,005 6 Epichlorhydrin 0,0001 7 Kupfer 2 8 Nickel 0,02 9 Nitrit 0,510 Polyzykl. arom. KW. 0,0001**11 Trihologenmethane 0,05***12 Vinylchlorid 0,0005 

* Reduzierung in Abstufungen von 0,04mg/l** Summe aus Benzo-(b)-fluoranthen, Benzo-(k)-fluoranthen, Benzo-(ghi)-perylen, Indeno-(1,2,3-cd)-pyren.*** Summe aus Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlormethan, Dibromchlormethan, Tribrommethan (Bromoform). Untersuchung im Versorgungsnetz ist nicht nötig, wenn der Wert im Ausgang des Wasserwerkes 0,01mg/l nicht überschreitet.

Chemische Parameter (Teil II) Anl. 2

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Nr. Parameter Grenzwert 1 Aluminium 0,2 mg/l 2 Ammonium 0,5 mg/l 3 Chlorid 250 mg/l geogen bedingte Überschreitungen möglich 1) 4 Clostridium perfringens 0/100ml 5 Eisen 0,2 mg/l geogen bedingte Überschreitungen möglich 6 Färbung (Hg 436 nm) 0,5 m-1

7 Geruchsschwellenwert 2 (12°C) Verdünnungsstufe 3 (25°C) 8 Geschmack für den Verbraucher annehmbar u. keine anormalen

Veränderungen 9 Koloniezahl (22°C) 100/ml; ohne anormale Veränderungen 10 Koloniezahl (36°C) 100/ml; ohne anormale Veränderungen11 elektr. Leitfähigkeit 2500µS/cm (20°C)12 Mangan 0,05 mg/l13 Natrium 200 mg/l14 TOC (org. geb. Kohlenstoff) ohne anormale Veränderungen15 Oxidierbarkeit (O2) 5 mg/l Parameter braucht nicht bestimmt werden 16 Sulfat 250 mg/l geogen bedingte Überschreitungen möglich 1)17 Trübung 1 NTU (nephelometric turbidity unit)18 pH (Wasserstoffionen) >6,5 - < 9,519 Tritium 100 Bq/l 2) u. 3)20 Gesamtrichtdosis 0,1 mSv/J 2) u. 4) 

1) Darf keine Korrosion hervorrufen2) Kontrollhäufigkeit und Methoden werden zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt3) Behörde ist nicht verpflichtet eine Überwachung durchzuführen, wenn eine Grenzwert-Überschreitung nicht zu erwarten ist4) Mit Ausnahme von Tritium, Kalium-40, Radon u.Rn-Zerfallsprodukte

Indikatorparameter; Anl. 3 zu § 7

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Legionellen• Nach Anl.4. Abs. 2 (periodische Untersuchungen) ist die

Untersuchung von Legionellen in zentralen Erwärmungsanlagen der Hausinstallationen durchzuführen, wenn aus diesen Anlagen Wasser für die Öffentlichkeit abgegeben wird. Entsprechende Anordnungen erlässt das Gesundheitsamt

Legionella pneumophila

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Trinkwasserinfektionen

Aus einem Hygienelehrbuch von 1930

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Wasserversorgung für Jerusalem etwa 700 v.Chr.

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Trinkwasserversorgung in der Antike

Römische Wasserleitung in Sevilla

Eifelwasserleitung für Köln und Bonn. Ausreichend für etwa 300.000 Menschen

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Trinkwasserversorgung in der Antike und heute

Leitungsystem: heute: Verhinderung von Stagnationen durch Ringleitungen

Leitungsysteme in der Antike:Verhinderung von Stagnationen(Miasma) durch ständiges Laufen des Wassers. Bei Wassermangel wurde die Wasserennahme durch die Höhe der Abläufe geregelt

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Wasserqualität um 1850 in London

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Cholera asiatica1783 starben in Indien bei einer religiösen Feier 20.000 Hindus an Cholera1817 wurden dort auch englische Truppen infiziert, von 18.000 Soldaten starben 9.000 in 10 Tagen. Der

Schiffsarzt James Boyle berichtete: „No desease has appeared which has caused such fatality and universal terror amongst the natives and visitans of the Indian world as this“

1823 stand die Cholera vor der Tür Europas, 1829 durchbrach sie die russische Quarantänegrenze1831 erreichte sie Europa, um 1831/32 verzeichnete Preußen 41.000 Todesopfer, unter diesen waren die

Generäle K.v. Clausewitz und N.v. Gneisenau, die zur Abwehr der Seuche eingesetzt wurden, sowie der Staatsphilosophen F. Hegel. In Paris starben 18.000 Menschen, etwa 60 – 80% der Erkrankten, das waren 2% der Bevölkerung. Unter den Opfern war auch der Ministerpräsident Casimir Pereir. H.Heineschrieb aus Paris: „Es war als ob die Welt unterginge“. In England starben 32.000 Menschen, über 50% der Erkrankten, vor allem in den Elendsvierteln.

1836/37 wurde Bayern heimgesucht. München verlor knapp 1% seiner Bevölkerung1848-1850 (Revolutionsjahr) kam der nächste Ausbruch, Preußen verlor bis 1850: 85.000 Menschen, allein in

Berlin starben 1848: 5.000. In Paris starben 15.000, in England 55.000, in Russland angeblich 1.Mio. 1854 kam die nächste Pandemie als Folge des Krimkrieges (100.000 Choleratote unter den Soldaten). In Preußen starben von 57.000 Erkrankten, 30.500. In München starben, während Fremde zu einer Industrieaustellung strömten, 7.300 Menschen, auch die Mutter des Königs Ludwig I

1864-1875. Der Krieg Preußens gegen Österreich wurde von einer neuen Epidemie begleitet, die der preußischen Armee, wie O.v. Bismarck sagte, „wie eine Fäkalspur“ folgte

1882: Robert Koch entdeckte den Choleraerreger Vibrio cholerae auf einer Tropenreise1892 kam die letzte große, mitteleuropäische Epidemie nach Hamburg mit fast 9.000 Toten1902-1914: Letzte Pandemien, die v.a. Südeuropa erreichten, danach gab es nur noch kleinere Vorfälle wie

1974 in Neapel. In Asien folgen noch drei große Pandemien1992 folgte die letzte (siebte) große Pandemie durch einen weniger virulenten Stamm (Vibrio cholerae EL

Tor) mit mehr als 3 Mio. Erkrankten und zehntausenden von Toten.Seit Anfang der 1990iger Jahre taucht wieder ein hochvirulenter Stamm. Vibrio cholerae O-139 auf

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Die Cholera in Hamburg 1892April: 6.000 Choleratote in Kabul (Afganistan)Juni: Erkrankungen in Baku (Russland), dann Tiflis, Saratow, Moskau, St. PetersburgJuli: 5.000 Emigranten aus Russland, die angesichts der Hungersnote und antisemitischer Pogrome über

Hamburg nach USA ausreisen wollten, wurden am Elbufer interniert. Das Abwasser des Lagers wurde in die Elbe geleitet, aus dem nur wenige Kilometer entfernt das Trinkwasser entnommen wurde

15. August: Tod eines Arbeiters, der an den Sielen gearbeitet hatte, ein choleraähnliches Krankheitsbild wird diagnostiziert.

16.August: zweiter Todesfall. 17.August: weitere 4 Erkrankungen im Hafengebiet.18.August: 12 Erkrankungen, davon 4 außerhalb des Lagers.Die Gesundheitsbehörde beruhigt die

Bevölkerung und warnt vor: "dem Schaden, den ein Gerücht über eine eventuelle Cholera-Epidemie in Hamburg anrichten könnte".

21. August: 450 Erkrankte, 200 verstorbene: Die Cholera ist nicht mehr zu verheimlichen. Man nennt die Krankheit immer noch verharmlosend „Cholera nostras“ oder „Cholerine“.Die Ursache, die Trinkwasserverschmutzung wurde nicht erkannt Man sprach weierhin von „Miasmen“

22. August: In „devotem Beamtendeutsch“wird von Medizinalinspektor Dr. Kraus dem Hamburger Senat endlich das Ausbrechen der „Cholera asiatica“ mitgeteilt: „Ich beehre mich ergebenst anzuzeigen, daß ich glaube, hier ist eine Choleraepidemie ausgebrochen". „Trotz, der heiligen Sonntagsruhe“ wurde die Meldung an die höchste Provinzbehörde weitergeleitet. Die Seuche verbreitete sich „explosionsartig“

24: August: Robert Koch wird im Auftrag der Reichsregierung nach Hamburg geschickt und erkennt, dass „praktisch immer noch nichts unternommen war“. Er veranlasste erste Maßnahmen. R. Koch über die Hamburger Zustände: "Ich vergesse, daß ich mich in Europa befinde".

27. August: 455 Todesfälle. Die Leichen konnten nicht mehr schnell genug beerdigt werden30. August: 1081 Erkrankte, 484 Tote Hamburg wurde der "Umschlaghafen für die Cholera" . Die

Behörden schickten die Emigranten mit gefälschten Gesundheitspässen in die USA.September: Die Seuche hatte ihren Höhepunkt überschritten und ebbte ab. Insgesamt erkrankten bis zum

Abklingen der Epidemie 16.000 Menschen, von denen 8.600 starben. Altona blieb fast verschont.

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Zeitgenössische GraphikErkrankungen: grau Todesfälle: schwarzAltona (damals nicht Stadtteil von Hamburg) besaß eine einfache Aufbereitung durch Kiesfilter nach englischem Vorbild

Cholera in Hamburg, eine Explosivepidemie

Massengräber bei Hamburg

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Cholera in Hamburg 1892

Ein freiwilliger Arzt aus Marburg beschreibt die grauenvollen Ereignisse: "Da das Begräbnis der Kranken nicht so schnell geht, lagen in allen Gängen aufgestapelt über 120 Leichen...In Möbelwagen werden sie fortgeschafft und in Massengräbern beerdigt. Unsere Tischlerei fertigt fortwährend schwarzgefärbte Kisten an. Es sind erschütternde Szenen, wenn die Angehörigen sich morgens am Tor erkundigen und man ihnen nicht einmal Nachricht geben kann. Denn sehr viele werden bewußtlos aufgenommen, sterben und bleiben namenlose Leichen".

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Die Folgen der Aufbereitung des Trinkwassers

Rückgang der Typhusfälle infolge der Filtration und Chlorung des Trinkwassers (USA)

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- Salmonellen Typhus, Paratyphus, Enteritis - Colibakterien: E. coli, EHEC u.a. HUS, Dyspepsie, Enteritis- Shigellen Ruhr - Vibrionen, NAG -Vibrionen Cholera, schwere Durchfälle+ Pseudomonaden (P.aeruginosa) Ohr-, Wundinf., Pneumonie*- Campylobakterien Durchfälle, Gastritis, Arthritis- Helicobacter Magengeschwür, Magenkrebs+ Mykobakterien, atypische M.*: TBC; Pneumonien+ Yersinien (Y. enterocolitica) fieberhafte Darmentzündung- Chlamydien Trachom; Konjunktivitis u.a.*+ Aeromonas (A. hydrophilia) Durchfälle- Leptospiren Weil- Krankheit (Abwasser) + Legionellen (L. pneumophila) Legionärskrankheit, Pneumonie* - Staphylo- und Streptokokken Eiterrerreger, Sepsis u.a.**  * auch in Schwimmbädern und Badesseen** speziell in Schwimmbädern und Badesseen+ können sich im Netz vermehren 

Infektionen durch Trinkwasser (und Badewasser) Bakterien

EHEC

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(und Badewasser) 

Viren: - Enteroviren: Polio-,ECHO- u.a.: Polio, "Bauchgrippe"* - Hepatitis A und E: Hepatitis*- Adenoviren: "Grippe", Augen-, Darminfekte.* - Gastroenteritisviren (Rotavirus): Durchfälle b. Säuglingen- Norovirus,"small round virus": Durchfälle* - Parvoviren (nicht gesichert): Ringelröteln - Influenzaviren: Grippe (nicht gesichert)**- Warzenviren u.a.

Parasiten: v.a. in den Tropen: - Cryptosporidien: Durchfälle*- Amöbenruhr (E. histolytica): Darm- u. Leberschäden- Lambliasis (Giardia): Durchfälle- Naegleria fowleri: selten tödliche Enzephalitis**- Acanthamoeba: v.a. Augeninfektionen**- Wurmkrankheiten: z.B. Medinawurm*, Spulwurm.  Pilzinfektionen: (Candida) u.a. Soor, Kokzidiose *Algen (Toxine, auch Blaualgen): Vergiftungen*  * auch in Schwimmbädern und Badesseen** speziell in Schwimmbädern und Badesseen

Infektionen durch Trinkwasser

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Cholera Hamburg 1892. 16.000 Erkrankte, 9.000 Tote: . Eine der letzten großen Ausbrüche in Mitteleuropa. Vorher wurden fast alle großen europäischen Städte regelmäßig von der Cholera heimgesucht  

Typhus (Salmonellosen): Gelsenkirchen 1901: 3.200 Erkr./ 350 Tote, Pforzheim 1919: 4.000 Erkr./ 400Tote)Neu-Ötting 1946: 600 Erkr./ 96 ToteWaldbröl 1949: 127 Erkr./ 11 ToteThereker Mühle 1953: 51 Erkr. (Paratyphus)Hagen 1956: 500 Erkr.Zermatt 1963: 437 Erkr. 3 ToteRiverside (USA) 1965 16.000 Erkr. 3 Tote Baden Württemberg 1974: 423 Erkr.Missouri (USA) 1993: 625 Erkr. 

Ruhr, EHEC Hepatitis A Worbis (Thüringen) 1972: 1.400 Erkr. Worchester 1969-71: über 1.200 Erkr. Ismaning/München 1978: 2.450 Erkr. Philadelphia 1944: 344 Erk. in Jugendlager. Cabool (USA) 1889 (EHEC): 243 Erkr. 4 Tote Dingelstedt (Thüringen) 1972: 40 Erkr.New York (Staat, USA) 1994: 230 Erkr.  

Rotavirus Cryptosporidien Schweden 1977: 3.172 Erkr. Carrolton (USA) 1987: 13.000 Erkr.Georgetown (USA) 1980: 8.000 Erkr. Milwaukee (USA) 1993: 403.000 Erkr./~100 ToteEagle-Vail-Avon (USA) 1981: 1.500 Erkr. Las Vegas (USA) 1993/94: 103 Erkr./ 20 ToteHalle/Saale 1981: 11.600 Erkr.

Exemplarische Trinkwasserepidemien (Europa, USA) (bis 1995)

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Legionellen: „Technische Vektoren“Fälle Tote

• 1998 Schweiz, verschiedene Orte (Bäder) 78 8 • 1999 Amsterdam Blumenschau (Springbrunnen) 192 21• 2000 Melbourne (Kühltürme) 101 21• 2001 Valencia (Kühltürme vermutet) 98 4• 2001 Ohio: Ford Motor Comp. (unbekannt) 4 2• 2001 Paris (Hospital) 12 2• 2001 Pamplona (Hospital) 18 3• 2002 Japan (heiße Quellen) 252 6• 2002 Cumbria (UK) (Klimaanlage) 131 4• 2002 Matara (Sp) (Klimaanlage) 124 2• 2003 Valencia (Heißwassersystem) 25 1• 2003 Frankfurt/ Oder (Altenheime) ? 6 • 2003 Frankreich: Chemiefabrik bei Lens (Kühlsystem) 68 8• 2003 Kreuzfahrtschiff „Ocean Monarch“ (Warmwasser) 4 1

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 "Kurzschlüsse" in der Wasserversorgung • Mit dem Abwassersystem (Cholera in Hamburg 1892) • Heute besonders bei Kleinversorgungen (Ismaning 1980), Campingplätzen (Worchester 1970) oder in sog. Entwicklungsländern. Das Risiko ist bei fehlender Aufbereitung besonders hoch. Verschneiden mit kontaminiertem Wasser aus „krimineller Geldgier“ (R. Koch)• Gelsenkirchen 1901: Um den Wasserbedarf zu decken, hatte die "Gelsenwasser" das Trinkwasser mit Wasser aus der Ruhr und Emscher verschnitten, die Folge war ein Typhusepidemie. • Ähnliche Fälle kamen später immer wieder vor und waren u.a. die Ursache für die Verstaatlichung der Wasserversorgungen.

Einschwemmen von Fäkaldünger in das Trinkwasserreservoir (Pforzheim 1919, Milwaukee 1993). • Heute häufig als Folge von Gülleentsorgung oder Intensivtierhaltung.

Häufigste Ursachen von Trinkwasserinfektionen

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Legionellen

Legionellen - Mögliche Vermehrungsorte und Infektionsquellen

Legionellenerkrankungen in der BRD

1976 bei Teilnehmern eines Kongresses der American Legion: 29 Tote Vorkommen in Oberflächenwasser (Amöbencyste), Klimaanlagen, Befeuchter, Warmwasserspeicher etc.Prophylaxe: Kurzzeitiges Erhitzen des Wassers über 60°C. In Amöbencysten sind die Erreger extrem chlorresistent (< 50mg/L).

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• Noro– Viren (1972) : Diese und serologisch ähnliche Viren (Calici- und Astroviren) verursachten bis 40% aller Gastroenteritiden (Diarrhöen).

• Rotaviren (1973): Heute ca. zu 30 - 60% wichtigste Ursache schwerer Diarrhöen bei Kleinkindern.

• Hepatitis E: (1981): Infektionen in Indien (Kolhapur) mit 1.200 Erkrankungen und 1080/81 in Medea (Algerien).

• Legionellen (1976) durch Legionella pneumophila). Als Ursache wird die technische Legionärskrankheit Umwelt (Installationen, Duschen, Whirl-Pools, RLT-Anlagen: Pontiac- Fieber) Klimaanlagen, etc) als Folge von Aerosolbildungen beschrieben.• Escherichia coli (1982): Auftreten neuer hochvirulenter Stämme. (E. coli 0157/H7 ; EHEC Verursachen durch Toxine (Shiga-, Veratoxin) blutige

Diarrhöen und das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS). Im Gegensatz zu anderen Coli - Stämmen reichen geringe Infektionsdosen aus (100 KBE).

• Salm. enteritidis (1986): Auftreten neuer virulenter Serovare • Cholera (1991): verursacht durch ein atypisches Vibrio cholerae 0139.

Epidemien in Peru (6.320 Tote), Indien und Bangladesh und auch vereinzelt in Südosteuropa

• Cryptosporidien (1993): Epidemie in Milwaukee mit 400.000 Erkrankungen. (Protozoon: C. parvum Therapieresistente Durchfallerkrankungen, die bei Oozyten) Immunschwäche (AIDS) tödlich verlaufen können.

Reservoir: Kälber, Schafe, Nager.• Atypische Mykobakterien: Auch aus Hausinstallationen (z.T. schnell wachsend:

M. chelone, M. avium; chelone-like). Verursachen v.a. bei Immundepressiven chronische, schwer therapierbare Infektionskrankheiten.

"Neue" Krankheitserreger im Trinkwasser

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Überlebensdauer (Tenazität) von Bakterien und Viren im Trinkwasser

Vor allem Enteroviren können lange im Wasser „überleben“

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Relation zwischen Viren und Bakterien in Badeseen

Das Verhältnis Viruspartikel (Enteroviren) zu fäkalcoliformen Keimen (engl.: fecal coliforms: entspricht in etwa E. coli) ist etwa 1 zu 1 Millionen.

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 Vibrio cholerae 106 - 108 KBE E. coli, Salmonella enteritidis 106 KBE Salmonella typhi, Shigella dysenteriae 103 KBE Legionella pneumophila, Yersinia enterocolitica 10 KBE Enteroviren 1 - 10 PFU*  Giardia 1 Oocyste * PFU = plaque forming unit  

Kritische Infektionsdosis

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Keimzahl: Koloniebildende EinheitenVergleich: Zählung der koloniebildenden Einheiten (CFU- colony forming units) nach Vorgaben der Trinkwasser-Richtlinien und tatsächlich messbare Keimzahlen (z.B. über Epifluoreszenz) im Wasser. Nach der deutschen TrinkWV werden die koloniebildenden Einheiten (KBE) nach maximal 48 Stunden bestimmt.

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Anforderungen an bakterielle Indikatoren für fäkale Verunreinigungen

• Der Indikator sollte für alle Wassertypen anwendbar sein• Er sollte, falls pathogene Bakterien vorliegen, in größerer Anzahl als

diese vorhanden sein• Der Indikator sollte sich im Wasser nicht mehr vermehren• Er sollte gegenüber „physiologischen Stress“, z.B. Desinfektionsmittel-

einsatz resistenter sein als pathogene Keime• Die Untersuchungsergebnisse sollten einheitlich, reproduzierbar und

charakteristisch für den Indikatorsein• Der Nachweis sollte einfach, schnell und preiswert sein• Die Indikatororganismen sollten unter normalen Bedingungen selbst kein

Gesundheitsrisiko darstellen• Der Nachweis des Indikators sollte proportional zum bestehenden

Gesundheitsrisiko sein

Page 42: Umweltmedizin: Trinkwasser

Chlor, HypochloritChlorgas reagiert im Wasser zu Hypochlorit, das eigentliche Oxidationsmittel:  Cl2 + H2O - HClO + HCl / HClO > HCl + O • Depotwirkung: Chlor kann im aufbereiteten Wasser verbleiben (geringe Toxizität): • Es dürfen maximal 1,2mg/L Chlor eingesetzt werden. • Nach Aufbereitung dürfen im Reinwasser 0,3 mg/L Chlor und

0,01mg/L THM (als Reaktionsprodukte) verbleiben. • Wirksam ist nur freies Chlor. • Gebundenes Chlor (Reaktionsprodukt mit Wasserinhaltsstoffen)

ist nicht mehr wirksam.

Chlordioxid (ClO2) • Im Rohwasser dürfen maximal 0,4 mg/L ClO2, im aufbereiteten

Wasser 0,05 mg/L nachweisbar sein.• Es ist wirksamer als Chlor, bildet keine THM, Chlorphenole und

Chloramine, aber bis zu 40 andere, z.T. toxikologisch bedenkliche Reaktionsprodukte.

• Transportchlorung ist möglich, aber teurer als mit Chlor.

Desinfektion von Trinkwasser: Chlor; Oxidationsmittel

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Chlor: oxidativer Abbau 

     

 Chlor: "Chlorierung"teilweiser Austausch von Chlor durch Bromid

    

   

 Nur ein Teil des organisch gebundenen Chlors (AOX, POX): Chloressigsäuren, Chlornitromethan (Chlorpicrin), Chlorphenole (Geruch!), Chlor- und Bromaceton ("Tränengas"), in Schwimmbädern auch "Chloramine" und noch unbekannte Substanzen.

 Organische Stoffe im Wasser: "Vorläufersubstanzen" wie z.B. Huminstoffe oder im Schwimmbad Verunreinigungen durch Badegäste

 

 Oxidative Abbauprodukte (z.B. Ketone, sek. Alkohole)

 

 "Haloforme": Trihalogenmethane wie Chloroform, Bromdichlormethan, Dibromchlormethan, Bromoform. Indikatoren: nur die "Spitze des Eisberges"

Haloformbildung bei der Wasseraufbereitung

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   Ozon (O3) Ein starkes Oxidationsmittel, das außerdem viele organische Schadstoffe und Geruchsstoffe abbaut. • Ozon desinfiziert schneller als Chlor • Es kann wegen der Giftigkeit nicht im Wasser verbleiben. Maximal

dürfen 0,05 mg/L Ozon in aufbereitetem Wasser enthalten sein. • Um Reaktionsprodukte und Ozon zu entfernen, wird normalerweise

ein Aktivkohlefilter nachgeschaltet.    Wasserstoffperoxid   Bis jetzt nur für die Desinfektion des Netzleitungssystems zugelassen (Spülung).

Aniodische Oxidation Durch Entzug von Elektronen an der Anode, Zerstörung der molekularen Strukturen von Mikroorganismen und von organischen Wasserinhaltsstoffen (nicht ausreichend erprobt).

Desinfektion von Trinkwasser: Oxidationsmittel

Page 45: Umweltmedizin: Trinkwasser

Silberung Einsatz von feinverteiltem kolloidalem Silber (Katadynverfahren u.a.) oder gebunden an Aktivkohle in kleinen Anlagen: teuer. 

UV-Bestrahlung Die bakteriozide Wirkung der eigesetzten UV-C Strahlung (200 - 280nm) beruht auf photochemischen Reaktionen an den Nukleinsäuren (DNA: Dimerbildung von Pyrimidinbasen) deren Absorptionsmaximum in diesem Bereich liegt. Bestimmte Betriebsbedingungen müssen aber strikt kontrolliert werden:

•  gute Durchmischung des Wassers•  Störungen können durch Trübstoffe (auch Gasblasen) und färbende Inhaltsstoffe •  Die Dimensionierung der Lampenleistung und die optimale Symmetrie der Installation muss stimmen•  Die Leistungsabnahme der Lampen muss ständig kontrolliert werden. 

Weitere Desinfektionsverfahren für Trink- und Badewasser

Page 46: Umweltmedizin: Trinkwasser

 Sekundäre Verkeimung entsteht nach der Aufbereitung durch:  

• Nährstoffe  

• lange Verweilzeit (Stagnation)  

• Schäden in der Anlage  Gefährdet sind: 

• selten genutzte Endstränge 

• schlecht durchspülte Leitungen 

• Hausinstallationen (Hähne, Schläuche etc.), die leicht verkeimen (Rückinfektion) 

Wiederverkeimung

Die Folge ist die Ausbildung von resistenten Biofilmen (festhaftender bakterieller Bewuchs) im Leitungssystem.

Stufen der Biofilmbildung

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Wasseraufbereitung

Der Aktivkohlefilter ist das „Wundermittel“ der Wasseraufbereitung

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Nitratbelastung des Trinkwassers

Nitrat im Grundwasser

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aus Speisen, Getränke durch bakterielle bzw. enzymatische Reduktion von Nitrat zu Nitrit

  

    

Amine, Amide, v.a. sekundäre Amine in Lebensmitteln oder Medikamenten

   

 

   

         

Primärwirkung des Nitrats unbedeutendStruma? 

 

Sekundärwirkung nach Reduktion zu Nitrit Folge: Methämoglobinämie bei Säuglingen

 

Tertiärwirkung nach Bildung von Nitrosaminen aus Nitrit und Aminen. Folge: Krebs

Gesundheitliche Wirkungen von Nitrat im Menschen

NO3- NO2

-

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Trinkwassergefährdung durch Altlasten

Während des 2. Weltkrieges die größte Sprengstofffabrik (v.a. TNT, Hexyl) Mitteleuropas. Nach dem Krieg wurden die 33 Grundwasserbrunnen des Werkes für die Region Mittelhessen zur Trinkwasserversorgung „umgewidmet“

Brunnen

Brunnen

Brunnen Brunnen

Wasserwerk

TNT-Halde

TNT-Produktion

Bomben-Füllstellen

Page 51: Umweltmedizin: Trinkwasser

Stadtallendorf: Luftbild der US-Air Force 1944

Page 52: Umweltmedizin: Trinkwasser

Stadtallendorf: TNT-Produktion, Luftbild 1948

Demontage 1948

Page 53: Umweltmedizin: Trinkwasser

Krankheitsbilder: TNT-Produktion des II. WeltkriegesNasenbluten Augenbrennen starke Kopfschmerzen trockener HustenBrustschmerzen AppetitlosigkeitBrechreizBauchschmerzen, Verstopfung, später Durchfall Dermatitis, juckender AusschlagAllergien (Dermatitiden)Gelbfärbung der Haut (v.a. Nägel, Hände, Füße, Gesicht)braun-rote Färbung der HaareGallenkoliken, Gastritistoxische Gelbsucht mit Oberbauchschmerzendunkler UrinMethämoglobinbildung, ZyanoseBlutbildveränderungen, aplastische Anämie

„Pink Water“

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Krankheitsbilder: TNT-Produktion des II. Weltkriegessubkutane BlutungenBradykardie (Pulsverlangsamung)HerzklopfenAnschwellen von Händen und FüßenKatarakte (TNT-Star)BenommenheitApathie, Depressionenirreguläre schwache Menstruationenverstärktes SchwitzenTrotylkrätze (Pulverkrätze) Die letale Dosis liegt etwa 1 – 2 g TNT. Nachgewiesen ist eine karzinogene Wirkung von TNT bzw. dessen Abbauprodukten im Körper: Leukämien und Blasenkrebs (Anilinkrebs). Mutagene Wirkungen wurden ebenfalls beschrieben.Aminodinitrotoluole (ADNT), die primären “Abbauprodukte” des TNT, sind stark akut toxisch (Methämoglobinämie) und karzinogen ( auch Lunge).

TNT

Page 55: Umweltmedizin: Trinkwasser

Gesundheitsschäden durch TNT

Aus Reichl, Taschenatlas der Toxikologie. Thieme 2002

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Nutzung von Selbstreinigungspotenzialen in STV-belasteten Böden und Grundwasserleitern

CH3

NO2

O2N

CH3

NO2

NH2 H2N

CH3

NO2

NH2

NO2

O2N

NO2

CH3

NH2

O2N

CH3

NH2

O2N NH2

H2N

CH3

NH2

NH2

2,4,6-Trinitrotoluol 2,4,6-Triaminotoluol

Aminodinitrotoluole Diaminonitrotoluole

NO2

O2N

N NO

NO2CH3

NO2

CH3 FestlegungAzoxyverbindungen

anaerob

Huminstoffe

aerob

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Rüstungsaltlasten in der BRD

Werk „Tanne“ Clausthal

Page 58: Umweltmedizin: Trinkwasser

Rüstungsaltlasten in der BRD

Werk „Tanne“ Sanierung der Tri-Halde in Stadtallendorf

Page 59: Umweltmedizin: Trinkwasser

Stadtallendorf, heutige Nutzung

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Die US -Umweltbehörde EPA gibt z.B. für Benz(a)pyren keinen einzelnen Grenzwert an, sondern nach dosisabhängigen Risiken abgestufte "Grenzwerte"

Krebsrisiko ng/l 10-5 (1 : 100.000) 9,710-6 (1 : 1.000.000) 0,9710-7 (1 . 10.000.000) 0,097

 Der Grenzwert für die Summe polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe aus 6 PAK (PAH nach der alten TrinkwV der BRD 200ng/l. (incl. Benz(a)pyren)  

Grenzwert nach EG-Trinkwasser-Richtlinie 98/83/EG (TrinkwV 2001)vom 3. Nov. 98 für Benz(a)pyren 10ng/l. 

Grenzwerte für karzinogene Stoffe

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und Aufkonzentrierung von lipophilen (fettlöslichen) Stoffen in der Nahrungskette Beispiel: PCB 

 

Das bedeutet eine Anreicherung um 1 zu 80 Millionen.

Aufnahme und Anreicherung von Schadstoffen

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Abbau: Biologische Halbwertzeit

Tage

Persistenz von Pestiziden

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Lipophile Schadstoffe in der Muttermilch

Page 64: Umweltmedizin: Trinkwasser

Pestizideinsatz nach Nutzung der Fläche

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Pestizide und Metabolite im TrinkwasserWirkstoff Metabolite

• Alachlor 2,6-Diethylanilin• Anilazin 2-Chloranilin, Dichlor-s-Triazin• Asulam p-Aminobenzo-sulfonsäure• Atrazin Desethylatrazin, Chlor- Ethylamino-6-

Aminotriazin• Bentazon Anthranilsäure-isopropylamid• Bifenox ?• Carbetamid Anilin• Chloridazon ?• Chlortoluron 3-Chlor-4-Methylanilin• Dichlorprop ?• Dimefuron 3-Chloranilin• Dinosep Nitro-Aminoaromaten• DNOC Diamino-o-Kresol, 3-Amino-5-

Nitro-o-Kresol• Diuron 3,4-Dichloranilin• Ethofumesat ?• Fenpropimorph ?• Fluroxypur ?• Isoproturon p- Isopropylanilin• Lindan Chlorierte Cyclohexene• Linuron 3,4-Dichloranilin• MCPA p- Chlorphenol, 2-Methyl-4-

Chlorphenol• Mecoprop Salze, Ester?• Metamitron Desaminometamitron

Wirkstoff Metabolite• Metazachlor 2,6-Dimethylanilin• Metabromuron 4-Bromanilin• Metoxuron 3-Chlor-4-Methoxyanilin• Monuron 4-Chloranilin• Oxydemeton methyl ?• Parathion ethyl Paroxon• Pendimethalin 2,6-Dinitro-3,4-

Dimethylanilin• Phenmedipham 3-Aminotoluol• Pirimicarb ?• Propachlor N-Isopropylanilin• Propazin Desethylatrazin• Propiconazol ?• Propham Anilin• Simazin Diisopropylatrazin• Terbutrylazin Desethylterbutylazin, Ethylamino-

Aminotriazin• Terbutryn ?• Triadimenol ?• Trifluralin Nitro-Aminoaromaten

Kursiv: Pestizide, die nach der „Hessenliste“ regelmäßig untersucht wurden

Fett: Metabolite, die Amino bzw. Nitroaromaten darstellen

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Transformation von Pestiziden über aromatische Amine

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Pestizid- Grenzwerte (Vergleich)

Beispiel: Pestizid Fechlorfos: Zulassige Höchstwerte (ADI) in Lebensmittel und im Trinkwasser

Grenzwerte für Pestizide nach TrinkwV:

Einzelsubstanz 0,1µg/LSumme 0,5µg/L

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„Neue“ wassergefährdende SubstanzenSubstanzen, die auch in der neuen TrinkwV nicht berücksichtigt werden. Organische Substanzen, die sich "wasserwerksgängig" bzw. trinkwassergängig verhalten, nach Angaben des DVGW-Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe (IAWR) und dem ESWE-Institut in Wiesbaden im Einzuggebiet des Rheines (n. H.H. Dieter, WaBoLu):• organische Komplexbildner (EDTA, NTA, DTPA u.a.)• Aromatische Sulfonate (v.a. Naphtalinsulfonate)• Aliphatische Amine (8 Parameter)• Sulfonamide (Sarkosin-N-Phenylsulfonyl: SPS)• Phosphonate (6 Parameter)• Glyphosat und dessen Metabolit Aminomethylphosphonsäure (AMPA)• Synthetische Moschus-Duftstoffe (7 Parameter)• Pharmakologisch wirksame Stoffe (Einzelsubstanzen aus 10 Indikationsgruppen)• Endokrin wirksame Stoffe (Alkylphenole, Phtalate, Bisphenol A, verschiedene Pestizide u.a.). • aktuell wassergefährdende Stoffe sind Perfluorierte Tenside

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Trinkwasser-Grenzwerte: Nitrat• WHO-Guidline 50mg/l (bis 1993: 44mg/L)• TrinkwV 50mg/L (bis 1986: 90mg/L)• EG-Richtwert 25mg/L• Gewässerschutz 25mg/L

Gemeinsamer Grenzwert für Nitrat und Nitrit. Durch eine Rechenoperation darf bei Erreichen des Abgabe-Grenzwertes für Nitrit von 0,5mg/L nur noch 42mg/L Nitrat im Wasser nachweisbar sein.

• US-EPA 45mg/L (ppm)(maximal contaminant level) 10mg/L Nitrat-N

Abgepackte Gewässer (BRD: Kennzeichnung)• „Nitratarm“ 25mg/L• „geeignet für Säuglingsnahrung“ 10mg/L

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Nitrat: ADI-WertWHO: Gesamtzufuhr von Nitrat in LebensmittelnTägliche Aufnahme pro mg/kg KörpergewichtHöchste Dosis (No effect level) 370mg/kgSicherheitsfaktor (1/100) 3,7mg/kgAuftreten einer Säuglingscyanose ab 6mg/kgADI-Werte beziehen sich auf gesunde Erwachsene („Normmensch“) z.B. Mann 33 Jahre, mit 75kg Körpergewicht.„Unter Berücksichtigung epidemiologischer Daten gelten Werte von 50mg/L Nitrat und 3mg/L Nitrit im Trinkwasser als ausreichend, um Säuglinge vor negativen Folgen zu schützen“. (Grohmann u.a. Die Trinkwasserverordnung 2003)

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Probleme der Grenzwertfindung• Für einen Säugling von 5kg- Körpergewicht errechnet sich

über den ADI-Wert (WHO) von 3,7mg/kg eine duldbare tägliche Aufnahme von etwa 18mg Nitrat.

• Trinkt er pro Tag 800ml Wasser mit 50mg/L Nitrat, ergibt sich bereits 40mg tägliche Aufnahme.

• Bei 25mg/L wäre der ADI- Wert in etwa erreicht.• Wenn ab 6mg/kg eine Methämoglobinämie

(Säuglingscyanose) auftreten kann, wäre dieser Wert bei 100mg/L erreicht. d.h. die WHO hat den sonst geforderten Sicherheitsabstand nicht angewendet! (H. J. Seidel 1996).