Unser Wald

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WaldundKunstIJugendreportWald2010 UnserWald Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald 4. Ausgabe Juli/August 2010

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Ausgabe Juli/August 2010

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Unser�Wald Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald4.

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Inhalt� Unser�Wald�4�I�2010

ImpressumHerausgeber: Verlagsgesellschaft Unser Wald mbH Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn, Telefon: 02 28/9459830, Internet: www.sdw.de, E-Mail: [email protected] Im Auftrag der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Bundesverband e.V.

Chefredakteurin: Sabine Krömer-Butz, Bonn Kontakt: 02 28/94 59 835, E-Mail: [email protected]

Stellvertretende Chefredakteurin: Nicole Rabanser, Harxheim

Redaktion: Lothar Gössinger, München; Christoph Rullmann, Bonn; Sylke Emmermann, Leck (Landesverbandsnachrichten)

Anschrift der Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn Telefon: 02 28/9 45 98 30, Telefax: 02 28/9 45 98 33

Geschäftsführer: Jens Stengert, Bonn

Konten: Sparkasse KölnBonn, Kontonummer 031 019 797, BLZ 370 501 98

Gesamtherstellung: Echo Verlag, Selma-Lagerlöf-Straße 51–53, 50859 Köln, Telefon: 0 22 34/40 09-01, Fax: 0 22 34/40 09-44, Internet: www.lambertzdruck.de, E-Mail: [email protected]

Erscheinungsweise: zweimonatlich

Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 € einschl. Versandkosten und 7 % MwSt. Einzelheft: Preis 3,00 €

Fotos: Für die Fotos in den Landesverbandsnachrichten sind die jeweiligen Landesverbände verantwortlich.Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernehmen Verlag und Redaktion kei-ne Verantwortung: Die Redak tion behält sich Kürzungen und Überarbei tungen, insbesondere bei Leserbriefen, vor. Rücksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefügt ist. Die von den Autoren vertretenen Meinungen sind nicht in jedem Falle mit den Ansichten des Herausgebers oder der Redaktion identisch.

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Schwerpunkt: Wald und Kunst 4 – 17

Der Wald als Inspiration 4Ars Natura – Kunst am Wanderweg 10Gläserne Fichten und Tannen 12Freiheit und Wildnis 14Skulpturenwege in Deutschland 16

Baumkunde 18 – 19

Wollemia – die Urweltpflanze 18

Baum des Jahres 20 – 21

Kirschbäume: Von der Blüte zur Frucht 20

Jugendreport Wald 2010 22 – 24

Jugendreport Wald 2010: Statt Waldwirtschaft ist Sauberkeit und Ordnung angesagt. 22

Vogel des Jahres 25 – 26

Fischjäger in der Kulturlandschaft 25

Wald – Südafrika 27 – 28

Wald und Forstwirtschaft in Südafrika 27

Wald – Gefahren 29

Ein gefährlicher blinder Passagier 29

Forstnachrichten 30 – 31

Novellierung des Bundeswaldgesetzes 30

Umweltnachrichten 32 – 33

SDW-Verbandsnachrichten 34 – 63

SDW-Bundesverband 34Baden-Württemberg 36Bayern 38Berlin 40Brandenburg 42Hamburg 44Hessen 46Mecklenburg-Vorpommern 48Niedersachsen 50Nordrhein-Westfalen 52Rheinland-Pfalz 54Sachsen 56Sachsen-Anhalt 58Schleswig-Holstein 60Thüringen 62

Kunstwerk von Urs-P. Twellmann aus Zedernholz in Ja-pan 2002.

Foto: Urs-P. Twellmann

2� Inhalt

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Editorial� 3

Unser�Wald�4�I�2010� Editorial

Kunst, so ist oft zu hören, öffnet uns die Augen. Man wagt unter ihrer An-leitung einen ganz anderen Blick un-verändert neue Denkstrukturen. Wir wollen Sie heute mitnehmen auf die-sen neuen Weg.

Kunst und Wald – auf den ersten Blick fragt man sich, wie passt das zu-sammen. Doch der Wald bietet nicht nur eine herrliche Kulisse für Kunst-werke, sondern er liefert mit seinem Holz, Blättern, Zapfen und Früchten vielfältiges Material, sich künstlerisch zu betätigen.

Neben Künstlern, die Holz bemalen, drechseln oder bearbeiten, wollen wir Sie mit der Kunstrichtung Land Art bekannt machen.

Land Art gehörte in den sechziger Jahren zu den radikalsten künstleri-schen Konzepten. Man wollte dem Besitzbürgertum kein weiteres Kon-sumgut liefern und schuf deshalb großes Bau- und Kunstwerke, die weder transportabel noch käuflich und oft durch Wind und Wetter nicht vergänglich.

Heute wird der Begriff Land Art auf alle Arten von Natur-Kunst oder Kunst in der Landschaft angewandt. Und heute wird die fotografische Do-kumentation der Kunst akzeptiert, da sonst nur Wenige die Entwicklungen mitverfolgen können.

Wir stellen Ihnen in Unser Wald Urs-P. Twellmann, einen der bekanntes-ten Land Art-Künstler, vor. Wir haben ihn kennengelernt, als wir für Angela Merkel einen besonderen Preis such-ten. Seine Kunstwerke in und aus der Natur, mit einer Motorsäge herge-stellt, faszinieren viele Menschen.

Wenn Sie noch eine Idee für einen Ausflug in Deutschland suchen, wir haben für Sie etwas gefunden: Skulp-turenwege, Waldkunstpfade und

Veranstaltungen rund um Kunst und Wald.

Haben Sie schon von dem Baum Wol-lemia gehört? Wahrscheinlich nicht. Bekannt aus Versteinerungen frühe-rer Perioden der Erdgeschichte ent-deckte 1994 ein Ranger den Baum in einer tiefen, unzugänglichen Schlucht in Australien. Unser Wald stellt Ihnen den Baum vor.

Der Natursoziologe Dr. Rainer Brä-mer beschäftigt sich bereits seit 1997 mit dem Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zur Natur. Das Leben in virtuellen Welten drängt das Kennen und Verstehen der realen Welt im-mer weiter zurück. Für Unser Wald hat Dr. Brämer die Erkenntnisse zum Wald, der Forstwirtschaft und der Jagd zusammengefasst.

Schließlich stellt Ihnen Prof. Dr. Tho-mas Seifert passend zur gerade statt gefundenen Fußball-WM den Wald und die Forstwirtschaft in Südafrika vor.

Herzlichst

Liebe�Leserinnen,�liebe�Leser,

Sabine Krömer-Butz

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Wald�und�Kunst� Unser�Wald�4�I�2010

Der�Wald�als�InspirationNicole�Rabanser;�Jens�Stengert;�Lothar�Gössinger

Die Natur ist ein großartiger Künstler: Sie taucht unsere Umgebung in die schönsten und außer-gewöhnlichsten Farben, sie zeichnet filigrane, grobe und atemberaubende Strukturen in Feld, Wald und Wiese oder modelliert imposante und spektakuläre Formen in die Landschaft. Kein Wunder, dass sich zahlreiche Künstler von ihr inspirieren lassen – sei es, indem sie ihr Ate-lier nach draußen verlegen, unsere Umwelt auf eine Leinwand zaubern und auf Zelluloid ban-nen oder mit Naturmaterialien arbeiten.

Besonders das Material Holz fasziniert die Menschen. Es wirkt warm und harmonisch, kein Stück gleicht dem an-deren, jedes scheint eine eigene Geschichte zu erzählen. Viele Kunstschaffende verarbeiten es zu edlen und phan-tasievollen Skulpturen oder initiieren aufsehenerregende Kunstprojekte in der Landschaft. Der Wald ist ein groß-artiger Raum, um der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. Kunst kann im Grünen zu einem wahren Erlebnis werden, aus dem wiederum eine Erfahrung wird, die das Leben der Menschen bereichert. Besonders das von Kin-dern: Durch einen spielerischen, künstlerischen Umgang mit der Natur lernen sie das Ökosystem Wald kennen und schätzen. Auch unter dem Stichwort „Bildung für nach-haltige Entwicklung“ lässt sich Kunst im Wald betrachten: Zwar liefert uns der Wald schon viele Materialien „frei Haus“ - doch nur solange die Menschen einen nachhal-tigen, vorausschauenden und behutsamen Umgang mit ihm pflegen. Kunst im Wald bedeutet in diesem Sinne,

Die Kunstwerke von Franz Musiol beeindrucken durch glatte, zum Berühren einladende Oberflächen – wie die Skulptur „Flügelschlag“, die aus Apfelholz gefertigt wurde.

Foto: F. Musiol

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dass Materialien, die nichts im Grünen zu suchen haben, dort nicht einfach zurückgelassen werden. Denn auch das ist eine Kunst: Den Wald zu nutzen, ohne ihn auszunut-zen. Im Folgenden stellt Unser Wald einige Künstler vor, die den Wald und seine Rohstoffe für sich und ihre span-nende Arbeit entdeckt haben.

„Dich kenne ich, dich lieb ich, dich sah ich wach-sen“ von Pablo Neruda steht nicht ohne Grund auf der Homepage des Künstlers Franz Musiol, das wird dem Betrachter seiner Kunst schnell klar. In jedem seiner Werke wird die Liebe des Eberbachers zum Holz sichtbar, fast scheinen die von ihm gefertigten, imposanten und dabei doch so filigran wirkenden Skulpturen diese poe-tischen Zeilen beständig auszuhauchen. Seit 1999 fertigt der gelernte Tischler, Diplom-Holzingenieur und Diplom-Pädagoge als freischaffender Holzbildhauer Holzskulptu-ren, die er seit 2004 in jährlichen Ausstellungen zeigt. Im Alltag ist er als wissenschaftlicher Berufslehrer für Holz-technik tätig. In seiner künstlerischen Arbeit ist es Franz Musiol besonders wichtig, dass er die natürliche Wuchs-form des Holzes erhält, dem Holz „nichts aufzwingt“: Er hackt weder etwas brachial hinein noch sägt er unbarm-herzig etwas weg – die Natur bestimmt den Weg, den er bei der Bearbeitung einschlägt. Die von ihm geschaffenen Kunstwerke beeindrucken durch ihre harmonische Form, ihre glatten, zur Berührung einladenden Oberflächen und ihre schlichte Natürlichkeit. Herausragend und holzhisto-risch interessant sind die Skulpturen, die aus Stammteilen einer 3700 Jahre alten Mooreiche entstanden sind. Das schwarzbraun bis ganz schwarz gewordene Holz stammt aus dem Boden seiner Heimat, der südlichen Weser-marsch, wo der prähistorische Baumriese im Boden eines ehemaligen Moores überdauert hat. Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte sich bald auf den Weg nach Eberbach am Neckar machen. Dort werden vom 24. Juli bis 12. Sep-tember in der Evangelischen Michaelskirche zwölf große Holzskulpturen des Künstlers unter dem Titel „Dem Weg des Menschen gibt das Holz eine Richtung an“ präsen-tiert.

„Lebendiges Holz – Farbenspiel der Natur“ das ist das Motto der Drechselarbeiten von Volkmar Zimmer aus Germering. Schon immer haben ihn Maserungen und Far-ben der Hölzer fasziniert und so waren bereits während seiner Berufszeit als Konstruktionsingenieur Metallkunst-handwerk, die Welt der Mineralien und immer wieder Holz seine Freizeitbeschäftigungen. Die stetig wachsende Holzsammlung verlangte nach einer angemessenen Dar-stellungsart, so kam es zur „Produktion“ von annähernd 500 Schnupftabakdosen aus den verschiedensten Hölzern aller Kontinente. Ein Seminar beim international bekann-ten englischen Holzkünstler Ray Key brachte schließlich den Durchbruch.

Als Mitglied der Association of Woodturners of Great Bri-tain und der Vlaamse Gilde van Houtdraaiers, den ersten Adressen der künstlerischen Drechsler, steht er seitdem in intensivem Erfahrungsaustausch mit Holzkünstlern aus

anderen Ländern und wurde inzwischen zu internationa-len Drechselsymposien eingeladen. Die Kenntnisse durch Vorlesungen an der Forstwissenschaftlichen Fakultät der LMU München ermöglichen ihm die anatomischen Grund-lagen über Aufbau der Bäume, sowie Anomalien wie z.B. Wucherungen, eingewachsene Steine und ähnliches bei seinen Objekten fachgerecht und treffsicher herauszu-stellen.

Die Schale „Vogel im Nest“ fertigte Volkmar Zimmer aus Eibenholz.

Foto: G. Hornbostel

„Waldengel“ von Franz Musiol

Foto: F. Musiol

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Seit vielen Jahren begleitet Volkmar Zimmer die bayeri-schen Tagungen zum Baum des Jahres mit seinen jeweils ausgesuchten Exponaten. Ob bei großen Baumschutzta-gungen, der Interforst, im Botanischen Garten München oder bei kleineren Ausstellungen in Walderlebniszentren oder bei SDW-Jahresversammlungen: Immer versteht es der Drechselkünstler, für die Teilnehmer den Bogen von Wald über Holz zu Kunst zu spannen. In seinem Wohnort Germering hat er in der Stadtbibliothek eine Holz-Info-thek mit 50 europäischen Holzarten und auch etlichen exotischen Hölzern eingerichtet. Natürlich sind auch alle 22 Bäume des Jahres mit Musterstücken dabei. Auch bei sich zu Hause sind die Objekte zu besichtigen und teilwei-se auch käuflich zu erwerben.

Baumstämme, bunt bemalt: Das sind die „Baum-welten“ des Künstlers Reinhard Stinzing. Doch Stinzings Kunst findet nicht nur mit Bäumen und Holz statt, son-dern befindet sich auch noch im Wald. Kein Wunder, denn Stinzing ist nicht nur Künstler, sondern auch Förster mit einem Revier in der Nähe von Lohr am Main. Und dort befinden sich auch seine Naturgalerien der Moderne.

Reinhard Stinzing sagt von sich selbst: „Bequem war ich nie, will ich auch gar nicht sein“. Für ihn ist Kunst Freiheit. „Modern“ ist für den Künstler nicht das Neue, es ist das Wagnis des Ungewohnten. Der Wald ist für ihn die idea-le Galerie, da er einzigartig und nicht nachbaubar ist und ihm Platz ohne Ende bietet. Hinzu kommt, dass der Wald reich strukturiert und abwechslungsreich ist, zudem ver-ändert er sich je nach Tages- oder Jahreszeit. Der Künst-ler dekoriert Bäume, Baumstümpfe oder Stämme nicht nur mit Farbe, um den Wald bunter erscheinen zu lassen. Durch die Kunstobjekte setzt sich Reinhard Stinzing mit Themen auseinander, die ihn beschäftigen: Politik, Ge-schichte, Moral. Durch das Betrachten seiner Kunst gibt der Künstler den Besuchern die Gelegenheit, sich Zeit zu nehmen und die Kunst im Umfeld der Natur auf sich wir-ken zu lassen. Den Respekt, den Reinhard Stinzing vor der Natur hat, erkennt man auch durch den Untertitel seiner Baumwelten: „Sind Bäume die letzten Philosophen?“ Da-bei spielt die Zeit, die die Bäume zum Wachsen gebraucht haben, verbunden mit der Frage „Was haben die Bäume in der Zeit alles gesehen?“, für ihn eine große Rolle.

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In seinen Kunstobjekten setzt sich Reinhard Stinzing mit Themen auseinander,‚ die ihn beschäftigen.

Foto: R.Stinzing

Nicole Rabanser ist die stellvertretende Chefredak-teurin von Unser Wald. E-Mail: [email protected]

Jens Stengert ist Geschäftsführer der Verlagsgesell-schaft Unser Wald mbH. E-Mail: [email protected]

Lothar Gössinger ist Geschäftsführer der SDW Bay-ern. E-Mail: [email protected]

Autoren

Foto: R.Stinzing

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Urs-P.�Twellmann�–�ein�Künstler�des�VergänglichenSabine�Krömer-Butz

Wenn ein Kunstwerk in der Natur steht und es aus der unmittelbaren Umgebung besteht, wenn dieses Werk zu einem Teil der Landschaft wird und damit selber wieder zur Natur wird, dann hat man es mit Land Art zu tun. Einer Kunstrichtung, die sich nur schwer in dem etablierten Kulturbe-trieb einordnen lässt, aber auf Interesse stößt und bei den meisten Betrachtern Verblüffung, Staunen und nicht selten offene Fragen hinter-lässt.

Der erste Meister des Vergänglichen war Andy Goldswor-thy, der Ende der sechziger Jahre diese neue Kunstrichtung bekannt machte. Heute möchte ich Ihnen einen der be-kanntesten Naturkünstler überhaupt vorstellen, nämlich den Schweizer Urs-P. Twellmann. Seine Werke findet man auf der ganzen Welt. Ob in Japan, Südafrika, Australien oder Kanada: Überall, wo es Holz gibt, lässt er sich von den Äs-ten, Stämmen oder Wurzeln inspirieren und schafft Werke

von besonderer Schönheit. Kreise, Linien, Spiralen, Wellen-linien finden sich in all seinen Skulpturen. Twellmann greift mit seinen Werken in die Natur ein, verändert und deutet sie und verschafft dem Betrachter so den Zugang zu der innewohnenden Schönheit. Die Auseinandersetzung mit dem Material, das Erforschen seiner Eigenschaften und Möglichkeiten sowie das Spannungsfeld zwischen Chaos und Ordnung stehen im Zentrum des kreativen Prozesses von Twellmann.

Ich habe mit Urs- P. Twellmann gesprochen und ihm einige Fragen zu seiner vergänglichen Kunst gestellt:Vor vier Jahren haben wir für unseren jährlich vergebe-nen Preis „Goldene Tanne“ eine außergewöhnliche Holz-skulptur gesucht und bei Ihnen gefunden. Sie haben diese vollständig mit der Kettensäge gestaltet. Ist sie Ihr übli-ches Handwerkszeug?

Urs-P. Twellmann: Zurzeit habe ich eine umfangreiche Werkschau in einem Museum in der Schweiz. Von den über hundert Exponaten sind alle ausschließlich mit der Ketten-säge gearbeitet. Natürlich habe ich Sägen in verschiedenen

Anneau d‘epicéa (Fichtenring) steht seit 2002 im Wald bei Bex in der Schweiz.

Foto: Urs-P. Twellmann

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Größen. Es sind aber alles Sägen, wie sie auch die Waldar-beiter brauchen.

Woher bekommen Sie Ihre Inspiration?Urs-P. Twellmann: Die kommt mit der Arbeit. Mit jeder neuen Arbeit erhalte ich Ideen für Varianten. Oft sind es auch die „missglückten“ Versuche, die mir neue Wege auf-zeigen. Sehr wichtig ist zudem die Auseinandersetzung mit dem Material, den Werkzeugen und den Orten, wo die Ar-beiten entstehen. Ein wesentlicher Teil meiner künstleri-schen Arbeit besteht darin, die spezifischen Eigenschaften der verschiedenen Hölzer zu erforschen und die Möglich-keiten der Kettensäge immer wieder neu auszuloten.

Was möchten Sie mit Ihren Werken ausdrücken? Welche Botschaft möchten Sie dem Betrachter mitgeben?Urs-P. Twellmann: Ich verbinde mit meinen Skulpturen keine spezifischen Botschaften, freue mich aber, wenn ich mit meiner Arbeit dazu beitragen kann, dass die Wichtig-keit der Natur als unsere Lebensgrundlage erkannt wird, dass das Staunen über die Vielfalt der Natur angeregt wird und dass die Achtung gegenüber der Kreativität und den Wundern, die die Natur kreiert, wächst.

Wie lange arbeiten Sie an einem Werk?Urs-P. Twellmann: Es gibt Arbeiten, die in einem Tag ab-geschlossen sind. Andere erfordern ein, zwei oder gar drei Monate intensive oft sehr physische Arbeit. Generell lässt sich das aber nicht in Stunden oder Tagen ausdrücken, weil die Wochen des Erforschens und Experimentierens, wie auch die über Jahre gesammelten Erfahrungen ebenso da-zuzuzählen wären.

Was fasziniert Sie an dem Grundstoff Holz?Urs-P. Twellmann: Die Vielfältigkeit, die Lebendigkeit und die Kraft, die selbst weiterwirkt, auch wenn der Baum schon lange gefällt ist. Auch nach dreißig Jahren bin ich täg-lich am Lernen und am Staunen. Ich sehe meine Tätigkeit als eine Zusammenarbeit, sowohl mit dem Werkstoff Holz wie auch mit den Landschaften in denen ich arbeite.

Was sind Ihre Pläne für die kommende Zeit?Urs-P. Twellmann: Diesen Herbst und Winter werde ich mit Projekten in Nord- und Südamerika beschäftigt sein. Im Detail habe ich noch nicht entschieden, in welche Regionen die Reise führen wird und wo ich an der Arbeit sein werde.

Ihre Arbeiten kann man sich zuhause aufstellen, aber auch in der Natur bewundern. Wie kommen Sie mit der Vergänglichkeit Ihrer Werke im Freien zurecht?Urs-P. Twellmann: Ja, die Arbeiten in der Natur sind ver-gänglich. Alles ist vergänglich, das Auto, der Computer, der letzte Lohn. Das Problem mit dem Holz ist halt, dass es zum Teil nicht mal eine Generation lang hält und dass die meisten Leute den Anspruch haben, dass Kunst ewig halten sollte. Ich sehe die Vergänglichkeit aber auch als Freiheit. Mal habe ich gelesen, dass es für eine Schicht von 200 km rund um die Erde reichen würde, wenn Holz nicht verfau-len würde. Ich habe mit der Vergänglichkeit auch deshalb

keine Probleme, weil die Arbeiten ja auf den Fotografien weiter bestehen. Regelmäßig arbeite ich aber auch an Ob-jekten für den Innenraum. Ich habe viele Holzskulpturen gesehen, die Jahrhunderte alt sind.

Wo sind Ihre Arbeiten ausgestellt?Urs-P. Twellmann: Ich habe wiederholt auf allen Kontinen-ten gearbeitet. Zahlreiche Arbeiten stehen im öffentlichen Raum. Parallel dazu gibt es immer wieder die Möglichkeit meine Arbeiten in Museen, Galerien oder in Freilicht-Skulp-turen-Ausstellungen zu sehen.

Sind Ihre Arbeiten käuflich?Urs-P. Twellmann: Ja, davon lebe ich. Doch nicht alle sind verkäuflich, denn viele entstehen auf Reisen und aus einer bestimmten Situation heraus. Davon bleibt dann meist nur eine Fotografie. Anders die Arbeiten, die ich in den Galeri-en zeige, die sind alle verkäuflich. Wichtig um meinen Le-bensunterhalt zu bestreiten sind aber auch die Aufträge, die ich auf Einladung von Gemeinden, Städten oder Firmen realisieren kann.

Sabine Krömer-Butz ist die Chefredakteurin von Un-ser Wald. E-Mail: [email protected]

Autorin

Urs- P. Twellmann wohnt in Münsingen in der Schweiz. Wer sich über den Künstler und die aktuellen Projek-te informieren möchte, erhält alle Informationen auf seiner Homepage: www.twellmann.ch (siehe auch Buchtipp Seite 17)

Künstler

Kiefernkugel in den Schweizer Alpen. (2005)

Foto: Urs-P. Twellmann

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ARS�NATURA�–�Kunst�am�WanderwegKarin�Lina�Adam�

Erholung durch Wandern und intensives künst-lerisches Erlebnis im „Galerieraum Natur”zu ver-einen, ist das Ziel der ARS NATURA-Stiftung, die seit 2001 an der Verwirklichung dieser Idee ar-beitet. Inzwischen sind in Nordhessen über 240 Kunstwerke aus ökologischen Materialien auf 200 Kilometer Wanderwegen zu besichtigen.

Belebend sattes Grün der Wiesen, herrliche Ausblicke auf die reizvolle Mittelgebirgslandschaft, Kunstwerke, denen man am Wegesrand begegnet. Wo? In Brüder Grimms Märchenland Nordhessen. Erholung durch Wandern und intensives künstlerisches Erlebnis im „Galerieraum Natur“ wirken hier zusammen – etwa 700 Meter bis 1.000 Meter Wegstrecke ist von einem zum anderen Werk zurückzule-gen – Zeit zum Genießen der Natur und Nachdenken über die Eindrücke, die „Arrived“, „Zuneigung“, „Ponykids“ und viele andere Kunstwerke hinterlassen haben.

Die aus ökologischen Materialien hergestellten künstlerischen Arbeiten sind thematisch natur- und orts-bezogen und kommen durch ihre jeweils spezifische land-schaftliche Umgebung besonders zur Geltung - Wechsel-beziehungen entstehen, die die Wirkung von Landschaft und Kunstwerk jeweils verstärken. Im Gegensatz zur kom-pakten Kunstschau der Museen ist hier die landschaftsbe-zogene Streuung das künstlerische Präsentationsprinzip in Entsprechung zum Charakter des ländlichen Raumes. Bis zu einem Kilometer Wegstrecke zwischen den einzelnen Kunstwerken erlaubt eine kontrastreiche, lebendige Kon-zeption. Skulpturen, hängende, liegende, stehende, tö-nende Objekte, Land Art unterschiedlicher Stilrichtungen befinden sich am Wegesrand. Die Rezeption der Werke ist eng mit der Bewegung durch Radfahren oder Wandern verbunden, wobei das Verweilen und Innehalten einen ebenso hohen Stellenwert hat.

Die Kunstwerke befinden sich zum einen entlang des Fernwanderweges X8, der als Barbarossaweg den

Kunstwerk „Raumschau“ von Norbert Jäger aus Hamburg.

Foto: ARS NATURA-Stiftung

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Kyffhäuser in Thüringen mit dem hessischen Korbach ver-bindet. Innerhalb des Projektes ARS NATURA, das von Dr. Karin Lina Adam und Sandrino Sandinista Sander, künst-lerische Leiter, ins Leben gerufen wurde und in eine Stif-tung übergegangen ist, entstand vom Jahr 2001 bis heute eine Strecke von rund zweihundert Kilometern mit 240 Kunstwerken von Waldkappel im Werra-Meißner-Kreis bis Bad Wildungen. Nirgendwo sonst in Deutschland fin-det sich ein Wanderweg dieser Länge, der zu einer un-unterbrochen spannenden Kunstreise einlädt. In Span-genberg kreuzen sich Barbarossaweg (X8) und Wildbahn (X3), die von Höxter nach Bad Brückenau führt und seit 2006 ebenfalls zum ARS NATURA-Kunstpfad ausgebaut wird. Ab dem documenta-Jahr 2007 sind auch in Kassel zehn Werke „am Fluss“ zu erwandern, Lohfelden besitzt eine ARS NATURA-Strecke, dem alten „Schusterpfad“ ge-widmet und der Abschnitt Kehrenbach bis Rotenburg an der Fulda bietet imposante „Weitblicke“. Es wird deutlich, dass jede der Teilstrecken somit ein eigenes Motto hat – „Paradiesisches“ und „Zauberwälder“ gibt es zu entde-cken, die „Geschichte der Christianisierung“ der Region, der Reflexion der Entwicklung des Verhältnisses von „Tier und Mensch“ und der Natur als Ort der „Rekreation“ we-cken ebenso das Interesse wie der „Dialog zwischen Stadt und Land“ sowie Gedanken zur zeitgemäßen ökologischen „Energiegewinnung“.

Auf den beiden Fernwanderwegen und bisher vier Rundwegen, die zur genaueren Erkundung der Umge-bung von X8 und X3 einladen, entsteht ein Gesamtkunst-werk, das Kunstinteressierte und passionierte Wanderer gleichermaßen inspirieren dürfte. Einige regionale, vie-le deutsche und international tätige Künstlerinnen und Künstler konnten für die ARS NATURA-Idee gewonnen werden. Noch im Jahr 2010 hofft ARS NATURA den etwa 15 km langen Abschnitt am Barbarossaweg zu verwirkli-chen, der dem historischen Verlauf folgend die ehemalige innerdeutsche Grenze kreuzt. Das Motto der Teilstrecke soll daher schlicht, aber gewichtig, lauten: „Wiederver-einigung“. Damit wäre es ARS NATURA mit Hilfe seiner Partner, den Städten und Gemeinden am Weg, Hessen-Forst und dem Land Hessen gelungen, die Kunst-Wander-Verbindung zum Land Thüringen herzustellen. Wälder, Felder, Bergkuppen mit weiten Ausblicken, Täler mit Flüs-sen oder lauschigen Bächen, Fachwerkdörfer und -städte mit ihren Sehenswürdigkeiten und auf ganz eigene Weise inspirierenden Kunstwerke als Wegbegleiter laden zum Erkunden, Genießen und Philosophieren ein.

Dr. Karin Lina Adam hat die künstlerische Leitung der ARS NATURA-Stiftung. Weitere Infos unter www.ars-natura-stiftung.de

Autorin

„Red Sticks“ von Dana Widawski aus Berlin.

Foto: ARS NATURA-Stiftung

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12� Wald�tut�gut

Gläserne�Fichten�und�TannenSusanne�Kargus

Im Südosten von Deutschland haben wir be-sondere Bäume entdeckt. Sie befinden sich in Regen, einer Kreisstadt im Bayerischen Wald in Niederbayern. Die Stadt liegt an der 250 Kilo-meter langen Glasstraße und hat sich eine et-was andere Werbung dafür einfallen lassen.

Ihre Blätter rascheln nicht, ihre Äste treiben nicht aus, und ihre Jahresringe sucht man vergebens. Weder Fich-ten noch Espen oder Kiefern haben Wurzeln. Die Bäume, die in der Stadt Regen im Naturpark Bayerischer Wald auf einem Quarzriff wachsen, sind buchstäblich einzigartig in Deutschland und auf der ganzen Welt: Denn der Wald, den die Stadt „gepflanzt“ hat, besteht ganz und gar aus Glas.

Die Stadt Regen hat durch die Installation des Gläser-nen Waldes ein Bild geschaffen, das Werbung und Auf-merksamkeit für das Thema „Glas“ auf sich zieht – mehr

als tausend Worte dies könnten. Auf exponierter Lage am Fuß der Burgruine Weißenstein, direkt auf der Quarzader „Großer Pfahl“, wächst nach dem Konzept des Künstlers Rudolf Schmid auf 2000 Quadratmetern ein glitzernder, funkelnder und transparenter Wald aus acht Millimeter dickem, grün-, braun- oder blauschimmernden Glas, des-sen Bäume mit einer Höhe von bis zu acht Metern in den Himmel ragen. Blau- und Weißtannen, Fichten, Buchen, Kiefern oder Espen stehen neben dem früheren Getrei-dekasten der einstigen Trutzburg Weißenstein. Kein Baum „wächst“ wie der andere. Das Sonnenlicht bricht sich auf bunten, kegelförmigen Baumkronen, kreisrunden Ästen, spitzen, zackigen Zweigen oder spiralenartig gewunde-nen Stämmen. Um den Wipfel des höchsten Baumes, ei-ne acht Meter hohe Tanne, zu sehen, müssen sich selbst die erwachsenen Besucher strecken. Vor acht Jahren ver-senkte der Künstler Rudolf Schmidt die ersten Stämme für die Glasbäume im Boden. Mittlerweile sind 26 Bäume zu bewundern. Zug um Zug soll der Gläserne Wald auf 60 bis 80 Bäume wachsen. In der Natur wirken die Bayerischen Wälder bei Nacht finster, fast ein wenig bedrohlich. Ganz anders der Glaswald: Unzählige Bodenfluter strahlen die

Der „Gläserne Wald“ befindet sich am Fuße der Burgruine Weißenstein.

Foto: Stadt Regen

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Bäume nach Sonnenuntergang an und rücken sie ins rech-te Licht. „Der Glaswald ist der Höhepunkt in Regen, alle Leute sind begeistert und erkennen den künstlerischen Wert der Bäume“, sagt Tourist-Info-Leiterin Angelika Michl. Der Glaswald ist eine große Bereicherung für das touristische Angebot der Stadt.

Der Gläserne Wald zählt zu den bedeutendsten Se-henswürdigkeiten im und um den Luftkurort Regen. Er ist Touristenattraktion und Kunstwerk zugleich. Tausen-de Besucher geraten Jahr für Jahr nach einem Spazier-gang durch den 2000 Quadratmeter großen Glaswald ins Schwärmen. Auch viele Prominente wie Alt-Bundeskanz-ler Helmut Kohl oder die Volksmusik-Moderatorin Carolin Reiber schlenderten bereits zwischen den Bäumen aus farbigem Flachglas umher. Fernsehsender drehten Filme über die Gläsernen Bäume vor der imposanten Kulisse des Bayerischen Waldes, zudem wurde die Stadt im Jahr 2002 mit dem Glasstraßenpreis ausgezeichnet, der die außer-ordentlich gute Verbindung von Tourismus und Glaskul-tur würdigt und an Personen oder Institutionen vergeben wird, die die Kriterien „Vorbildcharakter“, „Überregionale Bedeutung“ und „Wert für das Innenmarketing der Regi-on“ besonders erfüllen.

Mit dem Gläsernen Wald will die Stadt auch der Glasindus-trie neue Impulse geben. Denn mit dem Glas ist die Stadt eng verbunden: Die Degenberger, früher Herren von Burg Weißenstein, waren die ersten Glashüttenbesitzer im Bay-erischen Wald. Die in Regen von einer bekannten Firma hergestellten Brillengläser sind deutschlandweit bekannt, ebenso wie die dort produzierten Spezial-Linsen, die un-ter anderem in hochmodernen Head-up-Displays für Flug-zeuge oder medizinischen Geräten eingebaut werden. Ein ganz besonderer Knoten hat die Stadt Regen außerdem weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt gemacht. Damit ist jedoch nicht ein Wirrwarr aus Hanfseilen oder Schnürsenkeln gemeint, sondern ein Faden aus Kristall-glas, der sich im Kurpark im Ortskern von Regen aus der Erde schraubt und sich zu einem Knoten windet. Die Mini-prismen des Glasfadens schillern je nach Licht in den ver-schiedensten Farben. Alle Völker dieser Erde mit einem Glasfaden erreichen – das ist die Grundidee des Künstlers Charly Rödl, die hinter dem Gläsernen Faden und Knoten steckt. Vom Kurpark soll der Gläserne Faden – zumindest symbolisch – rund um den Globus führen.

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Susanne Kargus ist freie Journalistin; E-Mail: [email protected]

Autorin

Die gläsernen Bäume des Künstlers Rudolf Schmid sind bis zu acht Meter hoch.

Bild: Stadt Regen

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Das Motto „Freiheit und Wildnis“ des 5. Interna-tionalen Waldkunstpfads in Darmstadt berührt unsere Sehnsucht nach einem Leben oder einer Auszeit fernab der Zwänge der Zivilisation. Im Mittelpunkt steht die künstlerische Auseinan-dersetzung mit dem Naturstandort Wald. Aus den vergangenen Veranstaltungen hat sich ein Waldkunstpfad von 2,6 Kilometer Länge mit 20 Kunstwerken entwickelt.

Der 5. Internationale Waldkunstpfad „Freiheit und Wildnis“ hat vom 2. bis 21. August 17 Künstlerinnen und Künstler aus acht Ländern zu einem dreiwöchigen Symposium eingela-den. Die Kunstschaffenden kommen aus: Belgien, China, England, Italien, Kanada, Schweiz, USA und Deutschland. In diesen Woche werden u.a. ein schwimmendes Zelthaus, eine 500 Meter lange schwebende weiße Linie, ein „Spie-gelbaum“ und ein Minenfeld im Wald entstehen. Mit dem „Green Summit – Bäume im Gespräch“ wird es ein Leit- und Verweissystem zu historischen Bäumen mit internatio-nalem Bezug im Wald geben und die „Strange Fruit“ wird Ort eines Kontakt-Tanzprojektes für spätere öffentliche Nutzung. Die chinesische Künstlerin Ping Qiu hat während ihres Aufenthaltes als Gastkünstlerin im Internationalen Waldkunstzentrum im Mai 2010 den „Pilzbaum“ fertigge-stellt: ein Pilz dessen Wurzel die Baumkrone ist und dessen Pilzrand als Sitzbank genutzt werden kann.

Der Mythos von „Freiheit und Wildnis“ ist die Sehnsucht der Menschen nach einem Leben, einer Aus-Zeit oder einem Ur-laub in der sogenannten „Freiheit“ und „Wildnis“, es ist der Wunsch den Zwang der Zivilisation hinter sich zu lassen. Die Städte, die an den Rändern der Natur nagen – besonders im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet – bedrängen uns und lassen wenig Raum für das tief verinnerlichte Bedürfnis nach der Natur. Der Kontrast zwischen dem städtischen Leben und der Verbindung zur Natur ist immer gegenwärtig. Der 5. Inter-nationale Waldkunstpfad wird die romantische Idee von Frei-heit und Wildnis thematisieren. Es geht um das „Überleben in der Wildnis“, die „Freiheit der Gedanken“ und um den ewigen Traum des „Zurück zur Natur“.

Die Biennale der Internationalen Waldkunstpfade findet seit 2002 im Darmstädter Wald am Böllenfalltor statt. Seither haben 95 Künstlerinnen und Künstler aus über 20 Ländern an diesem internationalen Kunstprojekt teilgenommen. Die Auf-gabe des Vereins ist „die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Naturstandort Wald“. Dieses Ziel verfolgen wir vor al-lem mit dem Waldkunstpfad, dem Internationalen Waldkunst Zentrum (IWZ), das im Oktober 2009 gegründet wurde, den internationalen Waldkunstkonferenzen bzw. Vorträgen und unseren Projekten zur Waldkunstpädagogik. Waldkunst ist ein nachhaltiges Kunstkonzept für die Zukunft – ein Ort für neue Ideen und den regen Austausch zwischen Kunst, Natur und Wissenschaft im internationalen Umfeld.

Von Anfang an war die Gründung des Vereins für Internationa-le Waldkunst e.V. ein Kooperationsprojekt mit dem Forstamt

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14� Wald�tut�gut

Freiheit�und�WildnisUte�Ritschel

Pilz-Baum von Ping Qiu. Die chinesische Künstlerin baute im Mai 2010 ihr Kunstwerk. Der Pilzhut mit sechs Meter Durchmesser steht auf dem Kopf und soll als Sitzplatz verwendet werden.

Foto: U. Ritschel

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Darmstadt unterstützt von Hessen Forst. Diese erfolgreiche und fruchtbare Zusammenarbeit hat im Lauf der Jahre den 2,6 Kilometer langen Waldkunstpfad mit 20 bestehenden Kunstwerken zu einem überregional bekannten Kunstort ge-macht. Die Internationalität der Kunstprojekte und der kreati-ve Austausch zwischen den Kulturen wird durch die Auswahl von jeweils einem Drittel deutscher Künstler und zwei Drittel internationaler Künstler immer breiter. Auch wenn natürliche Materialien für die Kunstwerke nicht unbedingt erforderlich sind, verfolgen wir das Ziel, nachhaltige Kunstwerke zu för-dern, die direkt für einen Ort konzipiert sind und auch nur eine bestimmte Lebensdauer haben. Die Standorte im Wald werden immer wieder für neue Kunstwerke genutzt, dadurch entsteht eine „Erinnerung des Ortes“ im kollektiven Gedächt-nis der Besucher.

Das umfangreiche Programm für die Ausstellungswochen 2010 umfasst vier Gespräche zur „StadtWaldKunst“ in Zusam-menarbeit mit Soziologen der Technischen Universität Darm-stadt, eine ARTtafel „Der Geschmack des Waldes“, ein „Hän-sel und Gretel“ Kinderopernprojekt und umfangreiche wald-kunstpädagogische Angebote z.B.mit der Universität Koblenz, Grundschulpädagogik: „Die Wölfe sind los!“, zur Erkundung des Waldkunstpfads in Wolfskostümen für 1. bis 4 Klassen.

Ute Ritschel ist Kuratorin im Verein für Internationale Waldkunst, E-Mail: [email protected]

Autorin

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„Spiegelbaum“ von Vera Röhm

Foto: U. Ritschel

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16� XXXX

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Skulpturenwege�in�DeutschlandIn ganz Deutschland gibt es viele Begegnungen zwi-schen Kunst und Natur. An die 30 Skulpturenwege oder Kunstwanderwege gibt es laut Wikipedia al-lein in Deutschland und jährlich kommen weitere dazu. Wir haben fünf davon ausgesucht und stellen sie Ihnen vor:

Der Kunstwanderweg Hoher Fläming ist ein System von Skulpturenwegen im Naturpark Hoher Fläming in Branden-burg, das die Bahnhöfe von Bad Belzig und Wiesenburg/Mark verbindet. Auf der 17 Kilometer langen Nordroute wurden zehn landschaftsbezogene Kunstwerke errichtet. Die im Mai 2010 eröffnete 16 Kilometer lange Südroute wurde zur Hälfte von flämischen Künstlern gestaltet, die dieses Gebiet vor 850 Jahren besiedelten. Ein Rufbus sammelt auf Wunsch müde Wanderer auf und bringt sie zum Ausgangspunkt zurück. Wei-tere Infos unter www.flaeming.net.

Die 30 Holzskulpturen entlang des Pummpälzweges stammen von Schülern der Schnitzschule Empfertshausen. Der 28 Kilometer lange Rad- und Wanderweg führt von der Wartburg bei Eisenach und nach Frankenstein bei Bad Salzun-gen. Der ganzjährig begehbare Weg ist in vier bis fünf Stunden zu bewältigen. Die Skulpturen stehen an kulturhistorisch inter-essanten Plätzen und laden durch Sitzgruppen und Lesetafeln zum Verweilen ein. Pummpälz ist übrigens der bekannteste Kobold der Thüringer Sagenwelt, der Wanderern auf den Na-

cken gesprungen ist, um sich tragen zu lassen. Dabei soll er den Wanderern Ohrfeigen gegeben haben. Weitere Infos un-ter www.pummpaelz.de.

Der Zauberwald mit dem Leitmotiv Mensch-Wasser-Um-weltwahrnehmung zeigt in einem Rundweg in den Isarauen bei Moosburg 15 Land-Art-Kunstwerke, die aus natürlichen Materialien gefertigt wurden. Die Kunst-Objekte akzentuieren die natürliche Wahrnehmung der Umwelt, sie verstärken die Atmosphäre des Ortes und lenken das Bewusstsein der Be-trachter auf die Beziehungen zwischen Mensch und Wasser sowie zwischen Mensch und Umwelt: zu einem Natur-Kunst- Erlebnis. Studierende der TU München gestalteten diesen Kunstpark in Kooperation mit bekannten Land-Art-Künstlern. Die Kunstrichtung Land-Art (engl. für Landschaftskunst) ent-stand in den sechziger Jahren. Die Natur (z. B. Wald, Wüsten, Felder oder Wasserflächen) wird dabei als Objektträger künst-lerischer Gestaltung genutzt. Zu besuchen ist der Zauberwald täglich 24 Stunden in den Isarauen bei Moosburg (Lände, 85368 Moosburg), nördlich von Freising. Weitere Infos www.wup.wi.tum.de/fluss-werke/.

Zwischen Bad Berleburg in Siegerland-Wittgenstein und Schmallenberg im Hochsauerland führt der WaldSkulpturen-Weg. Auf den Rothaarsteig-Zugangswegen der beiden Städte überwindet er mit 23 Kilometern den Rothaarkamm, auf dem er bei Kühhude auch den Rothaarsteig kreuzt. International bekannte Künstler wie zum Beispiel Nils-Udo, Alan Sonfist oder Jochen Gerz haben mit ihren Kunstwerken am Wegesrand des

„Twist“ von Alois Steger im Zauberwald.

Foto: E. Krause

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WaldSkulpturenWegs einen zumindest in Deutschland ein-maligen Kunstwanderweg geschaffen. In dem über Jahre an-gelegten Projekt sind elf Kunstwerke zu sehen. Es wurde den Künstlern also Zeit gelassen, damit am Ende Erstklassiges ent-stehen konnte. Die umgebene Landschaft, wird vor allem von Fichten in den Kammbereichen und von Mischwäldern in den Tälern geprägt. Weitere Infos unter www.waldskulpturenweg.de.

Kunstwegen ist ein Skulpturenweg, der vom niedersächsi-schen Nordhorn ins niederländische Zwolle führt. Über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren entstanden in und um Nordhorn entlang des Flusslaufs der Vechte über 30 Skulptu-ren, die heute fast exemplarisch und auf internationalem Ni-veau die jüngere Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum nachvollziehbar machen. Zugleich wurden auf niederländi-scher Seite der Vechte an Bahnhöfen zwischen Emmen und Zwolle ab 1987 ebenfalls künstlerische Arbeiten im Stadt-raum installiert. Für den Lückenschluss über die Grenze hin-weg schufen schließlich ab 1998 insgesamt 15 internationale Künstlerinnen und Künstler neue Werke, die sich intensiv mit der örtlichen Geschichte und der Landschaft beschäftigen.

Seit dem Sommer 2000 bilden diese mehr als 60 Skulpturpro-jekte auf einer Strecke von ca. 140 Kilometern Länge unter

dem Namen „kunstwegen“ eines der größten offenen Muse-en Europas. Die meisten dieser Kunstwerke stehen unter frei-em Himmel und sind rund um die Uhr für jedermann zugäng-lich. Weitere Infos unter Infos unter www. kunstwegen.org

Andy Goldsworthy gehört zu den Pionieren der Kunstrichtung Land Art, die Ende der sechziger Jahre in den USA entstand. Goldsworthy macht Kunst mit der Natur. Aus Blättern und Blumen, Steinplatten und Kie-seln, Zweigen und Bäumen, aus Erde und Eis. Goldsworthys Objekte sind schwer zu sammeln. Aber es gibt Fotos, die Andy Golds-worthy von seinen vergänglichen Kunstwerken machte. „Andy Goldsworthy“ ist auch der Titel des wunderschö-nen Bildbandes, der diese Arbeiten erstmals in Deutsch-land versammelt.

Andy Goldsworthy: Andy Goldsworthy ISBN 978-3-86150-128-2 Preis: 33,00 Euro

Arbeiten mit Holz Diese Buch gibt einen guten Überblick über die Werke von Urs-P. Twellmann. Er bearbeitet Holz für seine Kunstwerke und Kunst-aktionen nach vorbereitenden Zeich-nungen mit grossem körperlichem Aufwand. Die intensive Auseinander-setzung mit dem vielfältigen Material steht im Zentrum des kreativen Prozesses. Der Land-schaftsraum selber wird in dieser Land-Art genannten

Kunst zum Kunstwerk. In diesem Bildband werden zahl-reiche Bildhauerarbeiten, filigrane Kleinplastiken und sorgfältig dokumentierte Installationen und Interventio-nen in der Natur vorgestellt und kommentiert. Ein schö-nes Geschenk für sich und andere!

Urs-P. Twellmann: Arbeiten mit Holz ISBN 978-3-72721-101-0 Preis: 32,40 Euro

Naturwerkstatt Landart Jeder kann ein Landart-Künstler sein. Lan-dartkünstler gestalten ihre Werke mit bloßen Händen aus dem, was sie in der freien Natur vorfinden. Ausge-hend von ihrer langjährigen Erfahrung mit Landart-Workshops inspirieren die Autoren zu eigenen Naturkunstwerken und beschreiben praxisnah, Schritt für Schritt und mit vielen Farbfotos.Neben einer Einführung und handwerklichen Tipps für verschiedenste Konstruktionsmöglichkeiten beschrei-ben die Autoren praxisnah konkrete Beispiele von Lan-dartprojekten für alle Altersstufen. Ein umfassendes an-regendes Praxisbuch mit einer Fülle an Ideen.

Andreas Günthler; Kathrin Lacher: Naturwerkstatt Landart ISBN 978-3-85502-883-2 Preis: 23,90 Euro

Bücher & Co.

Der „Krummstab“ steht zwischen dem katholischen Sau-erland und dem protestantischen Wittgensteiner Land.

Foto: Wittgensteiner Akademie e.V.

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Eine unerwartete Überraschung: Im September 1994 machte der Ranger David Noble im Wolle-mia-Nationalpark nahe Sydney/Australien die erstaunlichste Ent-deckung der letzten Jahrzehnte.

Er fand eine vermeintlich neue Konife-renart, die aber den Paläobotanikern von Versteinerungen aus früheren Pe-rioden der Erdgeschichte vor 120 bis 30 Millionen Jahren schon längst ver-traut war. Seit etwa 30 Millionen Jah-ren war sie immer seltener geworden und galt seit der letzten Eiszeit als voll-ständig ausgestorben. Drei Gruppen dieses Baumes mit zusammen rund 50 erwachsenen Individuen, haben in

einer unzugänglichen, tiefen Schlucht in einem von dauerndem Schatten und ständig hoher Feuchte geprägten Biotop überlebt, als ganz Australien während der Eiszeiten unter extremer Dürre dürstete, und die trockenresis-tenten Eukalypten die Herrschaft über den Kontinent antraten.

Der neue Baum wurde als eigene Gat-tung in die Familie der Araukariazeen eingereiht. Diese Familie ist zwischen Südamerika, Australien, Neuseeland und etlichen Südsee-Inseln beheima-tet, also auf den auseinander triften-den Schollen des ehemaligen einheit-lichen Südkontinents Gondwanaland. „Wollemia nobilis“ wählte man als Namen des Neulings, nach dem Ort der Entdeckung und zu Ehren des

Finders, ohne dessen Scharfblick der Baum vielleicht noch lange in seiner engen Schlucht verborgen geblieben wäre.

Botanische Charakteristik der Wollemia Der mächtigste der ent-deckten Bäume ist ca. 40 Meter hoch bei einem Durchmesser von 1,2 Me-ter. Sein Alter wird im Anhalt an einen benachbarten alten Wurzelstock mit 400 Jahresringen auf über 1000 Jah-re geschätzt. Die erwachsenen Bäu-me bilden eine blasige, wie von Po-cken befallene Borke aus, zeigen eine schmale, aufrechte Silhouette mit steil himmelwärts strebenden Ästen, an denen die Zweige in Büscheln und ohne Seitentriebe verteilt sind. Die kräftig grünen Blätter – man kann sie

18� Baum

Baumkunde� Unser�Wald�4�I�2010

Wollemia�–�die�Urweltpflanze�Hubert�Rößner

Die kräftigen grünen Blätter werden bis zu acht Zentimeter lang.

Foto: C. T. Johansson/Wikipedia.org

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Baumkunde� 19

wirklich nicht mehr „Nadeln“ nennen – werden drei bis acht Zentimeter lang und drei bis sieben Millimeter breit, mit stumpf abgerundeter Spitze.

Wollemias sind einhäusig, tragen also männliche und weibliche Blüten ge-trennt auf dem gleichen Baum. Nach zwei Jahren reifen in einem Zapfen bis zu 300 Samenkörner, die rundum einen schmalen Flügelsaum besitzen.

Am Naturstandort keimen sie zahl-reich; die meisten leben aber nicht lange, Pilzbefall, der stark versauerte Boden und Lichtmangel dezimieren die, die nicht schon zuvor von Vögeln und Mäusen verzehrt wurden.

Schutz, Vermehrung, Vertrieb Die Behörden haben rasch strenge Schutzvorschriften erlassen: Nie-mand außer den Fachleuten darf den Naturstandort betreten, nur diese dürfen kontrolliert Material entneh-men. Es zeigte sich bald, dass Wol-lemia sehr gut über Stecklinge zu vermehren ist. So wurde eine eigene Baumschule eingerichtet, die inzwi-schen „am Fließband“ Jungpflanzen zu Tausenden erzeugt, die an geeig-neten Standorten im Herkunftsgebiet ausgepflanzt, aber inzwischen auch weltweit vermarktet werden.

Die erste öffentliche Versteigerung von 300 Wollemia-Pflanzen bei Sotheby‘s in Sydney erbrachte 1,5

Millionen Dollar. Inzwischen ist der erste Kaufwahn vorbei, und jeder kann schon für 49 Euro seine eigene Wollemia besitzen. Je nach Größe – von 30 bis 100 Zentimeter – steigt der Preis bis auf 300 Euro.

Behandlung einer Wollemia Nach Literaturangaben ist Wolle-mia frosthart bis zu - 12°C, also bei uns nur in den wärmsten Lagen im Freien winterfest. Ansonsten wird der Baum als anspruchslos, robust, tolerant gegen Hitze, Sonne, Schat-ten und Trockenheit beschrieben. Er benötigt nur wenig Wasser – einmal pro Woche gießen soll genügen – und verträgt alle Bodenarten. Er kann in einem nicht zu großen Topf stehen.

Ausblick Nach der Entdeckung des lebenden, aus fast 400 Millionen Jah-re alten Gesteinsschichten überliefer-ten urtümlichen Quastenflosser-Fi-sches 1938 vor der südafrikanischen Küste und der Metasequoia glypto-stroboides im Inneren Chinas 1941, die auch aus Versteinerungen schon lange bekannt war, haben wir hier nun den dritten Fall einer Wiederent-deckung von seit langem für ausge-storben gehaltenen Arten in jüngster Zeit! Die Metasequoia, als „dawn red-wood“ in USA, und als „Urweltmam-mutbaum“ bei uns inzwischen weit verbreitet, hat sich als völlig winter-hart bis in die Mittelgebirgslagen und ins rauhe Allgäu erwiesen. Vermutlich

wird sich die Wollemia wegen ihrer stärkeren Frostempfindlichkeit nicht so weitgehend einbürgern, aber bei Fachleuten, Hobby-Dendrologen und allen Liebhabern exotischer Pflanzen dürfte sie sicher auf großes Interesse stoßen.

Hubert Rößner ist SDW-Mitglied und ehem. Leiter des Bayer. Forstamtes Weilheim/Obb.

Autor

StellenausschreibungDer Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. der Schutzgemeinschaft Deut-scher Wald schreibt zum 01.01.2011 die Stelle der Geschäftsführerin/ des Geschäftsführers mit Dienstsitz in Obermoschel/Pfalz aus.

Gesucht wird eine Persönlichkeit mit abgeschlossenem Studium – bevor-zugt in der Fachrichtung Forstwirt-schaft, Landespflege, Biologie – mit Bachelor- oder FH-Abschluss.

Sie sollte ausgeprägte kommunika-tive Kompetenz und Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen

und Partnerorganisationen haben. Strategisches Denken, Organisati-onsvermögen und Belastbarkeit ist genauso erforderlich wie Interesse an projektbezogenen Arbeiten und Freude an Öffentlichkeitsarbeit.

Vorteilhaft wären darüber hinaus waldpädagogische Kenntnisse oder Zusatzqualifikationen, Erfahrungen in der Verbands- oder Vereinsarbeit und Moderatorenausbildung.

Reiskosten werden nach dem Lan-desreisekostengesetz vergütet.

Wir bieten eine unbefristete Stelle in der Entgeltgruppe 9/10 TVöD mit

entsprechenden Aufstiegsmöglich-keiten.

Nähere Informationen über den Umfang der Aufgaben unserer Ge-schäftsführung können Sie unter www.sdw-rlp.de erhalten.

Bewerbungen mit den üblichen Un-terlagen innerhalb von vier Wochen richten Sie bitte an:

SDW Rheinland-Pfalz e.V. Richard-Müller-Str. 11 67823 Obermoschel E-Mail: [email protected] Telefon: 06362-993200 Telefax: 06362-564448

Wollemia im Kew Garden, London

Foto: A. Dux/Wikipedia.org

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Baum�des�Jahres� Unser�Wald�4�I�2010

20� Natur�–�Freizeit20� Regenerative�Energien

Kirschbäume:�Von�der�Blüte�zur�FruchtGregor�Aas

Blühende Kirschen prägen im Frühling an Waldrändern, in Hecken, Streuobstwiesen und Gärten das Bild der Land-schaft. Dabei ist es nicht nur der Baum des Jahres 2010, die Vogelkirsche (Prunus avium), sondern oft auch andere wild wachsende oder kultivierte Arten aus der Gattung Prunus wie die Schlehe, die Trauben-kirsche, die Sauerkirsche, die Zwetschge oder Pflaume, der Pfirsich, die Aprikose oder der Mandelbaum.

Allen gemeinsam ist, dass sie ihre üppige Blütenpracht im Frühjahr kurz vor oder mit dem Laubaustrieb ent-falten. Die Blüten aller Prunus-Arten sind zwittrig, haben fünf Kelchblätter und fünf freie, weiße oder rosafarbe-ne bis rötliche Kronblätter, 20 – 30 Staubblätter und einen Fruchtkno-ten, der aus einem Fruchtblatt gebil-det wird. Bestäubt werden Kirschen durch Insekten, in der Hauptsache durch Bienen (Honig- und Wildbie-nen), gelegentlich aber auch durch Fliegen und Käfer.

Prunus avium ist die Stammart der vielen Hundert Sorten von Süßkir-schen, die durch jahrtausendelange Züchtung entstanden sind. Die Wild-kirsche (Wilde Vogelkirsche, Waldkir-

sche; Prunus avium ssp. avium) hat kleine (Durchmesser < 1 Zentimeter), schwarzrote Früchte mit wenig und bittersüß schmeckendem Frucht-fleisch, Süßkirschen dagegen in der Regel größere und süßere Früchte. Unterschieden werden hier die Herz-kirschen (P. avium ssp. juliana) mit weichen und sehr saftigen, meist dunkel- bis schwarzroten Früchten und die Knorpelkirschen (P. avium ssp. duracina) mit festen (knorpeli-gen), gelben bis roten Früchten.

Die meisten Sorten der Süßkirsche sind selbstunfruchtbar (selbststeril), müssen also durch den Pollen von Bäumen anderer Sorten befruchtet werden (Fremdbefruchter). Bekannt sind so genannte Intersterilitäts-

Die Blüte der (Vogel-) Kirschbäume fasziniert jedes Jahr wieder.

Fotos: C. Griesche

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Unser�Wald�4�I�2010� Baum�des�Jahres

Baum�des�Jahres� 21

gruppen, das heißt, dass nicht nur innerhalb bestimmter Sorten, son-dern auch innerhalb ganzer Sorten-gruppen die Befruchtung nicht oder nur schlecht möglich ist. Als guter Pollenspender gilt beispielsweise die Sorte ‚Hedelfinger‘. Wer in seinem Garten eine Süßkirsche pflanzen will, die weit und breit die einzige ist, soll-te eine der selbstfruchtbaren Sorten auswählen, beispielsweise ‚Sunburst‘ oder ‚Stella‘. Sauerkirschen, Zwetsch-gen und Pflaumen haben sowohl selbststerile als auch selbstfruchtba-re Sorten.

Die Gattung Prunus, zu der welt-weit immerhin etwa 200 Arten ge-hören, wird als Steinobst bezeichnet. Bei der charakteristischen Steinfrucht bildet die Fruchtwand eine äußere fleischig-saftige und einen innere, stark verholzte Schicht. Was wir bei der Kirsche, der Zwetschge oder dem Pfirsich als Fruchtfleisch verzehren, ist nur ein Teil der Fruchtwand. Der

andere ist die harte, verholzte Schale des Steinkerns, der wiederum in sei-nem Innern den Samen enthält. Bei der Mandel (Prunus dulcis) knackt

man diesen Steinkern und verspeist, bei der süßen Form auch roh, als Mandel den Samen, was man bei den meisten anderen Steinobstarten tun-lichst vermeiden sollte, da die Samen stets mehr oder weniger reichlich gif-tige Blausäureglykoside (Amygdalin) enthalten.

Die Samen werden normalerwei-se durch Tiere ausgebreitet. Bei vie-len Tierarten, vor allem Vögeln, aber auch Sägetieren wie Marder und Fuchs stehen reife Kirschen auf dem Speiseplan, wobei die harten Stein-kerne unverdaut ausgeschieden wer-den (Endozoochorie). Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, ist aber die Passage durch den Verdauungstrakt der Tiere für die spätere Keimung des Samens nicht erforderlich.

Die Früchte der Vogelkirsche sind kleiner als bei den kultivierten Arten.

Blühende Kirschen am Waldrand.

PD Dr. Gregor Aas ist Leiter des Ökologisch-Botanischen Gartens der Uni Bayreuth. E-Mail:[email protected].

Autor

Page 22: Unser Wald

Jugendreport�Wald�2010:�Statt�Waldwirtschaft�ist��Sauberkeit�und�Ordnung�angesagt.Rainer�Brämer

Seit 1997 beschäftigt sich der Natursoziologe Rainer Brämer mit dem Verhältnis der Jugend zur Natur. Im Juni wurden die ersten Ergebnisse einer Befra-gung von 3000 Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren ver-öffentlicht. Diese Ergebnisse, die sich mit dem Verhältnis zum Wald beschäftigen, wollen wir Ihnen heute vorstellen.

Wenn man junge Menschen fragt, was ihnen spontan zum Thema „Natur“ ein-fällt, dann stehen unter den konkreten Antworten zwei mit Abstand an der Spitze: Wald und Bäume. Natur scheint also in erster Linie hölzern zu sein. So sehr sich die Forstzunft darüber freuen kann, so bedenklich stimmt ein zweiter

Basisbefund: So gut wie niemandem kommt in diesem Zusammenhang As-pekte der Nutzung von Natur in den Sinn, weniger als ein Prozent der Einfäl-le betreffen Forst und Jagd.

Der erste „Jugendreport Natur“ aus dem Jahre 1997 hat es etwas über-pointiert in der Schlagzeile „Der Wald als heiliger Hain“ auf den Begriff zu bringen versucht. Hier konnte sich das nicht nur unter jungen Menschen ver-breitete „Bambi-Syndrom“ voll entfal-ten. Im jüngsten „Jugendreport Natur 2010“ hat sich der Akzent etwas ver-schoben: Nunmehr ist vor allem Ruhe und Ordnung angesagt, nicht nur im Wald als solchem, sondern auch im eigenen Verhalten. Das naturschutzins-pirierte Bambi-Syndrom hat sich leicht abgeschwächt, dafür sind die Herren des Waldes in ein besseres Licht ge-rückt.

Befragt worden waren über 3.000 Sechst- und Neuntklässler aus 45 all-gemeinbildenden Schulen aller Art in sechs Bundesländern. Unterstützt wur-de die unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministers stehende Stu-die u.a. von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Deutschen Jagd-schutzverband und der landwirtschaft-lichen Kommunikationsagentur i.m.a.

Unbaum Fichte Gezielter noch als die Vorgängerstudien geht der aktuelle Report dem so auffälligen Phänomen der Verdrängung von Nutzungsas-pekten nach. Denn in der für unsere Zukunft so entscheidenden Frage des nachhaltigen Umgangs mit den natür-lichen Ressourcen geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie der Nutzung.

Unter den Wissensfragen des Reports dominieren daher solche nach wirt-

Für Kinder ist der Computer oft faszinierender als die Natur.

Foto: S. Hofschläger/pixelio.de

Jugendreport�Wald�2010� Unser�Wald�4�I�2010

Page 23: Unser Wald

Jugendreport�Wald�2010� 23

schaftlich relevanten Naturgütern. Im deutschen Wald spielt die Fichte in dieser Hinsicht eine führende Rolle – was ihr in der Öffentlichkeit indes eher einen schlechten Ruf eingebracht hat. Wir wollten nun wissen, wie geläufig Jugendlichen die Eigenschaften dieses waldbaulichen Leitbaumes sind. Dabei stießen wir auf erhebliche Wissenslü-cken.

So verweigerten 44 Prozent der Schüler die Antwort auf die Frage „Aus welcher Holzart werden Dachstühle gebaut?“. 24 Prozent legten sich auf Eiche fest, 10 Prozent auf Buche. Nur 8 Prozent kamen auf die zu weit über 90 Pro-zent verwendete Fichte, wobei in diese Quote bereits die damit stets verwech-selte Tanne einbezogen ist. Ebenfalls über 40 Prozent mussten auf die Frage nach der Farbe von Fichtenblüten pas-sen. Immerhin notierten 20 Prozent eine Farbe zwischen gelb (männliche Blüten) und rot (weibliche Blüten). 14 Prozent plädierten für weiß, 12 Prozent für grün, 7 Prozent für braun, 3 Prozent für lila und 1 Prozent für blau.

In den Medienberichten über den Ju-gendreport entzündete sich an diesen Fragen die Kritik, dass sie von den meis-ten Erwachsenen ja schließlich auch nicht beantwortet werden könnten. Ob das die Sache tatsächlich besser macht, steht dahin. Denn schließlich hat heu-te nahezu jeder ein fichtenbestücktes Dach über dem Kopf, und jedem Wald-gänger sollte angesichts gelber Pfüt-zenbeläge im Frühlingswald schon mal

die Frage nach deren Ursache gekom-men sein. Dass man sich noch an sein Grundschulwissen erinnert, ist also gar nicht nötig, es reichen Erfahrung und Interesse. Daran aber scheint es nicht nur der jungen Generation zu mangeln. Die Einwände zeigen nur, dass die ele-mentare Verdrängung des alltäglichen Nutzungsaspektes von Natur ein gene-relles Phänomen ist.

Paradoxien Generalisiert schlägt sich dieser Verdrängungsprozess in der nahezu unveränderten Existenz des „Schlachthaus-Paradoxes“ auf den Wald (Suda) nieder: In der Vari-ante des Jugendreports heißt das: 85 Prozent der Jugendlichen halten es für naturnützlich, „im Wald Bäume zu pflanzen“, 70 Prozent zugleich aber für naturschädlich, „im Wald Bäume zu fällen“.

Die widersprüchlichen Quoten sind ge-genüber früheren Ergebnissen nahezu unverändert geblieben, obwohl die Fragestellung diesmal durch den Zu-satz „im Wald“ präzisiert wurden, um dem Einwand zu begegnen, die Aversi-on gegen das Baumfällen beziehe sich lediglich auf städtische Solitärbäume oder das Abholzen ganzer (Regen-)Wäl-der. Nein, auch im ganz normalen Wald wird der Zusammenhang von Pflanzen und Ernten nicht gesehen. Dazwischen scheint eine Art Bewusstseins- bzw. Be-wertungsgrenze zu klaffen – die Holz-wirtschaft als Niemandsland zwischen schönem Freizeitwald und warmen Holzprodukten. Subjektiv folgerichtig hätten trotz der damit verbundenen Arbeit 27 Prozent nichts dagegen, an einer Baumpflanzaktion teilzunehmen, während 73 Prozent höchst ungern beim Baumfällen helfen würden.

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Das ist für die Natur ...

... eher nützlich ... eher schädlich

Rest zu 100 %: folgenlos

85 %

3 %

13 %

70 %

53 %

12 %

16 %

67 %

Im Wald Bäume pfl anzen

Im Wald Bäume fällen

Wald und Feld vor Wild-schäden schützen

Rehe und Wild-schweine jagen

Jugendreport Natur 2010: Einstellungen zu Forst und Jagd

Page 24: Unser Wald

Ähnliches gilt auch für die Jagd, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. 53 Prozent der Befragten finden, Wald und Feld müssten vor Wildschäden ge-schützt werden, nur 12 Prozent wider-sprechen dem ausdrücklich. Dagegen empfinden es 67 Prozent als schädlich für die Natur, Rehe und Wildschweine zu jagen, auch hier widersprechen nur 16 Prozent. Das wird ohne Heinzel-männchen nicht lösbar sein.

Auf einer noch allgemeineren Ebene reproduziert sich der Verlust eines zu-sammenhängenden Naturbildes in den beiden prinzipiell gegensätzlichen Fest-stellungen „Die Natur soll möglichst unberührt bleiben“ (59 Prozent Zu-stimmung, 10 Prozent Ablehnung) und „Der Mensch soll sich die Natur zu Nut-ze machen“ (37 Prozent Zustimmung, 23 Prozent Ablehnung). Denn es ist keineswegs so, dass die Zustimmung zu einem mit der Ablehnung des anderen Statements einhergeht. 20 Prozent der Jugendlichen stimmen sogar beidem gleichermaßen zu. Ist der Begriff von Natur nur noch ein Puzzle, das man im Kopf nicht mehr zusammenbekommt?

Selbstbetrug Bei alledem kommen die betroffenen Akteure im jugendli-chen Urteil erstaunlich gut weg. Von den vorgegebenen Werturteilen zur Arbeit der Förster wurden die beiden positiven stark bejaht, das negative mehrheitlich verneint (siehe Tabelle). Dahinter steht der Versuch, das idylli-sche Bild des Waldes zu erhalten – in-dem man den Nutzern eine Art Helfer-syndrom unterstellt. Danach geht es

dem Förster keineswegs nur um den Holzertrag, sondern vor allem um die Gesundheit des Waldes. Erneut wird also das Primärziel des Waldbaues ver-drängt.

Jäger kommen bei dieser Konfrontati-on nicht ganz so gut weg, doch selbst

bei ihnen überwiegt das Positive. Hier hat sich einiges geändert. 2003 bejah-ten noch knapp 50 Prozent die Anklage: „Jäger sind Tiermörder“. Sieben Jah-re später ist man um des Bildes einer heilen Waldwelt willen offenbar bereit, selbst über den härtesten Zugriff auf die Natur hinwegzugehen, indem man ihm einen guten Zweck zuschreibt.

Ruhe, Sauberkeit und Ordnung.Zu diesem selbstbetrügerischen Harmo-niestreben passt es, dass man am Wald keinen ästhetischen Makel hinnimmt. Nach Meinung von sage und schrei-be 94 Prozent – die zweithöchste Zu-stimmungsquote überhaupt – kommt es der Natur zugute, wenn man sie sauber hält. Dazu gehört es in erster Linie, Müll zu sammeln (85 Prozent), aber auch, tote Bäume und Äste weg-zuräumen (61 Prozent). Noch größere Zustimmung findet nur noch das dazu passende Gebot, im Wald keinen Abfall zu hinterlassen (97 Prozent).

Mehr nach ihren eigenen Eltern als nach jugendlichem Erlebnishunger klingen auch die von mehr oder weniger zwei Dritteln aller Jugendlichen unterschrie-benen Bekenntnisse: „Im Wald liebe ich die Stille“, „Das Wild braucht sei-ne Ruhe“ und – nochmal – „Der Wald muss ordentlich und aufgeräumt sein“. Das mag mancher selbstzufrieden als Ergebnis einer gelungenen Waldpäd-agogik ansehen. Es könnte aber auch ein Alarmsignal in dem Sinne sein, dass junge Menschen mit dem Wald nicht mehr sonderlich viel am Hut haben, weil sie von ihnen gesuchten Heraus-forderungen woanders finden.

Weitere aufschlussreiche Daten und Fakten zur aktuellen wie zu früheren Ausgaben des „Jugendreports Natur“ finden sich auf der Website www.na-tursoziologie.de.

Jugendreport�Wald�2010� Unser�Wald�4�I�2010

24� Jugendreport�Wald�2010

Jugendreport Natur 2010

Einstellungen zu Forst und Jagd

Meinung eher ja eher nein

Förster sind nötig, um den Wald gesund zu erhalten 71 % 8 %

Förster gehen rücksichtsvoll mit der Natur um 78 % 7 %

Förstern geht es nur um das Holz der Bäume 15 % 52 %

Jägern geht es vor allem um das Wohl des Wildes 36 % 26 %

Jäger gehen rücksichtsvoll mit der Natur um 35 % 18 %

Jäger wollen letztlich nur Tiere töten 22 % 49 %

Umfrage

Persönliche Einstellungen

... eher ja ... eher nein

Rest zu 100 %: unsicher

71 %

3 %

8 %

70 %

Förster sind nötig, um den Wald

gesund zu erhaltenIch habe eine Vorliebe für Holz möbel

Jugendreport Natur 2010: Einstellungen zu Forst und Jagd

Persönliche Einstellungen

... eher ja ... eher nein

Rest zu 100 %: unsicher

71 %

3 %

8 %

70 %

Förster sind nötig, um den Wald

gesund zu erhaltenIch habe eine Vorliebe für Holz möbel

Jugendreport Natur 2010: Einstellungen zu Forst und Jagd

Dr. Rainer Brämer ist Natursozio-loge an der Universität Marburg, E-Mail: [email protected]

Autor

Page 25: Unser Wald

Unser�Wald�4�I�2010� Vogel�des�Jahres

Vogel�des�Jahres� 25

Fischjäger�in�der�KulturlandschaftMartin�Lauterbach

Nach dem allseits beliebten Eisvogel fiel die Wahl des „Vo-gel des Jahres“ 2010 diesmal auf eine sehr kontrovers dis-kutierte Art, den Kormoran. Von der einen Seite als „Sym-bol des Vogelschutzes“ gefei-ert, wird er von der anderen als „Schadvogel“ verfolgt. Die vertretenen Standpunk-te könnten widersprüchlicher kaum sein und erinnern an die Schädling-Nützling-Diskussion vor hundert Jahren.

In Europa kommt der Kormoran (Pha-lacrocorax carbo) in zwei Unterar-ten vor. Entlang der felsigen Küsten West- und Nordeuropas brütet Ph. c. carbo. In Mittel- und Südeuropa und damit auch in Deutschland, lebt die baumbrütende „Festlandrasse“ Ph. c. sinensis.

Der Brutbestand in Europa wird auf bis zu 370.000 Brutpaare geschätzt (davon Ph. c. sinensis ca. 250.000). In Deutschland brüten etwa 24.000 Paare. Dies ist beachtlich, galt doch der Kormoran um 1900 in den meis-ten europäischen Ländern als ausge-storben. Nach der Unterschutzstel-lung durch die Vogelschutz-Richtlinie 1979 hat sich der Bestand binnen kürzester Zeit wieder erholt. Bei der heutigen Verbreitung des Kormorans handelt es sich also nicht um eine

Neuansiedlung, sondern um eine Rückwanderung. Nach dem rasanten Anstieg der Population scheint sich diese in Mitteleuropa auf das der-zeitige Niveau einzupendeln. Lokal können die Bestandsdichten jahres-zeitlich jedoch sehr stark schwanken, denn als „Kurzstreckenzieher“ weicht der Kormoran im Winter ungünstigen Wetterlagen aus. Deshalb kann z.B. in Süddeutschland der Winterbestand das bis zu Zehnfache des Brutbestan-des im Frühjahr betragen.

Brutbiologie und Lebensraum Die enorme Bestandszunahme des Kormorans war zunächst überra-schend, da bei langlebigen und spe-zialisierten Arten derartige Zuwächse nicht unbedingt zu erwarten sind. Der Kormoran wird bis zu 20 Jahre alt, erreicht die Geschlechtsreife erst

Kormorane sind fast so groß wie Gänse und haben eine Flügelspannweite von bis zu anderthalb Meter.

Foto: Siegel/DJV

Page 26: Unser Wald

mit drei bis vier Jahren und hat auch nur eine einzige Jahresbrut mit bis zu vier Jungen. Die Bestandsentwick-lung spiegelt also im Umkehrschluss zwei Dinge wider: zum einen muss die menschliche Nachstellung in den vergangenen Jahrhunderten exzessiv erfolgt sein, um eine so „erfolgrei-che“ Art fast zum Aussterben zu brin-gen. Zum anderen scheinen in Mittel-europa beste Lebensbedingungen für die Art vorzuliegen.

Im Sommer hält sich der Großteil der europäischen Brut-Population an den Meeresküsten und Flussmündungen auf. Im Winter verlagert sich das Vor-kommen neben den Meeresküsten vor allem auf große Binnenseen. Aber auch kleinere, eisfreie Gewässer wer-den dann häufiger aufgesucht.

Im Binnenland brüten Kormorane in Kolonien auf Baumgruppen – meist gemeinsam mit Graureihern. In den Kolonien befindet sich immer auch ein größerer Anteil von Jungvögeln und Nichtbrütern. Die Brutbestände werden deshalb oft überschätzt.

Nahrungswahl – der Kern des Problems Kormorane fressen fast ausschließlich Fische. Der Tagesbe-darf beträgt ca. 350 bis 500 Gramm. Bevorzugt werden Fische mit einer Länge von zehn bis 20 Zentimetern. Aber es gilt: Gefressen wird, was am leichtesten zu erbeuten ist. Kor-morane ernähren sich deshalb von den Fischarten, die vor Ort jeweils am häufigsten vorkommen. Darum stehen wirtschaftlich unbedeutende Fischarten wie Stichling, Rotauge, Rotfeder, Giebel, Ukelei und Brachse an oberster Stelle des Speisezettels.

Schäden für Teichwirtschaften und Auswirkungen auf die natürli-chen Fischbestände: Die perfekte Anpassung an seine Nahrung macht den Kormoran für Teichbesitzer zum „Problemvogel“. Fischzuchtanlagen stellen hochattraktive Jagdgebiete dar. Hier kommen die Beutetiere in extrem hohen Dichten vor und sind leicht zu fangen, weil ihnen Ver-steckmöglichkeiten fehlen. Übliche Schutzvorkehrungen sind beim Kor-moran nicht wirksam. Vergrämungs-

methoden verlieren wegen des Ge-wöhnungseffekts rasch an Wirkung. Lokal bleibt oft nur, das Wasser mit Netzen zu überspannen oder gar eine Totaleinhausung.

Für Teichbewirtschafter können durch diesen Mehraufwand oder durch geringere Erträge lokal also deutliche finanzielle Einbußen ent-stehen.

Ebenso beeinflussen die Kormorane an kleinen und mittelgroßen Gewäs-sern auch die Biomasse der Fische. In intakten, schnellfließenden und sauerstoffreichen Fließgewässern kann die Fischbiomasse z.B. 100 bis 200 Kilogramm pro Hektar betra-gen. In strukturarmen, naturfernen Gewässern können diese Werte auf weit unter zehn Kilogramm pro Hek-tar abfallen. Ein Kormorantrupp mit nur zehn Tieren kann hier an einen Tag die Hälfte der Biomasse entneh-men. Wenn Kormorane in isolierten Gewässerabschnitten gefährdete Fischarten jagen, erwachsen hieraus vereinzelt naturschutzfachliche Pro-bleme. Gleiches gilt für Gewässer, die noch intakte Fischpopulationen be-herbergen, aber als Spenderflächen für benachbarte Gewässer dienen sollen.

Schlechter Zustand der Gewäs-ser Der entscheidende Punkt ist je-doch, dass der Kormoran nur in einer vom Menschen stark veränderten Kulturlandschaft zum „Problem“ wer-den kann. In Deutschlands Flüssen und Bächen behindern über 60.000 Stauwerke Fischwanderungen mas-siv. Mangels fehlender Strukturen an ausgebauten Ufern finden Fische keine Unterstände und Rückzugs-möglichkeiten mehr. Der Kormoran gefährdet also nicht einheimische Fischarten, er zeigt nur den schlech-ten Zustand unserer Gewässer an.

Europäisches Management er-forderlich Bundesweit werden jährlich 15.000 Kormorane erlegt. Die Jagdstrecken übersteigen man-cherorts die Brutbestände und sogar die Rastbestände um ein Vielfaches. Diese Praxis hat weder zu einer Ver-minderung der Bestände insgesamt

geführt, noch lassen sich die Auswir-kungen auf die jeweiligen Brutpo-pulationen nachvollziehen. Ebenso führt diese Störung dazu, dass die Trupps immer scheuer werden und sich mehr verteilen. Dies kann zu einer flächigeren Streuung der Brut-kolonien führen. Die Bestände sind dadurch noch schwerer zu erfassen, geschweige denn zu regulieren. Au-ßerdem können die Abschüsse z.T. erhebliche Störungen in sensiblen Wasservogel-Rastgebieten darstel-len.

Im Kormoran-Management sind zwingend neue Wege zu gehen. Ein wichtiger Schritt ist die Einrichtung von Ruhezonen an großflächigen Ge-wässern, in denen die Vögel unge-stört brüten und jagen können. Dies würde eine bessere räumliche Len-kung ermöglichen. Die Neuansied-lung in sensiblen Gewässerabschnit-ten und Bereichen mit intensiver Teichbewirtschaftung sollte mittels Vergrämung möglichst frühzeitig ver-eitelt werden.

In welcher Anzahl man den Fischjäger tolerieren wird, um wirtschaftliche Einbußen bei Betroffenen möglichst gering zu halten, ist eine politische Entscheidung. Zur Versachlichung der Diskussion ist ein länderübergrei-fendes Kormoran-Management auf europäischer Ebene dringend erfor-derlich, das eventl. auch Regulierun-gen der Brutbestände miteinbezieht.

Dennoch ist der Kormoran ein natür-licher Bestandteil unserer heimischen Fauna wie Fischotter, Graureiher und Eisvogel. Er hat seinen Platz in Mit-teleuropa wieder eingenommen und auch Gegner der interessanten Art werden sich an den Anblick an unse-ren Gewässern gewöhnen müssen.

Vogel�des�Jahres� Unser�Wald�4�I�2010

26� Vogel�des�Jahres

Martin Lauterbach arbeitet in der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Referat Naturschutz, E-Mail: [email protected]

Autor

Page 27: Unser Wald

In den letzten Wochen ist Süd-afrika anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft stärker ins Bewusstsein der Welt gerückt. Wir wollen Ihnen heute einen Einblick in die Forstwirtschaft Südafrikas geben und haben dazu als Fachmann Prof. Dr. Thomas Seifert gewonnen, der seit 2008 an der Universi-tät Stellenbosch in Südafrika lehrt.

Südafrika ist ein überwiegend trocke-nes und von Natur aus kein waldrei-ches Land. Lediglich 0,2 Prozent der Landesfläche sind von Naturwäldern bedeckt, die zum größten Teil zum Typ des afromontanen Waldes gehö-ren. Die Ursachen für den geringen Waldanteil ist vor allem das trockene Klima, das in weiten Teilen Südafrikas keine Wälder wachsen lässt. Feuer ist ein Bestandteil der natürlichen Vege-tationsdynamik in weiten Teilen des Landes und verhindert das Aufkom-men geschlossener Wälder auf großer Fläche. So kommen die Naturwälder Südafrikas oft nur in feuergeschütz-ten Tälern und Taleinschnitten vor oder in feuchteren Küstengebieten, in denen das Feuer keine dominante Rolle spielt. Feuerexponierte Land-schaftsbereiche werden von Busch- oder Grasvegetation eingenommen, welche die periodisch wiederkeh-renden Brände verträgt oder sogar zur Regeneration benötigt, wie etwa

der Fynbos des Westkaps mit seinen bis fünf Meter hohen Silberbaumge-wächsen (Proteaceen). Die Rolle des Menschen in der Feuerdynamik ist umstritten. Momentan werden et-wa nur zehn Prozent der Brände auf natürliche Ursachen zurückgeführt. Leichtsinn und vorsätzliche Brand-stiftung stellen ein großes Problem dar. Man kann davon ausgehen, dass der Mensch schon sehr lange Einfluss auf die Landschaft nimmt, da bereits die Koi-San Stämme, die lange vor den Weißen und den Bantu in Süd-afrika lebten, Feuer einsetzten, um Grasland abzubrennen, um so frisch nachgetriebenes Gras für ihr Vieh zu erhalten. Es kann daher davon aus-gegangen werden, dass vor der Be-siedelung etwas größere Flächen in Südafrika von Naturwäldern bedeckt waren als heute. Südafrikas Natur-wälder werden kaum genutzt, außer in der südlichen Gegend um Knysna, wo Bäume kurz vor dem natürlichen

Unser�Wald�4�I�2010� Wald�–�Südafrika

Wald�–�Südafrika� 27

Wald�und�Forstwirtschaft�in�SüdafrikaThomas�Seifert

Der dichte Wald im Tsitsikamma-Nationalpark im Süden mit seinen alten, bis zu 40 Meter hohen Bäumen ist einer der letzten Urwälder Südafrikas.

Foto: T. Seifert

Page 28: Unser Wald

Absterben sehr schonend geerntet werden. Das wertvolle und seltene Holz von Podocarpus (Yellowwood) und Acotea bullata (Stinkwood) wird stark von der heimischen Möbelin-dustrie nachgefragt. Die Rinde ei-niger Bäume (z.B. Stinkwood), viele Früchte und weitere Pflanzen haben in Südafrika auch rituelle oder medi-zinische Bedeutung.

Die kommerzielle Forstwirtschaft in Südafrika wird praktisch aus-schließlich mit eingeführten schnell-wachsenden Baumarten (Kiefer, Eu-kalyptus und australischen Akazien) betrieben. Die kommerzielle Plan-tagenwirtschaft bedeckt etwa zwei Prozent der Landesfläche und ar-beitet hochproduktiv in kurzen Um-triebszeiten und im Kahlschlagsbe-trieb. Das ausgezeichnete Wachstum der Kiefern und Eukalypten ermög-licht die Produktion von Papierholz in Zyklen von 7 bis 12 Jahren, die Sä-geholzproduktion in 25 bis 30 Jahren.

Forstwirtschaft wird in Monokultu-ren betrieben. Mischbestände oder gar ungleichaltrige Plantagen gibt es in Südafrika nicht. Typische Risikofak-toren sind Waldbrände und verschie-dene Pathogene wie Holzwespen, blattfressende Insekten und verschie-dene Pilze wie etwa Fusarium. Das Ziel der Forstwirtschaft ist eindeutig die Maximierung der Produktion auf der relativ geringen für die Forst-wirtschaft tauglichen Fläche. Dabei wird der Plantagenbesitzer nach Wasserverbrauch besteuert, was zum Teil zu einer Benachteiligung der Forstwirtschaft gegenüber anderen Landbewirtschaftungsformen führt, die dieser Steuer nicht unterliegen. Durch gezielte Züchtung und Hybri-disierung wurden Kultivare geschaf-fen, die jeweils auf die sehr variablen Standortbedingungen in verschiede-nen Teilen Südafrikas optimiert sind. Durch Düngung werden gezielt Nähr-stoffdefizite ausgeglichen. Insgesamt zeigt sich die hohe Produktivität in der Tatsache, dass Südafrika bis vor einigen Jahren, trotz der geringen Plantagenfläche, ein Nettoexporteur von Holz und Holzprodukten war. Während immer noch mehr Zellstoff und Papier exportiert als eingeführt wird, besteht beim Sägeholz eine höhere Nachfrage als die Produktion im eigenen Land zu decken vermag. Deshalb werden im Moment ver-schiedene Strategien ausgearbeitet, um wieder autark zu werden. Unter anderem sind im Ostkap, der ärms-ten Region des Landes 100.000 Hek-tar zur Neuaufforstung vorgesehen. Dabei spielt die soziale Komponente eine große Rolle. Längst ist klar, dass die Forst- und Säge-/Papierindus-trie einer der größten Arbeitgeber im Land darstellt. Um Arbeit in wirt-schaftlich benachteiligten ländlichen Regionen zu schaffen, werden dort weniger die internationalen und ver-tikal integrierten Konzerne gefördert. Stattdessen sollen neue Plantagen vor allem von Dorfgemeinschaften betrieben werden, so dass diese den Wald als zusätzliches Einkommen nutzen können und Arbeitsplätze entstehen. Dies führt natürlich dazu, dass das entsprechende Wissen zur Waldbewirtschaftung vor Ort erst geschaffen werden muss.

In der Forstwirtschaft Südafrikas wird die Bioenergieproduktion aus Holz als neue Chance für die Forstwirtschaft gesehen. Bereits jetzt werden per Schiff Pellets nach Europa geliefert. Doch auch in Südafrika ist das Po-tenzial für Bioenergie aus Holz noch lange nicht ausgeschöpft. Hier ver-hindern momentan die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Mono-polisierung des Energiemarktes ein stärkeres Engagement.

Südafrika ist ein hochattraktives Land, wenn es um Klimafolgenfor-schung geht. Die klimatische Konstel-lation in Südafrika weist heute schon nahezu alle erdenklichen Klimate auf, die für Europa in 20 bis 50 Jah-ren vorhergesagt werden – insbeson- dere, wenn es um wärmere und tro-ckenere Wetterbedingungen geht. Von temperierten über mediterrane bis subtropische Bedingungen, von Gebieten mit dominantem Sommer-niederschlag, solchen mit Winternie-derschlag bis zu gleichmäßig über das Jahr verteilten Niederschlagsregi-men findet sich in Südafrika alles. So können Hypothesen zur Anpassungs-fähigkeit von Baumarten und zur Än-derung der Wachstumsmuster heute bereits getestet werden, wie das ge-genwärtig Forscher der Universität Stellenbosch und der TU München mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der südafrikanischen National Research Foundation (NRF) tun.

Wald�–�Südafrika� Unser�Wald�4�I�2010

28� Wald�–�Südafrika

Prof. Dr. Thomas Seifert ist ehe-maliger Mitarbeiter am Institut für Waldwachstumskunde der TU München und seit 2008 an der Universität Stellenbosch in Süd-afrika beschäftigt.

Autor

Kommerzielle Forstwirtschaft wird mit schnellwachsenden Baumarten wie z.B. Kiefer betrieben.

Foto: T. Seifert

Page 29: Unser Wald

Unser�Wald�4�I�2010� Wald�–�Gefahren

Wald�–�Gefahren� 29

Ein�gefährlicher�blinder�PassagierNicole�Rabanser

Was leuchtet denn da so ver-führerisch rot im grünen Di-ckicht am Wegesrand? Wald-erdbeeren! Köstlich sehen sie aus, ganz saftig und süß. Die sind doch wie geschaffen für eine kleine Zwischenmahlzeit. Schnell sind ein paar Frücht-chen gepflückt, die Hand mit der Leckerei wandert zum Mund und – halt!

Auch wenn der Appetit groß ist, soll-te doch eines nicht vergessen wer-den: zuerst waschen, dann genießen. Das klingt übertrieben, ist es aber keineswegs. Zwar sind die Beeren in Mutter Natur keinen Spritz- und Dün-gemitteln ausgesetzt, können jedoch, trotz der vielen Vitamine, äußerst un-gesunde Folgen für den Menschen haben. Denn es besteht die Mög-lichkeit, dass mit dem Genuss einer Frucht – für das menschliche Auge unsichtbar – die Eier eines Fuchs-bandwurmes als blinde Passagiere in den menschlichen Verdauungstrakt gelangen. Doch wie kommen die Ei-er auf die Walderdbeeren, und was macht sie so gefährlich? Die Antwort auf Frage eins ist ganz einfach: Abge-legt wurden die Eier dort entweder von einem so genannten Endwirt, der den Wurm in sich trägt – in der Re-gel ist das ein Fuchs, es können aber auch Hunde und Katzen sein – oder vom Wind. Der Fuchsbandwurm lebt im Dünndarm seines Wirtes. Jeden Tag scheidet beispielsweise der mit dem Parasit befallene Meister Reine-ke mehrere Hunderttausende unter einem hundertstel Millimeter große Bandwurmeier mit dem Kot aus. Die-se bleiben entweder an Ort und Stel-le liegen oder werden durch die Luft an andere Plätze getragen. Norma-lerweise werden die Eier dort durch die Nahrung von Zwischenwirten wie Mäusen oder Ratten aufgenom-men, die dann wiederum vom Fuchs

gefressen werden, wodurch sich der Kreislauf schließt.

Manchmal wird jedoch der Mensch zum Zwischenwirt – zum Beispiel, indem er mit Eiern besetz-te Waldfrüchte schlemmt, ohne sie vorher zu waschen. Vom menschli-chen Darm aus befallen die in den Eiern enthaltenen Larven Leber und Lunge. Dort führen sie im Laufe der Zeit zu einer krebsartigen Zerstö-rung des Gewebes, was als Alveoläre Echinokokkose bezeichnet wird. Von alldem merkt der Mensch zunächst nichts: Der Befall mit den Larven des Fuchsbandwurmes verläuft absolut schmerz- und beschwerdefrei. Oft wird die Echinokokkose erst bemerkt, wenn Großteile der Leber befallen sind. Hinzu kommt, dass zwischen In-fektion und Ausbruch der Krankheit bis zu 15 Jahre liegen können. Prob-lematisch ist zudem, dass seit einigen Jahren die Fuchspopulation zunimmt – wodurch sich auch der Bandwurm stärker verbreitet. Da Meister Rei-neke zunehmend den menschlichen Siedlungsraum als Aufenthaltsort für sich entdeckt, können auch die am Boden wachsenden Früchte und das Gemüse in Gärten mit Eiern verunrei-nigt sein.

Wie kann man sich schützen? Waldfrüchte und Pilze sowie alle am Boden wachsenden Früchte- und Gemüsesorten aus Gärten und Frei-landkulturen sollten vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden. Abso-lute Sicherheit vor einer Infektion gibt es jedoch nur, wenn die Lebensmittel vor dem Verzehr auf über 60 Grad er-hitzt werden. Tieffrieren, Desinfizie-ren oder Einlegen in Alkohol tötet die Erreger nicht ab.

Ein hygienischer Umgang mit Haus-tieren ist wichtig: Nach jedem Strei-cheln sollten sich Tierliebhaber die Hände waschen, zudem sollten Hund und Katze regelmäßig vom Tierarzt entwurmt werden. Eine sorgfältige Handreinigung ist jedoch auch nach Garten-, Feld- oder Waldarbeiten un-erlässlich.

Darüber hinaus sollten Kinder im Wald keine Grashalme in den Mund neh-men oder tote Tiere anfassen.

Nicole Rabanser ist stellv. Chef-redakteurin von Unser Wald, E-Mail: [email protected]

Autorin

Füchse können den für Menschen gefährlichen Fuchsbandwurm übertragen.

Foto: R[1].-B._pixelio.de

Page 30: Unser Wald

Dr. Christel Happach-Kasan, MdB ist forstpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion und Vorsitzende der SDW Schleswig-Holstein.

Sie ist maßgeblich an der Novellie-rung des Bundeswaldgesetzes be-teiligt. Unser Wald stellte ihr einige Fragen zu den umstrittenen Themen. Hier ihre Antworten:

Warum ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Novellierung erforderlich?Unser Bundeswaldgesetz stammt aus dem Jahr 1975 und hat sich insgesamt bewährt. Es gibt gleichwohl neuere Entwicklungen, die damals nicht ab-sehbar waren. Deswegen ergänzt die christlich-liberale Koalition jetzt das Ge-setz. Ein vergleichsweise neues Thema ist der Klimaschutz, die Notwendigkeit, die Wälder den klimatischen Änderun-gen anzupassen. Um die richtigen Ent-scheidungen zu treffen, muss die Wis-

sensbasis verbreitert werden. Mit dem Klimaschutz hängt zusammen, dass die Produktion von Biomasse für die ener-getische Nutzung an Bedeutung ge-wonnen hat. Holz ist nach wie vor der wichtigste nachwachsende Rohstoff in Deutschland. Um die Produktion von Holz auf landwirtschaftlichen Flächen in Kurzumtriebsplantagen zu ermögli-chen, wurden diese aus dem Waldbe-griff herausgenommen. Insgesamt ist eine Novellierung gelungen, die sich durch Sachlichkeit, Augenmaß und Pragmatismus auszeichnet.

Derzeit haften die Waldbesitzer in hohem Maße für Schäden, die aus Gefahren in den Wäldern entstehen. Wie steht es um eine Klarstellung der Verkehrssicherungspflicht für die Waldbesitzer?Das Bundeswaldgesetz ermöglicht für jedermann das freie Betretensrecht des Waldes. Wir wollen, dass Waldbe-sucher waldtypische Gefahren eigen-verantwortlich beachten, Waldbesitzer von der Haftung für diese Gefahren freigestellt werden. In den letzten Jahren wurden die Totholzanteile im Wald gesteigert. Damit wird dem Inte-resse des Naturschutzes entsprochen, insbesondere die Biodiversität von In-sektenarten zu steigern. Damit wächst aber auch die Gefahr, dass Menschen durch abfallende Äste oder umstürzen-de Bäume zu Schaden kommen. Die Verkehrssicherungspflicht an Waldwe-gen bleibt bestehen, aber Waldbesitzer werden von der Haftung für waldty-pische Gefahren freigestellt. Ein Blick auf verschiedene Gerichtsurteile der letzten Jahre zeigt, dass wir mit dieser Formulierung Waldbesitzer entlasten können. Wir sind uns bewusst, dass wir durch die Regelungen im Bundeswald-gesetz nicht die Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches aushe-beln können.

Kurzumtriebsplantagen, also der An-bau und die Ernte schnellwüchsiger Bäume auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen, sollen nicht unter den Waldbegriff fallen. Wie ist das un-ter ökologischen Gesichtspunkten zu sehen?

Die Produktion von Biomasse in Kurzumtriebsplantagen hat gegenüber Monokulturen wie dem Maisanbau erhebliche ökologische Vorteile: Sie zeigen eine deutlich höhere Biodiversi-tät und benötigen weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Sie sind damit eine ökologische Alternative zum Mais-anbau für die energetische Nutzung. Der Wissenschaftliche Beirat des Agrar-ministeriums hatte schon im Jahr 2007 in seinem Gutachten auf die ökologi-schen und ökonomischen Vorteile der Nutzung von Holz aus Kurzumtriebs-plantagen hingewiesen. In verschie-denen Regionen Deutschlands gibt es bereits Projekte, in Kurzumtriebsplan-tagen (KUP) Holz für die energetische und stoffliche Nutzung zu produzieren. Diese Projekte können Wettbewerbs-fähigkeit mit anderen Produktionen von Biomasse nur erreichen, wenn sie Rechtssicherheit haben.

Viele Park- und Gartenanlagen, aber auch Friedhöfe, haben einen großen Baumbestand, gelten zugleich als Kul-tur- und Baudenkmäler. Wie sollen die Belange des Denkmalschutzes be-rücksichtigt werden?Wälder sind ein Archiv der Kulturge-schichte. Der Limes, slawische Wall-anlagen, mittelalterliche Pflugspuren, Köhlereien sind Beispiele für das Wir-ken der Menschen in vergangenen Jahrhunderten, die insbesondere in Wäldern bewahrt wurden. Historische Parkanlagen und Friedhöfe sind mit ihrem teilweise großen Baumbestand ebenfalls Wälder. Der Denkmalcharak-ter dieser Anlagen verdient besonde-ren Schutz. Wir wollen, dass die Bewirt-schaftung der Wälder auch ihre kultur-geschichtliche Dimension berücksich-tigt und haben dafür den § 11 ergänzt. Diese Anpassung wird die Pflege und den Erhalt der bedeutenden Kulturgü-ter im Rahmen des Waldgesetzes ver-einfachen. Die multifunktionale Nut-zung unserer Wälder gibt Freiräume, auch denkmalpflegerische Aspekte bei der Waldnutzung zu berücksichtigen. In einem Aufsatz, veröffentlicht in Band 55 der Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, wurde die Forstwirtschaft pauschal als

Forstnachrichten� Unser�Wald�4�I�2010

30� Forstnachrichten

Novellierung�des�Bundeswaldgesetzes

Dr. Christel Happach-Kasan MdB

Foto: SDW Schleswig-Holstein

Page 31: Unser Wald

Unser�Wald�4�I�2010� Forstnachrichten

Forstnachrichten� 31

„Monokultur-Kahlschlag-Methode“ be-zeichnet. Ein solches Zerrbild hat nichts mit der forstwirtschaftlichen Realität in Deutschland zu tun und kann daher auch eine Herausnahme von histori-schen Parkanlagen aus dem Geltungs-bereich des Bundeswaldgesetzes nicht begründen.

Forstbetriebsgemeinschaften sind Zu-sammenschlüsse von privaten Klein-waldbesitzern. Für sie sollen die Ver-marktungschancen verbessert wer-den. Wie wollen Sie das erreichen?Im Bereich der Sägewerke hat in den letzten Jahren eine erhebliche Konzen-tration stattgefunden. Der Privatwald ist dagegen überwiegend klein struk-turiert. Fast 60 Prozent der fast zwei Millionen Waldbesitzer bewirtschaften Wälder, die kleiner sind als 20 Hektar. Sie werden zumeist in den forstwirt-schaftlichen Betriebsgemeinschaften gemeinsam bewirtschaftet. Diese dür-fen nun das Holz auch gemeinsam ver-markten. Die kartellrechtlichen Beden-ken gegen eine solche gemeinschaftli-che Vermarktung wurden ausgeräumt und die notwendigen Änderungen in § 37 und § 40 BWaldG beschlossen. Dies wird Anreize für die Bewirtschaf-tung des kleinstrukturierten Privatwal-des schaffen. Gerade kleine Waldbesit-zer werden dadurch gestärkt.

Einige Verbände und Parteien fordern die Aufnahme von Regelungen einer „guten fachliche Praxis“ für die Wald-bewirtschaftung ins Bundeswaldge-setz. Wie stehen Sie zu diesem Streit-punkt?Die insbesondere von den Natur-schutzverbänden erhobene Forde-rung nach der gesetzlichen Festle-gung einer guten fachlichen Praxis im Bundeswaldgesetz sehen wir nicht als notwendig an. In den meisten Lan-deswaldgesetzen gibt es dazu bereits Regelungen. Gesetzliche Festschrei-bungen von Selbstverständlichkeiten wie die Vermeidung des flächigen Befahrens der Waldfläche helfen nicht weiter. Detailliertere Regelun-gen können nicht allgemeingültig für alle Wälder von der norddeutschen Tiefebene über die Mittelgebirge bis zum Alpenrand festgelegt werden. Viele Waldeigentümer haben zudem bereits freiwillig höhere Kosten ak-

zeptiert, um höheren Standards in der Waldbewirtschaftung zu genügen. So ist fast 70 Prozent der Waldfläche in Deutschland zertifiziert. Die Ergeb-nisse der letzten Bundeswaldinventur zeigen, dass die Waldbesitzer sehr ver-antwortlich mit ihren Wäldern umge-hen. Der Waldumbau hin zu stabilen, naturnahen Mischwäldern geht vor-an, der Anstieg von Totholzanteilen im Wald steigt und leistet einen Beitrag zur Biodiversität. Der letzte Waldbe-richt zeigt, dass weniger Waldpflan-zen vom Aussterben bedroht sind als Pflanzen anderer Biotope. Der Schutz von Primärwäldern wird verstärkt. Der Holzvorrat in den Wäldern steigt. Untersuchungen zeigen uns, dass in den letzten Jahren Erkenntnisse der Wissenschaft vergleichsweise schnell von der Praxis übernommen worden sind. Dabei leistet die gute forstliche Ausbildung der Forstmitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen wichtigen Bei-trag. Starre gesetzliche Regelungen können dies nicht leisten.

Die Waldinventur wird bisher alle zehn Jahre durchgeführt. Wie sehen Sie den Nutzen und die Zukunft dieser Erhebung?

Die Entwicklung unserer Wälder muss wissensbasiert erfolgen. Andernfalls sind Fehlentscheidungen vorprogram-miert. Dafür müssen wir verschiedene Daten erheben, die den jetzigen Zu-stand beschreiben. Durch Vergleich mit früheren Waldinventuren lässt sich die Entwicklung unserer Wälder aufzeigen. Daraus lassen sich Prognosen für die Waldentwicklung ableiten und Hand-lungsoptionen für Eingriffe ausarbei-ten. Dafür haben wir auch Änderungen bei der Waldinventur beschlossen. Ne-ben den Daten zum Holzbestand, dem Baumartenbestand und der Baumge-sundheit wollen wir vor allem die Er-kenntnisse aus der Bodenzustandser-hebung miteinbeziehen. Ebenso soll im Rahmen von internationalen Verpflich-tungen der Kohlenstoffbestand, also die Holzmenge, im Abstand von fünf Jahren erhoben werden. Diese Maß-nahmen sollen das Monitoring unserer Wälder verbessern und noch aussage-kräftiger machen. Nur auf einer umfas-senden Wissensbasis können die rich-tigen Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden.

Haftungsfragen werden durch die Novellierung neu geregelt.

Foto: B. Stolze/pixelio.de

Page 32: Unser Wald

Umweltnachrichten� Unser�Wald�4�I�2010

32� Umweltnachrichten

Aralsee�fast��verschwundenDer Aralsee in Zentralasien hat seit 1950 rund 90 Prozent seiner Was-sermenge verloren. Der Aralsee war einst der viertgrößte Binnensee der Erde und reich an biologischer Arten-vielfalt bis man für die systematische Bewässerung von landwurtschaftli-chen Nutzflächen die beiden Zuströ-me Amudarja und Syrdarja abzweig-te. Die folgende Austrocknung des Sees führte zur Bildung der salzhal-tigen Aralkumwüste. Infolgedessen verschwanden rund 20 Tier- und Pflanzenarten. In der Region wurden viele landwirtschaftliche Flächen un-fruchtbar, die Zahl der Krankheits- und Todesfälle erreichte 2009 einen neuen Höchststand. Erste Bemühun-gen gibt es seit 1993. Mittlerweile läuft das ASBP-2-Programm („Aral Sea Basin Program“) zur Verbesse-rung der ökologischen und sozio-ökonomischen Situation der Aralsee-Region. Darüber hinaus sei eine stär-kere internationale Zusammenarbeit zur Rettung der Region nötig. Für den Umweltminister der Republik Kasach-stan kann das Problem nur mit inten-siverer Zusammenarbeit zwischen den zentralasiatischen Staaten gelöst werden.

Biogas�im�VormarschDie Erzeugung von Biogas in Nordrhein-Westfalen steigt rasant an. Zu Beginn dieses Jahres gab es fast 330 Biogasan-lagen im Land und damit fast doppelt so viele wie im Jahr 2005. Im vergange-

nen Jahr produzierten die Anlagen 920 Millionen Kilowattstunden Strom und deckten damit den durchschnittlichen Stromverbrauch von über 800.000 Menschen. Damit wurden alleine bei der Stromproduktion über 55.000 Tonnen CO2 eingespart. Bis Ende 2010 sollen mehr als 400 Biogasanlagen mit über einer Milliarde Kilowattstunden Strom erzeugen. Auch Landwirte pro-fitieren vom Biogas-Boom, in dem sie ein zweites Einkommen bekommen.

Gegründet:�Zukunft�Holz�GmbHEnde April wurde die „Zukunft Holz GmbH“ als Nachfolgeorganisation des Holzabsatzfonds in Berlin gegründet. Die Präsidenten der beiden Gesell-schafter, Georg Schirmbeck, MdB für den Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR) und Ullrich Huth für den Deut-schen Holzwirtschaftsrat (DHWR) un-terzeichneten am 23. März 2010 den Gesellschaftervertrag. „Wir freuen uns sehr über die Gründung der Zukunft Holz GmbH.

Die eigentliche Arbeit, der Aufbau ei-ner funktionierenden Holzabsatzförde-rung, geht jetzt aber erst richtig los!“, waren sich die beiden Gesellschaf-ter einig. Sitz der GmbH ist das Haus der Land- und Ernährungswirtschaft, Claire-Waldoff-Straße 7 in Berlin Mit-te. Die Spitzenverbände der deutschen Forst- und Holzwirtschaft, der Deut-sche Forstwirtschaftsrat e.V. (DFWR) und der Deutsche Holzwirtschaftsrat e.V. (DHWR), werden zu jeweils 50 % Gesellschafter der ZHG.

Energiesparen�im�Elefantenhaus

Elefantenkuh Sabi dreht die Heizung ab. Und auch Affe, Nashorn und Co. stehen dem Dickhäuter in Sachen Klimaschutz in nichts nach. Der Zoo Osnabrück hat sein Energiespar-programm erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Zwei Jahre hat er in Zu-sammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und den Stadtwerken Osnabrück nach Möglichkeiten gesucht, den Energie-verbrauch zu verringern. Ein Viertel weniger Strom genutzt, 68.200 Euro an Kosten gespart und 250 Tonnen weniger Kohlendioxid produziert – das ist nun die Bilanz.

„Energiesparen im Zoo funktioniert nicht so leicht. Die große Artenviel-falt, die Neugierde der Zoobewohner, das häufige Öffnen der Türen zu den Tierhäusern und die vielen Bauten aus den 70er Jahren mit hohem Energieverbrauch machten das Vorhaben zu einer Herausforderung. Doch die aktuellen Auswertungen zeigen, dass der Zoo nun über 336.000 Kilowattstunden(kWh) Wärme und 250.000 kWh Strom im Jahr weniger verbrauche. Zum Vergleich: Ein Einfamilienhaus verbraucht jährlich 20.000 kWh Wärme und 4.000 kWh Strom. Die Erfahrungen aus Osnabrück könn-ten nun auch anderen Zoos beim Energiesparen helfen.

Die Informationstafeln mit den „En-ergiespartatzen“ informieren über die Energieeinsparungen im Zoo.

Globale�Partnerschaft�zum��Schutz�der�Tropenwälder�begründetAm 27. Mai haben in Oslo über 50 hochrangige Vertreter von Indust-rie- und Tropenländern die Globa-le Partnerschaft zum weltweiten Schutz der Tropenwälder offiziell unterzeichnet.

Die Partnerschaft ist ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz, denn etwa ein Fünftel aller weltweiten Treib-hausgas-Emissionen entsteht bei der

Zerstörung von Wäldern. Deutschland unterstützt den globalen Waldschutz in den kommenden drei Jahren mit mindestens 350 Millionen Euro im Rahmen seiner Sofortfinanzierung für den internationalen Klimaschutz.

Insgesamt stellt die Globale Part-nerschaft vier Milliarden US-Dollar für die Jahre 2010 bis 2012 zur Ver-fügung.

Foto: DBU

Page 33: Unser Wald

Unser�Wald�4�I�2010� Umweltnachrichten

Umweltnachrichten� 33

Bundesweit��immer�weniger�SpatzenRund 40.000 Vogelfreunde nutzten das zweite Maiwochenende zur Teil-nahme an der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“, einer Mitmachakti-on des NABU. Sie meldeten alle Vögel, die sie während einer Beobachtungs-stunde im Garten oder vom Balkon aus entdecken konnten. Die Auswer-tung der mehr als 24.000 Einsendun-gen liegt nun vor und bringt teilweise überraschende Ergebnisse.

So nimmt die Zahl der Spatzen kon-tinuierlich ab, was sich mittlerweile auch im Nordosten der Bundesrepu-

blik bemerkbar macht. Entwarnung gibt es hingegen bei den Grünfinken, die im vergangenen Jahr in einigen Regionen mit einem Massensterben für Schlagzeilen gesorgt haben. Auch die Population der Grünfinken ist

stabil geblieben und beim Gartenrot-schwanz wurde deutschlandweit die doppelte Menge gemeldet.

Die „Stunde der Gartenvögel“ wurde 2005 bundesweit ins Leben gerufen.

Zur Interpretation der Daten weist der NABU darauf hin, dass Verän-derungen der Zählergebnisse nicht zwangsläufig mit Veränderungen der Vogelbestände gleichzusetzen seien. Deshalb ist es wichtig, Langzeitdaten zu sammeln, mit denen sich punktu-elle Beeinträchtigungen wie das Wet-ter von nachhaltigen Einflüssen tren-nen und Bestandstrends erkennen lassen.

Leserbrief�zu�„Gepflegte�Wälder�für�gepflegte�Seelen“�–��in�Unser�Wald,��Ausgabe�Mai/Juni�2010,�S.�8

in der letzten Ausgabe Ihres Hefts beschäftigen sich die Autorinnen Dörte Martens und Nicole Bauer mit der Frage „Gepflegte Wälder für ge-pflegte Seelen?“

Wissenschaftler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft hätten in einem Ex-periment herausgefunden, „dass ein gepflegter Wald, der Zeichen einer Bewirtschaftung aufweist, den Men-schen stärker positiv beeinflusst als ein Wald, den ein hoher Totholzanteil kennzeichnet“. Basis für dieses For-schungsergebnis waren laut Artikel im wesentlichen zwei Testgruppen mit je 50 Personen, die auf einer festgelegten Route einmal durch einen „gepflegten Wald“, einmal durch einen „unbewirt-schafteten Wald mit höherem Unter-holz- und Totholzbestand“ spazierten.

Was aber bitte ist ein „gepflegter Wald“?

Und was ist ein „unbewirtschafteter Wald mit höherem Unterholz- und Totholzbestand“?

Diese Begriffe sind wachsweich, was soll man sich konkret darunter vor-stellen?

Entsprechend brauchbar dürften die Ergebnisse dieses Experiments sein.

Mit dem erwanderten Nordschwarz-wald vor der Haustüre und ursprüng-lich von der Schwäbischen Alb kom-mend kann ich wohl – zumindest für diese Gebiete – guten Gewissens behaupten, dass es einen nicht „ge-pflegten“ Wald genauso wenig mehr gibt, wie einen unbewirtschafteten Wald. Von Mini-Bannwald-Inselchen einmal abgesehen. Im Gegenteil – die Waldbewirtschaftung hinterlässt vielerorts Schneisen der Verwüs-tung quer durch den Wald, Wege und vorher unberührte Waldberei-che sehen aus wie nach einer Pan-zerdurchquerung. Beispiele könnte ich zuhauf anführen. Solche „Zei-chen einer Bewirtschaftung“ tragen sicher sehr zur Erholung bei.

Daneben gibt es immer mehr ehe-mals normale Wald- und Feldwege, die asphaltiert werden.

Als Wanderer kann man deswegen bspw. das Gebiet um Bad Teinach, Calmbach etc. in weiten Teilen ver-gessen. Genauso weite Teile des Hagenschieß bei Pforzheim. Jeder kleine Weiler ist mit jedem ande-

ren durch einen asphaltierten und häufig für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Weg verbunden. In solchen gepflegten Wäldern lässt es sich wahrlich prima erholen. Nach kürzester Zeit melden sich Gelenke und Rücken mit den besten Schu-hen.

Es sollte in Ihrem Heft nicht so getan werden, als ob in unseren Wäldern alles in Ordnung wäre, es eine natur-nahe sanfte Bewirtschaftung geben würde, die Rücksicht auf die Bedürf-nisse Erholungssuchender nimmt. Dem ist mitnichten so. Wohin man kommt, ist der Wirtschaftsdruck auf den Wald erkennbar. Der Er-holungssuchende, Tier- und Vogel-welt interessieren da allenfalls am Rande. Sicher, vielerorts sehen die Waldgebiete wieder vielfältiger aus, häufiger lässt man auch mal einen toten Baum stehen (zum Glück für die Spechte), das ist aber wohl mehr den Spätfolgen der Orkane geschul-det und engagierten Vogel- und Um-weltfreunden, die es glücklicherwei-se auch in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zu geben scheint.

Christoph Schmalfuss, Weil der Stadt

Foto: Alexandra-H[1]._pixelio.de

Page 34: Unser Wald

SDW-Landesverbandsnachrichten� Unser�Wald�4�I�2010

34� SDW�Bundesverband

Bundesdelegiertenversammlung��in�Frankfurt�am�MainAuf Einladung der SDW-Hessen trifft sich der Bundesverband vom 30. Sep-tember bis 02. Oktober 2010 zur Bunde-legiertenversammlung in Frankfurt. Die „eigentliche“ Delegiertenversammlung wird am Nachmittag des Samstags, 02. Oktober, stattfinden. Die Veranstal-tungen beginnen allerdings schon am Donnerstag mit einer Exkursion in die Wälder rund um die Stadt Frankfurt. Hier werden unter anderem Flächen be-sichtigt, die durch den Maikäfer geschä-digt sind oder die Bedeutung des stadt-nahen Waldes thematisiert. Der Freitag wird im Zeichen des Großen Runden Ti-sches stehen, einem Gremium aus Bun-desvorstand, und den Vorsitzenden und Geschäftsführern der Landesverbände und weiterer fachlicher Berater. Hierbei werden wichtige aktuelle Themen ge-meinschaftlich diskutiert.

Die Tagesordnung und das detaillierte Programm werden in der kommenden Ausgabe veröffentlicht werden.

Teleperformance�pflanzt�MitarbeiterbäumeDie Teleperformance Group ist welt-weit die Nr. 1 für Customer Care-, Technical Support- und Telemarke-ting-Lösungen. In Deutschland arbei-ten seit 1992, mittlerweile an acht Standorten, über 2.500 Mitarbeiter für internationale Konzerne und er-folgreiche mittelständische Unterneh-men aus den Bereichen IT, Telekom-munikation, E-Commerce, Medien und Finanzdienstleistungen. Zusam-men mit der SDW pflanzt das Unter-nehmen in den kommenden Jahren für jeden neuen Mitarbeiter in jedem Jahr einen Baum. Hierbei werden wir versuchen, an allen Standorten der Teleperformance Group geeignete Projekte zu realisieren, so Christoph Rullmann. Das erste Projekt wird im Herbst diesen Jahres in Hamburg Wirklichkeit werden. Die nach hohen ökologischen Standards konziperten Projekte werden in Kooperation mit der SDW- Hamburg realsiert.

Symbolisch fand im Niendorfer Gehege die erste Baumpflanzung statt. Sa-bine Herfort, Assistenz der Geschaftsführung der Teleperformance Deutsch-land, und Jan Muntendorf von der SDW Hamburg legten dabei persönlich Hand an.

Foto: O. Schneider/pixelio.de

Foto: SDW Hamburg

Page 35: Unser Wald

Unser�Wald�4�I�2010� SDW-Landesverbandsnachrichten

SDW�Bundesverband� 35

Deutsche�Alleenstraße��auf�Europäischer�Alleentagung�Im Königlichen Botanischen Garten Kew in London kamen in diesem Mo-nat Vertreter einiger europäischer Länder zusammen, um sich über den Alleenschutz in Europa auszutau-schen und sich zusammen mit mehr als 150 Interessierten über aktuelle Projekte und Entwicklungen zu infor-mieren. Die Deutsche Alleenstraße wurde hierbei von Christoph Rull-mann vertreten.

„Besonders beeindruckend war für mich“, so Rullmann, „dass die Deut-sche Alleenstraße hier allen bekannt war. Das hat mir wieder einmal ge-zeigt, was für ein tolles Projekt wir hier gemeinsam mit dem ADAC ha-ben.“

Dass Alleen eben nicht nur ein wich-tiges Kultur- und Naturgut sind, son-dern dass sie auch einen wirtschaft-lichen Wert haben, wurde von Chan-tal Pradines eindrucksvoll dargelegt. Ihre Untersuchungen haben gezeigt dass ein Kilometer Allee einen wirt-schaftlichen Wert von mehr als 1 Millionen Euro hat. Und hierbei sind noch nicht die Leistungen der Allee für die Biodiversität den Klimaschutz berücksichtigt.

Alleen als ein wichtiges Mittel, um Stadtviertel aufzuwerten, wurde von Vertretern der Stadtplanung vorgestellt. So haben Erhebungen

in London gezeigt, dass gerade die Stadtteile im Mietspiegel und bei dem Wert der Immobilien besonders hoch liegen, die über einen großen Baumbestand und Anteil an Stadt-grün verfügen. Um nun auch an diese Gebiete angrenzende Stadtviertel an dieses hochpreisigen Viertel anzubin-den, werden nun von Investoren und Stadtplaner neue Grünplanungen erstellt. So gilt hier oft als Mittel der Wahl das Anlegen von Alleen oder Baumreihen in den Straßen.

Ein kleiner Markplatz bot in den Pausen die Möglichkeit, sich über moderne Techniken der Baumsanie-rung und über europäische Projekte zu informieren. Hier wurde auch die Alleenfan-Kampagne des Bundesmi-nisteriums für Umwelt, Naturschutz

und Reaktorsicherheit und der SDW, sowie die Deutschen Alleenstraße präsentiert.

Wir�gratulieren�zum��80.�Geburtstagdem ehemaligen SDW Präsiden-ten Fritz Graf Brockdorff und

dem ehemaligen Chefredakteur von Unser Wald Paulheinz Grupe.

Die SDW bedankt sich bei beiden für ihr jahrzehntelanges Engage-ment und wünscht alles Gute und Gesundheit für die Zukunft.

SDW · Bundesverband Meckenheimer Allee 79 53115 Bonn Tel.: 0228/9 45 98 30 Fax: 0228/9 45 98 33 E-Mail [email protected] www.sdw.de

Präsident: Staatssekretär a.D. Dr. Wolfgang von Geldern Geschäftsführer: Christoph Rullmann

Kontakt

Alleen werten nicht nur Straßen in den Städten auf

Foto: K. Halama/pixelio.de