Unterrichtseinheit zur Analyse von Medien

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Unterrichtseinheiten zur Analyse der Inhalte von Medien (hier speziell: Bildschirmspiele) geeignet für: Haupt- und Realschule JG 9 Gymnasium JG 7/8, 10, 11 Entwickelt im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung/ bpb von Jens Wiemken, „die pädagogen“

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Unterrichtseinheiten zur Analyse der Inhalte von Medien (hier speziell: Bildschirmspiele) geeignet für: Haupt- und Realschule JG 9 Gymnasium JG 7/8, 10, 11

Entwickelt im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung/ bpb von Jens Wiemken, „die pädagogen“

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Inhalt

1 HINTERGRUNDINFORMATIONEN: BILDSCHIRMSPIELE ALS

ÜBERLIEFERUNG VON MYTHEN .................................................................................... 3

1.1 ZUR VERBINDUNG VON MYTHEN UND BILDSCHIRMSPIELEN....................................... 3

1.2 ZWEI MODELLE FÜR DRAMATURGISCHEN AUFBAU EINER GESCHICHTE...................... 8

1.2.1 Cambell’s Heldenfahrt ....................................................................................... 8

1.2.2 Storywriting nach Christopher Vogeler ........................................................... 10

1.3 LITERATUR................................................................................................................ 13

2 UNTERRICHTSMATERIAL FÜR DREI ARBEITSEINHEITEN ......................... 14

2.1 WELCHE INHALTE GIBT ES IN BILDSCHIRMSPIELEN? ................................................. 15

2.2 ARBEITSAUFTRAG: IDENTIFIZIERE INHALTE VON BILDSCHIRMSPIELEN .................... 16

2.3 CAMPBELL MONOMYTHOS: DIAGRAMM EINER ABENTEUERFAHRT .......................... 17

2.4 ARBEITSAUFTRAG: DIAGRAMM DER ABENTEUERFAHRT FÜLLEN.............................. 18

2.5 THE HEROES JOURNEY – EINZELNE PHASEN DER HELDENREISE ............................... 19

2.6 ARBEITSAUFTRAG: STATIONEN EINER HELDENFAHRT .............................................. 20

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1 Hintergrundinformationen: Bildschirmspiele als Über-lieferung von Mythen

1.1 Zur Verbindung von Mythen und Bildschirmspielen

Eine Verbindung zwischen den Geschichten einer Buch/Filmkultur ergibt sich aus einer Analyse der Figuren

bzw. der Rollen, welche diese im Spiel übernehmen. Hierzu im folgenden eine Gegenüberstellung des Arche-

typen-Modell von C.G. Jung mit der Herausarbeitung von Rollenbildern in Bildschirmspielen bei Fromme und

Gecius.

Jung geht davon aus, dass das kollektive Unbewusste den kollektiven Traum gesamter Kulturen darstellt. Mär-

chen und Mythen sind Jung zufolge das individuelle Unbewusste von zeitgenössischen psychoanalytischen The-

orie in individuellen Träumen, in Persönlichkeitsbildern einzelner Menschen und in mythischen Vorstellungen

von Kulturen. Um die Funktion eines Charakters zu verstehen entwickelte Jung die Idee des Archetypus. Arche-

typen sind personifizierte Symbole menschlicher Eigenschaften und beschreiben verschiedene Aspekte eines

umfassenden Persönlichkeitsbildes. Diese Archetypen beschreiben sich wiederholende Figuren, die immer in

gleichen Beziehungen zueinander stehen.

Jung unterscheidet zwischen folgenden Archetypen:

• Held;

• Mentor;

• Torwächter;

• Bote;

• Gestaltwandler;

• Trickster;

• Schatten.

Fromme und Gecius unterschieden bei ihrem Versuch, häufig auftauchende männliche und weibliche Rollen aus

den von ihnen untersuchten Spielen herauszuarbeiten, in zwei Dimensionen:

• Dramaturgische Rolle der Figur (bzw. Funktionsrolle) - Jede Figur besitzt eine Aufgabe bzw. Funk-

tion in der Dramaturgie der Geschichte. Eine wesentliche Funktionsrolle in den meisten Spielen ist z.B.

die des Protagonisten oder Helden, der ein Abenteuer erlebt oder bestimmte Aufgaben erledigen muss.

Eine weitere Funktionsrolle wäre die des Gegenspielers, die dem Helden das Leben schwer macht. Über

die persönlichen Besonderheiten und Eigenschaften ist durch die Benennung solcher Funktionsrollen

erst wenig ausgesagt, außer dass die Hauptfigur meist „gut“ und der Gegenspieler meist „böse“ ist.

• Charakter der Figur - Held einer Geschichte kann sowohl ein gnadenloser Einzelkämpfer (Figuren in

den sogenannten 3D-Ego-Shootern wie DOOM, QUAKE oder HALF-LIFE) oder eine Einzelkämpferin

(Lara Croft in TOMB RAIDER) sein als auch ein verwaister Junge, der in ein Abenteuer mehr oder

weniger hineinschlittert (der Junge in SECRET OF MANA oder HARRY POTTER) oder eine junge

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Mystikerin, die vom Rat der Mystiker überraschend dazu auserwählt wird, das Geheimnis des lang-

samen Verschwindens des Landes Kyrandia zu ergründen (Zanthia in KYRANDIA II).

Fromme und Gecius fanden folgende Typen für dramatische Figuren:

• Helden;

• Freunde und Helfer;

• Gegenspieler;

• Hilfsbedürftige Freundinnen und Freunde.

In den dramaturgischen Rollen finden sich bei näherer Betrachtung Übereinstimmungen zwischen Fromme und

Gecius und dem Archetypen von Jung. Im folgenden wird zunächst eine nähere Beschreibung von einigen

Funktionrolle von Fromme und Gecius dargestellt und (kursiv gedruckt) dem entsprechenden Archetyp von Jung

gegenübergestellt:

Helden (im weitesten Sinne) : Dies sind die – meist zu steuernden – Hauptfiguren der Spiele, welche die ganze

Zeit anwesend sind und die gestellten Aufgaben meistern müssen. Unterscheiden lassen sich dabei Figuren, die

zufällig, versehentlich oder jedenfalls unerwartet in eine Geschichte hineinschlittern, von solchen, die bereits als

Helden etabliert sind und eine neue Aufgabe freiwillig bzw. ganz selbstverständlich übernehmen. In dieser Rolle

gibt es weit mehr männliche als weibliche Figuren.

Der Held Der Heros (griech. schützen, dienen) ist bereit eigene Bedürfnisse dem Nutzen der Gemeinschaft zu opfern. Der

Held repräsentiert das „Ich“, den Teil der Persönlichkeit, der sich von Mutter (oder von der Familie, dem

Stamm) ablöst und sich als einzigartiges Wesen sieht, und ist in der Lage Fesseln u. Illusionen des Ich zu über-

winden. Auf der Suche des Ichs nach Identität u. Ganzheit auf dem Weg zu einem integrem menschlichen Wesen

begegnet der Held inneren Schwellenhütern, Untieren und Helfern. Die Hauptperson lernt am meisten auf seiner

Reise und tritt weiterentwickelt aus der Geschichte heraus.

Für den Helden heißt gewinnen leben und verlieren sterben. Aber der Tod ist nicht so schlimm, da es ein symbo-

lischer Tod ist und der Held wiedergeboren wird oder der Held seinen Tod im Sterben überwindet aufgrund des

Opfers, was er bringt. Helden ringen oft anfangs mit persönlichen Problemen, z.B. mangelnder Partner, fami-

liärer Todesfall, Raub von Geschwister. Dies setzt die Eigendynamik einer Geschichte in Gang bis zum Ende

eine neue Familie gegründet wurde oder die alte sich wieder im Gleichgewicht befindet. In modernen Ge-

schichten steht die Persönlichkeit des Helden im Mittelpunkt, dessen Einheit hergestellt oder entwickelt werden

muss, Mangel kann z.B. ein fehlendes Persönlichkeitsmerkmal sein, wie Vertrauen, Liebesfähigkeit, oder Geduld,

Entscheidungsfreude. Dadurch wirkt die Figur menschlicher und ist interessanter.

Der zentrale Charakter bildet für den Leser/Zuschauer/Spieler das „Fenster“ in die Geschichte, durch seine

Augen erlebt er die Welt. Helden müssen universelle Eigenschaften, Gefühle und Motivationen besitzen, um

glaubhaft zu sein: so z.B. Rache, Zorn, Leidenschaft, Patriotismus, Idealismus, Zynismus, Verzweiflung oder

Liebe. Es gibt verschiedene Arten von Helden: freiwillige und unfreiwillige, Antihelden, gruppenorientierte

Helden, Einzelkämpfer, katalytische Helden.

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Fromme und Gecius fanden verschiedene Heldenfiguren, die vom Spieler gespielt werden. Zunächst die männ-

lichen Helden:

• Martialische Einzelkämpfer, die alle Probleme ausschließlich mit Gewalt „lösen“;

• Erfahrene Abenteurer, die kompetent klug und cool sind, aber auch gewalttätigen Auseinander-

setzungen nicht aus dem Wege gehen;

• Auserwählte Nachwuchshelden, die noch jung und relativ unerfahren, gleichwohl aber dazu ausersehen

sind, ein großes Abenteuer zu bestehen. Ihre Handlungsweisen gleichen denen der erfahrenen Abenteu-

rer, nur dass sie sich die auferlegte Mission kaum selbst zutrauen;

• Clevere Kerle, die alle anstehenden Aufgaben selbstbewusst angehen und mit Überlegung und Geschick

lösen. Sie reden viel mit anderen Leuten und setzen sich bei Auseinandersetzungen mit anderen Mitteln

zur Wehr als mit Gewalt;

• Sympathische Chaoten, die eher tollpatschig daherkommen und sich unerwartender Weise mit der Auf-

gabe konfrontiert sehen, etwas Großes leisten zu müssen;

• Kühle Strategen und Planer, die komplexe ökonomische, militärische oder andere Abläufe steuern und

sich dabei langsam „nach oben“ arbeiten wollen bwz. müssen.

Weibliche Helden:

• Freche und wehrhafte Mädchen, die mit ihren Aufgaben wachsen und nicht auf männliche Hilfe ange-

wiesen sind;

• Clevere Frauen und Mädchen, die selbstbewusst agieren und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen;

• Martialische Kämpferinnen, die von ihren Handlungsweisen den männlichen Kämpferfiguren ent-

sprechen, aber äußerlich ein paar weibliche Züge haben, etwa breitere Hüften, eine schmale Taille,

lange Haare und eine größere Oberweite.

Beispiele aus Medien: John Cooper, eine Figur aus dem Computerspiel DESPERADOS ist ein Kopfgeldjäger

und Lonesome Cowboy. Er verkörpert den klassischen katalytischen Helden: er selbst ändert sich im Verlauf der

Story nicht, aber seine Umwelt.

Andere bekannte Helden: Luke Skywalker (STAR WARS), Frodo (DER HERR DER RINGE), Neo (MATRIX),

Harry Potter, Buffy (BUFFY, DIE VAMPIRJÄGERIN).

Freunde und Helfer: Sie stehen den Helden mit Rat (und manchmal auch Tat) zur Seite. Meistens sind sie nicht

steuerbar und tauchen auch nur punktuell im Spiel auf. In einigen Fällen werden sie aber auch zu ständigen Be-

gleitern. In einzelnen Spielen sind die Begleiter der Helden ebenfalls steuerbar, so dass sie fast auf der gleichen

Stufe wie diese stehen. Im weiteren Sinne können auch die Angehörigen eines Unternehmens betrachtet werden.

In diesen den Hauptfiguren nach- oder zugeordneten Funktionsrollen finden sich sowohl männliche als auch

weibliche Figuren. Fromme und Gecius meinen aber, dass die männlichen Freunde und Helfer tendenziell aber

eine aktivere Rolle übernehmen.

Der Mentor Mentoren sind positive Figuren (Frauen, Männer, Tiere oder Götter), die Helden ausbilden, unterstützen oder

schützen. Helden erhalten von ihrem Mentor sehr oft Gaben/Geschenke, einen besonderen Gegenstand (ma-

gische Waffe oder einen Schlüssel) oder einen Rat. Der Held muss sich dieses Geschenk aber erst verdienen. Die

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Beziehung zwischen dem Helden und dem Mentor zählt mit zu den reichsten Quellen aus denen Literatur und

Film schöpfen.

Mentoren stehen für das höchste Ziel des Helden. Sie waren meist selbst früher Helden und sind nun Vorbild. Sie

haben ihrerseits Prüfungen bestanden und geben den Schatz oder die Kenntnisse weiter. Die Lehren des Mentors

zeigen dem Held, wo es langgeht, sie motivieren und initiieren ihn. Ein falscher Mentor kann den Helden auf

Abwege bringen. Es gibt verschiedene Mentorentypen: bereiter/ zögerlicher Mentor, dunkler Mentor, gebro-

chener Mentor, wiederkehrende Mentoren, komische Mentoren und innerer Mentor.

und/oder

Der Trickster Der Archetypus Trickster ist die Energie des Unfugs und Wunsch nach Veränderung, ein Clown oder komischer

Begleiter. Er stutzt übermäßige Egos auf normales Maß und bringt Helden auf den Boden der Wirklichkeit zu-

rück. Gelächter hilft Beschränktheiten zu erkennen und entlarvt Torheit und Heuchelei. Der Trickster macht auf

psychische Situationen aufmerksam, die aus dem Lot geraten und absurd sind. Er entspannt durch Komik. Typi-

sche Trickster-Helden sind beispielsweise Hasengestalten in Volksmärchen. Schutzlose aber gewitzte Hase,

welche mit weit überlegenen und gefährlichen Feinden zu tun haben, überlisten den Gegner und geben ihm ein

scherzhaftes Andenken an die Begegnung mit dem Trickster. Der Trickster hat auch Funktion des Katalysators,

der Entwicklung anderer Charaktere beeinflusst, sich selbst aber nicht ändert.

Beispiele: Kate o’ Hara ist eine professionelle Glücksspielerin in dem Computerspiel DESPERADOS, die auch

falsch spielt, wenn es sein muss. Sie blendet Gegner mit ihrem Schminkspiegel und lockt sie auf falsche Fährten

mit ihren Spielkarten. Sie ist die Einzige im Team, die Cooper aus der Fassung (dem Gleichgewicht) bringen

kann.

Fromme und Gecius fanden diverse männliche und weibliche Helfer, die allerdings nicht spielbar sind und im

Spiel als Nebenfiguren auftauchen.

Männliche Helfer:

• Magische Gehilfen;

• Ratgeber und Informanten;

• nützliche Freunde und Begleiter.

Weibliche Helferinnen:

• Kleine Feen, die den männlichen Helden begleiten und z.T. (heimlich) bewundern;

• Ratgeberinnen und Informantinnen;

• Mütter und Hausfrauen.

Beispiele aus Medien für Mentor: Doc McCOY, eine weitere Figur aus dem Computerspiel DESPERADOS, ist

ein Quacksalber, ein ehemaliger Yankee General, ein alter Weggefährte Coopers und sein früherer Ausbilder.

Doc Mccoy ist sowohl für das Schlossknacken als auch für die Medizin im Spiel zuständig (klassische Mentor-

aufgaben).

Andere bekannte Mentoren: Obi Wan Kenobi (STAR WARS), Gandalf (DER HERR DER RINGE), Morpheus

(MATRIX), Prof. Dumbledore (HARRY POTTER), Giles (BUFFY, DIE VAMPIRJÄGERIN).

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Beispiele aus Medien für Trickster: Han Solo (STAR WARS), Sam Gamdschie (DER HERR DER RINGE),

Xander (BUFFY, DIE VAMPIRJÄGERIN).

Gegenspieler: Sie fungieren als Gegenpol zu den Helden und bringen durch ihre (bösen) Taten und Pläne das

Spiel oft erst in Gang. Sie sind vom Spieler nicht steuerbar, liefern mit ihrer Boshaftigkeit aber zumeist den

notwendigen legitimatorischen Hintergrund der gerechten Kämpfe oder den Anlass für gefährliche oder

abenteuerliche Missionen der Helden. Die Hauptbösewichter agieren vielfach im Hintergrund und schicken die

Helden zunächst nur ihre Gehilfen entgegen. Manchmal kommt es am Spielende zu einem entscheidenden

Kampf zwischen dem Helden und seinem Gegenspieler, aber häufig bleibt der Oberböse auch am Leben, so dass

Fortsetzungen der Abenteuer möglich sind.

Der Schatten Der Schatten ist die ultimative Verkörperung des Bösen. Nur durch die Überwindung und Vernichtung des

Schattens kann dem Held Erlösung widerfahren. Der Schatten stellt die Kräfte der Nachtseite dar, Aspekte von

Sache und Mensch, die unter normalen Umständen keinen Ausdruck finden, unbewusst sind und missbilligt wer-

den. Der Schatten repräsentiert unterdrückte Gefühle – Traumata, Schuldgefühle, verborgene, abgelehnte Ge-

fühle. Diese können sich in zerstörerische Monstrositäten verwandeln. Der Schatten fordert den Held heraus und

gibt einen würdigen Gegenspieler ab. Er bringt den Held in lebensbedrohliche Situationen, in der der Held zei-

gen muss, was wirklich in ihm steckt. Der Schatten kann sich aber auch in eine positive Figur verwandeln – aus

Vernichter und Bedroher wird schützender Vater (wie beispielsweise in den Filmen TERMINATOR und STAR

WARS).

und/oder

Torwächter/ Schwellenhüter Torwächter stellen sich dem Helden entgegen und testen ihn. An der Pforte zu anderen Welten oder Bereichen

befindet sich beispielsweise ein mächtiges Wesen, das darauf bedacht ist die Unwürdigen am Übertreten der

Schwelle zu hindern. Das Wesen macht zunächst einen furchterregenden Eindruck, wird dann aber vom Helden

besiegt, umgangen oder zum Verbündeten gemacht. Der Torwächter ist nicht der eigentliche Schurke, sondern

eher ein Gefolgsmann vom Schurken oder eine neutrale Gestalt, die zu einer anderen Welt gehört.

Der Torwächter repräsentiert normale Hindernisse im Leben: Wetter, Pech, Vorurteile, Drangsalierung, feind-

liche Menschen, innere Dämonen oder emotionale Narben. Dämonen setzen sich bei Ansatz zu größeren

Veränderung zur Wehr. Der Held wird auf die Probe gestellt und muss die Aufgabe lösen. Der Held muss den

Torwächter überwinden, um aus der Konfrontation gestärkt hervorzugehen. Er wächst an ihm, deshalb muss der

Torwächter auch nicht zwangsläufig böse sein. Oftmals bemächtigt er sich auf diese Weise auch der Tricks des

Torwächters – er lernt von ihm und absorbiert ihn. Es zählt zu einer der wichtigsten Aufgaben des Helden auf

seiner Reise den richtigen Umgang mit den Torwächtern zu erlernen.

Die Gegenspieler, die Fromme und Gecius in Bildschirmspielen herausfanden:

• Böse Zauberer oder Hexen;

• Größenwahnsinnige oder verrückte Gegenspieler;

• Erzböse Fieslinge;

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• Konkurrenten in wirtschaftlichen oder sportlichen Auseinandersetzungen;

• Anonyme Monster und Feinde, die meist im Auftrag des Oberbösewichts gegen die Helden antreten,

aber ansonsten weitgehend namen- und charakterlos bleiben.

Beispiele aus Medien für Schatten: El Diablo, der größenwahnsinnige Bandenchef aus dem Computerspiel

DESPERADOS, versucht, alle anderen Banden unter seine Kontrolle zu bekommen. Hinter der Maske verbirgt

sich in Wahrheit US Marshall Jackson, der Cooper unter einem Vorwand einen Mord in die Schuhe schiebt, um

ihn auf diese Weise loszuwerden.

Andere bekannte Schatten: Darth Vader (STAR WARS), Sauron (DER HERR DER RINGE), Voldemort

(HARRY POTTER), Imhotep (DIE MUMIE).

Beispiele aus Medien für Torwächter: Carlos, ein schmieriger, mexikanischer Bandenchef aus dem Computer-

spiel DESPERADOS und außerdem die rechte Hand des Oberbösen El Diablo. Cooper überwindet ihn mit ei-

nem Trick, so dass Carlos von El Diablos eigenen Leuten erledigt wird. Cooper muss Carlos vernichten, um an

El Diablo heranzukommen. Andere bekannte Torwächter: Sturmtruppen (STAR WARS), Ringgeister (DER

HERR DER RINGE), Fluffy (HARRY POTTER).

1.2 Zwei Modelle für dramaturgischen Aufbau einer Geschichte

1.2.1 Cambell’s Heldenfahrt Campbell erarbeitete 1949 seinen „Monomythos“, den er aus der Analyse von Märchen, Sagen, Legenden und

Mythologien verschiedenster Völker und Kulturen der unterschiedlichen Epochen herauslöste. „Hinter den tau-

send Gestalten tritt der eine Heros hervor, der Archetyp aller Mythen.“ (Campbell 1978.2) Monomythen enthal-

ten, so Campbells These, eine gemeinsame Struktur und verbindende Erzählmuster, die allen Kulturen gleich

sind. Campbell fasst seine Abenteuerfahrt in einem Diagramm und folgenden Sätzen zusammen (Campbell

1978.237-238) (s.a. Abbildung 1):

Der Mythenheld, der von der Hütte oder dem Schloß seines Alltags sich aufmacht, wird zur Schwelle der Abenteuerfahrt gelockt oder getragen, oder er begibt sich freiwillig dorthin. Dort trifft er auf ein Schattenwesen, das den Übergang bewacht. Der Held kann diese Macht besiegen oder beschwichtigen und lebendig ins Königreich der Finsternis eingehen (Bruderkampf, Kampf dem Drachen; Opfer, Zauber) oder vom Gegner erschlagen werden

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Abbildung 1: Campbells Heldenfahrt

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und als Toter hinabsteigen (Zerstückelung, Kreuzigung). Dann jenseits der Schwelle, durchmißt der Held eine Welt fremdartiger und doch seltsam vertrauter Kräfte, von denen einige ihn gefährlich bedrohen (Prüfungen), andere ihm magische Hilfe leisten (Helfer). Wenn er am Nadir des mythischen Zirkels angekommen ist, hat er ein höchstes Gottes-gericht zu bestehen und erhält seine Belohnung. Der Triumph kann sich darstellen als sexu-elle Vereinigung mit der göttlichen Weltmutter (heilige Hochzeit), seine Anerkennung durch den Schöpfervater (Versöhnung mit dem Vater), Vergöttlichung des Helden selbst (Apotheose), oder aber, wenn die Mächte ihm feindlich geblieben sind, der Raub des Segens, den er zu holen gekommen war (Brautraub, Feuerraub); seinem Wesen nach ist er eine Ausweitung des Bewußtseins und damit des Seins (Erleuchtung, Verwandlung, Freiheit). Die Schlußarbeit ist die Rückkehr. Wenn die Mächte den Helden gesegnet haben, macht er sich nun unter ihrem Schutz auf (Sendung); wenn nicht, flieht er und wird verfolgt (Flucht in Verwandlungen, Flucht mit Hindernissen). An der Schwelle der Rückkehr müssen die transzendenten Kräfte zurückbleiben; der Held steigt aus dem Reich des Schreckens wieder empor (Rückkehr, Auferstehung). Der Segen, den er bringt, wird der Welt zum Heil.

Während bis in die zweite Hälfte der siebziger Jahre die Erzählmuster der Märchen und Heldensagen, „die

mythogenen Muster, eher unbewußt benutzt wurden, setzten danach Regisseure Trends, die von der Bedeutung

mythischer Themen wußten.“ (Röll 1998.153). „In der populären Kultur wimmelt es von Monstern, Robotern,

Cyborgs und Aliens, Bösewichtern, Unholden, Mutanten, Vampiren und Replikanten.“ (Warner 1996.43) Neben

den Hollywood-Regisseuren und Campbell-Schülern George Lucas (STAR WARS) und Steven Spielberg (E.T.

– DER AUßERIRDISCHE und INDIANA JONES) verstand es eben auch der oben erwähnte Bildschirmspiel-

Programmierer Miyamutu Elemente der Heldenfahrt in seine Spiele

einzubauen.

In dem Spiel ZELDA durchläuft der Held Link die verschiedenen Stationen der Heldenfahrt (s.a. Abbildung 2). Er erhält beispielsweise den Hilferuf der Prinzessin Zelda. Eines Nachts fährt Link aus dem Schlaf. Im Traum hat er Prinzessin Zelda gesehen, gefangen in der Burg des bösen Magiers. Im Kerker sitzend wartet sie auf die Stunde, da sie als letzte Wächterin geopfert werden soll und durch ihr Blut die Tür zu Ganons Gefängnis wieder geöffnet wird. (Stiller 1992) Diese Nachricht bringt ihn dazu aus seinem Alltag auszubrechen und die

Rettung zu wagen. Im Traum verriet ihm die Prinzessin , dass es einen

Geheimgang in den Garten der Burg gibt. Verschiedene Wächter, Torwächter im Campbellschen Sinne ver-

suchen ihn an dem Betreten der Burg, dem Überschreiten der Schwelle zu hindern (s.a. Abbildung 6). Mit Tricks

oder mit Waffengewalt muss er diese Prüfungen bestehen. Link muss im Verlauf des Spiels wachsen, dabei

helfen ihm die verschiedenen einzelnen Missionen und Prüfungen im

Spiel, für deren Erfüllung er geheimes Wissen oder Geld bekommt,

mit dem er bessere Waffen kaufen kann (s.a. Abbildung 3). Zum

Schluss des Spiels, nachdem der letzte und gefährlichste Gegner be-

siegt ist, sieht sich Link mit seinem Schatten, dem „bösen Ich“ kon-

frontiert.

Abbildung 2: Der Ruf des Helden

You have to kill the shadow because the last monster is the one inside you. Then the shadow can be just the shadow again. After you kill so many enemies, you kind of get a little evil yourself. It’s okay to kill them, because they’re bad and kill other things, but

©

Abbildung 3: Torwächter behindern Link

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you can’t kill without being bad, too. The sword fight is to get the good you back. (Gailey 1996.17) Das ganze Bilderinventar kultureller Traditionen fließt in das Computerspiel ein. Die Mythen und Märchen

verkümmern zwar zu „zappelnden Figuren“, sind aber noch immer wirksam und präsent (Bergmann 1996.182).

Elemente der Campbellschen Abenteuerfahrt finden sich in nahezu allen

Bildschirmspielen. Die kapitalistische Ausbeutung des Monomythos

erlaubt nur eine verkürzte Darstellung der Abenteuerfahrt. Bergmann

redet gar von einer Verzerrung der Mythen ins Triviale. (Bergmann

1996.182) Selten erfahren Leser, Zuschauer oder Spieler, wie der Held

in der Normalität vor seinen Heldentaten lebte. Spiele und Hollywood-

Filme konzentrieren sich auf „Action“ und enden mit dem großen

Showdown, so dass dem Betrachter die Rückkehr des Helden in die

Normalität verwehrt bleibt. So bleiben, akzeptiert man den Monomythos

als geschlossenen Kreislauf, zum Schluss des Buches, des Films oder

des Spiels Fragen offen: Wie fügt sich der Held wieder in den Alltag ein? Wozu benutzt er seine während der

Heldenfahrt gemachten Erfahrungen? Wird er wieder auf eine Heldenfahrt gehen?

Abbildung 4: Der Held erhält Aufträge

1.2.2 Storywriting nach Christopher Vogeler Vogeler arbeitet Campbells Modell der Heldenfahrt auf. Wie Campbell geht Vogeler davon aus, dass es ver-

schiedene Erzählelemente und –strukturen gibt, die Leser / Zuschauer/ Bildschirmspieler universell in Mythen,

Märchen, Legenden, Träumen – und Filmen (in unserem Fall auch Bildschirmspielen) – wiederfindet. Durch die

gezielte Verwendung solcher Plotelemente und Archetypen erreicht der Autor weltweit ein Publikum, da sie im

kollektiven Unterbewusstsein bereits vorhanden sind. Umgekehrt ist das „Hero´s Journey“- Modell von Vogeler

kein starres Korsett, sondern lediglich ein Werkzeug von vielen, das einem Autor die Arbeit erleichtert. Vogeler

unterrichtet in Amerika Drehbuchdramaturgie und wendete sein Modell in Projekten an, an denen er mitwirkte

wie zum Beispiel dem Disney-Film KÖNIG DER LÖWEN. Die Geschichte muss nicht erst bei Punkt 1 des

Modells beginnen, sie kann durchaus auch einige Punkte wiederholen oder andere außer acht lassen. Das Modell

ist schnell und leicht zu begreifen und zu adaptieren und lässt genügend kreativen Freiraum, um damit herumzu-

spielen. Vogelers Modell unterteilt sich in folgende Punkte:

Missachtung des Rufs

Beim ersten Ruf lehnt der Held diesen meist ab, oft aus Angst davor, sich dem Abenteuer zu stellen.

Beispiele: In dem Buch HERR DER RINGE bringt Frodo den Ring zwar zu Elronds Rat, doch die Reise zum

Schicksalsberg lehnt er zuerst ab. In dem Film MATRIX soll Neo durch das Fenster und über die Außenfassade

des Bürohochhauses flüchten, doch ihm versagen die Nerven. In dem Film STAR WARS lehnt Luke zunächst

ab, Obi Wan nach Alderaan zu bringen. In dem Computerspiel DESPERADOS weigert sich Cooper zunächst,

den Worten Sanchez Glauben zu schenken und liefert ihn aus.

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Treffen mit dem Mentor

Der Held trifft seinen Mentor – dieser hilft ihm, seine Angst zu überwinden. Wie schon bei den ARCHETYPEN

beschrieben, rüstet der Mentor den Helden oftmals mit einem besonderen Gegenstand aus, einem magischen

Geschenk oder ähnlichem.

Beispiele: Luke trifft in dem Film STAR WARS auf Obi Wan und erhält von diesem das Laserschwert seines

Vaters. In dem Computerspiel DESPERADOS befreit Cooper seinen alten Freund und Mentor (Ausbilder) Doc

McCoy vom Galgen und erhält im Gegenzug dessen Dienste als Doktor und Schlossknacker.

Durchschreiten des Tores

Der Held durchschreitet das Tor /die Schwelle, welche die gewöhnliche Welt von der „anderen“ Welt trennt.

Beispiele: Sehr deutlich wird das im Film MATRIX (Die rote oder die blaue Kapsel), in dem der Held Neo

buchstäblich in eine andere Welt gelangt (ebenso wie z.B. im WIZARD OF OZ oder ALICE IM WUNDER-

LAND). In dem Buch HARRY POTTER verlässt dieser die alltägliche, gewöhnliche Welt durch das Durch-

schreiten des Tores auf dem Bahnhof, um zu dem Zug nach Hogwarts zu gelangen. In dem Film STAR WARS

markiert die Ermordung von Onkel Owen und Tante Beru Lukes Durchschreiten des Tores. In dem Computer-

spiel DESPERADOS wird Smith hinterrücks ermordet und Cooper mit einem Mal vom Jäger zum Gejagten.

Tests, Verbündete und Feinde

In der „anderen“ Welt muss sich der Held zunächst Prüfungen unterziehen – dabei trifft er auf neue Freunde und

Feinde. Auch die Überwindung von Torwächtern gehört zu den Tests in der speziellen Welt. Beispiele: In dem

Film STAR WARS muss Luke die Sturmtruppen überwinden, Han und Chewie in der Cantina Bar treffen und

mit ihnen aus Mos Eisley fliehen. In dem Computerspiel DESPERADOS muss Cooper Sanchez aus dem Ge-

fängnis befreien, sich an Carlos Fährte heften, diesen vernichten und so den Weg zu El Diablo freimachen.

Die Höhle des Löwen

Der Held bereitet sich darauf vor, die Höhle des Löwen zu betreten – und sich der zentralen Krisis zu stellen.

Beispiele: In dem Film STAR WARS ist dies der Moment, als das Raumschiff „Rasender Falke“ in den Traktor-

strahl des Todesstern gerät und von diesem angezogen wird. In dem Computerspiel DESPERADOS markiert die

Ankunft der Gang am Eingang der Höhle, die zu El Diablos Versteck führt, den „approach of the inmost cave“

quasi buchstäblich. Auch in den JAMES BOND-Filmen verfügt der Oberschurke fast immer über ein höhlenarti-

ges unterirdisches Versteck.

Die Qualen

Der zentrale Krisis der Geschichte – hier geht es für den Helden um Leben und Tod. In diesem Augenblick sieht

sich der Held mit seinen dunkelsten Ängsten konfrontiert.

Beispiele: In dem Film STAR WARS ist dies der Moment, als Luke und die anderen in der Schrottpresse auf

dem Todesstern festsitzen. In dem Computerspiel DESPERADOS wird die Gang in der Höhle festgesetzt, per

Gas betäubt und eingesperrt dem Tod überlassen.

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Die Belohnung

Der Held überlebt die Qualen und wird dafür belohnt. Dies kann durch einen Schatz geschehen oder aber auch

durch neue Erkenntnisse.

Beispiele: In dem Film MATRIX überlebt Neo den Kampf gegen die Agenten und erkennt endlich, dass er der

Erlöser ist, der die Matrix nach seinen Gedanken und Wünschen formen kann. In dem Computerspiel

DESPERADOS gelingt es der Gang, dank Mias Affen, aus dem Gefängnis zu entkommen und den geraden kurz

vor der Exekution stehenden Sanchez zu retten.

Der Weg zurück

Der Held ist endlich am Ziel seiner Reise angekommen. Nun wartet auf ihn der Weg zurück in die gewöhnliche

Welt.

Beispiele: In dem Film STAR WARS opfert sich Obi Wan für seine Gefährten und ermöglicht ihnen dadurch die

Flucht vom Todesstern. In dem Computerspiel DESPERADOS muss sich der Spieler durch die riesigen Höhlen-

gänge und –komplexe von El Diablos Versteck kämpfen und dabei seine Elite-Wachen ausschalten.

Die Erlösung

Im finalen Kampf gegen den Schatten – den ultimativen Showdown – muss der Held meist allein gegen den

Schatten antreten, weil alle Freunde und Verbündeten gefallen oder von ihm abgeschnitten sind.

Beispiele: Findet sich in der reinen, klassischen Form in geradezu beispielhafter Weise in Western wieder. Nicht

umsonst zitiert beispielsweise der Film MATRIX diverse Sergio Leone Western (die berühmte Szene in der U-

Bahn, die wiederum von dem Computerspiel MAX PAYNE kopiert wurde). In dem Computerspiel

DESPERADOS kann nur Cooper die steile Felswand hinauf zu El Diablos Versteck klettern und diesen dort in

einem letzten Kampf niederstrecken.

Die Rückkehr

Der Held hat die Konfrontation mit dem Schatten überlebt und diesen besiegt. Nun kann er in seine eigene, nor-

male Welt zurückkehren. Das Elixir stellt oftmals das Gleichgewicht in der normalen Welt wieder her – und sei

es nur symbolisch.

Beispiele: In dem Film STAR WARS wird Luke nach der Vernichtung des Todesstern mit einem Orden ausge-

zeichnet. In dem Computerspiel DESPERADOS haben die Helden El Diablo besiegt und somit ihre Unschuld

bewiesen, auch sie können in ihre gewöhnliche Welt zurückkehren.

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HINTERGRUNDMATERIAL ZUR ANALYSE DER INHALTE VON BILDSCHIRMSPIELEN

1.3 Literatur Bergmann, Wolfgang. 1996. Computerkids. Zürich Campbell, Joseph. 1978. Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt Fromme, Johannes/Gecius, Melanie. 1997. Geschlechtsrollen in Video- und Computerspielen. In: Jürgen Fritz/ Wolfgang Fehr. Ed. Handbuch Medien: Computerspiele, Bonn Gailey, Christine Ward. 1996. Mediated Messages: Gender, Class and Cosmos in Home Video Games. In: Patricia M. Greenfield and Rodney R. Cocking. Ed. Interacting with Video. Norwood, New Jersey Nintendo. 1994. Mit Donkey Kong fing alles an. Presse-Information. Frankfurt Röll, Franz Josef. 1998. Mythen und Symbole in populären Medien. Frankfurt/Main Seeßlen, Georg. 1993. Aufstand im Ghetto. In: Jürgen Maass. Ed. Computerspiele – (Un)heile Welt der Jugendlichen. München/Wien Stiller, Heiner. 1992. Rückkehr nach Hyrule. In: ASM (Aktueller Software Markt). 7 Jgg. Nr. 8. Eschwege Vogeler, Christoph. 1999. Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Frankfurt a. M. Warner, Marina. 1996. Monster, Wilde, Unschuldsengel. Mythen, mit denen wir leben. Hamburg Weiler, Stefan. 1997. Computernutzung und Fernsehkonsum von Kindern. Ergebnisse qualitativ-empirischer Studien 1993 und 1995. In: Media Perspektiven. Heft 1. S.43-53

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2 Unterrichtsmaterial für drei Arbeitseinheiten Auf den folgenden Seiten befinden sich für drei Arbeitsaufgaben Kopiervorlagen für Folien und Arbeitsblätter. Es empfiehlt sich stets die Folie bei den einzelnen Aufgaben liegen zu lassen, da sich die Schüler und Schülerinnen daraus Anregungen holen können bzw. sich daran orientieren können. Eine andere Möglichkeit wäre, die Vorlage als Kopie an den Arbeitsauftrag anzuheften. Die Arbeitsblätter bieten sich auch für Teamarbeit an, um über Bildschirmspiele aber auch andere Medien ins Gespräch zu kommen. Jede Arbeitseinheit benötigt mindestens 45 Minuten (maximal 90 Minuten). Zuvor sollte jeweils eine kurze (maximal 10 Minuten dauernde) Einführung kommen (mit dem Hintergrundmaterial oben, anhand einer Kurzgeschichte, eines Films oder einer Sequenz aus einem Bildschirmspiel). Nach dem Verteilen des Arbeitsauftrages sollte jede Arbeitsgruppe oder jeder Schüler 15 Minuten für die Abarbeitung erhalten. Der Rest der Stunde sollte ausgewertet werden. Die Arbeitsblätter der Unterrichtseinheiten „Campbells Monomythos“ und „The Heroic Journey“ eignen sich auch für die Analyse anderer Medien, beispielsweise um eine Serienfolge im Fernsehen an den Diagrammen als Hausarbeit abzuarbeiten und im Unterricht vorzustellen, oder auch um unterschiedliche Medien zueinander in Beziehung zu setzen. Die folgenden Arbeitseinheiten könnten wie folgt in Lehrpläne (Deutsch) eingegliedert werden: Arbeitseinheit „Inhalte von Bildschirmspielen“ Hauptschule JG 9 Literarische Texte verstehen und nutzen (epische, lyrische, dramatische Texte unterscheiden und wesentliche Merkmale kennen, insbesondere epische Kleinformen, Erzählung, Kurzgeschichte, Gedichte) Gymnasium JG 7 Umgang mit literarischen Texten (Geschehens-, Motiv- und Problemstrukturen erkennen und beschreiben) Gymnasium JG 7/8 Umgang mit Medien (Mediensprache) (Beschreibung von Konflikten und Personen, Zusammenfassung einzelner Szenen) Arbeitseinheiten „Diagramm einer Abenteuerfahrt“ (Campbells Monomythos und Vogelers „Heroic Journey“) Gymnasium JG 8 Thema „Drama“ (äußere und innere Struktur der aristotelischen Form des Dramas kennen lernen) Gymnasium JG 10 Umgang mit Texten und Medien (Drama: aristotelische Form / Kurzgeschichten: anhand von literarischen Texten Gehalt, Funktion und Wirkung der Texte erfassen und beschreiben, Figurenkonstellation, Verhaltens- und Beweggründe der Figuren, Charakterzüge, Lebensumstände erkennen und darstellen; wichtige formale Besonderheiten erkennen) Gymnasium JG 11 Thema „Helden und Antihelden“ (Heldenvorstellungen zu verschiedenen Zeiten, Heldensage, Heldenlied und Heldenepos) Thema „Nähe und Ferne / Begegnung mit unterschiedlichen Welten“ (Verlust der vertrauten Lebenswelt, Aufbruch und Abenteuer)

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ARBEITSBLÄTTER: INHALTE VON BILDSCHIRMSPIELEN

2.1 Welche Inhalte gibt es in Bildschirmspielen?

1. Gerechte Kämpfe Geschichten, in denen der Kampf zwischen Gut und Böse im Mittelpunkt steht. Es geht um einen oder mehreren Helden, die sich dem Bösen entgegenstellen, meist um die bedrohte Welt zu retten oder wieder in Ordnung zu bringen. Die Helden kämpfen mit Waffen oder Magie und gehen besonders brutale Böse auch mit Gewalt vor.

2. Gefährliche Missionen Diese Spiele erinnern an gerechte Kämpfe, beinhalten aber etwas andere Aufgabenstellungen, bei denen es nicht allein auf erfolgreiche Kampfhandlungen ankommt. Es geht hier auch um die Rettung einer bedrohten Welt. Häufiger sind aber Geschichten, in denen z.B. Schätze gefunden oder Freunde bzw. Prinzessinnen befreit werden müssen. Die Missionen sind oft mit einer Reise durch verschiedene Welten oder Regionen verbunden, in denen unterschiedliche Teilaufgaben zu erledigen sind.

3. Abenteuerliche Missionen Im Unterschied zu den gefährlichen Missionen kommen die Helden hier fast ohne Kampfhandlungen aus. Sie bestehen die Abenteuer mit Geschick, Klugheit und Phantasie. Auch hier reisen die Hauptfiguren häufig durch die Welt.

4. Bewegter Alltag Die Handlung spielt in vergleichsweise alltäglichen Umgebungen und besteht somit aus kleineren Abenteuern oder Ereignissen.

5. Sportlicher Wettkampf Die Welt des Sports (im weitesten) Sinne steht hier im Mittelpunkt. Hier werden eigentlich keine Geschichten erzählt, sondern Trainingseinheiten und Wettkämpfe absolviert.

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ARBEITSBLÄTTER: INHALTE VON BILDSCHIRMSPIELEN

2.2 Arbeitsauftrag: Identifiziere Inhalte von Bildschirmspielen Versuche Bildschirmspiele, die du kennst, einem inhaltlichen Schwerpunkt zuzuordnen. Nenne dazu den Namen des Spiels, entscheide dich für einen der fünf inhaltlichen Schwerpunkte und begründe deine Entscheidung (vielleicht fällt dir sogar eine Szene aus dem Spiel ein, die deine Entscheidung eindeutig belegt). Name des Spiels Inhaltlicher Schwerpunkt Meine Begründung

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ARBEITSBLÄTTER: ABENTEUERFAHRT NACH CAMPBELL

2.3 Campbell Monomythos: Diagramm einer Abenteuerfahrt

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ARBEITSBLÄTTER: ABENTEUERFAHRT NACH CAMPBELL

2.4 Arbeitsauftrag: Diagramm der Abenteuerfahrt füllen Fülle einzelne Stationen mit Geschehnissen aus dir bekannten Spielen. Trage sie kurz in das Schema ein und/oder erkläre sie näher auf einem leeren Blatt.

Wie sieht die Normalität aus?

SCHWELLE

Showdown? Wo, wer und wie?

Überquerung der Schwelle (Torwächter?)

Rückkehr?

Helfer?

Prüfungen?

Flucht?

Helfer?

Ruf?

(z.B. Schatz?/ Befreiung einer Person?)

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ARBEITSBLÄTTER: DIE HELDENFAHRT (THE HEROES JOURNEY)

2.5 The Heroes Journey – einzelne Phasen der Heldenreise von Christopher Vogler (Autor von "The Author's Journey: Mythic Structure for Writers" – “Die Odyssee des Drehbuchschreibers“, Verlag 2001, 2001)

1) DIE NORMALE WELT

2) DER RUF DES ABENTEUERS

3) MISSACHTUNG DES RUFS

4) TREFFEN MIT DEM MENTOR

5) DURCHSCHREITEN DES TORES

6) TESTS, VERBÜNDETE UND FEINDE

7) DIE HÖHLE DES LÖWEN

8) DIE QUALEN

9) DIE BELOHNUNG

10) DER WEG ZURÜCK

11) DIE ERLÖSUNG

12) DIE RÜCKKEHR MIT DEM ELIXIR

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ARBEITSBLÄTTER: DIE HELDENFAHRT (THE HEROES JOURNEY)

2.6 Arbeitsauftrag: Stationen einer Heldenfahrt Beschreibe den Weg eines Helden aus einem dir bekannten Bildschirmspiel. Versuche dabei die jeweils ein Beispiel für die Station zu bringen, z.B. bei SUPER MARIO 64. Dort erfährt der Spieler fast nichts über das normale Leben, außer dass er die Prinzessin zum Nachmittagstee besuchen will. Die Kleidung von Mario (Latzhose) zeigt, dass er ein Handwerk ausübt (Klempner vielleicht?). Wer ist der Held? Wer hilft ihm?

1. DIE NORMALE WELT

2. DER RUF DES ABENTEUERS

3. MISSACHTUNG DES RUFS

4. TREFFEN MIT DEM MENTOR

5. DURCHSCHREITEN DES TORES

6. TESTS, VERBÜNDETE UND FEINDE

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ARBEITSBLÄTTER: DIE HELDENFAHRT (THE HEROES JOURNEY)

7. DIE HÖHLE DES LÖWEN

8. DIE QUALEN

9. DIE BELOHNUNG

10. DER WEG ZURÜCK

11. DIE ERLÖSUNG

12. DIE RÜCKKEHR MIT DEM ELIXIR

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