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Unterrichtsmaterialien zur ägyptischen Archäologie D E U T S C H E E V A N G . O B E R S C H U L E K A I R O I ô g É d É H á j ƒ f É ã dG á « « E G á « f É Ÿ C G á ° S Q ó Ÿ G Der Turiner Lagerstättenpapyrus: Kartographie, Geologie und Topographie im alten Ägypten für die: Sekundarstufe I

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Der Turiner Lagerstättenpapyrus:Kartographie, Geologie und Topographie im alten Ägypten

für die:Sekundarstufe I

Projektpartner des Transformationspartnerschaftsprojekts „Schule“

Auswärtiges Amt (AA) www.auswaertiges-amt.de

Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo (DAIK) www.dainst.org Stephan J. Seidlmayer

Deutsche Evangelische Oberschule in Kairo (DEO) www.deokairo.de Thomas Schröder-Klementa

Der Turiner Lagerstättenpapyrus IMPRESSUM

DAIK 2014

HerausgeberDeutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo31, Sh. Abu el-Feda11211 Kairo-ZamalekÄgypten

Konzept, Texte und RedaktionI. Klose/ J. Sigl / H. Sonbol, DAIKJ. Hog, DEOR. Klemm, LMU München

Gestalterisches Konzept, Layout, Satz

J. Sigl/ H. Sonbol, DAIK

Druck

digitaler Zugangwww.dainst.orgwww.deokairo.dewww.pasch-net.de

Bildnachweis

Cover: I. Klose, J. Sigl;

S. 1: © Fondazione Museo Antichità Egizie di Torino;

S. 2, 3, 6: Abb. 5, 8: Abb. 7+8, 9, 14, 15, 16, 17, 18, 19: I. Klose;

S. 4, 5: R./D. Klemm;

S. 6: Abb. 4+6, 7: Abb. 9, 10: Abb. 11, 18, 19: Google Earth.

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Der Turiner Lagerstättenpapyrus INFO

I. Klose, DAIK

ForschungsgeschichteDer sog. Turiner Lagerstättenpapyrus (Fondazione Museo delle Antichità Egizie di Torino, Cat. 1879 +1969+1899 RCGE 17468 und weitere Teile; Abbildung 1) stellt eines der wenigen Fund-stücke zur Kartographie des alten Ägypten dar. Die Papyrusrolle wurde 1824 von Bernadino Drovetti in der Siedlung Deir el-Medineh am Rande der Westwüste bei Luxor im Familiengrab des Schreibers Amunnacht, Sohn des Ipuj, entdeckt. Sie war in viele Einzelteile zerfallen und nur lücken haft erhalten. Der Papyrus fand die Aufmerksamkeit von vielen Wissenschaftlern. Bis heute gibt es jedoch im wissenschaftlichen Diskurs keine Übereinstimmung über dessen geologi-schen und geographischen Inhalt. Die im Folgenden dargestellten Informationen und Interpreta-tionen folgen den von James A. Harrell und V. Max Brown zusammengestellten und publizierten Artikeln, deren Ergebnisse wiederum auf frühere Arbeit von Dietrich und Rosemarie Klemm zu-rückzuführen sind.

1842 veröffentlichte Karl Richard Lepsius das größte Fragment (A). Samuel Birch meinte, dass dieses eine Goldgräbersiedlung in den Bergen der Ostwüste Ägyptens zeigte. Jens D. C. Lieblein publizierte ein Jahrzehnt später die übrigen Bruchstücke mit der Interpretation als Karte des Wadi Hammamat – dem zentralen Teil einer der wichtigsten Verbindungswege zwischen Nil und Rotem Meer – und der Bekhensteinbrüche – dem Abbauort eines beliebten Bildhauergesteins, der Grau-wacke (chlorhaltiger, dunkelgrau-grüner Sand- und Siltstein).

Birchs und Liebleins Karten waren zunächst nicht miteinander in Verbindung gebracht worden. Erst im Jahre 1914 erkannte Sir John A. Gardiner, dass alle Fragmente zu einer einzigen Karte zusammengehörten. Er schlug vor, dass die Färbung der abgebildeten Berge der geologischen Unterscheidung der verschiedenen Gesteinsarten entsprach. Margaret A. Murray äußerte in den 1940er Jahren die Vermutung, dass es sich bei der Goldgräbersiedlung um das moderne Bir Umm Fawakhir am östlichen Ende des Wadi Hammamat handelte und die Strasse nach Tent-p-mer’ dem Wadi Atalla entsprach. Georges Goyon gelang es 1949 schließlich den Entstehungszeit-raum der Karte näher zu bestimmen, nämlich die Regierungszeit Ramses IV. (1156-1150 v. Chr.). In dieser wurden mindestens sechs Expeditionen mit jeweils bis zu 8000 Mann in die Gegend des Wadi Hammamat entsandt. J. Romer stellte 1984 fest, dass der Autor des Turiner Lagerstät-tenpapyrus aus dem Ort Deir el-Medineh stammte. Nach Vergleichen der Handschriften auf der Vorder- und Rückseite des Papyrus – die Texte auf der Rückseite sind jüngeren Datums und ste-hen in keinem Zusammenhang mit der Karte – sowie anderen Schriftzeugnissen, war der Schrei-ber Amunnacht, in dessen Grab der Papyrus auch gefunden wurde und der zu Zeiten Ramses IV. in Deir el-Medineh lebte, der Autor des Schriftstück. Mit einer Datierung der Rolle auf etwa 1150 v. Chr. handelte sich bei dem Dokument somit nicht nur um die erste topographische Karte, sondern gleichzeitig um eine der ältesten bekannten geologischen Karten überhaupt.

Abbildung 1: Der Turiner Lagerstättenpapyrus (mit der Erlaubnis der Fondazione Museo Antichità Egizie di Torino)

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Die modernen Prinzipien der Kartographie ähnelnde Gestaltung dieser ist dabei besonders be-merkenswert.

Der Geländebegehung im Wadi Hammamat und erneuten Untersuchung des Originalpapyrus im Museum in Turin durch James A. Harrell und V. Max Brown ist die derzeit aktuellste Rekon struktion der Anordnung der Fragmente sowie eine Zusammenstellung, Korrektur und Aktuali sierung aller Informationen zum Turiner Lagerstättenpapyurs zu verdanken. Für die Rekon struktion der Karte achteten die Wissenschaftler auf folgende Punke:

die Zeichnungen und Texte auf Vorder- und Rückseite des Papyrus, ihren Inhalt, ihre Lauf-weite, Position und Schriftstil,

den Faserverlauf des Papyrus,

die Größe der Fragmente und Lücken,

die dargestellte Topographie im Vergleich mit der real vor Ort vorhandenen.

Die LagerstättenkarteDie Darstellungsweise der Karte folgte dem Stil altägyptischer Abbildungen, wie sie auch in

Abbildung 2: Umzeichnung des Turiner Lagerstättenpapyrus mit Übersetzung der Inschriften (I. Klose, DAIK 2013).

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-den stilisiert, aber unterschiedlich gefärbt wiedergegeben. Die Berge sind zu beiden Seiten der Wadis aufgeklappt angeordnet. Architektonische Strukturen sind im Grundriss verzeichnet (Abbil-dung 2). Dennoch ist diese Wiedergabe erstaunlich exakt, selbst nach heutigen kartographischen Standards.

Die Geologie des Wadi Hammamat ist vielfach beschrieben und kartiert worden, trotzdem gibt es keine verbindliche Übereinkunft, welche geologischen Einheiten tatsächlich präsent sind. Die hier wiedergegebene Karte zeigt mehrere solcher Einheiten (Abbildung 3), die sich den im Papyrus

-den Satellitenbildern (Abbildung 4) allein an der natürlichen Färbung des Gesteins gut nachvoll-ziehen (siehe auch Seite 4-5):

die schwarzen Berge im Wadi Hammamat der altägyptischen Karte (Abbildung 2) sind klastische Sedimentgesteine, die überwiegend aus Silikatmineralien wie Quarz und Feld-spat bestehen;

die rosafarbenen Berge sind primär granitoide und vulkanisedimentäre Gesteine;

der einzelne rosafarbene Berg mit braunen Bändern besteht ebenfalls aus Fawakhir Gra-niten mit zahlreichen Quarzadern, die jedoch kein Gold führen; die braunen Bänder sollen wahrscheinlich nicht diese Adern sondern markante Erosionsrinnen darstellen, die als We-gemarkierungen dienten (Bild Seite 4);

die bunten Punkte im Hauptwadi, das quer über den Papyrus verläuft, repräsentieren das Wadi Alluvium, d.h. verschiedenartige, bunte Gerölle (Kiesbett) des Wadi Atalla und des

Die Zahl der Hügel stimmt nicht mit der realen Zahl der Berggipfel überein. Lediglich der Berg

(Abbildung 5 und 6). Die Genauigkeit der Karte zeigt sich beispielsweise in der Markierung der Grenze zwischen rosafarbenen und schwarzen Hügeln (Abbildung 2): Der geologische Kontakt zwischen Sedimentgestein (schwarze Hügel) und eruptive bzw. metamorphen Gesteinen (rosa Hügel) ist in derselben relativen Position zwischen dem Steinbruch und dem Wadi Atalla verortet wie auch auf modernen Karten (Abbildung 3 und 4).

Abbildung 3: Gesteinszonenabfolge des Wadi Hammamat nach Harrell/Brown und Klemm (I. Klose, DAIK 2013).

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Wadi Alluvium (Gerölle)

des Wadi Hammamat

Goldminengebiet des Wadi el-Sid

Grauwackesteinbruch im

Wadi Hammamat

Berg mit Erosionsrinnen

Grauwacke-Sarkophag im

Steinbruch des Wadi Hammamat

Brunnen Bir Hammamat

Vor Ort im Wadi Hammamat und Umgebung (R./D. Klemm).

R./D. Klemm, LMU München

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Siltstein

Nubischer Sandstein

Atalla Serpentinit

Fawakhir Granit

Grauwacke

Grüne Breccie

(Konglomerat)

Anschliffe verschiedener in der Gegend des Wadi Hammamat vorkommender Gesteine (R./D. Klemm).

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R./D. Klemm, LMU München

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Abbildung 4: Satellitenbild des Wadi Hammamat (Google Earth 2012).

Abbildung 5: Fragmente A-D des Papyrus in Umzeich-nung mit Markierung des ‚Goldberges‘, der eigentlich keiner ist (I. Klose, DAIK 2013).

Abbildung 6: Satellitenkarte des Bir Umm Fawakhir mit Markierung des „Goldberges“ des Papyrus (Google Earth 2012; I. Klose, DAIK 2013).

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Die schwarzen Gebiete auf Fragment M sehen aus, als ob sie eine Region dunkler Gestei-ne darstellen, durch welches das Wadi vom Nil her hindurchführt (Abbildung 2). Tatsächlich kommt man vor Ort am schmalen, westlichen Eingang des Tals in die Kontaktzone zwischen Hammamat -Geröllen und nubischem Sandstein (Abbildung 3 und 4). Man überquert an dieser Stelle von Osten her eine drastische Grenze zwischen fast schwarzem und hell-gelbem Gestein. Die Ursache der schwarzen Farbe ist der dunkel violett-schwarze Wüstenlack (Mangan-Oxide).

-steins.

In hieratischer Schrift, der Schreibschriftform der Hieroglyphen, sind den verschiedenen auf dem Papyrus bildlich dargestellten Landmarken Beischriften beigefügt (Abbildung 2: in Übersetzung). Einige dieser Landmarken sind:

eine Stele Sethos I.,

eine Zisterne,

vier Häuser der Goldgräbersiedlung,

ein Brunnen, der einen Schatten(?) wirft,

ein Schrein/kleiner Tempel, der dem Gott Amun geweiht ist,

drei Bäume im Hauptwadi,

das Hauptwadi, die ‚Straße von Tent-p-mer’, die mit weißen, grünen und braunen Punkten gekennzeichnet ist,

zwei Straßen, die ans Meer führen,

Berge, in denen Gold (und Silber) vorkommt,

die Bekhen-Steinbrüche (die kleine Einbuchtung in der Kurve des Wadis auf Fragment H) und Blöcke von abgebauten Bekhenstein (auf den Fragmenten M, N, O, und P; die Beitexte nennen die Dimensionen/Abmessungen der Blöcke).

Die meisten dieser Wege, Wegmarken und Gesteinsvorkommen lassen sich bis heute nach der Papyruskarte lokalisieren.

Der Hauptweg mit den bunten Punkten entspricht dem Wadi Hammamat, der Abschnitt, der als Straße von Tent-p-mer’ bezeichnet wird, dem Wadi Atalla (Abbildung 7-9: rot). Richtung Osten führt das Wadi Hammamat zum Bir Umm Fawakhir, einem Wegabschnitt, der auf der Papyrus-karte nicht gepunktet ist und die Goldgräbersiedlung mit dem Hauptweg verbindet (Abildung 7-9: blau). Die scharfe Kurve an dieser Stelle hat bereits der Autor des Papyrus verzeichnet. Der Weg unterhalb des Amunschreins entspricht dem Zugang zum Wadi el-Sid (Abbildung 7-9: gelb), der zwischen Schrein und Goldberg – der Straße ‚Ta-menti’ –, einem unbenannten Wadi östlich von Bir Umm Fawakhir (Abbildung 7-9: grün) liegt. Die Straße, „die ans Meer führt“, existiert heu-te noch als unbenanntes Tal, in dem ältere ungeebnete Wege festgestellt wurden (Abbildung 7-9: gelb). Diese nutzen zudem weitere in diese Richtung verlaufende Wadis, die nach ca. acht Kilometern in östlicher bzw. nordöstlicher Richtung ineinanderlaufen und tatsächlich an der Küste des Roten Meeres enden. Die ‚andere Straße ans Meer’ ist dagegen etwas problematischer in ihrer Zuweisung, da sie aus topographischer Sicht keinen Sinn ergibt (Abbildung 7-9: orange).

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Die Begrenzung des Papyrus Richtung Meer schneidet entweder die Karte absichtlich am Ostende des Bir Umm Fawakhir-Gebiets ab oder stellt die Küste dar, wobei dann die letzten 70km komprimiert wiedergegeben wären. Letztere Lösung erscheint nach der Genauigkeit der sonstigen Darstellung eher unwahrscheinlich.

Sowohl in antiken als auch in modernen Zeiten fanden Goldabbauaktivitäten im Wadi el-Sid (Abbildung 4 und auf Seite 4) südlich des Bir Umm Fawakhir statt. Sowohl textlich als auch archäologisch sind Goldschürfgebiete in den Bergen in der Nähe von Wadi Atalla und Wadi Hammamat bekannt. Diese Hügel sind von Quarzadern durchzogen, von denen einige Gold führen und die im Tagebau und mit tiefen Schächten ausgebeutet wurden. Die Zisterne auf der Papyrus karte wurde vermutlich gebaut, um Wasser in großen Mengen vom nahegelegenen Brunnen zu

Abbildung 7: Umzeichnung des Papyrus mit dem dort markierten Wegenetz (I. Klose, DAIK 2013).

Abbildung 8: Umzeichnung der geologischen Karte des Wadi Hammamat nach Harrell/Brown und Klemm mit dem im Papyrus angegebenen Wegenetz (I. Klose, DAIK 2013).

Abbildung 9: Google Earth Karte des Wadi Hamma-mat mit eingezeichnetem Wegenetz, wie im Papyrus erkennbar (Google Earth 2012; I. Klose, DAIK 2013).

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speichern (Abbildung 5). Dieses Wasser wurde benutzt, um das Gold aus dem pulverisierten Quarz herauszuwaschen (Abscheidung durch Schwerkraft). Vielleicht wurde das bräunliche Gebiet um die Zisterne und um die Stele Sethos I. herum genutzt, um das Gestein zu zerklei-nern und zu waschen. Die braunen Reste könnten sogenanntes Tailing – feinkörnige Rückstände ausgewaschenen Quarzsandes usw. – darstellen.

auf der Karte als auch im realen Wadi Hammamat an einer Biegung des Wadis, am östlichen Ende des Steinbruchs (Abbildung 10: Fragment H). Die Lage der Einbuchtung, die diese Stein-brüche markiert, wurde nicht von den Harrell und Brown vorausgehenden Bearbeitern des Papyrus berichtet. Nur die Untersuchung des Papyrus unter sehr hellem Licht ließ sie überhaupt sichtbar werden.

In der weiteren Umgebung der ehemaligen Gold-

keine Überreste von einem Schrein/Tempel des Amun, von der Stele Sethos I. oder der Zisterne/dem Brunnen. Ruinen von römischen Häusern

Aus älteren Berichten ist jedoch bekannt, dass in den 1950er Jahren Ruinen eines ptolemä-ischen Tempels an der Stelle des im Papyrus markierten Amunschreins zu sehen waren. Das in der Nähe gelegene griechisch-römische Gold-gräberdorf ist höchstwahrscheinlich über die alte pharaonische Siedlung gebaut worden.

Ein handgegrabener, römischer Brunnen (bir)

einer Stelle, die heute Bir el-Hammamat ge-nannt wird. Dieser Brunnen (Seite 4) ist ca. 8-10km von der Stelle entfernt, an der in der Pa-pyruskarte der „Brunnen, der einen Schatten(?) wirft“ verzeichnet ist. Bir el-Hammamat ist von einer hohen, modernen Mauer umgeben, um

schützen. Diese Konstruktion wurde von Harrell und Brown als Vergleichsstück für den in der Karte erwähnten, einen Schatten werfenden

Abbildung 10: Umzeichnung der Fragmente H und I des Papyrus mit der Markierung der Bekhensteinbrü-che (I. Klose, DAIK 2013).

Brunnen herangezogen. Da die Mauer jedoch modernen Datums ist und sich keine ähnlichen Strukturen um die heute noch existierenden Brunnen an der im Papyrus verzeichneten, mehrere

Die gesamte Karte ist – im Gegensatz zum heute üblichen Orientierungskanon – gesüdet (vgl. Abbildung 11): Sie ist nach altägyptischem Brauch auf die Quellen des Nil ausgerichtet, die Ägyptens Fruchtbarkeit gewährleisteten. Das Hauptwadi, das quer über den Papyrus verläuft, zeigt nicht die in Realität existierenden großen Kurven (Abbildung 7-9). Das mag daran liegen, dass die Papyrusrollen mit nur 41cm Breite (bei ca. 2,82m erhaltener Länge) nicht sehr breit war. Um die gesamte Darstellung auf diese Dimensionen zu verkleinern, war der Schreiber

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gezwungen seine Darstellung des Wadi Hammamat zu begradigen und quer verlaufende Wadis -

karten). Ein Vergleich zeigt zudem, dass kein konstanter Maßstab für die Karte verwendet wurde. Dennoch variieren die Entfernungen der Landmarken auf dem Papyrus nur zwischen 50 m und 100 m für 1cm. Das ist erstaunlich konstant für dieses früheste Beispiel der Kartographie.

Die Einstufung des Turiner Lagerstättenpapyrus als geologische Karte heißt nicht, dass dies auch der Grund seiner Entstehung war. Vielmehr wurde die Karte vermutlich als Orientierungshilfe für eine Steinbruchexpedition von Pharao Ramses IV. in die Bekhen-Steinbrüche angefertigt. Der Autor der Karte war eventuell selbst einmal auf einer Expedition in diese Gegend dabei. Er orientierte sich bei seiner bildlichen Wiedergabe unter anderem an den in natura sichtbaren Farben der Gesteine und deren räumlicher Verteilung, wodurch die Karte nach heutigen Stand-punkten einer geologischen gleicht.

Abbildung 11: Gesüdete Ansicht des Gebiets zwischen Nil und Rotem Meer, in das Wadi Hammamat und die im Papyrus verzeichneten Goldabbaugebiete liegen (Google Earth 2013).

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Der Turiner Lagerstättenpapyrus LITERATUR

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J. BALL, Survey of Egypt. Egypt in the Classical Geographers, Cairo 1942.

J. A. HARRELL/M. V. BROWN, The World’s Oldest Surviving Geological Map, The 1150 BC Turin papyrus from Egypt, in: The Journal of Geology 100 (1992), 3-18. Siehe auch: http://www.eeescience.utoledo.edu/faculty/harrell/egypt/Turin%20Papyrus/Harrell_Papyrus_Map_text.htm.

R. KLEMM/D. KLEMM, Gold and Gold Mining in Ancient Egypt and Nubia: Geoarchaeology of the Ancient Gold Mining Sites in the Egyptian and Sudanese Eastern Deserts (Natural Science in Archaeology), Heidelberg 2013.

R. KLEMM/D. KLEMM, Pharaonischer Goldbergbau im Wadi Sid und der Turiner Minenpapyrus, in: S. SCHOSKE, Akten des vierten Internationalen Ägyptologen Kongresses München 1985 2 (Studien zur altägyptischen Kultur, Beihefte 4), Hamburg 1989, 73 – 87.

C. MEYER, A gold-mining settlement at Bir Umm Fawakhir, in: Egyptian Archaeology 21 (2002), 8 – 10.

C. MEYER, Bir Umm Fawakhir: Insights into Ancient Egyptian Mining, in: JOM, the Journal of the Mineral, Metals and Materials Society 49/3 (1997), 64 – 68.

C. MEYER, Bir Umm Fawakhir 2, in: Oriental Institute Communications 30 (2011).

H. W. A. Sommerlatte, Der Papyrus von Turin. Seine Geschichte und seine Bedeutung als eine sehr frühe geographische und geologische Darstellung, in: Antike Welt, Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 17/3 (1986), 31 – 39.

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