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Technische Universität München Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt Lehrstuhl für Computergestützte Modellierung und Simulation Untersuchung der BIM-basierten Arbeitsweise im Verkehrswegebau eingebettet in die Planungsphase Masterthesis für den Master of Science Studiengang Bauingenieurwesen in Zusammenarbeit mit der Ed. Züblin AG, Direktion Zentrale Technik Autor: Jingxing Sun Matrikelnummer: TU München: 1. Betreuer: Prof. Dr.-Ing. André Borrmann 2. Betreuer: Cornelius Preidel, M.Sc. 3. Betreuer: Štefan Markič, M.Sc. Ed. Züblin AG: 1. Betreuer: Alexander Paulitsch, M.Eng. 2. Betreuer: Dunja Sahrak, M.Eng. Ausgabedatum: 11. Mai 2017 Abgabedatum: 11. November 2017

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Technische Universität München

Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt

Lehrstuhl für Computergestützte Modellierung und Simulation

Untersuchung der BIM-basierten Arbeitsweise im

Verkehrswegebau eingebettet in die Planungsphase

Masterthesis

für den Master of Science Studiengang Bauingenieurwesen

in Zusammenarbeit mit der

Ed. Züblin AG, Direktion Zentrale Technik

Autor: Jingxing Sun

Matrikelnummer:

TU München:

1. Betreuer: Prof. Dr.-Ing. André Borrmann

2. Betreuer: Cornelius Preidel, M.Sc.

3. Betreuer: Štefan Markič, M.Sc.

Ed. Züblin AG:

1. Betreuer: Alexander Paulitsch, M.Eng.

2. Betreuer: Dunja Sahrak, M.Eng.

Ausgabedatum: 11. Mai 2017

Abgabedatum: 11. November 2017

Vorwort II

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mir Hilfe während

der Ausarbeitung meiner Masterarbeit gegeben haben.

Mein erster Dank geht an Herrn Prof. Dr.-Ing. André Borrmann und den Lehrstuhl für

Computergestützte Modellierung und Simulation, sowie an meinen Betreuer Herrn

Cornelius Preidel und Herrn Štefan Markič, die mir immer rechtzeitig mit zuverlässiger

Beratung und wertvollen Vorschlägen zur Seite standen.

Anschließend möchte ich mich bei Herrn Konstantinos Kessoudis, Herrn Alexander

Paulitsch sowie Frau Dunja Sahrak bedanken, die mir die Gelegenheit gegeben ha-

ben, meine Arbeit zusammen mit der Direktion Zentralen Technik von Ed. Züblin AG

durchzuführen. Ihre Unterstützung für meine Masterarbeit ist stetig hilfreich. Des Wei-

teren möchte ich mich bei Frau Desiree Klein, Herrn Antonio Vistocco und Herrn Oleg

Scharapow bedanken, die mir die Softwareschulung betreut haben. Ein besonderer

Dank geht an Herrn Peter Steinhagen, der mir den BIM-Entwicklungszustand geduldig

erklärt hat. Darüber hinaus möchte ich mich bei Frau Sarah Sattler und Herrn Chris-

toph Kellner bedanken, die mir bei den Softwareprogrammen ProVI und RIB iTWO

geholfen haben.

Im Besonderen geht mein herzlicher Dank an meine Eltern und meine Freundin, die

mich während meines Studiums begleitet und unterstützt haben.

Vielen Dank!

Vorwort

Abstract III

Over the past decades, the computer technology has developed very rapidly, also in

the construction industry. For example, with the help of the CAD (Computer Aided De-

sign) systems, the workload to design a building has been significant reduced. Nowa-

days, BIM (Building Information Modeling) is becoming more and more important,

since with the help of this method the construction project can be operated more effi-

ciently, economically and transparently.

BIM is a collaborative, 3D computer-aided approach that can be used by all the project

participants in each project phase. It is currently widely discussed in the area of build-

ing construction. However, in the road construction or infrastructure construction sector,

traditional 2D working methods are still dominant. Problems are the low linkages be-

tween planning, execution and operational phases and between all project participants.

If a change in the design phase occurs, the drawings and the quantity calculation must

also be changed, which causes a huge workload.

In this thesis, an overview of the conventional designing processes based on 2D plan-

ning documents and building description in the area of the road construction is pre-

sented. Following, the possibilities of the BIM-based working methods are investigated.

A concrete application example of a road construction project with BIM-based opera-

tion is then carried out. The main part of this thesis deals with the BIM-based 3D mod-

eling, quantity calculation and schedule planning. In this thesis, two BIM-based working

methods are investigated. The method A uses the proprietary data exchange formats

and can be classified as Closed BIG BIM. On the other hand, the method B is designed

using system-neutral IFC-based data transfer, which is one of the characters of the

Open BIG BIM.

Finally, a verification of the advantages and disadvantages of the BIM-based approach

is given. The aim is to compare the two different working methods between proprietary

data transfer format and neutral data transfer format. As conclusion, the method A is

usable for real projects but needs a lot of work for the data transfer interface. The

method B has limitations but also great potentials.

Abstract

Zusammenfassung IV

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat sich die Computertechnik auch im Baugewerbe

schnell entwickelt. Beispielsweise reduzieren CAD-Systeme den Arbeitsaufwand der

Planungsphase von einem Bauwerk. Heutzutage spielt BIM (Building Information Mo-

deling) eine immer wichtigere Rolle, da mithilfe dieser Methode Projekte effizienter,

wirtschaftlicher und mit höherer Transparenz abgewickelt werden können.

BIM ist eine gemeinschaftliche, computergestützte 3D Arbeitsweise, die ein effizientes

Planen, Bauen und Betreiben von Bauprojekten ermöglicht. Es wird momentan häufig

im Bereich Hochbau verwendet. Aber im Bereich Verkehrswegebau ist die herkömm-

liche 2D Arbeitsweise immer noch dominierend. Probleme davon sind die geringen

Verknüpfungen zwischen Planungs-, Ausführungs- und Betriebsphasen und zwischen

allen Projektbeteiligten. Tritt eine Änderung der Planung auf, müssen die Zeichnungen,

die Mengenermittlungen usw. auch geändert werden, wodurch ein großer Arbeitsauf-

wand verursacht wird.

In dieser Arbeit wird zunächst eine Übersicht von den herkömmlichen Planungs-, An-

gebots- und Ausführungsprozessen basierend auf 2D Planungsunterlagen und Bau-

beschreibung im Bereich Verkehrswegebau vorgestellt. Im nächsten Schritt werden

die Möglichkeiten der BIM-basierten Arbeitsweise untersucht. Daraufhin ist ein konkre-

tes Anwendungsbeispiel von einem Straßenbauprojekt mit BIM-basierter Arbeitsweise

durchzuführen. Dieser Hauptteil beschäftigt sich mit einem BIM-Planungsmodell, Men-

genermittlungen für die Kalkulation und einer Anbindung an den Angebotsterminplan.

In Rahmen dieser Arbeit werden zwei BIM-basierten Arbeitsweisen untersucht. Die

Arbeitsweise A entspricht Closed BIG BIM und verwendet die proprietären Datenaus-

tauschformate. Hingegen wird die systemneutrale IFC-basierte Datenübertragung in

der Arbeitsweise B untersucht, welche ein Kennzeichen von Open BIG BIM ist.

Schließlich soll eine Verifizierung der Vor- und Nachteile dieser BIM-basierten Arbeits-

weisen gegeben werden. Die Arbeitsweise A ist zwar für reales Projekt verwendbar,

hängt sie stark von der Funktionalität der Software ab. Hingegen hat die Arbeitsweise

B zwar Beschränkungen aber auch großes Erweiterungspotenzial.

Zusammenfassung

Inhaltsverzeichnis V

Abbildungsverzeichnis VII

Tabellenverzeichnis IX

Abkürzungsverzeichnis X

1 Einführung und Motivation 1

1.1 Einführung ....................................................................................................1

1.2 Ziel der Arbeit ...............................................................................................3

1.3 Aufbau der Arbeit ..........................................................................................4

2 Stand der Technik 5

2.1 Herkömmlicher Planungsprozess im Verkehrswegebau ...............................5

2.2 BIM ...............................................................................................................6

2.2.1 BIM – Begriff .................................................................................................6

2.2.2 BIM – Entwicklung und Einführung ............................................................. 11

2.3 IFC Standard .............................................................................................. 17

2.3.1 Hintergrund ................................................................................................. 17

2.3.2 Datenschema .............................................................................................. 19

2.3.3 IFC-Alignment ............................................................................................. 20

3 BIM-basierte Arbeitsweise 23

3.1 Beispielprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10 / A 24“ ..................................... 24

3.2 Arbeitsweise A: non-IFC-basierter Arbeitsablauf ........................................ 25

3.2.1 Darstellung des Arbeitsablaufs ................................................................... 25

3.2.2 Verwendete Software .................................................................................. 26

3.2.3 BIM-Anwendung ......................................................................................... 32

3.3 Arbeitsweise B: IFC-basierter Arbeitsablauf ............................................... 46

3.3.1 Darstellung des Arbeitsablaufs ................................................................... 46

3.3.2 Verwendete Software .................................................................................. 47

3.3.3 BIM-Anwendung ......................................................................................... 49

4 Auswertung und Zusammenfassung 53

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis VI

4.1 Auswertung ................................................................................................. 53

4.1.1 Arbeitsweise A ............................................................................................ 53

4.1.2 Arbeitsweise B ............................................................................................ 54

4.2 Fazit ............................................................................................................ 54

Literaturverzeichnis 57

Anhang A 61

Anhang B 63

Abbildungsverzeichnis VII

Abbildung 2-1: Grafische Darstellung der Prozesse sowie des Datentransfers zur

Planung eines Straßenbauprojekts (Obergrießer, 2016). .................. 6

Abbildung 2-2: Umsetzung des Building Information Models über den gesamten

Lebenszyklus (Borrmann et al., 2015). .............................................. 8

Abbildung 2-3:MacLeamy-Kurve zur Beschreibung des Kosteneinflusses im Rahmen

des ganzen Projektablaufs (Borrmann et al., 2015). ......................... 9

Abbildung 2-4: Vier unterschiedliche technologische BIM-Stufen (Borrmann et al.,

2015). .............................................................................................. 10

Abbildung 2-5: Schematische Darstellung des Stufenplans (BMVI, 2015a). ............ 14

Abbildung 2-6: Umsetzung BIM Stufenplan - erweiterte Pilotphase (Stand 05.2017)

(STRABAG). .................................................................................... 15

Abbildung 2-7:BIM-Gremien - ISO, CEN, DIN und VDI (Stand: 2016-11-02) (VDI,

2017). .............................................................................................. 16

Abbildung 2-8: Struktur Arbeitskreise von NA 005-01-39. ........................................ 16

Abbildung 2-9: Informationsaustausch über systemspezifische Schnittstelle und

systemneutrale Schnittstelle (Reiner & Dietmar, 2000). .................. 18

Abbildung 2-10: Die Schichten des IFC-Datenformats (buildingSMART, 2017b). .... 19

Abbildung 2-11: Allgemeine Struktur der Achseninformation (buildingSMART, 2015a).

........................................................................................................ 21

Abbildung 2-12: Struktur IFC Extension for Infrastructure (InfraRoom, 2017). ......... 22

Abbildung 3-1: zwei BIM-basierte Arbeitsweisen A und B. ....................................... 23

Abbildung 3-2: Streckenübersicht (Schematische Darstellung) Verfügbarkeitsmodell A

10 / A 24 (DEGES, 2015). ............................................................... 24

Abbildung 3-3: Diagramm der Arbeitsabläufe A und B. ............................................ 26

Abbildung 3-4: Erstellung- und Bearbeitungsoperationen vom DGM in AutoCAD Civil

3D (Autodesk). ................................................................................ 28

Abbildung 3-5: ProVI Projektansicht (OBERMEYER). .............................................. 29

Abbildung 3-6: RIB iTWO Aufgabenspektrum (RIB). ................................................ 31

Abbildung 3-7: RIB iTWO Arbeitsprinzip (ZentraleTechnik). ..................................... 31

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis VIII

Abbildung 3-8: Geländemodell Bearbeitung. ............................................................ 33

Abbildung 3-9: Editordialog für Achsenentwurf (links) und Gradientenentwurf (rechts).

........................................................................................................ 34

Abbildung 3-10: Der vereinfachte Lageplan vom Bauabschnitt 10.4. ....................... 35

Abbildung 3-11: Darstellung Regelquerschnitt RQ 36 (Ehrlich & Hersel, 2010). ...... 35

Abbildung 3-12: Details des Querschnittentwurfs von der Hauptachse A 10. ........... 36

Abbildung 3-13: Bauwerk BW 86Ü3 Darstellung: Modellierung der Böschung im

Bereich des Widerlagers. ................................................................ 38

Abbildung 3-14: ProVI-Schnittstelle von Massenberechnung und iTWO-Export. ..... 40

Abbildung 3-15: Beispielergebnis der Datenprüfung. ............................................... 41

Abbildung 3-16: Bauteiltyp Festlegung in RIB iTWO. ............................................... 42

Abbildung 3-17: Objektbaum und Eigenschaftsfenster in RIB iTWO. ....................... 42

Abbildung 3-18: Darstellung des Balkenplans. ......................................................... 45

Abbildung 3-19: Simulation des Bauablaufs für den Bauabschnitt 10.4. .................. 45

Abbildung 3-20: AutoCAD Civil 3D IFC-Exportdialog. .............................................. 48

Abbildung 3-21: ProVI IFC-Exportdialog. .................................................................. 48

Abbildung 3-22: Anzeige der Parameter des IFC-Alignments im Constructivity Model

Viewer. ............................................................................................ 50

Abbildung 3-23: Konvertierung des Modells vom Volumenkörper zum Massenelement

in AutoCAD Civil 3D. ....................................................................... 50

Tabellenverzeichnis IX

Tabelle 2-1: List der Segmenttypen und Informationen der Achse und Gradiente

(buildingSMART, 2015a). ................................................................ 22

Tabelle 3-1: Ergebnisse der Mengenermittlung der Arbeitsweis A. .......................... 43

Tabelle 3-2: Berechnungsergebnis der Arbeitsweise B (km 184+350 – km 184+600).

........................................................................................................ 52

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis X

2D Zweidimensional

3D Dreidimensional

AD Autobahndreiecke

AIA Auftraggeber-Informations-Anforderungen

AKBI Arbeitskreis Bauinformatik

AS Anschlussstelle

ASCII American Standard Code for Information Interchange

BAP BIM-Abwicklungsplan

BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumordnung

BIM Building Information Modeling

BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

CAD Computer-Aided Design

CEN European Committee for Standarization

COBie Construction Operations building Information Exchange

DB AG Deutsche Bahn Aktiengesellschaft

DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH

DGM Digitales Geländemodell

DHHN das Deutsches Haupthöhennetz

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis XI

DIN Deutsches Institut für Normung

ERP Enterprise-Resource-Planing

FSS Frostschutzschicht

GACCE German Association of Computing in Civil Engineering

GKK Gauß-Krüger-Koordinatensystem

GSA General Services Administration

GUID Globally Unique ID

IAI International Alliance for Interoperability

IFC Industry Foundation Classes

ISO International Organisation for Standardisation

LV Leistungsverzeichnis

NBS National Building Specification

NIBS National Institute of Building Sciences

NIST National Institute of Standards and Technology

OGC Open Geospatial Consortium

OKSTRA Objekt Katalog für das Straßen- und Verkehrswesen

PC Personal Computer

PDF Portable Document Format

REB Regelungen für die Elektronische Bauabrechnung

RQ Regelquerschnitt

STS Schottertragschicht

Abkürzungsverzeichnis XII

VDI Verein Deutscher Ingenieure

WSV Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

1 Einführung und Motivation 1

1.1 Einführung

Mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Milliarden Euro und über 760.000 tätigen

Personen ist das Baugewerbe ein der wichtigsten Wirtschaftsbereiche in Deutschland

(DESTATIS, 2016). In diesem Sektor spielt Verkehrsinfrastruktur eine unerlässliche

Rolle. Die Straßen- und Eisenbahnnetze in Deutschland sind eines der dichtesten Ver-

kehrsnetze auf der ganzen Welt. In der ca. 357.000 km² Landfläche liegen rund

830.000 km Straßen und rund 33.400 km Eisenbahnstrecken (BMVI, 2016). Bis 2020

sind Zunahmen der Investitionen im Bereich Verkehrsinfrastruktur auf 13,3 Milliarden

Euro pro Jahr abgestimmt und gestartet (BMVI, 2016a), was zum einen eine große

Chance zum anderen auch eine enorme Herausforderung für die Baubranche darstellt.

In den vergangenen Jahren ist stark und kontinuierlich erörtert worden, wie die Pro-

duktivität der Baubranche erhöht werden kann. Im Gegensatz zu anderen Branchen,

die über die Jahre ihre Produktivität gesteigert haben, ist bei der Baubranche in einigen

Jahren einen Rücklauf beobachtet. Laut Statistik vom Bundesamt ist die Arbeitspro-

duktivität des Baugewerbes seit 1991 nahezu im gleichen Niveau geblieben, während

die anderen Gewerbe schon beachtenswerte Fortschritte gemacht haben (DESTATIS,

2017).

Zu beachten ist, dass sich zurzeit häufig zeitliche Verzögerungen und Kostenerhöhun-

gen im Lauf der Bauprojekte ergeben, insbesondere bei Großbauprojekten. Bekannte

Beispiele sind die Projekte Flughafen Berlin-Brandenburg und Stuttgart 21. Um eine

Zunahme der Produktivität im Baugewerbe zu ermöglichen und solche Verzögerungen

beim Bauprojekt zu vermeiden, wird die Entwicklung von neuen innovativen und effizi-

enteren Arbeitsweisen vorangetrieben.

Das Baugewerbe zeichnet sich heutzutage insbesondere durch einen geringen Grad

der Digitalisierung aus. Eine Studie von Accenture (2016) zeigt mithilfe von einem „Di-

gitalen Index-Wert“ den aktuellen Stand der Digitalisierung deutscher Unternehmen

auf. Dabei stehen als Bewertungsmaßstab die Noten von 1 (schlechteste Note) bis 4

(beste Note) zur Verfügung. In vier bewerteten Bereichen (Strategie, Produkt, Vertrieb

und Prozesse) hat die Bauindustrie eine Note von 1,5 bekommen, was deutlich unter

dem durchschnittlichen Niveau der deutschen Industriebranchen liegt.

1 Einführung und Motivation

1 Einführung und Motivation 2

Zwar kommt bereits eine Vielzahl digitaler Tools bei den verschiedenen Phasen des

Bauprojektes zum Einsatz, jedoch fehlt es in der Baubranche noch an der durchgän-

gigen Nutzung im Sinne einer Wiederverwendung erstellter digitalen Informationen

(Borrmann et al., 2015).

Building Information Modeling (BIM) steht für eine gemeinschaftliche, computerge-

stützte Arbeitsweise, welche ein effizientes Planen, Bauen und Betreiben von Baupro-

jekten mit Hilfe digitaler Bauwerkmodelle ermöglicht. BIM stellt eine aussichtsreiche

Innovation in der Bauindustrie dar, welche sich in den letzten Jahren sehr schnell ent-

wickelt hat. Mit Hilfe von BIM entsteht nicht nur ein reines, geometrisches 3D-Modell

für ein Bauprojekt, sondern auch dahintersteckende Informationen über den gesamten

Lebenszyklus, von Materialmengenermittlung bis zur Bauablaufterminplanung, von

Kollisionsprüfung bis zur Energieverbrauchanalyse, von Projektvisualisierung bis zur

Sanierung und Rückbau. Anschließend profitieren alle Projektbeteiligten von dem

ganzheitlichen Modell, da sie alle benötigten Informationen beziehen, bearbeiten und

weitergeben können.

Ein weiterer Vorteil von BIM ist die Konsistenz der auszutauschenden Informationen

zwischen verschiedenen Projektbeteiligten. Es ist unvermeidbar, den Informationsaus-

tausch dazwischen durchzuführen, welcher massive Fehler in den Planungen oder

stark abweichende Terminpläne verursacht. Im Gegenteil zur herkömmlichen Pla-

nungsmethode werden die Projektinformationen, die mit der BIM-Methode behandelt

werden, nicht in einzelnen Zeichnungen abgelegt, sondern in einer Datenplattform

speichert und weiterverarbeitet. Mit Hilfe von BIM können die Datenverluste minimiert

und inkonsistente Informationen vermieden werden (Borrmann et al., 2015).

Der Kernteil, um einen reibungslosen Datenaustausch zu etablieren und eine umfas-

sende Nutzbarkeit der BIM-Methode zu realisieren, ist ein offenes, herstellerneutrales

Datenformat und davon resultierender BIM-Standard.

Die internationale Organisation IAI (International Alliance for Interoperability), welche

2005 den Namen zu buildingSMART wechselte, spielt in diesem Bereich eine Pionier-

rolle. buildingSMART veröffentlicht, revisioniert und erweitert schrittweise das Daten-

schema IFC (Industry Foundation Classes), welches als ein offener Standard für den

herstellerunabhängigen Datenaustausch zwischen den digitalen Modellen zur Verfü-

gung steht (Borrmann et al., 2015). Mit Offenheit des IFC-Formates ist gemeint, dass

dieses gebührenfrei, frei zugänglich und herstellerunabhängig ist. Gleichzeitig treibt

1 Einführung und Motivation 3

buildingSMART die schnellsteigernde Implementation und umfassende Annahme des

IFC-Standards von Softwareherstellern voran. Über 200 Softwareprogramme von al-

len Bereichen des Baugewerbes bieten bereits die IFC Import/Export-Funktionen an

(buildingSMART, 2017). Momentan fokussiert IFC-Format im Wesentlichen den Be-

reich Hochbau, aber die Erweiterung des Formates für die Infrastrukturbereiche ist be-

reits in Bearbeitung. So liegt beispielsweise bereits jetzt der neue IFC-Alignment 1.1

Standard, welcher die Grundlage für Infrastrukturbauwerke wie bspw. Straßen, Tunnel

und Brücken ist, in der endgültigen Genehmigungsphase bei buildingSMART.

1.2 Ziel der Arbeit

In dieser Arbeit liegt der Forschungsschwerpunkt im Bereich Verkehrswegebau. Die

herkömmliche Planungsmethode, welche hauptsächlich auf dem 2D-gestützten Ver-

fahren basiert, zeigt signifikante Schwächen bei der Kommunikation zwischen ver-

schiedenen Projektbeteiligten und Beschränkungen im Datenaustausch während des

gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes auf. Daher ist die BIM-basierte Arbeitsweise

zu untersuchen, um solches Problem zu lösen. Obwohl sich schon viele erfolgreichen

BIM-Versuche im Sektor Hochbau ergeben haben, befindet sich die Umsetzung der

BIM-Methode im Bereichen Verkehrswegebau noch im Entwicklungszustand.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, neue BIM-basierte Arbeitsweise für die Planungs-

phasen zu untersuchen, mit deren Hilfe ein effizienterer objektorientierter Planungs-

prozess ermöglicht werden kann. Der grundlegende Gedanke ist es, einen reibungs-

losen Prozess von der 2D-Planung über die 3D-Modellierung bis hin zur 5D-Anwen-

dung zu realisieren. Als Untersuchungsgrundlage steht ein Beispielprojekt von der Ed.

Züblin AG zur Verfügung, an welchem die Unterschiede zwischen der herkömmlichen

und der BIM-basierten Planungsmethode herausgearbeitet werden sollen. Basierend

auf den beiden Methoden sollen die Vorteile und Nachteile der Methode herausgefun-

den werden.

Darüber hinaus sollen im Rahmen des Beispielprojekts der Standard IFC2x3 und

IFC4.1, in welchem die IFC-Alignment Erweiterung bereits vorhanden ist, betrachtet

werden. Hierzu wird eine zweite BIM-basierte Arbeitsweise mit dem offenen IFC-Stan-

dard untersucht werden. Ziel ist es, diese vorgeschlagenen Standards hinsichtlich ihrer

Eignung im Vergleich zu den proprietären Lösungen zu untersuchen.

1 Einführung und Motivation 4

1.3 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit wird in folgenden Blöcken unterteilt: Stand der Technik, BIM-

basierte Arbeitsweisen A und B sowie Auswertung und Zusammenfassung.

In Kapitel 2 wird zuerst ein Überblick zu der herkömmlichen Planungsmethode im Ver-

kehrswegebau gegeben. Danach wird eine umfassende Übersicht über BIM und IFC

Standards vorgestellt. Wichtige BIM-Begriffe und Entwicklungen wie z.B. Open BIM,

Stufenplan vom BMVI usw. werden in diesem Kapital vorgestellt.

Anschließend wird im Hauptteil Kapitel 3 dargestellt, wie die zu untersuchenden BIM-

basierten Arbeitsweisen im Detail aussehen. Hierbei ist Arbeitsweise A die nicht-IFC-

basierte und B die IFC-basierte Arbeitsweise. Als Grundlage für die Untersuchung wird

zunächst das Beispielprojekt von der Ed. Züblin AG vorgestellt. Weiterhin wird ein

Überblick über die relevanten Softwareprogramme der beiden Arbeitsweisen gegeben.

Anschließend werden die Modellierungsverfahren und die BIM-Anwendungen separat

und ausführlich dargestellt. Zu den BIM-Anwendungen gehören im Rahmen dieser Ar-

beit die Mengenermittlung und die Terminplanung, da sich das zu betrachtende Projekt

in der Planungsphase befindet.

In Kapitel 4 werden die Ergebnisse der beiden Arbeitsweisen bewertet und die Vorteile

sowie Nachteile erörtert. Am Ende wird die gesamte Arbeit zusammengefasst und ein

Ausblick auf die zukünftige Arbeit gegeben.

2 Stand der Technik 5

2.1 Herkömmlicher Planungsprozess im Verkehrswegebau

Im Gegensatz zu anderen Industriebrachen, in denen die auf 3D-Modell basierende

Entwurfsmethode schon umfangreich eingesetzt wird, dominiert seit Jahrzehnten ein

2D-gestütztes Verfahren die Umsetzung der Vermessungs-, Trassen- und Bauwerks-

planung im Bereich Verkehrswegebau.

Die Planung eines Straßenbauvorhabens setzt sich aus mehreren Teilplanungen zu-

sammen. Standardmäßig ist ein digitales Geländemodell (DGM) Basis und der erste

Schritt für den Planungsprozess. Hierzu kann das DGM aus einer Geoinformations-

systemdatenbank entnommen oder anhand der aufgenommenen Geländepunkte er-

stellt werden. Auf Basis des DGMs erfolgt der Entwurf des Trassenverlaufs. Im Regel-

fall beginnt die Konstruktion der Trasse mit der Trassenplanung im Lageplan, indem

verschiedene geometrische Trassierungselemente wie Geraden, Klothoiden und

Kreisbogenelementen zu einer stetig verlaufenden Achse zusammengesetzt werden.

Anschließend wird entlang dieser Achse ein Längsschnitt abgeleitet, was eine

Schnittabwicklung des Geländemodells ermöglicht. Danach lässt sich der wahre Hö-

henverlauf der Trasse entwerfen, der sogenannte Höhenplan. Weiterhin wird der Tras-

senquerschnitt anhand von katalogisierten und parametrisierten Trassenobjekten in

einer dritten Ebene definiert (Obergrießer, 2016).

Darüber hinaus soll sich der Trassenverlauf einer Straße entlang der Höhenlinie be-

wegen und sich harmonisch in die natürliche Umgebung integrieren. Allerdings ist dies

aufgrund der Topografie des Geländes, der einzuhaltenden maximalen Längsneigung

sowie der Lichtraumprofile der bestehenden Trassen nicht immer möglich. Hierzu er-

folgt die Bauwerkplanung, wobei Brücken- und Tunnelbauwerke als Über- oder Unter-

querung von natürlichen oder künstlichen Hindernissen in die Trasse integriert werden.

Eine Reihe von Informationen aus Lage- und Höhenplan, Leistungsverzeichnis und

Baubeschreibung des Bauwerkes werden analysiert. Auf Basis dieser Unterlagen er-

folgt zunächst die Rekonstruktion der Bauwerksachse im Grundriss. Anschließend

wird der Querschnitt des Bauwerks unter Berücksichtigung der Querschnittregeln fest-

gestellt. Im nächsten Schritt wird der Höhenverlauf der Bauwerkachse aus Trassenhö-

henplan abgeleitet und als 2D-Leitkurve in den Bauwerkslängsschnitt übertragen, der

2 Stand der Technik

2 Stand der Technik 6

nachher weiter verfeinert wird (Obergrießer, 2016). Die Abbildung 2-1 zeigt die her-

kömmliche 2D-gestützte Arbeitsweise im Infrastrukturbereich.

Abbildung 2-1: Grafische Darstellung der Prozesse sowie des Datentransfers zur Planung eines Stra-

ßenbauprojekts (Obergrießer, 2016).

Es ist ein wesentliches Merkmal der aktuellen Praxis, dass die Trassendaten häufig

noch in Form eines elektronischen Dokuments, wie z.B. dem Portable Document For-

mat (PDF), ausgetauscht werden. Dieses führt dazu, dass alle Informationen sowie

Planungen manuell erneuert werden müssen, wenn eine Veränderung von einem Pa-

rameter oder einer Planung eintritt. Mögliche Folgen sind inkonsistente Planungen,

unnötiger Zeitaufwand sowie Planungsfehler. Dafür ist die BIM-Methode eine effektive

Lösung.

2.2 BIM

2.2.1 BIM – Begriff

Der Begriff BIM ist bereits seit Längerem ein wesentliches Thema in der Bauindustrie

und wird dementsprechend häufig erörtert. Jedoch hat man sich miteinander auf eine

klare einheitliche Definition vom BIM-Konzept noch nicht verständigt, weil die Ausle-

gungen und Interpretationen der BIM-Definition sich von verschiedenen Projektakteu-

ren aus ihren eigenen Sichten variieren (von Both et al., 2013). Die BIM-Definition

sollte mit der Standardisierung ISO 19650, die sich noch in der Entwicklung befindet,

geeinigt werden.

2 Stand der Technik 7

Professor Eastman (2011) definiert BIM als eine Modellierungstechnologie und Inter-

gral von Vorgängen für die Erstellung, Kommunikation und Analysierung eines Bau-

werkmodells, welches von vier wichtigen Punkten charakterisiert ist:

1. Die Bauwerkkomponenten sind digital und objektorientiert dargestellt. Diese

können parametrisch mit geometrischen Daten und Regelungen verbunden

werden.

2. Die Bauwerkkomponente beinhaltet neben geometrischen Informationen auch

semantische Daten zur Beschreibung ihrer Eigenschaften.

3. Die Daten sind konsistent und haben keine Redundanzen. D.h. Änderungen

aus einem Teil werden im gesamten Modell fehlerfrei repräsentiert.

4. Die Daten sind koordiniert. D.h. verschiedene Teilplanungen können von einem

Modell abgeleitet werden.

Ein Bauwerkmodell mit reingeometrischen dreidimensionalen Informationen ohne pro-

jektrelevante semantische Informationen oder ein aus zahlreichen 2D-Zeichnungen

resultiertes Modell zählt laut dieser Definition nicht als BIM.

Das amerikanische National Institute of Building Sciences (NIBS) hat in seiner neues-

ten Veröffentlichung Definitionen über BIM veröffentlicht:

“Building Information Model is the digital representation of physical and

functional characteristics of a facility. It serves as a shared knowledge re-

source for information about a facility, forming a reliable basis for decisions

during its life cycle from inception onwards.” (NIBS, 2015)

“Building Information Modeling is a business process for generating and lev-

eraging building data to design, construct and operate the building during

its lifecycle. It allows all stakeholders to have access to the same information

at the same time through interoperability between technology platforms.”

(NIBS, 2015)

Im deutschsprachigen Raum setzt sich der Arbeitskreis Bauinformatik (AKBI, Engl.

GACCE), an welchem sich Vertreter von 18 Universitäten beteiligen, intensiv mit dem

Thema BIM auseinander. Laut AKBI ist Building Information Model ein digitales Modell

eines Bauwerkes, das sowohl geometrische als auch semantische Informationen zu

allen relevanten Bauobjekten sowie deren Beziehungen für die Verwendung während

des gesamten Lebenszyklus zur Verfügung stellt. Die Abbildung 2-2 stellt den gesam-

ten Lebenszyklus eines Bauwerks mit der Umsetzung des Building Information Models

2 Stand der Technik 8

dar. Weiterhin bezeichnet Building Information Modeling die Prozesse zur Nutzung,

Verwaltung und Anpassung eines Building Information Models im Rahmen des gesam-

ten Lebenszyklus, von der Planungsphase über die Bewirtschaftung bis hin zum Um-

bau und Rückbau (GACCE, 2017).

Abbildung 2-2: Umsetzung des Building Information Models über den gesamten Lebenszyklus

(Borrmann et al., 2015).

Zusammenfassend beruht eine erfolgreiche Anwendung des BIM-Begriffs auf den bei-

den Komponenten, Building Information Model und Building Information Modeling

(Obergrießer, 2016). Der Begriff BIM (Building Information Modeling) beschreibt die

objektorientierte Modellierung eines Bauwerks mithilfe der geometrischen und zusätz-

lichen semantischen Elemente, auf der anderen Seite den Datenaustausch zwischen

verschiedenen Projektbeteiligten und unterschiedlichen Projektphasen auf Basis eines

Building Information Models.

Ein augenfälliges Merkmal von BIM ist die objektorientierte Modellierung, die zu einem

signifikanten Vorteil der BIM-Methode im Vergleich zur konventionellen Planungsweise

führt. Ein objektorientiertes Modell ist die Grundlage für BIM und ihre Anwendungen.

Zwar hat sich die herkömmliche Planungsmethode dank der Fortschritte der Compu-

tertechnik ebenfalls weiterentwickelt, beispielsweise von 2D- zu 3D-gestützter Pla-

nung, jedoch reicht sie manchmal nicht an die Anforderungen vom Planen und Bauen

eines komplexen Bauprojekts. An dieser Stelle stellt sich die Frage, worin der wesent-

liche Unterschied zwischen reiner 3D-Modellen und objektorientierten Modellen liegt.

2 Stand der Technik 9

Bei der objektorientierten Modellierungsweise wird ein Bauwerk nicht durch starre Ob-

jekte mit festen geometrische Daten und Eigenschaften zusammengesetzt, sondern

die Objekte werden zunächst abstrahiert und mit Hilfe von geometrische und semanti-

schen Parametern generalisiert. Anschließend können diese abstrakten Objekte in

dem Modell bei Bedarf mehrfach wiederverwendet werden und erlauben es, über das

Setzen der Eigenschaften das Objekt selbst als Instanziierung anzupassen (Eastman

et al., 2011). Ein Objekt ist ein abstrakter Gegenstand aus der realen Welt. Darunter

versteht man nicht nur physikalische Dinge, wie z.B. eine Wand, sondern auch begriff-

liche Dinge, wie eine Last. Ferner handelt es sich um strukturelle und verhaltensbezo-

gene Eigenschaften. Aus diesem Grund kann ein komplexes Bauwerk durch die Zu-

sammensetzung von unterscheidbaren identifizierbaren Objekten explizit beschrieben

werden. Die festgestellten Beziehungen und Regelungen zwischen verschiedenen

Objekten gewährleisten die Qualität eines Bauwerkmodells (Borrmann et al., 2015).

Abbildung 2-3:MacLeamy-Kurve zur Beschreibung des Kosteneinflusses im Rahmen des ganzen Pro-

jektablaufs (Borrmann et al., 2015).

Infolge der Eigenschaften von BIM ist es vorteilhaft, im Lauf eines Bauprojektes die

BIM-Methode umzusetzen, insbesondere bei den Planungs- und Ausführungsphasen.

Die Kollisionsprüfung hilft bei der frühzeitigen Findung von Konflikten im Modell. Da

alle Zeichnungen direkt aus dem Bauwerkmodell abgeleitet werden, sind diese auto-

matisch miteinander widerspruchsfrei. Außerdem ermöglicht das BIM-Modell, die der

semantischen Informationen an weitere Berechnungs- und Simulationsprogramme

2 Stand der Technik 10

weiterzugeben. Infolgedessen wird die Arbeit zur Bauaufwandsermittlung, zur Simula-

tion und Überwachung des Bauablaufs, zur Koordination der Baustellenlogistik von

den Bauunternehmen erleichtert (Borrmann et al., 2015).

Des Weiteren hat das BIM-Modell das Potential, eventuelle hohe zusätzliche Kosten

im Projekt zu vermeiden. Im Gegensatz zur der traditionellen Planungsmethode benö-

tigt BIM-Modell höheren Informationsgehalt für die frühe Planungsphase. Zwar führt

es zu einer Vorverlagerung des Planungsaufwands, ermöglicht aber genauere Be-

obachtung in Bezug auf Kosten, Wirtschaftlichkeit und anderen Projektaspekten in den

frühen Planungsphasen (siehe Abbildung 2-3). Somit sind parallele Untersuchungen

von verschiedenen Entwurfsalternativen bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt mög-

lich. Als Folge können Entscheidungen früher getroffen werden und die Qualität der

Planung steigen (Borrmann et al., 2015; Egger et al., 2013).

Abbildung 2-4: Vier unterschiedliche technologische BIM-Stufen (Borrmann et al., 2015).

Für die Verwendung von BIM sind verschiedene technologische Stufen definiert, um

den Umstieg von der traditionellen auf die BIM-basierten Arbeitsweise schrittweise zu

schaffen. „Little bim“ bezeichnet die Verwendung einer einzelnen BIM-Software als In-

sellösung innerhalb einer Fachdisziplin. Die Kommunikation mit anderen Projektbetei-

ligten wird mit traditioneller Methode durchgeführt. „BIG BIM“, im Gegenteil dazu, be-

schreibt die durchgängige Kommunikation mithilfe von digitalen Modellen über ver-

schiedene Disziplinen und Lebenszyklusphasen. Wenn offene, herstellerneutrale Da-

tenformate bei dem Datenaustausch zwischen Softwareprogrammen von den ver-

2 Stand der Technik 11

schiedenen Herstellern eingesetzt werden, wird von „Open BIM“ gesprochen. Ande-

renfalls bedeutet „Closed BIM“ die BIM-Anwendungen zwischen Softwareprodukten

aus einem einzelnen Hersteller mit dem Datenaustausch durch proprietäre Datenfor-

mate. Der Zusammenhang zwischen die vier Stufen ist in Abbildung 2-4 dargestellt.

2.2.2 BIM – Entwicklung und Einführung

Weltweit spielt BIM eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Digitalisierung der

Baubranche. Viele Länder setzen sich bereits intensiv mit der Umsetzung der BIM-

Methode in die Praxis auseinander.

In den USA wird BIM seit mehreren Jahren erörtert. In 2003 hat der amerikanische

staatliche Auftraggeber General Services Administration (GSA) ein nationales 3D-4D-

BIM-Programm gestartet, um politische und technische Hilfestellungen für die BIM-

Umsetzung zu geben (GSA). Außerdem hat das National Institute of Building Sciences

(NIBS) 2007 die erste Version des National BIM Standards (NBIMS), welches aber

kein Konsensus-Standard ist, veröffentlicht. Dieses Dokument beschreibt hauptsäch-

lich die Entwicklung der BIM-Technologie. Seitdem hat die Akzeptanz der BIM-Me-

thode bei der Bauindustrie von 28% in 2007 bis hin zu 71% in 2012 zugenommen

(McGraw-Hill, 2013). In 2012 folgt die zweite Version, die der erste offene Konsensus-

BIM-Standard ist, und in 2015 die Version 3. Der National BIM Standard (NBIMS) be-

steht aus einer ganzen Reihe von BIM Referenzstandards, inklusive auch des Daten-

austauschformates (NIBS, 2015).

In Großbritannien ist BIM ein wichtiges und zentrales Thema in der Bauindustrie. Laut

der Baubranchestrategie, welche im Jahr 2011 veröffentlicht wurde, beabsichtigt die

Regierung die BIM-Methode von Seiten der öffentlichen Hand zu fördern, um die Ver-

schwendung und Ineffizienz des öffentlichen Bauprojekts zu beseitigen und die Kosten

der nationalen Bauprojekte zu reduzieren (CabinetOffice, 2011). Vor diesem Hinter-

grund ist die britische BIM Task Group gegründet. Ziel ist es, Objekte von der Strategie

zu unterstützen und die BIM-Fähigkeit vom Baugewerbe zu verstärken.

Vier BIM-Reifegradstufen sind folglich definiert: Level 0 bedeutet keine digitale Kolla-

boration. Planen ist mit konventionellem 2D-Form und Datenaustausch in Papierform.

Level 1 beinhaltet 3D konzeptionelle Arbeit, aber auch 2D Zeichnungen und Projektin-

formationen. Level 2 ist den ersten Schritt in die Richtung digitaler Kollaboration: Alle

Projektbeteiligte erstellen zwar noch ihre eigene 3D-Modelle, allerdings können diese

3D-Modelle durch ein gemeinsames Datenformat (wie z.B. IFC, COBie) ausgetauscht

2 Stand der Technik 12

werden. Diese Stufe ist auch das Mindestziel aus strategischer Sicht der Regierung,

nach welcher dieses Level bei der Planung und Umsetzung aller öffentlichen Bauvor-

haben seit 04. April 2016 erreicht werden muss (CabinetOffice, 2011). Schließlich be-

zeichnet Level 3 die Zusammenarbeit auf Basis von einer Datenplattform, in der alle

Projektbeteiligten die Modellinformationen durch bestimmte Methoden zugreifen und

bearbeiten können. Alle wesentlichen Koordinationsprozesse usw. sollen dann in die-

ser Umgebung laufen und müssen nicht aufwendig separat durchgeführt werden.

Das BIM-Mandat vom britischen Kabinett führt zu einer raschen Zunahme der BIM-

Implementierung. Nach einer Recherche vom National Building Specification (NBS) ist

der Anteil der BIM-Benutzer in 2016 zu 54% erzielt worden, im Vergleich mit in 2011

nur 13%, und 97% der Rechercheteilnehmer werden in fünf Jahren BIM-Methode in

ihren Projekten verwenden (NBS, 2016).

Zwar ist die deutsche Bauwirtschaft von Effizienz und hoher Qualität geprägt, jedoch

liegt die Einführung von BIM-Anwendung im Infrastrukturbereich an der Entwicklungs-

stufe. Als ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und

Stadtentwicklung (BMVBS) sind umfangreiche Recherchen und Analysen zu verschie-

denen BIM-Projekten sowie regionalen und internationalen BIM-Richtlinien, BIM-Leit-

fäden und BIM-Standards durchgeführt worden. Als Folge wurde 2013 ein BIM-Leitfa-

den für Deutschland veröffentlich, der allerdings keine verbindliche Richtlinie zur BIM-

Einführung ist, sondern in erster Linie die wichtigen Begrifflichkeiten über BIM und den

Überblick über den Zustand der BIM-Umsetzung im In- und Ausland zeigt. Die An-

wendbarkeit der BIM-Methode im Bereich Infrastrukturbau und die Verbesserungspo-

tenziale durch BIM finden sich auch im Leitfaden wieder. Darüber hinaus wurden die

Handlungsempfehlungen zur Erstellung einer verbindlichen BIM-Richtlinie für

Deutschland sowie Vorschläge für weitere begleitende Maßnahmen gegeben (Egger

et al., 2013).

Es fällt auf, dass es in den vergangenen Jahren in Deutschland häufig zeitliche Verzö-

gerung und Kostenüberschreitung bei Großprojekten gab. Angesichts dieser Tatsache

hat das ehemalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(BMVBS) 2013 die Reformkommission Bau von Großprojekt ins Leben gerufen. Die

Reformkommission besteht aus Experten von den wirtschaftlichen, wissenschaftlichen

und politischen Seiten. Ziel ist es, ausführliche Handlungsempfehlungen zu entwi-

2 Stand der Technik 13

ckeln, um Kostenwahrheit, Kostentransparenz, Effizienz und Termintreue bei Groß-

projekten zu verbessern und schwere Konflikte bei der Projekteinführung zu vermei-

den. Im Abschlussbericht der Reformkommission und danach kommendem Aktions-

plan wird festgestellt, dass die Digitalisierung des Planes und Bauens ein wesentlicher

Schlüssel für die Problemlösung ist. Der Auftraggeber soll zuerst ein umfassendes Do-

kument erstellen, das die reibungslose Ausführungsplanung für das gesamte Projekt

sowie andere zusätzlichen Informationen zu Kosten, Terminplan usw. beinhaltet, dann

mit dem Bau anfangen nach dem Leitsatz „Erst planen, dann bauen“. Die BIM-Methode

soll beim Großprojekt in zunehmendem Umfang angewandt werden. Damit der Akti-

onsplan mit allen Beteiligten umgesetzt werden kann, ist die Gesellschaft „planen-

bauen 4.0“ als Wegbereiterin bei der Einführung von BIM gegründet worden. Gleich-

zeitig soll die BIM-Methode in vier Pilotprojekten, zwei Straßenbauprojekten (Brücke

Petersdorfer See und Brücke Auenbachtal) und zwei Bahnprojekten (Tunnel Rastatt

und Brücke Filstal), zusammen mit den Auftraggebern DEGES und DB AG erprobt

werden (BMVI, 2015).

Um die Handlungsempfehlungen von der Reformkommission umzusetzen und Erfah-

rungen für die BIM-Anwendungen zu sammeln, ist 2015 ein Stufenplan zur Einführung

von BIM vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vorge-

legt worden (siehe Abbildung 2-5). Der Stufenplan erklärt, an welche Anforderungen

sich die Beteiligten der Wertschöpfungskette Planen, Bauen und Betreiben anpassen

müssen. Dafür beschreibt das Leistungsniveau 1 die Mindestanforderungen (BMVI,

2017):

1. Der Auftraggeber hat in seinen „Auftraggeber-Informations-Anforderungen“

(AIA) genau festzulegen, welche Daten er wann benötigt.

2. Alle zu erbringenden Leistungen sind auf der Grundlage fachmodellbasierten

Arbeitens in digitaler Form zu liefern

3. In der Ausschreibung sind herstellerneutrale Datenformate zu fordern, um den

Datenaustausch zu ermöglichen.

4. BIM ist als anzuwendendes Planungsinstrument in den Vertrag aufzunehmen.

5. Abläufe, Schnittstellen, Interaktionen sowie die genutzten Technologien sind in

einem sogenannten „BIM-Abwicklungsplan“ (BAP) zu definieren.

6. Es ist eine „Gemeinsame Datenumgebung“ zur organisierten Aufbewahrung

und zum verlustfreien Austausch der im Planungs- und Bauprozess erzeugten

Daten zu schaffen.

2 Stand der Technik 14

Ziel des Stufenplans ist die schrittweise Einführung der BIM-Methode im Rahmen des

Zuständigkeitsbereichs von BMVI. Daraus ergibt sich drei Einführungsstufen.

Die erste Stufe wird als Vorbereitungsphase angesehen. Auf Basis der ersten Erfah-

rungen sind Maßnahmen zur Standardisierung initiiert und weitere Handlungsempfeh-

lungen ausgearbeitet. In der zweiten Stufe sollen die vier von Reformkommission fest-

gelegten Pilotprojekte erweitert werden, um Erfahrungen über Planungs- und Baupha-

sen sammeln zu können. Die neu erweiterten Pilotprojekte sollten dann bereits das

Leistungsniveau 1 erreichen. Ab 2020 startet die dritten Stufe, in welcher die Anwen-

dung von BIM in den Projekten der öffentlichen Hand verpflichtend ist. Die öffentlichen

Auftraggeber im Zuständigkeitsbereich des BMVI müssen in der Lage sein, die im Leis-

tungsniveau 1 beschriebenen Anforderungen in Neuschreibungen von Planungs- und

Ausführungsphasen anzuwenden (BMVI, 2015a).

Abbildung 2-5: Schematische Darstellung des Stufenplans (BMVI, 2015a).

Laut dem ersten Fortschrittsbericht des Stufenplans sind viele positive Ergebnisse bei

der Vorbereitungsphase erzielt worden. Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass die

Erstellung einer sehr komplexen Modellstruktur inklusive der Verknüpfung von Termi-

nen und Leistungsverzeichnissen möglich ist. Mithilfe der virtuellen Bauablaufsimula-

tionen ergaben sich positive Effekte bei der Analyse der Terminplanfortschreibung.

Durch die Verknüpfung mit dem 4D-Modell und deren Rückmeldung konnte eine mo-

natliche Leistungsmeldung erfolgen. Weiterhin durch die nachträgliche 5D-Modellie-

rung konnten die Hauptmassen der Materialmenge, Terminabläufe und Kosten plausi-

bilisiert werden. Die in den Pilotenprojekten verwendeten BIM-Technologien waren in

den meisten Fällen gut anwendbar (BMVI, 2017).

2 Stand der Technik 15

Für die zweite Stufe sollen weitere Pilotprojekte ins Leben gerufen werden (siehe Ab-

bildung 2-6, Details siehe Anhang). Daraufhin sollen weiterführende Erfahrungen und

Erkenntnisse von BIM in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße gewonnen

werden. Ein wichtiges Ziel von der erweiterten Pilotphase ist der Aufbau der BIM-Fä-

higkeit bei den Auftragnehmern im Infrastrukturbereich. Hierfür sind Leitfäden, Muster

und Handreichungen für die Ausschreibung, Steuerung, Prüfung und Abnahme von

BIM-Leistungen notwendig, die BIM-Lastenhefte inklusiv Auftraggeber-Informations-

Anforderungen (AIA), Vorlagen für BIM-Projektabwicklungspläne (BAP), Muster für

Vergabeunterlagen sowie Musterverträge und Vertragsmodule enthalten sind (BMVI,

2017). Die AIA ist eine Informationsübersicht, in der alle vom Auftraggeber benötigten

Daten genau festgelegt werden. Ein BAP sollte vor dem Projektbeginn allgemeine

BIM-Ziele, BIM-Anwendungen, BIM-Rollen und Verantwortlichkeiten, BIM-Zusammen-

arbeitsstrategie, BIM-Datenübergaben, BIM-Softwareauswahl sowie BIM-Qualitäts-

management definieren (Egger et al., 2013).

Abbildung 2-6: Umsetzung BIM Stufenplan - erweiterte Pilotphase (Stand 05.2017) (STRABAG).

Die DB Netz AG hat am 5. Oktober 2016 eine Finanzierungsvereinbarung für 13 wei-

tere Pilotprojekte festgelegt, bei denen BIM angewendet wird. Der Bund wird in die

Pilotprojekte rund 20 Millionen Euro investieren und die DB dafür rund 9 Millionen. Das

BMVI und die WSV haben auch vernünftige Straßenbauprojekte und ein Wasserstra-

ßenprojekt als Pilotprojekte für die zweite Stufe ausgewählt (BMVI, 2017).

2 Stand der Technik 16

Die einheitlichen und konsistent angewandten Prozesse und Regeln zur Erstellung,

Weitergabe, Nutzung sowie Verwaltung der digitalen Daten können gemeinschaftli-

ches Arbeiten und erfolgreiche Koordination gewährleisten. Demzufolge haben die In-

ternational Organisation for Standardisation (ISO) und das European Committee for

Standarization (CEN) die Erarbeitung von BIM-Standards vorangetrieben (BMVI,

2017).

Abbildung 2-7:BIM-Gremien - ISO, CEN, DIN und VDI (Stand: 2016-11-02) (VDI, 2017).

Auf nationaler Ebene besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen

Institut für Normung (DIN) mit seinem Arbeitsausschuss „Building Information Mode-

ling (BIM)“ (NA 005-01-39 AA), welcher die internationalen und europäischen Aktivitä-

ten einspiegelt und deutsche Interessen vertritt, und dem Verein Deutscher Ingenieure

(VDI) mit seinem Koordinierungskreis BIM, der zurzeit die BIM-Richtlinie VDI 2552 er-

arbeitet (siehe Abbildung 2-7).

Der DIN-Arbeitsausschuss NA 005-01-39 AA „Building Information Modeling“, der am

1. April 2015 gegründet wurde, ist ein Spiegelausschuss zu ISO/TC 59/SC 13 „Orga-

nisation von Informationen über die Durchführung von Hoch- und Tiefbauten" und

CEN/TC 442 „Building Information Modeling“. Zum Arbeitsausschuss gehören 4 unter-

geordnete Arbeitskreise, die für unterschiedliche Bereiche von der Erstellung der um-

fangreichen BIM-Normen zuständig sind. Bis Mai 2017 sind bereits zwei Normen ver-

öffentlicht worden, während gleichzeitig mehrere Norm-Entwürfe in Bearbeitung sind

(DIN, 2017). Die Abbildung 2-8 stellt die Struktur des Arbeitsausschusses NA 005-01-

39-AA dar.

Abbildung 2-8: Struktur Arbeitskreise von NA 005-01-39.

2 Stand der Technik 17

Der VDI hat seit 2014 die Arbeit an den ersten VDI-Richtlinienprojekten zum Thema

BIM durchgeführt. Als ersten Schritt wurden folgende Richtlinienprojekte identifiziert:

VDI 2552 Blatt 1 „BIM – Rahmenrichtlinie“

VDI 2552 Blatt 2 „BIM – Begriffe und Definitionen“

VDI 2552 Blatt 3 „BIM – Mengen und Controlling“

VDI 2552 Blatt 4 „BIM – Modellinhalte und Datenaustausch“

VDI 2552 Blatt 5 „BIM – Datenmanagement“

VDI 2552 Blatt 6 „BIM – Facility-Management“

VDI 2552 Blatt 7 „BIM – Prozesse“

VDI 2552 Blatt 8 „BIM – Qualifikationen“

VDI 2552 Blatt 9 „BIM – Klassifikationen“

Die Richtlinie VDI Blatt 3 wurde schon im Januar 2017 als Entwurf veröffentlicht. Das

Blatt 5 wurde als Entwurf verabschiedet und kann kommentiert werden. Die anderen

Richtlinien sowie weiteren Themen befinden sich in Bearbeitung und Vorbereitung

(VDI, 2017).

2.3 IFC Standard

2.3.1 Hintergrund

Um die BIM-Anwendungen durchzuführen, spielt die Integration von den Anwendungs-

softwaresystemen eine entscheidende Rolle. Momentan im Markt existieren zahlreiche

Anwendungssoftwareprogramme für unterschiedliche Projektphasen. Dabei tritt der

Produktdatenaustausch zwischen den verschiedenen Softwareprogrammen in den

Vordergrund. Er erfolgt entweder durch eine systemspezifische Kopplung oder durch

den Zugriff auf eine einheitliche systemneutrale Produktdatenbasis (Reiner & Dietmar,

2000).

Aus dem in Abbildung 2-9 dargestellten Verhältnis wird aufgezeigt, dass die Anzahl

der Schnittstellen bei dem Datenaustausch über die systemneutrale Produktdatenba-

sis im Vergleich zu dem systemspezifischen Datenaustausch stark reduziert wird.

Zur Berechnung der benötigen Schnittstellen für die zwei oben genannten Datenaus-

tauschmethoden gelten die folgenden Formeln:

für den Fall systemspezifischer Schnittstellen: n*(n-1),

für den Fall neutraler Schnittstellen: 2*n,

2 Stand der Technik 18

wobei n die Zahl der zu verknüpfenden Systeme ist (Reiner & Dietmar, 2000).

Abbildung 2-9: Informationsaustausch über systemspezifische Schnittstelle und systemneutrale

Schnittstelle (Reiner & Dietmar, 2000).

Aufgrund dieses wesentlichen Vorteils des neutralen Datenaustauschformats haben

sich viele Interessengruppen um eine Standardisierung im Bausektor bemüht. Im Jahr

1995 gründete der Softwarehersteller Autodesk eine private Allianz von zwölf Unter-

nehmen, um die Entwicklung eines neutralen Datenaustauschformats zwischen den

verschiedenen Softwareprogrammen voranzutreiben. Nach einjähriger Arbeit wurde

die Internationale Allianz für Interoperabilität (IAI) am 16. Mai 1996 in London bei einer

Sitzung mit den Vertretern aus Nordamerika, Europa und Asien gegründet. Am 11.

Januar 2008 änderte die IAI ihren Namen in buildingSMART, um das Prinzip und die

Ziele der Organisation besser zu reflektieren. BuildingSMART ist derzeit nach Region

oder Sprachraum in 18 Verbände aufgegliedert (buildingSMART, 2017a).

Um einen Standard über den Datenaustausch von digitalen Gebäudemodellen zwi-

schen zahlreichen Softwareprogrammen aufzubauen, wurde im Jahr 1997 eine erste

Version als „Industry Foundation Class (IFC)“ veröffentlicht. Seitdem ist dieser Stan-

dard schnell erweitert und weiterentwickelt worden. Die neueste veröffentlichte Version

vom IFC-Standard ist IFC 4.1. Nach wie vor bleibt jede Version vom IFC-Standard

kostenlos, herstellerneutral und frei zugänglich, wie es in den Organisationsprinzipien

aufgeschrieben wurde. Diese Offenheit führt zur weitergehenden Aufnahme des Stan-

dards von Softwareherstellern. Zurzeit ergeben sich über 200 Softwareprogramme, die

die Unterstützung und Implementierung vom IFC-Standard in ihrer jeweiligen Software

behaupten (Stand Mitte 2017). Diese Softwareprogramme sind sehr umfangreich spe-

zialisiert, angefangen von Modellierungswerkzeugen, über Software für statistische

2 Stand der Technik 19

Analysierung und Simulation bis hin zu den Programmen für das Facility Management,

nämlich über den ganzen Lebenszyklus des Projekts (Borrmann et al., 2015).

Derzeit wird vor allem die Entwicklung des IFC-Standards auf die Beschreibung des

Hochbaus fokussiert. Erweiterungen für die Infrastruktur wie zum Beispiel IFC-Align-

ment, IFC-Road und IFC-Bridge befinden sich auch in der Bearbeitung (Borrmann et

al., 2015).

2.3.2 Datenschema

Das IFC-Datenformat ist ein wesentliches Fundament für die Umsetzung von Open

BIG BIM. Es beinhaltet umfassende semantische und geometrische Beschreibung ei-

nes Gebäudemodells und entsprechend relevante Informationen. Infolgedessen wird

es in mehrere Schichten aufgegliedert. Das Grundprinzip dieser Hierarchie ist es, dass

die Elemente der weiter untenliegenden Schichten nicht auf die Elemente der weiter

obenliegenden Schichten verweisen dürfen (Borrmann et al., 2015).

Abbildung 2-10: Die Schichten des IFC-Datenformats (buildingSMART, 2017b).

2 Stand der Technik 20

Die ausführliche Aufteilung der Schichten von IFC-Datenmodell wird in Abbildung 2-10

dargestellt. Es gibt insgesamt vier Schichten: Domain Layer, Interoperability Layer,

Core Layer und Resource Layer. Die höchste Schicht Domain Layer enthält Schemata

mit den Definitionen von Entitäten, die zur Spezialisierung von Produkten, Prozessen

oder Ressourcen für eine bestimmte Disziplin dienen. Die Klassen vom Domain Layer

können nicht von einer anderen Schicht oder Disziplin referenziert werden.

Der Interoperability Layer wird als Zwischenebene zwischen dem fundamentalen Kern

und den domänenspezifischen Schemata betrachtet. Die Klassen und Definitionen in-

nerhalb dieser Schicht werden typischerweise für den internen Austausch und das Tei-

len von Konstruktionsinformationen verwendet.

Im Core Layer befinden sich die grundlegendsten Klassen des Datenmodells, die von

allen obenliegenden Schichten referenziert werden können. Alle Entitäten, die in die-

sem Core Layer oder höheren Layer definiert sind, beinhalten ein Globally Unique ID

(GUID) und eventuelle zugehörige Eigentümer- und Verlaufsinformationen. Zu diesem

Core Layer gehören noch drei Erweiterungsschemata: Product Extension, Process Ex-

tension und Control Extension.

Auf der untersten Schicht, Resource Layer, ergeben sich alle einzelnen Schemata mit

den Definitionen von Ressourcen. Die Klassen dieser Ebene verfügen kein GUID und

können folglich nicht selbstständig zur Definition in einer höheren Schicht verwendet

werden (Borrmann et al., 2015; buildingSMART, 2017b).

2.3.3 IFC-Alignment

Ein umfassendes neutrales Datenmodell, das sowohl semantische als auch geometri-

sche Aspekte vom Projekt repräsentieren kann, ist heutzutage sehr wichtig und not-

wendig für den Datenaustausch im Rahmen der Planung, Bauausführung und Instand-

haltung eines Straßen-, Schienen- oder anderen linienförmigen Infrastrukturprojekts.

Ein wichtigster Teil davon ist die Achse (Alignment). Das Bauen von Straßen, Schie-

nenbahn, Tunnel, Wasserstraßen, Brücken und Stromleitungen hängt stark von der

Achse ab. Daher ist die korrekte und eindeutige Definition der Achsendaten für jeden

offenen Datenstandard entscheidend (buildingSMART, 2015).

Aus diesem Grund hat buildingSMART in Kooperation mit Open Geospatial Consor-

tium (OGC) ein Projekt „P6 IFC Alignment“ eingerichtet, um die Funktionalität zur Dar-

stellung der wichtigen Informationen der Achse in IFC-Datenformat zu realisieren und

2 Stand der Technik 21

zu verbessern. Das Hauptziel dieses Projekts ist die Erweiterung von IFC4, um se-

mantische und geometrische Informationen von der Achse beschreiben zu können.

Diese zu entwickelnde Definition der Achse wird auch in anderen Erweiterungen von

IFC4 verwendet, wie z.B. IFC-Road, IFC-Bridge (buildingSMART, 2015).

Als Ergebnis des Projekts wurde eine einzelne Achse als eine nicht verzweigende,

kontinuierliche Achse mit einzelner Lage definiert. Aus verschiedenen Achsen kann

ein Achsen-System gruppiert werden. Ebenfalls können zwei Achsen miteinander ge-

koppelt werden (buildingSMART, 2015a).

Eine Achse könnte auf drei unterschiedlichen Weise zusammengesetzt werden:

Eine Achse, eine Gradiente und eine generierte 3D-Raumkurve

Eine Achse und eine Gradiente

Eine Achse

Die Abbildung 2-11 zeigt die Gliederung der Achse im Format IFC-Alignment. Hervor-

zuheben ist, dass das 3D-Alignment nur ein Vorentwurf war und ist zurzeit nicht mehr

im Endschema inkludiert.

Abbildung 2-11: Allgemeine Struktur der Achseninformation (buildingSMART, 2015a).

Die Achse und die Gradiente werden durch Segmente definiert, die auf der Weise

„End-to-Start“ verbunden sind. Eine einzelne Achse kann gleichzeitig von mehreren

Gradienten geteilt werden. Die Segmenttypen und im Segment enthaltenen Informati-

onen der Achse und Gradiente werden in Tabelle 2-1 dargestellt (buildingSMART,

2015a).

2 Stand der Technik 22

Tabelle 2-1: List der Segmenttypen und Informationen der Achse und Gradiente (buildingSMART,

2015a).

Achse Gradiente

Segmenttypen

Liniensegment Liniensegment

Kreisbogensegment Kreisbogensegment

Übergangskurvensegment Parabelbogensegment

Nicht redun-

dante Informa-

tionen

Startpunkt Startpunkt

Startrichtung Startrichtung

SegmentlängeHorizontale Länge entlang des

Segments

Kurvenparameter Kurvenparameter

Aufgrund dem „Infrastructure IFC Extension Program 2017 – 2019“ wird der IFC-Stan-

dard für die Infrastruktur weiterentwickelt, welches ein wesentlicher Teil der IFC5-Ent-

wicklung ist. IFC-Rail, IFC-Road, IFC-Bridge, IFC Tunnel sowie IFC-Maritime werden

auf Basis der vorhandenen Open BIM Standards (IFC4, IFC-Alignment 1.0 / 1.1 und

IFC Overall Architecture Guidelines ducument) mit den gemeinsamen Definitionen und

anwendungsspezifischen Erweiterungen untersucht (siehe Abbildung 2-12).

Abbildung 2-12: Struktur IFC Extension for Infrastructure (InfraRoom, 2017).

3 BIM-basierte Arbeitsweise 23

Im Rahmen dieser Arbeit ist die BIM-basierte Arbeitsweise im Verkehrswegebau zu

untersuchen. In der Kooperation mit der Ed. Züblin AG wird für die Untersuchung ein

Autobahnprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10 / A 24 – AS Neuruppin bis AD Pankow“

als Beispielprojekt herangezogen. Alle in dieser Arbeit enthaltenen Untersuchungen

basieren auf diesem Beispielprojekt.

Grundsätzlich kann die zu untersuchende BIM-basierte Arbeitsweise in zwei Teile auf-

geteilt werden. Der erste Teil ist das 3D-Modellieren auf Basis von den vorhandenen

Planungsdateien. Anschließend sind die Terminplanungen und Mengenermittlungen

(5D-Anwendungen) im Rahmen vom erstellten 3D-Modell durchzuführen. Die Abbil-

dung 3-1 zeigt die Struktur der zu untersuchenden Arbeitsweisen an.

Abbildung 3-1: zwei BIM-basierte Arbeitsweisen A und B.

In diesem Kapitel werden zwei unterschiedlichen BIM-basierten Arbeitsweisen (Ar-

beitsweise A und B) vorgestellt. Die Arbeitsweise A basiert auf der Datenübertragung,

die ohne Verwendung vom IFC-Dateiformat durchgeführt wird. Im Gegensatz dazu ist

die Arbeitsweise B mit IFC-basierter Datenübertragung eingerichtet. Die Arbeitsweise

A erfolgt durch die softwareabhängige Datenübertragung, welche Closed BIG BIM ent-

spricht. Im Gegenteil dazu wird die Arbeitsweise B durch die softwareneutrale Daten-

übertragung realisiert, die ein Kennzeichen von Open BIG BIM ist. In den folgenden

Abschnitten 3.2 und 3.3 werden ausführliche Darstellungen für die beiden Arbeitswei-

sen vorgelegt. Außerdem werden die in der jeweiligen Arbeitsweise verwendeten Soft-

wareprogramme kurz vorgestellt.

3 BIM-basierte Arbeitsweise

3 BIM-basierte Arbeitsweise 24

3.1 Beispielprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10 / A 24“

Die Bundesautobahnen A 10 und A 24 sind Teil des transeuropäischen Verkehrsnet-

zes und übernehmen eine großräumige, überregionale und grenzüberschreitende Ver-

bindungsfunktion zwischen den aus nördlicher, südlicher, östlicher und westlicher

Richtungen mit dem Berliner Ring verbundenen Autobahnen sowie dem Norden

Deutschlands und Europas. Laut Straßenverkehrsprognose 2025 für das Land Bran-

denburg wird sich die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke auf der Autobahn A 10

zwischen dem AD Havelland und dem AD Pankow und auf der Autobahn A 24 zwi-

schen der AS Neuruppin und dem AD Havelland in unterschiedlichem Maße erhöht.

Demzufolge beabsichtigt die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Land

Brandenburg und die DEGES, Erneuerung und Ausbau bei den beiden Strecken aus-

zuführen (DEGES, 2015).

Abbildung 3-2: Streckenübersicht (Schematische Darstellung) Verfügbarkeitsmodell A 10 / A 24

(DEGES, 2015).

Das ganze Projekt besteht hauptsächlich aus drei Teile:

Sechs-streifiger Ausbau eines ca. 29,6 km langen Streckenabschnittes der A

10 zwischen dem AD Havelland und dem AD Pankow

Grundhafte Erneuerung eines ca. 29,2 km langen Streckenabschnittes der A 24

zwischen der AS Neuruppin und dem AD Kremmen

3 BIM-basierte Arbeitsweise 25

Erhaltung und Betrieb eines ca. 64,2 km langen Streckenabschnittes der A 10

und A 24 zwischen der AS Neuruppin und dem AD Pankow

In der Abbildung 3-2 ist der Streckenzuschnitt mit der Abgrenzung von Erneuerung-,

Ausbau-, Erhaltung- und Betriebsstrecke dargestellt. Innerhalb der angeforderten Leis-

tungen des Projekts liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit in der Angebotsbearbeitung

auf Basis der Genehmigung- und Referenzplanung. In Rahmen dieser Arbeit ist nur

der Bauabschnitt 10.4 von km 184+350 bis km 187+135 auf der Autobahn A 10 unter

Berücksichtigung. Die anderen in diesem Bereich liegenden Nebenstraßen sowie Ein-

und Ausfädelungsstreifen vom AD Pankow werden auch im 3D-Modell dargestellt.

Darüber hinaus gibt es in diesem Bauabschnitt noch drei Brückenbauwerke. Als Bei-

spiel wird eines dieser Brückenbauwerke in das Autobahnmodell integriert.

3.2 Arbeitsweise A: non-IFC-basierter Arbeitsablauf

Die in diesem Abschnitt angezeigte Arbeitsweise A folgt grundsätzlich dem häufig bei

der Ed. Züblin AG verwendeten Arbeitsprozess. Eine wichtige Rolle spielt das

CPIXML-Austauschformat, welcher eine Basis für die Projektarbeit mit der Software

RIB iTWO ist. Detaillierte Informationen werden im Abschnitt 3.2.2.3 und Abschnitt

3.2.3.2 gegeben.

3.2.1 Darstellung des Arbeitsablaufs

Als ersten Schritt ist ein detailliertes 3D-Modell zu erstellen. Die benötigen Grundlagen

zur Modellierung sind denen im herkömmlichen 2D-basierten Straßenentwurf iden-

tisch. Primäre Aufgabe ist es, das digitale Geländemodell an das zu planende Gebiet

anzupassen. Auf dieser Basis kann dann der Trassenverlauf im Lageplan und Höhen-

plan modelliert werden. Nachdem die Trassierung fertiggestellt ist, erfolgt der Quer-

schnittentwurf je nach Querschnittplänen an verschiedenen Stellen, weil der Straßen-

querschnitt entlang dem Trassenverlauf variiert. Alle oben genannten Planungsschritte

werden in der Verkehrsplanungssoftware ProVI realisiert. Als Ergebnis wird ein 3D-

Modell erfolgreich erstellt. Ausführlich wird es zudem im Anschnitt 3.2.3.1 dargestellt.

Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung ProVI das erstellte 3D-Modell in einer

proprietären Datenbank gespeichert wird. Zur Präsentation des 3D-Modells gibt es

verschiedene Datenformate ja nach Verwendungszweig.

Um die 5D-Anwendungen, wie Terminplanung und Mengenermittlung, durchführen zu

können, ist das erzeugte 3D-Modell aus ProVI zu exportieren. In der Arbeitsweise A

3 BIM-basierte Arbeitsweise 26

kommt beim Exportieren das CPIXML-Datenaustauschformat zum Einsatz. Es ist eine

Basis für die modellorientierte Arbeit in der Software RIB iTWO. Das CPIXML-Format

wird im Abschnitt 3.2.2.3 im Detail vorgestellt.

Die Mengen der verschiedenen Materialen im Trassenkörper sowie Erdbaumengen

sind nach Positionen im Leistungsverzeichnis zu ermitteln. Anschließend wird das 3D-

Modell stückweise mit den geplanten Ausführungszeiträumen eingerichtet. Auf dieser

Weise wird ein Terminplan für die Ausführungsphase erstellt. Die 5D-Anwendungen

sind im Abschnitt 3.2.3.2 und Anschnitt 3.2.3.3 vorzustellen.

Die Abbildung 3-3 zeigt die Abläufe und die Datenübertragung der zu untersuchenden

Arbeitsweisen A und B. Die Arbeitsweise B wird im Abschnitt 3.3 vorgestellt.

Abbildung 3-3: Diagramm der Arbeitsabläufe A und B.

Darüber hinaus kann das 3D-Modell in ProVI auch als Zeichnungsdateiformat DWG in

Form von 3D-Zeichnungen exportiert werden. Zusammen mit einem vorhandenen Brü-

ckenbauwerkmodell wird die DWG-Datei in die Software AutoCAD Civil 3D integriert.

Die Böschungen bei den Anschlussstellen zwischen freie Strecke und Brückenbau-

werk werden neu modelliert. Letztendlich kann das neue 3D-Modell als Visualisierung

des Bauwerks und der Fahrbahn im realen Fall dienen.

3.2.2 Verwendete Software

In Rahmen dieser Arbeitsweise werden drei Softwareprogramme für die unterschied-

lichen Arbeitsschritte verwendet: AutoCAD Civil 3D, ProVI und RIB iTWO. Die Soft-

wareprogramme werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 27

3.2.2.1 AutoCAD Civil 3D

Die Software AutoCAD Civil 3D ist ein Produkt vom Softwarehersteller Autodesk mit

einer BIM-Unterstützung für die Tief- und Infrastrukturbauplanung. Sie verfügt über die

komplette Funktionalität von AutoCAD, erweitert um neue Werkzeuge nach den pro-

fessionellen Bedürfnissen vom Tief- und Infrastrukturbau, wie z.B. die Funktionen für

Trassenplanung, digitales Geländemodell, Baugruben, Wassertropfenanalyse usw.

Das Programm kann nicht nur für die 3D-Modellierung verwendet werden, sondern

bietet auch weitere Lösungen für Vermessung, Entwurf, Analyse und Dokumentation

an. Diese Disziplinen sollen von der Software stark unterstützt werden, um die Pro-

duktivität und Qualität des Entwurfs schließlich deutlich zu erhöhen. Alle Projektbetei-

ligten können in AutoCAD Civil 3D in einem gemeinsamen Modell arbeiten, sodass sie

in alle Projektphasen konsistent bleiben können.

In dieser Arbeit wird AutoCAD Civil 3D 2017 mit Servicepack SP 1.1 und ein Plug-in

DACH Extension verwendet. In der DACH Extension sind Erweiterungsfunktionen und

Entwurfsvorlagen für den deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und die

Schweiz) vorhanden. Zusätzliche Schnittstelle für den Datenaustausch zwischen Au-

toCAD Civil 3D und anderen Softwareprogrammen ergeben sich auch durch die DACH

Extension, wie z.B. das REB- und OKSTRA-Datenaustauschformat.

Die relevante Funktion von AutoCAD Civil 3D im Rahmen dieser Arbeit ist die Erstel-

lung und Bearbeitung des digitalen Geländemodells (DGM). In AutoCAD Civil 3D kann

ein DGM durch eine Kombination aus Punkten, Bruchkanten, Begrenzungen und Hö-

henlinien erstellt werden oder von außen importiert werden. Die Software unterstützt

verschiedene Typen von DGMs: Triangulierte DGMs, Raster-DGMs, Trianguliertes

Mengenmodell, Mengenberechnung mittels Raster und 3D-Profilkörper-DGMs

(Autodesk). Bei dem in dieser Arbeit verwendeten Modell kommt das triangulierte DGM

zum Einsatz, welches durch die Triangulation eines willkürlichen Punktsatzes erzeugt

wird. Für die Darstellung des DGMs stehen auch unterschiedliche DGM-Stile zur Ver-

fügung. Die DGM-Stile können vom Benutzer selbst definiert werden. Es wird eine

Zeichnungsvorlage für Deutschland benutzt, da zahlreiche DGM-Stile bereits in der

Vorlage vordefiniert sind. Zu den DGM-Bearbeitungsfunktionen gehören Funktionen

wie z.B. Punkte zu ändern, Linie zu lösen, Kante umzudrehen usw. (siehe Abbildung

3-4). Die großen DGMs können mit Hilfe von Regeln vereinfacht werden. Zu beachten

ist, dass ein trianguliertes DGM in AutoCAD Civil 3D über alle Bearbeitungsfunktionen

3 BIM-basierte Arbeitsweise 28

verfügt, wobei die anderen DGM-Typen nur begrenzt oder überhaupt nicht bearbeitet

werden können. Daher bringt die Verwendung von triangulierten DGMs große Vorteile

mit sich und zeigt sich in unserer Arbeitsweise als die beste Wahl.

Abbildung 3-4: Erstellung- und Bearbeitungsoperationen vom DGM in AutoCAD Civil 3D (Autodesk).

Zwar sind die Trassenplanung und der Querprofilentwurf in AutoCAD Civil 3D möglich,

fehlt die Schnittstelle für den Export der CPIXML-Datei, was eine Voraussetzung für

die BIM-Anwendungen in dieser Arbeitsweise ist. Infolgedessen erfolgt der Straßen-

entwurf im Rahmen dieser Arbeitsweise in der Software ProVI.

3.2.2.2 ProVI

Die Software ProVI (Programmsystem für Verkehrs- und Infrastrukturplanung) ist eine

von OBERMEYER Planen + Beraten GmbH entwickelte Trassierungssoftware für die

Bereiche Straße, Schiene und Kanal. Das Programm enthält Funktionen für alle Pla-

nungsaufgaben mithilfe von Modulen für Vermessung, Geländemodell, Achs- und Gra-

dienten-Entwurf, Trassendesign, Entwässerung, Massenberechnung, Schleppkurven

und Grunderwerb. ProVI ist seit Jahren weltweit und in Deutschland bei vielen größe-

ren und kleineren Ingenieurbüros verwendet (OBERMEYER).

ProVI ist kein eigenständiges Programm, sondern basiert es auf AutoCAD und

BricsCAD. Die Voraussetzung der Verwendung von ProVI ist die erfolgreiche Installa-

tion von AutoCAD oder BricsCAD. Neben den ProVI-spezifischen Funktionen können

zur Visualisierung und zum Entwurf der Planungsdaten sämtliche Funktionalitäten der

CAD-Systeme uneingeschränkt genutzt werden. In dieser Arbeitsweise wird ProVI

Version 5.5 verwendet.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 29

Ein wesentliches Merkmal von ProVI ist, dass alle Projektdaten (z.B. Achsen, Gradi-

enten, Querprofile usw.) in einer eigenen ProVI-Datenbank gespeichert werden. Die

Daten können als Elemente im AutoCAD gezeichnet werden. Allerdings ist eine Rück-

kopplung nicht möglich. Werden Elemente in der Zeichnung mit AutoCAD-Befehlen

geändert, kann keine Datenveränderung in den Dateien aus ProVI vorgenommen wer-

den. Deshalb sollten alle Bearbeitungen mit Hilfe der ProVI-Funktionen durchgeführt

werden (OBERMEYER).

In ProVI werden die Daten im ASCII-Format geschrieben und mithilfe einer Datenbank

verwaltet. Bevor ein Projekt startet, muss der Datenbanktyp festgestellt und ausge-

wählt werden. Es gibt insgesamt zwei Datenbanktypen in ProVI: Access- und SQL-

Datenbanken. Die Access-Datenbank ist für kleinere Projekte und Projektteams im lo-

kalen Netzwerk geeignet. Sie besteht nur aus einer Access-Datei und ist sehr einfach

zu kopieren oder zu verschieben. Maximal fünf Benutzer können gleichzeitig auf eine

Access-Datenbank zugreifen und auch die Datenbankgröße ist begrenzt. Im Gegen-

satz dazu eignet sich die SQL-Datenbank für alle Arten von Projekten, insbesondere

für die größeren Projekte. In diesem Fall können Benutzer ortsübergreifend im Netz-

werk zusammenarbeiten und die Datenbankgröße ist unbegrenzt. Allerdings muss als

Voraussetzung der Microsoft SQL Server installiert sein. Das Kopieren oder Verschie-

ben von Datenbanken ist komplizierter (OBERMEYER). In Rahmen dieser Arbeit wird

die Access-Datenbank verwendet. Diese könnte bei Bedarf jederzeit in die SQL-Da-

tenbank konvertiert werden.

Abbildung 3-5: ProVI Projektansicht (OBERMEYER).

3 BIM-basierte Arbeitsweise 30

In ProVI werden alle Projektdaten in der Projektansicht hierarchisch angezeigt (siehe

Abbildung 3-5). Zwischen den im Lauf der Planung erstellten Daten bestehen verschie-

dene Abhängigkeiten (OBERMEYER). Tritt an einer Stelle eine Änderung auf, bietet

ProVI die Möglichkeit an, die entsprechenden Änderungen für die Teile, die Abhängig-

keiten mit dem geänderten Teil haben, automatisch umzusetzen. Wie z.B. wenn eine

Achse in der Lage geändert wird, wird der zu dieser Achse gehörte Längsschnitt auto-

matisch neu erstellt.

Es gibt in ProVI zahlreiche Import-/Exportschnittstellen und Konvertierungsfunktionen,

mit denen die Datenübertragung zwischen ProVI und anderen Softwareprogrammen

durchgeführt werden kann. Relevant für die Umsetzung der Arbeitsweise A ist die

LandXML-Import-Schnittstelle, mit der ein bearbeitetes Geländemodell importiert wer-

den kann, die Konvertierung für die Achse und Gradiente, mit der die vorhandenen

Achse-Datei und Gradiente-Datei in die Projektdatenbank übergenommen werden

können, und die iTWO-Schnittstelle, wo eine CPIXML-Datei mit den Masseninformati-

onen als zusätzlichen Attributen erzeugt werden kann. Die CPIXML-Datei dient als

Verknüpfung vom 3D-Modellieren zur 5D-Anwendung und daher spielt diese eine be-

deutende Rolle in dieser Arbeitsweise.

3.2.2.3 RIB iTWO

Das Softwareunternehmen RIB Software SE ist ein der größten Softwareanbieter im

Bereich der ERP-Lösungen (Enterprise-Ressource-Planning) für das Bauwesen. In

den 1990er Jahren hat RIB mit der fachlichen Unterstützung von den großen deut-

schen Baukonzernen ein Vorgängerprodukt ARRIBA für AVA, Kalkulation und Bauma-

nagement entwickelt. Im Jahr 2009 ist die neue RIB iTWO auf den deutschen Markt

gekommen, die als ein Nachfolgeprodukt für ARRIBA mit der Erweiterung von den

maßgeblichen Funktionen im grafischen und baubetrieblichen Umfeld entwickelt

wurde. RIB iTWO ist eine lizenz-/cloudbasierte Big Data BIM 5D Unternehmenslösung

für integrales Planen und Bauen. Der Kernteil ist ein 5D-Modell aus der Zusammen-

setzung eines 3D-Modells mit weiteren Informationen von den verschiedenen CAD-

und Fachapplikationen. Die Geometriedaten werden zusammen mit den Mengen, Aus-

stattungen, Ressourcen wie Baumaterialien und Geräten sowie Zeit- und Vorgangs-

komponenten verbunden und verknüpft (RIB; ZentraleTechnik). Die Abbildung 3-6

stellt das Aufgabenspektrum der Software RIB iTWO dar.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 31

Abbildung 3-6: RIB iTWO Aufgabenspektrum (RIB).

Ein bezeichnendes Merkmal von RIB iTWO ist die zentrale Datenhaltung am Citrix

Terminal-Server. Die Software wird nicht lokal auf PCs oder Laptops installiert, son-

dern auf dem Terminalserver. Um den Zugriff auf den Terminalserver zu ermöglichen,

muss ein Zugangsprogramm Citrix Connection Center auf dem PC installiert werden.

Zwar führt das Programm RIB iTWO auf dem Terminalserver aus, jedoch sind alle

Projektdaten mittlerweile auf dem iTWO-Datenbankserver gespeichert und verwaltet.

Auf dieser Weise werden keine Daten mehr lokal gehalten. Darüber hinaus können

mehrere Benutzer gleichzeitig in demselben Projekt arbeiten. Mithilfe der zentralen

Datenhaltung können Projektdaten immer konsistent und aktuell bleiben. Das ganze

Arbeitsprinzip wird in Abbildung 3-7 dargestellt (ZentraleTechnik).

Abbildung 3-7: RIB iTWO Arbeitsprinzip (ZentraleTechnik).

3 BIM-basierte Arbeitsweise 32

Hervorzuheben ist, dass kein Bauwerk in RIB iTWO modelliert wird. Um die 3D-Mo-

delle, die in anderen CAD Softwareprogrammen (wie z.B. ProVI) erstellt werden, ex-

portiert und ins RIB iTWO integriert und weiterbenutzt werden zu können, wird das

CPI-Datenformat (Construction Process Integration) mithilfe des XML-Schemas entwi-

ckelt. Die Bauteilinformationen wie Geometriedaten, Visualisierungsinformation sowie

Bauteilstrukturinformation usw. werden in der CPIXML-Datei definiert (RIB, 2011). Die

Integrierung weiterer Informationen befindet sich ständig in der Untersuchung.

Die 3D-CAD-iTWO-Plug-ins und Schnittstellen für den CPIXML-Export ermöglichen

die qualitätsgesicherte Datenübertragung der Bauteilinformationen zu RIB iTWO. Für

alle in RIB iTWO importierte 3D-Modelle muss die Qualitätsprüfung ausgeführt wer-

den. Auf dieser Weise können mögliche Kollisionen im Modell frühzeitig erkannt wer-

den, bevor die weiteren Anwendungen starten.

In Rahmen dieser Arbeit werden die Mengenermittlung und die Terminplanung in RIB

iTWO durchgeführt. Für die Mengenermittlung ist nur der Teil von der Hauptachse A

10 berücksichtigt worden. Die Mengen von den Nebenachsen und Ein- und Ausfäde-

lungsstreifen werden nicht berücksichtigt. Für die Terminplanung werden Vorgänge

vom gesamten Modell definiert und entworfen. Die in dieser Arbeit verwendete Version

von RIB iTWO ist 5.3.1294.

3.2.3 BIM-Anwendung

In diesem Abschnitt werden drei Hauptaufgaben der Arbeitsweise A dargestellt: das

Modellieren, die Mengenermittlung und die Terminplanung. Der Abschnitt 3.2.3.1 be-

schreibt ausführlich den Arbeitsprozess der 3D-Modellierung vom Bauabschnitt 10.4.

Die Schritte und Ergebnisse der Mengenermittlung und Terminplanung werden im Ab-

schnitt 3.2.3.2 und Abschnitt 3.2.3.3 dargestellt.

3.2.3.1 Modellieren

Die zu modellierende Strecke ist Bauabschnitt 10.4 von km 184+350 bis km 187+135.

Der erste Schritt ist, ein zu dieser Strecke passendes Geländemodell zu erstellen. Vom

Auftraggeber steht ein großes Geländemodell für den Bauabschnitt 10.4 und die Nach-

barbauabschnitte als OKSTRA-CTE-Datei zur Verfügung. Um das 3D-Modell spezi-

fisch für den zu untersuchenden Abschnitt darstellen zu können und die Mengener-

mittlung effizienter durchzuführen, wird das originale Geländemodell nach dem Be-

reich des Bauabschnittes 10.4 abgeschnitten. Das originale Geländemodell im

3 BIM-basierte Arbeitsweise 33

OKSTRA-CTE-Format wird in AutoCAD Civil 3D importiert. Durch die OKSTRA-Import

Schnittstelle der DACH Extension kann dieses realisiert werden. Zu beachten ist hier-

bei, dass die OKSTRA-Import Schnittstelle nur das OKSTRA-CTE-Format unterstützt;

OKSTRA-XML-Dateien hingegen können durch diese Schnittstelle nicht importiert

werden. Anschließend wird das Geländemodell zum entsprechenden Bereich ge-

schnitten. Dafür gibt es hauptsächlich drei Möglichkeiten in AutoCAD Civil 3D: Punkt

löschen, Linie löschen und Begrenzung hinzufügen. In diesem Fall wird eine äußere

Begrenzung als Grenzlinie zum Geländemodell hinzugefügt. Alle darin enthaltenen

Punkte und Dreiecke werden beibehalten. Die außerhalb der Grenzlinie liegenden

Punkte und Dreiecke werden ausgeblendet. Am Ende wird das bearbeitete Gelände-

modell wieder exportiert. Um verschiedene Datenübertragungsformate zu testen, wird

das neue Geländemodell als LandXML-Datei aus AutoCAD Civil 3D exportiert. Das

abgeschnittene Geländemodell wird in ProVI importiert und dient so als Grundlage für

die weitere Modellierung. Die Abbildung 3-8 zeigt die Bearbeitung des Geländemodells

an.

Abbildung 3-8: Geländemodell Bearbeitung.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 34

Der nächste Schritt ist die Erstellung der Achsen im Lageplan und der Gradienten im

Höhenplan in ProVI. Sie können in ProVI entweder mit dem Entwurfseditor erzeugt

oder vom vorhandenen Dateien importiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit werden

alle relevanten Achsen und Gradienten als REB-Format (Regelungen für die Elektro-

nische Bauabrechnung) importiert. In ProVI gibt es spezifische Schnittstellen, mit de-

nen Dateien aus dem Achse-Dateiformat DA040 und dem Gradient-Dateiformat

DA021 zu den Objekten in der ProVI-Datenbank konvertiert werden können. Nach der

Konvertierung muss die Genauigkeit der importierten Achsen und Gradienten über-

prüft werden. Alle Parameter sollten mit den originalen Lageplänen und Höhenplänen

übereinstimmen. Im Fall der Abweichungen müssen die falschen Parameter korrigiert

werden. In ProVI gibt es Editoren für den Achsenentwurf und den Gradientenentwurf,

mit denen die Parameter von Achsen und Gradienten übersichtlich angezeigt und ein-

fach verändert werden können (siehe Abbildung 3-9). Besonders wichtig ist hierbei,

dass das Koordinatensystem vom Geländemodell und von den importierten Achsen

und Gradienten einheitlich ist. In dieser Arbeit wird als Lagesystem GKK 42/83 3°

(Gauß-Krüger-Koordinatensystem) und als Höhensystem DHHN 1992 (das Deutsches

Haupthöhennetz) verwendet.

Abbildung 3-9: Editordialog für Achsenentwurf (links) und Gradientenentwurf (rechts).

Innerhalb des Bauabschnittes 10.4 wird das gesamte Modell in sechs Achsen aufge-

teilt. Die Hauptachse für die Autobahn A 10 ist mit Nummer 10 eingerichtet. Die Nebe-

nachse 114 beschreibt die Autobahn A 114 südlich von der Autobahn A 10. Zwischen

Autobahnen A 10 und A 114 ist das Autobahndreieck AD Pankow mit vier Rampen in

alle Richtungen geplant. Die Achsen 11 bis 14 repräsentieren diese Rampen in Rich-

tung Ost-Süd, Süd-Ost, Süd-West und West-Süd. Der detaillierte Lageplan ist in der

Abbildung 3-10 dargestellt.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 35

Abbildung 3-10: Der vereinfachte Lageplan vom Bauabschnitt 10.4.

Ein wichtiger Teil des Straßenentwurfs für die erwarteten BIM-Anwendungen ist die

Modellierung der Querprofile. Anhand der Projektausschreibungsunterlagen und der

Querschnittpläne ist die Autobahn A 10 im Bereich des Bauabschnitts 10.4 mit Regel-

querschnitt RQ 36 eingerichtet. Die Kronenbreite der Fahrbahnen beträgt im Regelfall

36 Meter. Der Bereich der Fahrbahnverbreitung ist dabei ausgenommen. Es ist zu be-

achten, dass die Mittelstreifenbreite im Bereich von km 186+590 bis km 187+135 von

4 m auf 3,5 m reduziert ist. Deswegen beträgt die Kronenbreite innerhalb dieses Be-

reichs 35,5 m anstatt 36 m. Der RQ 36 wird detailliert in Abbildung 3-11 dargestellt.

Die Querschnitte von der Autobahn A 114 sowie von den Rampen variieren sich je

nach Querschnittplänen.

Abbildung 3-11: Darstellung Regelquerschnitt RQ 36 (Ehrlich & Hersel, 2010).

Die Software ProVI bietet weitentwickelte Funktionalitäten für den Querschnittentwurf

an. Beim Querprofileditor können mehrere Streifen angefangen von der Mittelachse

erstellt werden. Jeder Streifen kann als unterschiedlicher Typ (wie z.B. Mittelstreifen,

Fahrbahn, Bankett usw.) mit bestimmten Breiten, Querneigungen in unterschiedlichen

3 BIM-basierte Arbeitsweise 36

Gültigkeitsbereichen definiert werden. Die Abbildung 3-12 stellt ein Beispiel des Quer-

schnitts in ProVI dar.

Die Böschungen werden ebenfalls im Querprofileditor nach Regeln modelliert. Voraus-

setzung für die Ausbildung der Böschung ist das Importieren des Geländemodells und

der Gradiente. Im Querschnittplan steht die Regelausbildung der Damm- und Ein-

schnittsböschung zur Verfügung, allerdings muss die Neigung oder Tangentenlänge

der Ausrundung in einigen Stellen verändert werden, um die Grenze der Böschungs-

unterkante sich an den Lageplan anzupassen. Die Mulde und die Berme innerhalb des

Böschungsbereichs werden gemäß dem Lageplan im Querprofileditor hinzugefügt.

Abbildung 3-12: Details des Querschnittentwurfs von der Hauptachse A 10.

Um die Mengen von verschiedenen Materialien berechnen zu können, muss der Ober-

bau beim Querschnittentwurf ebenfalls berücksichtigt werden. Im Bereich des Bauab-

3 BIM-basierte Arbeitsweise 37

schnittes 10.4 wird die Autobahn A 10 mit dem Betonoberbau eingerichtet. Die Ge-

samtdicke der Betondecke hängt von der Frostempfindlichkeit ab. Im Bereich von km

184+350 bis km 185+800 beträgt die Betondeckendicke 80 cm, wo die Frostempfind-

lichkeit als F3, sehr frostempfindlich, eingestuft wird. Im Bereich von km 185+800 bis

km 187+135 beträgt die Betondeckendicke 59 cm ohne Frostschutzschicht, wobei die

Frostempfindlichkeit als F1, also nicht frostempfindlich, eingestuft ist. Der Oberbau von

anderen Achsen ist nach den entsprechenden Querschnittplänen zu modellieren.

Auffällig ist in ProVI, dass jede Trasse ein individuelles Objekt ist. Es gibt keine Ab-

hängigkeit zwischen zwei angeschlossenen aber nicht sich kreuzenden Trassenobjek-

ten wie z.B. Hauptachse Autobahn A 10 und Ausfädelungsstreifen Rampe 14. Infolge-

dessen muss der Anschlussbereich von zwei Trassen manuell angepasst werden, da-

mit sich keine Überlappungen oder Lücken im Anschlussbereich ergeben.

Insgesamt stehen drei Bauwerkbrücken im Bereich des Bauabschnittes 10.4. Eine liegt

auf der Rampe Süd-West Achse 13, zwei auf der Rampe Ost-Süd Achse 11. In Rah-

men dieser Arbeit wird ein Bauwerk BW 86Ü3 auf der Rampe Süd-West als Beispiel

dargestellt. Zuerst werden die Trassen und das Geländemodell im Bereich vom Bau-

abschnitt 10.4 aus der ProVI-Datenbank gezeichnet. In ProVI wird innerhalb des Bau-

werksbereichs nur die Fahrbahnoberfläche modelliert, weil die Modellierung der Bö-

schungen vom Bauwerkwiderlager unmöglich ist. Im Anschluss daran ist ein in Revit

erstelltes 3D-Brückenmodell zusammen mit der Fahrbahn zu integrieren. Für die er-

folgreiche Zusammensetzung ist ein einheitliches Koordinatensystem notwendig. Als

Ergebnis wird eine DWG-Zeichnung erzeugt. Schließlich wird die Böschung im Wider-

lagerbereich auf Basis von dieser Zeichnung in AutoCAD Civil 3D modelliert.

Wie im Abschnitt 3.2.2.1 vorgestellt verfügt die Software AutoCAD Civil 3D über sehr

umfangreiche Funktionalitäten für das digitale Geländemodell. Solche Funktionen kön-

nen auch für die Modellierung des Bereichs vom Bauwerkwiderlager verwendet wer-

den. In erster Linie wird das von ProVI gezeichnete Geländemodell als ein grundle-

gendes DGM hinzugefügt, welches als Hintergrund-DGM dient. Danach wird ein zwei-

tes DGM für die Böschung im Bereich des Widerlagers erstellt. In diesem leeren DGM

wird die Oberkante der Böschung anhand des Plans als Elementkante gezeichnet. Die

Böschung kann von der Elementkante durch die Funktion „Verschneidung“ in Auto-

CAD Civil 3D mit vordefinierter Neigung modelliert werden. Innerhalb einer Element-

3 BIM-basierte Arbeitsweise 38

kante können die Neigungen je nach Bereichen variieren. Der Übergangsbereich zwi-

schen zwei mit unterschiedlichen Neigungen definierten Bereichen wird automatisch

erstellt, allerdings werden diese nicht immer optimal dargestellt. Das DGM der Bö-

schung wird schließlich zum Hintergrund-DGM hinzugefügt, um die erstellte Böschung

zusammen mit dem Gelände integrieren zu können. Die Abbildung 3-13 zeigt die Vi-

sualisierung des Bauwerks BW 86Ü3 an.

Abbildung 3-13: Bauwerk BW 86Ü3 Darstellung: Modellierung der Böschung im Bereich des Widerla-

gers.

Es ist zu beachten, dass das im Bauwerkbereich erzeugte 3D-Modell über kein Volu-

men verfügt. Dargestellt ist nur die Oberfläche von der Böschung und dem Gelände.

Um die Menge in diesem Bereich berechnen zu können, müssen mehrere DGMs für

3 BIM-basierte Arbeitsweise 39

verschiedene Schichten modelliert werden. In AutoCAD Civil 3D kann ein Volumen-

körper aus zwei DGMs definiert werden. Auf dieser Weise kann die Menge erfasst

werden, was außerhalb dieser Arbeit liegt.

3.2.3.2 Mengenermittlung

In diesem Abschnitt wird erörtert, wie die Mengen vom erstellten 3D-Modell separat

nach den Objekten berechnet werden können. Der Kalkulationsbereich ist die Haupt-

achse Autobahn A 10 von km 184+350 bis km 187+135. Die vier Rampen sowie die

Autobahn A 114 werden nicht bei der Berechnung berücksichtigt. Die zu beobachten-

den Objekten sind wesentlich die Teile vom Erdbau und Oberbau:

Erdauftrag

Erdabtrag

Betondecke

Schottertragschicht

Frostschutzschicht

Bankett

Mulde

Die Mengen der zu untersuchenden Objekten werden zunächst in ProVI berechnet.

ProVI verfügt über eine Schnittstelle, über welche das erstellte 3D-Modell mit den Er-

gebnissen der Mengenberechnung im CPIXML-Format exportiert werden kann. Beim

Exportdialog „Massenberechnung“ kann der zu berechnenden Bereich der Achse mit

den Anfangs- und Endstationen definiert werden. Folglich müssen die gewünschten

Teile vom Modell ausgewählt werden. Nachdem werden die gewünschte Mengen in

ProVI berechnet. Alle im Querprofileditor definierten Objekte und Schichten können

gemeinsam in einer Liste im Exporteditor dargestellt werden. Die in ProVI gerechneten

Volumina und Flächen der Objekte können als zusätzliche Attribute in die exportierte

CPIXML-Datei hinzugefügt werden. Wenn keine Volumen- oder Flächenoptionen von

einem Objekt ausgewählt sind, wird dieses Objekt nicht exportiert. In der Abbildung

3-14 wird der Massenberechnungsdialog von ProVI dargestellt.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 40

Abbildung 3-14: ProVI-Schnittstelle von Massenberechnung und iTWO-Export.

Der Verschiebevektor spielt beim Exportieren der CPIXML-Datei eine wichtige Rolle.

Aufgrund der Eigenschaft des Koordinatensystems kann es zu der großen Koordinate

in den Modellen kommen. Dies führt häufig zum Problem bei der visuellen Darstellung

des Modells in RIB iTWO. In diesem Fall kann ein Verschiebevektor beziehungsweise

ein Referenzpunkt angegeben werden, um das Modell zum geeigneten Bereich zu

verschieben. Die Geometrie und die gerechneten Mengen des Modells bleiben jedoch

unverändert.

Es stellt sich relativ schnell heraus, dass nur das Volumen und die Fläche vom Objekt

durch die „Massenberechnung“ exportiert werden können. Um die Länge vom Bankett

oder von der Mulde zu berechnen, muss das Berechnungsdialog „Mengenberech-

nung“ verwendet werden. Darin kann die Länge der gewünschten Streifen selektiert

3 BIM-basierte Arbeitsweise 41

und als zusätzliche CPIXML-Datei exportiert werden. Die Länge wird auch als Attribute

in die CPIXML-Datei hinzugefügt.

Als nächsten Schritt sind die erzeugten CPIXML-Dateien des Modells in die Software

RIB iTWO zu importieren. Nachdem die CPIXML-Dateien erfolgreich importiert wer-

den, muss die Qualität des Modells überprüft werden. In RIB iTWO wird das Ergebnis

des Imports in einer separaten Qualitätsprüfung und -bewertung angezeigt. Ein Vorteil

von diesem Schritt ist, dass eventuelle Kollisionen oder andere Fehler im Modell früher

erkannt werden können. Andernfalls werden die Mengenermittlung und die Terminpla-

nung auf Basis von einem mangelhaften Modell durchgeführt, welches die Zeitver-

schwendung und die ineffiziente Arbeit verursachen kann.

Abbildung 3-15: Beispielergebnis der Datenprüfung.

Die Abbildung 3-15 zeigt das Ergebnis der Datenqualitätsprüfung für die Hauptachse

A 10. Die Datenqualität ist durch eine farbliche Skala dargestellt. Grün steht für gute

Qualität, im Gegensatz dazu bedeutet rot eine schlechte Qualität. Zu beachten ist,

dass die Qualität des Modells zwar im Grünbereich liegt, wie sie in Abbildung 3-15

angezeigt ist, jedoch das das Modell zur Mengenermittlung noch nicht verwendet wer-

den kann. Der Grund liegt darin, dass das importierte 3D-Modell keine Bauteiltypen

enthält. Für solche Objekte, welche über keine Bauteiltypen verfügen, ist die Verwen-

dung des Modells in RIB iTWO nicht möglich. Um das Problem zu lösen, müssen die

Bauteiltypen nachträglich definiert werden. In RIB iTWO stehen insgesamt 21 Bauteil-

typen zur Verfügung, wie z.B. Wand, Fenster, Tür usw. (siehe Abbildung 3-16). Die

vordefinierten Bauteiltypen sind im Wesentlich für den Bereich Hochbau. Im Rahmen

dieser Arbeit muss der Bauteiltyp „Attribute“ ausgewählt werden, weil es bisher in RIB

3 BIM-basierte Arbeitsweise 42

iTWO keine spezifischen Bauteiltypen für Verkehrswegebau gibt. Wenn die Objekte

des Modells als eine andere Bauteiltyp anstatt „Attribute“ definiert sind, führt es zur

schwerwiegenden Fehlerwarnung bei der Qualitätsprüfung und das Modell kann des-

wegen nicht weiterverwendet werden. Der Grund liegt darin, dass das von ProVI ex-

portierte 3D-Modell kein Volumenkörper ist. Das 3D-Modell verfügt nur über die Ober-

fläche. In der neuen Version ProVI 5.6 wird das Problem gelöst. Das 3D-Modell kann

als Volumenkörper exportiert werden. Allerdings führt es zur Berechnungsbeschrän-

kung in RIB iTWO. Dies wird ausführlich im Abschnitt 3.3.3 analysiert.

Abbildung 3-16: Bauteiltyp Festlegung in RIB iTWO.

Abbildung 3-17: Objektbaum und Eigenschaftsfenster in RIB iTWO.

In RIB iTWO werden alle importierten Objekte von der CPIXML-Datei im Objektbaum

hierarchisch aufgelistet. Ist ein Objekt ausgewählt, werden alle dazu gehörten Infor-

3 BIM-basierte Arbeitsweise 43

mationen in einem Eigenschaftsfenster dargestellt. Für die Mengenberechnung rele-

vante Informationen sind die in ProVI berechnete Flächen und Volumina. Die Abbil-

dung 3-17 zeigt die Informationen der Betondecke von der Fahrbahn der Achse A 10

Richtung Berlin. Die Mengen können durch die entsprechenden Befehle eingelesen

und zusammengefasst werden.

Gemäß dem Leistungsverzeichnis ist die Mengenberechnung in zwei Teile aufgeteilt:

Bauphase Nord – Richtungsfahrbahn AD Havelland

Bauphase Süd – Richtungsfahrbahn AD Pankow

Die gerechneten Mengen (VA-Menge) der Objekte werden mit den im Leistungsver-

zeichnis vorhandenen Mengen (LV-Menge) verglichen. Die LV-Mengen werden vom

Auftraggeber geliefert. Die Differenz zwischen der gerechneten Menge und der LV-

Menge vom einzelnen Objekt werden durch eine Prozentzahl und eine farbliche Skala

angezeigt. Das Ergebnis der Mengenermittlung ist in der Tabelle 3-1 dargestellt.

Tabelle 3-1: Ergebnisse der Mengenermittlung der Arbeitsweis A.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 44

Aus der Tabelle 3-1 ist es vorgestellt, dass die Differenz zwischen den LV-Mengen und

VA-Mengen bei den meisten Objekten gering ist. Allerdings bedeutet es nicht, dass die

große Differenz unbedingt als falsche Berechnungsergebnisse übernommen wird.

Zu bemerken ist, dass alle Ergebnisse der gerechneten Mengen nur in ProVI erstellt

sind. In RIB iTWO können die Mengen eingelesen und zusammengefasst aber nicht

berechnet werden. Der Grund liegt darin, dass das in ProVI erstellte 3D-Modell nicht

als Volumenkörper in die CPIXML-Datei exportiert werden kann. Zudem liefert ProVI

in der Version 5.5 nur die Flächen aus dem 3D-Modell. Für eine Berechnung der Men-

gen in RIB iTWO aus der Geometrie heraus ist allerdings ein 3D-Volumenkörper zwin-

gend erforderlich. Darüber hinaus sind alle Objekte im 3D-Modell in RIB iTWO mit dem

Bauteiltyp „Attribute“ eingerichtet. Unter dem Bauteiltyp „Attribute“ kann die Geometrie

eines Objektes in RIB iTWO auch nicht gerechnet werden. Aus diesem Grund können

nur solche Mengen in RIB iTWO dargestellt werden, die in ProVI gerechnet werden

können. Alle nicht in ProVI berechenbaren Mengen können auch nicht in RIB iTWO

berechnet und dargestellt werden.

3.2.3.3 Terminplanung

Eine zweite wichtige BIM-Anwendung ist die Terminplanung. Die Software RIB iTWO

unterstützt auch die Terminplanung sowie die Bauablaufsimulation für das Bauprojekt.

In diesem Abschnitt wird das ganze Modell vom Bauabschnitt 10.4 betrachtet. Die

Hauptachse A10, die Nebenachse A 144 sowie die vier Rampen werden hierzu aus

ProVI als CPIXML-Dateien exportiert. Der Prozess des Exportierens ist identisch wie

der bei der Mengenermittlung zuvor. Die im Bauabschnitt 10.4 liegenden drei Bau-

werkbrücken werden nicht spezifisch modelliert und integriert. Für eine vereinfachte

Darstellung der Brückenbauwerke dienen deren Fahrbahnen.

Die Terminplanung wird in RIB iTWO beim Editor „Vorgangsmodell“ durchgeführt. Das

„Vorgangsmodell“ ist in RIB iTWO ein spezielles Werkzeug für die Terminplanung. Vor

allem sind die relevanten Vorgänge mit den entsprechenden Ausführungszeiträumen

zu erstellen. Für einen Vorgang sind die Anfangsdatum und die Dauer erforderlich. Auf

Basis davon wird der Ausführungszeitraum automatisch berechnet. Außerdem werden

die Feiertage je nach dem Bundesland berücksichtigt. Ein sogenannter Balkenplan

wird schließlich im „Vorgangsmodell“ erstellt, wie in Abbildung 3-18 angezeigt ist. Eine

übersichtlichere Darstellung des Balkenplans befindet sich im Anhang dieser Arbeit.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 45

Abbildung 3-18: Darstellung des Balkenplans.

Anschließend werden alle definierten Vorgänge dem Modell zugeordnet. Die geplante

Bauarbeit des Bauabschnitts 10.4 beginnt am 13.07.2018 und endet am 18.06.2022.

Hervorzuheben ist, dass die jetzigen vier-streifigen Fahrbahnen von A 10 und von A

114 nicht im Modell enthalten sind und deswegen nicht in der Terminsimulation darge-

stellt werden. Die Abbildung 3-19 zeigt die zeitliche Entwicklung der Bauausführung

des Bauabschnittes 10.4.

Abbildung 3-19: Simulation des Bauablaufs für den Bauabschnitt 10.4.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 46

Die rot markierten Objekte visualisieren die Streckenabschnitte, welche sich in der

Bauarbeit befinden. Werden die Objekte in ihrer ursprünglichen Farbe visualisiert, so

definieren sie den Endzustand. Da sich das Projekt noch in der Angebotsphase befin-

det, fehlt die ausführliche Terminplanung für die Bauausführung. Aus diesem Grund

wird auch eine detaillierte Terminplanung nicht in dieser Arbeit erörtert.

Für die Terminplanung und die Bauablaufsimulation ergeben sich weitere spezifische

Anwendungen von Softwareprogrammen, wie z.B. TILOS, welche allerdings im Rah-

men dieser Arbeit nicht erörtert werden.

3.3 Arbeitsweise B: IFC-basierter Arbeitsablauf

In diesem Abschnitt wird die zweite Arbeitsweise B vorgestellt und untersucht. Wie in

der Abbildung 3-1 angezeigt ist die Grundidee der Arbeitsweise B ähnlich wie Arbeits-

weise A. Der Unterschied zwischen den zwei Arbeitsweisen liegt in dem verwendeten

Format zur Datenübertragung, welches im Abschnitt 3.3.1 beschrieben wird. Die in der

Arbeitsweise B verwendeten Softwareprogramme sind beinahe identisch wie in der

Arbeitsweise A; lediglich ein neuer IFC-Viewer wird im Abschnitt 3.3.2 hinzugefügt.

Das IFC-Datenaustauschformat stellt in diesem Abschnitt das Kern-Thema dar und

wird daher ausführlich interpretiert und erörtert. Jedoch ist das IFC-Format im Infra-

strukturbereich noch nicht vollständig standardisiert und kann daher nur sehr begrenzt

in den BIM-Anwendungen benutzt werden. Deswegen wird im Abschnitt 3.3.3 die BIM-

Anwendung nur beschränkt untersucht. Die in der Zukunft möglichen 5D-Anwendun-

gen, die durch das IFC-Austauschformat realistisch sein könnten, werden konzeptio-

nell vorgestellt.

3.3.1 Darstellung des Arbeitsablaufs

Gleich wie die Arbeitsweise A ist der erste Schritt der Arbeitsweise B das Modellieren

des Projektes. Um die zwei Arbeitsweisen leicht vergleichen zu können, wird das glei-

che Projekt in der Arbeitsweise B verwendet. Wie oben genannt, unterscheidet sich

die Arbeitsweise B von der Arbeitsweise A bei der Datenübertragungsart. Die Arbeits-

weise A verwendet die softwareabhängigen Datenaustauschformate für die Daten-

übertragung zwischen den unterschiedlichen Softwareprogrammen. Im Gegenteil

dazu wird das softwareneutrale Datenaustauschformat IFC in der Arbeitsweise B ver-

wendet.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 47

In der Arbeitsweise B werden alle Informationen aus allen Softwareprogrammen zuerst

einheitlich im IFC-Datenformat konvertiert und exportiert. Danach werden die IFC-Da-

teien je nach Nutzungszweig zu den entsprechenden Programmen importiert und be-

arbeitet. Auf dieser Weise wird die Anzahl der notwendigen Datenformate deutlich re-

duziert, wie es im Abschnitt 2.3 bereits erklärt hat. Außerdem ist die Datenübertragung

zwischen den verschiedenen Softwareprogrammen auf der Arbeitsweise B einfacher

und zuverlässiger, wenn es mehr Softwareprograme für die unterschiedlichen BIM-

Anwendungen gibt, weil das IFC-Format das weitverbreitete Datenaustauschformat im

Baubereich und softwareunabhängig ist.

In Rahmen dieser Arbeitsweise wird das erstellte Modell zuerst aus ProVI im IFC-For-

mat exportiert. Es ist anschließend zu untersuchen, wie die IFC-Datei, die nach Stan-

dard IFC4.1 Alignment Extension geschrieben ist, in anderen Softwareprogrammen

weiterbenutzt werden kann. Darüber hinaus wird es auch untersucht, wie das Modell

mit dem normalen IFC-Format für die Mengenermittlung verwendet werden kann. Das

Modell wird in AutoCAD Civil 3D nach Standard IFC2x3 exportiert und ins RIB iTWO

eingefügt. Da die Funktionalität des IFC-Exports und-Imports von den relevanten Soft-

wareprogrammen nicht ausgereift ist, ist die Mengenberechnung nur begrenzt reali-

sierbar. Detailliert wird es im Abschnitt 3.3.3 dargestellt.

3.3.2 Verwendete Software

In diesem Abschnitt werden die IFC-relevanten Funktionen der entsprechenden Soft-

wareprogramme behandelt. Die restlichen Funktionen der Software sind schon im Ab-

schnitt 3.2.2 vorgestellt.

3.3.2.1 AutoCAD Civil 3D

Die Software AutoCAD Civil 3D unterstützt die Import-/Exportfunktionen vom IFC-For-

mat. In der Arbeitsweise B wird das 3D-Modell zur Mengenberechnung als IFC-Datei

exportiert. Um Objekte in AutoCAD Civil 3D mit dem IFC-Format exportieren zu kön-

nen, müssen sie 3D-Volumenkörper sein oder in den 3D-Volumenkörper umgewandelt

werden. Im IFC-Exporteditor in AutoCAD Civil 3D (siehe Abbildung 3-20) können die

anderen Informationen wie Hersteller und Ressourcen in die IFC-Datei hinzugefügt

werden. Die erstellte IFC-Datei ist nach Standard IFC2x3 geschrieben. Bei der Version

2017 unterstützt AutoCAD Civil 3D das Standard IFC4.1 Alignment Extension noch

nicht. Rampf (2017) hat ein Plug-in für die IFC-Alignment Import-/Exportfunktionen in

3 BIM-basierte Arbeitsweise 48

AutoCAD Civil 3D entwickelt. Der Schwerpunkt liegt an der Beschreibung der horizon-

talen Achse und vertikalen Gradiente.

Abbildung 3-20: AutoCAD Civil 3D IFC-Exportdialog.

Seit Oktober 2017 unterstützt AutoCAD Civil 3D bei der neuersten Version den Stan-

dard IFC4.1. Allerdings wegen der zeitliche Begrenzung wird diese Funktionalität nicht

in dieser Arbeit betrachtet.

3.3.2.2 ProVI

Die neue ProVI Version 5.6 bietet eine IFC-Schnittstelle an, mit der Achsen nach Stan-

dard IFC4.1 Alignment Extension exportiert werden kann. Vor dem Exportieren muss

ein geodätisches Bezugssystem mit der EPSG-Nummer für das Modell eingegeben

werden. Das EPSG Geodetic Parameter Dataset vom International Association of Oil

and Gas Producers ist eine Zusammenfassung der geodätischen Bezugssysteme auf

globalen, regionalen, nationalen oder lokalen Ebenen (IOGP).

Abbildung 3-21: ProVI IFC-Exportdialog.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 49

Die Abbildung 3-21 zeigt den IFC-Exportdialog an. Die horizontale Achse kann auf

Wunsch mit der Gradiente in die IFC-Datei geschrieben werden. Eine IFC-Datei kann

mehrere Achsen enthalten. Hervorzuheben ist, dass keine Querprofile und Trassen-

körper mit IFC-Alignment beschrieben werden können. Deswegen ist es nicht möglich,

eine IFC-Datei nach dem Standard IFC-Alignment für die Mengenberechnung zu ver-

wenden.

Im Vergleich zu der alten Version ProVI 5.5 kann das 3D-Modell in ProVI 5.6 als Volu-

menkörper gezeichnet und für die Massenberechnung exportiert werden. Infolgedes-

sen ist das IFC-Export des 3D-Modells in AutoCAD Civil 3D sowie die Mengenberech-

nung in RIB iTWO realisierbar.

3.3.2.3 Constructivity Model Viewer

Das Constructivity Model Viewer, welcher von der Firma Constructivity.com LLC ent-

wickelt wird, dient als IFC-Viewer zur Darstellung der IFC-Objekte des Modells mit

vielfältigen Informationen wie z.B. Visualisierung, Terminplan, Materialien usw. Mit der

Unterstützung des IFC-Alignments können die Parameter der horizontalen Achse und

Gradiente einer Trasse angezeigt werden. Aus der gleichen Firma gibt es noch

Constructivity Model Editor und Constructivity Model Server, die über erweitere Funk-

tionen für die Bearbeitung der IFC-Objekte verfügen. In Rahmen dieser Arbeit werden

diese Funktionen jedoch nicht verwendet.

3.3.3 BIM-Anwendung

Das im Abschnitt 3.2.3.1 erstellte Modell kann direkt für diese Arbeitsweise übernom-

men werden. Die Hauptachse A 10 wird nach Standard IFC4.1 Alignment Extension

aus ProVI exportiert. Die Parameter der horizontalen Achse und Gradiente sind in der

IFC-Datei enthalten. Jedoch scheitert es, die erstellte IFC-Datei ins RIB iTWO oder

AutoCAD Civil 3D zu importieren. Nach der Recherche der Software ist es festgestellt,

dass die Software RIB iTWO und AutoCAD Civil 3D das Standard IFC-Alignment nicht

unterstützen können.

Um die Korrektheit der exportierten IFC-Datei zu prüfen, lässt sie sich im Constructivity

Model Viewer einlesen. Das Ergebnis ist in der Abbildung 3-22 dargestellt. Aus dem

Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Parameter mit dem Plan übereinstimmen.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 50

Abbildung 3-22: Anzeige der Parameter des IFC-Alignments im Constructivity Model Viewer.

Als nächsten Schritt ist die Mengenermittlung mit Hilfe des IFC-Formates zu untersu-

chen. In dieser Arbeitsweise B wird nur die Betondecke und die Schottertragschicht

vom Oberbau der Hauptachse A 10 in einer kurzen Strecke (km 184+350 – km

184+600) als ein Beispielmodell beobachtet, da die Funktionalität der IFC-basierten

Berechnung in RIB iTWO noch nicht ausgereift ist. Das Modell wird vor allem von ProVI

als Volumenkörper gezeichnet. Wie im Abschnitt 3.3.2.1 beschrieben, ist der Volumen-

körper eine Voraussetzung für das Exportieren der IFC-Datei aus AutoCAD Civil 3D.

Abbildung 3-23: Konvertierung des Modells vom Volumenkörper zum Massenelement in AutoCAD Ci-

vil 3D.

3 BIM-basierte Arbeitsweise 51

Anschließend muss der gezeichnete Volumenkörper zum Massenelement konvertiert

werden (siehe Abbildung 3-23). Mit deren Hilfe kann das Volumen der Oberbauschicht

in AutoCAD Civil 3D berechnet und als IFC-Attribute in die IFC-Datei angehängt wer-

den. Die gerechneten Volumina werden nachher mit dem in RIB iTWO berechneten

Ergebnis verglichen. Als Basismengen werden die entsprechenden Mengen auch in

ProVI ermittelt. Somit kann die Berechnungsqualität von RIB iTWO und von AutoCAD

Civil 3D überprüft werden. Außerdem können andere Informationen durch die Konver-

tierung des Massenelements in die IFC-Datei eingefügt werden. Um die Darstellung

des Modells in RIB iTWO zu ermöglichen, muss es zum Bereich mit der kleinen Koor-

dinate bezogen werden.

Nachdem die IFC-Datei ins RIB iTWO importiert ist, muss die Qualitätsprüfung des

Modells wie die in der Arbeitsweise A ausgeführt werden. Unterschiedlich von der Ar-

beitsweise A ist, dass der Bauteiltyp in dieser Arbeitsweise B nicht als „Attribute“ defi-

niert werden muss. Zum einen ist das importierte 3D-Modell Volumenkörper. Wenn es

als ein anderer Bauteiltyp definiert wird, ergibt sich keine Warnung bei der Qualitäts-

prüfung in RIB iTWO und das Modell kann problemlos weiterverwendet werden. Zum

anderen kann das Volumen des 3D-Modells mit dem Bauteiltyp „Attribute“ nicht in RIB

iTWO berechnet werden. Da es in RIB iTWO keinen spezifischen Bauteiltyp für Ver-

kehrswegebau gibt, wird der Bauteiltyp zum anderen Typ als Ersatztyp eingestellt. So-

mit können die Mengen von Oberbauschichten in RIB iTWO berechenbar sein. In der

Arbeitsweise B wird der Bauteiltyp „Fundament“ ausgewählt, weil die Oberbauschich-

ten ähnliche Geometrie wie das Fundament haben. Somit können die Mengen des 3D-

Modells in RIB iTWO aus der Geometrie berechnet werden. Schließlich werden die

Volumina und die Länge der Betondecke und der Schottertragschicht in RIB iTWO

ermittelt. Die Tabelle 3-2 zeigt das Berechnungsergebnis an. Vom Berechnungsergeb-

nis ausgehend ist es deutlich, dass die Berechnungsdifferenz zwischen den unter-

schiedlichen Softwareprogrammen relativ klein ist. Hervorzuheben ist, dass alle in der

Tabelle 3-2 angezeigten Mengen in den entsprechenden Programmen aus der Geo-

metrie (nicht als Attribute) berechnet werden.

Aber es gibt wesentliche Beschränkung bei der Mengenermittlung auf der Arbeitsweise

B. Die Länge der untersuchten Strecke beträgt nur 250 m, welche relativ kurz im Ver-

gleich zum realen Straßenbauprojekt ist. Für eine längere Strecke des Modells gelingt

die Mengenberechnung in RIB iTWO auf der Arbeitsweise B nicht. Zum einen fehlt in

RIB iTWO der entsprechende Bauteiltyp für den Straßenbau. Viele Objektmengen des

3 BIM-basierte Arbeitsweise 52

Modells können nicht berechnet werden. In dieser Arbeitsweise B sind nur zwei Ober-

bauschichten betrachtet. Zum anderen kann die komplizierte triangulierte Geometrie

mit Freikörperform von einer langen Strecke oder von anderen Modellobjekten (wie

z.B. Erdbauobjekte) in RIB iTWO nicht berechnet werden. Darüber hinaus hängt die

Berechnungsqualität der Arbeitsweise B stark von der Funktionalität der Software

ProVI ab. Wenn das Modell in ProVI nicht präzise als Volumenkörper gezeichnet wer-

den kann, kann die Mengenberechnung in RIB iTWO nicht erfolgen.

Tabelle 3-2: Berechnungsergebnis der Arbeitsweise B (km 184+350 – km 184+600).

Aufgrund dessen ist die Mengenermittlung durch IFC-basierte Datenübertragung zwar

realisierbar, funktioniert für das Realprojekt aber noch nicht, da die Standardisierung

und Implementierung nicht ausgereift ist.

ProVI Civil 3D RIB iTWO

Betondecke-Volumen [m³] 1201,903 1201,909 1201,903

Betondecke-Volumen [%] 100,000 100,000 100,000

Tragschicht-Volumen [m³] 1337,364 1337,370 1337,352

Tragschicht-Volumen [%] 100,000 100,000 99,999

Betondecke-Länge [m] 250,000 250,000 250,907

Betondecke-Länge [%] 100,000 100,000 100,362

Tragschicht-Länge [m] 250,000 250,000 250,946

Tragschicht-Länge [%] 100,000 100,000 100,378

4 Auswertung und Zusammenfassung 53

4.1 Auswertung

In diesem Abschnitt werden die beiden Arbeitsweisen A und B erörtert und bewertet.

Erheblich liegt der Unterschied zwischen den zwei Methoden an den Datenübertra-

gungstyp. Somit unterscheiden sich die Potenziale und Beschränkungen der beiden

Arbeitsweisen.

4.1.1 Arbeitsweise A

In der Arbeitsweise A werden alle Daten zwischen den verschiedenen Softwarepro-

grammen durch softwarespezifische Datenaustauschformate übertragen. Das

CPIXML-Format spielt dazwischen eine sehr wichtige Rolle. Es ist ein proprietäres

XML-Format von der Firma RIB Software AG und dient als eine Basis des Datentrans-

fers vom 3D-Modell zur BIM-Anwendung. Um die Mengenermittlung und die Termin-

planung in RIB iTWO durchführen zu können, sollten das erstellte 3D-Modell in dem

CPIXML-Format exportiert werden. Die Software ProVI bietet eine spezielle iTWO-

Schnittstelle an, mit der die CPIXML-Datei mit den Mengen erzeugt werden kann. Im

Gegensatz dazu verfügt AutoCAD Civil 3D über keine CPIXML-Exportfunktion. Des-

wegen wird das Beispielprojekt Autobahn A10 Bauabschnitt 10.4 in ProVI modelliert.

Zurzeit unterstützen nur wenige Softwareprogramme das CPIXML-Format, da es nur

spezifisch für die Verwendung von RIB iTWO ist. Davon ausgegangen entsteht die

Beschränkung dieser Arbeitsweise A. Die Straßenbauobjekte, die nicht durch Software

ProVI modellierbar sind oder nach CPIXML-Format konvertiert werden können, kön-

nen nicht für die 5D-Anwendungen in RIB iTWO verwendet werden.

Im Bereich Verkehrswegebau sind die BIM-Anwendungen bei der Software RIB iTWO

nicht so optimiert wie sie im Bereich Hochbau. Da das erstellte 3D-Modell nicht ein 3D-

Volumenkörper ist und es in RIB iTWO keine speziellen Bauteiltypen für Verkehrswe-

gebau gibt, können die Mengen der Straßenbauobjekte in RIB iTWO nur als Attribute

eingelesen werden und nicht berechnet werden. Allerdings ist eine erneute geometri-

sche Berechnung der Mengen im RIB iTWO nicht zwingend nachzuverfolgen, da die

3D-Erstellungssoftware bzw. das 3D-Modell die Mengen als Attribute bereitstellt und

sich der Weg über die Parameter bewährt hat.

4 Auswertung und Zusammenfassung

4 Auswertung und Zusammenfassung 54

Außer diesem Mangel bietet RIB iTWO gute BIM-Funktionen an. Die gesammelten

Mengen können zum Leistungsverzeichnis verknüpft werden. Die Terminpläne können

zum Modell angehängt werden, damit der Bauablauf des Projekts simuliert werden

kann. Darüber hinaus gibt es andere BIM-Anwendungen für die Bauausführungsphase,

die in Rahmen dieser Arbeit nicht erörtert werden.

4.1.2 Arbeitsweise B

Im Gegensatz zu der Arbeitsweise A wird es in der Arbeitsweise B versucht, alle Da-

tenübertragungen zwischen den unterschiedlichen Softwareprogrammen durch soft-

wareneutrales IFC-Format einzuführen. Mithilfe der IFC-Schnittstelle in der Software

ProVI kann die Straßenachse nach dem Standard IFC4.1 Alignment Extension expor-

tiert. Jedoch kann die Achse für die Mengenermittlung nicht verwendet werden, da die

Achse über das IFC-Alignment keine Querprofile enthält. Aufgrund dessen wird das

Modell in AutoCAD Civil 3D nach Standard IFC2x3 exportiert. Die Mengen der selek-

tierten Oberbauschichten Betondecke und Schottertragschicht werden in ProVI, in Au-

toCAD Civil 3D und in RIB iTWO gerechnet. Wegen der IFC-basierten Berechnungs-

fähigkeit der Software RIB iTWO wird nur eine kurze Strecke vom Modell betrachtet.

Ein wesentlicher Vorteil der Arbeitsweise B ist die Erweiterungsmöglichkeit der Daten-

verwendung, die durch das neutrale IFC-Format realisierbar ist. Mit der umfangreichen

Unterstützung von den zahlreichen Softwareprogrammen können Modelle aus unter-

schiedlichen Programmen gemeinsam nach IFC-Standard exportiert werden. Die er-

zeugten IFC-Dateien können wieder in den unterschiedlichen Softwareprogrammen

für die verschiedenen BIM-Anwendungen benutzt werden. Daher wird die Datenüber-

tragung unabhängig von der Software.

Allerdings befindet das IFC-Standard sich noch in der Entwicklung. Diese Arbeitsweise

B gibt eine Anzeige für die mögliche zukünftige Arbeitsweise mit dem IFC-Format im

Verkehrswegebau, funktioniert aber nicht ausgereift zur realen Anwendung.

4.2 Fazit

Die Baubranche braucht dringend Innovation. Da der Digitalisierungsgrad der Bau-

branche deutlich geringer als andere Branchen ist, führt es immer öfter bei großen

Projekten zum Zeit- und Geldverlust. Ohne Zweifel ist BIM eine Lösung für die Erhö-

hung der Produktivität der Baubranche, insbesondere im Infrastrukturbereich. Nach

dem Stufenplan vom BMVI werden ab 2020 alle neuen öffentlichen Bauvorhaben vom

4 Auswertung und Zusammenfassung 55

BMVI mit BIM eingerichtet. Dies ist zwar eine große Herausforderung für alle Projekt-

beteiligten, bietet aber auch gleichzeitig gute Chance für die BIM-Entwicklung an.

In Rahmen dieser Arbeit wird zwei BIM-Arbeitsweisen A und B auf Basis von einem

Autobahnbeispielprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10 / A 24 – AS Neuruppin bis AD

Pankow“ untersucht. Der Grundgedanke beider Arbeitsweisen ist es, einen Arbeitspro-

zess angefangen vom 3D-Modellieren bis hin zur 5D-Anwendung eingebettet in der

Planungsphase zu entwickeln. Die entsprechenden 5D-Anwendungen sind in diesem

Fall die Mengenermittlung und die Terminplanung. Die Arbeit vom 3D-Modellieren wird

hauptsächlich durch die Software ProVI und AutoCAD Civil 3D eingeführt, während die

Baumanagementsoftware RIB iTWO für die 5D-Anwendungen benutzt wird.

Der Grundstein aller BIM-Anwendungen ist ein semantisches 3D-Modell. Die in dieser

Arbeit zu modellierende Strecke vom Beispielprojekt ist der Bauabschnitt 10.4 vom km

184+350 bis km 187+135. Zusammengefasst gibt es im Modell eine Hauptachse A10,

eine Nebenachse A114 sowie vier Rampen zwischen den zwei Achsen. Der Hauptteil

vom Modellieren wird in ProVI bearbeitet, inklusive der Bearbeitung der horizontalen

Achse und Gradiente, des Querschnittentwurfs und des Oberbauschichtenentwurfs.

Die Bearbeitung des Geländemodells und die Integrierung des Brückenmodells wer-

den in AutoCAD Civil 3D erfolgt.

Die Arbeitsweise A verlangt eine CPIXML-Datei, um das 3D-Modell in die Software

RIB iTWO zu importieren. Die Software ProVI verfügt über eine CPIXML-Schnittstelle,

mit der die verschiedenen Objekte des Modells zusammen mit den gerechneten Men-

gen im CPIXML-Format exportiert werden. Die in ProVI gerechnete Mengen werden

in RIB iTWO eingelesen und zum Leistungsverzeichnis verknüpft. Hervorzuheben ist,

dass die Mengen in RIB iTWO aufgrund der Beschränkung geometrisch nicht bere-

chenbar sind. Der Grund liegt darin, dass in dieser Arbeitsweise verwendetes ProVI

Version 5.5 nur Flächenobjekte liefert. Allerdings ist ein Volumenkörper für die geo-

metrische Berechnung in RIB iTWO zwingend erforderlich. Dieser Weg ist auch nicht

zu empfehlen, weil aufgrund der Komplexität der Volumenkörper die Mengenberech-

nung in RIB iTWO nicht ausgereift ist. Die Terminplanung und die Bauablaufsimulation

werden in RIB iTWO aufgrund der CPIXML-Datei erfolgreich durchgeführt.

Es wird versucht, alle Daten in der Arbeitsweise B durch IFC-Format zu übertragen.

Das Modell wird in ProVI über das IFC-Alignment zu dem IFC-Viewer exportiert. Zwar

sind die horizontalen und vertikalen Parameter der Hauptachse A 10 im IFC-Viewer

4 Auswertung und Zusammenfassung 56

„Constructivity Model Viewer“ lesbar, sind sie für die Mengenermittlung nutzlos, da es

darin keine Querprofile gibt. Infolgedessen wird das Modell zuerst aus ProVI als Volu-

menkörper gezeichnet und danach in AutoCAD Civil 3D nach Standard IFC2x3 expor-

tiert. Nachdem die erzeugte IFC-Datei des Modells in das RIB iTWO importiert wird,

werden die Oberbaumengen von der Betondecke und Schottertragschicht nicht nur als

Attribute eingelesen, so wie es in der Arbeitsweise A zusammengefasst wird, sondern

auch geometrisch berechnet. Allerdings ist die Umsetzung der Arbeitsweise B auf-

grund der Berechnungsfähigkeit für die komplizierte Geometrie in RIB iTWO nur be-

grenzt.

Zusammenfassend sind die beiden Arbeitsweisen sinnvoll für die Implementierung der

BIM im Infrastrukturbereich. Auf der Arbeitsweise A sind die BIM-basierte Mengener-

mittlung und Terminplanung in der Planungsphase schon realisierbar. Aber die Be-

rechnungsqualität für die Mengen ist noch zu überprüfen. Darüber hinaus sind die soft-

warespezifischen Schnittstellen für den Datenaustausch weiter auszubauen. Die Ar-

beitsweise B stellt eine umfangreiche BIM-Implementierung mit weniger Aufwand dar.

Jedoch ist sie noch weit entfernt von der realen Verwendung.

Als weiteres Vorgehen wird empfohlen, die Arbeitsweise B weiter zu untersuchen. Die

zukünftige BIM-Arbeitsweise im Verkehrswegebau sollte nach der Arbeitsweise B wei-

terentwickelt werden, weil Open BIG BIM wesentliche Vorteile zeigt. Dafür ist das IFC-

Format ein bedeutender Punkt. Da das Standard IFC-Alignment spezifisch für Ver-

kehrswegebau entworfen ist, sollte es stärker unterstützt werden.

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Anhang A 61

Abbildung 2-6: Umsetzung BIM Stufenplan - erweiterte Pilotphase (Stand 05.2017)

(STRABAG).

Anhang A

Bilder

Anhang A 62

Abbildung 3-18: Darstellung des Balkenplans.

Anhang B 63

Auf der beigefügten CD befindet sich folgender Inhalt:

Der schriftliche Teil der Arbeit als Worddokument

Die Daten des Projektes

Anhang B

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Master-Thesis selbstständig angefertigt

habe. Es wurden nur die in der Arbeit ausdrücklich benannten Quellen und Hilfsmittel

benutzt. Wörtlich oder sinngemäß übernommenes Gedankengut habe ich als solches

kenntlich gemacht.

Ich versichere außerdem, dass die vorliegende Arbeit noch nicht einem anderen Prü-

fungsverfahren zugrunde gelegen hat.

München, 11. November 2017

Vorname Nachname

Jingxing Sun

Erklärung