Untersuchung meteorologischer Einflüsse auf die Luftqualität in Augsburg K. Schäfer 1, S. Emeis...

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Untersuchung meteorologischer Einflüsse auf die Luftqualität in Augsburg K. Schäfer 1 , S. Emeis 1 , R. Forkel 1 , C. Münkel 2 , S. Schrader 1 , R. Friedl 1 , M. Höß 1 , M. Hoffmann 1 , C. Jahn 1 , J. Jacobeit 3 , P. Suppan 1 1 Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Atmosphärische Umweltforschung (KIT/IMK-IFU), Kreuzeckbahnstraße 19, 82467 Garmisch-Partenkirchen, e-mail: [email protected] 2 Vaisala GmbH, Hamburg 3 Universität Augsburg, Lehrstuhl für Physische Geographie und Quantitative Methoden, Augsburg Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung Kreuzeckbahnstraße 19 82467 Garmisch-Partenkirchen http://imk-ifu.kit.edu Tagesgang der Mischungsschichthöhe (MLH) - gemessen mit dem Ceilometer Vaisala CL31 am 16.02.2008, das die vertikale Aerosolverteilung erfasst. Die Rückstreuintensität des Laserlichtes ist in verschiedenen Farben dargestellt (Skala auf der rechten Seite). Ergebnisse der Radiosondenaufstiege (Windvektor, relative Feuchte und potentielle virtuelle Temperatur) des meteorologischen Observatoriums Oberschleißheim. Die Zeitachse ist Ortszeit. Korrelationen der Konzentrationen von PM 10 (Tages-Mittelwerte) und NO 2 (Stunden-Mittelwerte) mit der Mischungs-schichthöhe im Winter 2008. Die Parameter der linearen und exponentiellen Regressions-funktion und des Quadrates des Korrelationskoeffizienten sind dargestellt. Erst der Überblick über die verschiedenen Datenquellen verschafft eine Information über die räumliche Verteilung der Luftschadstoffbelastung. So kann die Wirkung aller wichtigen Atmosphärenprozesse erkannt werden, wie u.a. die Rolle der Mischungsschichthöhe: außer durch Emissionen wird während Zeiten geringen Luftaustausches die Luftqualität durch die Stabilität bzw. Schichtung der Atmosphäre beeinflusst. Diese Untersuchungsergebnisse unterstützen die Verantwortlichen bei der Erarbeitung von Emissionsreduktionsmaßnahmen. Fragestellu ng Obwohl die Luftqualität europäischer Großstädte nach EU- Richtlinien mit Messnetzen überwacht wird, sind Gebiete höchster Belastung häufig nicht bekannt. Trotz zahlreicher Emissionsminderungsmaßnahmen ist die Luftqualität weiterhin ein Thema. Neue medizinische und biologische Forschungsergebnisse zeigen immer mehr gesundheitliche Wirkungen der Umweltbelastungen auf. Daher werden Grenzwerte für Luftschadstoffe weiter gesenkt. Wie gut ist die Luftqualität in Augsburg? Lösung Die integrierte Bewertung der Informationen über die Luftqualität aus Routinemessungen an Messstationen, Detailmessungen der meteorologischen und chemischen Bedingungen, numerischen Simulationen und Satellitenbeobachtungen schafft den bestmöglichen Überblick und ist die Grundlage für wirkungsvolle Emissionsreduktionsmaßnahmen. So kann die Belastung der Bevölkerung weitgehend erfasst und schließlich reduziert werden. Ergebnisse Trotz ständig verschärfter Grenzwerte für Luftschadstoffe zum Schutz der menschlichen Gesundheit können auch in Augsburg noch gesundheitlich bedenkliche Konzentrationen erreicht werden. Ab 2010 betragen die Grenzen der Tages-Mittelwerte für Feinstaub PM 10 max. 50 µg/m 3 und der Stunden-Mittelwerte für Stickstoffdioxid (NO 2 ; ist die Differenz zwischen Stickoxiden NO x und Stickstoffmonoxid NO) max. 200 µg/m 3 . Insbesondere die Feinstaubbelastung kann kritische Größenordnungen erreichen. Kurzzeitig erhöhte Schadstoffkonzentrationen entstehen vor allem durch die lokale Quellen – den Straßenverkehr, die Heizungsanlagen und gewerbliche Aktivitäten. Generell sind jedoch auch die meteorologischen Bedingungen für hohe Schadstoffbelastungen ausschlaggebend: Wind und Stabilität der unteren Atmosphäre. Die kontinuierliche Erfassung der Höhe der bodennahen, durch turbulente Austauschvorgänge gut durchmischten Atmosphärenschicht (Mischungsschichthöhe) ermöglicht Aussagen über die vertikale Verdünnung von Schadstoffen: Es werden die vom SODAR gemessenen akustischen und die von einem Ceilometer gemessenen optischen Rückstreuintensitäten sowie die mit einem RASS gemessenen vertikalen Temperaturprofile genutzt, um die Mischungsschichthöhe abzuleiten. Informationen über Schwebstaub-Konzentrationen PM 10 , PM 2,5 und PM 1 in einem Gebiet von ca. 100 km x 100 km lassen sich auch aus Satellitenbildern (u. a. von Landsat) mit einer Auflösung von ca. 30 m x 30 m ableiten. Damit können Konzentrationen von PM 2,5 und PM 1 angegeben werden, die zur Zeit routinemäßig nicht erfasst werden. Man kann mehrere Maxima und Minima der Konzentration erkennen, die im wesentlichen durch den Straßenverkehr verursacht sind. Ein Vergleich berechneter Werte mit den Stationswerten erbringt qualitativ sehr gute Ergebnisse. Zusammenfassung PM10- Konzentrations ver-teilung in Augsburg (Karlstr., Unterer Graben, Oberer Graben) aus Satellitenbeob ach-tungen am 20.04.2007. RASS (radio-acoustic sounding system) SODAR (sound detection and ranging) Ceilomete r Das mesoskalige Modell WRF/Chem wurde zur Untersuchung der Bildung sekundärer Aerosole, des Transportes und der Chemie eingesetzt. Das Modell berechnet regionale Verteilungen der Konzentration von CO, NO 2 , NO, Kohlenwasserstoffen, Ozon, PM 10 , PM 2.5 , Wind, Temperatur, Feuchte und Mischungsschichthöhe. Diese Modellergebnisse werden anhand der Messdaten evaluiert. Mit mesoskaligen Modellsimulationen können z.B. die Auswirkungen von Transportprozessen oder von geplanten Emissionsminderungsmaßnahmen auf die räumliche Verteilung der Schadstoffe untersucht werden. WRF/chem- Simulation mit 2,25 km hori- zontaler Auf-lösung: PM 10 - Konzentratio ns- verteilung in Süddeutschla nd für 07.01.2009, 7.00 Uhr. S N O W Lage der Messstellen (markiert durch Dreiecke) Rot: Abfallverwertungsanlage Blau: Fachhochschule Augsburg Gelb: Landesamt für Umweltschutz

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Untersuchung meteorologischer Einflüsse auf die Luftqualität in Augsburg

K. Schäfer1, S. Emeis1, R. Forkel1, C. Münkel2, S. Schrader1, R. Friedl1, M. Höß1, M. Hoffmann1, C. Jahn1, J. Jacobeit3, P. Suppan1

1Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Atmosphärische Umweltforschung (KIT/IMK-IFU), Kreuzeckbahnstraße 19, 82467 Garmisch-Partenkirchen, e-mail: [email protected] GmbH, Hamburg3Universität Augsburg, Lehrstuhl für Physische Geographie und Quantitative Methoden, Augsburg

Institut für Meteorologie und KlimaforschungAtmosphärische UmweltforschungKreuzeckbahnstraße 1982467 Garmisch-Partenkirchenhttp://imk-ifu.kit.edu

Tagesgang der Mischungsschichthöhe (MLH) - gemessen mit dem Ceilometer Vaisala CL31 am 16.02.2008, das die vertikale Aerosolverteilung erfasst. Die Rückstreuintensität des Laserlichtes ist in verschiedenen Farben dargestellt (Skala auf der rechten Seite). Ergebnisse der Radiosondenaufstiege (Windvektor, relative Feuchte und potentielle virtuelle Temperatur) des meteorologischen Observatoriums Oberschleißheim. Die Zeitachse ist Ortszeit.

Korrelationen der Konzentrationen von PM10 (Tages-Mittelwerte) und

NO2 (Stunden-Mittelwerte) mit der Mischungs-schichthöhe im Winter 2008. Die Parameter der linearen und exponentiellen Regressions-funktion und des Quadrates des Korrelationskoeffizienten sind dargestellt.

Erst der Überblick über die verschiedenen Datenquellen verschafft eine Information über die räumliche Verteilung der Luftschadstoffbelastung. So kann die Wirkung aller wichtigen Atmosphärenprozesse erkannt werden, wie u.a. die Rolle der Mischungsschichthöhe: außer durch Emissionen wird während Zeiten geringen Luftaustausches die Luftqualität durch die Stabilität bzw. Schichtung der Atmosphäre beeinflusst. Diese Untersuchungsergebnisse unterstützen die Verantwortlichen bei der Erarbeitung von Emissionsreduktionsmaßnahmen.

FragestellungObwohl die Luftqualität europäischer Großstädte nach EU-Richtlinien mit Messnetzen überwacht wird, sind Gebiete höchster Belastung häufig nicht bekannt. Trotz zahlreicher Emissionsminderungsmaßnahmen ist die Luftqualität weiterhin ein Thema. Neue medizinische und biologische Forschungsergebnisse zeigen immer mehr gesundheitliche Wirkungen der Umweltbelastungen auf. Daher werden Grenzwerte für Luftschadstoffe weiter gesenkt. Wie gut ist die Luftqualität in Augsburg?

LösungDie integrierte Bewertung der Informationen über die Luftqualität aus Routinemessungen an Messstationen, Detailmessungen der meteorologischen und chemischen Bedingungen, numerischen Simulationen und Satellitenbeobachtungen schafft den bestmöglichen Überblick und ist die Grundlage für wirkungsvolle Emissionsreduktionsmaßnahmen. So kann die Belastung der Bevölkerung weitgehend erfasst und schließlich reduziert werden.

ErgebnisseTrotz ständig verschärfter Grenzwerte für Luftschadstoffe zum Schutz der menschlichen Gesundheit können auch in Augsburg noch gesundheitlich bedenkliche Konzentrationen erreicht werden. Ab 2010 betragen die Grenzen der Tages-Mittelwerte für Feinstaub PM10 max. 50 µg/m3 und der Stunden-Mittelwerte für Stickstoffdioxid (NO2; ist die Differenz zwischen Stickoxiden NOx und Stickstoffmonoxid NO) max. 200 µg/m3. Insbesondere die Feinstaubbelastung kann kritische Größenordnungen erreichen. Kurzzeitig erhöhte Schadstoffkonzentrationen entstehen vor allem durch die lokale Quellen – den Straßenverkehr, die Heizungsanlagen und gewerbliche Aktivitäten. Generell sind jedoch auch die meteorologischen Bedingungen für hohe Schadstoffbelastungen ausschlaggebend: Wind und Stabilität der unteren Atmosphäre.

Die kontinuierliche Erfassung der Höhe der bodennahen, durch turbulente Austauschvorgänge gut durchmischten Atmosphärenschicht (Mischungsschichthöhe) ermöglicht Aussagen über die vertikale Verdünnung von Schadstoffen: Es werden die vom SODAR gemessenen akustischen und die von einem Ceilometer gemessenen optischen Rückstreuintensitäten sowie die mit einem RASS gemessenen vertikalen Temperaturprofile genutzt, um die Mischungsschichthöhe abzuleiten.

Informationen über Schwebstaub-Konzentrationen PM10, PM2,5 und PM1 in einem Gebiet von ca. 100 km x 100 km lassen sich auch aus Satellitenbildern (u. a. von Landsat) mit einer Auflösung von ca. 30 m x 30 m ableiten. Damit können Konzentrationen von PM2,5 und PM1 angegeben werden, die zur Zeit routinemäßig nicht erfasst werden. Man kann mehrere Maxima und Minima der Konzentration erkennen, die im wesentlichen durch den Straßenverkehr verursacht sind. Ein Vergleich berechneter Werte mit den Stationswerten erbringt qualitativ sehr gute Ergebnisse.

Zusammenfassung

PM10-Konzentrationsver-teilung in Augsburg (Karlstr., Unterer Graben, Oberer Graben) aus Satellitenbeobach-tungen am 20.04.2007.

RASS (radio-acoustic sounding system)

SODAR (sound detection and ranging)

Ceilometer

Das mesoskalige Modell WRF/Chem wurde zur Untersuchung der Bildung sekundärer Aerosole, des Transportes und der Chemie eingesetzt. Das Modell berechnet regionale Verteilungen der Konzentration von CO, NO2, NO, Kohlenwasserstoffen, Ozon, PM10, PM2.5, Wind, Temperatur, Feuchte und Mischungsschichthöhe. Diese Modellergebnisse werden anhand der Messdaten evaluiert. Mit mesoskaligen Modellsimulationen können z.B. die Auswirkungen von Transportprozessen oder von geplanten Emissionsminderungsmaßnahmen auf die räumliche Verteilung der Schadstoffe untersucht werden.

WRF/chem-Simulation mit 2,25 km hori-zontaler Auf-lösung: PM10-Konzentrations-verteilung in Süddeutschlandfür 07.01.2009, 7.00 Uhr.

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Lage der Messstellen (markiert durch Dreiecke)Rot: AbfallverwertungsanlageBlau: Fachhochschule AugsburgGelb: Landesamt für Umweltschutz