Untersuchungen zur Phosphorrücklösung im Nachklärbecken · Im Rahmen der Batch-Versuche wurden...

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Problemstellung An einem ausgewähltem Nachklär- becken wurden Tiefen- und Längs- profile von Sauerstoff, Orthophos- phat, CSB, Nitratstickstoff sowie pH- Wert und Wassertemperatur aufge- nommen. Um den Prozess, der zur Phosphorrücklösung führt, und dessen Ursachen unter möglichst realitätsnahen Bedingungen zu untersuchen, wurden acht kleintechnische Batch-Versuche durchgeführt. Je drei Liter Wasser-Schlammgemisch wurden aus dem Zulauf Nachklärbecken entnommen und in einen geschlossenen Reaktor gefüllt. Mithilfe eines Rührers wurde der Schlamm über eine meist zweistündige „Eindick- zeit“ gerührt. Die Temperatur wurde während der Versuche konstant gehalten. Mittels elektrochemischer Sonden wurden Sauerstoffgehalt und Redoxpotential gemessen. Im Abstand von fünf Minuten wurden Proben für die Analytik entnommen. Untersuchungen zur Phosphorrücklösung im Nachklärbecken S W A von betreut durch: am: M.Sc. Helen Paeschow Dipl.-Ing., Dipl.-Umweltwiss. Andreas Obermayer Institut für Wasserwesen [email protected] Berichterstatter: Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik 0177/8600571 Univ.-Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert Universität der Bundeswehr München Dr.-Ing. habil. Steffen Krause Die in der AbwV für Phosphor gesetzten Grenzwerte können in Nachklärbecken von Bio-P-Anlagen durch Orthophosphat- rücklösungen phosphorakkumulierender Organismen (PAOs) bis um das Zwanzigfache überschritten werden. PAO Typ I ist im Gegensatz zu PAO Typ II in der Lage Nitrat als Elektronenakzeptor zu nutzen. Dieser kann unter anoxischen Verhältnissen nach vollständiger Sauerstoffzehrung das von PAO Typ II rückgelöste Orthophosphat wieder aufnehmen. Das Vorhandensein von für PAOs geeignetem Substrat (VFA – volatile fatty acids) führt zur primären Rücklösung. → Maßgebliche im Anaerobbecken der Bio-P stattfindende Rück- lösung. Fehlen diese VFA, findet ausschließlich die sekundäre Rücklösung statt. Der Zellerhaltung dienende, jedoch in vielfach geringerem Umfang, stattfindende Rücklösung. Der Rücklöseprozess ist durch eine große Komplexität gekennzeichnet. Metabolismen der Bio-P Stark vereinfachte Darstellung der Einflüsse verschiedener Parameter auf die P-Rücklösung Vorgehensweise Übersicht Batch-Versuche Nitrat-Profil über das Nachklärbecken Holzkirchen Versuchsanordnung Batch-Versuche Ergebnisse & Handlungsempfehlungen Zusammenfassung gemessener Rücklösefälle Mindestgehalt an Nitrat in Abhängigkeit von Eindickzeit und organischer Trockensubtanz Im Bereich der Beckensohle wurde die durch den PAO Typ II stattfindende Rücklösung wegen der Nutzung von Nitrat als Elektronenakzeptor durch PAO Typ I wieder kompensiert. Wegen der geringen Sauerstoffkonzentration und der gleichzeitigen Verfügbarkeit von Nitrat im Bereich des Schlammspiegels konnte im Überstandswasser kein gegebenenfalls rückgelöstes Orthophosphat festgestellt werden. Im Rahmen der Batch-Versuche wurden sieben verschiedene im Nachklärbecken stattfindende Rücklöseprozesse identifiziert. Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse konnten Handlungsempfehlungen für den Betrieb von Kläranlagen erarbeitet werden, die zur Vermeidung von erhöhten Ablaufkonzentrationen an Orthophosphat genutzt werden können. Orthophosphatrücklösungen können unter der Maßgabe einer ökologisch wie ökonomisch sicheren Prozess- führung minimiert werden: Die Rücklösung kann durch vorhandenes Nitrat nicht verhindert werden, Nitrat kann aber eine anhaltende Rücklösung unterbinden. Die vollständige Denitrifikation ist zu vermeiden. Unter Nutzung der Untersu- chungsergebnisse konnte eine Formel abgeleitet wer- den, mit deren Hilfe der Mindestgehalt an Nitrat in Abhängigkeit des Gehalts an organischer Trocken- Substanz berechnet wird, der erforderlich ist, um eine anhaltende Phosphorrück- lösung zu vermeiden. Es wird empfohlen eine Eindickzeit von zwei Stunden nicht zu überschreiten, da ansonsten die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Orthophosphatrücklösung stark erhöht ist. Ein optimal geplanter ggf. höhenverstellbarer Zulauf verringert Turbulenzen und damit auch das Übertragen von Orthophosphaten in das Überstandswasser und in den Ablauf.

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Page 1: Untersuchungen zur Phosphorrücklösung im Nachklärbecken · Im Rahmen der Batch-Versuche wurden sieben verschiedene im Nachklärbecken stattfindende Rücklöseprozesse identifiziert.

Problemstellung

An einem ausgewähltem Nachklär-becken wurden Tiefen- und Längs-profile von Sauerstoff, Orthophos-phat, CSB, Nitratstickstoff sowie pH-Wert und Wassertemperatur aufge-nommen.

Um den Prozess, der zur Phosphorrücklösung führt, und dessen Ursachen unter möglichst realitätsnahen Bedingungen zu untersuchen, wurden acht kleintechnische Batch-Versuche durchgeführt.

Je drei Liter Wasser-Schlammgemisch wurden aus dem Zulauf Nachklärbecken entnommen und in einen geschlossenen Reaktor gefüllt. Mithilfe eines Rührers wurde der Schlamm über eine meist zweistündige „Eindick-zeit“ gerührt.

Die Temperatur wurde während der Versuche konstant gehalten. Mittels elektrochemischer Sonden wurden Sauerstoffgehalt und Redoxpotential gemessen. Im Abstand von fünf Minuten wurden Proben für die Analytik entnommen.

Untersuchungen zur Phosphorrücklösung im Nachklärbecken

S W A

von betreut durch: am:M.Sc. Helen Paeschow Dipl.-Ing., Dipl.-Umweltwiss. Andreas Obermayer Institut für [email protected] Berichterstatter: Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik0177/8600571 Univ.-Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert Universität der Bundeswehr München

Dr.-Ing. habil. Steffen Krause

Die in der AbwV für Phosphor gesetzten Grenzwerte können in Nachklärbecken von Bio-P-Anlagen durch Orthophosphat-rücklösungen phosphorakkumulierender Organismen (PAOs) bis um das Zwanzigfache überschritten werden.

PAO Typ I ist im Gegensatz zu PAO Typ II in der Lage Nitrat als Elektronenakzeptor zu nutzen. → Dieser kann unter anoxischen Verhältnissen nach

vollständiger Sauerstoffzehrung das von PAO Typ II rückgelöste Orthophosphat wieder aufnehmen.

Das Vorhandensein von für PAOs geeignetem Substrat (VFA – volatile fatty acids) führt zur primären Rücklösung.

→ Maßgebliche im Anaerobbecken der Bio-P stattfindende Rück- lösung.

Fehlen diese VFA, findet ausschließlich die sekundäre Rücklösung statt.→ Der Zellerhaltung dienende, jedoch in vielfach geringerem Umfang, stattfindende Rücklösung.

Der Rücklöseprozess ist durch eine große Komplexität gekennzeichnet.

Metabolismen der Bio-P Stark vereinfachte Darstellung der Einflüsse verschiedener Parameter auf die P-Rücklösung

Vorgehensweise

Übersicht Batch-Versuche

Nitrat-Profil über das Nachklärbecken Holzkirchen Versuchsanordnung Batch-Versuche

Ergebnisse & Handlungsempfehlungen

Zusammenfassung gemessener Rücklösefälle

Mindestgehalt an Nitrat in Abhängigkeit von Eindickzeit und organischer Trockensubtanz

Im Bereich der Beckensohle wurde die durch den PAO Typ II stattfindende Rücklösung wegen der Nutzung vonNitrat als Elektronenakzeptor durch PAO Typ I wieder kompensiert. → Wegen der geringen Sauerstoffkonzentration und der

gleichzeitigen Verfügbarkeit von Nitrat im Bereich des Schlammspiegels konnte im Überstandswasser kein

gegebenenfalls rückgelöstes Orthophosphat festgestellt werden.

Im Rahmen der Batch-Versuche wurden sieben verschiedene im Nachklärbecken stattfindende Rücklöseprozesse identifiziert.

Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse konnten Handlungsempfehlungen für den Betrieb von Kläranlagen erarbeitet werden, die zur Vermeidung von erhöhten Ablaufkonzentrationen an Orthophosphat genutzt werden können.

Orthophosphatrücklösungen können unter der Maßgabe einer ökologisch

wie ökonomisch sicheren Prozess-führung minimiert werden:

Die Rücklösung kann durch vorhandenes Nitrat nicht verhindert werden, Nitrat kann aber eine anhaltende Rücklösung unterbinden.→ Die vollständige Denitrifikation ist zu vermeiden.

Unter Nutzung der Untersu-chungsergebnisse konnte eine Formel abgeleitet wer- den, mit deren Hilfe derMindestgehalt an Nitratin Abhängigkeit des Gehalts an organischer Trocken-Substanz berechnet wird,der erforderlich ist, um eine anhaltende Phosphorrück-lösung zu vermeiden.

Es wird empfohlen eine Eindickzeit von zwei Stunden nicht zu überschreiten, da ansonsten die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Orthophosphatrücklösung stark erhöht ist.

Ein optimal geplanter ggf. höhenverstellbarer Zulauf verringert Turbulenzen und damit auch das Übertragen von Orthophosphaten in das Überstandswasser und in den Ablauf.