Untersuchungen zur Überwinterung der Kirschessigfliege · Folie 6 Seit 2012 wird in...

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Folie 1 Untersuchungen zur Überwinterung der Kirschessigfliege Ergebnisse aus dem Projekt InvaProtect Stefanie Alexander, Jan Sauter, Christina Grill, Marion Gradl, Ursula Hetterling, Alfred Orth, Uwe Harzer, DLR Rheinpfalz Wolfgang Jarausch, RLP AgroScience

Transcript of Untersuchungen zur Überwinterung der Kirschessigfliege · Folie 6 Seit 2012 wird in...

Folie 1

Untersuchungen zur

Überwinterung der

Kirschessigfliege

Ergebnisse aus dem Projekt InvaProtect

Stefanie Alexander, Jan Sauter, Christina Grill,

Marion Gradl, Ursula Hetterling, Alfred Orth,

Uwe Harzer, DLR Rheinpfalz

Wolfgang Jarausch, RLP AgroScience

Folie 2

Diese Untersuchungen wurden im Rahmen des Projekts InvaProtect

„Nachhaltiger Pflanzenschutz gegen invasive Schaderreger im Obst- und

Weinbau“ durchgeführt.

Das Projekt InvaProtect hat zum Ziel, ein Gesamtkonzept mit

Bekämpfungsempfehlungen u.a. gegen die Kirschessigfliege auf der

Basis von kulturspezifischen integrierten Maßnahmenplänen für die

Obstanbauer und Winzer im Oberrheingraben zu erstellen.

Das Projekt wird aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung

(EFRE) finanziert.

InvaProtect

Folie 3

Überwinterung von D. suzukii

Kirschessigfliegen überwintern als adulte Tiere in Form von Wintermorphen.Diese sind etwas größer, dunkler gefärbt und besitzen längere Flügel als dieSommermorphen (Bild 1, Folie 4). Die Winterform entwickelt sich ab Herbst beikürzer werdenden Tagen (< 12 Stunden) und niedrigeren Temperaturen (10 °C).Die Übergänge in der Körperfärbung sind dabei fließend, es gibt zahlreicheZwischenformen. Bis in den Winter hinein können parallel beide Typen auftreten.

Der Stoffwechsel der Wintermorphen ist besser an die kalte Jahreszeitangepasst, sie sind kältetoleranter und können Temperaturen unter demGefrierpunkt überleben. Diese Tiere fängt man bis in den Juni des Folgejahres.

Steigen die Temperaturen im Winter und Frühjahr über 8°C werden dieKirschessigfliegen flugaktiv (Graphik 1, Folie 5) und müssen in der Folge Nahrungaufnehmen. Dabei handelt es sich um Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilze,die auf Pflanzen wachsen.

Weibliche Kirschessigfliegen sind zudem kälteresistenter als die männlichen Tiere(Graphik 2, Folie 5).

Folie 4

WintermorpheSommermorphe

Bild 1: Die zwei Morphotypen

von D. suzukii am Beispiel

von zwei Männchen; links:

eine Sommermorphe; rechts:

eine Wintermorphe (Foto: S.

Alexander).

Überwinterung von D. suzukii

Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg

Untersuchungen zur Überwinterung

(Quelle: W. Jarausch, RLP AgroScience)

0

2

4

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8

10

12

< 6 °C < 7 °C < 8 °C 8 - 9 °C > 10 °C

An

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Graphik 1: Winterfänge in Abhängigkeit von der

Temperatur Aktivität beginnt ab ca. 8°C

0,00

0,10

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0,30

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Wochen

KEF4W-MKEF4W-WKEF8-MKEF8-W

Graphik 2: Überlebensrate von KEF-Männchen

(graue und gelbe Linie) und KEF-Weibchen (blaue

und orangene Linie) verschiedener Populationen

bei 3°C im Labor (mit Futterzugabe) Weibchen

überlebten länger als Männchen

Folie 6

Seit 2012 wird in Rheinland-Pfalz die Verbreitung und das Ausbreitungsverhaltender Kirschessigfliegen mit Monitoring-Fallen überwacht (Bild 2, Folie 7). Dabeiwurde beobachtet, dass ab Herbst die Fangzahlen besonders in Waldgebietenanstiegen. Auch an milden Wintertagen wurden dort bis in den Januar hineingroße Mengen an Kirschessigfliegen geködert, was auf potentielleÜberwinterungsquartiere in Waldgebieten hinweist.

Weitere Fundorte von Kirschessigfliegen im Winter waren dichte Gehölzzonen(Hecken, Feldholzinseln), sowie Hausgärten (Nähe Komposter). Auch inObstanlagen, welche im Vorjahr Befall durch D. suzukii aufwiesen, wurden anwarmen Wintertagen Fliegen geködert.

In den folgenden Jahren wurden gezielt Wildhabitate und Obstanlagen auf dasVorhandensein dieser Fliegenart im Winter und Frühjahr hin untersucht.

Überwinterung von D. suzukii

Folie 7

Bild 2: Monitoring-Falle in einem Waldgebiet bei Neustadt/Weinstraße

mit wilden Heidelbeeren (Foto: B. Jarausch, RLP AgroScience)

Folie 8

In einer bewirtschafteten Brombeeranlage wurde über das gesamte Jahr 2017 in

zwei verschiedenen Höhen über dem Boden (20 cm und 180 cm) die

Flugaktivität der Kirschessigfliegen mit Monitoring-Fallen aufgenommen (Bilder 3

und 4). Zusätzlich zeichneten Datenlogger die Temperaturunterschiede in

unterschiedlichen Höhen auf. Graphik 3 (Folie 9) zeigt die wöchentlichen

Fangzahlen.

Überwinterung in ObstanlagenBeispiel Brombeere

Bild 3 und 4: links:

Brombeeranlage; rechts:

Monitoring-Falle in 180 cm

Höhe (Fotos: J. Sauter)

Folie 9

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20

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180 cm Höhe 20 cm Höhe

Überwinterung in ObstanlagenBeispiel Brombeere

Graphik 3: Wöchentliche Fangzahlen der Kirschessigfliegen in einer Brombeeranlage in den

Höhen 20 cm und 180 cm im Jahresverlauf 2017

Erste Fallenfänge im Jahr

waren in Bodennähe

Erntezeitraum

Im Winter wurden

mehr KEF in 20 cm

Höhe geködert

Folie 10

Überwinterung in ObstanlagenBeispiel Brombeere - FAZIT

Beobachtungen:

• Die ersten (wenigen) Kirschessigfliegen des Jahres wurden Ende

Februar/Anfang März in der bodennahen Falle aufgefangen

• Die höchsten Fänge des Jahres wurden im September nach der Ernte und damit

nach dem Behandlungszeitraum mit chemischen Pflanzenschutzmitteln (!)

verzeichnet; der größte Teil der KEF wurde dabei in 180 cm Höhe geködert

• An warmen Wintertagen flogen hingegen mehr Tiere in die bodennahe Falle

Mögliche Erklärung:

Der Boden dieser Anlage ist flächig mit Brennnesseln bedeckt. Diese bieten im

Winter, wenn auch größtenteils abgestorben, eine schützende Deckschicht unter

der die Fliegen Zuflucht finden können. Während der Reifezeit der Brombeeren hält

sich der Großteil der Population in Fruchtnähe auf. Hier finden sie nicht nur

Reproduktionswirte, sondern auch ein schattiges, feuchtes Habitat durch die starke

Belaubung der Brombeersträucher. Im Winter, wenn die Brombeeren bei Frost ihr

Laub verlieren, ziehen sich die Fliegen dann verstärkt in die Krautschicht zurück.

Folie 11

Suche nach Überwinterungsverstecken

im Februar 2018 (verschiedene Methoden)

Im Februar 2018 wurden, neben dem laufenden Fallenmonitoring, drei weitere

Methoden zur Aufsammlung von Kirschessigfliegen aus möglichen

Überwinterungshabitaten angewandt und auf ihre Tauglichkeit überprüft (Bilder 5

bis 8, Folie 13):

a) Bodenphotoeklektoren: Dabei handelt es sich um zeltförmige Schlüpffallen,

die ein bestimmtes Bodenareal abdecken. Aufgestellt werden die Eklektoren bei

Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, wenn die Fliegen sich bereits in

frostgeschützte Bereiche zurückgezogen haben und in der Kältestarre verharren.

Fliegen, die in der darunterliegenden Bodenschicht überwintern, werden bei

steigenden Temperaturen flugaktiv und landen in der Kopfdose, welche eine

konservierende Flüssigkeit enthält.

Im Februar 2018 wurden mit dieser Methode die Bodenschichten in einem

Folientunnel mit Brombeeren sowie im angrenzenden Freiland überwacht (Folie

14).

Folie 12

b) Abklopfen der Insekten von Bäumen und Sträuchern: Dabei werden mit

einem Holzhammer Zweige und Äste abgeklopft und die herunterfallenden

Insekten mit einem Tuch oder Sammeltrichter aufgefangen.

c) Aufsaugen der Insekten mit einem umgerüsteten Laubsauger von Bäumen

bzw. aus der Grasschicht

Die Methoden b) und c) sind bei niedrigen Temperaturen durchzuführen, wenn

die Kirschessigfliegen noch inaktiv und somit bewegungsunfähig sind.

Suche nach Überwinterungsverstecken

im Februar 2018 (verschiedene Methoden)

Folie 13

Suche nach Überwinterungsverstecken

im Februar 2018 (verschiedene Methoden)

Bilder 5 bis 8: links oben:

Bodenphotoeklektor; rechts

oben: Klopfproben in Wild-

habitaten;

unten: Aufsaugen von

Insekten in Wildhabitaten

und Nadelgehölzen (Fotos:

A. Orth, J. Sauter)

Folie 14

Suche nach Überwinterungs-

verstecken im Februar 2018

Datum Bodenphotoeklektor

Tunnel/Brombeeren

Bodenphotoeklektor

Hecke/Freiland

13.02. 1 M -

19.02. 1 M 1 M

26.02. - -

05.03. - -

13.03. - -

20.03. - -

Tmin: - 4°C

Tmin: - 8,5°C

Am 13.02. und 19.02. konnten in Summe 3 männliche Kirschessigfliegen in den

Bodenphotoeklektoren an den beiden untersuchten Standorten registriert werden.

Vorausgegangen waren Temperaturen von – 4 °C bzw. – 8,5 °C.

Folie 15

Klopfproben

Die Klopfproben wurden am 01.03. bei – 6,8 °C (an den

Vortagen bis – 13,1 °C) im Wildhabitat in Meckenheim am

Efeu und auf der Versuchsfläche des DLR Rheinpfalz

(Nussacker) im Tunnel an Brombeeren durchgeführt.

Ergebnis: Es konnten keine Kirschessigfliegen abgeklopft

werden!

Aufsaugen von Insekten

Das Aufsaugen von Insekten mit einem speziell hierfür

umgebauten Laubsauger erfolgte am 08.02./09.02.18 bei

-2,4 °C in Wildhabitaten mit Efeu, in der Grasschicht im

Brombeertunnel sowie in Koniferen.

Ergebnis: Es konnten keine Kirschessigfliegen abgesaugt

werden!

Suche nach Überwinterungs-

verstecken im Februar 2018

Folie 16

Suche nach Überwinterungs-

verstecken - FAZIT

Beim Vergleich dieser drei Methoden konnten einzig mit Bodenphotoeklektoren in

den vergangenen Jahren Kirschessigfliegen, wenn auch in geringer Zahl, aus der

Bodenschicht im Frühjahr rückgefangen werden. Sowohl im Brombeertunnel als

auch außerhalb konnten Fliegen dieser Art im Februar 2018 nachgewiesen

werden. Nachteil: nur ein kleines Bodenareal kann mit dieser Methode überwacht

werden.

Sowohl das Abklopfen als auch das Absaugen bei kalten Temperaturen brachten

bislang keinen Erfolg. Dennoch können solche Wildhabitate als potentielle

Aufenthaltsorte für Kirschessigfliegen im Winter nicht ausgeschlossen werden.

Nicht zuletzt deshalb, weil nach derzeitigem Kenntnistand nur ein sehr geringer

Teil der Population aus dem Vorjahr den Winter überdauert und die wenigen

Individuen im Frühjahr schwer aufzufinden sind.