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Diese Ausgabe erscheint mit dem Magazin für Männer Titelthema: »Frauen reden, Männer handeln« Martin meint ... Buchtipp: Altherrensommer Drei Fragen an Andreas Malessa Das Magazin für den ganzen Mann. 5 • 2012 mann ! G laubt man den Statistiken, dann steuern wir auf eine Single-Gesellschaft zu. In Großstädten zum Beispiel lebt schon mehr als die Hälfte der Ein- wohner in Ein-Personen-Haushalten. Tendenz: stei- gend. Haben die Menschen keine Lust mehr auf Part- nerschaft? Aber wie immer ergibt sich, wenn man genauer hinschaut, ein anderes Bild. So gelten etwa Alleinerziehende automatisch als Singles – egal, ob sie in einer Beziehung leben oder nicht. Auch die Fernbe- ziehung – er arbeitet in Hamburg, sie in München – be- kommt den Stempel »Single«. Nicht zuletzt steigt mit der Lebenserwartung auch die Zahl der älteren verwitwe- ten Menschen an. All das lässt die Zahl der Singles steigen. Statistiken sind eben mit Vorsicht zu genießen. Wahr ist aber, dass junge Menschen heute etwas später eine Familie gründen als noch vor wenigen Jahren. Klar: Wer sich von Praktikum zu Praktikum hangelt, wird an das Thema Familie eher zurückhaltend rangehen. Zuerst will man einen Job haben, der �inanzielle Sicherheit bietet. Und dann kann man sich auch die Familie leisten. Die Sehnsucht nach dem Einfachen Wahr ist aber auch, dass die Erwartungen an eine Partnerschaft immens gestiegen sind. Je älter die Beteiligten, desto weniger sind sie bereit, sich auf einen anderen Menschen, auf dessen Geschichte und Macken einzulassen. Das Leben ist ja schon kompliziert genug, da soll bitteschön die Partner- schaft unkompliziert sein. »Wenn sich Freunde bei mir ausheulen, dass ihr Leben ›so leer‹ sei, rate ich immer zur Katze«, sagt der Komiker Ralf Schmitz dazu in seinem Buch »Schmitz‘ Katze«. Da ist was dran. Wer sich im Bekannten- und Freundeskreis umhört, dem wird schnell klar: So richtig überzeugte Singles sind selten. Auch aus vielen Umfragen ist bekannt, dass sich die meisten Menschen nach einer erfüllenden Partnerschaft sehnen. Wenn sie alleine leben, dann oft aus Enttäuschung oder mangels Gelegenheit. Oder eben, weil Mr. oder Ms. Perfect noch nicht ins Leben getreten ist. Wer glücklich alleine lebt, ist sicher zu beneiden. Aber das kommt genauso wenig von alleine wie eine funktionierende Partnerschaft. Beides kostet einiges an Arbeit – und beides ist aller Mühe wert. Denn dann wird plötzlich alles einfach. Volker Kiemle Eine gute Partnerschaft fällt einem nicht in den Schoß. Aber sie ist aller Mühe wert. Frauen und Von Katzen Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 23. September 2012 ISSN 1436-607X 20/2012 Was uns Grund zum Danken gibt Gewinnend n Wie eine ehemalige Nonne Frieden stiftet. Seite 10 Sprachfähig n Was den Theologischen Grundkurs auszeichnet. Seite 15 Wirtschaftlich n Was die Herrnhuter Brüder mit Lacken zu tun haben. Seite 18

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Das Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

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Diese Ausgabeerscheint mit

dem Magazin für Männer

S E I T E

S E I T E

S E I T E

Titelthema:»Frauen reden, Männer handeln«

Martin meint ...

Buchtipp:Altherrensommer

Drei Fragen an AndreasMalessa

Das Magazin für den ganzen Mann. 5 • 2012

ISSN 1436 · 4536645

23. September 2012 mann!

G

laubt man den Statistiken, dann steuern wir auf

eine Single-Gesellschaft zu. In Großstädten zum

Beispiel lebt schon mehr als die Hälfte der Ein-

wohner in Ein-Personen-Haushalten. Tendenz: stei-

gend. Haben die Menschen keine Lust mehr auf Part-

nerschaft? Aber wie immer ergibt sich, wenn man

genauer hinschaut, ein anderes Bild. So gelten etwa

Alleinerziehende auto matisch als Singles – egal, ob sie

in einer Beziehung leben oder nicht. Auch die Fernbe-

ziehung – er arbeitet in Hamburg, sie in München – be-

kommt den Stempel »Single«. Nicht zuletzt steigt mit

der Lebenserwartung auch die Zahl der älteren verwitwe-

ten Menschen an. All das lässt die Zahl der Singles steigen.

Statistiken sind eben mit Vorsicht zu genießen. Wahr ist

aber, dass junge Menschen heute etwas später eine Familie

gründen als noch vor wenigen Jahren. Klar: Wer sich von

Praktikum zu Praktikum hangelt, wird an das Thema

Familie eher zurückhaltend rangehen. Zuerst will man

einen Job haben, der �inanzielle Sicherheit bietet. Und

dann kann man sich auch die Familie leisten.

Die Sehnsucht nach dem Einfachen

Wahr ist aber auch, dass die Erwartungen an eine

Partnerschaft immens gestiegen sind. Je älter die

Beteiligten, desto weniger sind sie bereit, sich auf

einen anderen Menschen, auf dessen Geschichte

und Macken einzulassen. Das Leben ist ja schon

kompliziert genug, da soll bitteschön die Partner-

schaft unkompliziert sein. »Wenn sich Freunde bei

mir ausheulen, dass ihr Leben ›so leer‹ sei, rate ich

immer zur Katze«, sagt der Komiker Ralf Schmitz dazu

in seinem Buch »Schmitz‘ Katze«. Da ist was dran.

Wer sich im Bekannten- und Freundeskreis umhört, dem

wird schnell klar: So richtig überzeugte Singles sind selten.

Auch aus vielen Umfragen ist bekannt, dass sich die meisten

Menschen nach einer erfüllenden Partnerschaft sehnen. Wenn sie

alleine leben, dann oft aus Enttäuschung oder mangels Gelegenheit.

Oder eben, weil Mr. oder Ms. Perfect noch nicht ins Leben getreten ist.

Wer glücklich alleine lebt, ist sicher zu beneiden. Aber das kommt genauso wenig

von alleine wie eine funktionierende Partnerschaft. Beides kostet einiges an Arbeit –

und beides ist aller Mühe wert. Denn dann wird plötzlich alles einfach. Volker Kiemle

Eine gute Partnerschaft

fällt einem nicht

in den Schoß. Aber sie

ist aller Mühe wert.

FrauenundVon Katzen

Titelthema:»Frauen reden, Männer handeln«

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Magazin der Evangelisch-methodistischen KircheMagazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

23. September 2012ISSN 1436-607X

20/2012

Was uns Grund zum Danken gibt

Gewinnendn Wie eine ehemalige

Nonne Frieden stiftet. Seite 10

Sprachfähign Was den Theologischen

Grundkurs auszeichnet. Seite 15

Wirtschaftlichn Was die Herrnhuter Brüder

mit Lacken zu tun haben. Seite 18

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kurz gesagt

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Von Herzen dankbarIm Schwäbischen gibt es einen Spruch, der übersetzt etwa so heißt: »Nichts gesagt, ist Lob genug.« Will heißen: Wenn sich niemand beklagt, hat man seine Sache gut gemacht.Manchen genügt das. Andere war-ten auf ein offizielles »Danke-schön« für die Mühe, die sie sich gemacht haben. So oder so: Wir alle freuen uns, wenn sich jemand bei uns bedankt. Dabei ist mir aufge-fallen: Menschen, die es nicht in erster Linie auf den Dank abgese-hen haben, sondern etwas einfach nur gerne machen, sind entspannter als jene, die verkrampft nach Aner-kennung suchen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wer etwas für andere tut, dem gebührt auch der Dank. Aber die Dankeserwar-tung sollte nicht das erste Motiv sein, sondern die Freude am Tun. Und ein freiwilliger Dank kommt mehr von Herzen als ein erzwunge-ner.Auch Gott will unseren Dank nicht, weil wir uns verpflichtet füh-len. Er will, dass wir ihn aus freien Stücken loben. Und Gründe zum Danken gibt es viele. Man muss nur aufmerksam durchs Leben gehen.Lob ist ein Lebenselexier – auch für den Lobenden. Denn kaum etwas macht glücklicher, als dankbar zu sein oder Dankbarkeit selbst zu spüren. »Die größte Kraft des Le-bens ist der Dank«, hat der Theolo-ge Hermann Bezzel (1861–1917) geschrieben. Das gilt auch beim Erntedankfest.Ihr Volker Kiemle

Mit EinEM FEStGottESDiEnSt in Chemnitz ist Pastor Barry Sloan in sein Amt als Sekretär für Evangelisation der Evange-lisch-metho-

distischen Kirche (EmK) eingeführt worden. In seiner Antrittspredigt am 8. Sep-tember betonte der 46-Jähri-ge, die Kirche müsse in der Verkündigung auch neue Wege gehen. Bischöfin Rose-marie Wenner erklärte, Sloan verstehe als Ire in Deutschland etwas von Kommunikation, von inter-kulturellem Lernen und er wisse wie wichtig es sei, dass »richtig übersetzt« werde. Sloan wurde in Bel-fast geboren und war seit 1998 als Missionspartner leitender Pastor des EmK-Bezirks Chemnitz-Erlöser-kirche.

DiE SächSiSchE LanDESkirchE trennt sich endgültig von dem Dresdner Jugendevan-gelisten Lutz Scheufler. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. März 2013 gekün-digt. Scheufler ist seit Juni vom Dienst suspendiert. Er hatte im Streit um die Öff-nung der Pfarrhäuser für homosexuelle Paare eine »Stellungnahme« unter-zeichnet, die die Autorität des sächsischen Bischofs und der Kirchenleitung infrage stellt.

Vor zu ViEL naiVität im Um-gang mit dem Islam hat die Publizistin Necla Kelek gewarnt. Sie sei nicht über-

zeugt von der Einstellung vieler Deutscher »Wenn wir ihnen (den Muslimen – Anm. d. Red.) demokra-tisch begegnen, werden sie irgendwann auch demo-kratisch«, erklärte sie in der ZDF-Sendung »Peter Hahne«. Kelek bezog sich auf die geplanten Verträge des Hamburger Senats mit den drei größten muslimi-schen Verbänden sowie der alevitischen Gemeinde. Darin soll unter anderem ein gemeinsamer Religions-unterricht von evangeli-schen, muslimischen und alevitischen Kindern sowie die Gleichstellung islami-scher Feiertage mit den christlichen geregelt werden. Laut Frau Kelek ist nur etwa ein Drittel der in Deutschland lebenden Mus-lime in Vereinigungen orga-nisiert oder hat Kontakt zu Moscheen. Trotzdem neh-me dieses eine Drittel für sich in Anspruch, die Ge-samtheit der hiesigen Mus-lime zu repräsentieren.

WEiL Er EinE kippa iM DiEnSt getragen hat, muss ein jüdischer Polizist in Berlin möglicherweise mit disziplinarrechtlichen Maß-nahmen rechnen. Der 59-Jährige war als Verbin-dungsmann der Polizei bei einer Demonstration gegen das Beschneidungsverbot in Berlin eingesetzt. Bei der Veranstaltung trug er die jüdische Kopfbedeckung. Damit habe er gegen das seit 2005 in Berlin geltende Neutralitätgesetz verstoßen, sagte ein Polizeisprecher. epd/idea

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Seit Monaten erschrecken uns immer neue Mel-dungen: Gewalt und Terror in Syrien, Atomkon-flikt mit dem Iran, Dürre und damit Missernte in

den USA, Eurokrise, drohende Altersarmut … Aus der Sicht der Themenbereiche »Gerechtigkeit, Frieden, Be-wahrung der Schöpfung« betrachtet ist es trostlos und hoffnungslos um unsere Welt bestellt. Also lassen wir das Erntedankfest besser – und ehrlicher – ausfallen?

Als ich meiner Tochter gegenüber diesen Gedanken äußere, empört sie sich heftig: Es stimmt, dass es viel Gewalt und Unrecht auf dieser Erde gibt. Viele Men-schen leiden Not. Viele Menschen leiden unter Hunger. Gewiss – und Gott sei Lob und Dank – wir nicht. Wir haben ein Dach über dem Kopf, wir haben genügend Geld, um uns Kleidung und Nahrungsmittel zu kau-fen. Aber wenn wir aufhören, uns zu bedanken, wenn wir Dankbarkeit nicht mehr spüren, wahrnehmen und äußern, dann ist all den notleidenden Menschen doch auch nicht geholfen; dann wird das Miteinander der Menschen und die zwischenmenschliche Atmosphäre bei uns ja auch noch unerträglich!

Diese Empörung (meiner Tochter) schreckt mich auf. In der Tat: Wenn wir uns nicht mehr bedanken, wenn wir Dienstleistung und Hilfe nicht mehr mit dem Wort »Danke« beantworten oder quittieren oder ho-

Wie Gerechtigkeit wächstKatastrophen, Krisen, Not: Was sich derzeit in der Welt abspielt, bietet auf den ersten Blick nur wenig Grund zum Danken. Sollten wir das Erntedankfest also abschaffen? Hans Martin renno spielt diesen Gedanken durch.

norieren, sondern als selbstverständlich erachten oder gleichgültig hinnehmen, dann geht uns die Beziehung zum Mitmenschen verloren und auch der Bezug zum Leben, das wir nicht verdient haben, sondern das ein unverdientes Geschenk ist. Dann verlieren wir auch den Bezug zu Gott, dem Schöpfer und Erhalter und Erneuerer des Lebens!

Und noch etwas: Die Dankbarkeit, die wir empfin-den und äußern, hält uns sensibel dafür, dass es genü-gend – und leider viel zu viel – Menschen auf dieser Erde gibt, die eigentlich keinen Grund zum Danksagen haben. Und diese Dankbarkeit will uns befähigen, un-sere Herzen, unsere Sinne, unsere Hände und unsere Geldbeutel zu öffnen, um Menschen zu helfen, damit auch sie überzeugt und von Herzen »Danke« sagen können.

So lehrt uns das Erntedankfest 2012, erst auf das zu schauen, wofür wir voller Freude und von Herzen »Danke« sagen können, um dann in Demut und voller Sehnsucht nach Gerechtigkeit danach zu suchen und darauf zu sehen, wo und wie ich bzw. wo wir etwas beitragen können, damit ein gerechter Ausgleich (nachhaltig) wachsen kann – durch Teilen unseres Gel-des, unserer Lebensmittel, unserer Kleidung, unseres Wohnraumes … Hans Martin Renno

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Frische fährt immer«, sagt Hansjörg Schrade und deutet auf die beiden Laderampen, die an die La-gerhalle seiner Firma angebaut sind. Hier können

die LKW-Fahrer rund um die Uhr andocken und ihre Ware abladen: Äpfel vom Bodensee, Datteln aus dem Iran, Limetten aus Mexiko, Tomaten aus Holland, Au-berginen aus Spanien, Ingwer aus Uganda und China, Ananas aus Costa Rica. Alles aus ökologischem Land-bau, alles für Einzelhändler, Marktbeschicker und Großverbraucher aus der Region. Während der 54-Jährige durch die 900 Quadratmeter große Halle geht, herrscht viel Betrieb in den Kühlhäusern und an den Rampen. 20 Vollzeit- und 10 Teilzeitmitarbeiter sorgen dafür, dass das Lager zweimal pro Woche kom-plett umgeschlagen wird. Nichts ist im Handel schlim-mer als Stillstand.

Hier ist Schrade in seinem Element. »Ich war schon immer ein ungeduldiger Mensch«, sagt er. Zum Groß-handel kam er aber aus der Not heraus: Der frisch ex-aminierte Agraringenieur verlor Ende der 1980er Jah-re zweimal in kurzer Zeit den Job, und das Arbeitsamt konnte mit ihm nichts anfangen. »Der Berater erklärte mir, einen Agraringenieur hätte er noch nie vermit-telt«, erinnert sich Schrade. »Also fing ich auf dem Wochenmarkt an.« Bio natürlich – da hatte Schrade seine Prinzipien. Und einen Riecher fürs Geschäft. »Das war eine günstige Zeit für Bio-Produkte«, sagt er. Entsprechend gut waren die Umsätze, schon 1992

gründete Schrade einen Großhandel. Das unternehme-rische Know How hatte der Ingenieur bei seiner ersten Arbeitsstelle gelernt, das Durchsetzungsvermögen liegt ihm im Blut. »Ich bin keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält – das ist für den Markt genau richtig.«

Goldgräberstimmung In der Branche herrschte damals Goldgräberstim-mung: Von 1997 bis 2005 hat sich der Umsatz in der Naturkostbranche auf nahezu vier Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Im vergangenen Jahr hat die Branche 6,6 Milliarden Euro umgesetzt, neun Prozent mehr als 2010. Maßgeblich dazu beigetragen haben die großen Discounter – sowohl solche, die ihr Bio-Sortiment ausgeweitet haben, als auch eine wachsende Zahl von Bio-Supermärkten. Deren Umsatz ist allein im vergangenen Jahr um zehn Prozent gestiegen. Gro-ßen Einfluss hatten aber auch Lebensmittelskandale. So bescherte allein die BSE-Krise im Jahr 2001 der Bio-Branche ein Umsatzplus von 30 Prozent.

Mit 7,5 Millionen Umsatz gehört Schrades Firma »ecofit« eher zu den kleineren Betrieben im deutsch-landweiten Biohandel. »Der größte Händler macht 300 bis 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr, der zweit-größte über 100 Millionen, und ein paar kleinere 30 bis 50 Millionen«, sagt Schrade. »Zum Glück sind die aber weiter weg.« Schrade selbst ist am richtigen Ort, wie er sagt: Die Lagerhalle liegt direkt an der Zufahrt zum Stuttgarter Großmarkt. »Die Lastwagen aus ganz Europa fahren bei uns am Haus vorbei«, sagt Schrade »Das spart Umwege – LKW-Fahrer haben nie Zeit.«

Die Werte verbindenWenig Zeit hat auch Kesse Kingston. Der aus Ghana stammende 39-Jährige schiebt einen Wagen mit Obst-kisten durch die Kühlhallen und kommt dabei ins Schwitzen. Seine dicke Jacke könnte er eigentlich aus-ziehen – trotz der unsommerlichen Temperaturen zwi-schen 2 und 10 Grad, die hier Gemüse und Obst

Warum Bio nicht nur auf dem Teller schmecktWenn es um Lebensmittel geht, wird in Deutschland oft mit fast religiösem Eifer gestritten: Hier die Verfechter des konventionellen Anbaus, dort die Öko-Verfechter. Man könnte allerdings auch ganz ruhig die Fakten betrachten – und dann zu dem Schluss kommen, den Hansjörg Schrade gezogen hat: »Für einen christen gibt es da nicht viele Wahlmöglichkeiten.« Der Stuttgarter Großhändler handelt nur mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln. Volker Kiemle hat ihn besucht.

Mit einem alten Ford samt Anhänger fing Hansjörg Schrade Ende der 1980er Jahre an. In-zwischen be-treibt er einen Großhandel.

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frischhalten. Seit 3 Uhr früh ist er hier, und er hat schon zwei Liefertouren ins weitere Umland hinter sich. Jetzt, am späten Vormittag, ist er dabei, die Liefe-rungen für den nächsten Morgen zu kommissionieren. »Hier ist immer Betrieb«, erklärt er. Trotz der unge-wöhnlichen Arbeitszeit sei er froh, hier zu arbeiten, sagt er.

Ob es an der Ware liegt, die hier umgeschlagen wird? »Die Mitarbeiter sind nicht alle Überzeugungs-täter, aber sie alle finden Bio gut«, sagt Hansjörg Schrade. »Allerdings haben wir in der Bio-Szene noch immer den Luxus, dass die allermeisten Kunden und Lieferanten Überzeugungstäter sind.« Das sorge in der Branche für eine sehr hohe Verlässlichkeit. »Man kennt sich und man hat die gleichen Werte.« Das wir-ke sich auch direkt aufs Geschäft aus. »Leute, die Bio nur des Geldes wegen gemacht haben, waren nicht wirklich erfolgreich.«

Insgesamt ist der Wachstumstrend in der Bio-Bran-che ungebrochen – auch wenn immer wieder ideologi-sche Schlachten geführt werden. So hat erst wieder Anfang September eine Untersuchung der Universität in Stanford für Aufsehen gesorgt: Bio-Lebensmittel, so die Forscher, seien nicht grundsätzlich gesünder als konventionell angebaute. Und gleich wurde wieder in Stammtischmanier über Sinn und Unsinn des ökologi-schen Landbaus debattiert. Ähnliches konnte man bei der Ehec-Hysterie im im vergangenen Jahr beobach-ten: Nachdem kurzfristig spanische Bio-Tomaten als

Hansjörg und Annegret Schrade handeln aus Überzeugung mit Bio-Lebensmitteln.

Ursache ausgemacht worden waren, brachen kurzzei-tig auch im Bio-Handel die Umsätze ein.

Eine Frage des GlaubensHansjörg Schrade sieht solche Debatten gelassen. »Ich muss mich nicht rechtfertigen, im Gegenteil: Der kon-ventionelle Händler muss sich fragen lassen, wie er Produktionsmethoden gutheißen kann, die Menschen krank machen.« Wer ein oder zwei konventionell an-gebaute Paprikas aus Südspanien esse, könne das Gift noch gut wegstecken. »Aber ich muss mich fragen: Was tue ich den Schwarzarbeitern in den spanischen Gewächshäusern an, die den ganzen Tag den Pestizi-den ausgesetzt sind? Da gibt es für einen Christen nicht viele Wahlmöglichkeiten.«

Für Schrade ist klar: »Leute, die beim konventionel-len Anbau schaffen müssen, haben eine Last. Und die, die im konventionellen Anbau entscheiden, haben ein Problem.« Auch der konventionelle Bauer müsse er-klären, wie er seine Anbaumethoden mit der Bewah-rung der Schöpfung zusammenbringe. »Wenn aber in Almeria oder Südamerika biologisch produziert wird, hilft das den Menschen und der Umwelt dort enorm.« Deshalb gebe es auch »sehr gute Gründe, Bio-Ware zu importieren«, sagt der überzeugte Christ, der sich in der EmK in Reutlingen engagiert.

Einen gewissen missionarischen Elan kann man Schrade abspüren – auch wenn er sich deutlich vom alternativen Öko-Freak der 1980er Jahre unter-Fo

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scheidet. »Ich habe viele beobachtet, die als alternative Unternehmer angefangen haben und mit der Zeit nor-male oder sogar knallharte Unternehmer geworden sind«, sagt er. Andere seien an dem hohen Anspruch zerbrochen. »Ich habe mich nie als alternativen Unter-nehmer gesehen.« Als ungeduldiger Mensch bekennt sich Schrade zu einem eher patriarchalischen Füh-rungsstil. »Es sind eben nicht alle in einem Unterneh-men gleich.« Er selbst habe das Chef-Sein aber müh-sam lernen müssen. »Ich habe mich lange als Gipfel-stürmer gesehen, dem Mitarbeiter hinterherstürmen. Erst langsam habe er gelernt, dass man zuweisen muss, wer wo und wann stürmt.«

Um die Zukunft ist dem Unternehmer nicht bang – auch wenn die Konkurrenz in den vergangenen Jahren größer geworden. Aber es ist noch Luft nach oben: Derzeit machen Bio-Lebensmittel fünf Prozent des ge-samten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus. Da-bei könnten auch große Mengen in Bio-Qualität pro-

duziert werden, betont Schrade. Allerdings sei derzeit die Bio-Sprit-Produktion ökonomisch viel attraktiver ist als eine Umstellung auf ökologischen Landbau. Zu-dem sind Lebensmittel in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu billig. »Wenn jeder auf Bio umsteigen würde, würde der Preis insgesamt steigen«, sagt Schrade. »Das hätte Einfluss auf die Er-nährung der Menschen.« So würde etwa ein höherer Fleischpreis dafür sorgen, dass weniger Fleisch geges-sen wird – und das wäre für die Gesundheit gut. »Und wenn wegen hoher Preise mehr mit günstigen Lebens-mitteln gekocht würde – statt der teuren Tütensuppe eine selbstgemachte Kartoffelsuppe –, dann wäre das auch gesünder.« Volker Kiemle

n Informationen im Internet www.boelw.de www.bnn-einzelhandel.de www.n-bnn.de

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) macht sich in der kontroversen Debatte über Bio-

patente für strengere Maßstäbe bei der Erteilung von Patenten auf Pflanzen und Tiere stark. In einer neuen Studie wird unter anderem eine demokratische Kont-rolle des Europäischen Patentamts verlangt. Die Erfah-rungen zeigten, dass sich die europäische Biopatent-Richtlinie überwiegend negativ auswirke, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider im Vorwort zur Stellungnahme »Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist. Biopatente und Ernährungssicherung aus christlicher Perspektive«.

Die Vielfalt an Saatgut und Tierrassen nehme ab, landwirtschaftliche Forschung und Zucht würden be-hindert, und gleichzeitig werde die Ernährung aller Menschen nicht sicherer, schreibt Schneider. Dadurch fühle sich seine Kirche herausgefordert, sich in die kontroverse Debatte um Biopatente einzumischen.

Bundestag und Europäisches Parlament hatten in den vergangenen Monaten Entschließungen gegen zu weitgehende Patentierungen verabschiedet. Erwartet wird außerdem ein Bericht der EU-Kommission über

die Auswirkungen der Patentrichtlinie. Die Autoren machen keinen Hehl daraus, dass aus theologischer Sicht und wegen der Folgen für Menschen, Tiere und die Artenvielfalt Biopatente abzulehnen sind, da sie monopolartige Rechte begründen, die der Allgemein-heit schaden: »Patente auf Pflanzen und Tiere stellen kein geeignetes Instrument dar, um wissenschaftlich-technische Innovationen zu fördern.« Biopatente er-schwerten den Zugang zu Saatgut und Nahrung, und ihre Zulassung verstoße damit gegen das völkerrecht-lich verankerte Recht auf Nahrung, argumentieren die Autoren.

Im Einzelnen verlangt die EKD, die Patenterteilung auf Leben, also auf Pflanzensorten und Tierrassen, konsequent auszuschließen. Zwar lässt das europäi-sche Patentrecht dies nicht zu, in der Praxis wird der Schutz aber durch zu weit gefasste Patente ausgehe-belt. Als eines der wichtigsten Ziele nennt die EKD-Studie den Erhalt der Sorten- und Artenvielfalt. Drei Viertel der Kulturpflanzen und Tierrassen seien in Eu-ropa in den vergangenen hundert Jahren von ertragrei-cheren Sorten verdrängt worden. epd

EKD: Biopatente einschränken

Alles frisch: Mitarbeiter Kesse Kings-ton stellt die Lieferungen zusammen.

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Der Septemberhimmel war traumhaft blau. Als Familie machten wir an einem Sonntagnach-mittag einen schönen Ausflug ans Meer. Wir

sammelten Muscheln, tobten am Strand an der fri-schen Luft herum. Die Herbstsonne zeigte uns noch-mals, was sie kann und wärmte uns schön auf. Alles fiel von uns ab, alle Belastung, alle Arbeit, alle Sorgen – es war wunderschön. Die Zeit blieb stehen.

Auf dem Rückweg nach Hause blockierte uns ein Wagen in einer äußerst engen Straße den Weg. Ich war fast ganz durchgefahren; kurz vor der Einmündung in die Querstraße stand ein anderes Fahrzeug. Mitten auf der Straße stehend machte er keine Anstalten, den Weg freizugeben. Ich schaute den Fahrer durch die Front-scheibe an. Er schaute zu uns herüber und rührte sich nicht. Er sah es offensichtlich nicht ein, die fünf Meter zurückzufahren. Ich hätte über 50 Meter zurücksetzen müssen. Meine Frau stieg aus und bat ihn höflich, die Straße freizumachen. Der Mann stellte sich taub. Ich stieg aus und fragte, ob er nicht eben das kleine Stück zurücksetzen könnte. Bitte! Nichts. Ich ballte die Fäus-te in der Hosentasche und fragte, ob er den Rück-wärtsgang nicht finde. Er machte Anstalten, sich er-bost abzuschnallen, stieg aus und wollte mir eine auf die Nase geben. Unfassbar. Ich bin dann später mit ei-ner verdrehten Seele nach Hause gekommen.

Woran habe ich an diesem Abend wohl gedacht? An den schönen Nachmittag am Meer oder an den Mann, der mich zum Kochen gebracht hat? Richtig geraten, ich habe an diesen unfreundlichen Autofahrer gedacht! Ich wurde meinen Ärger nur schwer los. Ich hatte nicht mehr den Blick dafür, was an diesem Tag so schön war.

an das Gute denkenEs ist wohl so: Wir sehen ganz schnell das, was nicht gelingt. Wir denken zuerst an das, was uns ärgert und missfällt – und vergessen das Gute. Der Psalm 103

zeigt uns einen wichtigen Punkt. Der Psalmbeter sagt nicht einfach »Mein Herr und Gott, ich lobe dich!« Der Beter fordert seine Seele, sein Innerstes bewusst auf, Gott zu loben und nicht das Gute zu vergessen. Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den HERRN, meine See-le, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.

Er fasst einen Entschluss, das Gute zu sehen und sich immer wieder daran zu erinnern. Gott zu loben, ist eine Lebenskraft. Es bedeutet auch, aktiv das Gute sehen zu wollen. Es geht darum, eine Entscheidung zu treffen: Ich will Ausschau halten nach dem Guten in meinem Leben. Natürlich gibt es immer wieder Erfah-rungen, die uns das Leben schwer machen. Ohne Fra-ge. Die dürfen wir auch beklagen. Aber genauso ist es wichtig, die Sinne wach zu halten für die schönen und guten Dinge, die wir erfahren und sich bewusst daran zu erinnern. Denn das ist nicht alles selbstverständlich. Gott gibt uns so viel. Und wir sollten nicht die Chance verpassen, ihm zu danken und uns zu erinnern an das Gute. Das verändert unser Leben. Das ist eine Lebens-kraft.

Das Erntedankfest ist für mich so ein Punkt, an dem mir Gott eine neue Perspektive anbietet. Ich lenke mei-nen Blick nicht auf das, was mir fehlt oder das was mich ärgert. Ich sehe mich um und sehe, was mir alles geschenkt ist. Ganz elementare Dinge, genügend Es-sen, Trinken und Menschen, die mit mir leben und glauben.

Wort auf den Weg ::: 7

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MIcHAEL PuTzKEist Pastor in Kassel und Großalmerode und

stellvertretender rekdaktionsleiter im Medienwerk der EmK.

Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Psalm 103,2

Augen öffnen für das Gute

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::: Titelthema: Erntedank

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Derzeit steigen die Nahrungsmittelpreise weltweit. Was bedeutet das für die Arbeit der Weltmission?Frank aichELE: Noch sehen wir keine großen Auswir-kungen. Aber demnächst kommen die neuen Projekt-anträge; und viele Partner werden bei Projekten, in denen Menschen oft die einzige warme Mahlzeit des Tages erhalten, mehr für Nahrung einkalkulieren müs-sen. Vor allem für Kirchen, die sehr stark im ländlichen Raum arbeiten – etwa die Kirche in Mosambik – , hat es große Auswirkungen. Einige wenige Bauern werden vielleicht profitieren, weil sie ihre Überschüsse besser verkaufen können. Die meisten Bauern arbeiten aber nur für den Eigenbedarf, und da helfen steigende Le-bensmittelpreise nicht. Und da in der Folge auch viele andere Güter teurer werden, stehen diese Menschen am Ende schlechter da.

Was wäre nötig, damit die Menschen in den weniger entwickelten Ländern für solche Krisen besser gewappnet sind?Frank aichELE: Langfristig hilft ihnen Sicherheit – in mehrfacher Hinsicht. Dazu gehört etwa ein faireres Weltwirtschaftssystem, das den Produzenten von Nah-rungsmitteln ein gutes Auskommen sichert. Helfen würde ihnen sicher auch eine bessere Regierungsfüh-rung – man merkt ganz deutlich, welche Länder gut und welche schlecht regiert werden. Helfen würde ih-nen auch eine deutlich bessere Infrastruktur. Denn wo es keine Straßen gibt, auf denen man seine Produkte zum Markt bringen kann, kann man auch nichts ver-kaufen. So verrotten zum Beispiel in entlegenen Regio-nen oft Bananen, die man in der (Haupt)Stadt gut ver-kaufen könnte. Aber es gibt niemand, der solch eine

Vermarktung organisiert. Unser Beitrag als Weltmissi-on ist beispielsweise die Unterstützung von Bildungs-arbeit und von Landwirtschaftsprojekten in den Part-nerländern.

Wie effektiv ist vor diesem Hintergrund die Entwicklungshilfe generell?Frank aichELE: Es kommt immer darauf an, wo sie ansetzt. Staatliche Entwicklungshilfe gibt ja viel Geld direkt als Budgethilfe in die Länder. Es kommt dann auf die Regierung an, ob sie Geld verschwendet oder sinnvoll einsetzt. Kirchliche Entwicklungshilfe setzt bei Partnern an – in der Regel bei den Kirchen im Land selbst. Da kommt es darauf an, wie gut die Partner arbeiten. Die meisten, würde ich sagen, arbeiten sehr gut. Aber es ist nichts perfekt in dieser Welt.

Wie sieht passende Entwicklungshilfe aus?Frank aichELE: Ein Patentrezept gibt es nicht. Nach-haltigkeit und Hilfe zur Selbsthilfe sind sehr wichtig. Aber je länger ich in dieser Arbeit bin, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass das Weltwirtschaftssystem und die Machtverteilung das größte Hindernis dafür sind, dass die Probleme der Entwicklungsländer gelöst werden. Wir schaffen an einzelnen Punkten Verbesse-rungen, die oft durch negative Entwicklungen in ande-ren Bereichen sozusagen wieder neutralisiert werden. Es ist generell festzustellen, dass die Globalisierung vor al-lem Ländern hilft, die eh schon gut aufgestellt sind.

Was sollte die weltweite EmK tun?Frank aichELE: Ich würde mir wünschen, dass die weltweite EmK noch stärker auf ihre Geschwister in Afrika hört und gleichzeitig noch deutlicher auf Miss-stände dort hinweist – so wie das die Geschwister aus anderen Ländern bei uns ja auch tun soll(t)en. Wün-schenswert wäre auch, dass die weltweite methodisti-sche Bewegung sich besser vernetzt und dadurch ein stärkeres Gewicht bekommt. Aber auch hier zeigt sich, dass Kirchen in unterschiedlichen Ländern unter-

»Wir müssen mehr auf die Geschwister aus Afrika hören«Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren, sagt Jean ziegler, der ehemalige Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das recht auf Nahrung. Doch noch immer stirbt alle drei Sekunden ein Mensch an Hunger. Was angesichts dieser zahlen Erntedank bedeuten kann und was gegen Krisen helfen könnte, darüber hat Volker Kiemle mit Frank Aichele, dem Missionssekretär der EmK, gesprochen.

Pastor Frank aichele leitet als Missionssekretär seit 2010 die EmK-Weltmission. Der 48-Jährige war Pastor in Heilbronn und Bietigheim-Bissingen sowie in Woodbridge (Großbritan-nien). Als Missionspartner der britischen Methodistenkirche war er dort zuständig für drei Gemeinden und arbeitete auch im World church office, der Missionsbehörde der britischen Methodisten, mit.

www.emk-weltmission.de

zur pErSon

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schiedliche Interessen haben. Was uns in Deutschland hilft, muss bei der Partnerkirche in Brasilien nicht un-bedingt eine hohe Priorität haben.

Was bedeutet methodistische Weltmission im 21. Jahrhundert?Frank aichELE: Es bedeutet, dass wir uns als eine Welt verstehen und Mission als gegenseitiges Lernen und miteinander Unterwegssein praktizieren. Ziel ist es, dass wir uns gegenseitig besser helfen, das Evangelium in unseren Ländern zu leben und zu teilen. In finanzi-eller Hinsicht ist das derzeit noch fast eine Einbahn-straße von den reichen Ländern zu den ärmeren, und angesichts der unterschiedlichen Lebensstandards ist das auch richtig so. Ziel muss es aber sein, dass wir in allen Bereichen ein Geben und Nehmen haben. Darum versuchen wir inhaltlich viel von anderen Kirchen zu lernen, auch wenn nicht alles übertragbar ist. Denn Af-rika ist inzwischen in weiten Teilen viel christlicher ge-prägt als Europa.

Warum entsteht dann bei uns der Eindruck, Afrika sei mehrheitlich muslimisch?Frank aichELE: Das hat viel mit Unwissenheit zu tun. Die meisten Medien hierzulande informieren kaum über Afrika. Der Kontinent kommt nur bei Katastro-phen vor. Man muss sich die Informationen schon ge-zielt zusammensuchen. Leider werden auch nur die Konflikte zwischen den Religionen thematisiert, aber die vielen guten Beispiele für harmonisches Zusam-menleben werden fast nie erwähnt.

Welchen Einfluss hat das große Wohlstandsgefälle zwischen dem Norden und dem Süden auf das Missionsverständnis der Menschen in Afrika?Frank aichELE: Vielen Menschen in Afrika fehlt die umfassende Absicherung ihrer Grundbedürfnisse, die

wir gewohnt sind. Deshalb kommen religiöse Fragen viel stärker im Alltag vor. Wer hierbei in Gott Hilfe gefunden hat, teilt diese Erfahrung mit anderen. Aller-dings muss Christsein in Afrika genauso überzeugend gelebt werden wie in Europa, um andere zu erreichen.

Krisen sind häufig in Afrika. Was bedeutet Erntedank unter solchen Bedingungen?Frank aichELE: Es gibt immer etwas, wofür die Men-schen danken können. Im vergangenen Jahr hatte ich das Glück, ein Erntedankfest in Malawi miterleben zu dürfen. Wir waren in der Stadt Blantyre, wo viele Menschen keine Bauern mehr sind. Aber es wurde – ähnlich wie bei uns – mit viel Freude gefeiert. Die Dankbarkeit darüber, dass Gott einem etwas schenkt, ist bei den Menschen dort immer da – auch wenn die Ernte schlecht ist. Wir haben vor zwei Jahren nach Malawi Nahrungsmittel geschickt, weil es eine Tro-ckenheit gab. Als wir dann diese Partner besuchten, haben die Menschen auch gefeiert, dass wir es ihnen ermöglicht haben, über dieses Jahr zu kommen. Das war dann der Dank an Gott für Geschwister, die hel-fen. Erntedank wurde zum Dank für die Verbunden-heit weltweit. Das hat mich, der ja das ganze Jahr al-les kaufen kann, sehr beeindruckt. Ich habe viel ge-lernt.

Also ein ganz elementares Ernteverständnis ...Frank aichELE: Klar, in Afrika leben viele Menschen auf dem Land direkt von der Ernte. Aber auch die Menschen in der Stadt haben meist Verwandte auf dem Land und sind mit der Ernte verbunden. Für uns kann das ein Anstoß sein, die Leistung unserer Landwirte wieder mehr wertzuschätzen. Das Gefühl, dass wir von ihnen abhängig sind, ist verlorengegangen. Wenn wir unsere heimische Landwirtschaft mehr schätzten, wür-de das auch den Menschen in Afrika helfen. Fo

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Wenn wir unsere heimische Landwirtschaft mehr schätzten, würde das auch den Menschen in Afrika helfen.

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::: Titelthema: Erntedank

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Joy Balazo hat mehr als 20 Jahre bei UnitingWorld gearbeitet. Das ist eine Hilfsorganisation der Uni-ting Church in Australia (Unierte Kirche in Au-stralien, mit großem methodistischen Anteil). Der

Präsident der Kirche, Pastor Andrew Dutney, begrüßt die Auszeichnung Balazos: »Dieser Preis ist eine phan-tastische Anerkennung der Arbeit von Joy Balazo als Streiterin für den Frieden.« Balazo wurde als jüngstes Kind in eine große, wohlhabende Familie hineingebo-ren. In der Familie habe Religion eine wichtige Rolle gespielt, erzählt sie in einem Interview mit einem Ra-diosender in Australien. Ihr Vater sei Bürgermeister ihrer Heimatstadt auf der südphilippinischen Insel Mindanao gewesen. Sie ging auf katholische Schulen und wurde dann Nonne.

Als angehende Nonne hatte sie unter anderem in einem Elendsviertel in der philippinischen Hauptstadt Manila zu arbeiten. Sie merkte, wie sie in einen Zwie-spalt kam: in der Gemeinschaft des Klosters, dem Konvent, der relative Luxus, den sie auch von Zuhause gewöhnt war, und im Slum die armen Menschen, de-nen es fast an allem fehlte. »Ich dachte: Das ist nicht mein Platz«, sagt Balazo in dem Radio-Interview.

Sie verlässt den Konvent und studiert Psychologie. Zunächst arbeitet sie mit reichen Leuten. »Dann«, so schildert sie im Interview, »erschien mir Gott im Traum«. Das habe ihrem Leben eine andere Richtung gegeben. Seitdem arbeitet sie für den Frieden: zunächst bei der Ecumenical Movement for Justice and Peace (EMJP, Ökumenische Bewegung für Gerechtigkeit und Frieden) auf den Philippinen, später bei UnitingWorld.

Feinde zusammenbringen2001 gründet Balazo Young Ambassadors for Peace (YAP, Junge Botschafter für den Frieden). Sie oder Be-auftragte führen mit Jugendlichen und jungen Erwach-senen verfeindeter Gruppen siebentägige Workshops durch. Die erste Phase gilt dem Kennenlernen. Da herrschen noch Misstrauen und Verschlossenheit. Dann werden Spiele gemacht, bei denen die jungen Leute langsam »auftauen«. Da geht es oft recht lustig zu, und es wird viel gelacht. Erst dann wird der Kon-

flikt bearbeitet. Dazu werden unter anderem die Be-dürfnisse und Befürchtungen aller am Konflikt Betei-ligten notiert. Die jungen Leute tragen ihre Erfahrun-gen und Erkenntnisse nach den Workshops in ihre Umgebung und sind so Botschafterinnen und Bot-schafter des Friedens.

YAP-Stationen gibt es im Osten Indonesiens, in Thailand für Myanmar (früher »Birma«) und zwei Stationen in Papua-Neuguinea. In Papua-Neuguinea führten die Workshops zu einem Friedensabkommen zwischen 32 Stämmen. Balazo arbeitete auch auf den Salomon-Inseln (Pazifik) und auf den Philippinen für Frieden und Versöhnung.

Joy Balazo verließ 2011 ihre Arbeitsstelle in Austra-lien. Sie wolle sich »in meiner Heimat die Hände schmutzig machen«. Auf der Insel Mindanao gibt es seit Jahrzehnten bürgerkriegsähnliche Zustände zwi-schen Muslimen und Christen. 160.000 Menschen sind bisher umgekommen. Der Konflikt wird auch in eingeborene Bergvölker hineingetragen. Dort will Ba-lazo jetzt vermitteln. Der Friedenspreis wird 2013 übergeben. Reinhold Parrinello

Von der Nonne zur FriedensvermittlerinDer Weltrat methodistischer Kirchen zeichnet in diesem Jahr Joy Balazo mit seinem Friedenspreis aus. Die von den Philippinen stammende Australierin erhält ihn für ihre Friedensarbeit im pazifisch-asiatischen raum. reinhold Parrinello stellt sie uns vor.

Die ehemalige Nonne Joy Balazo setzt sich dafür ein, dass es bei Konflikten keine Verlierer gibt.

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S E I T E S E I T E S E I T E

Titelthema:»Frauen reden, Männer handeln«

Martin meint ...

Buchtipp:Altherrensommer

Drei Fragen an AndreasMalessa

Das Magazin für den ganzen Mann. 5 • 2012

ISSN 1436 · 4536645 23. September 2012 mann!

Glaubt man den Statistiken, dann steuern wir auf eine Single-Gesellschaft zu. In Großstädten zum Beispiel lebt schon mehr als die Hälfte der Ein-

wohner in Ein-Personen-Haushalten. Tendenz: stei-gend. Haben die Menschen keine Lust mehr auf Part-nerschaft? Aber wie immer ergibt sich, wenn man genauer hinschaut, ein anderes Bild. So gelten etwa Alleinerziehende auto matisch als Singles – egal, ob sie in einer Beziehung leben oder nicht. Auch die Fernbe-ziehung – er arbeitet in Hamburg, sie in München – be-kommt den Stempel »Single«. Nicht zuletzt steigt mit

der Lebenserwartung auch die Zahl der älteren verwitwe-ten Menschen an. All das lässt die Zahl der Singles steigen. Statistiken sind eben mit Vorsicht zu genießen. Wahr ist aber, dass junge Menschen heute etwas später eine Familie gründen als noch vor wenigen Jahren. Klar: Wer sich von Praktikum zu Praktikum hangelt, wird an das Thema Familie eher zurückhaltend rangehen. Zuerst will man einen Job haben, der �inanzielle Sicherheit bietet. Und dann kann man sich auch die Familie leisten.

Die Sehnsucht nach dem EinfachenWahr ist aber auch, dass die Erwartungen an eine Partnerschaft immens gestiegen sind. Je älter die Beteiligten, desto weniger sind sie bereit, sich auf einen anderen Menschen, auf dessen Geschichte und Macken einzulassen. Das Leben ist ja schon kompliziert genug, da soll bitteschön die Partner-

schaft unkompliziert sein. »Wenn sich Freunde bei mir ausheulen, dass ihr Leben ›so leer‹ sei, rate ich

immer zur Katze«, sagt der Komiker Ralf Schmitz dazu in seinem Buch »Schmitz‘ Katze«. Da ist was dran.

Wer sich im Bekannten- und Freundeskreis umhört, dem wird schnell klar: So richtig überzeugte Singles sind selten.

Auch aus vielen Umfragen ist bekannt, dass sich die meisten Menschen nach einer erfüllenden Partnerschaft sehnen. Wenn sie

alleine leben, dann oft aus Enttäuschung oder mangels Gelegenheit. Oder eben, weil Mr. oder Ms. Perfect noch nicht ins Leben getreten ist.

Wer glücklich alleine lebt, ist sicher zu beneiden. Aber das kommt genauso wenig von alleine wie eine funktionierende Partnerschaft. Beides kostet einiges an Arbeit –

und beides ist aller Mühe wert. Denn dann wird plötzlich alles einfach. Volker Kiemle

Eine gute Partnerschaft fällt einem nicht

in den Schoß. Aber sie ist aller Mühe wert.

FrauenundVon Katzen

Titelthema:»Frauen reden, Männer handeln«

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Die Firma Höpner Lacke GmbH – früher Birk & Co. – in Niesky (Oberlausitz) blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Als

Gründungsjahr der Lackfabrikation wird das Jahr 1787 angesehen. Die Geschichte des Unternehmens geht in seinem Ursprung als Eisenhandlung auf den aus Schweden stammenden Gabriel Hörnberg zurück, der 1752 in die erst zehn Jahre alte Siedlung der Brü-dergemeine Niesky kam und 1759 mit einer Eisenwa-renhandlung konzessioniert wurde. Sein Nachfolger, der Däne Peter Birk, der das Geschäft 1787 übernahm, begann unmittelbar danach mit der Herstellung von Lacken und lackierten Eisenwaren.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte die Über-gabe der Eisenhandlung und der Lackproduktion in die Hände der Brüdergemeine Niesky. Die Firma er-hielt 1884 den Namen »Höpner & Co.« und ging 1895 in die Verantwortung der Evangelischen Brüder-Unität über. 1991 erfolgte die Umwandlung in eine GmbH, alleiniger Gesellschafter ist die Brüder-Unität. Heute produziert die Höpner Lacke GmbH mit elf Mitarbeitern jährlich rund 500 Tonnen unterschiedli-che Beschichtungsstoffe.

Ehrlichkeit als GeschäftsgrundlageSeit der Gründung der Brüdergemeine 1727 in Herrn-hut ist das wirtschaftlich-unternehmerische Handeln

Teil der Kirche. Die feste Integration von privaten und gemeinschaftlichen Wirtschaftsbetrieben in das Leben der Brüdergemeine führte zur Ausbildung einer eige-nen Herrnhuter Wirtschaftsethik. Bereits 1765 legte die Brüdergemeine sehr klare Grundsätze für ihre wirt-schaftliche Arbeit fest: »Die Grundlage unseres ganzen Commercii ist die aufrichtige, ehrliche und – soweit möglich – auf beiden Seiten vorteilhafte Bedienung un-seres Nächsten.«

»Auch heute geht es den Wirtschaftsunternehmen der Brüder-Unität nicht um Profitmaximierung«, sagt Holger Perske, Mitglied der Kirchenleitung und für Fi-nanzen und Vermögen zuständig. »Sondern wir sehen in diesen Betrieben eine Möglichkeit, auch im wirt-schaftlichen Leben Grundsätze christlicher Sozialethik zur Geltung zu bringen und zu bewahren. In unserer Kirchenordnung haben wir formuliert: Die Arbeit soll durch Wahrhaftigkeit, Treue und soziale Gesinnung bestimmt sein.« Thomas Przyluski

n zum Jubiläum erscheint die Festschrift »225 Jahre Lack-herstellung in Niesky – zum Firmenjubiläum der Höpner Lacke GmbH«. Sie wurde von Dr. rüdiger Kröger, Leiter des unitätsarchivs in Herrnhut, und Dr. Peter Vogt, Pfarrer der Brüdergemeine in Niesky, herausgegeben.Diese Festschrift ist für 27,90 Euro über die comenius-Buchhandlung Herrnhut, Telefon 035873 2253, zu beziehen.

Frommes Wirtschaften in Niesky

Die Herrnhuter Bewegung zeichnet nicht nur eine tiefe Frömmigkeit aus, sondern auch eine besondere Wirtschaftsethik. Von Anfang an ist das wirtschaftlich-unternehmerische Handeln Teil der Kirche. Ein Beispiel ist die Lackfabrik in Niesky, die vor 225 Jahren gegründet wurde.

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Die Lackpro-duktion in Niesky um 1910 (links) und die Be-legschaft heute.

::: Geschichte

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19EmK-Weltmission :::

Bild oben links:Koch- und Back-kurs der Einrich-tung für Behin-derte in Uruguay.

Bild oben rechts:Kirchenge-meinde in Recife/Brasilien

Bild unten:Kosmetik-/ Friseurwerkstatt für Menschen mit Behinderungen (Uruguay)

Aber auch heute noch leistet die me-thodistische Kirche Bemerkenswertes. Obwohl sie nur etwa 1.000 Mitglieder hat, betreibt die Kirche allein in Mon-tevideo sowohl eine große, evangeli-sche Schule, eine Schule und Werk-statt für Menschen mit Behinderungen sowie ein Waisenhaus. Von einzelnen Gemeinden werden weitere sozialdia-konische Projekte für arme Menschen durchgeführt. Bei unseren Besuchen in all diesen Einrichtungen sind wir sowohl von den guten Standards als auch von den engagierten Mitarbei-tenden beeindruckt. Ganz besonders

freuen wir uns, dass nun eine Freiwilli-ge aus Deutschland seit Mitte August im Waisenhaus in Montevideo mitar-beitet. In der Zukunft können wir so-gar jährlich zwei Freiwillige nach Uru-guay senden – auch die Behinder ten-einrichtung hat einen interessanten Platz für Freiwillige offen.Diese für uns neue Beziehung nach Uruguay ist durch ökumenische Kon-takte in den letzten drei Jahren ge-wachsen. Da die Situation und Ge-schichte unserer beiden Kirchen viele Parallelen aufweist (Kirche in der Dik-tatur, kleine Kirche in einem zuneh-

Wir sind eingeladen nach Uruguay – ein recht kleines Land in Südamerika mit einer ebenso kleinen methodisti-schen Kirche. Aber es gibt dort manch Beeindruckendes zu entdecken. So werden Bischö� n Rosemarie Wenner und ich schon am ersten Tag in der Hauptstadt Montevideo ins nationale Museum der Geschichte Uruguays in der Zeit der Militärdiktatur (1973–1985) geführt. Mit Erstaunen stellen wir fest, dass hier eine kleine Abteilung nur der methodistischen Kirche ge-widmet ist. Sie hat in dieser Zeit vor-bildlich die demokratischen Kräfte unterstützt und gegen die Diktatur angekämpft. Deswegen wurden auch Mitglieder verhaftet und andere muss-ten ins Ausland � iehen.

ZEIT FÜR DEINE MISSION

Die Weltmission ist auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden! Gesucht werden Praktikantinnen und Praktikanten im Kurzeinsatz von wenigen Monaten ebenso wie Missionarinnen bzw. Missionare über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Unser Seminar »Overseas« vom 22. – 24. Februar 2013 in Wuppertal bietet die Möglichkeit unverbindlich mehr über die Arbeit der Weltmission zu erfahren, die Zusammenarbeit mit unseren Partnerkirchen weltweit, die Einsatzmöglichkeiten in den verschiedenen Ländern. Missionssekretär Frank Aichele wird zusammen mit ehemaligen Missiona-rinnen und Missionaren das Seminar leiten.

Seminarwochenende »Overseas« – Zeit für deine MissionZeit: 22.–24. Februar 2013Ort: Gästehaus der Diakonissen-Schwesternschaft Bethesda, WuppertalKosten: keine Übernachtungs- und Verp� egungskostenLeitung: Missionssekretär Frank Aichele, ehemalige Missionarinnen und MissionareTeilnehmerzahl: max. 20 TeilnehmendeWeitere Informationen und Anmeldung bei EmK-Weltmission

Neue Beziehungen und gelebte,langjährige Partnerschaft

Uruguay und BrasilienUruguay und BrasilienNeue Beziehungen und gelebte,

Bild oben links:Koch- und Back-kurs der Einrich-

Neue Beziehungen und gelebte,

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IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: EmK-Weltmission • Geschäftsstelle: Holländische Heide 13, 42113 Wuppertal, Telefon 0202 7670190, E-Mail: [email protected] • www.emkweltmission.de Fotos: EmK-Weltmission • Spendenkonto: EmK-Weltmission, Ev. Kreditgenossenschaft , BLZ 520 604 10, Konto-Nr. 401 773

mend säkularen Staat, Mischung aus kleiner werdenden und wachsenden Gemeinden mit unterschiedlichen An-sätzen) sehen wir viele Chancen, von-einander zu lernen. Eine Möglichkeit dazu wird sich nächstes Jahr beim :emkongress: 2013 in Reutlingen er-geben, denn Vertreter aus Uruguay sind mit dabei.

Mit Brasilien verbindet uns dagegen eine langjährige und sehr intensive Partnerschaft. In den letzten Jahren haben sich aber die Umstände sowohl in Brasilien als auch in Deutschland verändert. Vor allem in Brasilien hat sich die wirt-schaftliche Lage deutlich positiv ent-wickelt und auch das Durchschnitts-

einkommen erhöht. Gleichzeitig ist aber die große Schere zwischen arm und reich nicht kleiner geworden. Un-sere Partnerkirche ist in den letzten Jahren zum Teil stark gewachsen und hat heute nicht nur � nanziell größere Spielräume. Um dieser neuen Realität gerecht zu werden, vereinbarten wir eine Konsultation mit der Partnerkir-che, um über die Zukunft der Partner-schaft zu beraten. Bischö� n Rose-marie Wenner, unsere ehemalige Missionarin Ulrike Kirchner und ich als Missionssekretär trafen sich in São Paulo mit der Kirchenleitung aus Bra-silien. Die wichtigsten Ergebnisse kann man so zusammenfassen: Die methodistische Kirche in Brasilien übernimmt größere � nanzielle Ver-antwortung für eine gute Zahl der schon lange laufenden Projekte. Die EmK-Weltmission wird auch in Zukunft eine Vielzahl von Projekten fördern, dabei aber einen Schwerpunkt auf neue und innovative Projekte legen.

Auch in Zukunft wird der gegenseitige Austausch von Personal gewünscht, soll aber vermehrt auch kürzere Ein-sätze umfassen. Die vielfältigen Be-ziehungen zwischen beiden Kirchen sollen auf allen Ebenen weitergeführt werden, um gegenseitig noch stärker voneinander lernen zu können. Wir wollen versuchen, die Unterschied-lichkeit der beiden Kirchen gegensei-tig fruchtbar zu machen.Aus der Vielfalt der bei dieser Reise besuchten Projekte habe ich nachfol-gend zwei beispielhaft herausgegrif-fen. Die beiden Beispiele zeigen, dass die methodistische Kirche die Bedürf-nisse der Menschen sieht und ver-sucht, möglichst praktisch zu helfen. Dabei können und wollen wir unseren Partner auch in Zukunft tatkräftig un-terstützen. Und vielleicht regt das ei-ne oder andere Beispiel ja auch uns selbst an, für bedürftige Mitmenschen in Deutschland etwas Neues anzu-packen. Frank Aichele

BEISPIEL 1Im Nordosten des Landes, in der Re-gion von Fortalezza, lebt das Volk der Tremembé. Sie gehören zu den ursprünglichen Einwohnern Brasili-ens und sind über die Jahrhunderte in eine Randsiedlerrolle gedrängt worden. Die über 5.000 Tremembé leben inzwischen nur noch auf einem Bruchteil ihres ursprüngli-chen Siedlungsgebietes und reiche Großgrundbesitzer sowie manche

Politiker würden gerne auch dieses Gebiet unter ihre Kont-rolle bekommen. Schon seit einigen Jahren hat die Kirche eine erfahrene Sozialarbeiterin angestellt, die den Tre-membé in vielfältiger Weise hilft: Eigene Schulen und Kul-tureinrichtungen wurden gegründet, die Tremembé können nun ihren Kindern ihre Kultur und Sprache weitergeben, haben sich organisiert und sind besser dafür vorbereitet, ihre Rechte auch durchzusetzen. Die methodistische Kirche arbeitet hier wirklich für das Wohl der Menschen – und das obwohl sie von Gesetz wegen dieses indigene Volk nicht missionarisch betreuen darf, es sei denn die Führung der Tremembé wollen das ausdrücklich. Bei meinem Besuch konnte ich viele Tremembé kennen lernen, die wieder stolz sind auf ihre Herkunft und Kultur, die mit Zuversicht in die Zukunft schauen und die ungeheuer dankbar sind für die Unterstützung durch die Sozialarbeiterin.

BEISPIEL 2Ebenfalls im Nordosten, aber in der Region von Recife hat die methodistische Kirche vor Jahren eine Arbeit mit und unter einfachen Bauernfamilien in einem sehr ländlichen und trockenen Gebiet begonnen. Nachdem die Situation gut analysiert wurde, konnte zusammen mit »Habitat für Humanitas« und anderen Partnern vielen Menschen statt der vorhandenen »Bruchbuden« neue Häuser mit einem großen Wasserspeicher gebaut werden. Die Wasserspei-cher ermöglichen es, genug Wasser in der Regenzeit zu sammeln um die anderen sieben bis neun Monate des Jah-res zu überbrücken. Eine sehr lohnenswerte Investition! Doch noch gibt es viele andere Bauern, die keinen Wasser-speicher haben und mit dem Bau derselben soll in Zukunft noch mehr Menschen geholfen werden. Vor Ort gibt es eine methodistische Gemeinde, die diese Arbeit missionarisch und diakonisch begleitet.

EmK-Weltmission, Ev. Kreditgenossenschaft , BLZ 520 604 10, Konto-Nr. 401 773

BEISPIEL 1Im Nordosten des Landes, in der Re-gion von Fortalezza, lebt das Volk der ursprünglichen Einwohnern Brasili-

Politiker würden gerne auch dieses Gebiet unter ihre Kont-

Bischö� n Rosemarie Wenner (4.v.l.) mit den anderen Teil nehmenden der Brasilien-Konsultation

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IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: EmK-Weltmission • Geschäftsstelle: Holländische Heide 13, 42113 Wuppertal, Telefon 0202 7670190, E-Mail: [email protected] • www.emkweltmission.de Fotos: EmK-Weltmission • Spendenkonto: EmK-Weltmission, Ev. Kreditgenossenschaft , BLZ 520 604 10, Konto-Nr. 401 773

mend säkularen Staat, Mischung aus kleiner werdenden und wachsenden Gemeinden mit unterschiedlichen An-sätzen) sehen wir viele Chancen, von-einander zu lernen. Eine Möglichkeit dazu wird sich nächstes Jahr beim :emkongress: 2013 in Reutlingen er-geben, denn Vertreter aus Uruguay sind mit dabei.

Mit Brasilien verbindet uns dagegen eine langjährige und sehr intensive Partnerschaft. In den letzten Jahren haben sich aber die Umstände sowohl in Brasilien als auch in Deutschland verändert. Vor allem in Brasilien hat sich die wirt-schaftliche Lage deutlich positiv ent-wickelt und auch das Durchschnitts-

einkommen erhöht. Gleichzeitig ist aber die große Schere zwischen arm und reich nicht kleiner geworden. Un-sere Partnerkirche ist in den letzten Jahren zum Teil stark gewachsen und hat heute nicht nur � nanziell größere Spielräume. Um dieser neuen Realität gerecht zu werden, vereinbarten wir eine Konsultation mit der Partnerkir-che, um über die Zukunft der Partner-schaft zu beraten. Bischö� n Rose-marie Wenner, unsere ehemalige Missionarin Ulrike Kirchner und ich als Missionssekretär trafen sich in São Paulo mit der Kirchenleitung aus Bra-silien. Die wichtigsten Ergebnisse kann man so zusammenfassen: Die methodistische Kirche in Brasilien übernimmt größere � nanzielle Ver-antwortung für eine gute Zahl der schon lange laufenden Projekte. Die EmK-Weltmission wird auch in Zukunft eine Vielzahl von Projekten fördern, dabei aber einen Schwerpunkt auf neue und innovative Projekte legen.

Auch in Zukunft wird der gegenseitige Austausch von Personal gewünscht, soll aber vermehrt auch kürzere Ein-sätze umfassen. Die vielfältigen Be-ziehungen zwischen beiden Kirchen sollen auf allen Ebenen weitergeführt werden, um gegenseitig noch stärker voneinander lernen zu können. Wir wollen versuchen, die Unterschied-lichkeit der beiden Kirchen gegensei-tig fruchtbar zu machen.Aus der Vielfalt der bei dieser Reise besuchten Projekte habe ich nachfol-gend zwei beispielhaft herausgegrif-fen. Die beiden Beispiele zeigen, dass die methodistische Kirche die Bedürf-nisse der Menschen sieht und ver-sucht, möglichst praktisch zu helfen. Dabei können und wollen wir unseren Partner auch in Zukunft tatkräftig un-terstützen. Und vielleicht regt das ei-ne oder andere Beispiel ja auch uns selbst an, für bedürftige Mitmenschen in Deutschland etwas Neues anzu-packen. Frank Aichele

BEISPIEL 1Im Nordosten des Landes, in der Re-gion von Fortalezza, lebt das Volk der Tremembé. Sie gehören zu den ursprünglichen Einwohnern Brasili-ens und sind über die Jahrhunderte in eine Randsiedlerrolle gedrängt worden. Die über 5.000 Tremembé leben inzwischen nur noch auf einem Bruchteil ihres ursprüngli-chen Siedlungsgebietes und reiche Großgrundbesitzer sowie manche

Politiker würden gerne auch dieses Gebiet unter ihre Kont-rolle bekommen. Schon seit einigen Jahren hat die Kirche eine erfahrene Sozialarbeiterin angestellt, die den Tre-membé in vielfältiger Weise hilft: Eigene Schulen und Kul-tureinrichtungen wurden gegründet, die Tremembé können nun ihren Kindern ihre Kultur und Sprache weitergeben, haben sich organisiert und sind besser dafür vorbereitet, ihre Rechte auch durchzusetzen. Die methodistische Kirche arbeitet hier wirklich für das Wohl der Menschen – und das obwohl sie von Gesetz wegen dieses indigene Volk nicht missionarisch betreuen darf, es sei denn die Führung der Tremembé wollen das ausdrücklich. Bei meinem Besuch konnte ich viele Tremembé kennen lernen, die wieder stolz sind auf ihre Herkunft und Kultur, die mit Zuversicht in die Zukunft schauen und die ungeheuer dankbar sind für die Unterstützung durch die Sozialarbeiterin.

BEISPIEL 2Ebenfalls im Nordosten, aber in der Region von Recife hat die methodistische Kirche vor Jahren eine Arbeit mit und unter einfachen Bauernfamilien in einem sehr ländlichen und trockenen Gebiet begonnen. Nachdem die Situation gut analysiert wurde, konnte zusammen mit »Habitat für Humanitas« und anderen Partnern vielen Menschen statt der vorhandenen »Bruchbuden« neue Häuser mit einem großen Wasserspeicher gebaut werden. Die Wasserspei-cher ermöglichen es, genug Wasser in der Regenzeit zu sammeln um die anderen sieben bis neun Monate des Jah-res zu überbrücken. Eine sehr lohnenswerte Investition! Doch noch gibt es viele andere Bauern, die keinen Wasser-speicher haben und mit dem Bau derselben soll in Zukunft noch mehr Menschen geholfen werden. Vor Ort gibt es eine methodistische Gemeinde, die diese Arbeit missionarisch und diakonisch begleitet.

EmK-Weltmission, Ev. Kreditgenossenschaft , BLZ 520 604 10, Konto-Nr. 401 773

BEISPIEL 1Im Nordosten des Landes, in der Re-gion von Fortalezza, lebt das Volk der ursprünglichen Einwohnern Brasili-

Politiker würden gerne auch dieses Gebiet unter ihre Kont-

Bischö� n Rosemarie Wenner (4.v.l.) mit den anderen Teil nehmenden der Brasilien-Konsultation

Für Sie gelesenEr-fahren

klaus petzold (hg.): Das hat mich verändert. Gruppen-fahrten in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und nach Kraków in den Jahren 1979-2010, Evangelische Verlags-anstalt Leipzig 2012, 448 Seiten, Paperback, 34 Euro. ISBN: 978-3-374-03015-6

Wem soll ich dieses Buch empfehlen? Natürlich ganz allgemein al-len, denen die Beschäftigung mit der (neueren) Geschichte unseres Volkes wichtig ist, besonders aber denjenigen, die nach Auschwitz fahren wollen. Sie werden an sich selbst einen Veränderungsprozess entdecken – und das Buch kann sie darauf vorbereiten.

Der Herausgeber, emeritierter Professor für Religionspädagogik in Jena, hat das Buch dreiteilig angelegt: In der gut hundertseitigen Ein-leitung (sie ist weit mehr als das!) werden Grundfragen der Erziehung nach Auschwitz, speziell in religionspädagogischem Zusammenhang, dargestellt. Der zweite Teil informiert über die Konzeption der Fahr-ten und ihre Durchführung sowie die Schwerpunkte der Reisen und die »Nacharbeit« in der Öffentlichkeit daheim. Das abschließende Kapitel »Zwischen Anklage, Protest und Mit-leiden« reflektiert das Erlebte, vor allem unter theologischen Aspekten.

Bewegend und erregend ist der umfangreiche zweite Teil (300 Seiten). Hier kommen 44 Personen zu Wort, vorwiegend akademi-sche Lehrer, Studenten und Schüler. Sie berichten über ihre Erlebnis-se, Erfahrungen, Eindrücke und Reflexionen auf diesen Reisen. Die meisten von ihnen sind noch jung. Wer je Zweifel an der Sinnhaftig-keit solcher Fahrten hatte oder noch hat, lese diese Zeugnisse!

Der dritte Teil enthält hilfreiche Register. Eine wichtige und nachdenklich machende Veröffentlichung. Hartmut Handt

Ein MusikerlebenMichael Gielen: unbedingt Musik. Erinnerungen, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2012, 366 Seiten, 11,99 Euro. ISBN: 978-3-458-35830-5

Michael Gielen war Zeit seines Lebens ein Provokateur. Sein kompromissloses Eintreten für die zeitgenössische,

ja avantgardistische Musik vor allem machte ihn bekannt und be-rühmt. Vielen bedeutenden Musikern begegnet man in seinem Buch: Furtwängler, von Karajan, Erich Kleiber – um nur die drei für ihn wohl wichtigsten zu nennen. Der Verfasser hat sich vorgenommen, ehrlich zu schreiben; man kann es ihm, meine ich, glauben: »Für manches in meinem Leben schäme ich mich. Gerade das aber habe ich (fast) nie weggelassen«, schreibt er im Vorwort.

Das Buch ist gut zu lesen und liefert viele interessante Begeben-heiten und Einzelheiten aus dem Musikleben der letzten Jahrzehnte. Gielen, als sehr präziser Orchesterleiter und Komponist bekannt, ist in seinem Beurteilen über Kollegen und Vorgänge klar und manch-mal scharf, aber meines Erachtens nie verletzend. Die letzten Kapi-tel machen allerdings deutlich, dass auch in seinem Falle wohl gilt: »Der Alte ist milder.« Aber das macht ihn und sein Buch keineswegs unsympathischer –im Gegenteil. Hartmut Handt

21Meine Meinung :::

NahverkehrWenn alle in einem »Boot« sitzen, ist die Fahrgemeinschaft eine Schicksalsgemeinschaft. Als »Passagier« im Nahverkehrszug vor allem an Wochenenden erlebt man, was es heißt, wenn Menschen sich auf engstem raum arrangieren müssen. Es gibt nicht genug Sitzplätze und neben einer stattlichen Anzahl von Fahrrädern müssen auch noch Kinderwägen und rollatoren im eng bemessenen Stauraum untergebracht werden. Eine logistische und »logische« Herausforderung. Wer steht auf, damit Senioren Platz finden?Wie ordnen wir das »Sperrgut« an, dass in der reihenfolge des Ausstiegs ein schneller zugriff möglich ist? Wie sorgen wir dafür, dass der »Dampfkessel« nicht explodiert?Der Nahverkehr ist ein faszinierender Mikrokosmos der Mitmenschlichkeit mit seinen chancen und risiken, der sonst kaum zu finden ist. Es ist interessant zu sehen, ob und wie Quertreiber »eingemeindet« werden können. charaktere offenbaren sich: laute und leise, umtriebige und zurückgezogene. Kommen zu der Enge auch noch Fahrtverzögerungen, gibt es weitere emotionale regungen zu beobachten. und ist es nicht schön, einfach in den vielerlei Gesichtszügen der Menschen zu lesen? Großartig, wenn sich in den Vierersitzgruppen generationen übergreifender Small-Talk entwickelt. und wenn wir selbst zur Lösung eines der Transportprobleme beigetragen haben oder einem Mitfahrenden Auskunft geben konnten, fahren wir im langsamen »Bummelzug« auf der »Erfolgsschiene«. Kommt zu allem noch eine gemeinsame Belustigung, vielleicht durch eine entgleiste Durchsage, ist das Tüpfelchen aufs I gesetzt. Erlebniswelt Nahverkehr: eine Schule der Freundlichkeit, der Anteilnahme, der Hilfsbereitschaft, der Geduld kurzum: der (Nächsten-)Liebe.

DANIEL ScHMIDTist freischaffender orthografiker.

Er lebt in Freudental.

Was meinen Sie?Diskutieren Sie mit!www.board.emk.de

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::: rätsel22

auflösung des rätsels aus dem letzten heft 19/2012

Nachdem die Ausgabe des Neuen Testaments über 150.000-mal verkauft wurde und dann das Alte Testament erschien, kommt die Volxbibel nun endlich als Gesamtausgabe. Das Neue Testament erscheint dabei erstmals in der aktuell bearbeiteten Version 4.0.Viele Religionslehrer reagierten begeistert auf dieses Bibelprojekt. Diese Übersetzung, die vor ungewöhnlichen Formulierungen nicht zurückschreckt, erreicht Lesergruppen, die sonst so schnell keine Bibel zur Hand nehmen würden!

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anzeigen ::: 23

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unterwegsHerausgegeben von derEvangelisch-methodistischenKirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainZeitschriftenredaktionim Medienwerk der EmK:Redaktionsleiter Volker Kiemle Stellvertretender Redaktionsleiter Michael Putzke Ludolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainTelefon 069 242521-150Telefax 069 242521-159E-Mail: [email protected] • Anzeigen- undAbonnementsverwaltung:Blessings 4 you GmbHPostfach 31 11 41 · 70471 StuttgartTelefon 0711 83000-51 Telefax -50Anzeigendisposition:E-Mail: [email protected] gilt der Anzeigentarif 2011.Bezugspreise:Bei Bezug über die EmK-Gemeinde:im Quartal € 13,75. Bei Direktlieferung durch die Post: jährlich € 55,– + Versandkosten.Direkt gelieferte Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September keine schriftliche Kündigung vorliegt. DTP-Produktion: Grafisches Atelier Arnold, 72581 Dettingen an der ErmsHerstellung: frechdruck GmbH, 70499 Stuttgart

Einheftungen in dieser Ausgabe: Weltmission, Mann!

Beilagen in dieser Ausgabe: Kawohl, Francke

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Nicht Schönheit ist die Erlösung

Genau das ist doch unsere Sehnsucht: Dass jemand mich in der

Masse von (aus meiner Sicht) Schöneren sieht, jemand, der

zehn Kühe zahlt, in dessen Liebe ich aufblühen kann, der mei-

ne Persönlichkeit so zum Leuchten bringt, dass Menschen mei-

ne Schönheit wahrnehmen.

Gott hat gezahlt! Er hat jeden von uns gesehen in der Mas-

se der Menschen und hat gesagt: Wie schön! Deine Augen,

dein Lachen, deine Gestalt. Gott sieht auch die Freude und die

Trauer in meinem Herz, meine Kämpfe, meine Mutlosigkeit und

meine Sehnsucht. Und er sagt zu mir: »Lebe mit MIR! Ich will

dir Raum geben, deine Schönheit zu finden und zu entfalten.«

Gott will Ihnen und mir die Gelegenheit geben, uns selbst zu

finden, ein JA zu uns zu finden und ein JA zu IHM.

Im Gegensatz zu dem, was uns die Werbung verspricht, ist

nicht Schönheit die Erlösung – es ist die Folge von Erlösung. Frei

vom Zwang der Selbsterlösung werden wir erst da, wo wir uns

rufen lassen, so wie die Frau in der Geschichte. Wo wir dem fol-

gen, der uns bedingungslos liebt und uns freimacht von falschen

Vorstellungen. Wenn wir Jesus folgen, der unsere Schuld tilgt –

Schuld, die viel schwerer wiegt als das »Sündigen« beim Essen

oder die falsche Creme –, dann erst sind wir erlöst und frei.

Es bleibt die Herausforderung gegen »reich, jung, schön«.

Aber ich will für mich entdecken, welche Kraft darin liegen

kann, nicht davon abhängig zu sein, sondern meinen Wert und

meine Schönheit in der Beziehung zu Gott zu finden.

Ich will mein individuelles Aussehen, mein Alter, meine Le-

bensumstände entspannt lächelnd annehmen und so der Liebe

Gottes mehr Recht geben als den Normen der Gesellschaft. Denn

es stimmt, dass Gott mich nach seinem Bilde (1. Mose 1, 27)

geschaffen hat, darum will ich diesem Stück Herrlichkeit Gottes

in mir mehr und mehr Raum geben, bis es nach außen strahlt im

Blitzen meiner Augen, meinen Emotionen, meinem Wesen.

Und dabei kann ich mir dann durchaus auch Mühe geben, die

»Hülle« schön zu gestalten – einfach, weil ich es wert bin!

DIE AUTOR IN für heute

Angelika Rieber

lebt in Langenargen.

Sie weiß um

ihre Schönheit,

und zwar um

die echte.

Wir freuen uns auf

Ihre Zuschriften:

[email protected]

IMPRESSUM

»für heute« wird herausgegeben vom Medienwerk

der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland

Ludolfusstraße 2-4, 60487 Frankfurt am Main

Redaktion: Thomas Mozer, Telefon: 0 79 45/94 00 03,

E-Mail: [email protected]

Gestaltung: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen/Erms

Verantwortlich: Volker Kiemle

Herstellung: frechdruck GmbH, Stuttgart

Bezugspreis: Vierteljährlich € 3,70 zuzüglich Versand

Vertrieb: Blessings 4 you GmbH, Postfach 31 11 41,

70471 Stuttgart, Telefon: 0711/83 000-51, Fax: -50

Titelfoto: MEV

Foto innen: MEV

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19.02.2009 9:42:47 Uhr

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Bei meinem Bekannten mit der Flugangst könnte die Botschaft

seiner Angst sein: Du kannst nicht alles kontrollieren. Du kannst

dich nur hingeben und loslassen. Du kannst auf deinen Atem ach-

ten und versuchen, es dir so bequem wie möglich zu machen. Viel-

leicht gelingt es dir ja, in deiner Phantasie deine Ankunft vorzu-

stellen und was du dann alles tun möchtest. Er kann seiner Angst dann antworten: »Liebe Flugangst, schön,

dass du mich daran erinnerst, mich der Situation hinzugeben,

für mein Wohlergehen zu sorgen und mich zu entspannen.«Egal, worauf sich Ihre Ängste beziehen, nehmen Sie sie ernst.

Respektieren und akzeptieren Sie Ihre Ängste. Begegnen Sie Ihrer

Angst freundlich und versuchen Sie nicht, gegen sie zu kämpfen.

Dann kann es Ihnen gelingen, die Botschaft Ihrer Angst zu hören.

Versuchen Sie, mit Ihrer Angst ins Gespräch zu kommen. Fragen

Sie Ihre Angst, was sie Ihnen sagen möchte, ob Sie etwas überse-

hen haben und warum sie Sie ausgerechnet in diesem Moment be-

sucht. Vielleicht verlieren Sie durch das Gespräch mit Ihrer Angst

ein wenig die Angst vor der Angst und es gelingt Ihnen ein sorg-

samerer Umgang mit sich selbst.Beziehen Sie Gott in dieses Gespräch mit ein. Mit unserer Angst

müssen wir nicht alleine bleiben. Gott als Spender und Geber un-

serer Angstreaktionen weiß auch um die Botschaften unserer

Angst. Er weiß um die Hilfe, welche unsere Angst uns in gefahr-

voller Situation bietet, genauso wie über die Last, welche die

Angst macht, wenn wir sie überhören.Im Gespräch mit Gott können wir die Angst benennen und an ihn

weitergeben im Vertrauen, dass er es gut mit uns meint.

DE R AU T O R für heute Sven Tiesler

aus Cottbus, der sich in

ängstliche Menschen gut einfühlen kann.

Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften:

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der Evangelisch-methodistischen Kirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-4, 60487 Frankfurt am Main

Redaktion: Thomas Mozer, Telefon: 0 79 45/94 00 03, E-Mail: [email protected]

Gestaltung: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen/ErmsVerantwortlich: Volker KiemleHerstellung: frechdruck GmbH, Stuttgart

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Titelfoto: cc-vision

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Danke, liebe Angst!

GEBE T

Lieber Vater. Ich danke dir, dass du mir zusprichst: Fürchte dich nicht. Diese Zusage macht mir Mut, wenn meine Angst mich packen und lähmen will. Ich bitte dich: Hilf mir, meine Angst als einen wertvollen Teil

von mir zu verstehen und mehr auf ihre Botschaft zu hören.

Schenke, dass ich meine Angst als eine Helferin begreife,

die mich im Leben unterstützen möchte.Amen.

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Page 18: unterwegs 20/2012

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Ich erinnere mich gut an die Nacht, in der meine Mutter starb. Ich war im Endspurt meiner Diplomarbeit und wollte bald mit einer Doktorarbeit beginnen. Am Todes-

bett hinterfragte ich meine Motivation. Für welche Ziele investiere ich meine Energie? Wie wirkt sich mein Christsein auf meinen Berufsalltag aus? Worin unterscheidet sich ein christlicher Wissenschaftler von einem, der nicht an Gott glaubt? Diese Nacht war der Anfang einer Reise, auf der ich auch den benediktini-schen Leitsatz »Ora et labora – bete und arbeite« ent-deckte. Nach der benediktinischen Tradition ist Ziel des Lebens, dass in allem Gott verherrlicht wird. Ar-beit und Gottesbeziehung hängen eng zusammen. »Ora et labora« trennt den Alltag nicht in zwei unab-hängige Teile, sondern hilft, Gott auch in der Arbeit zu finden und zu verherrlichen.

zwei aufträge Das Ora et labora stellt zwei Pole im Leben des Men-schen dar, für die es in der Bibel klare Aufträge gibt. Anselm Grün schreibt über »Ora et labora«: »Die Fä-higkeit, gut zu arbeiten, ist für die Mönche ein Test, ob das geistliche Leben gesund und das Beten echt ist. Es ist ein geistliches Pro-gramm, ein Weg, Gott mitten in sein Le-ben hineinzulassen und ihm mitten im Alltag zu begegnen.«

Die natürlichste Form des Betens bei der Arbeit ist sicher das spontane Ausspre-chen der Gedanken und Gefühle vor dem gegenwärtigen Gott – dem Gefährten bei der Arbeit. Eine Hilfe kann es auch sein, wenn das Beten an bestimmte Zeiten und Orte oder Tätigkeiten gebunden wird – ein kurzes Gebet für die Schüler beim Betreten des Klassenzimmers oder beim Versenden einer Mail. Das hat mich schon mehrfach gezwungen, einen Text zu überarbeiten. Meine innere Gebetshaltung kann meinen Be-rufsalltag und mein Denken und Handeln verändern.

10 Sekunden für GottVieles, was wir im Alltag tun, ist vorgegeben – und nur selten hinterfragen wir das. Dabei tun kurze unterbrechungen gut. Benedikt Walker hat dafür die regel »ora et labora« neu für sich entdeckt.

Wenn ich meine Arbeit in Demut und Gehorsam Gott gegenüber tue, hänge ich nicht so an ihr, sie macht mich weniger blind für meine Mitmenschen und Gott. Weil ich im Dienst Gottes stehe, wird die Frage zweit-rangig, welchen Dienst ich verrichten soll. Eine Übung, die mir dabei hilft, ist der Stundenschlag. Beim Glo-ckenschlag zur vollen Stunde unterbreche ich die Ar-beit für zehn Sekunden. In dieser kurzen Auszeit danke ich Gott für seine Gegenwart und bete für die Men-schen, die im Moment um mich herum sind. Obwohl die Unterbrechung nur zehn Sekunden dauert, murrt meine innere Stimme oft dagegen – höre ich aber ein einkommendes Mail, bin ich sofort im Mailprogramm!

Die Ehrfurcht vor Gott ist der Schlüssel, um in der Schöpfung Gott zu entdecken. Sie verändert meinen Umgang mit Gegenständen, Menschen und der Natur. In der Ehrfurcht verzichtet der Mensch auf das, was er sonst gern tut: in Besitz nehmen und für eigene Zwe-cke gebrauchen. Geht die Ehrfurcht verloren, werden Menschen, Natur und Gegenstände auf Materie redu-ziert. Grund der Ehrfurcht vor den Menschen ist der Glaube, dass uns in jedem Menschen Christus begeg-

nen kann. Das beeinflusst meine Beziehungen. Wenn es gelingt, dem Leben des Einzelnen

zu dienen, dann wird das auf Dauer auch am meisten Ertrag für das Le-

ben aller bringen.Auch ich bin verleitet, im Eifer

der Arbeit meine persönlichen Grenzen zu überschreiten. Ein Missachten meiner Kräfte führt

oft zu Misserfolgen und kann in einer Erschöpfungsdepression enden. Mich ermutigt da ein Satz von Theresa von Avila:

»Gott ist viel mehr daran inter-essiert, uns ganz zu gewinnen, als dass wir die ganze Welt für ihn ge-winnen.« Benedikt Walker

www.glaube-am-montag.de

»ora et labora – bete und arbeite«, so hat der Münchener Künstler Klaus rost seine Skultpur genannt.

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