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Ursachen und Folgen der Krise des Bankensektors in den CFA-Ländern (Causes andConsequences of the Banking Sactor's Crisis in the CFA-Countries)Author(s): Martin WinterSource: Africa Spectrum, Vol. 29, No. 2 (1994), pp. 165-185Published by: Institute of African Affairs at GIGA, Hamburg/GermanyStable URL: http://www.jstor.org/stable/40174524 .

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Afrika Spectrum, 29 (1994) 2: 165 - 185

Martin Winter

Ursachen und Folgen der Krise des Banken- sektors in den CFA-Ländern

1 Einführung

Funktionsfähige und effiziente Finanzsysteme sind für Entwicklung und Wachstum einer Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung. Deren Dienstleistungen in Form von Zahlungsverkehr, Mobilisierung von Ersparnissen, Gewährung von Krediten sowie die aus diesen Aktivitäten entstehende Risikobegrenzung, -bewertung, und -bündelung bilden die Grundlage für zu tätigende Investitionen. Der Beitrag des Finanzsystems zur Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft hängt demnach in ho- hem Maße von der Qualität und der Quantität dieser Dienstleistungen ab. Im Be- wußtsein der zentralen Stellung, die dem Finanzsektor zukommt, haben auch die Regierungen der CFA-Staaten in den letzten Jahrzehnten die Kontrolle des Fi- nanzsystems zu einem wichtigen Instrument ihrer Entwicklungsstrategien ge- macht.

Seit Beginn der 80er Jahre jedoch erleiden eine Vielzahl von Ländern ernst- hafte Krisen ihrer Bankensysteme. Diese Krisen haben in den afrikanischen Län- dern der Franc-Zone besonders extreme Ausmaße angenommen (Le Noir 1992:96-98): In der westafrikanischen Union UMOA waren 1990 von 68 regi- strierten Banken allein 26 in ernsthaften Schwierigkeiten. Während die Situation in Togo am wenigsten besorgniserregend war, brach in Benin der komplette Ban- kensektor zusammen. An der Elfenbeinküste befanden sich Ende der 80er/An- fang der 90er Jahre sämtliche Entwicklungsbanken2 in Auflösung, die ersten bei-

1 Die Franc -CFA-Zone setzt sich zu- sammen aus der westafrikanischen Währungsunion (Union Monetaire Ouest-Af ricaine - UMOA), bestehend aus den Ländern Benin (früher Daho- mey), Burkina Faso (früher Obervolta), Elfenbeinküste. Mali, Niger, Senegal und Togo einerseits und der zen- tralafrikanischen Union, bestehend aus Äquatorialguinea, Gabun, Kamerun, Kongo, Tschad und der Zentralafrikani- schen Republik andererseits. Die Wäh- rungen der beiden Währungsunionen ('Franc de la Communaute Financiere Af ricaine" in der UMOA und "Franc de

la Cooperation Financiere en Afrique Centrale" in der zentralafrikanischen Zone) werden beide als FCFA bezeich- net und stellen so eine Gemeinsam- keit der Staaten dar.

2 Entwicklungsbanken wurden nach der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten von den Regierungen mit dem Ziel gegründet, die Entwicklungspolitik des Landes zu unterstützen und soge- nannte Prioritätssektoren (Landwirt- schaft, Wohnungsbau u.a.) mittels günstiger Kredite besonders zu för- dern.

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den wurden bereits 1987 liquidiert. Im Senegal mußten acht der 15 Kreditinstitu- te Konkurs anmelden, und die Hälfte der ausstehenden Kredite . mußte abge- schrieben werden. Die Kosten für die Sanierung des senegalesischen Finanzsy- stems wurden 1990 auf 200 Mrd. FCFA geschätzt, was etwa 50% der Staats- ausgaben entspräche3.

Im zentralafrikanischen Gebiet sind ungefähr 40% der insgesamt 39 Banken in Schwierigkeiten geraten, wobei es sich hauptsächlich um kommerzielle Ban- ken handelt. In Kamerun, dem wirtschaftlich wichtigsten Land der Region, sind Aufwendungen in Höhe von einer Mrd. US$ notwendig, um das Finanzsystem zu sanieren. In der Franc-Zone als Ganzem ist letztlich ein Gesamtvolumen von 800 Mrd. FCFA der von den beiden Zentralbanken BCEAO und BEAC4 refinanzierten Kredite stark gefährdet, was in etwa 25% der im Umlauf befindlichen Geldmenge ausmacht (Servant 1991:54-55). Gemäß Angaben der Weltbank sind über 50% der Forderungen der Banken in der Franc-Zone uneintreibbar, was die prekäre Situation des Bankensystems verdeutlicht. Der Deckungsgrad der ausgegebenen Kredite durch die Gesamteinlagen von 83,2% in der UMOA und 67,5% in der Zo- ne der BEAC im Jahr 1992 spiegelt ebenfalls die Krisensituation des Bankensy- stems wider (Secrötariat du Comit6 Monetaire de la Zone Franc 1992:68,100).

Im folgenden sollen die Gründe für die Bankenzusammenbrüche in der Franc-Zone analysiert werden. Das extreme Ausmaß der Krise in fast allen Mit- gliedstaaten der Franc-Zone, verglichen mit anderen subsaharischen Staaten, läßt vermuten, daß neben konjunkturellen auch strukturelle Gegebenheiten der Franc-Zone mitverantwortlich für die prekäre Situation sind. Mit Hilfe der aus der durchgeführten Analyse gewonnenen Erkenntnisse soll abschließend versucht werden, erste Schritte des angelaufenen Reformprozesses in der Franc-Zone zu bewerten und einzuordnen.

2 Konjunkturelle Ursachen

2. 1 Erscheinungsformen und Ausprägungen externer Faktoren

Nach einem angemessenen Wachstum in den 60er und frühen 70er Jahren ver- schlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Region erheblich. Infolge der zweiten Ölkrise von 1979/80 mußte man eine weltweite Verschlechterung der Konjunkturlage verzeichnen, die in den bis dahin als stabil geltenden CFA- Län- dern eine tiefgreifende ökonomische Krise auslöste (Kappel 1993:6). Eine we- sentliche Ursache dieser Krise sind die schrumpfenden Exporteinnahmen, die besonders auf der massiven Verschlechterung der "Terms of Trade" in den bei- den bedeutenden afrikanischen Wirtschaftsmächten der CFA-Zone, Cöte d'lvoire und Kamerun, beruhte. Der drastische Rückgang der Exporteinnahmen ist vor

3 Vgl o.V. (1989): Jeune Afrique Econo- mie, Special Banques 1990, Nr. 124, S. 136.

4 "Banque Centrale des Etats de I' Afri- que de l'Ouest" und "Banque des Etats de I' Afrique Centrale".

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allem auf den kollabierenden Rohstoffpreisverfall für Kakao und Kaffee in den Jahren 1986-1988 zurückzuführen, der die Weltmarktnotierungen für diese afri- kanischen Exportgüter real auf das Niveau von Anfang der 50er Jahre zurück- warf (Siebold 1987:56) (siehe Tabelle 1). Da die Volkswirtschaften der Mitglied- staaten in hohem Maße vom Export einiger auf den Weltmärkten in US-Dollar notierten Rohstoffe abhängen, führte die Abwertung des US-Dollar gegenüber dem FF (und somit auch gegenüber dem FCFA) zwischen 1985 und 1990 zu ei- ner zusätzlichen Belastung (Grögoire 1988:48). Die Exporterlöse gingen zurück, während Importe wegen der realen Aufwertungseffekte immer billiger wurden. Die einheimischen Produzenten sahen sich durch billige Importe einer wachsen- den Konkurrenz ausgesetzt.

Tabelle 1: Veränderung der Exportpreise

Produkt 1980-85 1985-90 1980-90

Uran - 40 - 38 - 63

Kakaobohnen - 13 - 44 - 51

Palmöl - 14 - 42 - 50

Kaffee - 06 - 39 42

Gold - 48 +21 - 37

Rohöl - 03 - 18 20

Baumwolle - 28 +20 - 13

Rindfleisch - 22 +19 - 07

Quelle: Boughton, James (1991): a.a.O., S. 13 (Angaben in Prozent, US$-Preise)

Angesichts der unterschiedlichen Entwicklung der Exportpreise und der Unter- schiede in der Struktur der Exporte lassen sich die divergenten Auswirkungen der "Terms of Trade"- Schocks auf die einzelnen Länder erklären. Trotz einer einheitlichen "Innenpolitik" in der Franc-Zone sind in den afrikanischen Mitglied- staaten große wirtschaftliche Differenzen und unterschiedliche Wettbewerbsposi- tionen festzustellen, die sich unter anderem auf die Veränderungen der Export- güterpreise zurückführen lassen (Boughton 1991:12). Da in den CFA-Ländern ei- ne einseitige Konzentration auf sehr wenige Exportprodukte besteht, sind hier Weltmarktveränderungen von großer Bedeutung für die Entwicklung der nationa- len Ökonomien (Kappel 1993:14). Während sich die "Terms of Trade" in den Ländern Tschad und Mali von 1985-1988 nur wenig änderten, mußte man in Ka- merun, Kongo, Gabun und der Elfenbeinküste eine Verschlechterung bis zu 50% verzeichnen (s. Schaubild 1).

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Schaubiid 1: Entwicklung der Terms of Trade (1965-1987) (Basis: 100" 1980); (commodity -terms of trade)

Quelle: Boughton, James (1991): a.a.O., S. 12a

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Ein weiterer Faktor, der zusammen mit dem Verfall der "Terms of Trade" die afrikanische Wirtschaftskrise erklärt, ist die abnehmende Wettbewerbsfähigkeit afrikanischer Unternehmen auf dem Weltmarkt. Diese äußert sich u.a. in der deutlich abnehmenden wirtschaftlichen Bedeutung Afrikas für Frankreich und die EG seit Beginn der 80er Jahre (Valtee 1989:17), die noch durch den strategi- schen Bedeutungsverlust des afrikanischen Kontinents verstärkt wurde (Brü- ne 1991:40-41). So investierten französische Unternehmen 1980 noch 850 Mio. US$ in Subsahara-Afrika, während es 1987 nur noch 170 Mio. US$ waren5.

Tabelle 2: Weltexporte Afrikas und Exporte in die EG

1980 1985 1987 1988 1990

Weltexporte (Mrd. US$) 94,9 63,8 49,7 51,8 66,6

Anteil an Weltexporten (in %) 4,6 3,2 2,0 1,8 2,0

Exporte in die EG (Mrd. US$) 43,9 37,9 28,8 29,4 39,2

Rohölanteil der Exporte in die EG 30,3 23,3 17,0 16,0 23,7

Quelle: Kappel, Robert (1993): a.a.O., S. 13

Auch die Entwicklungshilfe konnte - angesichts fehlender Budgetdisziplin der CFA- Länder und der stagnierenden Bereitschaft der Gebergemeinschaft ihr En- gagement aufzustocken - die geschrumpften Exporterlöse nicht kompensieren. Aufgrund steigender Rückzahlungsverpflichtungen bei konstantem Liquiditätszu- fluß standen den Staaten immer weniger Finanzmittel zur Verfügung. Während dem afrikanischen Kontinent 1982 noch 16,5 Mrd. US$ an liquiden Mitteln zufloß (nach Abzug des Schuldendienstes), waren es 1985 nur noch 3,9 Mrd. US$ (Sie- bold 1987:57). Die Weltbank investierte 1991 nur noch 660 Mio. US$, nachdem es 1990 immerhin noch 1,04 Mrd. US$ waren.

2.2 Auswirkungen auf das Bankensystem

Makroökonomische Instabilitäten haben zu den Problemen beigetragen, mit denen die afrikanischen Finanzsysteme seit einigen Jahren konfrontiert sind. Die kumulierte Wirkung aus den beschriebenen externen Faktoren belastete zuneh- mend die außenwirtschaftliche Zahlungsfähigkeit der CFA- Länder. Der enorme

5 Die Folge war ein Absinken der Healin- vestitionen/BSP von 24% (1973-1981)

auf 19% (1982-1989); vgl. Kappel, R. (1993): a.a.O.. S. 6.

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Rückgang der Exporterlöse bewirkte eine drastisch verschlechterte Zahlungsbi- lanzsituation in der CFA-Zone, so daß der Finanzsektor infolge der ökonomi- schen Krise erhebliche Erschütterungen erfuhr.

Gemeinsame Charakteristik der CFA-Staaten war bisher eine konzentrierte Ansiedlung ökonomischer Aktivitäten im staatlichen und halbstaatlichen Bereich. Durch die schwache Konjunktur sahen sich die Staaten mit immer größer wer- denden ßudgetdefiziten konfrontiert. Zur Deckung dieser Defizite konnten die Regierungen von ihren in Zeiten guter Konjunktur erbrachten Einlagen im Ban- kensystem profitieren. Da die Statuten der Franc-Zone der Geldmengenvermeh- rung über die Banknotenpresse enge Grenzen setzen, mußten nach dem Abzug der Depositen Wege der Kreditaufnahme gefunden werden. Aufgrund des sta- tutär begrenzten Zugangs der Regierungen zu Krediten der Zentralbank (nur 20% des letztjährigen Steueraufkommens) waren die Staaten gezwungen, Geld- mittel im Bankensystem aufzunehmen. Über parastaatliche Unternehmen wurden nicht rediskontierbare Kredite aufgenommen, da deren Kreditaufnahme bei den Zentralbanken nicht begrenzt ist, ebensowenig wie die sogenannten Agrarkredite (crödits de campagne) zur Erntefinanzierung. Durch diese Handhabung war eine verstärkte staatliche Verschuldung gegenüber dem Bankensystem festzustellen, die als direkte Folge der schrumpfenden Staatseinnahmen zu werten ist.

Mit dem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten in den CFA Ländern mußte auch der moderne Bankensektor erhebliche Einbrüche in der Geschäft- stätigkeit verzeichnen mit der Konsequenz einer stark geschmälerten Liquidität. Dieser Engpaß wurde nachhaltig verschärft, als Unternehmen zunehmend in die Verlustzone gerieten und damit nicht mehr in der Lage waren, ihre Schulden zu bedienen. Die gravierenden Schwierigkeiten öffentlicher und privater Unterneh- men trugen wesentlich zur Verschlechterung der Qualität der Kreditportefeuilles formeller Finanzinstitute bei.

Bis etwa 1988 war es den Banken möglich, von umfangreichen Refinanzie- rungsmöglichkeiten bei den beiden Zentralbanken Gebrauch zu machen. Diese wurden jedoch angesichts der steigenden Verschuldung der BCEAO und BEAC und unter französischem Druck stark eingeschränkt (Jakobeit 1991:76). Ein Großteil der Kredite erwies sich schnell als uneinbringbar. So haben in vielen Entwicklungsländern die Kreditinstitute hohe Verluste hinnehmen müssen, mit dem Ergebnis, daß diese zunächst illiquide und viele unter ihnen später auch in- solvent wurden.

3 Strukturelle Ursachen

3. 1 Die "Problematik" des starken Franc-CFA

Neben den weltwirtschaftlichen Turbulenzen der 70er und 80er Jahre ist die in- adäquate inländische Wirtschaftspolitik eine wesentliche Ursache des ökonomi- schen, sozialen und ökologischen Niedergangs der CFA Zone. Ziel einer nach- haltigen Wirtschaftspolitik hätte es sein müssen, die seit Beginn der Krisensitua- tion stark eingeschränkte externe Wettbewerbsfähigkeit der CFA- Länder zu ver-

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bessern, indem die Exporte gesteigert, die Importe und damit die Auslandsnach- frage eingeschränkt und gleichzeitig Nettokapitalimporte zur Deckung des Lei- stungsbilanzdefizits angestrebt werden. IWF und Weltbank sehen in ihren SAP für Länder mit Zahlungsbilanzdefiziten in der Regel neben anderen Maßnahmen die Abwertung der inländischen Währung vor.

Bis zum 11. Januar 1994, als in der Konferenz von Dakar die Abwertung des CFA um 50 % gegenüber dem FF beschlossen wurde, verteidigte eine Interes- senkoalition von Profiteuren aus Wirtschaft und Politik in Frankreich und seinen ehemaligen Kolonien die seit 1948 unveränderte Parität von 1 FF = 50 Franc- CFA gegen den stetig wachsenden Druck von internationaler Seite. Man argu- mentierte, daß eine Abwertung aufgrund der Importverteuerung und der sich daraus ergebenden Forderungen aller sozialen Gruppen eine hohe Inflationsrate nach sich zöge, was binnen kürzester Zeit zu weiteren Abwertungen führen müßte. Die Nebeneffekte einer solchen Inflations- und Abwertungsspirale in Form von realem Einkommens- und Wohlstandsverlust können durchaus erhebli- che Ausmaße annehmen und rechtfertigten somit die Kontroverse über die Vor- teilhaftigkeit einer solchen Maßnahme.

Die Statuten der Franc-Zone bescherten den afrikanischen Mitgliedstaaten eine konvertible harte Währung, niedrige Inflationsraten und leicht zugängliche Kredite. Das System verhalf somit besonders den Eliten afrikanischer Staaten zu hohem Lebensstandard, da europäischer Luxus leicht nach Afrika transferiert werden konnte (Duenbostel 1993:47). Bis zu Beginn der ökonomischen Krise in Afrika bestand auch für französische Unternehmen ein großes Interesse am Er- halt der Parität von 1:50. Ohne Wechselkursrisiko war man in der Lage, ange- stammte Märkte zu sichern. Seither sind jedoch die Vorteile für Frankreichs Wirt- schaft zunehmend verschwunden. In den letzten Jahren entwickelte sich das Afrikaengagement für Frankreich sogar zu einer erheblichen Belastung (von Münchhausen 1994:10). Umsatzzuwächse sind im frankophonen Afrika wegen des hohen Verschuldungsstandes kaum mehr möglich. Die französische Entwick- lungshilfe für Afrika von jährlich 26 Mrd. FF versandet immer mehr im Getriebe afrikanischer Korruption. Nach Angaben der Vereinten Nationen bleiben zur Be- kämpfung der Armut und ihrer Ursachen sowie für produktive Projekte gerade mal fünf Prozent der Budgethilfe übrig. Die Vorteile der Währungsstabilität für die afrikanischen Staaten in Form eines stabilen ökonomischen Umfeldes, das Inve- storen anzieht und die inländische Kaufkraft wahrt, wurden von den Nachteilen der Überbewertung des FCFA überdeckt.

An den Grenzen der CFA- Länder zu seinen anglophonen Nachbarstaaten Ni- geria und Ghana entstand reger Handel (Labey 1993: 1412-1416)6. Bedingt durch die ab Mitte der 80er Jahre vorgenommenen drastischen Abwertungen in Nigeria7 und die spätere Freigabe des Wechselkurses des Naira, neigte der nige-

6 Nigeria hat in vielen Bereichen bewußt große Industriekapazitäten aufgebaut, um den Bedarf in der Franc -Zone mit- zudecken. So sind neben den gewalti- gen Exporten an öl und Benzin auch hauptsächlich aus Süd-Ost-Asien im-

portierte Güter auszumachen, die in die Franc- Zone reexportiert werden.

7 Abwertung des Naira um 60% in 1986/87 und des Cedi um 92,6% in 1986.

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rianische Markt dazu, seine Produkte über die Grenzen hin anzubieten und ge- gen den konvertiblen FCFA zu verkaufen, welcher dann auf internationalen Märk- ten in starke Währungen wie FF, US-Dollar oder D-Mark umgetauscht wurde8. Die Konsequenz des Kapitalabflusses war in der verstärkten Tendenz zu Han- delsbilanzdefiziten besonders in den benachbarten Staaten Nigerias Kamerun, Niger und Benin zu sehen. Bestehende Devisen- und Zollkontrollen in der Franc-Zone sollten zur Eindämmung der Kapitalflucht beitragen, wurden aller- dings durch einen florierenden Schwarzmarkt untergraben. Neben den legalen Einfuhren in die Staaten der Franc-Zone wurde die Rentabilität der intrazonalen Unternehmen somit zusätzlich durch den Schmuggel aus Nigeria und Ghana ge- schmälert.

Die jahrelang geführte Diskussion über eine mögliche Abwertung des FCFA führte zusätzlich zu Unsicherheit bei Investoren in der Franc-Zone. Der durch bestehende Abwertungsgerüchte einhergehende Vertrauensverlust in die afrikani- schen Ökonomien verstärkte die zu verzeichnende Kapitalflucht. Banken und an- dere Finanzintermediäre mußten als erstes die Folgen der Kapitalflucht tragen. In der UMOA wurden z.B. mehr als ein Drittel aller im Umlauf befindlichen Bankno- ten ins Ausland transferiert, was zu einer enormen Verknappung der Liquidität im modernen Finanzsystem führte (Monga 1993:68).

3.2 Die strukturell bedingte Verschuldung der CFA-Länder

Angesichts des Preisbooms bei Rohstoffen Mitte der 70er Jahre deuteten viele Regierungen das dadurch bedingte Wirtschaftswachstum als permanentes und nicht als vorübergehendes Phänomen. Infolge der euphorischen Entwicklung die- ser Periode begannen die Länder der Zone umfangreiche Investitionsprogramme im Infrastruktur- und Industriebereich, die überwiegend durch Kreditaufnahme im Ausland finanziert wurden. Die wirtschaftstheoretische Grundlage für diese kontinuierliche Auslandsverschuldung lieferte das sogenannte "growth cum debt" -Konzept (Böhmer 1993:10-12). Demnach bedingt die schwache Erspar- nisbildung in Entwicklungsländern die Bereitstellung externen Kapitals zur An- schubfinanzierung der Entwicklung eines Landes. Man ging davon aus, daß der Export eine wesentliche Quelle des Wirtschaftswachstums dieser Länder ist und die steigenden Exporterlöse zur Bedienung des Schuldendienstes verwendet werden könnten. Diese Strategie erwies sich jedoch angesichts der starken Ab- hängigkeit der afrikanischen Volkswirtschaften von weltwirtschaftlichen Turbulen- zen als falsch.

Neben externen Faktoren, wie dem massiven Verfall der Rohstoff preise ab 1980, der weltweiten Rezession sowie dem steigenden internationalen Zinsniveau

8 Allein von Januar 1990 bis Juni 1993 haben aus der BEAC-Zone 928,75 Mrd. FCFA den Weg nach Europa ge- funden. Die gleiche Tendenz zeichnet sich in der UMOA ab, aus der 1990

153 Mrd. FCFA, 1991 154 Mrd. FCFA, 1992 231 Mrd. FCFA und im ersten Halbjahr 1993 schon 186 Mrd. FCFA nach Europa transferiert wurden (Mon- ga 1993:68).

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tragen allerdings auch Interne Faktoren, Insbesondere eine verfehlte Wirtschafts- politik und unverantwortliche Kreditvergabe seitens der Banken wesentlich zur Schuldenkrise bei. Mittel- und langfristige Kredite an den Staat oder die Wirt- schaft wurden nicht zur Ankurbelung der Produktion, sondern zur Konsumtion benutzt. Die aufgenommenen Gelder dienten in erster Linie Konsumgüterimpor- ten, der Kapitalflucht oder der Finanzierung unproduktiver Investitionen. Infolge dieser Entwicklung sahen sich fast alle Nationen der afrikanischen Franc -Zone Ende der 80er Jahre mit wachsenden Zahlungsbilanzdefiziten konfrontiert, die zur ökonomischen und finanziellen Krise führten.

Erste Anzeichen der Schuldenkrise wurden sichtbar, als der Saldo des Ver- rechnungskontos (compte d'opörations) der BCEAO 1980 negativ wurde. Für die BEAC war dies erst 1987 der Fall. Die Statuten der Franc-Zone sehen als Ge- genleistung zur bestehenden Konvertibilitätsgarantie Frankreichs vor, daß die afri- kanischen Staaten 65% ihrer Devisenreserven auf beim französischen Finanzmi- nisterium geführten Konten deponieren. Ein Sollsaldo auf diesen Konten kommt einer Kreditgewährung Frankreichs gleich. Im Falle von Negativsalden sind die beiden Zentralbanken gehalten, restriktive geldpolitische Maßnahmen (z.B. Be- schränkung der Rediskontkontingente und eine Verknappung der staatlichen Kre- ditgewährung etc.) mit dem Ziel des baldigen Ausgleichs der Konten zu ergrei- fen.

Die restriktive Geldpolitik der Zentralbanken veranlaßte die Regierungen im- mer mehr dazu, sich beim heimischen Bankensystem und im Ausland zu ver- schulden, um die Finanzierung der entstandenen Budgetdefizite und der staats- eigenen Unternehmen zu gewährleisten9. Während Bankkredite im Rahmen der Rediskontkontingente von den Zentralbanken finanziert wurden, gewährten die Kreditinstitute weiterhin nicht rediskontierbare Kredite, welche allerdings mit ei- nem gewissen Liquiditätsrisiko verbunden waren. Die stetig wachsenden Schul- dendienstbelastungen der Staaten, eine ineffiziente Verwendung des Kapitals und enorme Zahlungsbilanzdefizite führten in steigendem Maße zu Liquidität- sengpässen und leeren Staatskassen. Besoldete des öffentlichen Dienstes in Be- nin mußten z.B. bis zu acht Monate auf ihr Gehalt warten, den Baumwollprodu- zenten wurde der ihnen zustehende Anteil an den Verkaufserlösen nur noch teil- weise und mit monatelanger Verspätung ausgezahlt, staatliche Stipendien an Studenten ausgesetzt etc. Die ursprünglich auf den Finanzsektor beschränkte Problematik gewann damit immer stärker eine gesellschaftspolitische Dimension. Der soziale Sprengstoff, der sich durch diese verfehlte Finanz- und Wirtschafts- politik ansammelte, führte schließlich ab 1989 zur Sprengung des gesamten zen- tralistischen politischen Systems, zum Machtwechsel der Eliten und zur demo- kratischen Erneuerung (Kohnert/Preuß 1992:52, 58-62).

9 Das französische Finanzministerium steht nur für Verpflichtungen der BCEAO und BEAC gerade. Schulden von Regierungen und Banken in Form

von nicht rediskontierbaren Krediten werden von der Konvertibilitätsgaran- tie Frankreichs nicht gedeckt.

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3.3 Die Auslegung der Geldpolitik in der Franc-Zone

3.3.1 Ziele und Instrumente

In der Konzeption und den Regeln der Geld-, Kredit- und Zinspolitik der Franc- Zone lassen sich weitere Ursachen der Bankenkrise struktureller Art nachweisen. Seit Beginn der Finanzsektorkrise 1988 befindet sich das geldpolitische Regime der Franc-Zone in vielen Bereichen im Umbruch10. Die beiden Zentralbanken BCEAO und BEAC sind die ausführenden Organe staatlicher Geld- und Kredit- politik. Diese sind zwar formal autonom organisiert, unterliegen aber aufgrund ihrer Statuten und den Kooperationsverträgen mit Frankreich dem Devisen-, Zins-, und Geldmengendiktat der "Banque de France" und somit immer mehr den Direktiven einer europäischen Geldpolitik (Monga 1993:66-68). Den Zentral- banken obliegt es, eine dieser besonderen Konstellation angepaßte Geldpolitik zu realisieren. So muß das geldpolitische Regime in der Weise gestaltet werden, daß einerseits die bedeutenden Aufgaben bezüglich Wachstum und Entwicklung der Ökonomien erfüllt werden, andererseits die Kreditexpansion in der Weise kontrolliert wird, daß sie zum Gleichgewicht der Zahlungsbilanzen ihrer Unionen beiträgt.

Angesichts dieser Zielsetzung bedienen sich die beiden Zentralbanken einer Reihe von "klassischen" Instrumenten der Geldpolitik, die einerseits darauf ab- zielen, die Entwicklung des Kreditvolumens quantitativ zu kontrollieren (Redis- kontkontingente, staatliche Kreditplafonds, Mindestreserven), andererseits versu- chen, die Kreditvergabe durch qualitative Regulierungen (Kreditlenkung über Sonderzinssätze und Mindestvergabekoeffizienten für bestimmte Sektoren) zu steuern. Durch die restriktiven Maßnahmen der Zentralbanken sollen die Banken gezwungen werden, ihr Aktivgeschäft mit erhöhter Vorsicht und Sorgfalt zu ge- stalten, da das ihnen zur Verfügung stehende Liquiditätsvolumen beschränkt ist.

3.3.2 Die Problematik des staatlichen Dirigismus

Aufgrund der in Entwicklungsländern oft nur rudimentären finanziellen Infrastruk- tur sahen sich viele Regierungen gezwungen, im Finanzsektor zu intervenieren, um eine optimale Allokation der zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend den gesamtwirtschaftlichen Prioritäten zu erzielen. Die Kreditlenkung stellte sich in dieser Periode als ein wesentlicher Faktor der Entwicklungsstrategien in den meisten Dritte-Welt-Ländern heraus. Die in der CFA-Zone praktizierte Zinspoli- tik in Form von administrativ fixierten Diskontsätzen11 hatte zum Ziel, die Investi-

10 An dieser Stelle sei darauf hingewie- sen, daß das monetäre Instrumentari- um aus den Jahren vor den weitrei- chenden Reformen 1989/90 betrachtet wird, da die Ursachen der Bankenkrise in dieser Periode zu suchen sind.

11 Beide Zentralbanken operierten mit mehreren Diskontsätzen, wobei beson-

ders mit Hilfe des Vorzugsdiskont- satzes (taux d'escompte preferentiel), der bis 1988 stets 2,5% unter dem Normaldiskontsatz lag, versucht wur- de, eine Lenkung der Kredite im Sinne der monetären Behörden zu verwirkli- chen.

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tionsnejgung zu fördern und die Kreditallokation in den einzelnen Wirtschafts- zweigen zu verbessern. Außerdem wollte man der Regierung, öffentlichen Unter- nehmen und anderen staatlichen Einrichtungen Zugang zu subventionierten Kre- diten ermöglichen.

Die so verwirklichte Niedrigzinspolitik - Kreditzinssätze wurden unterhalb der Zinsniveaus internationaler Märkte fixiert - beeinflußte das Geschäftsverhalten der Banken in doppelter Hinsicht. Die aus den Kreditzinssätzen resultierende niedrige Einlagenverzinsung der Banken ließ nur eine begrenzte Entwicklung de- ren Passivgeschäftes zu. Unternehmen wurden zwar so gegen eine Verteuerung der Kredite geschützt, doch empfanden formelle Finanzintermediäre die Zinsfi- xierung vielmehr als Hindernis, die entstehenden Kreditrisiken in den Zins mitein- zubinden. Das Zinsdiktat Frankreichs behindert jeglichen Wettbewerb unter den Banken, der für attraktivere Anlageangebote an potentielle Einleger von größter Notwendigkeit wäre. In Anbetracht bestehender Inflation in beiden Unionen der Franc-Zone war in vielen Fällen eine negative oder marginale Realverzinsung zu beobachten. Die Folgen hieraus waren in einer deutlich verminderten Sparnei- gung zu sehen, die begleitet wurde von einer Umschichtung von Finanz- zu Sachanlagen oder einer Plazierung der liquiden Mittel an internationalen Märk- ten.

Aus dem reduzierten Passivgeschäft der Banken resultierte eine Beschrän- kung des Kreditangebotes formeller Intermediäre. Eine effektiv niedrige Realver- zinsung für Kredite vermindert zudem die Risikobereitschaft und verstärkt die Li- quiditätspräferenz der institutionellen Portefoliomanager. So wirkt sich eine Fixie- rung der Zinsniveaus auf die Größe, die Zusammensetzung und somit auf die Rentabilität der Kreditportefeuilles der Banken aus. In einem System, in dem for- melle Finanzintermediäre durch Zinsvorschriften verpflichtet sind, Kredite zu niedrigen Zinsen zu vergeben, muß der entstehende Nachfrageüberhang nach Krediten durch quantitative Restriktionen begrenzt werden. Die Folge ist eine Kreditrationierung durch die Finanzintermediäre, was für diese selbst ein einge- schränktes Aktivgeschäft bedeutet. In einer solchen Umgebung entwickeln for- melle Finanzinstitute risikoscheues Verhalten, mit der Folge, daß produktive Inve- stitionsprojekte, die dem Entwicklungsprozeß des Landes äußerst dienlich wären, nicht realisiert werden. Effizienzverluste in der Kreditallokation sind die logische Konsequenz.

Rationierungsentscheidungen treffen vor allem kommerzielle Banken auf der Grundlage von Rentabilitätsüberlegungen. Während eine ausreichend profitable Investition die entstehenden Kosten eines Kredits deckt, werden die Verhältnisse bei unrentablen Investitionen durch gestützte Zinssätze verschleiert. Die beste- henden Gefahren in Form von Zahlungsunfähigkeit und Rückzahlungsproblemen seitens der Kreditnehmer sind von den kreditgewährenden Finanzinstitutionen zu tragen. Um die gegebenen Risiken einer Kreditvergabe einzuschätzen, bedarf es seitens der Banken angemessener Informationen über Bonität und Aktivität des potentiellen Kreditnehmers sowie über die Rentabilitätserwartungen der geplan- ten Investition. Aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Geld- geber und Kreditnehmer ist aber gerade die Beschaffung der Informationen mit hohen Kosten und Aufwand verbunden. Hohe Transaktionskosten, die den Ban- ken im Geschäft mit "kleinen" Kunden entstünden, bekräftigen deren Präferenz

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zu Geschäften mit dem öffentlichen Sektor, Großunternehmen und der besser verdienenden Klasse (Germidis 1990:14-15).

In einem System restriktiver Zinsvorschriften erhalten Kreditinstitute aufgrund enger Gewinnmargen wenig Anreiz, in die Informationsbeschaffung zu investieren (Llanto 1990:138-140). Die Folge daraus ist, daß Kredite für jene Nachfrager, de- ren Bedienung bei gegebenen Zinssatz mit höheren Transaktionskosten verbun- den ist, zuerst rationiert werden. Die eingeschränkte Intermediationsmasse wird vorzugsweise an "Stammkunden" vergeben, potentielle Neukreditnehmer werden so aus dem Markt ausgegrenzt. Hieraus resultiert eine Veränderung in der Zu- sammensetzung der Kreditportefeuilles in der Form, daß eine stärkere Konzen- tration auf einige wenige bereits etablierte Kreditnehmer zu verzeichnen ist. Eine Erscheinung, die eine höhere Risikokonzentration impliziert (Gonzalez-Ve- ga 1984:79-85)

Als Konsequenz dieser Entwicklung sehen sich rationierte oder vom formellen Kreditmarkt ausgeschlossene Kreditnehmer gezwungen, Kredite im informellen Finanzsektor in Anspruch zu nehmen. Informelle Akteure, deren Aktivitäten nicht von staatlichen Zinsvorschriften tangiert werden, profitieren zu Lasten des Ban- kensystems von dem abwandernden Kapital. Größe und Bedeutung des infor- mellen Sektors in der Franc-Zone zeigen, daß dem Bankensektor erhebliche Marktanteile entgehen. Staatliche Regulierungen, unter denen Zinsvorschriften Repression höchsten Grades darstellen, greifen ausschließlich bei institutionali- sierten Finanzintermediären und fördern somit Wachstumsperspektiven des infor- mellen Sektors. Das zentrale Problem der Ökonomien der CFA-Zone scheint sich somit im extremen Grad des Staatsinterventionismus zu manifestieren.

3.3.3 Staatliche Kreditvergabepolitik

Die meisten Regierungen in Entwicklungsländern verfolgen mit der sogenannten selektiven oder sektoriellen Geldpolitik das Ziel, Kapital in von ihnen definierte Prioritätssektoren zu lenken. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusam- menhang die Struktur refinanzierter Bankenkredite, da Fristigkeit und Verwen- dung staatlicher Kredite Auswirkungen auf die Situation der Banken haben kön- nen. Während man in beiden Unionen der CFA-Zone eine relative Stabilität des Gesamtkreditvolumens feststellen kann, läßt sich besonders in der BEAC-Zone seit Beginn der 80er Jahre ein deutlicher Verfall langfristiger Kredite erkennen (Secrötariat du Comitö Monötaire de la Zone Franc 1992:98). Geht man davon aus, daß im wesentlichen langfristige Kredite der Entwicklung und dem Wachs- tum eines Landes förderlich sind, ist die starke Konzentration auf Kredite kurzfri- stiger Natur in beiden Unionen ein beunruhigender Faktor, der mittelfristig nach- teilig auf den Bankensektor wirkt.

Die Allokation solcher kurzfristigen Kredite ist von Interesse, um Aussagen über deren Rentabilität und Effizienz zu machen. Diese Kredite wurden zu einem Anteil von bis zu 60% für Investitionen in Prioritätssektoren vergeben und somit bis zu den Reformen von 1989/90 zum Vorzugsdiskontsatz refinanziert (Secreta- riat du Comitö Monetaire de la Zone Franc 1991:58). Die hohen Risiken, bedingt durch die Störanfälligkeit offener Volkswirtschaften hinsichtlich exogener Fakto-

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ren, verdeutlichen die Schwierigkeiten, die beim Erarbeiten von staatlich gelenk- ten Kreditprogrammen auftreten können. Entwicklungsstrategien der Regierun- gen, die insbesondere Investitionen hohen sozialen Nutzens vorsehen, wurden immer weniger den Anforderungen des internationalen Umfelds gerecht. So sieht die Weltbank in der raschen Veränderung der relativen Preise, in komplexen Wirt- schaftsstrukturen und in einer laufenden Weiterentwicklung der Finanzsysteme die große Gefahr, daß falsche Entscheidungen zu einer Fehlallokation der Res- sourcen führen könnten (Weltbank 1989:4). Die Risiken eines teilweisen oder völ- ligen Ausfalls zu erwartender Erträge müssen vom Bankensystem getragen wer- den, ohne daß die einzelnen Institute dieses Risiko auf die Kreditnehmer abwäl- zen können. Die Folgen aus den wenig ertragsorientierten Investitionen machen sich in dem stetig wachsenden Anteil notleidender Kredite bemerkbar. Die Qua- lität der Kreditportefeuilles der Banken wurde durch die daraus resultierenden Ausfälle entscheidend belastet. Kreditnehmer, deren Projekte nur unzureichende finanzielle Renditen abwarfen, sahen sich nicht in der Lage, den Schuldendienst zu erbringen. Andere Schuldner gerieten beabsichtigt in Zahlungsverzug, da sie davon ausgingen, daß Rechtsgrundlagen Investoren in bevorzugten Sektoren in gewisser Weise schützen (Weltbank 1989:72).

Festzuhalten bleibt, daß Kosten und Lasten staatlicher Kreditlenkung von den Banken zu tragen sind. Maxwell Fry beurteilt die selektive Kreditpolitik als ver- antwortliches Element einer wachsenden ineffizienten Ressourcenallokation bei Finanzintermediären. Diese wurde dadurch herbeigeführt, daß Regierungen ver- suchten, die negativen Effekte der selektiven Kreditpolitik auf die Solvabilität der Banken zu ignorieren und ihre Kreditprogramme zu realisieren (Fry 1988:414,417). So wurden zunehmend Kredite unter staatlichem Druck verge- ben, die dazu dienten, Zinsen und Tilgungen alter Kredite zu zahlen. Eine Folge aus dem hohen Anteil notleidender und uneinbringbarer Kredite ist in einer Ver- kleinerung des zur Verfügung stehenden Kreditvolumens zu sehen. Die Finanzie- rung produktiver Investitionen neuer Kreditnehmer wurde durch die limitierte In- termediationsmasse der Kreditinstitute stark eingeschränkt. Die Konsequenz aus der so entstandenen Situation ist eine zunehmend vorsichtige und risikoscheue Kreditvergabepolitik der Banken. Die verzerrte Ressourcenallokation, bedingt durch lenkende Interventionen des Staates und die Aushöhlung der finanziellen Disziplin, ließen Banken unrentabel und häufig auch zahlungsunfähig werden.

3.4 Ungenügende Rechtsgrundlagen

Rechtliche Rahmenbedingungen sind in entscheidendem Maße für das Funktio- nieren von Finanzsystemen verantwortlich. Ein wesentlicher Aspekt, der zu Pro- blemen im Bankensektor der CFA-Staaten führte, ist in dem beschwerlichen Weg des Schuldeninkassos zu sehen. Gesetzestexte werden zugunsten und zum Schütze der Kreditnehmer ausgelegt, ohne die Interessen der Banken in notwen- digem Maße zu berücksichtigen. Angemessene Sanktionen bei Verstößen gegen bestehende Kreditverträge seitens der Kreditnehmer können aus diesem Grund kaum verhängt werden. Erschwerend kommt hierzu das Phänomen einer

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schlechten Zahlungsmoral in der ländlichen Bevölkerung gegenüber den Banken. Diese erklärt sich daraus, daß der Staat über Generationen hinweg seine Ver- pflichtungen gegenüber den Bauern nicht eingehalten hat, sondern sie vielmehr rücksichtslos ausbeutete und die Bauern sich - soweit sie überhaupt Zugang zu Krediten hatten - an den Krediten der (verstaatlichten) Banken schadlos halten wollten. Im Gegensatz hierzu steht die Haltung, die die Kreditnehmer gegenüber dem traditionellen Finanzsektor einnehmen. Persönliche Bekanntschaft und so- ziale Sanktionen zwingen hier dazu, finanzielle Verpflichtungen bei Fälligkeit einzuhalten.

Die Unterentwicklung der Rechtssysteme macht sich in den CFA Ländern u.a. in der Weise bemerkbar, daß neben unzureichenden Gesetzen juristische Or- gane ineffizient und parteilich handeln. Es fehlt sowohl an Gerichten, die schnell und gerecht urteilen, als auch an rechtschaffenen Anwälten und kompetenten Experten in wirtschaftsrechtlichen Fragen. Der hieraus resultierende Vertrauens- verlust in die Justiz ist mit ein Grund dafür, daß Banken eine übervorsichtige und konservative Kreditvergabepolitik betreiben. Der bedeutende Anteil notleidender und uneinbringbarer Kredite in der Franc-Zone ist ein Indiz dafür, daß Banken zunehmend gravierenden Problemen ausgesetzt sind.

4 Mißmanagement der Banken

4. 1 'Technisches "

Mißmanagement

Mangelhaftes Bankenrecht, unzureichende Bankenaufsicht und ungenügende Rechtsgrundlagen begründen häufig Überlegungen, die das schwache Manage- ment der Banken in Entwicklungsländern zu erklären versuchen. Hierbei wird da- von ausgegangen, daß in einem Umfeld ungenügender Kontrolle das Verhalten von Entscheidungsträgern in den Banken so beeinflußt wird, daß es zu Verlusten, Zahlungsunfähigkeit und letztlich zu Zusammenbrüchen von Kreditinstituten kom- men kann. Mangelhafte Kreditpolitik wird als häufigste Form des technischen Mißmanagements angesehen (Weltbank 1989:93). Diese manifestiert sich häufig in der unzureichenden internen Kontrolle und Analyse der zu vergebenden Kredi- te, die häufig mit einer Fehleinschätzung der entstehenden Risiken einhergeht. Erschwerend kommt hierbei hinzu, daß die Banken der meisten Entwicklungslän- der ohne die Zuhilfenahme von Finanzplänen und Instrumenten der Kostenrech- nung arbeiteten. Finanzinstitute können deshalb auf Veränderungen ihrer Umge- bung nur reagieren, nicht aber antizipieren (Weltbank 1989:128).

Unzureichende Ausbildung des Managements auf finanz- und wirtschafts- technischen Gebieten ist ein Grund dafür, daß Kreditentscheidungen jenseits von ökonomischen Überlegungen und Kriterien getroffen wurden. Als problematisch stellen sich in ähnlicher Form Überschneidungen und Verzahnungen von politi- schen Ämtern mit Führungspositionen in der Wirtschaft heraus. Hierbei waren die Entscheidungen des Bankmanagements allzuoft von politischen Zielen und Werten geprägt, die allerdings rein wirtschaftlich gesehen nur unbefriedigende Ergebnisse für die Bank bedeuteten. Komplizierte interne Organisationsstruktu-

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ren der Banken lassen sich dafür verantwortlich machen, daß innerbetriebliche Verantwortlichkeit und Kompetenzen nur unklar abgegrenzt waren, mit der Kon- sequenz, daß Mitarbeiter häufig unkoordiniert und wenig zielorientiert agierten.

4.2 Manipulation und Betrug

Angesichts der sich zuspitzenden finanziellen Situation reagierten die in Be- drängnis geratenen Geschäftsführer mit sogenanntem "kosmetischen" Manage- ment, mit dessen Hilfe sie versuchten, die prekäre Lage ihrer Bank zu verbergen und zu beschönigen. Obwohl sich Bankmanager der Gefahren, die aus dem ho- hen Anteil uneinbringlicher Kredite resultieren, bewußt waren, wurden für die drohenden Verluste keine oder nur unzureichende Rückstellungen gebildet. Die mangelhafte Bankenaufsicht hat es weiterhin ermöglicht, daß Verluste nicht so- fort und nicht vollständig ausgewiesen wurden. Die Geschäftsführer vieler Ban- ken gingen dazu über, frühere und laufende Verluste mit Hilfe von Buchungs- techniken zu verstecken (Weltbank 1989:93). So stellt die Prolongation von Kre- diten eine typische Prozedur dar, die zur Verschleierung der tatsächlichen Situati- on der Banken beiträgt. Als uneinbringlich erkannte Kredite wurden hierbei bu- chungstechnisch nicht abgeschrieben, sondern als "laufende" Kredite bezeich- net und verbucht. Auch ging man dazu über, fällige, nicht gezahlte Kreditzinsen zu kapitalisieren. Insgesamt betrachtet scheint die lasche Handhabung von Buchhaltung und interner Revision in den Banken vieler Entwicklungsländer ide- alen Nährboden für Aktivitäten solcher Art zu schaffen. Durch die getätigten Bu- chungstricks gelang es, den Nettogewinn auf dem Papier zu steigern und die Schwierigkeiten der Banken über eine gewisse Zeit hinweg zu vertuschen.

Aufgrund des beschränkten buchungstechnischen Handlungsspielraums wa- ren die Manipulationsmöglichkeiten auf diesem Gebiet bald erschöpft, so daß die Manager versuchen mußten, Verluste auf andere Weise zu kompensieren. Die Weltbank sieht im sogenannten Verzweiflungsmanagement den nächsten Schritt auf dem Weg zum Ruin der Bank (Weltbank 1989:93). Man geht hierbei davon aus, daß Bankiers jede Möglichkeit wahrnehmen, die Existenz der Bank zu ver- längern. Neben besonders risikoreichen Investitionen ist ein starker Anstieg der Depositenverzinsung ein sicheres Indiz für bestehende Liquiditätsprobleme einer Bank, da die Verantwortlichen in einer solchen Notlage darauf bedacht sind, li- quide Mittel auch zu erheblich höheren Preisen zu besorgen. Der Schlußpunkt im Verfallsprozeß einer Bank manifestiert sich gewöhnlich durch betrügerisches Handeln, arglistige lauschung sowie dubioses Geschäftsgebaren der Manager (de Juan 1990:46). Eine neuerliche Studie, die die Bankenkonkurse in den USA untersucht, hat ergeben, daß Mißmanagement und betrügerisches Verhalten in 90% aller Fälle mitverantwortlich für dortige Bankenzusammenbrüche waren und unterstreicht somit die Bedeutung, die dem Verhalten des Führungspersonals ei- ner Bank zukommt (Long 1991:166).

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4.3 Strategische Fehlentscheidungen

Die im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte vom Management getroffenen Grund- satzentscheidungen hinsichtlich allgemeiner Geschäftspolitik und Entwicklung der Banken stellen sich bei genauer Betrachtung als wenig vorteilhaft heraus, da sie in der Regel die Marktentwicklung verkannten. Afrikanische Banken haben wäh- rend der 70er Jahre nachhaltig von einer prosperierenden Wirtschaft profitiert. Staatliche und halbstaatliche Unternehmen hatten zu dieser Zeit enorme Einla- gen bei Banken getätigt, was eine beträchtliche Ausweitung der Geschäftstätig- keit erlaubte (Ziady 1989:128). Während dieser euphorischen Periode begannen die Banken damit, ihre oft veralteten und baufälligen Gebäude zu renovieren oder zu ersetzen. In Erwartung eines andauernden und stetigen Aufschwungs stellten viele Banken immense Summen für zu errichtende Prestigebauten bereit, mit denen man dem "standing" moderner Finanzinstitute gerecht werden wollte. Im Zuge wachsender Geschäftstätigkeit wurde ein Ausbau des Zweigstellennet- zes notwendig, der mit einem erhöhten Personalbedarf einherging. Die betriebe- ne Rekrutierungspolitik, häufig geprägt von sozialen Überlegungen, führte zu ei- ner grotesken Überbesetzung von Staatsunternehmen und öffentlichem Dienst. Der so aufgeblähte Personalbestand in den Finanzinstituten stellte einen wesent- lichen Kostenfaktor dar, der die finanzielle Situation der Banken belastete, gen- auso wie die durch die Geschäftsausweitung notwendig gewordenen Ausgaben für technisches Gerät und Ausbildung der Mitarbeiter.

Eine weitere Problematik afrikanischer Finanzinstitute ist darin zu sehen, daß die nach europäischem Muster aufgebauten Banken den heterogenen Bedürfnis- sen afrikanischer Kulturen nur ungenügend Rechnung tragen. So liegt es in der Entscheidungsgewalt der Bankmanager, eine Geschäftspolitik zu verfolgen, die es auch der ländlichen Bevölkerung ermöglichen würde, die Dienstleistungen moderner Finanzinstitute in Anspruch zu nehmen. Das unzulängliche Filialnetz außerhalb der Städte läßt Geschäfte mit ländlichen Kunden jedoch fast nicht zu- stande kommen (Monga 1993:70). Diese haben kaum eine Möglichkeit, Kredite bei Banken zu erhalten und wahren lieber den Kontakt zu den traditionellen Sparvereinen. Anonymität und die ablehnende Haltung der Banken gegenüber Kleinkunden sind für das Mißtrauen verantwortlich, das die Bevölkerung gegen institutionalisierte Kreditgeber hegt (Henry 1991:110 112). Das den Banken so entgehende Kundenpotential ist als direkte Folge einer mangelhaften Dienstlei- stungspalette zu werten, deren Diversifikation zu einer Stabilisierung der Liqui- ditätssituation hätte beitragen können.

5 Reformen und Perspektiven des Bankensektors in den CFA- Ländern

Das Ausmaß der Krisensituation und deren mannigfaltige Ursachen verdeutlichen die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer grundlegenden Reform des Finanzsek- tors in der Franc-Zone auch nach der CFA-Abwertung vom 11. Januar 1994. Breite Akzeptanz finden Überlegungen, die die Schaffung einer stabilen makroö-

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konomischen Umgebung (Strukturanpassungsprogramme) als Voraussetzung ei- ner effektiven Finanzsektor reform unterstreichen. Eindämmung von Budgetdefizi- ten, sukzessive Einschränkung von staatlichen Kreditprogrammen, graduelle An- passung der Zinssätze an Marktbedingungen, Deregulierung und Privatisierung sind nur einige Schlagworte, die in diesem Kontext verwandt werden. Parallel dazu sollten sich die Regierungen um eine Stärkung der rechtlichen Grundlagen bemühen und die unternehmerische Selbständigkeit der Finanzinstitute fördern. In einer zweiten Phase empfiehlt die Weltbank eine Diversifikation von Märkten und Instituten anzustreben, um Wettbewerb und Konkurrenz zwischen Finanzin- termediären zu fördern und eine höhere Effizienz deren Aktivitäten zu gewährlei- sten (Weltbank 1989:155-156).

Auf mikroökonomischer Ebene gilt es, die zusammengebrochenen Bankensy- steme der CFA- Staaten wiederaufzubauen, indem adäquat ausgestaltete Re- strukturierungsprogramme realisiert werden. Hierbei scheint es wichtig, die indi- viduellen Probleme einer Bank zu orten und zu analysieren. Seit Ende der 80er Jahre werden in der Franc- Zone in Zusammenarbeit mit IWF und Weltbank in- solvente Banken liquidiert bzw. lebensfähige Finanzinstitute reorganisiert. Neben der Rekapitalisierung und dem Wechsel der Eigentümerverhältnisse einer Bank in Form von (Teil-) Privatisierungen oder Fusionen mit ausländischen Kreditinstitu- ten stellt der Austausch des Managements ein drittes Schlüsselelement im Re- strukturierungsprozeß dar.

Die Gründung von Bankenaufsichtsbehörden im Oktober 1990 hat in beiden Währungsunionen die Ausgangsbasis für einen effizient arbeitenden Finanzsektor geschaffen, dessen Funktionieren von einer nunmehr flexibler gestalteten und ra- tionalisierten Geld- und Kreditpolitik unterstützt wird. Der Restrukturierungspro- zeß von Finanzinstituten ist deutlich vorangeschritten, so daß in einigen Ländern mittlerweile befriedigend funktionierende Bankensysteme etabliert werden konn- ten. Bereits seit Ende 1991 besitzt man z.B. im Senegal ein grundlegend refor- miertes Bankensystem, das mit einem Mindestmaß an staatlicher Beteiligung funktioniert und einen beträchtlichen Anteil am westafrikanischen Kapitalmarkt hat (de Zamaröczy 1992:14-15). Um den Reformprozeß im Bankensystem noch weiter voranzutreiben, scheint man jedoch stärker als bisher den besonderen Gegebenheiten der afrikanischen Staaten Rechnung tragen zu müssen. Ein wei- terer Ausbau der finanziellen Infrastruktur sollte daher in der Weise realisiert wer- den, daß man sich bei der Gründung neuer Finanzinstitute Erkenntnisse und Er- fahrungen der letzten Jahre zunutze macht, um so die neu entstehenden Banken besser in die sozialen und kulturellen Strukturen der meist ländlichen Gebiete einzupassen. Eine Annäherung zwischen formellen und informellen Finanzinter- mediären unter Ausnutzung der jeweiligen Vorteile wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Nur wenn es gelingt, durch eine adäquate Ausgestaltung von Intermediationsdienstleistungen das in einem Land zur Verfügung stehende Kapital zu sammeln und an produktive Investitionen weiterzuführen, ist ein ange- messenes Wirtschaftswachstum möglich.

Von einer globaleren Perspektive aus gesehen scheint ein Ausweg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise der afrikanischen Franc-Zone jedoch nur dann möglich, wenn zeitgleich mit der Reformierung wirtschaftlicher Bereiche grundle- gende Änderungen der politischen Strukturen in den einzelnen Staaten vorge-

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nommen werden. Die verkrusteten gesellschaftspolitischen Strukturen des afri- kanischen Kommandostaates und der afrikanischen Pfründenwirtschaft tragen dazu bei, daß die dringend notwendigen radikalen Reformen auf sozio-politi- scher Ebene nach wie vor verzögert werden (Bierschenk/Elwert/Kohnert 1991:167-171). Eine adäquate Realisierung der Reformvorhaben in der Franc- Zone hängt letztlich in entscheidendem Maße vom Umfang internationaler Unter- stützungsaktivitäten ab, die darauf ausgerichtet sein sollten, den existierenden Patrimonialismus zu überwinden und den Aufbau demokratischer Strukturen zu fördern.

Die Abwertung des Franc-CFA stellt den Beginn einer verschärften Diskussi- on um den Fortbestand der Franc -Zone in ihrer bisherigen Form dar. In Anbe- tracht der sich entwickelnden EG -Währungsunion und der damit verbundenen Verschmelzung der europäischen Währungen scheinen grundlegende Modifizie- rungen der CFA-Zone notwendig zu sein. Während Pessimisten in der Abwer- tung des Franc-CFA einen ersten Schritt zu dessen Abschaffung sehen, glauben andere an die durchaus realistische Chance der Anbindung des Franc CFA an den ECU. Befürworter sehen in einer solchen neuen Währungskooperation einen möglichen Aufschwung der regionalen Integration Afrikas. Eine Ausweitung einer solchen europäisch-afrikanischen Währungsunion auf die Staaten Nigeria und Ghana sowie die übrigen westafrikanischen Länder erscheint sinnvoll, nicht zu- letzt um die Wirtschaftskraft der subsaharischen Region zu stärken, Konkurrenz- verhalten zu vermeiden und Kapitalflucht einzudämmen.

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Ziady, Hassan (1989): Banques: L'Heure du Bilan, in: Jeune Afrique Economie, Special Banques, Nr. 124, Okt. 1989

Summary

The bank crisis in the African franc zone arises from many different factors. Beside ex- ogenous effects like the decline of the terms of trade and the worldwide recession in the 80's, there are structural weaknesses of fiscal and economie policy of the member states of the franc zone. The regulation deficits in monetary policies have atlowed an uncontrolled creation of money supply that permitted an excessive expansion of credits for non-produetive purposes. On the other hand, the restrictive monetary policy, domi- nated by the interest of the French economy, is responsible for the serious distortions of the credit market, which have adversely affected the development of the financial in- stitutions. The critical lack of capital in Africa 's financial markets caused a major prob- lem that paralysed the regional economy and led the banks into liquidity problems. Banks are suffering from inadequate conditions and management insufficiencies. I his has provoked the worst socio-political crisis credit institutes have been confronted

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Page 22: Ursachen und Folgen der Krise des Bankensektors in den CFA-Ländern (Causes and Consequences of the Banking Sactor's Crisis in the CFA-Countries)

Ursachen und Folgen der Krise des Bankensektors in den CFA-Ländern

with since the late 80's. Although the first steps to restructuring the financial sector have already been taken, it seems imperative to support global economic, social, and political reforms by means of a fundamental reorganization of the banking sector, and a transformation of the political Systems towards more democratic structures.

Resume

La crise bancaire dans les pays africains de la zone franc füt la consequence d'une di- versite de facteurs. Outre les effets exogenes tels que l'effondrement des termes de l'echange et la recession mondiale des annees 80, cette crise semble decouler notam- ment de faiblesses structurelles propres aux economies des pays membres de la zone franc. Des deficits de regularisation au sein de la politique monetaire ont rendu pos- sible la creation incontrolee de monnaie qui a permis l'accroissement exagere du volu- me du credit pour des emplois non-productifs. Par contre la politique monetaire rest- rictive, dominee par l'interet economique de la France, est responsable des distorsions importantes sur le marche de credit, qui ont gene de facon decisive le developpement des intermediaires financiers. L'insuffisance aigue de capitaux sur les marches finan- ciers africains s'est averee etre un serieux obstacle au developpement economique de la region conduisant en meme temps les banques dans des difficultes de liquidite. Les banques subissent les consequences d'un environnement malsain et de deficits enormes de gestion. Ceci a provoque la crise socio- politique la plus grave dont furent confrontes les etablissements de credit depuis la fin des annees 80. Bien que les pre- miers pas de restructuration du secteur bancaire dans la zone franc aient dejä ete ent- repris, il semble indispensable de soutenir une reforme globale sur les plans econo- mique, sociale et politique par un remaniement fondamental du secteur bancaire et une revision des systemes politiques visant ä creer des structures plus democratiques.

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