URTEILE - button me · Caritasverband Geldern-Kevelaer getestet. ˝˜ PERSONAL Die Bilanz des...

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1.2019 | Januar 2019 | 28. Jahrgang | www.haeusliche-pflege.net Palliative Care: Wie eine systematische Palliativschulung gelingen kann Gesamtkonzept: Mäeutik als Chance für eine erlebnisorientierte Pflege Personal: Woran ein ambitioniertes Anwerbeprojekt letztlich gescheitert ist PDL-Praxis: HKP in der stationären Einrichtung URTEILE die alle Pflegedienste kennen sollten

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1 .2019 | Januar 2019 | 28 . Jahrgang | www.haeusl iche -pf lege.net

Palliative Care: Wie eine systematische Palliativschulung gelingen kann

Gesamtkonzept: Mäeutik als Chance für eine erlebnisorientierte Pflege

Personal: Woran ein ambitioniertes Anwerbeprojekt letztlich gescheitert ist

PDL-Praxis: HKP in der stationärenEinrichtung

URTEILEdie alle Pflegedienste kennen sollten

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Mit geballtem Fachwissen, Beispielen bester Praxis, aber auch mit gescheiter-

ten Projekten startet Häusliche Pflege mit der ersten Ausgabe ins Jahr 2019. Ich

wünsche Ihnen für dieses Neue Jahr alles Gute, Glück und Erfolg beim Meistern

Ihrer Aufgabe in ihrem ambulanten Pflegedienst.

Mit unserem Titelthema wollen wir Ihnen Rüstzeug für die vielfältigen Ausein-

andersetzungen bieten, die mit Sicherheit auch in diesem Jahr wieder auf Sie zu-

kommen werden. Die „Sechs Urteile, die Sie kennen sollten“ sind natürlich nur ein

Ausschnitt aus diesem komplexen Themenfeld. Wir haben deshalb schon jetzt mit

unserem Autoren Prof. Ronald Richter vereinbart, dass wir Ihnen noch in diesem

Jahr weitere wichtige Urteile vorstellen werden.

Rechtssicher in 2019

> Lukas Sander

> Chefredakteur Häusliche Pflege

> [email protected]

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T +49 511 99 10 - 115 • [email protected] • www.haeusliche-pflege.net

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

INHALT

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FORUM

04 Management-Tipp08 Tagesp� ege12 Finanzieren und Investieren16 Projekt18 Klie‘s Corner

HAUPTTHEMEN

20 AUF DEM NEUSTEN STAND Wissen Sie alles zum Beschleuni-

gungsgebot oder zur Umsatzsteu-erfreiheit? Sieben Urteile, die jeder P� egedienst kennen sollte. Ausge-wählt von Prof. Ronald Richter.

26 PERSONALMANAGEMENT Die Hamburger ASB Sozialeinrich-

tungen haben mit Leitungs- und P� egekräften ein Konzept zur allge-meinen ambulanten p� egerischen palliativen Versorgung entwickelt.

30 MÄEUTIK Das von Dr. Cora van der Kooij in den

1990er-Jahren entwickelte P� ege-und Betreuungsmodell der erlebens-orientierten P� ege funktioniert auch in der ambulanten P� ege.

34 RECHT UND GESETZ Rufbereitschaften und Bereitschafts-

dienste unterliegen bestimmten Re-gelungen. Vertraglich gilt es Einiges zu beachten.

38 WÄSCHEVERSORGUNG Wie ein elektronischer Wäscheser-

vice funktionieren kann, wurde beim Caritasverband Geldern-Kevelaer getestet.

42 PERSONAL Die Bilanz des Anwerbeprojekts von

APD aus Gelsenkirchen ist ernüch-ternd. Von 45 Kräften blieben zehn. Die Gründe liegen auf der Hand.

SERVICE

46 Markt & Mittel 48 Medien49 Fortbildung49 Termine49 Impressum51 Stellenmarkt52 Blickpunkte

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IN DIESEM HEFT:

PERSONAL-MANAGEMENT

WÄSCHE-VERSORGUNG PERSONAL

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AUF DEM NEUSTEN STAND

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

FORUM: MANAGEMENT-TIPP

Termine und Formalien beachten

BETRIEBLICHE ALTERSVORSORGE UND BETRIEBSRENTENSTÄRKUNGSGESETZ

D ie Betriebliche Altersvorsorge (bAV) hat durch das Betriebsrentenstär-kungsgesetz (BRSG, gültig seit dem

1. Januar 2018) Änderungen erfahren, die unter anderem zeitversetzt wirken. Diese zukünfti-gen „Spielregeln“ sollten bekannt sein, um fi-nanzielle Schäden zu vermeiden.

Angesprochen wird nachfolgend die Gestaltung von Entgeltumwandlungen. Dabei geht es dar-um, dass der Arbeitnehmer (AN) auf Teile sei-nes steuer- und sozialversicherungspflichtigen Lohnes verzichtet, um den entsprechenden Betrag (bis zu 268 Euro monatlich in 2019/West SV-frei möglich) in ein Altersvorsorgemodell (zum Beispiel Direktversicherung, Pensionskas-se) einzusetzen. An dieser Stelle der praktische Hinweis: Der Arbeitgeber (AG) sollte ein für die AN verbindliches Modell vorhalten!

Kernbestandteile des BRSG sind unter ande-rem die Möglichkeit, eine betriebliche Alters-vorsorge per Tarifvertrag im Unternehmen einzuführen (Sozialpartnermodell) sowie die Einführung einer Verpflichtung (!) des AG zur Zuzahlung auf die bei der Entgeltumwand-lung eingesparten Sozialversicherungsbeiträ-ge durch den Arbeitgeber. Die AG im Sozial-partnermodell müssen sich bereits seit dem 1. Januar 2018 mit einem Zuschuss beteiligen. Außerhalb beziehungsweise ergänzend zu die-sem Modell gilt:• Ab dem 1. Januar 2019 ist der AG verpflich-

tet, eine Zuzahlung von 15 Prozent auf den Umwandlungsbetrag zu zahlen.

• Bei Altverträgen gilt, dass der AG ab 2022 diese Zuzahlung leisten muss.

Zur Problematik und gleichzeitig zum Kostenri-siko für den AG: Wie ist mit Zuzahlungen ins-gesamt und insbesondere mit solchen in der Vergangenheit formal zu verfahren? AG haben bereits in der Vergangenheit Beiträge in die

bAV (in Zusammenhang mit der Entgeltum-wandlung) für ihre AN eingezahlt. Jetzt muss eine Differenzierung erfolgen! Denn wenn nicht klar zum Ausdruck kommt, dass eine Zuzahlung wegen Einsparung von Sozialabgaben erfolgt(e), könnten diese als „freiwillige Leistungen“ ge-sehen werden und 2022 droht ein zusätzlicher

„Zwangszuschlag“! Es besteht also dringender Handlungsbedarf für Altverträge und Klarstel-lungen für Neuverträge. Eine Formulierung im Rahmen einer Anlage zum Arbeitsvertrag könnte wie folgt aussehen: „Der Arbeitgeber gewährt bislang/seit dem XX.XX.XXXX einen Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge. Die Parteien vereinbaren und sind sich einig, dass der vom Arbeitgeber gewährte Zuschuss jeden-falls in der Höhe gewährt wurde und wird, wie Sozialabgaben durch die Entgeltumwandlung eingespart wurden. Der Zuschuss durch den Ar-beitgeber wird außerdem nur aufgrund der Ein-sparung von Sozialabgaben gewährt." Der Text soll verdeutlichen, was gemeint ist und muss selbstverständlich arbeitsrechtlich geprüft und insbesondere auf den einzelnen Betrieb ange-passt beziehungsweise ergänzt werden.

Unabhängig von der schwierigen Handhabung der „Spielregeln“, die bei Abschluss von bAV-Verträgen zu beachten sind, ist anzumerken, dass die bAV ein wichtiger Bestandteil zum einen für die AN im Rahmen der persönlichen Altersvorsorge selbst und zum anderen auch im Sinne der Mitarbeiterbindung für den AG ist. Es sollte durchaus überlegt werden, ob der AG so-gar ergänzend eine AG-finanzierte bAV gewährt. Weitere steuerliche und sozialversicherungs-rechtliche Folgen (zum Beispiel die nachgela-gerte Besteuerung sowie Nachzahlungen zur Krankenkasse) müssen beachtet werden, was die Verständlichkeit nicht leichter macht. Ho-len Sie sich fachlichen Rat und am besten eine zweite Meinung ein.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

• Die Regelungen in der bAV durch das BRSG wirken u. a. zeitversetzt.

• Bei „Entgeltumwandlungsfällen“ muss der AG einen Zuschuss von 15 Pro-zent zahlen, spätestens ab 2019.

• Bei Altfällen gilt der zwangsweise Zuschuss ab 2022.

• Hat der AG bereits jetzt einen Zu-schuss gegeben, ist unbedingt klarzu-stellen, dass dieser wegen der Einspa-rung der Sozialabgaben gewährt wurde, ansonsten droht ein weiterer zwangs-weiser Zuschuss ab 2022.

• Auch bei Neuabschlüssen von ent-sprechenden Verträgen sollte eine klare Regelung und Abgrenzung des Zuschus-ses erfolgen.

• Eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag kann hier regulierend eingreifen.

Rainer Berg Dipl.-Betriebswirt, Steuerberater,

[email protected]

Die Rubrik betreuen im monatlichen Wechsel die Steuerberater und Betriebswirte Rainer Berg, Berlin, und Monika Bohmann-Laing, Garrel, sowie Unternehmensberater Peter Wawrik, Bad Sassendorf.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Vorstoß für Fachkräfteausbildung im Ausland

BUNDESGESUNDHEITSMINISTER JENS SPAHN STELLT NEUN MILLIONEN FÜR PFLEGEAUSBILDUNG IM AUSLAND IN AUSSICHT.

F achkräfte für die P� ege in Deutschland sollen nach dem Willen von Bundesge-sundheitsminister Jens Spahn (CDU)

künftig mit deutscher Unterstützung auch im Ausland ausgebildet werden. "Vom Haushalts-ausschuss haben wir noch einmal insgesamt neun Millionen Euro bekommen", sagte Spahn der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Geplant ist die Suche nach Kooperati-onspartnern für P� egeschulen im Ausland. Zu-dem sollen die künftigen Fachkräfte in ihrem Heimatland bereits Deutsch lernen.

KOSOVO, MAZEDONIEN UND KUBA"Idealerweise sollen sie dann mit Ende der Aus-bildung in Deutschland ihre Arbeit starten kön-nen", sagte der Minister. Als mögliche Länder für eine solche Kooperation nannte er den Ko-sovo, Mazedonien, die Philippinen und Kuba.

Um die Personalnot in der P� ege zu lindern, sei zudem "gerade erst ein Sofortprogramm für mehr Stellen und bessere Ausbildung" be-schlossen worden, das ab Januar greife, sagte Spahn.

KAMPAGNE IST IN PLANUNGDie Bundesregierung hatte angekündigt, im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes eine Kampagne zur Anwerbung von Fachkräf-ten aus Nicht-EU-Staaten auch für die P� ege zu starten. Ein Baustein des Gesetzespakets soll die Beschleunigung der Verfahren zur Anerken-nung ausländischer Berufsabschlüsse sein. Über Anwerbeprogramme wurden in den vergange-nen sechs Jahren rund 2 500 P� egekräfte aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland vermittelt. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit gibt es im Bereich der P� ege in Deutschland rund

35 000 o� ene Stellen. Union und SPD hatten sich im Oktober dieses Jahres auf die Eckpunkte für ein Zuwanderungsgesetz geeinigt.

Die "Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten" wurden im Kabinett beschlos-sen. Die P� egebranche reagierte zustimmend. Mit dem Gesetz soll die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten, also Nicht-EU-Ländern in den deutschen Arbeitsmarkt, ge-regelt werden. Demnach soll künftig nicht nur Akademikern, sondern auch Fachkräften aus Staaten außerhalb der EU der Zuzug nach Deutschland erleichtert werden. Solche aus-ländischen, nicht akademisch ausgebildeten Fachkräfte sollen künftig die Möglichkeit be-kommen, für sechs Monate nach Deutschland zu kommen, um sich einen Job zu suchen, für den sie durch ihre Ausbildung quali� ziert sind.

FORUM

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Jeder Mensch ist Teil einer Gemeinschaft – bis zuletzt."

> Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der

Diakonie in Niedersachsen

Diakonie unterzeichnet Charta

DIAKONIE TRITT CHARTA ZUR BETREUUNG SCHWERSTKRANKER UND STERBENDER BEI

D ie Diakonie in Niedersachsen hat die Charta zur Betreuung schwerstkranker und ster-bender Menschen unterschrieben. In den fünf Leitsätzen fordert sie die würdevolle Be-gleitung und Versorgung sterbender Menschen bis in den Tod. Insgesamt 29 Institu-

tionen und Organisationen sowie Einzelpersonen unterzeichnen die Charta am Donnerstag, 29. November, bei einem Festakt in Hannover.

Das Ziel der Charta ist, die Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen in allen Regio-nen unabhängig von Alter und Erkrankung zu gewährleisten. „Jeder Mensch ist Teil einer Gemein-schaft – bis zuletzt. Menschen in ihrer letzten Lebensphase gut zu begleiten, ist eine Kernaufgabe der christlichen Kirche. Die Diakonie engagiert sich dafür, sterbenden und kranken Menschen und ihren Zugehörigen in der Gesellschaft eine Stimme zu geben. Wir unterzeichnen die Charta, weil es uns wichtig ist, die Charta gemeinschaftlich umzusetzen“, sagt Hans-Joachim Lenke, Vorstands-sprecher der Diakonie in Niedersachsen.

Zur Diakonie in Niedersachsen gehören sieben stationäre Hospize, 14 ambulante Hospizdienste sowie P� egedienste mit SAPV. Mit dem Projekt „Implementierung von Hospizkultur und pallia-tiver Kompetenz in der stationären Altenp� ege“ setzt sich die Diakonie seit 2013 dafür ein, dass auch in Altenp� egeeinrichtungen eine Hospizkultur entsteht und umgesetzt werden kann. 76 Ein-richtungen sind an dem Projekt beteiligt, bisher wurden rund 600 Mitarbeitende geschult.

Position zur geriatrischen Versorgung

BAGSO FORDERT VERBESSERUNG IN ALTERSMEDIZIN.

A uf den wachsenden Bedarf an altersmedizinscher, also geriat-rischer Versorgung ist das deut-

sche Gesundheitssystem nicht hinreichend vorbereitet, kritisiert die Bundesarbeitsge-meinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO). In einem Positionspapier fordert sie deshalb den � ächendeckenden Auf- und Ausbau geriatrischer Angebote. Diese müssten wohnortnah gewährleistet sein, um die angemessene Versorgung geriatri-scher Patienten sicherzustellen. Nach An-sicht der BAGSO sollten ältere Menschen mit chronischen Krankheiten von einem multiprofessionellen Behandlungsteam versorgt werden, das auch psychische und soziale Aspekte einbezieht.

Zudem müssten die Anstrengungen zur Prävention und Rehabilitation verstärkt

werden, auch bei P� egebedürftigen. Die Geriatrie sei als eigenständige medizini-sche Fachrichtung an den Universitäten zu stärken, und altersmedizinische Kom-petenzen bräuchten in der Aus- und Fort-bildung aller Gesundheitsberufe einen höheren Stellenwert. Die Leitlinien für die Behandlung von Krankheitsbildern sollten die besonderen Erfordernisse älterer Pa-tienten berücksichtigen. Die Wirkungen von Arzneimitteln, die älteren Menschen verordnet werden, sollten zudem auch an älteren Menschen erprobt werden. Nicht zuletzt müssten sich die besonderen Er-fordernisse bei der Behandlung älterer Menschen in Personalschlüsseln und Ver-gütungsregeln widerspiegeln, heißt es in dem BAGSO-Positionspapier.

bagso.de/publikationen/positionen.html

FORUM

DIE ZAHL DES MONATS:

4848 Prozent der ausgebildeten P� ege-kräfte, die ihrem Beruf in den vergan-genen Jahren den Rücken gekehrt ha-ben, können sich einen Wiedereinstieg in die P� ege vorstellen. Zu diesem Er-gebnis kommt eine jüngst vorgestellte Studie. Geschätzt liegt die Zahl poten-zieller Rückkehrer damit bei 120.000 bis 200.000 Personen. Das zeigt die sogenannte "#P� egeComeBack Stu-die". Die Studie ist die erste, die sich mit den Aspekten einer möglichen Rückkehr ehemaliger P� egekräfte auseinandersetzt. Ihre Bereitschaft für eine Rückkehr in die P� ege knüpfen die Befragten an vielfältige Verände-rungen. Am häu� gsten werden "ande-re Strukturen und Arbeitsbedingungen" genannt: 42 Prozent betrachten diesen Aspekt als wichtige Voraussetzung.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

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Bayerisches Landesp� egegeld bleibt begehrt

FÜR DAS BAYERISCHE LANDESPFLEGEGELD IN HÖHE VON 1 000 EURO SIND 345 000 ANTRÄGE EINGEGANGEN.

B ayerns Gesundheits- und P� egeminis-terin Melanie Huml gab die aktuellen Zahlen bekannt. "Mittlerweile liegen

bereits mehr als 345 000 Anträge vor. In mehr als 250 000 Fällen wurde das Landesp� ege-geld bislang ausbezahlt. Das heißt: Wir haben auf diese Weise p� egebedürftige Menschen in Bayern schon mit insgesamt mehr als einer Viertelmilliarde Euro unterstützt. Diese positi-ve Resonanz ist sehr erfreulich", sagte die Mi-nisterin am 16. Dezember.

Konkret wurden bis zum 14. Dezember 345 052 Anträge auf Landesp� egegeld gestellt. Davon wurden bislang 253 722 positiv beschieden und ausgezahlt. Huml erläuterte: "Das Landesp� e-gegeld ist ein wichtiger Bestandteil des P� ege-Pakets der Bayerischen Staatsregierung. Wir investieren hier jährlich 400 Millionen Euro, damit P� egebedürftige in Bayern ab P� ege-

grad zwei pro Jahr einen Betrag von 1 000 Euro zusätzlich bekommen. Damit stärken wir ihre Selbstbestimmung und auch ihre gesellschaft-liche Teilhabe."

Mit dem Geld können sich P� egebedürftige zum Beispiel etwas gönnen, was sie sich in ihrem normalen Alltag nicht leisten können. Sie können auch Angehörigen und anderen Menschen, die sie bei der Bewältigung ihres schwierigen Alltags unterstützen, eine � nanzi-elle Anerkennung zukommen lassen.

Zudem sollen nach den Vereinbarungen des bayerischen Koalitionsvertrags jährlich min-destens 500 neue Plätze in der Kurzzeitp� ege in Bayern nach der Förderrichtlinie P� ege – WoLeRaF gefördert werden, vorbehaltlich der Zustimmung des Bayerischen Landtags zum Doppelhaushalt 2019/2020. Huml unterstrich:

"Häuslich P� egende werden durch zusätzliche Möglichkeiten, Angehörige in Kurzzeitp� ege zu geben, spürbar entlastet. Auch das trägt dazu bei, dass P� egebedürftige möglichst lan-ge in der gewohnten häuslichen Umgebung bleiben können." Der Koalitionsvertrag siehe ebenfalls eine neue staatliche Investitionskos-tenförderung vor, ergänzte sie. Ab dem Jahr 2019 sollen bis zu 1 000 P� egeplätze jährlich gefördert werden. Dies umfasst die Förderung der Fortentwicklung bestehender P� egeplätze sowie die Scha� ung bedarfsgerechter neuer P� egeplätze.

Informationen über die Anspruchsvoraus-

setzungen und das Antragsformular für

das Bayerische Landesp� egegeld stehen

zum Download auf der Webseite

landesp� egegeld.bayern.de

zur Verfügung.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

TAGESPFLEGE

Individuell auf die Generation X eingehen

FÜHRUNGSKONZEPTE FÜR UNTERSCHIEDLICHE GENERATIONEN ENTWICKELN

D ie Mitarbeiterschaft eines Unterneh-mens ist ein heterogener Mikrokos-mos. Mitarbeitende unterscheiden

sich in ihrer Funktion, ihrem Erfahrungshori-zont und ihren Quali� kationshintergründen. Zusätzliches Unterscheidungsmerkmal ist das Alter, also die Zugehörigkeit zu einer Generati-on. In der Generationenforschung wird davon gesprochen, dass die verschiedenen Generati-onen Stereotype gewisser Jahrgangskohorten bilden, denen, aufgrund ihrer Sozialisation, verschiedene Wertekonzepte und Haltungen zugeschrieben werden. Diese beein� ussen auch die Wahrnehmung und Bewertung von Unternehmenskultur und Arbeitgeber-Be-ne� ts. Natürlich gibt es individuelle Abwei-chungen von diesen Stereotypen, aber eine Eingruppierung kann helfen, angemessene Führungskonzepte für unterschiedliche Gene-rationen zu entwickeln.

Jede Generation versucht sich deutlich unter-scheidbar von den vorhergehenden Genera-tionen abzusetzen. Im Fall der Generation X ( Jahrgänge 1965 – 1975) wird aus dem „Leben, um zu arbeiten“ der Babyboomer das Credo

„Arbeiten, um zu leben“. Im Gegensatz zu ihrer Vorgänger-Generation stellt die Generation X

die Arbeit nicht mehr vor andere Bedürfnis-se, sondern betrachtet diese eher als Mittel zum Zweck. Das Ziel dieser Generation ist es, ein materiell sicheres Leben zu führen. Die Mitglieder dieser Generation gelten als gut ausgebildet, ambitioniert bis ehrgeizig. Sie su-chen nach individuellen beru� ichen Entwick-lungsmöglichkeiten, jedoch ist Zeit wichtiger als Geld. Dabei streben Sie nach einer hohen Lebensqualität und legen Wert auf eine ausge-glichene Work-Life-Balance.

Mitarbeiter der Generation X können als ten-denziell unabhängig und Individualisten be-schrieben werden und orientieren sich weniger an Teamarbeit; ihre bevorzugte Arbeitsweise ist das selbstständige Arbeiten mit Freiräumen bei der Arbeitsgestaltung. Diese Aspekte sind bei der Führung zu beachten. Dabei ist es hilf-reich, eine Führungskultur auf Wertschätzung und Beteiligung zu etablieren. Individuelle, auf die Generation X abgestimmte und entwickel-te Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten steigern die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Im Arbeitsalltag hat sich die Bildung von intergenerativen Teams als ziel-führend erwiesen, da die verschiedenen Mitar-beitergenerationen voneinander partizipieren.

Die Mitglieder der Generation X gelten als gut ausgebildet, ambitioniert bis ehrgeizig. Sie suchen nach individuellen beru� ichen

Entwicklungsmöglichkeiten, jedoch ist Zeit wichtiger als Geld.

PRAXIS-TIPPS

• Etablieren Sie eine Führungskultur, die auf Verständnis und Wertschätzung beruht. Versuchen Sie dabei die Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche der Generation X zu verstehen und individuell darauf zu reagieren.

• Bieten Sie individuelle auf die Gene-ration X abgestimmte Karriere-, Weiter-bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten an. Hierzu gehört auch das Gesundheits-management, welches das Ziel hat, die lebenslange Leistungsbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters sicherzustellen.

• Etablieren Sie ein unternehmenseige-nes Mentoring-Programm, um die Grundla-ge zu scha� en, dass jüngere Mitarbeitende Unterstützung von älteren Mitarbeitenden erhalten können. Dadurch kann zudem der Wissenstransfer zwischen den Generatio-nen gewährleistet werden.

• Führen Sie Generationen-Workshops durch. Dadurch sorgen Sie für ein gegen-seitiges Verständnis und Akzeptanz der ge-nerationsspezi� schen Besonderheiten und erreichen zudem eine höhere gegenseitige Wertschätzung und e� ektivere Zusammen-arbeit in einem generationengemischten Team.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Mindestlohn steigt um 50 Cent

ZUM 1. JANUAR 2019 WURDE DER PFLEGEMINDESTLOHN NACH OBEN KORRIGIERT.

D ann gilt für den Westen und Berlin ein Stundenlohn von mindestens 11,05 und für den Osten eine Min-

destgrenze von 10,55 Euro pro Stunde.

Ungelernte Hilfskräfte verdienen nach Anga-ben des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) damit in der Alten-pflege mindestens 1,86 Euro bzw. 20 Prozent mehr als in anderen Branchen, für die dann der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde gilt. Für Altenpflege-fachkräfte werden deutlich höhere Stunden-löhne bezahlt.

"In der Altenpflege kann man als ungelern-te Hilfskraft deutlich mehr verdienen als in zahlreichen Branchen unserer Republik. Das kann für junge Menschen, die bisher noch keine Ausbildung abgeschlossen haben, auch ein Ansporn sein, in der Altenpflege zu arbeiten. Über diesen Einstieg gibt es vielfäl-tige Möglichkeiten, sich zur Altenpflegefach-kraft ausbilden zu lassen und in einem siche-ren Job mit Zukunft tätig zu sein", macht der Präsident des bpa Arbeitgeberverbands, Rai-ner Brüderle deutlich. Altenpflegefachkräfte würden händeringend gesucht und hätten eine lebenslange Jobgarantie.

2 500 Euro Mindesteinkommen?

DER ARBEITGEBERVERBAND PFLEGE (AGVP) HAT KONKRETE ZAHLEN IM SINN.

A uf ihrer Mitgliederversammlung haben sich die Mitglieder des AGVP dafür ausgesprochen, allen Alten-

pflegefachkräften ein Mindesteinkommen von 2 500 Euro pro Monat zu garantieren.

"Wir plädieren dafür, in einer neuen Kom-mission zur Regelung der Mindestarbeits-bedingungen in der Pflege nach § 10 ff. Ar-beitnehmerentsendegesetz gemeinsam mit den kirchlichen Organisationen Caritas und Diakonie, den großen Wohlfahrtsverbänden, der Gewerkschaft Verdi und den privaten Arbeitgebern nach einer unkomplizierten Lösung zu suchen, die den Pflegefachkräften zügig eine bessere Bezahlung garantiert. Wir sind entschieden der Meinung, dass gute Ar-beit fair bezahlt werden sollte. Deshalb muss es bundesweit eine Untergrenze in der Be-

zahlung auch von Fachkräften geben", sagte AGVP-Präsident Thomas Greiner.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) begrüßte die "späte Einsicht" des AGVP, dass höhere Löhne in der Altenpflege notwendig seien. "Wer zügig höhere Löhne für die gesamte Altenpflege garantieren will, sollte sofort mit uns Verhandlungen für ei-nen Tarifvertrag aufnehmen, der dann auf die gesamte Altenpflege erstreckt werden kann", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. "Es ist skurril, dass ausgerech-net kommerzielle Anbieter, die maßgeblich für die niedrigen Löhne in der Altenpflege verantwortlich sind, jetzt die Pflegemindest-lohnkommission ins Spiel bringen", so Bühler weiter.

Es ist skurril, dass ausgerechnet kommerzielle Anbieter, die maßgeblich für die niedrigen Löhne in der Altenpflege verantwortlich sind, jetzt die Pflegemindestlohnkommission ins Spiel bringen.

> Sylvia Bühler, Verdi-Bundesvorstandsmitglied

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Pflegedienste sehen sich am Limit

BUNDESVERBAND HÄUSLICHE KINDERKRANKENPFLEGE FEIERTE IM RAHMEN EINER BUNDESTAGUNG IN BERLIN SEIN 20-JÄHRIGES BESTEHEN.

W ie notwendig qualifizierte Pflege-fachkräfte sind, Pflegefachkräfte sind, weiß Samuel Koch aus ei-

gener Erfahrung. „Danke für all Ihre Pflege-arbeit!“, sagte der Schauspieler und Autor in seiner Eröffnungsrede zur Jubiläumstagung des Bundesverbandes Häusliche Kinderkran-kenpflege (BHK) im Berliner Quadriga Forum am 23. November.

Der herrschende Pflegenotstand sowie eine gesicherte qualifizierte Ausbildung zur Kin-derkrankenpflegekraft, eine leistungsgerechte Vergütung und die Strukturen im Gesundheits-system waren in der anschließenden Podiums-diskussion die wichtigsten Themen für die mehr als 90 Besucher aus ambulanten Kinder-krankenpflegediensten und außerklinischen stationären und teilstationären Einrichtungen für Kinder mit schweren Erkrankungen. Die Diskussionsrunde moderierte Lukas Sander, Chefredakteur der Zeitschrift Häusliche Pflege. So verwies der Staatssekretär und Bevollmäch-tigte der Bundesregierung für Pflege, Andreas Westerfellhaus, darauf, dass für die generali-sierte Pflegeausbildung erst noch der Rahmen-lehrplan mit den Inhalten ausgestaltet werden müsse. Deren Ziel sei eine qualifizierte theo-retische wie praktische Ausbildung auch für die Kinderkrankenpflege, an die sich weitere Qualifizierungen anschließen müssten. Die

Qualifizierung sei auch in der Vergütung von Pflegeleistungen zu berücksichtigen, erklärte Gerd Kukla, Referatsleiter des Gesetzlichen Krankenversicherung-Spitzenverbandes.

"Für eine Pflegefachkraft alleine ist die häus-liche Kinderkrankenpflege eine riesengroße fachliche und ethische Herausforderung, die ein Wissen um Familiensysteme wie auch psy-chologische Themen mit einschließe“, erklärte Heike Witte. Diese Aufgabe könne eine junge Pflegefachkraft nach der dreijährigen Fach-ausbildung in der Kinderkrankenpflege kaum alleine leisten, sagte die Geschäftsführerin der „Ambulanten Kinderkrankenpflege Krank und Klein – bleib daheim GmbH“. „Außerdem reichen die bisherige Vergütung und damit die finanziellen Mitteln in den Diensten nicht aus, um Mitarbeiter in der Kinderintensivkran-kenpflege in ausreichendem Maße in Weiter-qualifizierungen zu schicken.“ Während Chris-tiane Lehmacher-Dubberke, Referentin in der Abteilung Pflege im AOK Bundesverband, die Schiedsverfahren als adäquates Instrument zur Klärung von strittigen Stundenvergütungen sah, verwies die BHK-Geschäftsführerin Corin-ne Ruser darauf, dass diese sehr viel Zeit sowie Geld in Anspruch nehmen und die Pflegediens-te aufgrund der Länge der Verfahren auch an existenzielle Grenzen bringen. „Vor Ort ist es für die Familien sehr dramatisch, diese lang-

wierigen Schiedsverfahren auszuhalten“, kriti-sierte auch Domenique Geiseler vom Vorstand des Vereins „Intensivkinder“. Denn solange die Vergütung für intensivpflegerische Leistungen mit den Krankenkassen unklar ist und die Ver-gütungs- und Schiedsverfahren noch laufen, können die ambulanten Kinderpflegedienste die Versorgung nicht aufnehmen. Der gesetz-liche Rahmen müsse so gesetzt werden, dass es hier schnellere Lösungen für Pflegedienste gebe, forderte Kordula Schulz-Asche, Spre-cherin für Pflegepolitik von Bündnis 90/Die Grünen. Der Riesenreformstau in der Pflege sei aufgelöst, sagte Erwin Rüddel, Vorsitzen-der des Ausschusses für Gesundheit im Bund (CDU): „Ein bis zwei Pflegegesetze wird es in dieser Legislaturperiode noch geben, bei denen es auch um die Kinderkrankenpflege gehen könnte. Für alle Pflegedienste muss es klar formulierte, festgeschriebene Parame-ter geben, nach denen die Pflegedienste fest vergütet werden müssen. Ich bin außerdem felsenfest davon überzeugt, dass wir mehr Spezialisierung in der Pflege brauchen.“ Die Generalistik in der Ausbildung sei nicht der zielführendste Weg, den wir in fünf bis sechs Jahren wieder diskutieren werden, so Rüddel.

„Wir halten dieses System schon so lange aus, das uns an unsere Grenzen bringt“, erklärte Heike Witte zum Abschluss der Diskussions-runde.

FORUM

Ein bis zwei Pflegegesetze wird es in dieser Legislaturperiode noch geben, bei denen es auch um die Kinderkrankenpflege gehen könnte."

> Erwin Rüddel (CDU)

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> Podiumsdiskussion mir Lukas Sander, Chefredakteur

Häusliche Pflege, Christiane Lehmacher-Dubberke,

Referentin in der Abteilung Pflege im AOK Bundesver-

band, Erwin Rüddel, Vorsitzender des Ausschusses für

Gesundheit im Bund (CDU), und Heike Witte, Geschäfts-

führerin der „Ambulanten Kinderkrankenpflege Krank

und Klein – bleib daheim GmbH“ (von rechts)

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

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P� egetiger scheint gerettet

STEPHANUS STIFTUNG HILFT DEM INSOLVENTEN UNTERNEHMEN AUF DIE BEINE.

N ach der Insolvenz des Berliner Start-up-Unternehmens P� egetige-rim Herbst dieses Jahres, steht ein

neuer Gesellschafter bereit. Die Stephanus Stiftung will das Konzept der Nachbarschafts-p� ege mit dem neuen Gesellschaft noch kon-sequenter umsetzen und weiterentwickeln, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Der Geschäftsbetrieb von P� egetiger wird seit dem 1. Dezember 2018 durch die Caretiger GmbH mit dem gleichen Team fortgeführt.

„Wir freuen uns, dass wir mit der Stephanus-Stiftung einen starken Partner für die Zukunft unseres Konzeptes gewinnen konnten. Er-möglicht wird die Fortsetzung von P� egeti-ger vor allem durch die Mitarbeiter, die dem Unternehmen in der schweren Phase der letzten Wochen treu geblieben sind und da-für gesorgt haben, dass der Geschäftsbetrieb während des vorläu� gen Insolvenzverfahrens reibungslos weitergehen konnte” sagte Con-stantin Rosset, einer der drei Gründer von P� egetiger. „Der Kontakt zu P� egetiger war schon Anfang dieses Jahres entstanden. Wir konnten Team und Konzept in den letzten Monaten sehr gut kennenlernen und freuen uns, dass wir durch unsere Beteiligung eine Fortführung des Konzepts ermöglichen und mit unserer Erfahrung zum Erfolg von P� e-getiger beitragen können“, ergänzte Harald Thiel, Vorstand der Stephanus-Stiftung. P� e-

getiger und die Stephanus-Stiftung planen nach eigenen Angaben, das Unternehmen in der Zukunft gemeinsam zu entwickeln, wobei ein besonders enger Austausch in den Berli-ner Schwerpunktegebieten der Stephanus-Stiftung statt� nden wird. Dabei werde P� ege-tiger von der vorhandenen Infrastruktur des Partners pro� tieren, kündigte die Stiftung an.

Gegründet wurde das junge Unternehmen P� egetiger vor zwei Jahren von Moritz Lienert, Philipp Pünjer und Constantin Rosset. Im Hin-tergrund stand das Unternehmen Rocket In-ternet als Berater und Geldgeber bereit, zu dem auch der Onlineversandhandel Zalando gehört. Schnell gelang es P� egetiger über 100 Mitarbeiter und über 600 Kunden ins Boot zu holen und zu einem der größten ambulanten P� egedienste Berlins zu werden.

Was der Grund der Insolvenz war, ist bisher nocht nicht eindeutig bekannt. „Unterschied-liche Vorstellungen der ehemaligen Gesell-schafter über die zukünftige Ausrichtung“ hät-ten zur vorläu� gen Insolvenz geführt, heißt es aus Unternehmenskreisen. Die Stephanus-Stiftung soll sich mit mehr als zehn Prozent an der neu gegründete Caretiger GmbH beteiligt haben. Die Stephanus-Stiftung ist ein christli-ches, gemeinnütziges Unternehmen und Mit-glied im Dachverband Diakonie Deutschland. (lon)

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> Die P� egetiger-Geschäftsführer (v.l.): Constantin Rosset, Philipp Pünjer und Moritz Lienert

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Den Sprung in die Selbstständigkeit schaffen

SO SORGEN SIE FÜR EINE SOLIDE FINANZBASIS IHRES PFLEGEDIENSTES. IN DIESER AUSGABE: FÖRDERMITTEL NUTZEN

Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und viele Ideen, wie man es selbst besser machen könn-te, spielen bei Gründungsüberlegungen eine zentrale Rolle. Das erforderliche wirtschaftliche Denken und die finanziellen Herausforderun-gen werden jedoch dabei oftmals unterschätzt. Schließlich wird die Pflegekraft zum Unterneh-mer mit hoher sozialer und finanzieller Verant-wortung. Natürlich ist die Begeisterung für den Sprung in die Selbstständigkeit eine wichtige Grundvoraussetzung. Allerdings bedarf es auch einer durchdachten Planung der wirtschaftli-chen Rahmenbedingungen, denn diese bildet das Fundament, auf dem der Existenzgründer später mit seinem Unternehmen steht. Eine sehr gründliche Vorbereitung muss hier gege-ben sein. In diesem Rahmen ist auch zu über-legen, ob vielleicht eine Unternehmensnach-folge oder der Einstieg in einen bestehenden Pflegedienst als neuer Gesellschafter eine gute Alternative wäre. Denn insbesondere Neugrün-

dungen sind mit hohen Risiken und Heraus-forderungen verbunden. Nicht nur aus diesem Grund ist eine umfassende Beratung sinnvoll, um sämtliche Vor- und Nachteile vor dem Hin-tergrund des eigenen Potenzials auszuloten. Das Bundesministerium für Wirtschaft bietet über seine Website existenzgruender.de einen umfassenden Überblick, welche Möglichkeiten der Beratungsförderung bestehen. Umfangrei-che Checklisten und Tipps, die das Thema Exis-tenzgründung grundsätzlich behandeln, sind dort ebenfalls zu finden.

Für Existenzgründer gibt es von der Kredit-anstalt für Wiederaufbau (kfw.de) den „ERP-Gründerkredit – StartGeld“. Dieses Angebot richtet sich unter anderem an Existenzgrün-der mit wenig oder keinem Eigenkapital. Die Anträge sind bei der jeweiligen Hausbank zu stellen. Danach prüft die Hausbank die Bonität, den Businessplan, die fachliche Qualifikation, Branchenkenntnisse und schätzt die Erfolgs-aussichten des Vorhabens ein. Sie prüft weiter-hin, ob und auf welchem Weg die notwendige Finanzierung realisierbar ist. Aufbauend auf ihren Erfahrungswerten und der eingereichten Liquiditätsplanung werden der Finanzierungs-bedarf, die optimale Kreditlaufzeit und die Konditionen besprochen. Anschließend leitet die Hausbank den Antrag an die KfW weiter.

Der Gründerkredit erleichtert die Kreditvergabe vor allem an Existenzgründer sowie kleine und

mittlere Unternehmen, indem Garantien für die Rückzahlung der Kredite von der europäischen Union übernommen werden. 80 Prozent des Kreditausfallrisikos der Hausbank werden ab-gesichert. Somit fällt es der Hausbank leichter, einen Kredit im Rahmen der Existenzgründung zu gewähren. Allerdings kann das Programm bei der KfW nur über einen Finanzierungspart-ner beantragt werden. Wer diese Förderung nutzen möchte, muss unbedingt vor Beginn des Vorhabens den Antrag stellen. Zudem können zwischen Antrag und Auszahlung mehr als vier Wochen vergehen.

EDWARD PONIEWAZ

> Der Autor ist Geschäftsführer der BFS Service

GmbH. Haben Sie eine Frage zum Thema Finanzen,

die unser Experte aufgreifen soll?

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FORUM: FINANZIEREN UND INVESTIEREN

"Ich arbeite seit einigen Jahren als Pfle-gekraft in einem ambulanten Pfle-gedienst und überlege, ob ich den

Schritt in die Selbstständigkeit wagen sollte. Leider konnte ich bisher keine finan-ziellen Rücklagen bilden, um die nötigen Investitionen zu tätigen. Welche Beratungs- und Fördermöglichkeiten bestehen?“

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Wer gefördert wird:• Unternehmensgründer

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Mitten im Notstand

EINE FLÄCHENDECKENDE AMBULANTE VERSORGUNG IST NICHT MEHR GEWÄHRLEISTET, SAGT BPA-GESCHÄFTSFÜHRER BERND TEWS.

P flegebedürftige und ihre Angehöri-gen erfahren tagtäglich hautnah den Personalmangel von Pflegediensten.

Nach dutzenden von Anrufen bei Pflegediens-ten und nachdem sie sich bereits lange von Wunschpflegezeiten verabschiedet haben, Pflegestützpunkte und Pflegekassen auch nicht weiter wissen, bleiben am Ende häufig nur weitere Versuche und die Unterstützung der Familie, um trotz Pflegebedürftigkeit in der eigenen Häuslichkeit zu verbleiben.

Pflegedienste stehen, ebenso wie die Pflege-heime, vor einem enormen Problem: es fehlen die Pflegefachkräfte und zunehmend auch die Pflegekräfte. Seit Jahren warnt der bpa, for-dert zügige Maßnahmen und legt konkrete Vorschläge vor. Bereits 2012 hat der bpa die Greencard für die Pflege verbunden mit einem Einwanderungsgesetz gefordert. 2013, im Zu-sammenhang mit der Ausbildungs- und Qua-lifizierungsoffensive, hat der bpa angeboten, 10.000 bei den Jobcentern gemeldete Pflege-helfer zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit zu Altenpflegefachkräften auszubilden und hat die Öffnung der Zuwanderung für Pflegefachkräfte zur Lösung der demografi-schen Herausforderungen gefordert. Bereits vor zwei Jahren belegten die Autoren des Pfle-ge-Thermometers , dass der Personalmangel in der ambulanten Pflege allgegenwärtig ist. Unterschiedliche Modellvarianten der Berech-nung zeigten bereits damals bis zu 37.200 offe-ne und nicht zu besetzende Vollzeitstellen auf, insbesondere für Pflegefachkräfte. Anhand der erhobenen Daten aus der Praxis und deren wissenschaftlicher Auswertung kam das Deut-sche Institut für angewandte Pflegeforschung für das Jahr 2016 zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt in jedem Dienst mindestens eine Stelle in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Al-tenpflege nicht besetzt werden konnte. Interessant war auch die Altersverteilung der Pflege-kräfte: Bei einem optimistisch angenommenen Rentenein-trittsalter von 65 Jahren gehen

nach der Untersuchung bis 2026 bundesweit rund 23.500 Pflegekräfte in Rente. Die Autoren der Studie prognostizierten, dass der Druck sich durch fehlende Möglichkeiten der Per-sonalrekrutierung und die wachsende Anzahl pflegebedürftiger Menschen weiter zuspitzt. Damals allerdings war noch nicht die Rede davon, dass Patienten aufgrund des Personal-mangels abgelehnt werden müssen. Das hat sich nun geändert. Jetzt ist die Sicherstellung der Pflege spürbar in Gefahr, wie die Zahlen und Fakten aus den Ländern belegen.

ZAHLEN BELEGEN MANGELVERWALTUNGDie Daten spiegeln die gegenwärtige Ver-sorgungssituation in der ambulanten Pflege wieder. Mittlerweile schränkt der Mangel an Pflegefachkräften die Versorgung ein. Die gesetzlich festgeschriebene Wahlfreiheit der Pflegebedürftigen und ihrer Familien, die den Betroffenen grundsätzlich erlaubt, den benö-tigten Leistungserbringer frei zu wählen, ist in der Praxis nicht mehr umzusetzen. Stattdessen sind die Betroffenen froh, wenn sie überhaupt professionelle Unterstützung bekommen. Subsysteme, die weder die vorgeschriebenen Qualitäts- noch die Zulassungs- oder Arbeits-rechtsanforderungen erfüllen, werden von den Betroffenen als „Notlösung“ akzeptiert und durch Gesetzesreformen salonfähig gemacht.

HINTERGRÜNDE DES PROBLEMS

Seit Jahren gibt es Rekordzuwächse bei der Anzahl der Auszubildenden in der Altenpflege. Es werden mehr Altenpflegekräfte als Kranken-pflegekräfte ausgebildet – trotz des zunehmen-den Wettbewerbs um den Nachwuchs über alle Branchen. Die Zahl der sozialversicherungs-

pflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist al-lein in den letzten zwei Jahren um fast einhun-derttausend gestiegen. Aber gleichzeitig steigt die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen deutlich schneller an. Unterdessen sinkt die Pflegebereitschaft und Pflegefähigkeit im fa-miliären und sozialen Umfeld. Hinzu kommen die deutlich ausgeweiteten Leistungsansprü-che der Pflegebedürftigen, die im Zuge der Ein-führung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und der Überleitung von Pflegestufen in Pfle-gegrade, in der ambulanten Pflege geschaffen wurden. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist seit 2015 von 2,86 Mio. um etwa 0,64 Millionen auf heute fast 3,5 Millionen Menschen angewach-sen. Die frühzeitigen Krankenhausentlassun-gen und die zunehmende Anzahl an chronisch und multimorbid Erkrankten, die einen wach-senden Bedarf an häuslicher Krankenpflege haben, beschleunigt das Versorgungsproblem ebenfalls.

MASSNAHMEN DER POLITIK

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist in der Politik angekommen, so wird es jedenfalls täg-lich aufs Neue seitens der Politik bekundet. Im sogenannten Sofortprogramm, dem Pflegeper-sonal-Stärkungs-Gesetz, sind gezielte Maßnah-men zur Unterstützung der Pflegedienste zur Gewinnung neuer und zusätzlicher Pflegekräf-te allerdings nicht vorgesehen. Das neue Pfle-geberufegesetz soll die Ausbildung attraktiver machen und mehr Auszubildende, d.h. in Folge mehr Fachkräfte, generieren. An diesem Ziel wird sich der Erfolg des Gesetzes festmachen. Zu befürchten ist jedoch, dass die im Rahmen der generalistischen Ausbildung festgeschrie-benen Anforderungen, die am Kompetenzrah-men von Fachhochschulabsolventen orientiert

sind, geradewegs zum Ge-genteil führen.

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz schafft der Gesetzgeber diverse An-reize für Krankenhausträger, unbegrenzt Pflegekräfte ein-

Die gesetzgeberischen Maßnahmen lassen nicht erkennen, dass die Dramatik

der Versorgungssituation in der ambulanten Pflege erkannt wurde."

> Bernd Tews

FORUM

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

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Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-gungsverhältnisse ist allein in den letzten zwei Jahren um fast

einhunderttausend gestiegen."

> Bernd Tews

FORUM

zustellen. Für diese sind die Tarifentgelte und Steigerungen von den Krankenkassen zu refinanzieren. Zudem brauchen auch keine Mehrkosten für die Auszubilden-den im ersten Jahr übernommen werden und der Krankenhausstrukturfonds kann ebenfalls für die Pflegekräfteausstattung bzw. für die Pflegeausbildung eingesetzt werden.

Die gesetzgeberischen Maßnahmen las-sen nicht erkennen, dass die Dramatik der Versorgungssituation in der ambulanten Pflege erkannt wurde. Das kolportierte Allheilmittel eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages verkennt zudem die Beson-derheit des Tätigkeitsfeldes von Pflege-diensten, deren Kostenträger sowohl die Kranken- als auch die Pflegekassen sind. Für beide gelten gänzlich unterschiedliche gesetzliche und vertragliche Anforderun-

gen und Laufzeiten. So ist beispielsweise, anders als in der Pflegeversicherung, die Refinanzierung von Gehältern in Tarifhö-he in der Krankenversicherung gegenwär-tig nicht gewährleistet – dies obwohl die gleichen Mitarbeiter in der Kranken- und Pflegeversicherung Leistungen erbringen. Pflegedienste erbringen unterschiedlichs-te, kleinteilige Einzelleistungen.

Diese richten sich nach den tagesabhän-gigen Anforderungen der regelmäßig wechselnden Kunden. Die Leistungen werden pauschal vergütet und der Kosten-deckungsbeitrag ist dabei höchst unter-schiedlich. Regelhaft fehlt ein Zeitbezug, nach dem die Leistung kalkuliert und ver-gütet wird. Der ambulante Pflegedienst hat die Leistungen aus einer Hand zu erbrin-gen und alle damit verbundenen Risiken zu tragen.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Gegen Gewalt in der häuslichen P� ege

UM DEM PROBLEM DER GEWALT IN DER HÄUSLICHEN PFLEGE HERR ZU WERDEN FORDERN VERBÄNDE MEHR BERATUNG.

U m Überforderung und Gewalt in der häuslichen P� ege zu vermeiden, for-dert die Bundesarbeitsgemeinschaft

der Senioren-Organisationen eine bessere Be-ratung und mehr Unterstützung für p� egende Angehörige. "Wenn es uns gelingt, frühzeitig die Türen für Unterstützung zu ö� nen, dann werden P� egebedürftige und ihre Familien entlastet", sagte der Vorsitzende Franz Münte-fering bei einer Tagung in Berlin im November.

"Die Kommunen sollten ihren älteren Bürgerin-nen und Bürgern diese aufsuchende Beratung und Unterstützung anbieten – nicht erst bei bestehender P� egebedürftigkeit." Es gebe be-reits heute gute Beratungs- und Begleitungs-angebote etwa von P� egekassen, Kommunen oder Selbsthilfegruppen, teilte der Zusammen-schluss von Senioren-Organisationen mit Sitz in Bonn mit. Aber diese Hilfsangebote stünden nicht � ächendeckend zur Verfügung und wür-den oft zu spät gefunden. Dabei seien frühzei-tige Beratung und Unterstützung der Schlüssel zur Prävention.

PFLEGE KO-PILOT SOLL WEITERHELFENDer P� egebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, stellte seinen Vor-schlag vor, zur zielgenauen Stärkung der häus-lichen P� ege einen Ko-Pilot (Koordination-P� e-ge im Lot) in Form wiederholter aufsuchender

Begleitung und Beratung zu etablieren: „Un-abhängige, hochquali� zierte P� ege KoPiloten könnten P� egebedürftige und P� egepersonen unterstützen und vertrauensvoll auf die Aufga-ben und mögliche Kon� ikte vorbereiten.“ Der P� ege Ko-Pilot soll so P� egebedürftigen und P� egepersonen ermöglichen, ihre Bedürfnisse und Belange ins Gleichgewicht, ins Lot zu brin-gen und möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in ihren eigenen vier Wänden zu führen.

„Angelehnt ist diese Idee an die bereits be-währten Beratungs- und Betreuungsgespräche durch Hebammen bei den frischgebackenen Eltern. Ich habe aktuell ein Gutachten in Auf-trag gegeben, wie die derzeitigen verp� ichten-den Kontrollbesuche für P� egegeldempfänger zu präventiven Ko-Pilot-Besuchen ausgebaut werden können. Die Ergebnisse erwarte ich für Anfang nächsten Jahres“, sagte Westerfellhaus. GEWALT IN DER LETZTEN LEBENSPHASEKommt häusliche Gewalt auch bei der P� ege und Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase vor? Mit dieser brisanten Frage hat sich die Arbeitsgemeinschaft Hospizbewe-gung im Erzbistum Paderborn bei ihrer Mitglie-derversammlung in Paderborn auseinander gesetzt. Die Antwort des Gastreferenten Prof. Dr. Dr. Rolf Hirsch, Psychiater und Psychologe mit dem Schwerpunkt Gerontologie aus Bonn,

war eindeutig: „Ja, es gibt häusliche Gewalt an P� egebedürftigen in der Häuslichkeit, be-gangen durch Kinder oder Ehepartner.“ Aber anders als bei der Gewalt gegen Kleinkinder gebe es bei körperlich misshandelten Senio-ren keine genau de� nierten Verletzungen, die Ärzten und P� egepersonal einen eindeutigen Rückschluss auf Gewalterfahrungen ermögli-chen würden. Dies mache die Aufdeckung und Verfolgung von Körperverletzungen bei P� e-gebedürftigen oder Sterbenden schwer, sag-te Hirsch. Als unangemessene Versorgungen in der Sterbephase beschrieb Hirsch Fälle, in denen etwa sterbende Menschen und deren Familie sich aufgrund mangelnder Aufklärung nicht bewusst seien, dass der Tod unmittelbar bevor stehe. Als eine Form von Gewalt be-zeichnete er auch, wenn Patienten unter star-ken und nicht kontrollierten Symptomen wie Schmerzen und Unruhe versterben würden. In seinem Vortrag ging Hirsch nicht nur auf Ge-walterfahrungen von P� egebedürftigen, son-dern auch von P� egepersonal ein. Diese seien nicht selten Opfer von Übergri� en und Gewalt.

„Sie alle kennen dies: Im verwirrten Zustand ei-nes an Demenz erkrankten Menschen kann es sein, dass er um sich schlägt.“

p� egebevollmaechtigter.de;

caritas-paderborn.de

FORUM: PROJEKT

> Der P� egebevollmächtigte der Bundesregierung,

Staatssekretär Andreas Westerfellhaus, denkt über

einen P� ege Ko-Piloten nach.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

De� zite beim Rechtschutz P� egebedürftiger

PFLEGERECHTLER, RECHTSANWALT UND SOZIALEXPERTE PROFESSOR DR. THOMAS KLIE KOMMENTIERT THEMEN DER PFLEGEBRANCHE. IN DIESER AUSGABE: GEWALTFREIE PFLEGE

KLIE'S CORNER

Der § 8a SGB VIII, der den Kinderschutz regelt, entfaltet auch für die Altenhilfe eine Art Vorbildwirkung.

> Professor Dr. Thomas Klie, P� egerechtler, Rechts-

anwalt und Sozialexperte

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NERErschreckend sind immer wieder Polizei-

berichte über eskalierende häusliche P� egedynamiken: Die Mutter einer p� e-

genden Tochter wird – übersät mit Hämato-men – nach einem von den Nachbarn ausge-lösten Polizeieinsatz ins Krankenhaus gebracht.

„Nehmen Sie mich mit, meine Tochter schlägt mich noch tot!“, heißt es im Polizeiprotokoll. Nach zwei Tagen ist die p� egebedürftige Mutter wieder zuhause und das Drama geht weiter. Weder Krankenhaus und Polizei sehen sich in Verantwortung. Ein anderer Fall: Der p� egebedürftige Herr Müller aus Tuttlingen ruft panisch seinen Nachbarn, da er in seiner eigenen Wohnung eingesperrt ist. Er will raus. Die Polizei wird benachrichtigt. Der von der Polizei benachrichtigte Hausarzt kommt. Er weist ihn in die geschlossene Psychiatrie ein. Der ambulante Dienst hatte auf Anweisung der Angehörigen die Tür verschlossen, als der P� e-geeinsatz zu Ende war.

Die Ruhigstellung mit Medikamenten von in der eigenen Häuslichkeit gep� egten Menschen ist statistisch belegt. Gewalthandlung aus Überforderung, aus Verzwei� ung oder fami-liendynamisch angelegter Aggression: Sie be-stimmen nicht das Bild der häuslichen P� ege, aber sie sind überall aus Deutschland bekannt. Im Landkreis Tuttlingen (Baden-Württemberg) hat sich der Landkreis auf den Weg gemacht, genau diesen Fragen systematisch nachzuge-hen. Aus den geschilderten Quellen sollen Kon-sequenzen gezogen werden: Sensibilisierung aller Beteiligten, Handlungsanleitungen für die schwierigen Situationen werden erarbeitet, eine Case Management-basierte Kooperation eingeübt. Das ist vorbildlich. Der Landkreis Tuttlingen will zu einem sorgenden Landkreis werden, dem die Menschenrechte der zuhau-se versorgten und auf P� ege angewiesenen Menschen und Menschen mit Behinderung am Herzen liegen.

Die Seniorenberater der Freien und Hansestadt Hamburg, die für die Altenhilfe und Hilfe zur P� ege zuständig sind, schulen sich in Fragen ihrer rechtlichen Verantwortung für auf P� ege angewiesene Menschen. Es ist nicht nur das Jugendamt, das Schutzp� ichten gegenüber schutzbedürftigen Jugendlichen wahrzuneh-men hat. Auch die für die Altenhilfe gemäß

§ 71 SGB XII und Hilfe zur P� ege gemäß § 61 � SGB XII zuständigen Sozialämter haben eine strafrechtlich bewährte Garantenstellung. Mit Kenntnis der Schutzbedürftigkeit auf P� ege angewiesener Menschen, die gegebenenfalls Opfer von Gewalthandlungen sind, sind sie in der P� icht, § 18 SGB XII. Das Sozialstaatsprinzip verp� ichtet sie zu Beratung, dazu die Klienten aufzusuchen, auf die Inanspruchnahme von Hil-fe hinzuwirken, nicht locker zu lassen, wenn Hil-fen gegebenenfalls abgelehnt werden. Auch die Einbeziehung Dritter, etwa des Betreuungsge-richtes oder der Polizei kann geboten sein und zu ihren P� ichten gehören. Der § 8a SGB  VIII,

der den Kinderschutz regelt, entfaltet auch für die Altenhilfe eine Art Vorbildwirkung.

Das Frankfurter Forum für interdisziplinäre Alternsforschung hat dem Bevollmächtigten der Bundesregierung für die P� ege eine Un-tersuchung vorgestellt, in der es um Recht-schutzde� zite bei Versorgungsmängeln in der häuslichen P� ege alter Menschen geht. Eine dem Jugendhilferecht entsprechende Nachrüs-tung des Betreuungsrechtes wird ebenso vor-geschlagen wie die Einrichtung einer neuen Behörde, die für den Bereich P� ege und Miss-brauch älterer Menschen zuständig sein soll.

Es ist ein heikles Thema, das Thema wirksamer Rechtsschutz von auf P� ege angewiesenen Menschen in ihrer eigenen Häuslichkeit. Die deutsche P� egeversicherung setzt darauf, dass auf P� ege angewiesene Menschen zuhause von ihren Angehörigen gep� egt werden. Die Bedin-gungen, unter denen dies geschieht, sie sind keineswegs zufriedenstellend. Viele An- und Zugehörige müssen auf ihre Arbeit verzichten. Ob Hilfen vor Ort, ob Tages- und Nachtp� ege als Entlastung zur Verfügung stehen, das hängt im hohen Maße von den jeweiligen örtlichen Rahmenbedingungen, von der Infrastruktur ab. Das hat der DAK P� egereport 2018 jüngst eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die unzu-reichende Finanzierung der P� egeversicherung, insbesondere in der häuslichen P� ege, trägt Mitverantwortung für die Verbreitung von ge-waltgeprägten P� egearrangements. Initiativen wie in Tuttlingen und Hamburg, sie sind wichtig und sie sollten Breitenwirkung entfalten.

Ob wir weitere und neue Gesetze brauchen, da-rüber wird zu diskutieren sein. In jedem Fall darf

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Immer mehr Arbeitsunfälle in der Pflege

DIE ENTSCHÄDIGUNGSLEISTUNGEN STEIGEN UM 80 PROZENT.

D ie Anzahl der gemeldeten Arbeitsun-fälle von Beschäftigten in Gesund-heits- und Pflegeberufen ist in den

vergangenen Jahren um fast die Hälfte gestie-gen (49,9 Prozent). Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die dem Evangeli-schen Pressedienst (epd) vorliegt, stieg die Zahl der gemeldeten Arbeits- und Wegeunfälle in der Berufsgruppe zwischen 2007 und 2017 von 74 321 auf 111 432. Im gleichen Zeitraum sank die Gesamtzahl der bei den Versiche-rungsträgern und Berufsgenossenschaften ge-meldeten Arbeitsunfälle in allen Branchen um 5,5 Prozent auf rund 1,06 Millionen. Die Kosten für Entschädigungsleistungen wie Rehabilitati-on und finanzielle Kompensation stiegen den Daten zufolge in der Gesundheits- und Pflege-branche von rund 288 Millionen Euro im Jahr

2007 auf rund 520 Millionen Euro im Jahr 2017. Das ist ein Zuwachs von 80 Prozent.

"Platzmangel ist ein großes Problem in der am-bulanten Pflege", berichtet Dr. Sandra Gorfer, Präventionsexpertin der BGW. "Viele Wohnun-gen sind recht eng eingerichtet. Wenn dort jemand pflegebedürftig wird, muss häufig umgeräumt werden. Unsere Mitgliedsbetriebe berichten immer wieder über Schwierigkeiten, Kunden davon zu überzeugen, dass beispiels-weise ein Pflegebett aufgestellt oder Kleinmö-bel aus dem Weg geschafft werden müssen" Es führe kein Weg daran vorbei, die Wohnung den Erfordernissen der Pflegesituation anzupassen. Davon würden alle Beteiligten profitieren: "Der pflegebedürftige Mensch kann gut zu Hause versorgt werden, das Pflegeteam gesund und sicher arbeiten".

FORUM

sich die deutsche Pflegepolitik nicht weiter vor dem Thema wegducken: Hier in der häuslichen Pflege, in der Einlösung staatlicher Verantwor-tung für Rahmenbedingungen, unter denen Menschen häusliche Pflegearrangements für alle Beteiligten gut gestalten können, hier liegt eine der wesentlichen Handlungsaufträge ei-ner familienorientierten Pflegepolitik. Die etwa 600 000 osteuropäischen Pflegekräfte, sie zei-gen ebenso wie die Hinweise auf Gewalt in der häuslichen Pflege: Wir haben es in Teilen mit Systemversagen zu tun. Die Konzertierte Aktion Pflege (KAP) nimmt sich dieses Themas leider so gut wie überhaupt nicht an. Das ist unver-antwortlich. Unverantwortlich ist es auch, wenn ambulante Dienste ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, wenn sie von gewaltgeneigten Pflegearrangements erfahren oder in sie ver-strickt sind. Es gehört zu den ethischen Prin-zipien der Pflege, auf eine menschenwürdige und gewaltfreie Pflege hinzuwirken. Auch Pfle-gedienste haben eine Garantenstellung gegen-über ihren Klienten. Auch sie sind zum Handeln verpflichtet, wenn sie von eingangs erwähnten Fallkonstellationen erfahren. Mit dem Abschlie-ßen der Wohnung ist es nicht getan.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

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Urteile, die Sie kennen solltenGERICHTSURTEILE GEHÖREN SICHERLICH NICHT ZUR LIEBLINGSLEKTÜRE VON INHABERN ODER GESCHÄFTSFÜHRERN VON PFLEGEDIENSTEN. DOCH WER SIE KENNT, IST KLAR IM VORTEIL – UND KANN GEGENÜBER KOSTENTRÄGERN, PATIENTEN UND ANGEHÖRIGEN SICHER ARGUMENTIEREN. HÄUSLICHE PFLEGE STELLT SECHS DER WICHTIGSTEN URTEILE VOR.

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Von Prof. Ronald Richter

D ie gesetzlichen Vorschriften, die Richtlinien des Gemeinsamen Bun-desausschusses sowie der Pflegekas-

sen, die Satzungen und Dienstanweisungen sowie natürlich die Rahmen- und Versorgungs-verträge überlagern die tägliche Arbeit der am-bulanten Pflege.

Die Urteile, die die Leitungskräfte in den am-bulanten Diensten in jedem Fall kennen sollten, wollen wir nochmals im Zusammenhang auf-findbar machen. Wir unterscheiden dabei die Urteile, die das Leistungserbringerrecht, also die vertraglichen Vereinbarungen der Pflege-dienste mit den Kranken- und Pflegekassen betreffen, von denen leistungsrechtlichen Ent-scheidungen, also den Ansprüchen der versi-cherten Kunden. Ausgewählt wurden Urteile, die von den Gerichten selbst als wichtig mar-kiert wurden. Dies geschieht durch Aufnahme in der amtlichen Sammlung (Erkennbar an dem Zitatkürzel „E“, also beispielsweise: BSGE)

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DAS BESCHLEUNIGUNGSGEBOT BEIM ABSCHLUSS VON VERTRÄGEN MIT DEN KRANKEN- UND PFLEGEKASSEN

Verändert sich der Pflegedienst aufgrund eines Rechtsformwechsels, der Fusion mit einem anderen Dienst, eines bloßen Umzu-ges oder der Gründung einer weiteren Filiale, sind die Versorgungs- und Rahmenverträge teilweise neu abzuschließen. Dies geht in den meisten Fällen ganz einfach und unpro-blematisch. Man hört aber auch von einzel-nen Kranken- und Pflegekassen, die dann das

„Rad neu erfinden“ wollen. Daher musste be-reits das Bundessozialgericht (BSG, Urt. v. 24.01.2018, B 3 KR 2/07 R = BSGE 99, 303) einschreiten und stellte dazu fest: Das Prüfungsverfahren der Krankenkassen beim Abschluss des Vertrages nach § 132a SGB V steht unter einem Beschleunigungsge-bot. Dieses ergibt sich bereits aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB). Gera-de im Aufbau befindliche ambulante Pflege-dienste sind auf eine schnelle Entscheidung über einen Vertragsabschluss oder der Bei-trittserklärung ihres Verbandes angewiesen. Um in Aussicht stehende – in der Regel auf Dauer angelegte – Aufträge von gesetzlich

Versicherten auch annehmen, mit den Kran-kenkassen abrechnen und so im Markt Fuß fassen zu können (§ 69 SGB V in Verbindung mit §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), ist eine schnelle Zulassung oder ein schneller Vertragsschluss notwendig. Unnötige und verzögerte Prüfungen sind daher zu vermeiden. Der Grundsatz, dass im Rahmen der sogenannten „culpa in contra-hendo“ für Verzögerungen bei der Vertrags-annahme oder Vertragsablehnung in der Regel nicht gehaftet wird, gilt wegen des Be-schleunigungsgebots deshalb nicht. Bei Ver-stößen gegen den Beschleunigungsgrundsatz kann der Pflegedienst daher Schadensersatz für (nachweislich) entgangene Aufträge und die Markteintrittsbehinderung verlangen. Die Frist zur Prüfung ist in einigen Bundes-ländern im Rahmenvertrag selbst geregelt und beträgt in diesen Fällen regelmäßig einen Monat. An dieser Frist kann sich der ambulante Pflegedienst bei einem Abschluss orientieren.

DIE WAHLFREIHEIT AUF EINEN AMBULANTEN PFLEGEDIENST

Die Möglichkeit der Krankenkassen, ei-gene Pflegedienste zu gründen oder be-

stehende zu erwerben, um die Versicherten darauf zu verweisen und so deren Wahlfrei-heit einzuschränken, wird auch nicht durch § 132a Abs. 4 Satz 13 SGB V eröffnet. Danach kann die Krankenkasse zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege auch „geeignete Personen“ anstellen. Das Bundessozialge-richt (BSG, Urt. v. 24.09.2002, B 3 A 1/02 R = BSGE 90, 84) hat die Vorschrift zu Gunsten der ambulanten Pflegedienste ausgelegt:Bereits der Wortlaut und Wortsinn des § 132a Abs. 4 Satz 13 SGB V sprechen gegen

eine solche erweiternde Auslegung. Selbst wenn man annimmt, aus der Regelung des § 132a Abs. 4 Satz 13 SGB V sei auch die Be-fugnis zur Unterhaltung eines hauseigenen Pflegedienstes abzuleiten, berechtigt dies die Krankenkasse als Trägerin dieses Pfle-gedienstes nicht dazu, ihre Versicherten im Rahmen des Sachleistungsprinzips (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) darauf zu verweisen, allein diesen Pflegedienst in Anspruch zu nehmen, die Wahlfreiheit der Versicherten also auf-zuheben. Die Wahlfreiheit auf einen ambu-lanten Pflegedienst ist also garantiert!

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Einen großen Schwerpunkt zum Thema Recht in der ambulanten Pflege plant die Redaktion für den „Häusliche Pflege PDL Kongress 2019“. Das Jahres-Event für alle Leitungskräfte, Geschäftsführer und Inhaber in ambulanten Pflegediensten und Sozialstationen lädt im September zwei Tage zu einem Kongress mit ge-balltem Fachwissen. 20 Stunden Fach-vorträge und Workshops warten auf Sie. Top-Experten wie die Rechtsanwälte Prof. Ronald Richter und Peter Sausen bringen Sie auf den neusten Stand.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

DIE UMSATZSTEUERFREIHEIT DER AMBULANTEN PFLEGELEISTUNGEN

Die früher so heiß diskutierte Frage, ob die Leistungen der ambulanten Pflege um-

satzsteuerfrei sind, ist durch die Neuregelung des § 4 Nr. 16 UStG geklärt. Leistungen, die aufgrund der Rahmenverträge nach § 132a SGB V, des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI oder des Einzelvertrages nach § 77 SGB XI erbracht werden, sind umsatzsteu-erfrei. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Zahlung leistet, sondern nur darauf, auf welcher Rechtsgrundlage die Leistung erfolgt.

Was gilt aber, wenn Betreuungs- oder Pflege-leistungen an hilfsbedürftige Personen von ambulanten Pflegediensten erbracht wer-den, die nicht auf Sozialversicherungsrecht-verträgen basieren, sondern auf der Basis von Vereinbarungen mit einem Privatzahler

und der Abrechnung eines frei kalkulierten Stundensatzes erbracht werden. Diese Leis-tungen können nach § 4 Nr. 16 Buchstabe l UStG umsatzsteuerbefreit sein. Die Einzel-heiten dieser Umsatzsteuerbefreiung hat der Bundesfinanzhof (BFH, Urt. v. 03.08.2017, V R 52/16 = BFHE 259, 160) beschrieben.

Es müssen dann 25 Prozent (früher: 40 Pro-zent) der Fälle, die der konkrete ambulante Pflegedienst erbringt, von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozi-alhilfe ganz oder zum überwiegenden Fall im Vorjahr und im laufenden Jahr vergütet wor-den sein. Dabei hat der Bundesfinanzhof da-rauf hingewiesen, dass diese Vorschrift dem ambulanten Pflegedienst die Anwendung der Steuerfreiheit ermöglich will und daher unter

praktikablen Bedingungen anwendbar sein muss. Dies betrifft insbesondere den Nach-weis, den die Finanzämter verlangen. Nach dieser Feststellung erleichtert das Urteil des BFH ganz ungemein den Nachweis in der Steu-erprüfung: Steht fest, dass der Empfänger der Leistungen des ambulanten Pflegedienstes einen Pflegegrad zuerkannt erhalten hat, so ist dieser grundsätzlich zum Leistungsbezug nach den §§ 36 ff. SGB XI berechtigt. Für diese Leistungsempfänger soll das Finanzamt eine Kostentragung durch die Pflegekassen als So-zialversicherungsträger unterstellen. Es reicht daher in der Prüfung aus, eine Aufstellung der versorgten Versicherten mit der Angabe, ob ein Pflegegrad vorliegt oder nicht, vorzulegen.

DIE QUALIFIKATION DER PDL

Allgemein unbestritten ist, dass die Kran-kenkassen auf formalen Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen bestehen können, weil sonst eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskon-trolle der Leistungserbringung nicht mög-lich ist. Die Anforderungen an die formale Qualifikation der PDL/stellvertretenden PDL eines ambulanten Pflegedienstes werden vonseiten der Krankenkassen – wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. vom 14.05.1985, 1 BvR 449/82 = BVerfGE 70, 1) festgestellt hat – mit zulässigen Erwägun-gen begründet, nämlich zur Sicherung einer ausreichenden Pflegequalität und damit aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Doch welche Pflegequalität wird aus der for-malen Qualifikation der PDL abgeleitet?

Weder § 132a SGB V noch § 37 SGB V („geeig-nete Pflegekräfte“) nennen Anforderungs-merkmale für die Pflegedienstleitung und deren Stellvertretung. Auch in den (HKP-)Richtlinien des Gemeinsamen Bundesaus-schusses über die Verordnung von häusli-cher Krankenpflege findet sich zur formalen Qualifikation nichts. Dabei hat der Gesetz-geber mit der Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI nach Landesrecht ausgebildete Altenpflegerinnen und Altenpfleger trotz ihres (angeblichen) Defizits an krankenpfle-gerischen Ausbildungsinhalten als verant-wortliche Pflegefachkräfte von stationären Pflegeheimen akzeptiert, obgleich dort auch Behandlungspflege zu leisten ist, die der Sa-che nach alle Leistungen der Behandlungs-pflege im Rahmen der häuslichen Kranken-

pflege des § 37 SGB V umfasst. Dabei hat das Bundessozialgericht (BSG, Urt. v. 07.12.2016, B 3 KR 5/06 R = BSGE 98, 12) die Antwort vorgegeben, sodass die Vorgehensweise ei-niger örtlicher Krankenkassen, Altenpfleger/innen nicht als PDL für die Rahmenverträge nach § 132a Abs. 4 SGB V zuzulassen, rechts-widrig ist. Das BSG stellt allein auf die Aus-bildungsdauer ab und stellt fest, dass die dreijährige Altenpflegeausbildung bedingt, dass diese Altenpflegerinnen und Altenpfle-ger den Krankenpflegekräften gleichgestellt sind. Die generalistische Ausbildungsord-nung wird diesen Ablehnungen hoffentlich bald den Rest geben.

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Wichtig ist die Kenntnis der Urteile, um nicht am Ende einen

Vergütungsanspruch für Leistungen, die unstreitig erbracht werden, zu

verlieren.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Die Kenntnis der eigenen vertraglichen Regelungen ist in der Abrechnungsprüfung entscheidend.

> Prof. Ronald Richter

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DIE VERTRAGLICH ZUGESICHERTE QUALIFIKATION DES EINGESETZTEN PERSONALS

Keine Regelung in den Rahmen- und Versorgungsverträgen ist bei den derzeit

laufenden Abrechnungsprüfungen so ent-scheidend, wie die Vereinbarung, welches Personal für die Erbringung der Behand-lungspflege eingesetzt werden darf, wenn die Leistungen später abgerechnet werden. Dabei ist es für den Pflegedienst wichtig zu prüfen, dass jedes Bundesland seine eigene vertragliche Regelung hat, sodass ein Ein-satz von Pflegekräften in einigen Bundeslän-dern unproblematisch möglich ist, während ein solcher Einsatz in anderen Bundeslän-dern dazu führt, dass die Vergütung zulässig verweigert werden kann.

Praxistipp: Die Kenntnis der eigenen ver-traglichen Regelungen ist in der Abrech-nungsprüfung entscheidend.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es in den einzelnen Bundesländern durchaus unter-schiedliche Verträge geben kann und zwar sowohl nach der Verbandszugehörigkeit, als auch hinsichtlich des Zeitpunkts des Zustan-dekommens. Daher gilt auch die Rechtspre-chung immer nur für das jeweils betroffene Bundesland bzw. den konkret untersuchten Vertrag.

Das Landessozialgericht Sachsen (LSG Sachsen, Urt. v. 13.09.2018, L 9 KR 265/13 sowie Urt. v. 23.10.2018, L 9 KR 105/15) hat sehr übersichtlich die Leitlinien der Recht-sprechung zusammengestellt. Der Entschei-dung lag folgende vertragliche Regelung zu-grunde, die aus der Vergütungsvereinbarung mit Wirkung ab dem 01.07.2010 galt (§ 4 der Vergütungsvereinbarung):

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Pflegedienst für die Dauer der Geltung dieser Vergütungsvereinbarung abweichend von den Regelungen des dieser Vergütungs-vereinbarung zugrunde liegenden Vertrages über die Versorgung mit häuslicher Kran-kenpflege nach § 132a Abs. 4 SGB V für die Leistungserbringung Behandlungspflege der Leistungsgruppe I neben Pflegefachkräften weitere geeignete Pflegekräfte einsetzen

kann.“ In den Leistungsgruppen II bis IV konn-ten mithin nur Pflegefachkräfte, die nach § 22 des Rahmenvertrages beschrieben wurden, eingesetzt werden.

Die Rechtsstreite wären nicht entstanden, wenn die betroffenen Pflegedienste für die Erbringung der Leistungsgruppe II nicht auch

„weitere geeignete Pflegekräfte, also keine Pflegefachkräfte eingesetzt hätten. Dazu das LSG Sachsen: Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Vo-raussetzungen abhängig machen, haben innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbrin-gung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht (vgl. BSG, Beschl. v. 17.5.2000, B 3 KR 19/99 B). Das wird dadurch erreicht, dass dem Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derarti-ge Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leis-tungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind (vgl. BSG, Urt. v. 4.5.1994, 6 RKa 40/93 = BSGE 74, 154; BSG, Urt. v. 17.3.2005, B 3 KR 2/05 R = BSGE 94, 213). Denn die genannten Regelungen des Rahmenver-trages könnten ihre Steuerungsaufgabe nicht erfüllen, wenn der leistungserbringende Pfle-gedienst die vertragswidrig bewirkten Leis-tungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einen Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäfts-führung ohne Auftrag im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Die Funktionsfähigkeit des Systems der Leistungserbringung würde in Frage gestellt, wenn Vorschriften nicht einge-halten werden, die die Qualität der Leistungs-erbringung sichern und deren Überprüfung erleichtern sollen (BSG, Urt. v. 28.2.2007, B 3 KR 15/06 R). Diese Aussagen gelten nicht nur für den ärztlichen Bereich, sondern auch für alle sonstigen Leistungserbringer, auch und gerade für Pflegedienste (Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 22.6.2017, L 1 KR 39/15).

Nur soweit bestimmte Vorschriften rei-ne Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschä-digung zu versagen – in einem solche Fall wäre damit eine Vergütung zu zahlen (BSG, Urt. v. 24.1.2008, B 3 KR 17/07 R). Eine sol-che bloße Ordnungsfunktion haben die vorstehend zitierten Regelungen des Rah-menvertrages nicht. Vielmehr kommt ih-nen eine wesentliche Steuerungsfunktion zu. Die Vorschriften sollen die Qualität der Leistungserbringung gewährleisten und de-ren Überprüfung erleichtern, insbesondere, ob die Qualifikation der Pflegefachkräfte nach den Regeln des Berufsrechts vorhan-den ist. Hierbei handelt es sich insgesamt um Voraussetzungen des öffentlich-recht-lichen Berufsrechts, die dazu dienen, alle Patienten vor fachlich und/oder persönlich ungeeigneten Altenpflegern zu schützen und möglichen sich daraus für die Gesund-heit der Patienten und die finanziellen Mit-tel der Kostenträger ergebenden Gefahren vorzubeugen. Die Krankenkasse prüft dies nicht eigenständig, sondern knüpft an die Erlaubniserteilung als Ergebnis des Prü-fungsvorgangs der zuständigen Landesbe-hörden an. Die Krankenkassen sind weder befugt, diese Qualifikation eines/r Alten-pflegers/in erneut zu überprüfen noch die Erlaubniserteilung durch eine eigene be-rufsrechtliche Bewertung zu ersetzen. Das im Rahmenvertrag vereinbarte Erfordernis eines formalen Qualifikationsnachweises trägt den Anforderungen des Verwaltungs-vollzugs Rechnung, der nicht mit Prüfungs- und Ermittlungsaufgaben darüber belastet werden soll, ob im Einzelfall die fachliche und persönliche Eignung der Pflegefach-kraft vorhanden ist (BSG, Urt. v. 21.11.2002, B 3 KR 14/02 R = BSGE 90, 150).

Das Ergebnis mag letztlich den Pflege-dienst nicht befriedigen. Wichtig ist aber die Kenntnis der Urteile, um nicht am Ende einen Vergütungsanspruch für Leistungen, die unstreitig erbracht werden, zu verlieren.

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URTEILE

> Ausgewählt wurden

Urteile, die von den Ge-

richten selbst als wichtig

markiert wurden.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

URTEILE

DIE KÜNDIGUNG DES PFLEGEVERTRAGES

Inzwischen regelt § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB XI die Kündigungsmöglichkeit eines

P� egevertrages für die P� egekunden. Die-se verbraucherschutzfreundliche Regelung hat aber der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 09.06.2011, III ZR 203/10 = BGHZ 190, 80)

„erfunden“. Der P� egevertrag sowohl für Leistungen nach dem SGB V als auch nach dem SGB XI eines P� egebedürftigen mit ei-ner zugelassenen ambulanten P� egeeinrich-tung über ambulante p� egerische Leistun-gen ist ein Vertrag über Dienste höherer Art.

Das Dienstverhältnis über die ambulante P� ege kann jederzeit gekündigt werden, weil die Vergütung nicht nach Zeitabschnit-ten (§ 621 BGB) bemessen ist. Der P� ege-dienst erhält für seine Tätigkeit, die er nach dem Vertrag monatlich abrechnet, auch keinen Monatslohn im Sinne des § 621 Nr. 3 BGB. Seine Tätigkeit wird vielmehr nach bestimmten Leistungen und Leistungskom-plexen vergütet, die er für die P� egebedürf-tige – soweit es um Leistungen der P� ege-versicherung geht – auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI erbringt. Auch wenn sich die Vergütung mo-natlich in einer weitgehend identischen Grö-ßenordnung bewegen wird – vorausgesetzt, die zur P� ege erforderlichen Maßnahmen werden regelmäßig abgerufen, ist ihr Maß

nicht an einen Zeitfaktor gebunden, sondern hängt von der Erbringung bestimmter, ge-genständlich beschriebener Leistungen ab.

Grundsätzlich können vertragliche Regelun-gen auch vom gesetzlichen Leitbild abwei-chen und von den Vertragsparteien mehr oder minder frei vereinbart werden. Für den Bereich der ambulanten P� ege gilt aber nach der Au� assung des BGH Folgendes: Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen un-wirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemes-sene Benachteiligung im Zweifel anzuneh-men, wenn eine Bestimmung mit wesent-lichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rech-te und P� ichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Eine in der Praxis gern verwendete 14-tägige Kündigungsfrist stellt insoweit eine erhebli-che Abweichung von der jederzeitigen Kün-digungsmöglichkeit nach § 621 Nr. 5 BGB dar, die mit Nachteilen verbunden ist, die ein er-hebliches Gewicht haben. Aus der Sicht des P� egebedürftigen handelt es sich um ein

Vertragsverhältnis, das in besonderer Weise die Intimsphäre des Betro� enen berührt und mit einer großen persönlichen Nähe zu der die P� ege gewährenden Person verbunden ist. Auch wenn man berücksichtigt, dass der P� egebedürftige auf diese P� egeverrichtun-gen ständig angewiesen ist, handelt es sich doch in den Bereichen der Körperp� ege, der Ernährung und der Mobilität um Dienste, die – ähnlich wie in § 627 Abs. 1 BGB voraus-gesetzt – aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden. Das ist nicht etwa des-halb anders, weil der P� egebedürftige kei-nen Ein� uss darauf hat, welcher Mitarbeiter des P� egedienstes ihn zu unterstützen hat.

Bleibt die Frage, wann ein P� egedienst den P� egevertrag kündigen kann? Der P� ege-dienst muss bei einer Kündigung stets Rück-sicht auf den P� egebedürftigen nehmen und darf nicht etwa zur „Unzeit“ kündigen. Daher sehen die P� egeverträge eine Mindestkündi-gungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung durch den P� egedienst im P� egevertrag vor. Die Frist beträgt regelmäßig mindestens 14 Tage und sollte konkret im P� egevertrag beschrieben werden. Eine Kündigung von

„heute auf morgen“ ist daher auch dann nicht möglich, wenn etwa das Personal für die weitere Versorgung fehlt.

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> Die gesetzlichen Vorschriften überlagern die tägliche Arbeit der ambulanten P� ege. Dabei sind die Begri� ichkeiten der Gesetze und Normen meist auslegungsfähig.

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Die außerordentliche Kündigung aus wichti-gem Grund ist weiterhin für beide Vertrags-seiten jederzeit möglich.

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

PERSONALMANAGEMENT

Projekt Palliative CareIM OKTOBER 2018 HAT DER ASB HAMBURG DAS PROJEKT „KOMPASS“ AUF DEN WEG GEBRACHT. DAS ZIEL IST, DIE KOMPETENZEN DER MITARBEI-TENDEN IN DEN ASB-SOZIALSTATIONEN IN DER PALLIATIVEN PFLEGE SYSTEMATISCH ZU SCHULEN. UNTERSTÜTZT WIRD DAS UMFANGREICHE PROJEKT DURCH DEN ASB-BUNDESVERBAND.

> Von Petra Witt und Sabine Hallier-Bahnsen

L aut der Bevölkerungsbefragung „Versorgung am Lebensende“ des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) aus dem Jahr 2013 möchte jeder zweite Mensch in Deutschland zu Hause sterben.

Dennoch versterben viele Menschen im Krankenhaus, wenn aufgrund von Angst, Unwissenheit und fehlender Unterstützung der An-und Zuge-hörigen, es zu einer Krankenhauseinweisung kurz vor dem Tode kommt.

„Schwerstkranke und sterbende Menschen benötigen in ihrer letzten Le-bensphase die bestmögliche menschliche Zuwendung, Versorgung, Pfle-ge und Betreuung.“ So steht es im Gesetz zur Verbesserung der Hospiz und Palliativversorgung. An anderer Stelle ist im Gesetz zu lesen: „Jeder Mensch hat das Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen. Sterbende Menschen benötigen eine umfassende medizinische, pfle-gerische, psychosoziale und spirituelle Betreuung und Begleitung, die

ihrer individuellen Lebenssituation und ihrem hospizlichen-palliativen Versorgungsbedarf Rechnung trägt. Ihre besonderen Bedürfnisse sind auch bei der Erbringung von Pflegeleistungen mit zu berücksichtigen.“

Wie stellen Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen mit ihren Mitarbei-tenden im Rahmen der Regelversorgung sicher, dass wie im Gesetz ge-fordert, jeder Mensch ein Anrecht darauf hat, dass im Sterben seine be-sonderen und individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden? Gelingt dies im Rahmen des alltäglichen Arbeitsumfanges der ambulanten und stationären Langzeitpflege? Die ASB Sozialeinrichtungen (Hamburg) GmbH als Träger von 18 ASB-Sozialstationen und über 830 Mitarbeitenden hat sich schon vor dem In-krafttreten des Gesetzes mit diesen Fragen intensiv auseinander gesetzt und gemeinsam mit Leitungs- und Pflegekräften in einem Pilotprojekt

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PERSONALMANAGEMENT

ein Konzept zur allgemeinen ambulanten p� egerischen palliativen Versorgung im ASB Hamburg entwickelt. Für die Durchführung einer fachlich und mensch-lich kompetenten Versorgung Sterbender und Schwerstkranker wurden vier zentrale Handlungsfelder, die vier „Ks“, identi� ziert:• Kultur (Haltung/Wertearbeit)• Kompetenzerweiterung der Leitungs- und P� egekräfte• Konzepte (verbindliche strukturelle Vorgaben) • Kooperationen im Stadtteil scha� en.

I. KULTURDie Entwicklung und Implementierung einer hospizlichen-palliativen Haltung des P� egedienstes ist einer der ersten erforderlichen Schritte zum Aufbau einer quali� zierten Palliative Care in der Langzeitp� ege. Sie bietet den P� egekräften Orientierung, anhand der dort formulierten grundsätzlichen Aussagen können sie ihre eigene Haltung re� ektieren und weiterentwickeln. Für die ASB-Sozial-stationen in Hamburg haben Leitungs- und P� egekräfte 15 Leitsätze formuliert, die anschließend in den verschiedenen Teams diskutiert und auf ihre Bedeu-tung in der Praxis überprüft wurden.

Beispielhafte Leitsätze aus dem Konzept der ASB-Sozialstationen sind: • Wir respektieren das Recht eines jeden Menschen auf Selbstbestimmung

bis zum Lebensende und darüber hinaus. Dabei achten wir aufmerksam und einfühlend auf aktuelle Wünsche und körperliche, psychische, soziale und spirituelle Bedürfnisse.

• Wir verstehen unter Achtung der Autonomie nicht, dass wir den Menschen „sich selbst überlassen“, sondern wir sind uns unserer menschlichen und p� egerischen Verantwortung bewusst.

• Wir fördern die palliative Kompetenz der bestehenden persönlichen Bezugssys-teme, in dem wir die An-und Zugehörigen beraten und anleiten.

• Wir wissen um die Belastungen der P� egekräfte bei der Verarbeitung des Erlebten und um den Aspekt der Trauer.

• Wir setzen uns gemeinsam mit unseren Mitarbeitern mit ethischen Fragen zum Leben, Sterben, dem Tod und der Trauer auseinander.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die aktive Beteiligung von P� egekräften bei der Formulierung der Leitsätze wichtig ist, damit es nicht nur „Hochglanz-Sätze“ bleiben. In den Gesprächen mit den P� egekräften wurde deutlich, dass die P� egekräfte sich weitergehend mit den Fragen der Versorgung schwerst-kranker und sterbender Menschen auseinandersetzen wollen und sich entspre-chende Fortbildungen wünschen.

II. KOMPETENZENKompetenzen: Die Erfahrungen im ASB-Pilotprojekt zur allgemeinen palliativen ambulanten p� egerischen Versorgung weisen eindeutig darauf hin, dass dem Handlungsfeld Kompetenzen bei der Umsetzung ein besonderer Stellenwert zu-kommt. Dies wird unterstützt durch die Handlungsempfehlungen im Rahmen der Nationalen Strategie zur Charta schwerstkranker und sterbender Menschen. Als Ziel zum Leitsatz 3 – Anforderungen an die Aus-, Weiter- und Fortbildung – wird „Bildung als Voraussetzung von Versorgungsqualität“ benannt. Um eine hohe Versorgungsqualität schwerstkranker und sterbender Menschen zu gewährleisten, sind uns bei der Kompetenzerweiterung der P� egekräfte drei

Mit der systematischen Quali� kation von 50 Prozent der P� egekräfte bis Ende 2020 wird die aufgaben-

bezogene fachliche Bildung zur palliativen Versorgung und die Einübung einer re� ektierenden Haltung der Mitarbeiten-

den sichergestellt.“

Infos zur Veranstaltung / Anmeldung:Info-Hotline: 09225-958922-22

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3. RECHTSTAG AUSSERKLINISCHE INTENSIVPFLEGE

2019

Prof. Ronald Richter, Prof. für Sozialrecht

Kathrin Völker, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Martin Rößler, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dr. Ulrike Brucklacher, Fachanwältin für Medizinrecht

Mirka Möldner, Juristin, Referatsleiterin Bay.

Land esamt f. Datenschutzaufsicht

Anja Hoffmann, LLM. Eur., Rechtsanwältin

REFERENTEN

13.03.2019Neueste Erkenntnisse aus Schieds- u. Klageverfahren. Dr. Ulrike Brucklacher

Marktentwicklung zu größeren Einheiten – Wachstum durch Zukauf von Pflegediensten. Dr. Ulrike Brucklacher & Kathrin Völker

Update Leistungsrecht im Bereich SGB V und SGB XI. Prof. Ronald Richter

Kooperationen in Zeiten des Personalmangels – Risiken erkennen und begrenzen. Kathrin Völker

Das Arbeitszeitgesetz in der AIP – Umfang und Grenzen. Martin Rößler

Sozialdatenschutz – welche Daten dürfen an externe Stellen weitergegeben werden? Mirka Möldner

Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht in der außerklinischen Intensivpflege. Anja Hoffmann

12.03.2019

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PERSONALMANAGEMENT

Damit diese erworbenen Ressourcen jedoch im Alltag nicht verloren gehen, müssen die Belange der Palliative Care in den Strukturen der Pflege-dienste nachweislich verankert sein.“

PROJEKT KOMPASS DES ASB HAMBURG

Der ASB Hamburg startete im Oktober 2018 das Programm „Kom-Pass“, Kompetenzen der palliativen Pflege systematisch schulen.

UM WAS GEHT ES? Insbesondere in der letzten Lebensphase soll die Lebensqualität im eigenen Zuhause aufrechterhalten werden. Mit in „Palliative Care“ speziell ausgebildeten Pflegekräften setzt sich der ASB Hamburg dafür ein, eine bestmögliche ambulante, palliative Begleitung und Versorgung anzubieten.

INHALTE DER SCHULUNG Fachliche Bildung zu den Themenkreisen Palliative Care und hospizli-che Haltung plus persönliche Reflexion der Schulungsteilnehmenden

WER WIRD AUSGEBILDET? 50 Prozent aller Pflegekräfte des ASB Hamburg (ca. 250 Personen)

WIE LANGE DAUERT DIE FORTBILDUNG? 40 Unterrichtseinheiten (1 Woche), 15 Kurse; die erste Kurswoche startete am Welthospiztag im Oktober 2018, bis zum Welthospiz-tag im Oktober 2020 sollen 250 Pflegekräfte geschult sein

VORAUSSETZUNG Tätigkeit in der Pflege mit ohne Ausbildung

WER BILDET AUS? Palliative Fachkräfte des ASB Hamburg mit Unterstützung des ASB ildungswerkes, Köln

KOSTEN FÜR DEN ASB 250 000 Euro (100 000 Euro Förderung durch den ASB Bundes-verband

Aspekte wichtig: 1. In jeder Einrichtung soll eine Leitungskraft eine palliative Weiterbil-

dung besuchen (160 Stunden), damit die Belange der Palliative Care nicht im Alltag hintenanstehen.

2. Es erfolgt eine systematische Einarbeitung neuer Kollegen in die palliativen-hospizlichen Fragestellungen inklusive der Einführung in die Leitsätze. Beispielsweise wurden die Einarbeitungschecklisten angepasst. Mindestens einmal jährlich werden die Leitsätze in den Dienstbesprechungen gemeinsam erörtert.

3. Das Thema Fortbildung steht im Vordergrund – die Kompetenzen der palliativen Pflege und Begleitung systematisch zu schulen (Kom-Pass). Nach der Auffassung der ASB Sozialeinrichtungen GmbH müs-sen Pflegekräfte über vielfältige menschliche und fachliche Kompe-tenzen in der Pflege und Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen verfügen. Sie müssen in der Lage sein, sich in den an-

deren hineinzufühlen und bereit sein, das eigene Verhalten immer wieder neu zu reflektieren. Pflegepraktisches Wissen und Können ist erforderlich, um in der individuellen pflegerischen Situation ange-messen und empathisch handeln zu können.

Mit der systematischen Qualifikation von 50 Prozent der Pflegekräfte bis Ende 2020 wird die aufgabenbezogene fachliche Bildung zur palliativen Versorgung und die Einübung einer reflektierenden Haltung der Mitar-beitenden sichergestellt.

Das Schulungskonzept beruht auf dem Curriculum zur Qualifizie-rung von Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen (Palliative Care) von Martina Kern und Andrea von Schmude. Bei diesem mehrstufigen Bil-dungskonzept werden kognitive und emotionale Lerninhalte vermittelt. In den nächsten zwei Jahren werden daher mindestens fünfzehn vierzig-stündige Schulungen im ASB Hamburg durchgeführt. Das ASB Bildungs-werk in Köln unterstützt hierbei sowohl fachlich als auch finanziell.

Inhaltlich ist das obengenannte Curriculum an die zehn Kernkompe-tenzen der Palliativversorgung nach EAPC (Europäische Gesellschaft für Palliative care) angelehnt:• Die Kernbestandteile der Palliativversorgung im Setting, in dem Pa-

tient und An- und Zugehörige leben, anwenden.• Das körperliche Wohlbefinden während des Krankheitsverlaufs för-

dern.• Den psychologischen Bedürfnissen des Patienten gerecht werden.• Den sozialen Bedürfnissen des Patienten gerecht werden.• Den spirituellen und existenziellen Bedürfnissen des Patienten ge-

recht werden.• Auf die Bedürfnisse der pflegenden An- und Zugehörigen des Pa-

tienten in Bezug auf kurz-, mittel- und langfriste Umsorgungsziele reagieren.

• Auf die Herausforderungen von klinischer und ethischer Entschei-dungsfindung in der Palliativversorgung reagieren.

• Umfassende Versorgungskoordination und interdisziplinäre Teamar-beit durch Settings hindurch, in denen Palliativversorgung angebo-ten wird, umsetzen.

• Angemessene interpersonelle und kommunikative Fertigkeiten in Bezug auf die Palliativversorgung entwickeln.

• Selbstwahrnehmung üben und kontinuierlich professionelle Fortbil-dung praktizieren.

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PERSONALMANAGEMENT

PETRA WITT

> Petra Witt ist als Pressereferentin bei der ASB Sozial-

einrichtungen (Hamburg) GmbH beschäftigt.

> [email protected]

SABINE HALLIER-BAHNSEN

> Sabine Hallier-Bahnsen ist Qualitätsbeauftragte bei

der ASB Sozialeinrichtungen (Hamburg) GmbH

> [email protected]

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Zu jeder Kernkompetenz sind Schulungsthemen und Lernziele im Curri-culum beschrieben, die im Rahmen der Fortbildung bearbeitet werden. Die Lehrkräfte kennen das Arbeitsfeld der Teilnehmenden aus eigener praktischer Erfahrung und reflektieren gemeinsam erlebte pflegerische Situationen.

III. KONZEPTE (QUALITÄTSMANAGEMENT)In den Handlungsfeldern Kultur und Kompetenzen geht es darum sicher-zustellen, dass sich die Leitungs- und Pflegekräfte mit der hospizlichen-palliativen Haltung auseinandersetzten und wie die menschlichen und fachlichen Kompetenzen der Mitarbeitenden hinsichtlich der Versorgung von Menschen am Lebensende systematisch geschult werden. Das dritte Handlungsfeld befasst sich damit, wie die Umsetzung in der Praxis auch qualitativ gelingen kann.

Wenn die Palliative Care nicht in der Organisation, den Strukturen und den Abläufen und Verfahren in der Organisation verankert ist, können Pflegekräfte ihre Kompetenzen nicht einsetzten. Die Folge ist: Demotiva-tion. Um dies zu vermeiden, muss die Umsetzung systematisch erfolgen, darf nicht zufällig und abhängig von personellen und zeitlichen Ressour-cen sein. Die Anforderungen an eine gelingende Palliative Care müssen im Qualitätsmanagement berücksichtigt werden. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigen einige Beispiele des ASB Hamburg:

• Die Abläufe in der Dienst-und Einsatzplanung müssen den Anforde-rungen der Versorgung schwerstkranker sterbender Menschen ange-passt werden. Dies stellt eine große Herausforderung dar. Die Ein-satzplanung muss ein hohes Maß an Flexibilität aufweisen und eine hohe personelle Kontinuität in der Versorgung gewährleisten, um je nach Tagesform auf häufig wechselnde, individuelle Bedürfnisse und Erfordernisse zeitnah und angemessen reagieren zu können. Es ist klar geregelt, wie im individuellen Fall – also wenn ein veränderter bzw. erhöhter Betreuungsaufwand erforderlich ist – die anwesende Pflegekraft die Einsatzleitung informiert und nachfolgende Einsätze neu koordiniert. Am Wochenende und in der Nacht übernimmt diese Aufgabe die Rufbereitschaft.

• Das Informations- und Besprechungswesen muss sicherstellen, dass die relevanten Informationen wie Notfallpläne, Patientenvollmacht, etc. jederzeit anwesenden Pflegekräften zur Verfügung stehen, z.B. am Wochenende und in der Rufbereitschaft.

• Bereits im Rahmen der Aufnahme eines Pflegebedürftigen werden die Fragen hinsichtlich der eigenen Wünsche und Bedürfnisse am Le-bensende sensibel erfasst. Die Leitungs- und Pflegekräfte informieren zur Versorgungsplanung am Lebensende und zur Erstellung von Not-fallplänen in Kooperation mit den behandelnden Ärzten. Auf Wunsch vermittelt der ASB den Kontakt zum ambulanten Hospizdienst. Dies ist in den trägerinternen Vorgaben verbindlich geregelt.

• Pflegekräfte müssen immer wieder das Sterben und den Tod von Menschen, die sie gepflegt haben, persönlich verarbeiten. Die ASB- Leitungskräfte sind für Anzeichen von besonderer Belastung und ge-gebenenfalls Überforderung von Pflegekräften sensibel und sprechen dies offen an. Es werden bei Bedarf Freiräume für Gespräche zur Re-flektion des Erlebten mit den Leitungskräften und Kollegen geschaf-fen, gegebenenfalls wird den Mitarbeitenden Supervision angeboten. Auch hierzu gibt es im Qualitätsmanagement eindeutige Regelungen.

IV. KOOPERATIONEine vertrauensvolle, kooperative professionsübergreifende Zusam-menarbeit mit allen an der Pflege Beteiligten ist eine wichtige Voraus-setzung für eine gelingende Versorgung eines schwerstkranken und sterbenden Menschen. Aus diesem Grund sucht die ASB-Sozialstation aktiv den Kontakt und die Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärz-ten, Schmerztherapeuten, Palliativmedizinern, SAPV-Teams, Palliativsta-tionen, ambulanten Hospizdiensten, Kirchengemeinden, Beratungsstel-len, Sanitätshäusern, Bestattern etc. Der Aufbau eines quartiersnahen Netzwerkes wird durch die ASB-Sozialstationen angestrebt.

FAZITWenn die Pflegekräfte zu den Themen der Palliative Care fortgebildet sind, wenn sie ihre eigene Haltung zu den Themen und Tod und Sterben reflektiert haben, werden sie in der Lage sein, Menschen am Lebens-ende und ihre An- und Zugehörigen menschlich und fachlich kompe-tent pflegerisch zu versorgen und zu begleiten. Dies bedarf einer klaren hospizlichen-palliativen Haltung des Trägers und der Pflegekräfte, der systematischen Fort- und Weiterbildung. Damit diese erworbenen Res-sourcen jedoch im Alltag nicht verloren gehen, müssen die Belange der Palliative Care in den Strukturen der Pflegedienste nachweislich veran-kert sein.

asb-hamburg.de

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PFLEGE UND BETREUUNG

Magische Momente UNTER DEM BEGRIFF MÄEUTIK KÖNNEN SICH NUR WENIGE ETWAS VORSTELLEN. DAS MODELL EINER ERLEBENSORIENTIERTEN PFLEGE BIETET FÜR AMBULANTE UND TEILSTATIO-NÄRE VORTEILE. EINE ERLEBNISBERICHT VERANSCHAULICHT DAS PRINZIP.

> Von Elke Strauß

Das von Dr. Cora van der Kooij in den 1990er-Jahren entwickelte Pflege-und Betreuungsmodell der erlebensorientierten Pflege ist ein Modell für Menschen mit Demenz, mit somatischen Erkran-

kungen, für die Tagespflege, die Pflege in neuen Wohnformen, für die häusliche Pflege und für Menschen mit geistiger Behinderung. Anwen-dung findet es zurzeit in Deutschland und Österreich, überwiegend in der stationären Pflege.

Die Implementierung der erlebensorientierten Pflege und Betreuung er-folgt mit dem Ziel, Mitarbeiter in der Entwicklung ihres Selbstvertrauens und Ihrer Kreativität zu fördern und zu unterstützen. Für diesen Bewusst-werdungsprozess wird das griechische Wort mäeutisch benutzt. Der Be-griff „Mäeutik“ bedeutet ursprünglich „Hebammenkunst“. Sokrates ge-brauchte das Wort im übertragenen Sinn und zwar für seine Weise, Fragen

zu stellen. Sein Ausgangspunkt ist, dass Menschen im Prinzip wissen, was sie brauchen, es ihnen aber oft nicht bewusst ist. Die Mäeutik verwendet die sokratische oder mäeutische Methode, um den Mitarbeitern bewusst zu machen, was sie innerlich bereits wissen und fühlen, also „die Hebam-menkunst für Pflegetalent“. Sie brauchen Unterstützung, um dieses intu-itive Wissen, basierend auf Praxis- und Lebenserfahrung, in Worte fassen zu können und eine Methode, um damit als Team bewusst umgehen zu können.

Die dadurch entstandenen Erkenntnisse und praktischen Handreichun-gen führen zu überraschenden Entdeckungen im Umgang mit Bewohnern oder Kunden. Begriffe wie Nähe, Intimität, Sicherheit und Geborgenheit bekommen neuen Inhalt. Kern des mäeutischen Modells ist das gefühls-mäßige Erfahren der Mitarbeiter und des Kunden. Der wichtigste Aspekt

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in der Anwendung der Mäeutik ist, dass sich die Mitarbeiter stets darüber bewusst sind, dass die Kunden Menschen mit denselben fundamentalen Grundbedürfnissen wie sie selbst sind. Sie brauchen Wärme und Zunei-gung, wollen bedeutsam für andere sein und so viel wie möglich selbst wählen und entscheiden können. Kunden reagieren auf die Situation im Hier und Jetzt, eine Situation, in der Verluste eine Rolle spielen und in der sie ein neues Gleichgewicht finden müssen. Sie sind Menschen mit einer Lebensgeschichte, mit Familie und Freunden, einer Lebensanschauung und mit besonderen Eigenschaften, Angewohnheiten und Werten. Das alles zusammen beeinflusst das Verhalten des Kunden und färbt sein Er-leben und seine Gefühle. Mäeutisch geschulte Mitarbeiter geben an, dass sie den Kunden auf eine völlig andere Weise sehen und schätzen lernen. Sie werden sich ihres eigenen Einflusses auf das Verhalten des Kunden bewusster.

Die Dokumentation erfasst dabei die täglich zu verrichtende Pflege und Betreuung auf Basis der Umgangsempfehlung wie z. B. den gepfleg-ten Körper, die Mobilität und Essen und Trinken, aber auch die Situation zu Hause, die Rolle der Familie oder Regie und Autonomie des Patien-

ten. Mithilfe dieser Übersicht können die Mitarbeiter über das Erleben des Bewohners und die darauf abgestimmte Herangehensweise kommu-nizieren.

KOMPETENZ BRAUCHT KOMMUNIKATIONDurch die Bewohner-/Kundenbesprechung (auch als Kern der Mäeutik be-zeichnet) üben sich die Mitarbeiter im Reflektieren und im Formulieren von Umgangsempfehlungen. Der Austausch und das Sammeln der Beob-achtungen und Erfahrungen mit den Patienten im Team machen deutlich, wann und wie sie intuitiv das Richtige getan haben. Intuition, berufliche Erfahrungen, Fachkompetenz und positive Kontaktmomente mit den Pa-tienten fügen sich zu einem Bild und die Mitarbeiter erkennen, wie sie auf die Persönlichkeit und Erlebenswelt des Patienten eingehen können.

DIE ALLGEMEINE SITUATIONMit der Pflegereform (Pflegegestärkungs-gesetze I bis III) wurde in erster Linie die ambulante Pflege weiter ausgebaut und der wichtige Grundsatz der sozialen Pflegever-sicherung „ambulant vor stationär“ gestärkt.Es wurden neue Entlastungschancen für pfle-

MäeutischemethodischeInstrumente

Bewohner-/Klientenbesprechung

Lebensgeschichte

Beobachtungsbogen

Charakteristik/Umgangsempfehlung

Pflege- und Betreuungsplanung

Erlebenswelten

AngehörigeBewohner

Pflegende/BetreuendeKultur der Zusammenarbeit

Kultur der Pflege und BetreuungKultur der Integration

— Teamfähigkeit— Wechselseitige Empathie— Gemeinsame Professionalität

— Selbstwert— Wahlfreiheit— Sicherheit/Geborgenheit— Sinngebung

— Begleitung individueller Verarbeitungsprozesse

5. Erlebensorientiert pflegen und betreuen

Philosophiedes Modells

4. Dokumentieren— Verhalten/Erleben/Coping— Bedürfnisse/Ressourcen— Umgangsempfehlungen— Vernetzung von Körperpflege, Betreuung,

Risikofaktoren und Behandlungspflege

1. Bewusst pflegen und betreuen

2. Reflektieren— Intuition— Empathie— Fachwissen— Kontakt— Beziehung

Menschenbild

Diskontinuität

Autonomie

Identität/Selbstkonzept

Verletzlichkeit

3. Kommunizieren— Übergabe— Bewohnerbesprechung— Austausch von Kontaktmomenten

— von individuell zu kollektiv— von gelegentlich zu strukturell

Kollektiv austauschen und voneinander lernen

1) Hier und Jetzt

Zwei Perspektiven:

2) Lebensgeschichte

Palliativblatt (CS Wien)

Ethische Bewohnerbesprechung (Gerda Schmidt, Wien)

Das Paradigma der psychodynamischenOrientierung

suchend reagieren

Das mäeutischePflege- und

Betreuungsmodellvon Dr. Cora van der Kooij

Begriffe wie Nähe, Intimität, Sicherheit und Geborgen-

heit bekommen neuen Inhalt.“

> Elke Strauß

> Das mäeutische Pflege- und Betreuungsmodell von Dr. Cora van der Kooij basiert auf den Erlebenswelten des Bewohners, des Pflegenden und des Angehörigen.

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PFLEGE UND BETREUUNG

Unbedingt vermieden werden sollte eine doppelte Dokumentation, denn das würde die Entbürokratisierung wiederum infrage stellen.

> Elke Strauß

gende Angehörige geschaffen sowie die finanziellen Leistungen erhöht. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und damit verbunden die Anwen-dung eines neuen Begutachtungsassessments und die Entbürokratisie-rung der Pflegedokumentation sind nur ein Teil der Herausforderungen der in der ambulanten Pflege Beschäftigten in den letzten Jahren. Zu-sätzlich wurde im Januar und im März 2017, das Leistungskomplexsys-tem (Leistungen nach Selbstpflegemöglichkeiten des Pflegebedürftigen und dem Pflegebedarf) im Freistaat Sachsen umgestellt.

Die ambulante Pflege ermöglicht es Pflegebedürftigen, im gewohnten Umfeld versorgt und betreut zu werden. Durch Gesetzesanpassungen rücken stationäre Einrichtungen in den Hintergrund und die ambulan-ten Pflegedienste sollen gestärkt werden. Die Übernahme von Behand-lungspflegeleistungen, z.B. Insulingabe, Wundversorgung usw., die Be-ratung zu Leistungen der ambulanten Pflege, bis hin zur Übernahme der Verhinderungspflege (wenn die Pflegeperson verhindert ist), sorgt dafür dass das Spektrum der Angebote und Leistungen breit gefächert ist.

So können z.B. Menschen mit einer geringen Lebenserwartung zuhause begleitet werden oder an Demenz erkrankte Kunden und deren Angehö-rige erhalten feste Ansprechpartner und Bezugspflegekräfte, was eine bedürfnisorientierte Versorgung ermöglicht.

Die Mitarbeiter von ambulanten Einrichtungen sind immer nur eine begrenzte Zeit beim Kunden und umso wichtiger ist es, dass einerseits die fachliche Versorgung gewährleistet ist und trotzdem noch ein gu-ter Kontakt zum Kunden und deren Angehörigen zustande kommt. Am Beispiel der ASB Betreuungs- und Sozialdienste gemeinnützige GmbH in Görlitz soll nun aufgezeigt werden, warum und wie die erlebensori-entierte Pflege und Betreuung in Einrichtungen der ambulanten Pflege eingeführt wurde und wie die Umsetzung dauerhaft gelingen kann.

ZUERST KAM DIE ENTBÜROKRATISIERUNG Die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation mithilfe des Struk-turmodells und die reduzierte Darstellung des Pflegeprozesses auf vier Schritte war 2016 für die ASB Betreuungs- und Sozialdienste ein großes Ziel. Die strukturierte Informationssammlung (SIS) soll zu Beginn des Pflegeprozesses anhand von definierten Themenfeldern erfolgen und gemeinsam von der pflegebedürftigen Person und der Pflegefachkraft zur Einschätzung der individuellen Situation durchgeführt werden. „Das Strukturmodell wurde von Anfang an von mir verfolgt, die Entlastung in der Dokumentation war unser Ziel. Wir haben zeitig begonnen, Multipli-katoren auszubilden“, erinnert sich Silke Lorenz, Bereichsleiterin Görlitz der ASB Betreuungs- und Sozialdienste gemeinnützige GmbH. Mit der Einführung des Strukturmodells war für die ambulante Pflege ein neues System mit personenzentriertem Ansatz gegeben und unsere Ressour-cen ausgeschöpft.

WOZU EIN PFLEGEMODELL?Gleichzeitig zu der oben genannten Entwicklung wurden im ASB Lan-desverband Sachsen (Bereich Pflege) personenbezogene Pflegemodelle und unter anderem auch die Mäeutik diskutiert. „Ich persönlich, als Be-reichsleitung für drei Sozialstationen, habe lange ein weiteres Pflege-modell zusätzlich zum Strukturmodell abgelehnt“, berichtet Silke Lorenz.

Mit der Begründung des zusätzlichen Aufwandes in der ambulanten Pflege, in der die Zeit für den Pflegebedürftigen schon sehr bemessen ist und der Schulungsbedarf der Mitarbeiter aktuell gedeckt war, stießen diese Diskussionen nicht gerade auf Begeisterung. „In einer Diskussi-onsrunde wurde ich von unserem Landesgeschäftsführer gefragt, wie ich ohne Festlegung auf ein Pflegemodell garantieren kann, dass an Demenz erkrankte Menschen von den Mitarbeitern gleich gepflegt und betreut werden“, so Lorenz.

In einer Diskussion stellte der Landesgeschäftsführer die Frage, wie ohne die Festlegung auf ein Pflegemodell garantiert werden kann, dass z. B. an Demenz erkrankte Menschen von den Beschäftigten gleich gepflegt und betreut werden, so wie die Mäeutik (erlebensorientierte Pflege und Be-treuung) dies sicherstellt. An dieser Stelle wurde deutlich, weitere Ent-scheidungen zu diesem Thema gemeinsam mit den Pflegedienstleitungen der Sozialstationen zu treffen. So wurde im Landesverband ein Basiskurs Mäeutik geplant und von 20 Teilnehmern besucht.

„Der Beginn des ersten Kurstages war schwierig, weil ich den zusätzlichen Zeitaufwand für die Mitarbeiter im Kopf hatte“, blickt Silke Lorenz zurück.Am ersten Kurstag sei „eine gewisse Abwehrhaltung“ zu spüren gewesen, da der bevorstehende Zeitaufwand für die Mitarbeiter im Vordergrund stand. Dies habe sich aber im Tagesverlauf geändert, da mit der Vermitt-lung der erlebensorientierten Pflege schnell klar wurde, dass die Mitarbei-ter gemeinsam über die Versorgung der Pflegebedürftigen sprechen und somit miteinander Handlungen abstimmen müssen.

„ Für mich stand am Ende des ersten Kurstages fest, Mäeutik – erlebenso-rientierte Pflege und Betreuung wird Ziel unseres pflegerischen Handelns“, so Lorenz. Im Laufe des folgenden Jahres wurden alle Mitarbeiter des ASB Görlitz (ambulant und stationär) geschult und die Implementierung be-gann.

1. Themenfeld kognitive und kommunikative Fähigkeiten

1. Scheint der Kunde im Hier und Jetzt zu leben oder in einer zeitlosen inneren Welt?

2. Wie nimmt er Kontakt auf und wie verhält er sich anderen Menschen gegenüber?

3. Wie erlebt er sich und seine Situation? Welche Gefühle zeigt er? Wie äußert sich das in seinem Verhalten? Was sagt er dazu?

4. Ist er zur Person, zur Zeit, zum Ort, zur Situation orientiert? Wo gibt es Einschränkungen?

5. Welche kognitiven Fähigkeiten sind noch erhalten?

➢ Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis.............................. ➢ Wortfindungsfähigkeit...................................................... ➢ Erkennungsfähigkeit........................................................ ➢ Benennungsfähigkeit....................................................... ➢ Umsetzungsfähigkeit/Handlungsfähigkeit...............................................

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6. Kann der Kunde schreiben oder lesen? Braucht er ein Hörgerät oder/und Brille und sind diese in Ordnung?

7. Hat der Kunde zum Themenfeld 1 Rituale?

> Die Mitarbeiter sollen so viel wie möglich über das Erleben des Kunden erfahren.

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Das Strukturmodell wurde von Anfang an von mir verfolgt. Die Entlastung in der Dokumentation war unser Ziel. Wir haben zeitig

begonnen, Multiplikatoren auszubilden.“

> Silke Lorenz

ELKE STRAUSS

> Geschäftsführung und Trainerin für Mäeutik an der

Akademie für Mäeutik Deutschland

> [email protected]

HERAUSFORDERUNGEN WÄHREND DER IMPLEMENTIERUNGDie vorherrschende Kultur und auch die Fluktuation im Team haben einen großen Einfluss auf die Implementierung der Mäeutik, denn die Mitarbeiter müssen immer wieder motiviert werden, ihren persönlichen Qualitäten und ihrer Intuition zu vertrauen und sich darüber intensiv miteinander auszu-tauschen. Nicht jeder ist offen für neue Prozesse und einschneidende Verän-derungen und das Verständnis für den Sinn und Zweck der Einführung des neuen Modells war nicht bei allen von Anfang an da. Die Grundeinstellung und Haltung dieser Mitarbeiter zu verändern, ist nur möglich, wenn man hartnäckig am Ball bleibt und die Mäeutik ständig in seiner Umsetzung übt.

Zuständig für die Begleitung ist einerseits die Pflegedienstleitung, denn sie koordiniert den Implementierungsprozess, darüber hinaus wird sie in je-dem Bereich durch die Mäeutikbeauftragte unterstützt. Die Mäeutikbeauf-tragte ist das Bindeglied zwischen den Führungskräften und den Mitarbei-tern. Mit beiden steht sie im engen Kontakt. Unbedingt vermieden werden sollte eine doppelte Dokumentation, denn das würde die Entbürokratisie-rung wiederum infrage stellen. Daher wurde der Nutzen der Instrumente der Mäeutik wie z.B. den Einsatz des Beobachtungsbogens überprüft, da sich die Pflegekräfte immer nur kurze Zeit beim Kunden aufhalten.

Im Ergebnis wurden die mäeutischen Instrumente (Beobachtungsbogen, Charakteristik und Ich-Erleben) so mit dem Strukturmodell verknüpft, dass die Mitarbeiter einerseits sinnvoll dokumentieren und dabei andererseits möglichst viel über das Erleben und die Bedürfnisse des Kunden erfahren und letztendlich im Maßnahmenplan die Umgangsempfehlungen formulie-ren können.

DIE KONKRETE UMSETZUNG IM ALLTAGAlle zwei Wochen wird nach der Dienstberatung ein Kunde mäeutisch besprochen. Konkret heißt dies, dass ca. vier Mitarbeiter aus der Be-zugspflege, die Mäeutikbeauftragte und die PDL die Kundenbespre-chung gemeinsam durchführen. Dafür stellt das Unternehmen die Zeit, die Räumlichkeit und die Technik zur Verfügung. Die SIS des Kunden liegt dabei vor und gemeinsam werden die einzelnen Fragen aus den mäeutischen Instrumenten, die den Themenkomplexen aus der SIS zu-geordnet wurden, besprochen.

Dabei tauschen sich die Mitarbeiter gegenseitig aus und jeder er-zählt, was er im Kontakt mit dem Kunden beobachtet und erlebt. Hierbei geht es z.B. auch um die Vorlieben und vor allem um die Be-dürfnisse des Kunden, seine Rituale und sonstige individuelle Be-sonderheiten. Diese werden im Anschluss im jeweiligen Themenfeld dokumentiert. Zum Schluss wird die Grundbotschaft formuliert, das heißt, der Maßnahmenplan wird geöffnet und es wird festgehalten, was im Umgang mit dem Patienten am wichtigsten ist. Es entsteht die Umgangsempfehlung (z.B. Frau M. mag es gerne, wenn ihr Ted-dy auf dem Bett sitzt). Die erarbeitete SIS und die Umgangsempfeh-lung werden ausgedruckt und der Dokumentationsmappe beigefügt.

POSITIVE KONTAKTMOMENTE Jeder Mitarbeiter berichtet von einem Moment, in dem er Kontakt mit dem Kunden erfahren hat. Dabei geht es um eine einzige, spezifische Situation, über die er zufrieden war. Vielleicht, weil sich der Kunde gefreut oder be-

ruhigt hat, oder weil er seinen Kummer mitteilen konnte. Diese Momente berühren die Mitarbeiter oft und sie denken mit einem Gefühl der Befrie-digung daran. (Mehr dazu bei: Cora van der Kooij, 2015, Die Magie der Be-wohnerbesprechung).

Unabhängig von der oben genannten Kundenbesprechung schildert jeder Mitarbeiter im Rahmen der Dienstberatung seine positiven Kontaktmomen-te mit den Kunden. Positive Kontaktmomente werden in der Patientenmap-pe dokumentiert und mit einem Symbol (Herz) hinterlegt. Die Kollegen kön-nen so lesen, wie der Moment war und ob sich daraus ein Umgang für den Kunden ergibt.

MAGISCHE MOMENTE DURCH MÄEUTIKDas mäeutische Pflege- und Betreuungsmodell befasst sich mit allen Menschen, die Hilfe und Pflege benötigen, nicht nur mit den Menschen, die die Mitarbeiter als „schwierig“ empfinden. Die Mitarbeiter werden dazu animiert, sich noch mehr mit den Kunden auseinander zu setzen. Ein großer Vorteil liegt darin, dass der Beobachtung der Kunden große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Durch die Kundenbesprechung ent-steht ein intensiver Austausch miteinander und ein Lernen voneinan-der. Das Verhalten von Kunden, auch herausforderndes Verhalten und daraus resultierend die Reaktionen, wird besser verstanden. Es entsteht ein ganzheitliches Bild des Kunden. Gemeinsam wird ermittelt, was der Kunde braucht und wie ihm dies gegeben werden kann. Das macht zu-frieden. Es gibt Raum und Zeit für Kommunikation und dadurch ist ins-gesamt der Umgang der Mitarbeiter untereinander und der Kontakt zum Kunden verbessert worden.

Die Mäeutik bietet viele verschiedene Möglichkeiten in der Umsetzung. Der Implementierungsweg ist nicht wie bei anderen Modellen vorgege-ben, sondern wird individuell an die Bedürfnisse angepasst. Eine Einrich-tung kann in ihrem Tempo und nach ihren Möglichkeiten entscheiden, was umgesetzt wird. Die Mäeutik ist nicht nur für Kunden mit Demenz hilfreich, sondern für alle Menschen mit somatischen Erkrankungen und für Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Zusätzliche Informationen und finden Sie auf der Webseite der Akademie

für Mäeutik Deutschland: afmd.de.

Ergänzende Literatur:

Cora van der Kooij, Das mäeutische Pflege- und Betreuungsmodell,2017,

Hogrefe Verlag, Bern

Cora van der Kooij, Die Magie der Bewohnerbesprechung, 2015, Hogrefe

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34 RECHT & GESETZ

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

M aßgeblich dafür, ob in der P� ege bestimmte Zeiten als Be-reitschaftsdienstzeiten oder Zeiten der Rufbereitschaft zu werten sind, ist die „Dritte Verordnung über zwingende

Arbeitsbedingungen für die P� egebranche (Dritte P� egearbeitsbedin-gungenverordnung – 3. P� egeArbbV) vom 1. August 2017.

WANN LIEGEN BEREITSCHAFTSDIENSTE VOR?Demnach liegen Bereitschaftsdienste dann vor, wenn sich Arbeitneh-mer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Dabei muss zu erwarten sein, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt (§ 2 Abs. 3 P� ege-ArbbV). Während Bereitschaftszeiten zum Beispiel in Krankenhäusern weit verbreitet sind, kommen diese in der klassischen P� ege weniger häu� g vor – allerdings mit zunehmender Tendenz. Insbesondere die bundesweite Zunahme von ambulant betreuten Wohngemeinschaf-ten hat dazu geführt, dass Mitarbeiter vermehrt über Nacht als so-genannte „Schlafwachen“ eingesetzt werden, um die ständige Anwe-senheit einer Bezugsperson in der Wohngemeinschaft sicherzustellen. Diese Mitarbeiter sind gerade nicht mit klassischen „Nachtwachen“ vergleichbar, die in vollstationären P� egeeinrichtungen eingesetzt werden, da in den Wohngemeinschaften gerade keine durchgehende Versorgung der Nutzer erfolgt oder diese zu erwarten ist. Vielmehr sollen die in der Wohngemeinschaft über Nacht anwesenden Kräfte den Nutzern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln und nur im Bedarfs-fall tätig werden – ein klassischer Fall eines Bereitschaftsdienstes.

> Von Andreas Ditter

Rufbereitschaft & Bereitschafts-Dienste DIE ÜBERNAHME VON „RUFBEREITSCHAFTEN“ GEHÖRT FÜR VIELE BESCHÄFTIGTEN IN DER PFLEGE ZUM ALLTAG. AUCH DER ANTEIL DERJENIGEN, DIE ZUM BEISPIEL IN AMBULANT BETREUTEN WOHNGEMEINSCHAFTEN „BEREITSCHAFTS-DIENSTE“ LEISTEN, NIMMT STETIG ZU. OFTMALS SIND PFLE-GEUNTERNEHMERN JEDOCH DIE BESONDERHEITEN NICHT BEKANNT, DIE BEI DIESEN „TÄTIGKEITEN“ ZU BEACHTEN SIND.

EINE SONDERFORM IST DIE RUFBEREITSCHAFTDem entgegen stellt die Rufbereitschaft eine Sonderform des Bereit-schaftsdienstes dar. Hierbei ist die Anwesenheit des Arbeitnehmers an einem bestimmten Ort gerade nicht erforderlich. Anders als beim Be-reitschaftsdienst kann sich der Arbeitnehmer an einem von ihm selbst gewählten Ort außerhalb des Betriebes aufhalten und ist lediglich ver-p� ichtet, auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Die P� egeArbbV stellt hierbei für die P� egebranche ergänzend klar, dass das Vorliegen von Rufbereitschaft nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon ausgestattet ist. Nicht zuletzt die in den Qualitätsprüfungsrichtlinien abgeforderte „ständige Erreichbarkeit“ des P� egedienstes (QPR-Prüf-frage 4.6) veranlasst die Dienste zur Implementierung der Rufbereit-schaft.

VERGÜTUNG VON RUFBEREITSCHAFT?Arbeitgebern muss in diesem Zusammenhang bekannt sein, dass Zei-ten der Rufbereitschaft nicht von der P� egeArbbV erfasst werden. Dies bedeutet, dass für diese Zeiten weder der „Mindestlohn in der P� ege“ noch der „allgemeine Mindestlohn“ zu entrichten sind. Oftmals üblich ist zwar eine pauschale Vergütung pro Rufbereitschaft beziehungswei-se des Rufbereitschaftszeitraums, eine Abgeltung dieser Zeiten mit dem Grundlohn wäre jedoch ebenfalls statthaft. Ob und in welchem Umfang Rufbereitschaften bezahlt werden, ist somit von den Regelun-gen des Arbeitsvertrages oder eines auf das Arbeitsverhältnis anwend-baren Tarifvertrages abhängig.

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35RECHT & GESETZ

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

BEREITSCHAFTSDIENST ZEITEN SIND GRUNDSÄTZLICH ZU VERGÜTENAnders verhält es sich bei Bereitschaftsdienstzeiten. Diese sind grund-sätzlich zu vergüten. Die PflegeArbbVO eröffnet zum Zwecke der Ent-geltberechnung jedoch die Möglichkeit, mindestens 40 Prozent der Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zu werten, wenn dies kollektivrecht-lich oder einzelvertraglich mit dem Arbeitnehmer vereinbart wurde. Erst wenn ein Mitarbeiter mehr als 64 Stunden Bereitschaftsdienste in einem Kalendermonat leistet, sind die hierüber hinausgehenden Zeiten mindestens mit dem Mindestlohn in der Pflege zu vergüten. Gleiches gilt, wenn die Arbeitsleistung innerhalb eines Bereitschafts-dienstes mehr als 25 Prozent beträgt.

WIRD ARBEITSZEIT ERBRACHT, IST DIES IMMER ALS ARBEITSZEIT ZU WERTENLosgelöst von diesen Möglichkeiten der Abgeltung sollten Arbeitgeber zwingend beachten, dass Zeiten, in denen Arbeitsleistung erbracht werden – sowohl im Falle der Rufbereitschaft als auch im Falle von Bereitschaftsdiensten – als Arbeitszeit zu werten sind. Dies bedeutet, dass für diese Zeiten auch der entsprechende Lohn – mindestens also der „Mindestlohn in der Pflege“ – zu zahlen ist.

STRIKTE EINHALTUNG WICHTIG, DENN BEI VERSTÖSSEN DROHEN ERHEBLICHE NACHTEILEDiese klaren Vorgaben der PflegeArbbV sollten von Arbeitgebern ernst genommen und strikt eingehalten werden, da bei Verstößen erhebliche Nachteile drohen. So hat zum einen der Arbeitnehmer ei-nen Anspruch auf den geschuldeten Lohn. Zum anderen sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen. Gegebenenfalls droht dem Arbeitgeber sogar ein nicht unerhebliches Bußgeld. Arbeitgeber sind daher gut beraten, die gesetzlichen Vorgaben zu beachten und eine entsprechende Vergütung der Mitarbeiter einzuhalten.

ANDREAS DITTER

> Rechtsanwalt beim Bundesverband Ambulante

Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V.,

Referent für Niedersachsen, Schleswig-Holstein,

Hamburg und Bremen.

> E-Mail: [email protected]

Investitionskostenvereinbarung nach § 75 Abs. 5 S. 3 SGB XIIEin nicht geförderter ambulanter Pflegedienst, der in Sachsen tätig ist und auch Leistungen in Senioren-Wohngemeinschaften erbringt, hatte sich vergeblich beim örtlichen Sozialhilfeträger um den Abschluss einer Investitionskostenver-einbarung nach § 75 Abs. 5 S. 3 SGB XII bemüht. Der Sozialhilfeträger hatte den Abschluss einer solchen Vereinbarung abgelehnt, weil er der Mei-nung war, er habe insoweit ein Ermessen. Auf-grund der zahlenmäßig ausreichenden und leis-tungsfähigen pflegerischen Versorgungsstruktur müsse er dem Abschluss von Vereinbarungen nicht mehr zustimmen. Außerdem sei er nicht zuständig, weil der Pflegedienst eine „verdeckte stationäre Einrichtung“ betreibe und deshalb der überörtliche Träger zuständig sei. Der Pflegedienst

rief die Schiedsstelle an, welche den Sozialhilfe-träger verpflichtete, eine Vereinbarung in Höhe eines Investitionskostenanteils von 3,3 Prozent der gegenüber den Pflegebedürftigen im Rahmen der Hilfe zur Pflege in Rechnung gestellten Leis-tungen abzuschließen. Die hiergegen erhobene Klage des Sozialhilfeträgers war zwar im Tenor erfolgreich, der Schiedsspruch wurde aufgehoben, doch inhaltlich stimmte das LSG in vielen Punk-ten der Ansicht des Pflegedienstes zu. So habe der Sozialhilfeträger kein Ermessen dahingehend, ob er eine Investitionskostenvereinbarung mit einem zugelassenen Pflegedienst abschließe, sondern le-diglich, wie eine solche Vereinbarung ausgestaltet werde. Gesichtspunkte der Bedarfsplanung seien der Entscheidung des Sozialhilfeträgers entzogen. Auch sei der örtliche Sozialhilfeträger zuständig, denn ob der Pflegedienst mit den Wohngemein-

schaften eine verdeckte stationäre Einrichtung betreibe, sei irrelevant. Hier habe der Pflegedienst zum Abschluss einer Vereinbarung für ambulan-te Pflegeleistungen aufgefordert und allein dies sei maßgeblich. Aufgehoben wurde der Schieds-spruch aufgrund der unzureichenden Prüfung der Plausibilität der geltend gemachten Kosten durch die Schiedsstelle. So seien in der Kalkulati-on nicht umlagefähige Investitionsaufwendungen enthalten gewesen: Der Pflegedienst habe auch Leasingraten für Pflegebetten und Kippbadewan-nen einkalkuliert, was für den Betrieb eines ambu-lanten Pflegedienstes nicht erforderlich sei.

> Sächsisches LSG, Urteil vom 28.03.2018,

AZ: L 8 SO 31/14 KL

> Fundstelle: www.juris.de

URTEILE ...

PRAXIS-TIPP

• Eine Vergütung für Zeiten der Rufbereitschaft beziehungsweise für Bereitschaftsdienste, aber auch eine Abgeltung der Rufbe-reitschaft mit dem Grundlohn, sollte individualvertraglich oder durch eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag klar geregelt sein.

• Die monatlich ausgezahlte Bruttovergütung, geteilt durch die geleisteten Arbeitsstunden einschließlich der Bereitschaftsstun-den, muss stets mindestens die jeweilige Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz erreichen (§ 2 Abs. 5 PflegeArbbV), ansonsten liegt ein Gesetzesverstoß vor.

• Bereitschaftszeiten sind zwingend im Dienstplan zu hinterlegen.

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D er Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“ besagt, dass ein Mitar-beiter lediglich dann einen Anspruch auf Vergütung hat, wenn er seine Arbeitsleistung auch erbracht hat. Von diesem Grund-

satz gibt es Ausnahmen. So insbesondere bei Krankheit und Urlaub oder auch Annahmeverzug mit der jeweils entsprechenden Entgeltfortzah-lung. Neben dem gesetzlich geregelten Zuschlag für Nachtarbeit sehen viele Arbeitsverträge und auch Tarifverträge Zuschläge für die Arbeit am Wochenende oder an Feiertagen vor. Für die tatsächlich geleiste-ten Dienste nach dem Dienst- und Tourenplan werden die vereinbarten Zuschläge gezahlt. Wie sieht es aber aus, wenn der Mitarbeiter im lau-fenden Dienst- und Tourenplan den Abbau von Überstunden beantragt und dieser sodann stunden- oder tageweise an Tagen gewährt wird, für

> Von Peter Sausen

Keine Zuschläge beim Abbau von ÜberstundenEINEM MITARBEITER STEHEN KEINE NACHTARBEITS-, SAMS-TAGS-, SONNTAGS-, ODER FEIERTAGSZUSCHLÄGE FÜR ZEITEN ZU, IN DENEN ÜBERSTUNDENABBAU ERFOLGT. EIN ALLGE-MEINES LOHNAUSFALLPRINZIP OHNE AUSDRÜCKLICHE GE-SETZLICHE ODER (TARIF-)VERTRAGLICHE REGELUNG KENNT DAS ARBEITSRECHT NICHT.

die sonst Zuschläge anfallen? In dieser Situation stellen sich Mitarbei-ter häufig auf den Standpunkt, ihnen stünden die Zuschläge zu, die sie im Falle der Wahrnehmung der geplanten Dienste erhalten hätten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner Entscheidung vom 19. Septem-ber 2018 (Az.: 10 AZR 496/17) hierzu Stellung zugunsten der Arbeitgeber bezogen.

MITARBEITER BEKAM FREI, UM ÜBERSTUNDEN ABZUBAUEN

Ein Mitarbeiter arbeitete in einem Schichtsystem mit Früh-, Spät- und Nachtdiensten auch an Wochenenden und Feiertagen. Für den Mitarbei-ter war ein auf maximal 150 Plusstunden begrenztes Arbeitszeitkonto eingerichtet. Der Abbau von Plusstunden erfolgte regelmäßig durch die Gewährung von Freizeit. Auf das Arbeitsverhältnis findet ein Tarifver-

Bei Krankenversicherungsleistungen gilt eine Drei-Wochen-Frist

Werden Leistungen nach dem SGB V bei einer Krankenkasse beantragt, so hat diese innerhalb einer Frist von drei Wochen seit Antragseingang über die Leistung zu entscheiden.Sollte sie diese Frist nicht einhalten können, so muss sie dies rechtzeitig dem Betroffenen schrift-lich mitteilen und begründen. Wird dies nicht ge-tan, gilt die Leistung als genehmigt. So sieht es § 13 Abs. 3a SGB V vor: Eine Norm, die bisher oft übersehen wurde, aber immer stärker ins Bewusst-sein rückt.

Ausnahmen bestehen, wenn Gutachten eingeholt werden müssen. Ausgenommen sind auch Leis-tungen der Rehabilitation, für die die Fristen nach dem SGB IX gelten. Aber gerade für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege ist die Fristset-zung von hoher praktischer Bedeutung.Das zeigt unter anderem ein Fall, den das Lan-dessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern entschieden hat: Der Antragsteller, ein Mann, der unter einer paranoid-halluzinatorischen Schizo-phrenie leidet und im ambulant betreuten Woh-nen der Eingliederungshilfe lebt, hatte aufgrund ärztlicher Verordnung das Herrichten und Verab-reichen von Medikamenten beantragt.

Zu dem am 9. Januar eingegangen Antrag meldete sich die Krankenkasse zum ersten Mal am 13. März mit Nachfragen und wies den Antrag am 28. März ab. Sie war der Ansicht, die Leistungen müssten vom Assistenzdienst der Eingliederungshilfe er-bracht werden. Mit diesen inhaltlichen Argumenten beschäftig-ten sich die Gerichte gar nicht im Eilverfahren des Antragstellers. Sie verpflichteten die Krankenkasse zur Leistungserbringung und zwar sowohl für die Vergangenheit als auch für die künftige gesamte Dauer, für die die Verordnung ausgestellt war.Die Gerichte sahen alle Voraussetzungen für das Eingreifen der Sanktionsvorschrift als erfüllt an:

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Zeiten. Annahmeverzug kann deshalb nur eintreten, wenn bis zum Ende des vereinbarten Ausgleichszeitraums nicht die vereinbarte Gesamtdau-er abgerufen wurde. Das war hier nicht der Fall. Freizeit ist das Gegenteil von Arbeitszeit. Freizeitausgleich bedeutet, statt Arbeitszeit ableisten zu müssen, bezahlte Freizeit zu erhalten. Der Abbau von Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto vollzieht sich demnach dergestalt, dass errechnet wird, wie viel freie Zeit, die auf dem Arbeitszeitkonto angesammelten Stunden entsprechen. Der Mitarbeiter hatte hier in den fraglichen Zeit-räumen schlicht tatsächlich keine zuschlagspflichtige Arbeit geleistet. Allein der Umstand, dass er im Dienstplan ursprünglich zu zuschlags-pflichtigen Zeiten eingeteilt war, begründete den begehrten Anspruch nicht. Einen allgemeinen Entgeltfortzahlungsanspruch, der auch die Zu-schläge mitumfassen würde, ist dem Arbeitsrecht fremd. Die eingeklag-te Zahlung der Zuschläge stand dem Mitarbeiter damit nicht zu. Etwas anderes ergab sich auch nicht aus dem anwendbaren Tarifvertrag.

ES GIBT KEIN ALLGEMEINES ENTGELTFORTZAHLUNGSPRINZIP

Die Erfurter Richter haben damit einem allgemeinen Entgeltfortzah-lungsprinzip eine Absage erteilt. Dort, wo eine gesetzliche – so etwa für den Bereich des Urlaubs und der Krankheit – oder (tarif-)vertragli-che Anordnung fehlt, gibt es keinen allgemeinen Entgeltfortzahlungs-anspruch. Die Entscheidung des Gerichts ist vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks von Zuschlägen zutreffend. Zuschläge sollen besondere tatsächliche Erschwernisse ausgleichen, die durch ungünstige Arbeits-zeiten entstehen. Dieser Sinn und Zweck würde verfehlt, wenn beispiels-weise Nachtzuschläge zu leisten sind, obwohl tatsächlich keine Nachtar-beit geleistet wurde. Auch ist die Entscheidung der höchsten deutschen Arbeitsrichter eine Bestätigung für Modelle, die auf eine flexible Ausge-staltung der Arbeitszeit durch Arbeitszeitkonten setzen.

trag Anwendung, welcher unter anderem Zeitzuschläge für Nachtarbeit, Samstagsarbeit, Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit vorsieht. In der Zeit zwischen Februar 2012 und April 2014 wurde der Mitarbeiter von 24 ursprünglich geplanten Diensten zum Überstundenabbau von der Er-bringung der Arbeitsleistung freigestellt. In sämtlichen Fällen betraf der Überstundenabbau Zeiten, in denen der Mitarbeiter im Dienstplan zu Samstags-, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit eingeteilt war. Für die 24 Dienste zum Überstundenabbau zahlte der Chef keine Zuschläge.

KLAGE AUF ZAHLUNG VON ZEITZUSCHLÄGEN

Der Mitarbeiter wollte dies nicht akzeptieren und verklagte seinen Ar-beitgeber auf Zahlung von über 1200 Euro brutto. Er war der Auffassung, das Unternehmen schulde ihm Zuschläge auch für Zeiten des Überstun-denabbaus. Denn die Entscheidung über den Freizeitausgleich treffe letztendlich sein Chef als „Herr“ des Dienstplans. Das sei letztendlich wie ein Fall des Annahmeverzugs zu behandeln, so die Auffassung des Mitarbeiters. Er hätte ja schließlich gearbeitet, wenn man ihn denn ge-lassen hätte. Dem hielt das Unternehmen entgegen, das damit ange-sprochene Entgeltausfallprinzip, wonach gezahlt wird, wie gearbeitet worden wäre, finde im vorliegenden Fall keine Anwendung. Zuschläge seien nur für geleistete Arbeit zu zahlen. Es liege in dieser Situation auch kein Fall des Annahmeverzugs vor, da der Mitarbeiter seine Ar-beitsleistung schlichtweg nicht angeboten und der Arbeitgeber darauf verzichtet habe. Vielmehr ist er, so die Auffassung des Arbeitgebers, zum regelmäßigen Freizeitausgleich verpflichtet.

BUNDESARBEITSGERICHT WEIST KLAGE AB

Während der Mitarbeiter in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Karls-ruhe noch Recht bekam, verneinten sowohl das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in zweiter Instanz als auch das Bundesar-beitsgericht (BAG) in der dritten Instanz den begehrten Anspruch des Mitarbeiters auf Zahlung von Zeitzuschlägen. Es lag in der Konstellation nach Auffassung der Erfurter Richter kein Fall des Annahmeverzugs vor. Bei einem Arbeitszeitkonto, bei dem Plus- und Minusstunden angesam-melt werden können, steht klassischerweise nur die Gesamtdauer der Arbeitszeit in einem gewissen Ausgleichszeitraum fest. Im Einzelnen muss die Arbeitszeit vom Arbeitgeber festgelegt werden. Das Arbeits-recht kennt – außer bei ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung – kei-nen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten (zuschlagspflichtigen)

PRAXIS-TIPP

• Im Arbeitsverhältnis gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“.

• Ausnahmen können sich aus Gesetzen und (Tarif-)Verträgen ergeben.

• Ein Mitarbeiter erhält keine Zuschläge für Zeiten, in denen er zum Abbau von Überstunden nicht gearbeitet hat.

• Im Falle krankheitsbedingter oder urlaubsbedingter Abwesen-heit erhält der Mitarbeiter hingegen die Zuschläge für bereits geplante Dienste.

Es war ein hinreichend bestimmter Antrag gestellt. Dieser richtete sich auf Leistungen, die grundsätz-lich im Leistungskatalog der GV enthalten sind. Die Leistungen seien erforderlich und schließlich nicht rechtzeitig von der Kasse beschieden worden.

> LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom

12.06.2018, AZ: L 6 KR 78/17 B ER

> Fundstelle: www.juris.de

zusammengefasst von

Ines Theda, Kanzlei

Dr. Heß & Kollegen,

Freiburg

PETER SAUSEN

> Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und

Inhaber der Kanzlei STEINRÜCKE . SAUSEN

mit Büros in Köln und Berlin; Dozent und Fachautor

für Arbeitsrecht und Pflegerecht, Lehrbeauftragter der

Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW).

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WÄSCHEVERSORGUNG

Saubere SacheWÄSCHESERVICE MITTELS SMARTPHONE, APP UND BARCODES? IN EINEM MUSTER-BETRIEB LAUFEN VIELE PROZESSE IM WÄSCHESERVICE SCHON JETZT ELEKTRONISCH. SMART SERVICES HEISST DAS PRINZIP.

> Von Regina Schüren und Prof. Dr. Frank Schmitz

D er Bedarf nach ergänzenden Dienstleistungen für pflegebe-dürftige Menschen in der eigenen Häuslichkeit wird weiter ansteigen. Hochwertige und verlässliche hauswirtschaftliche

Dienstleistungen, wozu insbesondere auch die Wäscheversorgung zählt, können den Verbleib in der Häuslichkeit und den Gesundheitszustand positiv beeinflussen. Dies hat auch bereits der Gesetzgeber mit der Ein-führung des Entlastungsbetrages im Pflegestärkungsgesetz (PSG) II für Angebote zur Unterstützung im Alltag berücksichtigt. Ziel des Wäsche-service ist es, pflegebedürftige Menschen und ihrem Umfeld von Alltags-aufgaben zu entlasten.

Bei der Einführung neuer – zum derzeitigen Angebot ergänzender – Dienstleistungen sind eine Vielzahl von Fragen zu beantworten. Am Beispiel der Implementierung des Wäscheservice des Caritasverbands

Geldern-Kevelaer sollen diese Fragen systematisch dargestellt werden. Wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz bei Mitarbeitern des Pfle-gedienstes ist, dass keine zusätzliche Dokumentation durchzuführen ist. Alle Prozesse für die Anforderung und Abrechnung der Leistung sowie das Tracking der Wäsche sind elektronisch abzubilden. Bei der Annahme der schmutzigen Wäsche ist lediglich das Behältnis, indem sich die schmutzi-ge Wäsche befindet, mit dem Smartphone zu scannen. Von allen übrigen administrativen Prozessen sind die Mitarbeiter zu entlasten.

Vor der Definition aller notwendigen Prozesse und deren digitalen Um-setzung sind Bedarfsanalysen bei potenziellen Kunden und Kriterien für die Auswahl einer geeigneten Wäscherei zu erstellen. On-demand, je nach individueller Lebenssituation soll der Wäscheservice für den Kunden ab-rufbar sein.

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WÄSCHEVERSORGUNG

Die überwiegende Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen möchte so lange wie möglich in der eigenen Häuslichkeit bleiben. Pflegebedürf-tigkeit führt nicht nur zu einem Bedarf an Grund- und Behandlungs-pflege, sondern auch zu einem Bedarf an hauswirtschaftlichen Dienst-leistungen. Die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen wird auch durch die Frage bestimmt: Wie wird die alltägliche Arbeit im Haushalt organisiert? Eine der Herausforderungen, die aus der weiter steigenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen resultiert, ist die Standardisierung und industrielle Effizienz sämtlicher Prozesse, die nicht unmittelbar in einer persönlichen Interaktion mit dem zu pflegenden Menschen er-bracht werden. Die Digitalisierung von Leistungsanforderungs- und Ab-rechnungsprozessen reduziert die administrativen Anforderungen und ermöglich ein umfassenderes Leistungsangebot bei geringeren Transak-tionskosten.

DIENSTLEISTUNG WIRD DIGITALUm den administrativen Aufwand für ein zusätzliches Dienstleistungs-angebot möglichst zu minimieren, war bereits vor Projektbeginn klar, dass es sich um einen sogenannten Smart Service handeln sollte. Zum Begriff des Smart Services lassen sich in der Literatur eine Vielzahl von Definitionen finden. Die Beteiligten verstanden unter Smart Services eine vollständig digital gesteuerte Dienstleistung auf der Basis infor-mationstechnologisch vernetzter Systeme, die über eine gemeinsame Plattform organisiert werden.

Im ersten Schritt erfolgte die Konkretisierung einer möglichen ergän-zenden Dienstleistung. Eine erste Eingrenzung erfolgte durch unter-schiedliche Marktanalysen und eine allgemeine Recherche zum Thema. Auf der Angebotsseite wurden Dienstleistungsangebote in den übrigen Bereichen der Gesundheitswirtschaft gesucht, die für einen Pflegedienst umsetzbar wären. Es wurden verschiedene Befragungen zum Konsum-verhalten pflegebedürftiger Menschen erstellt. Anknüpfend wurden dann Befragungen bei Pflegediensten über angebotene ergänzende Dienstleistungen und bei pflegebedürftigen Menschen über deren Konsumverhalten durchgeführt. Aus den Ergebnissen konnte abgelei-tet werden, dass 65 Prozent der pflegebedürftigen Menschen sich eine Inanspruchnahme ergänzender Dienstleistungen vorstellen können. Es wurden ebenfalls Präferenzen nach der Art der Dienstleistung abgefragt und eine Zahlungsbereitschaft abgeleitet. Die Ergebnisse wurden durch Interviews mit Mitarbeitern des Caritasverband Geldern-Kevelaer vali-diert. Auf dieser Basis und anhand weiterer Kriterien, wie beispielsweise Umsetzungsaufwand, kristallisierte sich der im Folgenden beschriebene Wäscheservice heraus.

MENSCHEN VON ALLTAGSAUFGABEN ENTLASTENDie Zielsetzung war ein Konzept, für die Einführung eines digital un-terstützten Wäscheservice im Bereich häuslicher Pflege zu entwickeln. Dieser soll pflegebedürftige Menschen und ihr Umfeld von Alltagsaufga-ben entlasten. Bei der Frage nach der Angebotsstruktur hat sich bei den Analysen sehr deutlich gezeigt, dass nur ein flexibles Angebot akzeptiert wird. Das Angebot darf nicht zu einer Abnahmeverpflichtung führen. Aus der Perspektive der Kunden sollte der Wäscheservice nutzbar sein,

wenn es die persönliche Lebenssituation erfordert. Die Reinigung von Wäsche pflegebedürftiger Menschen ist mit hohen hygienischen Anfor-derungen verbunden. Klassische Reinigungsbetriebe, die hauptsächlich im „normalen“ Endkundenbereich arbeiten, erfüllen diese fachlichen Anforderungen (zum Beispiel Reinigung verschmutzter Leibwäsche, Un-terwäsche, Handtücher, etc.) und die hohen logistischen Anforderungen an Abholung und Lieferung der Textilien nicht. Potenzielle Partner zur Reinigung der Wäsche konnten nur aus dem Bereich der industriellen Großwäscherei kommen, die auch über das Wissen und die erforderli-chen Hygienezertifikate für den Bereich der stationären Pflege verfügen. In der stationären Pflege ist die Reinigung von Alltagswäsche ein bereits etablierter Leistungsbestandteil.

HOHER STANDADISIERUNGSGRADMit den Beteiligten und einer regional ansässigen Großwäscherei wur-den die weiteren Fragen gemeinsam diskutiert und ein detailliertes Soll-Konzept für einen Wäscheservice entwickelt. Anforderungen an mögliche Lösungskonzepte war eine hohe Standardisierung und Über-tragbarkeit sämtlicher Prozesse. Für industrielle Wäschereien wäre ein Leistungsangebot in der ambulanten Pflege nur dann wirtschaftlich in-teressant, wenn langfristig mehrere Pflegedienste Wäschereidienstleis-tungen in das Angebotsportfolio aufnehmen. Ein für die Patienten dau-erhaft preislich attraktives Angebot wird nur möglich sein, wenn daraus für die Wäscherei ein größeres Auftragsvolumen resultiert. Aus diesem Grund müssen die Prozesse so definiert werden, dass diese auf weitere Pflegedienste übertragbar sind.

Die Anforderungen an eine IT-Plattform zur Organisation, Kommunikation, Administration und Verrechnung von Leistungen zwischen Pflegedienst, Wäscherei und Haushalt wurden definiert. Dies beinhaltete eine Prüfung, welche Teilprozesse für ein Angebot durch den Caritasverband Geldern-Kevelaer selbst übernommen werden und für welche Teilprozesse exter-ne Partner benötigt werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es das Ziel, ein besseres Verständnis für die Akzeptanz von innovativen skalierbaren Dienstleistungsangeboten für pflegebedürftige Menschen zu erzielen.

ZUGRIFF IN ECHTZEITEine besondere Herausforderung stellt die Entwicklung einer neuen mo-bilen Anwendung dar. Wesentlich ist eine schnelle und sichere Abwick-lung der Textilannahme beim Kunden vor Ort. Hierzu ist eine mobile Datenerfassung und -bereitstellung für die Mitarbeiter des Caritasver-bandes Geldern-Kevelaer erforderlich. Im Echtzeitzugriff müssen sämtli-che prozessrelevanten Informationen zur Verfügung stehen.

Im Soll-Konzept „Smart Services“ wurden bereits Arbeitspakete definiert, die sinnvollerweise nicht durch die Projektteilnehmer selbst umgesetzt werden sollten. Das Dienstleistungsangebot soll sich im Sinne einer Sys-tempartnerschaft als B2B-Geschäftsmodell in das Leistungsangebot von sämtlichen ambulanten Pflegediensten integrieren lassen und dieses er-gänzen. Für keinen der beteiligten Partner ist es wirtschaftlich sinnvoll, eine derartige technologische Plattform selbst zu entwickeln. Hierzu ist ein weiterer Partner zur zentralen Koordination notwendig. Im Frühjahr

On-demand, je nach individueller Lebenssituation soll der Wäscheservice für den Kunden abrufbar sein.“

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WÄSCHEVERSORGUNG

2018 wurde die CosaVita mit dem Ziel gegründet, die notwendige digi-talisierte Systemplattform zu entwickeln und mit Kooperationspartnern anzubieten.

Eine Applikation wurde entwickelt, die auf einem Smartphone instal-liert wird und die Informations- und Logistiksteuerung durch Scannen von Barcodes ermöglicht. Haushalte, die vom Caritasverband Geldern-Kevelaer bereits ein Angebot aus dem Bereich Seniorenhilfe in Anspruch nehmen, können sich zum Wäscheservice anmelden. Es zeigte sich die wirtschaftliche Notwendigkeit, die bereits vorhandenen Fahrrouten der Pflegekräfte zu nutzen. Jeder Mitarbeiter der Caritas, der in der ambu-lanten Pflege in die Haushalte der betreuten Menschen geht, hat eine

„Wäscheservice App“ auf seinem Smartphone und kann auf Nachfrage einen Wäschesack zur Verfügung stellen.

ZUORDNUNG PER BARCODEDieser Wäschesack ist mit einem Barcode beschriftet und aus einem ge-ruchs- und nässeundurchlässigen Material. Sofern der Wäscheservice in Anspruch genommen werden möchte, wird der Wäschesack mit schmut-ziger Wäsche gefüllt. Der Barcode des Wäschesacks wird mit der „Wä-scheservice App“ gescannt und dem Kunden zugeordnet. Die Wäscherei wird elektronisch per E-Mail darüber informiert, dass der Wäschesack am definierten Umschlagspunkt am nächsten Vormittag zur Abholung bereit liegt. Die Logistik der Wäscherei wird demzufolge nur aktiviert, wenn auch schmutzige Wäsche zur Abholung bereit liegt. Die Wäscherei erweitert die Routenplanung ihrer Transporter, die stationäre Pflegeein-richtungen in festen Zyklen anfahren. Die Transportbehältnisse, welche mit Barcodes versehen sind, sollen an jedem Übergabepunkt jeweils mit einer Smartphone basierten Applikation gescannt werden. Die Da-

PFLEGEDIENST

PFLEGEDIENST

INFORMATIONSPROZESSE TRANSPORT WÄSCHE

LOGISTIKWÄSCHEREI

LOGISTIKWÄSCHEREI

WÄSCHEREI

• Prozesssteuerung

• Prozessüberwachung

• Administration

• SchnittstellenmanagmentErfassen von• Bestandsdaten

• Leistungen

Es hat sich gezeigt, dass das Level aus der stationären Wäscheversorgung

übernommen werden sollte.“

> Smart Services in der Wäscheversorgung: Im Zentrum übernimmt CosaVita die Bereiche Steuerung, Überwachung, Administration und Schnittstellenmanagement.

SMART SERVICES IN DER WÄSCHEVERSORGUNG

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

WÄSCHEVERSORGUNG

Moderne Kommunikationswege führen zur Entlastung der eingesetzten Mitarbeiter.“

REGINA SCHÜREN

> Bereichsleiterin Pflege und Hilfe zu Hause,

Caritasverband Geldern-Kevelaer

> [email protected]

PROF. DR. FRANK SCHMITZ

> Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hoch-

schule Rhein-Waal, Studiengangsleiter des Studien-

gangs Gesundheitswissenschaften und –management,

Geschäftsführer der CosaVita UG (haftungsbeschränkt)

> [email protected]

ten laufen dann in einem zentralen System zusammen, welches dann auch für die Fakturierung der Leistungen genutzt wird.

Für eine Nachvollziehbarkeit der Wäscheteile in der Logistikkette hat sich gezeigt, dass das Service-Level aus der stationären Bewoh-nerwäscheversorgung übernommen werden sollte. Bei erstmaliger Abgabe eines Wäschestückes wird dieses mit einem kleinen Etikett (eingeklebter Barcode) gekennzeichnet. Durch das Etikett wird sicher-gestellt, dass jedes Wäschestück wieder zu seinem Besitzer zurück-kommt und kein Wäschestück verloren geht. Jedes Wäschestück wird einzeln anhand einer vorab bekannten Preisliste abgerechnet, dass heißt, Kunden haben volle Transparenz über die Kosten. Die saubere Wäsche wird durch die Wäscherei wieder zum vereinbarten Umschlagepunkt zurück gebracht. Von dort wieder zum Haushalt des Kunden. Der Kunde bekommt eine detaillierte Rechnung mit einer Auf-listung, der zur Reinigung abgegeben Wäscheteile. Die Rechnungsdaten werden von der Wäscherei an die CosaVita übermittelt. Die CosaVita bereitet die Daten auf und stellt diese gemäß den Anforderungen der Abrechnungssoftware dem Caritasverband Geldern-Kevelaer zur Verfü-gung. Der Rechnungsbetrag wird zusammen mit den übrigen Leistun-gen, die der Caritasverband Geldern-Kevelaer erbringt, per Lastschrift eingezogen.

ANGEBOTSERWEITERUNG ALS ZUKUNFTSSICHERUNG Die Motivation des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer diese Art der Dienstleistung anzubieten, erfolgt aus unterschiedlichen Perspektiven: Der Verband bietet seinen Kunden bereits die breite Palette der Dienst-leistungen im Bereich Pflege, Hauswirtschaft/Mahlzeitenversorgung und Betreuung an. Die Erweiterung der Angebotspalette wird grund-sätzlich als Zukunftssicherung verstanden.

Zeitgleich wird bereits im Bereich der Pflege der Fachkräftemangel er-lebbar. Stellen bleiben bis zur Nachbesetzung lange offen oder können gar nicht mehr besetzt werden. Um diese Situation abzumildern und die Anzahl der Kunden, die abgelehnt werden müssen, so gering wie mög-lich zu halten, organisiert der Caritasverband Geldern-Kevelaer seine Dienstleistungen – insbesondere die Dokumentation und die adminis-trativen Randaufgaben – so effizient wie möglich. Der Einsatz moderner Kommunikationswege und automatisierter Datenerfassung und -wei-terverarbeitung führt zur Entlastung der eingesetzten Mitarbeiter und zeitgleich zur Fehlervermeidung. Die Angebotspalette, um eine digital unterstützte Dienstleistung im Bereich der Wäschepflege zu erweitern, ist entsprechend folgerichtig.

POSITIVE PREISEFFEKTEIm Ergebnis steht für die Kunden des Caritasverbands Geldern-Kevelaer ein zusätzliches Dienstleistungsangebot zur Verfügung. Die Mitarbeiter werden hierzu nicht mit zusätzlicher Dokumentation oder Formularen

belastet. Die von der CosaVita entwickelte technische Plattform steht auch anderen Pflegediensten zur Verfügung.

Mit dem Wäscheservice wurde für pflegebedürftige Menschen nach der Speisenversorgung und dem Hausnotruf das dritte Dienstleistungsmo-dell entwickelt, bei dem durch nennenswerte Größenvorteile positive Preiseffekte für die Kunden erreicht werden können. Diese positiven Preiseffekte für die Dienstleistung können durch die Nutzung der Co-saVita Plattform von weiteren Pflegediensten weiter verstärkt werden.

Für die Kunden, vor allem aber deren Angehörige, steht nicht die effi-ziente Gestaltung der Leistung im Vordergrund. Es geht um Entlastung von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten und einen Zeit-Gewinn für die schöneren Dinge des Lebens – und natürlich um ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis. Genau dieses könnte ohne „Smart Service“ je-doch nicht angeboten werden.

Die Idee der CosaVita ist es, Wäschedienstleistungen für pflegebedürftige

Menschen als ein digitalunterstütztes Systemangebot in Kooperation mit

Pflegediensten anzubieten. Vor der Markteinführung wurde die Idee in

einer Pilotphase an der Hochschule Rhein-Waal von Prof. Dr. Frank Schmitz

zusammen mit dem Caritasverband Geldern-Kevelaer e.V. entwickelt.

Weiter Informationen unter cosavita.de, caritas-geldern.de sowie

hochschule-rhein-waal.de.

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PERSONALAKQUISE

Aus Fehlern gelerntVON 45 KRÄFTEN BLIEBEN ZEHN. DER GELSENKIRCHENER PFLEGEDIENST APD STOPPT SEIN ANWERBE-PROJEKT IN SERBIEN NACH FÜNF JAHREN. DER GRUND: STATIONÄRE EINRICHTUNGEN LOCKEN MIT EINER BESSEREREN BEZAHLUNG. DER APD-CHEF FORDERT, DASS DIE KANNIBALISIERUNG ENDLICH AUFHÖREN MUSS. EIN ERFAHRUNGBERICHT.

> Von Susanne Schübel

E ine Anwerbung von Pflegefachkräften im Ausland für den Ein-satz im ambulanten Dienst ist keine Lösung für den sich ver-schärfenden Pflegepersonalnotstand in Deutschland. So lautet

das Fazit der APD Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH nach fünf Jahren aktiver Personalakquise in Serbien mit Investitionskosten von mehr als einer halben Million Euro. Nach der Qualifizierung wander-ten von 45 Angeworbenen 30 ab. Nur zehn blieben dauerhaft bei dem Familienunternehmen.

Im November 2018 zog APD-Chef Claudius Hasenau die Reißleine. „Das System ist gescheitert, das Projekt unwirtschaftlich. Wir mussten er-kennen: Wenn es um die Höhe des Arbeitsentgeltes geht, ziehen die ambulanten Dienste im Wettbewerb mit stationären Einrichtungen um Personal den Kürzeren“, resümiert der Diplom-Verwaltungswirt. Eine be-

reits fest terminierte, weitere Ausbildungsrunde mit elf Bewerbern aus Serbien sagte er kurzfristig ab. Insgesamt waren seit Beginn des Pro-jekts im Herbst vor fünf Jahren 45 Pflegekräfte dem Ruf der APD gefolgt, um in Gelsenkirchen ihre berufliche Anerkennung als Pflegefachkraft zu erwerben. Nach Abschluss der Qualifizierung setzte 2018 plötzlich ein Exodus ein: 30 von 45 Serben kündigten und wanderten in stationäre Einrichtungen oder Intensivpflegedienste ab, wo höhere Gehälter ge-zahlt werden können.

ADERLASS RECHTZEITIG VORHERGESEHENNur zehn serbische Pflegekräfte blieben dem Familienunternehmen erhalten. Ein Alptraum für jeden Pflegedienst, erinnert sich APD-Chef Hasenau. Die APD – mit mehr als 400 Mitarbeitenden und über 800 Patienten einer der größten und umsatzstärksten privaten ambulanten

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PERSONALAKQUISE

Pflegedienste in Deutschland – habe den drohenden Aderlass beim Per-sonal glücklicherweise rechtzeitig vorhergesehen und Gegenmaßnah-men eingeleitet. Claudius Hasenau: „Wir bilden seit Jahren über Bedarf aus. Deshalb verfügen wir über einen personellen Puffer für Verände-rungen oder Wachstum. Im ersten halben Jahr 2018 beendeten eine Reihe von Azubis ihre Ausbildung. Dadurch konnten wir die Engpässe auffangen.“

SICHERER WEG IN DEN DEUTSCHEN ARBEITSMARKTDabei hatte alles so gut angefangen. „Pflegefachkräfte aus Serbien um-sorgen Mieter in Gelsenkirchener Wohngemeinschaften“ – mit dieser Vision stellte die APD im November 2014 ihr neues Personalprojekt vor. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, dem Gesundheitsamt und der Wirtschaftsförderung hatte das Familienunternehmen eine Initiative ge-startet, um zunächst 30 Pflegefachkräfte aus dem EU-Anwärterland für eine Tätigkeit in der Emscherstadt zu gewinnen.

„Wir haben intensiv in Gelsenkirchen und im Ruhrgebiet nach Fachkräf-ten gesucht, doch der Markt ist wie leergefegt. Auch unsere Ausbil-dungsbemühungen reichen nicht aus. In Serbien dagegen suchen Tau-sende von hochqualifizierten Fachkräften eine Beschäftigung. Deshalb haben wir uns entschlossen, ihnen einen guten und sicheren Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu eröffnen,“ sagte APD-Chef Claudius Hasenau beim Start.

BEWERBERSCHLANGEN VOR APD-BÜRO IN BELGRADVor dem eigens in Belgrad gegründeten APD-Anwerbebüro, das von einem serbischen Mitarbeiter geleitet wurde, standen die Bewerber Schlange. „Die Fachlichkeit der Interessenten war vom ersten Moment an enorm hoch“, erinnert sich Hasenau. Für die Tätigkeit in Deutsch-land mussten sie festgelegte Qualitätskriterien erfüllen. Dazu gehörten nicht nur die mehrjährige Pflegeausbildung in Serbien, sondern auch der Nachweis guter Deutschkenntnisse (fortgeschrittenes Sprachniveau B1 gemäß Europäischer Referenzrahmen).

FESTE ARBEITSPLÄTZE ZUGESICHERTIm Gegenzug erwartete sie – bei Eignung und nach erfolgreichem Ab-schluss der Anpassungslehrgänge – ein dauerhaft sicherer Arbeitsplatz in der ambulanten Pflege der APD oder in einer begleiteten Wohnge-meinschaft für Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf. Zählen konnten sie auch auf Hilfe bei der Wohnungssuche, bei der Einschulung der Kinder, beim Kontakt zur Kirchengemeinde oder bei der Suche nach einer Beschäftigung für den Lebenspartner. Claudius Hasenau: „Wir ha-ben von Anfang an alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Mit-arbeiter aus Serbien in Gelsenkirchen ein neues Zuhause finden und so lange wie möglich für die APD tätig sein können.“

Selbstverständlich war für den APD-Geschäftsführer in diesem Zusam-menhang auch die leistungsgerechte Entlohnung der Neu-APDler: „Bei uns gilt der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Bezahlt wurde nach den Empfehlungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.“ Was Claudius Hasenau bei der Vorstellung des Projektes 2014 nicht ahnte: Es sollte noch zwölf Monate dauern, bis Anfang November 2015 tatsäch-lich die ersten 16 Frauen und sechs Männer zwischen 25 und 45 Jahren aus Serbien auf dem Dortmunder Flughafen landen würden, um ihre Ar-beit aufzunehmen. Zuvor hatten sie wochenlang auf gepackten Koffern sitzen müssen, bis alle Formalitäten in Deutschland geregelt werden konnten. Ihre Arbeit in der Pflege sollten sie – das zeichnete sich schon damals ab – nicht vor dem Frühsommer 2016 aufnehmen können – nach Abschluss zusätzlicher Qualifizierungsmaßnahmen und Prüfungen.

WILLKOMMENSWOCHE ZUR BEGRÜSSUNGTrotz aller bürokratischen Herausforderungen – die Begrüßung fiel herzlich aus. Empfangen wurden die Ankömmlinge mit einer Willkom-menswoche, zu der unter anderem eine Stadtrundfahrt, aber auch In-formationsveranstaltungen mit Behörden, Banken und Krankenkassen gehörten. Als erste Unterkunft hatte die APD als Übergangslösung Fe-rien- und Monteursappartements angemietet. Von da aus führte der Weg schnellstmöglich in eine eigene Wohnung. Bei der Wohnraumsuche war der Pflegedienst behilflich. Die Serben konnten aus einem Pool von mehr als 20 freien und teilmöblierten Wohnungen wählen, bereitgestellt von der Gesellschaft für Wohnungsbau (GFW) in Rotthausen, einem wei-teren Kooperationspartner der APD. Den nächsten Meilenstein erreichte das Projekt im November 2016: Die ersten drei von insgesamt 24 Pfle-gefachkräften aus Serbien durften von nun an in Deutschland die ge-schützte Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ füh-ren. Den dafür erforderlichen Berufsanerkennungslehrgang nach dem Krankenpflegegesetz bestanden die Frauen nach fast zwölf Monaten Lernen mit Bravour. Ein fester Arbeitsplatz war ihnen sicher. Bei der APD

Wir brauchen eine andere Lohnstruktur, damit das Wildern im Personal der

ambulanten Dienste endlich aufhört.“

> Claudius Hasenau

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58%

6%

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Anzahl der MA die während der Maßnahme ausgeschieden sind

Anzahl der MA die nach der Maßnahme ausgeschieden sind

Anzahl der MA in Mutterschutz

Anzahl der MA die nach der Maßnahme weiter beschäftigt sind

> Lediglich 28 Prozent der Kräfte blieben nach drei Jahren beim APD Pflegedienst.

FACHKRÄFTEBINDUNG AUS SERBIEN NACH 3 JAHREN

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

Das Interview führte Susanne Schübel

Herr Hasenau, die APD hat die Personalakquise in Serbien beendet. Wie kam es dazu?Unsere Partner und wir haben das Vorhaben mit viel Herz und En-gagement angepackt. Neben der klassischen Einarbeitung haben alle Beteiligten außergewöhnlich viel Eigeninitiative gezeigt, um die Menschen, die seit 2014 zu uns gekommen sind, willkommen zu heißen. Anfang 2018 erlebten wir jedoch eine wahre Kündigungs-welle. 35 von 45 Mitarbeitern aus Serbien haben uns verlassen, um in stationären Einrichtungen oder Intensivpflegediensten anzufangen. Wir haben es nicht geschafft, mit ihnen eine Bindung zu unserem Unternehmen herzustellen. Diese Erkenntnis hat weh getan.

Wie beurteilen Sie das Anwerbe-Projekt aus wirtschaftlicher Sicht?Für die APD hat es sich nicht gerechnet. Neben den Zuschüssen der Agentur für Arbeit, die den Großteil der Kosten ausmachten, hat die APD pro Bewerber knapp 12.000 Euro investiert. Das summiert sich insgesamt auf Kosten von mehr als einer halben Million Euro, die wir als Privatunternehmen über den gesamten Zeitraum aus eigener Kraft aufgebracht haben. Diese Summe berücksichtigt dabei noch in keinster Weise das herausragende Engagement der Projektkoordinatoren, ihre Reisen nach Bel-grad und die Arbeitszeitressourcen, die die APD zur Verfügung gestellt hat, um die ständig komplexer werdenden Anforde-rungen zu erfüllen. Wir haben Ehekrisen geschlichtet, Famili-en unbürokratisch zusammengeführt und geeignete Schulen für die Kinder gefunden. Das Projekt entpuppte sich als recht abenteuerliche Reise, bei der wir am Anfang nicht wussten, wo und wie sie enden würde. Und ich wäre wahrlich ein schlechter Kaufmann, wenn ich bei den nun vorliegenden Erkenntnissen einfach weitermachen und wertvolle Pflegekräfte qualifizieren würde, die sich dann anderen Arbeitgebern zuwenden. Wir sind doch kein Personaldienstleister und wollen auch keiner werden!

Warum haben die Pflegekräfte nach der Qualifizierung der APD trotz Arbeitsvertrag den Rücken gekehrt?Der Grund war das Geld. Pflegekräfte in Deutschland werden mo-mentan hoch gehandelt, der Markt ist regelrecht überhitzt. Das Streben nach Mehr ist immens. Die stationären Einrichtungen kannibalisieren die ambulanten Dienste und bedienen sich bei deren Personal. Solange wir mit unserem Lohngefüge nicht an-satzweise mit den Krankenhäusern konkurrieren können, hat die ambulante Pflege das Nachsehen. Das haben unsere Mitarbeiter aus Serbien bei ihren Einsätzen in den Krankenhäusern schnell begriffen und für sich entsprechende Schlüsse gezogen.

Warum haben Sie die neuen Mitarbeiter nach der Ausbildung nicht arbeitsvertraglich länger als 15 Monate an die APD gebunden?Das widerspricht der Philosophie unseres Unternehmens. Was nutzt ein Mitarbeiter, der keine Lust hat, für uns zu arbeiten, und nur aus einer finanziellen Verpflichtung seine Zeit absitzt?

Er wird krank, kann seine Bestleistung nicht abrufen. Reisende soll man nicht aufhalten.

Haben Sie den Personalnotstand unterschätzt?Nein. Ich habe geglaubt, dass wir es durch unsere enormen Aus-bildungs-, Qualifizierungs- und Akquiseanstrengungen schaffen würden, den Tsunami abzumildern. Auch wenn er bei der APD nicht ganz so hart aufschlägt wie andernorts, sind die Auswir-kungen trotzdem beträchtlich. Meine gesamte Energie und Kre-ativität sind jetzt gefordert. Ich will aber nicht paranoid reagie-ren und den Hafen schließen, sondern besonnen Rettungsboote bauen. Trotzdem wird dieser Notstand Menschenleben kosten, aber das scheint niemanden wirklich dauerhaft zu interessieren.

Was wollen Sie jetzt tun?Mittelfristig werden wir mit einer tarifvertraglichen Verpflich-tung keine Mitarbeiter mehr an uns binden können. Wir setzen schon jetzt unsere wirtschaftliche Kraft gezielt ein und bezahlen Fach- oder Führungskräften, die über besonders wichtige Qua-lifikationen verfügen, aktuell über Tarif. Wir sind gleichzeitig dabei, unser Lohn- und Gehaltsgefüges komplett zu überarbei-ten. Zu dem Märchen, dass Vergütung auf der Wunschliste von Mitarbeitern erst an sechster Stelle steht, sage ich: Vergiss‘ es! In einer jungen Familie zählt doch, was am Monatsende netto auf dem Konto landet. Dabei geht es an dieser Stelle nicht um Gier oder übermäßige Ansprüche. Dass sich Pflegekräfte ihres Wertes bewusst werden, ist doch ein Zeichen von Emanzipation, die ich seit vielen Jahren immer wieder eingefordert habe. Hier wächst gerade Selbstbewusstsein. Wir erleben Ähnliches bei Erzieherin-nen und Sozialarbeitern. Und das ist gut so.

Wie sehen Ihre Strategien für Personalgewinnung aus?Unsere wichtigste Aufgabe ist es, über unsere Auszubildenden examinierte Fachkräfte zu gewinnen, zu entwickeln und langfris-tig an unser Unternehmen zu binden. Da sind wir mit einer ei-genen Ausbildungsabteilung und mehr als 50 Azubis auf einem sehr guten Weg. Wir haben uns aber auch gefragt: Wie können wir Mitarbeiter finden und qualifizieren, ohne in einen Konkur-renzkampf zu geraten, in dem wir von vornherein der Unterlege-ne sind? Dabei sind wir auf die Möglichkeit gestoßen, neben dem hohen Level der dreijährigen qualifizierten Ausbildung ein „low level“ zu entwickeln.

An welche Zielgruppe denken Sie?Damit meinen wir geeignete Kräfte mit einer zweijährigen Praxiserfahrung in einem Pflegedienst oder in der Pflege plus einer entsprechenden Basisqualifizierung. Eine solche Perso-nengruppe darf nicht im Krankenhaus arbeiten. Wir als Pfle-gedienst aber dürfen sie vertraglich mit den Krankenkassen beschäftigen.

PERSONALAKQUISE

NACHGEFRAGT

„Für eine junge Familie zählt nur, was am Monatsende auf dem Konto landet“

WAS WAREN DIE GRÜNDE FÜR DAS ENDE DER PERSONALAKQUISE IN SERBIEN? WELCHE NEUEN MITARBEITERGRUP-PEN STEHEN JETZT IM FOKUS? EIN INTERVIEW MIT APD-CHEF CLAUDIUS HASENAU.

> Claudius Hasenau

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

PERSONALAKQUISE

>>

Ich habe kein Problem mit der Nachfrage und mit der Finanzierung. Das Hochrisikogeschäft heute ist der Produktionsfaktor Arbeit. Ich kriege das Personal nicht, um weiter zu wachsen.“

> Claudius Hasenau

Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH sollten sie ab sofort in der Pflege tätig sein. Ihren „Berufsführerschein“ überreichte den frisch-gebackenen Pflegefachkräften kein anderer als Karl Tymister, Leiter der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, gemeinsam mit Siegfried Plattner und Julia Küppers vom Referat Gesundheit der Stadt in der hochmodernen APD-Zentrale am Margarethe-Zingler-Platz.

Bis zum Sommer 2017 sollen alle 24 Bewerber aus Serbien die Lehrgänge absolviert haben, hofften Claudius Hasenau und Pflegedienstleiter Björn Schulte, der als Projektkoordinator bereits weitere Bewerberrunden auf den Weg gebracht hatte.

PROJEKT WAR ERFOLGREICH, NUR NICHT FÜR DIE APDInsgesamt kamen 45 Pflegekräfte aus Serbien auf diese Weise zur APD, doch nur zehn sind wirklich geblieben. Claudius Hasenau: „Das Serbi-en-Projekt hat – wenn wir es nüchtern betrachten – Erfolg gehabt. Wir haben 45 gut ausgebildete, hochmotivierte und flexible Mitarbeiter im Ausland gewinnen können. Nur zwei von ihnen mussten wir kündigen, weil sie nicht geeignet waren. Alle anderen haben wir mit unseren Part-nern erfolgreich für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert und eine dauerhafte Arbeitsfähigkeit hergestellt. Trotzdem konnten wir sie nach der Qualifikation nicht an uns binden.

Der Grund dafür ist die Lohnungerechtigkeit zwischen ambulanten Diensten und stationären Einrichtungen. Das ist der eigentliche Skandal. Wir brauchen eine andere Lohnstruktur, damit das Wildern im Personal der ambulanten Dienste endlich aufhört!“

PPSG GIBT ANLASS ZUR HOFFNUNGHoffnungen, dass sich an der Vergütung auf lange Sicht etwas ändert, weckt bei Hasenau das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, das zum 1. Januar 2019 in Kraft treten wird. Darin steht, dass ambulante Diens-te, die ihre Mitarbeitenden nach Tarif bezahlen, im Geltungsbereich des SGB V von den Krankenkassen nicht länger als „unwirtschaftlich“ beur-teilt werden dürfen.

SUSANNE SCHÜBEL

> Die Redakteurin leitet seit 1997 das JournalistenBüro

Herne (jb-herne.de). Zudem ist sie Sprecherin für den

Bundesverband wig Wohnen in Gemeinschaft.

> [email protected]

„Diese von uns seit Langem vorgetragene Forderung wurde endlich in den Gesetzestext aufgenommen“, sagt der Gelsenkirchener Unternehmer, der als Vorstand des Bundesverbandes wig Wohnen in Gemeinschaft die Interessen der Begleiter von Pflegewohngemeinschaften vertritt.

OHNE PERSONAL KEIN WACHSTUM MÖGLICHIn seinem eigenen Unternehmen hat Claudius Hasenau derzeit sämt-liche Zukunftsprojekte auf den Prüfstand gestellt. Pläne für weitere Wohngemeinschaftshäuser für Menschen mit Demenz im Sauerland und im Ruhrgebiet liegen bis auf Weiteres auf Eis. Claudius Hasenau: „Ich habe kein Problem mit der Nachfrage und mit der Finanzierung. Das Hochrisikogeschäft heute ist der Produktionsfaktor Arbeit. Ich kriege das Personal nicht, um weiter zu wachsen.“

In der Krise erkennt Hasenau allerdings auch eine Chance. „Wir leben in spannenden Zeiten. Ich sehe Möglichkeiten, Andersqualifizierte für die Pflege zu gewinnen und neue Wege der Ausbildung zu entwickeln, zum Beispiel im Bereich E-Learning. Die alles umfassende Patentlösung wird es nicht geben, dafür aber viele kleine Rettungsboote.“

apd.de

19%

14%

62%

5%

Wohnortwechsel durch Arbeitsaufnahme Ehepartner

Wechsel in andere Berufsparte

Wechsel in die Einrichtungen der Krankenpflege

Kündigung durch Arbeitgeber

> Eine Mehrheit der Fachkräfte wechselte nach drei Jahren in die Krankenpflege.

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STIN

FACHKRÄFTEBINDUNG AUS SERBIEN NACH DREI JAHREN – GRÜNDE FÜRS „AUSSCHEIDEN“

4646 SERVICE

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

H ilfe! – hilfe!“ Niemand möchte in die Situation geraten, um Hilfe rufen zu müssen. Und ebenso wenig wünscht man sich die Not für seine Mitmenschen. Sollte aber der Fall eintreten,

dann möchte man sichergehen, dass der Ruf gehört wird – unter allen Umständen. Mit dem Caru Smart Sensor, der auch wie ein Hausnotruf-system eingesetzt werden kann, werden mit lautbasierter Sprach- und Ereigniserkennung kritische Situationen erkannt und automatisch eine Telefonverbindung aufgebaut oder ein Notruf auslöst. Audioexperten und Entwickler von Spracherkennern des Fraunhofer-Instituts für Digita-le Medientechnologie IDMT in Oldenburg haben daran mitgewirkt.

„Mit Caru habe wir eine sehr zuverlässige Sprach- und Hilferuferkennung entwickelt, die auch bei lauter Umgebung, zum Beispiel neben einem lauten Fernseher, funktioniert. Zuverlässig heißt für uns auch, dass möglichst keine Fehlerkennung stattfindet, die etwa Angehörige oder Pflegepersonal unnötig alarmieren würde“, stellt Dr.-Ing. Stefan Goetze, Gruppenleiter Automatische Spracherkennung am Fraunhofer IDMT in Oldenburg heraus. Der Caru Smart Sensor wird in der Wohnumgebung aufgestellt und kann durch Sprachbefehle einen Notruf auslösen sowie eine Telefonverbindung zu einer Vertrauensperson herstellen. Er misst kontinuierlich verschiedene Raumparameter, lernt das Nutzerverhalten

Notruf mit SpracherkennungDAS FRAUNHOFER IDMT IN OLDENBURG HAT FÜR DIE SCHWEIZER CARU AG DIE AUDIOTECHNOLOGIE UND DIE SPRACHERKENNUNG FÜR DAS INTELLIGENTE HAUSNOTRUFSYSTEM CARU SMART SENSOR ENTWICKELT.

und erkennt Abweichungen. Je nach Anwendung ist das Gerät ein auf-merksamer Mitbewohner, ein Sicherheitssystem oder trägt zur Prozess-optimierung von Dienstleistungen bei. Die Sicherheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität aller Beteiligten sollen so gesteigert werden. Um die Akzeptanz des neuen Notrufsystems sicherzustellen, wurden profes-sionelle Pflegekräfte, Patienten und Angehörige in den Entwicklungspro-zess eingebunden.

Mit der Entwicklung und Integration einer hochsensitiven Mikrofon-technologie hat das Fraunhofer IDMT zusätzlich die Voraussetzungen für eine sehr robuste Sprachsteuerung und gute Telefonqualität im Frei-sprechbetrieb geschaffen. Hinzu kommen die gute Klangqualität und Sprachverständlichkeit, für die ebenfalls die Ingenieure aus Oldenburg verantwortlich sind.

Ziel des Institutsteils Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA des Fraunhofer IDMT ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse über die Hör-wahrnehmung in technologischen Anwendungen umzusetzen. Schwer-punkte der angewandten Forschung sind die Verbesserung von Klang und Sprachverständlichkeit, die personalisierte Audiowiedergabe und die akustische Sprach- und Ereigniserkennung. „Basis unserer Arbeit sind Computermodelle, die die menschliche Hörwahrnehmung simulie-ren. Anhand von Algorithmen, die Sprache und Geräusche beschreiben, entwickeln wir Verfahren des Maschinen-Lernens, um Computern das Erkennen von akustischen Ereignissen beizubringen. Unsere Erkenner-systeme werden mit vielen Stunden Audiomaterial trainiert. Das Audio-signal wird dafür in sogenannte akustische Merkmale umgewandelt, die der Computer dann als Muster wiedererkennt“, erkärt Goetze.

Mehr unter idmt.fraunhofer.de

Zuverlässig heißt für uns auch, dass möglichst keine Fehlerkennung stattfindet, die etwa Angehörige oder Pflegepersonal unnötig

alarmieren würde.“

> Stefan Goetze

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RU

AG

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

47SERVICE

Eigenständiges Wohnen bei Demenz

Brandsichere Küche

Speziell für Personen mit (beginnender) Demenz hat Indexa, Fachliefe-rant für elektronische Sicherheitstechnik, ein Gerät für elektrische Herde entwickelt, das diese überwache und vor Bränden schützen soll. Laut Anbieter erkennen Sensoren der Herdwächter hohe Temperaturen und Temperaturverände-rungen und lösen lauten Alarm aus. Falls der Voralarm nicht zurückgesetzt werde, ertöne ein Hauptalarm und eine Steuereinheit schalte das Kochfeld ab, so der Hersteller. Nach Angaben des Unternehmens sei das System, das die europäi-sche Norm EN 50615:2015 erfülle, individuell auf die Kochgewohnheiten anpassbar. Ziel sei es laut Hersteller für Sicherheit zu sorgen und eigenstän-diges Wohnen zu ermöglichen.

www.indexa.de

Eigenständiges Wohnen bei Demenz

Brandsichere Küche

Speziell für Personen mit

Gerät für elektrische Herde entwickelt, das diese

Kommunikation

Gute Nachricht auf Knopfdruck

Button me hat einen Taster entwickelt, um älte-ren Personen eine einfache Kommunikationshilfe zu stellen. Laut Hersteller könne per Knopfdruck eine positive Nachricht an eine oder mehrere Adressaten geschickt werden. Entweder sei der Taster per hauseigenem WLAN oder über einen mit einer SIM-Karte ausgestatteten dazugehöri-gen Router mit dem Internet verbunden, so der Anbieter. Über eine App, in der die Nachrichten empfangen werden, werde Herstellerangaben zufolge, der enthaltene Text eingerichtet. Die Idee sei als Gegensatz zum negativ konnotierten Hausnotruf entstanden, so das Unternehmen.

www.button-me.de

P� egebetten

Vielfältiges Sortiment

Bettenhersteller Bock entwickelt auf die häusli-che P� ege ausgerichtete P� egebetten. Der Her-steller verspricht hohe Funktionalität sowie hohe Sicherheit garantierende Seitensicherungen. Das Sortiment umfasse Standard-P� egebetten, Push-and-ready-Systeme, welche die Montur durch vorgefertigte Baugruppen erleichtern sollen, so-wie Bett-im-Bett-Systeme. Laut Anbieter seien die ergonomischen Liege� ächen – teilweise elektrisch

– verstellbar, um verschiedene Liege- und Sitzposi-tionen zu ermöglichen. Der Kunde könne zwischen Extras wie Lampen etc. wählen, so der Hersteller.

www.bock.net

MANAGEMENT-KNOW-HOW AUS ERSTER HAND

FERNLEHRGANGT +49 511 9910-175 | [email protected] | www.tagespflege-fernlehrgang.de

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

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OB KLASSISCHES BUCH, CD ODER INTERNETANGEBOTE – AUF DIESER SEITE STELLEN WIR IHNEN REGELMÄSSIG AKTUELLE MEDIEN VOR, DIE SIE BEI IHRER TÄGLICHEN ARBEIT UNTER-STÜTZEN. DER THEMATISCHE BOGEN IST WEIT GESPANNT: VON PFLEGEPRAKTISCHEN MEDIEN ÜBER RECHTLICHE HINWEISE BIS HIN ZU BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHEM KNOW-HOW.

Personal

Wege zur erfolgreichen Gestaltung von VeränderungsprozessenAnhand von Praxisbeispielen aus sozialer Betreuung und P� ege bietet das Buch Inhabern und Personal-verantwortlichen kleiner und mittlerer Unternehmen aller Branchen wertvolle Denkanstöße und sofort umsetzbare Möglichkeiten, wie sich Instrumente und Konzepte zur Mitarbeiterführung maßgeschneidert und kostengünstig entwickeln und nachhaltig um-

setzen lassen, um Mitarbeiter dauerhaft und wirksam zu unterstützen, sowie systematisch zu fördern. Es wird aufgezeigt, wie durch interne und externe Begleitung Führungskräfte unterstützt werden können, erfolgreich, systematisch und � exibel die implementierten Mittel an-zuwenden und Teamressourcen gewinnbringend zu nutzen und auszubauen.

Dieter Brendt/Jürgen Amberg: Mitarbeiterfüh-

rung erfolgreich und praxisorientiert. Changema-

nagement – Führungsinstrumente – Betriebliche

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Aktuell im Häusliche P� ege Blog

Peter Wawrik: § 37 SGB XI muss geändert werden!P� egebedürftige, die P� egegeld erhalten, müssen gemäß § 37 Absatz 3 Sozialgesetzbuch XI bei P� e-gegrad 2 und 3 halbjährlich einmal, bei P� egegrad 4 und 5 vierteljährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch eine zugelassene P� egeeinrichtung […] abrufen. Im Gesetz ist als Ziel der Beratung die Sicherung der Qualität der häuslichen P� ege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen p� egefachlichen Unterstüt-zung der häuslich P� egenden beschrieben. Derzeit erhalten P� egedienste für die halbjährlichen Beratungseinsätze bis zu 23 Euro, für die vierteljähr-lichen Beratungseinsätze bis zu 33 Euro.

Lesen Sie mehr und bloggen Sie mit auf: vinc.li/Paragraph-37-SGB-XI

Demenz

Bildhafte Texte und sprechende BilderWie eine Schneekugel, die langsam den Berg herunterrollt – so beschreibt der Autor des Buches das Fortschreiten einer Demenz. An-schaulich wird in der ersten Hälfte des Buches die Krankheit erklärt und auch, wie wir als Gesellschaft die „Schneekugel“ Demenz zwar nicht stoppen, aber wichtige Winterdienste entwickeln können. Mit bunten Gra� ken und bildhafter Sprache wird das Thema verständlich gemacht. Der zweite Teil des Buches steht Kopf. Drehen die Leser das Buch, so � nden sie goldene Designregeln zur Ge-staltung des Lebensraumes von Menschen mit Demenz. Anhand von

Praxisbeispielen wird aufgezeigt, wie P� egeeinrichtungen mit Orientierungssystemen arbeiten können. Be-

wohner werden mit einbezogen in die Gestal-tung der Räume – praktische und liebevolle Anregungen, die sofort umgesetzt werden können runden das Werk ab. Das Buch lädt dazu ein, sich durch die Gelassenheit älterer Menschen inspirieren zu lassen.

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– immer mit Sinn und manchmal auch mit Hintersinn. Kein Wochentag ist wie der andere. So haben Montag bis Sonntag und auch Feiertage eine ei-gene Farbe und ein eigenes Symbol. Zusätzlich sind jeweilige Mondphase, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang verzeichnet. Der Orientierungs-kalender ist als Block zum Hinstellen oder als Wandkalender mit Aufhängung erhältlich.

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FOTO: FOTOLIA/MAKSYM YEMELYANOV

SERVICE 49

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

IMPRESSUM

Häusliche PflegePflegedienste besser managen www.haeusliche-pflege.net, www.vincentz.deT +49 511 9910-115; F +49 511 9910-196

ChefredaktionLukas Sander (ls), T +49 511 9910-121, F +49 511 9910-196, [email protected] Thielemann (thi), T +49 511 9910-1 33, [email protected] Loncaric (lon), T +49 511 9910-117, [email protected] Walter (tw), T +49 511 9910-118, [email protected]

Verlagsleitung Miriam von Bardeleben (mvb) T +49 511 9910-101, [email protected]

MedienproduktionMaik Dopheide (Leitung), Birgit Seesing (Artdirection), Eugenia Bool, Nathalie Nuhn (Layout); [email protected]

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Einholung des Abdruckrechtes für dem Verlag eingesandte Fotos obliegt dem Einsender. Überarbeitungen und Kürzungen eingesandter Beiträge liegen im Ermessen der Redaktion. Beiträge, die mit vollem Namen oder auch mit Kurzzeichen des Autors gezeichnet sind, stellen die Meinung des Autors, nicht unbedingt auch die der Redaktion dar. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in dieser Zeitschrift berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

AnzeigenLeitung: Ralf Tilleke, T +49 511 9910-150, [email protected] Beratung Anzeigen: Vera Rupnow, T +49 511 9910-154, [email protected] Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 28

VertriebLeitung: Kathrin Kopanka, [email protected] +49 511 9910-0 20, F +49 511 9910-029Die Preise gelten inklusive Versand, inkl. MwSt. und schließen die Preise des regulären Abonnements des Printtitels mit ein. Abo Preis Inland: 169,00 €, Abo Preis Ausland: 179,00 €, Print und Digital: 205,00 €, Digital: 153,00 €. Digitale Mehrfachlizenzen auf Anfrage erhältlich. Studenten erhalten gegen Vorlage eines Studiennachweises 20 Prozent Nachlass auf das Abobrutto. Preisstand: 1. 1. 2019. Die Abonnementsge-bühren sind jährlich im Voraus bei Rechnungsstellung ohne Abzug zahlbar; kürzere Rechnungszeiträume bedingen einen Bearbeitungszuschlag von 2,56 € pro Rechnungslegung. Bei höherer Gewalt keine Lieferungspflicht. Gerichtsstand und Erfüllungsort: Hannover.

VerlagVincentz Network, Plathnerstraße 4C, 30175 Hannover, T +49 511 9910-0 00, F +49 511 9910-196Deutsche Bank Hannover IBAN: DE35250700700072336103BIC: DEUTDE2HXXXUSt-Id.-Nr. DE 115699823

DruckBWH GmbH; auf chlorfrei gebleichtem Papier.© Vincentz Network GmbH & Co. KG1/2019, ISSN 0935-8234, 10487 10487

KONGRESSE – TAGUNGEN – SEMINARE

TAGUNGEN & KONGRESSE

> Fachtag Qualitätsmanagement im Gesundheitssektor 11.01.2019 / MünsterFachhochschule Münster, Fachbereich Gesundheit, [email protected], www.fhms.eu/fachtag-qm

> DBfK Pflege Update 2019 – Fachlichkeit im Fokus 15.01.2019 in Berlin / 05.02.2019 in Düsseldorf / 20.02.2019 in Hannover / 26.02.2019 in NeumünsterDBfK Bundesverband, Berlin, Tagungssekretariat, T +49 30 2191570, [email protected], https://vinc.li/PflegeUpdate_DBfK

> Pflegetag Hamburg 2019 05.02.2019 / HamburgDBfK Nordwest, Geschäftsstelle Hannover, T +49 511 696844-0, [email protected], www.dbfk.de

> AltenpflegeKongress – mit Fokus ambulant 13.–14.02.2019 in Köln / 26.–27.02.2019 in Hannover Vincentz Network, Hannover, Andreas Weber, T +49 511 9910-175, [email protected], www.ap-kongress.de

> Gesundheitskongress des Westens 2019 26.–27.03.2019 / KölnKongressbüro: Gesundheitskongress des Westens, c/o welcome Veranstaltungs GmbH, Frechen, T +49 2234 95322-51, [email protected], www.gesundheitskongress-des-westens.de

> Interprofessioneller Gesundheitskongress 05.–06.04.2019 / DresdenSpringer Medizin Verlag, Kongressorganisation, Berlin, Andrea Tauchert, T +49 30 82787-5513, [email protected], www.gesundheitskongresse.de/dresden/2019/

> Häusliche Pflege PDL Kongress 2019 17.-18.09.2019 / KölnVincentz Network, Hannover, Raphael Lupp, T +49 511 9910-175, [email protected], www.vincentz-akademie.de

SEMINARE

> eLearning-Kurse der Vincentz Akademie individueller Start / ortunabhängigVincentz Network, Hannover, Christoph Mischke, T +49 511 9910-105, [email protected], https://elearning.vincentz-akademie.de

> Qualitätsforum „Die Einzelverhandlung des ambulanten Punktwertes“ 17.01.2019 / XBarleben (bei Magdeburg)VDAB, Geschäftsstelle Magdeburg, T +49 391 53423-44, [email protected], https://vinc.li/AmbulanterPunktwert

> Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ 08.02.2019 / EssenCaritasverband für das Bistum Essen, T +49 201 81028-151, [email protected], http://vinc.li/BeziehungDemenz

> Häusliche Pflege Fernlehrgang „BWL für die PDL“ Start 20.02.2019 / deutschlandweitVincentz Network, Hannover, Stefanie Mura, T +49 511 9910-175, [email protected], www.hp-fernlehrgang.de

> Verbund-Master-Studiengang „Angewandte Gerontologie ab März 2019 / berufsbegleitend mit PräsenzphasenKatholische Hochschule Freiburg, T +49 761 200-1463, [email protected], www.zukunft-gerontologie.de

> Führen mit Kennzahlen in ambulanten Pflegediensten 05.03.2019 / PaderbornvIN VIA Akademie, Paderborn, Doris Kallemaier, T +49 5251 2908-38, [email protected]://vinc.li/INVIA_Seminar

> Kostenrechnung für ambulante Pflege- und Betreuungsdienste 14.03.2019 / BerlinBFS Service GmbH, Köln, Tonja Lochthofen, T +49 221 97356-160, [email protected], www.bfs-service.de/Seminare/

Wie sieht eine alltags- und praxis- taugliche Dokumentation aus?

Antworten auf diese Frage gibt das Experten- und Autorenduo Hindrichs und Rommel. Beglei-ten Sie ambulant und stationär gepflegte Senioren durch den Pflegeprozess und die Doku-mentation des Themenmoduls Mobilität.

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NEU: DER PDL KONGRESS 2019

Gestalten, verändern, vorantrei-ben: Wir freuen uns sehr, Ihnen an dieser Stelle ein neues Veranstal-tungsformat präsentieren zu dür-fen – ein Format maßgeschneidert für die ambulante Altenpflege: den PDL Kongress 2019. Das Jahres-Event für alle Leitungskräfte, Geschäfts-führer und Inhaber in ambulanten Pflegediensten und Sozialstationen lädt zwei Tage zu einem Kongress mit geballtem Fachwissen nach Köln ins Leonardo Royal Hotel „Am Stadt-wald“. 20 Stunden Fachvorträge und Workshops warten auf Sie. Top-Ex-perten wie Andreas Heiber, Thomas Sießegger, Prof. Ronald Richter, Peter Wawrik, Karla Kämmer, Peter Sausen und Gerhard Schröder bringen Sie zu den Themen Management, Praxis, Recht und Personal auf den neusten Stand.

Häusliche Pflege PDL Kongress

17./18. September 2019, Köln

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PDLpraxis ist eine Beilage Ihrer Fachzeitschrift Häusliche Pflege.

Vergütung: Am Betriebsergebnis orientierte Prämien für die PDL? ��������������������������������������������������������������3

Kennzahlen: Klare Definitionen sind Voraussetzung für Vergleichbarkeit ������������������������������������������������� 5

Betriebsklima 4�0: Gerade in digitalen Zeiten zählen Herzlichkeit und guter Service �������������������������7

HÄUSLICHE PFLEGE | 01�2019

1.2019 | www.haeusliche-pflege.net

> Neuer Anspruch: Bewohner von Behinderteneinrichtungen haben Anspruch auf HKP-Leistungen.

RECHTSRAT

Die häusliche Krankenpflege in vollstationären Einrichtungen

Mit dem Pflegestärkungsgesetz III wurde § 37 Abs� 2 SGB V um einen Satz 8 ergänzt� Da-nach erhalten Versicherte in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Men-schen im Sinne von § 43a SGB XI Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Ab-satz 2 Satz 1 SGB V, wenn der Bedarf an Be-handlungspflege ärztlich verordnet wird und eine ständige Überwachung und Versorgung

durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfor-dert� Diese Neuregelung hat der Gemeinsa-me Bundesausschuss in der HKP-Richtlinie konkretisiert� Die Änderung trat am 1� De-zember 2018 in Kraft� Die bisher geltende Fassung des § 1 Abs� 2 HKP-Richtlinie regelt, an welchen Orten außerhalb von Haushalt oder Familie des Versicherten häusliche Krankenpflege erbracht werden kann� >>

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2 PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

KÖNNEN VERORDNETE MASSNAHMEN ZUVERLÄSSIG DURCHGE-FÜHRT WERDEN? Der Anspruch wird an einen regelmäßig wiederkehrenden Aufenthalt des Versicherten an den entsprechenden Ort geknüpft sowie daran, ob die verordneten Maßnahmen dort zuverlässig und unter geeigne-ten räumlichen Bedingungen durchgeführt werden können. In § 1 Abs. 6 HKP-Richtlinie ist die Verordnungsmöglichkeit von Behandlungs-pflege in Werkstätten für behinderte Menschen und Pflegeheimen nach § 43 SGB XI geregelt.

VORAUSSETZUNG: DIE NOTWENDIGKEIT DER STÄNDIGEN VERSORGUNGVoraussetzung für einen Anspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 8 SGB V ist ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, der eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft rund um die Uhr erfordert. Ausweislich der Gesetzes-begründung zu § 37 Abs. 2 Satz 8 SGB V (BT-Drucks. 18/10510) sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2015, B 3 KR 16/14 R) müssen Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI die erforderlichen sogenannten „einfachsten“ Maßnahmen der medizini-schen Behandlungspflege regelmäßig mit eigenem Personal erbrin-gen. Sofern zum Zeitpunkt der Verordnung keine expliziten Hinweise vorliegen, dass die Einrichtung die Maßnahmen nicht mit eigenem Personal erbringen kann, kann der verordnende Arzt davon ausgehen, dass die Einrichtung die einfachsten Maßnahmen der Behandlungs-pflege erbringt.

EINFACHSTE MASSNAHMEN MÜSSEN OHNE MEDIZINISCHEVORKENNTNISSE ERBRACHT WERDEN KÖNNENZu den sog. „einfachsten Maßnahmen“ der medizinischen Behand-lungspflege gehören nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Leistungen, die für Versicherte im eigenen Haushalt grundsätzlich von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden könnten. Einfachste Maßnahmen sind somit solche, die ohne medizinische Vor-kenntnisse und Fertigkeiten von Laien erbracht werden können und nicht mit nennenswerten Infektions- oder Verletzungsgefahren ver-bunden sind. Diese fallen damit regelmäßig in den Aufgabenbereich

stationärer Einrichtungen der Behindertenhilfe. Insoweit besteht kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege.

GRENZEN DER GESCHULDETEN LEISTUNGEN GENAU BETRACHTENDanach verläuft die Grenze der von einer Einrichtung geschuldeten Leistungen genau dort, wo diese vom Personal der Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht werden können und müssen. Dazu ge-hört beispielhaft die regelmäßige Gabe von Tabletten nach ärztlicher Anweisung, das Messen des Blutdrucks oder des Blutzuckergehalts, das An- und Ablegen einfach zu handhabender Stützverbände, das Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um schwierige Wundver-sorgung handelt), die Verabreichung von Bädern u.Ä. (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2015, B 3 KR 16/14 R; BSG, Urt. v. 25.02.2015, B 3 KR 11/14).

WICHTIGE ASPEKTE: ZIELGRUPPE, VERTRÄGE, LEISTUNGSBESCHREIBUNG UND AUFGABENSPEKTRUMDarüber hinaus müssen die Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI auch weitergehende Maßnahmen der medizinischen Behandlungs-pflege mit eigenem Personal erbringen, sofern sich dies aus ihren Ver-trägen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und per-sonellen Ausstattung ergibt (vgl. BSG, Urt. v. 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R; BSG, Urt. v. 22.04.2015, B 3 KR 16/14 R). Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI sind jedoch nicht zur Erbringung von behandlungs-pflegerischen Maßnahmen verpflichtet, wenn insoweit ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege vorliegt, der die ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pfle-gefachkraft im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 8 SGB V erfordert.

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Voraussetzung für einen Anspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 8 SGB V ist ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, der

eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte

Pflegefachkraft rund um die Uhr erfordert.“

PRAXIS-TIPP

• Keinesfalls gehören das Setzen von Spritzen, auch die Insulin-gabe, oder die Versorgung eines suprapubischen Katheters zur

„einfachsten“ Behandlungspflege.

• Auch stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind Orte zur Erbringung der häuslichen Krankenpflege durch am-bulante Pflegedienste.

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3PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

BETRIEBSWIRTSCHAFT

Prämien für die PDL? Vorschläge für eine ergebnisorientierte Bezahlung

Eine Pflegedienstleitung sollte grundsätzlich eine angemessene Be-zahlung bekommen. Da die Leitung aber maßgeblich das Ergebnis beeinflussen kann, sollte sie auch an diesem Erfolg beteiligt sein. Zu-lagen und Prämien können sinnvoll sein, wenn bestimmte Vorausset-zungen erfüllt und bestimmte gemeinsam vereinbarte Ziele erreicht werden.

VORSCHLÄGE FÜR EINE LEISTUNGS-, VERANTWORTUNGS- UND ERGEBNISORIENTIERTE BEZAHLUNG DER PDL:Was ist es wert, wenn Sie nicht auf die Uhr schauen, und unabhän-gig von Ihrem Arbeitsvertrag monatlich Überstunden erbringen, ohne diese jemals als Freizeitausgleich geltend machen zu können? Am Ende des Tages ist die Leitung voll für das Betriebsergebnis verant-wortlich, und zur Steuerung und zur Einflussnahme auf das Ergebnis muss die PDL Zeit haben. Denn 60 – 70 Prozent der Kosten sind Per-sonalkosten. Diese gilt es zu steuern, Mitarbeiter sind zu führen. Und das ist eine anspruchsvolle Tätigkeit.

• Wie hoch ist Ihr Risiko, diesen Anforderungen nicht gerecht zu werden?

• Wie gefährdet ist Ihr Arbeitsplatz bei negativen Ergebnissen?• Unter welchem Druck stehen Sie?

Leitungskräfte in ambulanten Pflegediensten bekommen meist zu we-nig Geld für all die Verantwortung, die Eigenschaften und das Know-how, das sie mitbringen müssen: betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Verständnis des einschlägigen Sozialrechts, EDV-Affinität, Bereitschaft zum ständigen Lernen, Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung, Loya-lität zum Anstellungsträger, Mitarbeiter-Führung, Finanzverantwor-tung, immer auf dem neuesten Stand der Sozialgesetzgebung sein und viele Dinge mehr. Das alles ist richtig und notwendig für eine erfolgreiche PDL. Der Erfolg oder die Erfüllung dieser genannten Auf-gaben kann nicht daran gemessen werden, ob eine PDL ihre verein-barte Arbeitszeit einhält oder ständig überschreitet, weil sie Über-und Mehrstunden leistet. Andererseits ist Freizeitausgleich der Aufgabe einer PDL nicht angemessen.

ES MUSS EINE GERECHTE LÖSUNG GEFUNDEN WERDENDie Lösung könnte so aussehen: Die PDL bekommt ein angemessenes Grundgehalt, mit dem all die oben genannten Merkmale (und even-tuell auch Über- und Mehrstunden bis zu einer bestimmten Höhe) abgegolten werden. Das Grundgehalt sollte deutlich höher sein, als das der Pflegefachkräfte. Das haben wir in PDL-Praxis 12-2018 bereits erläutert. Doch es geht um mehr. Die Aufgabe der Leitung ist mit einer angemessenen Zusatzvergütung abgegolten. Lassen Sie sich als PDL Ihre Überstunden pauschal mit einer Zulage von 200 bis zu 500 Euro (brutto) pro Monat vergüten, die der Stellvertretung mit einer Zulage von bis zu 100 bis 200 Euro (brutto) pro Monat. Offiziell ist dies eine Zulage, mit der alle Überstunden abgegolten sind. Es kann also nicht sein, dass bei Ihrem Ausscheiden aus dem Pflegedienst auf einmal hohe Auszahlungen, Rückstellungen oder Freizeitausgleich für den

Arbeitgeber fällig werden. Vereinbarung: Mit dem Eingehen dieser beiderseitigen Absprache sind alle eventuell anfallenden Überstun-den abgegolten und später nicht mehr verrechenbar. Diese „Prämie“ beinhaltet nicht die Aufforderung, dass die Leitungskraft unbedingt immer länger arbeiten muss als arbeitsvertraglich vorgesehen. Die Prämie belohnt lediglich, dass in der Position der Leitung das Ergeb-nis Ihres Handelns zählen sollte, nicht die abgeleistete Stundenzahl.

ES IST WICHTIG, QUALITATIVE ZIELE ZU VEREINBARENWeiterhin können natürlich „Prämien“ für die Erfüllung und Umset-zung von Zielen (auch in Form von Kennzahlen) ausgesetzt werden, wenn z.B. bestimmte betriebswirtschaftliche Ergebnisse erreicht wer-den. Dafür kommen quantitative und qualitative Kriterien infrage. Bei einer einseitigen wirtschaftlichen oder monetären Betrachtung be-steht die Gefahr, dass die Qualität der Leistungen sinkt. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollten neben dem positiven Betriebsergebnis auch qualitative Ziele vereinbart werden. Es ist denkbar, dass diese den quantitativen Zielen entgegenstehen – das ist sogar gewünscht, damit sich nicht eine einseitige Ausrichtung der PDL am Betriebser-gebnis ergibt. Die Ziele sollten ausführlich zwischen der Geschäfts-führung und den Leitungen besprochen werden, bevor sie zur Verab-schiedung kommen.

PRAXIS-TIPP

Krankheitsquote, Organisationszeiten, Ausschöpfung der Sach-leistungen in den Pflegegraden, Kunden- und Mitarbeiterzufrie-denheit, Privatzahlerleistungen, Patientenzahlen – das sind nur einige der quantitativen und qualitativen Kriterien, die für eine leistungs- und ergebnisorientierte Bezahlung herangezogen wer-den können. Wie die Prämien verteilt werden können, wie die Kriterien und Kennzahlen miteinander korrelieren, wie sich das Modell errechnet, können Sie in folgender Tabelle nachvollziehen.

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Laden Sie sich die Tabelle herunter. Sie ist mit Beispielzahlen ge-füllt – für einen Eindruck von der Funktionsweise. Tragen Sie Ihre Zahlen ein, gewichten Sie Ihre Kriterien und legen Sie los!

Rechtliche Anmerkungen und Lizenzvereinbarung

Die Inhalte und Idee der zugrundeliegenden EXCEL-Datei sind urheberecht-

lich geschützt. Sie können die Software für Ihre dienstlichen Zwecke im am-

bulanten Pflegedienst frei nutzen, jedoch nicht vermieten oder verkaufen.

Diese Nutzung ist unentgeltlich. Untersagt ist der Verkauf der Datei oder

die Beratung mit derselben, oder die gewerbliche Nutzung durch andere

Unternehmensberater.

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4 PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

PFLEGEWISSENSCHAFT

So geht‘s: Häusliche Hygiene bei Punktionen und Injektionen

Das Verabreichen von Injektionen in der häuslichen Pflege wirft immer wieder Fragen auf, weil die Häuslichkeit doch eine „andere“ Hygiene hät-te: Muss man das Gummiseptum desinfizieren? Welches Desinfektions-mittel darf man verwenden? Muss der Tupfer steril sein? Das Desinfizie-ren der Haut: mit Tupfer oder Einsprühen? Seit einigen Jahren gibt es eine neue Richtlinie vom Robert Koch-Institut, die die vorhandenen wissen-schaftlichen Daten zusammenfasst und klare Empfehlungen ausspricht.

GUMMISEPTUM DESINFIZIEREN?Ob das Gummiseptum vor der Entnahme desinfiziert werden muss, gibt der Hersteller der Trägerlösung vor. Wenn der Hersteller die Steri-lität des Gummiseptums garantiert, muss keine Desinfektion stattfin-

den. In allen anderen Fällen wird mit einem Hautdesinfektionsmittel gearbeitet, dies ist ausdrücklich vom Robert Koch-Institut erlaubt. Dabei kann das Septum entweder mit dem Hautdesinfektionsmittel eingesprüht werden oder man kann einen sterilisierten und vor Kon-tamination geschützt gelagerten Zellstofftupfer tränken und dann auf das Septum legen. Das Einsprühen ist am häufigsten und wird vom Robert Koch-Institut erlaubt. Nach der Einwirkzeit von 30 Sekunden sollte das Septum mit dem sterilisierten Tupfer abgetrocknet werden, so dass das Septum vor dem Einstich auf alle Fälle trocken ist.

RISIKOGRAD ENTSCHEIDENDAlternativ kann auch ein keimarmer Tupfer mit Desinfektionsmittel getränkt werden und für 30 Sekunden auf das Septum gelegt werden. Ob der Tupfer steril oder keimarm sein darf, sollte die Einrichtung je nach Risikograd der nachfolgenden Injektion festlegen: Bei den übli-chen intracutan, subcutan, intravenös oder intramuskulären Injektio-nen sind keimarmer Tupfer erlaubt, bei Punktionen des Spinalkanals und andere Maßnahmen, bei denen Organe oder Hohlräume punk-tiert werden, müssen sterile Tupfer verwendet werden. Die Einwirk-zeit des Desinfektionsmittels wird vom Hersteller vorgegeben: In Tabellen sind die Zeiten für unterschiedliche Keimarten vorgegeben. Die Einrichtung soll hierzu, je nach Risikogruppe der Patienten und Maßnahmen, die Einwirkzeiten anhand der Tabellen des Herstellers verbindlich in Standards vorgeben.

MÖGLICHE ZIELE FÜR EINE LEISTUNGSORIENTIERTE ODER ERGEBNISORIENTIERTE BEZAHLUNG:• Anzahl der Patienten: Veränderungen, Zugänge, Umsatz pro Patient• Betriebsergebnis: Veränderungen, Verbesserungen• Wie erfolgreich ist die Beratung, bei Erstgesprächen durch die Lei-

tung und durch das Beratungsteam?• Krankheits-Quote der Mitarbeiter• Anteil und Entwicklung der Fahrt- und Wegezeiten und der Orga-

nisationszeiten• Erreichen von Projektzielen innerhalb bestimmter festgelegter

Zeiträume• Veränderung der Fortbildungsquote der Mitarbeiter• Erstellen des Qualitätsmanagement-Systems• Anteil der der vollständig und richtig geführten Pflegedokumen-

tationen

PRAXIS-TIPP

• Führen Sie eine kurze Schulung der Mitarbeitenden mit Protokoll und Unterschrift zur Thematik durch.

• Überprüfen Sie den hauseigenen Standard.

• Bei zahlreichen Herstellern bekommen Sie bereits sehr gute Vorgaben für Schulungen oder hausintern zu entwickelnde Standards. Fragen Sie danach.

Lassen Sie sich als Leitung nicht nach Stunden bezahlen. Lassen Sie sich am Ergebnis beteiligen. Fordern Sie eine ergebnis- oder erfolgsorientierte Vergütung. Sie tragen eine hohe Verantwortung

für das Betriebsergebnis.“

Zu allen diesen möglichen Kriterien folgen es in den kommenden Aus-gaben von PDL-Praxis weitere Ausführungen, die erklären, warum ge-rade diese Kriterien gewählt werden, und wie die Maßnahmen ausse-hen könnten, diese zu beeinflussen. Und noch ein wichtiger Hinweis: Bitte vereinbaren Sie nicht nur ein Ziel, aber auch nicht zu viele. Die Ziele könnten aber miteinander kollidieren. Für die Erreichung eines jeden Ziels gibt es eine vorab vereinbarte Prämie. Denn, vergessen Sie nicht, Sie als PDL entscheiden letzten Endes über den Erfolg des Pflegedienstes.

THOMAS SIESSEGGER

> Organisationsberater und Sachverständiger für ambulante Pflege- und Betreuungsdienste

> www.siessegger.de > E-Mail: [email protected] > der Autor bloggt regelmäßig zu betriebswirtschaft lichen Themen unter www.haeusliche-pflege.net/Infopool/ Haeusliche-Pflege-Blog

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5PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

ORGANISATION

Kennzahlen und ihre als Wegweiser sehr beschränkte Aussagekraft

Kennzahlen dienen in ihrer verdichteten Form als Indikatoren und Wegweiser. Sie sollen helfen, Entscheidungen zu treffen beziehungs-weise Vergleichbarkeiten herstellen. Für die Tourenplanung gibt es zum Teil indirekte Kennzahlen, wie zum Beispiel den Umsatz bezie-hungsweise die Ausnutzung pro Pflegegrad. Die Idee im Hintergrund ist folgende: Es sei ein Zeichen von gutem „Verkauf“, in welchem Maße es gelingt, die Leistungen des Pflegegrades als Sachleistungen zu nutzen.

DIE DEUTUNG DER KENNZAHLEN KANN JE NACHINTERPRETATION GANZ UNTERSCHIEDLICH AUSFALLENAls anschauliches Beispiel seien an dieser Stelle zwei Pflegedienste genannt: Pflegedienst A nutzt die Sachleistungen des Pflegegrades 2 zu 45 Prozent aus, Pflegedienst B zu 90 Prozent. Aber schon hier stellt sich die wichtige Frage, welche Aussagen und Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen? Man könnte argumentieren: Pflegedienst B ist besser im Verkaufen der Leistungen als Pflegedienst A. Aber auch anders herum kann man eine positive Aussage treffen: Pflegedienst A hat noch viel mehr Wachstumspotenzial als Pflegedienst B. Dabei sagt die Kennzahl zur Ausnutzung des Pflegegrades noch gar nichts zu der Frage, wie wirtschaftlich die erbrachte Leistung ist. Auch eine Vermutung, dass eine höhere Sachleistung automatisch zu längeren und damit besseren Einsätzen führt, ist fraglich und lässt sich nicht vollständig aus der Kennzahl ableiten oder bestätigen.

DIE LÄNGE VON EINSÄTZEN UND DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT HÄNGEN NICHT AUTOMATISCH ZUSAMMENDabei ist grundsätzlich richtig, dass längere Einsätze in der Regel wirtschaftlicher sein können als kürzere Einsätze, vorausgesetzt, die Leistungen wurden als Pauschalen vereinbart wie Leistungskomplexe der Pflegeversicherung oder Einzelleistungen der Behandlungspflege. Bei der Zeitabrechnung dagegen hat die Länge des Einsatzes keinerlei Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, hier ist allein der vereinbarte Preis ausschlaggebend. Und bei Vereinbarungen der Behandlungspfle-ge, die auf Leistungsgruppen basieren (mehrere Leistungen zu einem Pauschalpreis), führen naturgemäß mehr Leistungen zu schlechteren Erträgen. Auch kombinierte Einsätze SGB V und XI sind nicht in jedem Fall wirtschaftlicher.

AUF KLARE, UNMISSVERSTÄNDLICHE DEFINITIONEN UND KONSEQUENTE LEISTUNGSERBRINGUNG KOMMT ES ANEs kommt vielmehr auf die Klarheit der Leistungsdefinition und die konsequente Einsatzerbringung an: wird eine Kleine Pflege / Mor-gentoilette / Teilwäsche vereinbart und diese auch nur erbracht, kann sie durchaus wirtschaftlich sein. Problematisch ist es ja im-mer nur, wenn statt der verabredeten Kleinen Pflege tatsächlich eine Große Pflege / Morgentoilette / Teilwäsche erbracht wird. Hier kann eine Kennzahl, Umsatz pro Pflegegrad, aber keinerlei Aussage treffen.

HYGIENESCHULUNG FÜR MITARBEITER SIND WICHTIGDas Robert Koch-Institut betont besonders, dass auch für diese Re-gulierungen der Hygiene die Mitarbeitenden geschult werden sollen und die Schulungen durch Unterschrift der Mitarbeitenden protokol-liert werden müssen. Die Einrichtung sollte zudem hausintern die konkreten Vorgaben wie Einwirkzeit der Desinfektionsmittel, die Fra-ge, welche Art der Tupfer zulässig sind, in hausinternen Standards festlegen.

SIND MEHRFACHENTNAHMEKANÜLEN SINNVOLL?Mehrfachentnahmekanülen dürfen laut Robert Koch-Institut bei zwei Indikationen verwendet werden:

• Wenn Teilmengen aus einem Behältnis entnommen werden, zum Beispiel NaCl.

• Wenn größere Mengen aus Behältnissen von mehr als 50 Millili-ter entnommen werden und eine Belüftung notwendig wird.

Mehrfachkanülen sollten immer nur zweitrangig verwendet wer-den. Besser ist laut Robert Koch-Institut die mehrfache Punktion des Gummiseptums mit anschließender Entfernung der Entnahmekanüle. Wird ein Behältnis mehrfach verwendet, muss dieses mit Anbruch-datum versehen werden. Auch hier hat die Einrichtung in Absprache mit dem Hersteller der Lösung die jeweilige Standzeit festzulegen.

Hygiene-Schulungen derMitarbeiter und das Vorgeben und Einhalten

hausinterner Standards sind sehr wichtig.“

GERHARD SCHRÖDER

> Lehrer für Pflegeberufe, Mitglied der Experten-

gruppe Dekubitus prophylaxe

> www.akademie-fuer-wundversorgung.de

> E-Mail: [email protected]

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6 PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

ALT- UND NEUFÄLLE SIND NICHT MITEINANDER VERGLEICHBAR UND FÜR DAS BILDEN VON KENNZAHLEN UNBRAUCHBARDazu kommen die historischen Verwerfungen: Durch die Überlei-tungsregelungen zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ab 2017 wurden alle „Altfälle“ zum Teil sehr hoch übergeleitet. Damit erhal-ten Pflegebedürftige Leistungen in einer Höhe, die sie im neuen Ein-stufungssystem nie erreichen würden. Ausdruck davon ist, dass der Bezug von Pflegegeld beziehungsweise Kombi-Pflegegeld von 2016 auf 2017 um drei Milliarden Euro (46 Prozent) gestiegen ist. Wenn man hier also eine Kennzahl bilden wollte, sollte man zumindest die Gruppen in Alt- und Neufälle trennen. Sonst ist keine valide Aussage möglich.

AUFSCHLUSSREICH UND EINE NÄHERE BETRACHTUNG WERT: DIE ORGANISATIONSZEITENEine interessante und hilfreiche Kennzahl kann der Anteil der Organi-sationszeiten sein. Das sind Zeiten für die Vor- und Nachbereitung der Touren, eventuell notwendige Übergaben und Protokolle, Dienst- und Fallbesprechungen sowie technische Zeiten wie Tanken und so weiter. Problematisch hier ist der weitere Zeitaufwand, den einzelne Mitar-beiter und Mitarbeitergruppen für andere Tätigkeiten haben: sei es das Verordnungsmanagement, das Organisieren von Medikamenten oder die Absprache von Terminen für die Kunden.

WER IST ZUSTÄNDIG? IN WESSEN VERANTWORTUNGSBEREICH FALLEN ORGANISATIONSZEITEN?Allerdings sind dies Tätigkeiten, die eigentlich in die Verantwortung

der Kunden fallen und eigentlich als Dienstleistungen im Rahmen der Hilfen bei der Haushaltsführung, teilweise auch als Pflegerische Be-treuung oder als Privatleistung oder Kostenerstattungsleistung (wie Medikamenten- und Verordnungsmanagement) abgerechnet werden können. Deshalb gehören solche weiterberechneten oder weiter zu berechnenden Leistungen nicht unmittelbar zu den Organisationszei-ten, die ansonsten nicht direkt refinanziert sind. Das bedeutet aber auch, wer hier nicht sauber abgrenzt und differenziert erfasst, doku-mentiert vielleicht in der Kennzahl einen fälschlicherweise höheren Organisationsanteil, als er in der Realität hat. Gerade bei internen und externen Vergleichen können sich hier schnell falsche Benchmarks und Vergleichswerte entwickeln.

PRAXIS-TIPP

Für eine differenzierte Dokumentation der Organisationszeiten sollten klare und verlässliche Kategorien definiert werden.

• Einfach sind die Zeiten für die Tourvor- und nachbereitung, die pauschaliert auch bei dezentralem Einsatzbeginn anfallen.

• Zeiten rund um das Verordnungs- und Medikamentenma-nagement separat erfassen. Die meisten Telefonate mit der Arztpraxis gehören entweder direkt zur Leistung der Behand-lungspflege oder zum Verordnungsmanagement.

• Pauschale Formulierungen wie zum Beispiel „Bürozeit“ ver-meiden. Dahinter verstecken sich zu oft undefinierte Zeiten im Büro, deren Zuordnung so nicht möglich ist.

• Auch sollte eine gute Tourenplanung stets dafür sorgen, dass die gesamte Arbeitszeit, also auch die Zeit im Büro im Regel-fall geplant ist und nicht spontan dazukommt. Nur so lassen sich auch verlässliche Endzeiten der Touren planen.

Es kommt auf die Klarheit derLeistungsdefinition, die Vergleichbarkeit

und die konsequente Einsatzerbringung an.“

ANDREAS HEIBER

> Inhaber von System & Praxis in Bielefeld

> www.syspra.de

> E-Mail: [email protected]

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7PDL PRAXIS

HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

TEAM & ENTWICKLUNG

Herzlichkeit zählt – gerade in digitalen Zeiten

Herzlichkeit und Zugewandtheit, das ist es, was wir uns als Teammitglieder, Nutzer, Kunden

und Gäste am meisten wünschen – gerade in Zeiten der Digitalisierung.“

Gleichgültig, ob Ihr Team fachlich top ist oder nicht: Die Herzlich-keits- und Service-Verweigerer sind überall. Sie agieren nach innen ins Team und nach außen in der Beziehung zu Ihren Klienten. Ge-rade in Deutschland. Sie treibt die ständige Sorge, ihr Alltag könnte unbequem werden, sie müssten zu viel geben, zu flexibel sein und würden in ihrer Bedeutung nicht anerkannt. Früher war ihr belieb-tester Arbeitsplatz die Deutsche Bahn. Hier sind sie inzwischen zum Glück rar geworden. Dafür scheinen sie sich derzeit virusähnlich im Sozialwesen auszubreiten, vorwiegend bei der jüngeren Generation, die sich ihrer Kostbarkeit mehr und mehr bewusst wird. So kann eine Verführung zu überzogener Selbstgefälligkeit und Egoismus entste-hen, die der Branche nicht guttut.

Die Infizierten handeln nach dem Motto: „Ich? Auch mal für ande-re zurückstehen? Ich? Anderen dienen? Ich? Flexibel sein, um mein Gegenüber, z. B. einen Kunden, glücklich zu machen? Ich? Mich küm-mern um etwas, was mir nicht unmittelbar nutzt? Wie komme ich dazu? Ich bin eine überlastete Fachkraft und habe meine Vorgaben!“

Einem Menschen einen hilfreichen Kontakt vermitteln, einen Tipp ge-ben, wie etwas leichter geht, eine Empfehlung aussprechen, einen Besuch persönlich abstimmen, Verbindlichkeit und Sicherheit herstel-len, aus Mitgefühl menschlich aktiv werden und Fürsorge leben, das ist einfach mehr als auf die Homepage eines entsprechenden Anbie-ters zu verweisen mit dem guten Rat, sich dort selbst weiterzuhelfen.

KEINE APP FÜR HERZLICHKEIT, ACHTSAMKEIT, MENSCHLICHE WÄRMEFür Herzlichkeit gibt’s keine App, schreibt deshalb treffend Carsten Rath (2018) und bringt es auf den Punkt. Dabei ist es genau das, Herz-lichkeit und Zugewandtheit, was wir uns als Teammitglieder, Nutzer, Kunden und Gäste am meisten wünschen – gerade in Zeiten der Di-

gitalisierung. Herzlichkeit macht einzigartig, unverwechselbar und schafft Freunde – nicht unbedingt fürs Leben, doch stabile Mitarbei-ter- und Kundenbeziehungen erzeugt sie allemal.

Das ist Gold wert und macht glücklich, auch den Gebenden selbst, weil positive Emotionen zurückstrahlen. Und hier können wir auch die junge Generation argumentativ gut einfangen, die sich ja gerade danach sehnt, persönlich wahrgenommen zu werden. Wenn Sie es als PDL umsichtig angehen, können Sie mit Ihrer Achtsamkeit, Balance und Gerechtigkeit gezielt den Selbstwert, die Selbstreflexion und das Selbstbewusstsein der einzelnen Teammitglieder stärken, damit die Furcht vor Ausnutzung keinen Nährboden findet.

AMBITION UND ENGAGEMENT – NICHT UNBEDINGT ZWEI SEITEN EINER MEDAILLEEgoistisches Verhalten mag durchaus kurzfristige Vorteile bringen (dienstplantechnisch oder finanziell), erzeugt jedoch schon mittel-fristig keine echte menschliche Wärme, Verbundenheit und Loyalität. Auch hier kommt es wieder auf Sie und die Wahl, die Sie treffen, an

– zum Beispiel, wenn Sie Personen mit Entscheidungsbefugnis einstel-len. Hier müssen Sie höllisch aufpassen, nicht in die Falle zu tappen, Menschen, die sich mit großen Ambitionen präsentieren, mit solchen zu verwechseln, von denen Sie großes Engagement erhoffen können. Dass jemand ambitioniert ist und viel will, heißt ja noch nicht, dass er sich wirklich voller Leidenschaft im Sinne der Firma einbringt. Manche sind – gut getarnt – einfach nur interessiert an dem eigenen geldwerten Vorteil beim Hinaufklettern der Hierarchieleiter: Das Un-ternehmen, die Mitarbeiter und die Kunden sind ihnen letztlich egal. Sie fühlen sich pudelwohl im Zwangskorsett der Abhängigkeiten, sind nach oben geschmeidig, sagen bei den richtigen Anlässen gefällige Sätze und verhalten sich nach unten kalt, beinhart , beschneiden Frei-heit, Gestaltungsräume und Entwicklung, säen Misstrauen und Angst.

Genauso kritisch muss unser Blick auf diejenigen Praktiker vor Ort gerichtet sein, die in ihren Klienten vor allem eine Bedrohung ihrer eigenen reibungslosen Alltagsroutine sehen und die individuelle Wün-sche und Erfordernisse als Stolpersteine für einen frühen Abschluss ihrer Tour betrachten. Tröstlich: Personen, die so agieren, sind selten gut gelitten in den Teams oder bei den Kunden. Langfristig sind sie isoliert, werden gemieden oder einem anderen Dienstleister wird der Vorzug gegeben. Aber bis es soweit ist, können sie leider viel Schaden anrichten.

HERZLICHKEIT IST HALTUNG, DIE IM SERVICE ZUM AUSDRUCK KOMMTHerzlichkeit ist die Haltung, Service die Ausprägung in der Beziehung zum Kunden – Kunst und Handwerk zugleich mit dem Ziel, Kunden >>

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HÄUSLICHE PFLEGE | 01.2019

PRAXIS-TIPP

SO WERDEN SIE ZUM KUNDENLIEBLING

Jede Begegnung mit einem Menschen hat das Potenzial zu einem besonderen und unver-wechselbaren Moment zu werden. Ein Moment, der den Blick auf Ihr Unternehmen positiv verändert. Dafür reichen Sekunden. Die Fünf-Sekunden-Regel bedeutet, genau das tun, was den Unterschied zur Konkurrenz ausmacht: empathisch, persönlich, interessiert, auf-merksam sein – denn das einfach echt!

Jeder Kontakt zählt:• Jedes Lächeln

• Jede Kommunikation

• Jede Chance, mit einem Neukunden in Kontakt zu treten

• Jede Frage

• Jede Kundenbeschwerde

IMPRESSUM

PDLpraxis erscheint monatlich als regelmäßiges Supplement und damit als exklusiver Bestandteil der Zeitschrift HÄUSLICHE PFLEGE.

www.haeusliche-pflege.net

Der Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. PDLpraxis und alle in ihm enthalt enen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Annahme der Beiträge erwirbt der Verlag alle Nutzungsrechte in Print- und elektronischen Medien. Beiträge, die mit vollem Namen oder auch mit Kurzzeichen des Autors gezeichnet sind, stellen die Meinung des Autors, nicht unbedingt auch die der Redaktion dar. Die Wiedergabe von Gebrauchs-namen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in dieser Zeitschrift berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

Redaktion: Lukas Sander (v.i.S.d.P.), Tel. 05 11/99 10-1 21, Fax 05 11/99 10-1 96, E-Mail: [email protected], Anschrift wie Verlag

Anzeigen: Ralf Tilleke (Leitg.), Tel. 05 11/99 10-1 50, Fax 05 11/99 10-1 59 Anschrift wie Verlag

Produktion & LayoutMaik Dopheide (Leitung), Birgit Seesing (Artdirection), Eugenia Bool, Nathalie Nuhn; [email protected]

Verlag: Vincentz Network, Plathnerstraße 4c, 30175 Hannover

Druck: BWH GmbH

© Vincentz Network GmbH & Co. KG

zu begeistern. Kunden sind Menschen. Men-schen sind individuell. Das Geheimnis des langlebigen Erfolges liegt in der Magie des gelungenen Einzelfalls, der Verbundenheit und Vertrauen schafft. Und da geht es nicht darum, dass der Mitarbeiter alles kann oder alles weiß, sondern darum, dass er sich ein-setzt, sich ehrlich mit seinen Grenzen wahr-nimmt und bei Bedarf den Hilfebedürftigen an die Person weitervermittelt, die wirklich weiterhilft.

WAS WILL UND BRAUCHT DER EINZELNE?Deshalb ist nichts ist in unserem (Führungs-)Alltag wichtiger, als darüber nachzudenken, was der Einzelne (Mitarbeiter und Kunde) wirklich will und braucht. Und dass wir unse-re Mitarbeiter mit der richtigen Haltung und den passenden Aktivitäten erreichen, die Teams mit der Philosophie der Herzlichkeit von innen durchdringen – uns nicht bequem durchwursteln oder versuchen durchzure-gieren und zu verordnen. Herzlichkeit durch das eigene Handeln und auf Augenhöhe zu erreichen, ist das wichtigste Potenzial, weil es im Gegensatz zu digitalen und struktu-rellen Alleinstellungsmerkmalen nicht leicht kopierbar ist.

Es geht sowohl um ein durchgängiges Hand-lungsprinzip als auch um die Faszination der kleinen Aufmerksamkeit. Um ein unvermit-teltes persönliches Wort zur rechten Zeit, um das Anerkennen des guten Willens und des

KARLA KÄMMER

> Inhaberin von Karla Kämmer

Beratungs gesellschaft in Essen

> www.kaemmer-beratung.de

> E-Mail: [email protected]

Bemühens (auch bei einer Person, die ein Ziel nicht erreicht hat, die etwas gegen den Strom versucht hat und damit vielleicht erst einmal gescheitert ist), um das Überlassen der Bühne für einen Moment des Lobes, um das Teilen von Anerkennung von oben.

FÜNF SEKUNDEN REICHEN, UM ZU BE-GEISTERN – ES LOHNT SICHWie wir alle wissen, spricht es sich sieben-mal so schnell herum, dass etwas nicht gut ist, dass eine Leistung nicht zufriedenstel-lend war, als dass sie einfach top war. Und auf dem Treppchen zur Top-Bewertung steht Herzlichkeit ganz oben. In einem einzigen Moment das Gefühl zu haben, wirklich als Mensch wahrgenommen und mit seinem Be-dürfnis erkannt und berücksichtigt worden zu sein, erzeugt ein „Klick!“ und von diesem Moment an wird aus Ihrem Gegenüber Ihr echter Verbündeter – auch mal durch Zwei-fel und Krisen hindurch. Oder wie es Carsten Rath formuliert: „Fünf Sekunden Begeiste-rung sind der Grundstein für 50 Jahre Loya-lität“ (2018: 39).

Das ist das, was Sie brauchen zum guten Start ins neue Jahr und was ich Ihnen wün-sche – durch alle Arbeitstaifune hindurch!

Literaturnachweis: Rath, Carsten K.

(2018):Für Herzlichkeit gibt es keine App.

Service Excellence in digitalen Zeiten. Gabal.

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