V-Ausschnitt

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1870–1914 belle époque 80 V-Ausschnitt Der V-Ausschnitt bedeutete einen radika- len Bruch. In den beiden vorigen Jahr- zehnten musste der Ausschnitt tagsüber bis zu den Ohren bedeckt sein. Es galt als unschicklich, ein dreieckiges Stück Haut zu zeigen, dabei war das Abenddekolleté der Edwardianischen Zeit extrem tief aus- geschnitten. Die Bluse mit V-Ausschnitt nannte man auch „Pneumonie-Bluse“. Schuhe Die hohen Absätze der 1890er-Jahre wur- den nun wieder flacher. Zierliche Füße waren das Schönheitsideal. Um, ähnlich wie Chinesinnen mit abgebundenen Fü- ßen, nur noch Trippelschritte machen zu können, trugen manche Frauen Schuhe, die eine Größe zu klein waren. Am Tag waren Pumps mit französischem Absatz beliebt, der Abendschuh wurde als Ball- schuh mit Bändern getragen. Diadem Das Haar wurde näher am Kopf angelegt und nicht mehr wie zuvor in großen Rol- len, auf denen Hüte saßen, welche die Größe von Tabletts hatten. Am Abend schmückte man sich mit einem Diadem, einem orientalisch anmutenden Stirnreif, an dem häufig eine Aigrette befestigt war, ein meist aus Reiherfedern bestehendes Accessoire, das von der Stirnmitte ausge- hend senkrecht nach oben stand. Schärpe Die Schärpe betont die hohe Taille des Directoire-Stils. Lucile gehörte zu den Couturiers, die orientalische Einflüsse in ihre Mode integrierten. Die Kreationen aus fließenden Seidenstoffen schienen die Korsetts des vergangenen Jahrzehnts hinter sich gelassen zu haben. Tatsächlich mussten jedoch viele Frauen ein längeres Korsett tragen, um die schlanke Linie zu erreichen, die der Directoire-Stil verlangte. Die Tunika-Silhouette Die Silhouette der im Brust- bereich weicheren und sich blusenartig bauschenden Tunikaformen der oberen Kleidhälfte verjüngte sich in Höhe der Knie bis zu den Füßen zum Schlauchrock. Die Taille rückte dicht unter den Busen, um den Effekt langer, schlanker Beine zu erzeugen. Dennoch sah man es nach wie vor als unschicklich an, Bein zu zeigen, und bedeckte es bis deut- lich über den Knöchel. Das Directoire-Kleid Gegen Ende der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts sah man auf der Pferderennbahn Longchamps in Paris eine idealisierte Version der Merveil- leuses aus den 1790er-Jahren. Diese Hemdkleider führten zum neuen Em- pire-Stil bzw. zum Directoire-Kleid und stellten eine radikale Abkehr von der stark geschnürten Taille dar. Die Directoire-Kleider des frühen 20. Jh. waren nicht so makellos weiß wie frü- her, sondern stellten eine hinsichtlich Farbe und Dessin weitaus exotischere Interpretation dar. CHRONOLOGISCHER LAUFSTEG Die Frau im neuen Jahrhundert

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Der V-Ausschnitt wird salonfähig.

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1870–1914 belle é poque

80

V-Ausschnitt

Der V-Ausschnitt bedeutete einen radika-len Bruch. In den beiden vorigen Jahr-zehnten musste der Ausschnitt tagsüber bis zu den Ohren bedeckt sein. Es galt als unschicklich, ein dreieckiges Stück Haut zu zeigen, dabei war das Abenddekolleté der Edwardianischen Zeit extrem tief aus-geschnitten. Die Bluse mit V-Ausschnitt nannte man auch „Pneumonie-Bluse“.

Schuhe

Die hohen Absätze der 1890er-Jahre wur-den nun wieder flacher. Zierliche Füße waren das Schönheitsideal. Um, ähnlich wie Chinesinnen mit abgebundenen Fü-ßen, nur noch Trippelschritte machen zu können, trugen manche Frauen Schuhe, die eine Größe zu klein waren. Am Tag waren Pumps mit französischem Absatz beliebt, der Abendschuh wurde als Ball-schuh mit Bändern getragen.

Diadem

Das Haar wurde näher am Kopf angelegt und nicht mehr wie zuvor in großen Rol-len, auf denen Hüte saßen, welche die Größe von Tabletts hatten. Am Abend schmückte man sich mit einem Diadem, einem orientalisch anmutenden Stirnreif, an dem häufig eine Aigrette befestigt war, ein meist aus Reiherfedern bestehendes Accessoire, das von der Stirnmitte ausge-hend senkrecht nach oben stand.

Schärpe

Die Schärpe betont die hohe Taille des Directoire-Stils. Lucile gehörte zu den Couturiers, die orientalische Einflüsse in ihre Mode integrierten. Die Kreationen aus fließenden Seidenstoffen schienen die Korsetts des vergangenen Jahrzehnts hinter sich gelassen zu haben. Tatsächlich mussten jedoch viele Frauen ein längeres Korsett tragen, um die schlanke Linie zu erreichen, die der Directoire-Stil verlangte.

Die Tunika-Silhouette

Die Silhouette der im Brust-bereich weicheren und sich blusenartig bauschenden Tunikaformen der oberen Kleidhälfte verjüngte sich in Höhe der Knie bis zu den Füßen zum Schlauchrock. Die Taille rückte dicht unter den Busen, um den Effekt langer, schlanker Beine zu erzeugen. Dennoch sah man es nach wie vor als unschicklich an, Bein zu zeigen, und bedeckte es bis deut-lich über den Knöchel.

Das Directoire-Kleid

Gegen Ende der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts sah man auf der Pferderennbahn Longchamps in Paris eine idealisierte Version der Merveil- leuses aus den 1790er-Jahren. Diese Hemdkleider führten zum neuen Em-pire-Stil bzw. zum Directoire-Kleid und stellten eine radikale Abkehr von der stark geschnürten Taille dar. Die Directoire-Kleider des frühen 20. Jh. waren nicht so makellos weiß wie frü-her, sondern stellten eine hinsichtlich Farbe und Dessin weitaus exotischere Interpretation dar.

CHRONOLOGISCHER LAUFSTEG

Die Frau im neuen Jahrhundert