V. Vergütung des Geschäftsführers · der wichtigsten Elemente der Ausgestaltung der Bezüge. Sie...

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V. Vergütung des Geschäftsführers 1. Zivilrechtliche Grundsätze zur Ausgestaltung der Vergütung a) Zusammensetzung der Bezüge 221 Wichtigster Bestandteil der Geschäftsführerbezüge ist zunächst das feste Jah- resgrundgehalt. In der Praxis setzt sich dazu immer mehr die Vereinbarung eines Jahresgehaltes durch, welches zwar in Monatsgehältern ausgezahlt wird, für dessen Angemessenheit jedoch die Gesamthöhe (nicht die Höhe der einzel- nen Monatsgehälter) maßgebend ist.Vergütung des GeschäftsführersAusgestaltung der Vergütung 222 Neben dem festen Jahresgrundgehalt sind vor allem folgende Gehaltsbestand- teile weit verbreitet: Erfolgsabhängige Tantieme: Die variable Vergütung ist in der Praxis eines der wichtigsten Elemente der Ausgestaltung der Bezüge. Sie dient durch die Verbindung von Unternehmenserfolg und Vergütung der Motivation und der Stärkung der unternehmerischen Verantwortung des Geschäftsführers. Im Jahre 1999 erhielten 83% der Geschäftsführer in kleinen GmbH eine 68 1 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwG Rz. 34 ff.; Grunewald in Lutter (Hrsg.), UmwG, 2. Aufl. 2000, § 20 Rz. 28. 2 Vgl. dazu Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwG Rz. 35 m.w.N. 3 Hueck, DB 1957, 1259. 4 BGH v. 12. 5. 1997 – II ZR 50/96, ZIP 1997, 1106.

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V. Vergütung des Geschäftsführers

1. Zivilrechtliche Grundsätze zur Ausgestaltung der Vergütung

a) Zusammensetzung der Bezüge

221 221Wichtigster Bestandteil der Geschäftsführerbezüge ist zunächst das feste Jah-resgrundgehalt. In der Praxis setzt sich dazu immer mehr die Vereinbarungeines Jahresgehaltes durch, welches zwar in Monatsgehältern ausgezahlt wird,für dessen Angemessenheit jedoch die Gesamthöhe (nicht die Höhe der einzel-nen Monatsgehälter) maßgebend ist.Vergütung des GeschäftsführersAusgestaltung der Vergütung

222 222Neben dem festen Jahresgrundgehalt sind vor allem folgende Gehaltsbestand-teile weit verbreitet:

• Erfolgsabhängige Tantieme: Die variable Vergütung ist in der Praxis einesder wichtigsten Elemente der Ausgestaltung der Bezüge. Sie dient durch dieVerbindung von Unternehmenserfolg und Vergütung der Motivation undder Stärkung der unternehmerischen Verantwortung des Geschäftsführers.Im Jahre 1999 erhielten 83% der Geschäftsführer in kleinen GmbH eine

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1 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwG Rz. 34 ff.;Grunewald in Lutter (Hrsg.), UmwG, 2. Aufl. 2000, § 20 Rz. 28.

2 Vgl. dazu Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwGRz. 35 m.w.N.

3 Hueck, DB 1957, 1259.4 BGH v. 12. 5. 1997 – II ZR 50/96, ZIP 1997, 1106.

HY
aus: Tillmann/Mohr, GmbH-Geschäftsführer 8., neu bearbeitete Auflage 2003, ISBN 3-504-32173-3 Verlag Dr. Otto schmidt, Köln / Internet: www.otto-schmidt.de
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derartige Erfolgsvergütung1. Dabei unterliegt die Höhe des variablen Anteilssehr stark der aktuellen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Beieher schlechter Gewinnsituation liegt der variable Anteil zwischen 15%und 20% der Gesamtbezüge; bei überdurchschnittlichen Erträgen der Ge-sellschaft liegt der Anteil im Schnitt bei 35% der Jahresgesamtbezüge2. Vordem Hintergrund dieser statistischen Zahlen ist die vom Bundesfinanzhofaufgestellte 75%/25%-Formel (dazu unten Rz. 291 f.) problematisch.

• Betriebliche Altersversorgung: In mittleren bis großen Unternehmen habenrund 85% der Geschäftsführer eine Versorgungszusage des Unternehmens;in kleineren GmbH ist der Anteil mit 70% deutlich geringer3.

• Dienstwagen: In über 90% der Fälle wird dem Geschäftsführer durch dasUnternehmen ein Dienstwagen gestellt, der auch privat genutzt werdendarf. Nach den statistischen Feststellungen sind die dominierenden Fahr-zeugmarken Fahrzeuge des Typs BMW und Mercedes Benz4.

• Gehaltsfortzahlung: Mehr als 80% der Geschäftsführer können im Krank-heitsfall eine Gehaltsfortzahlung verlangen, die meist bei 6 Monaten liegt5.

b) Gesellschaftsrechtliche Überlegungen zur Angemessenheit

223 223Außer in den Fällen des Alleingesellschafters liegt die Festsetzung eines leis-tungsadäquaten Gehaltes auch im Interesse der übrigen Gesellschafter.

224 Beispiel: 224

Ein mit 51% beteiligter Gesellschafter verkaufte seinen Geschäftsanteil aneinen Dritten. Dieser berief eine Gesellschafterversammlung ein, ließ sich indieser Versammlung mit seiner Stimmenmehrheit zum Geschäftsführer beru-fen und setzte außerdem mit seiner Stimmenmehrheit ein Gehalt fest, das beiweitem den Rahmen des Üblichen überschritt.

225 225Gesellschaftsrechtlich ist grundsätzlich der Mehrheitsgesellschafter befugt,über die Festsetzung seines Gehaltes mitzubestimmen (vgl. oben Rz. 28 ff.). Erist auch in der Ausübung seines Stimmrechtes grundsätzlich frei. Allerdingsobliegt ihm eine Treuepflicht gegenüber der GmbH, diese kann der Ausübungseines Stimmrechtes Grenzen ziehen. Schon aus allgemeinen Grundsätzenfolgt, dass kein Gesellschafter sein Stimmrecht missbrauchen darf, insbeson-dere darf er nicht vorsätzlich zum offenbaren Schaden der Gesellschaft stim-men oder der Gesellschaft selbstsüchtig seinen Willen aufzwingen6. In diesen

Ausgestaltung der Vergütung

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1 Tänzer, GmbHR 2000, 596, 597.2 Tänzer, GmbHR 2000, 596, 598.3 Tänzer, GmbHR 2000, 596, 598.4 Tänzer, GmbHR 2000, 596, 598.5 Tänzer, GmbHR 2000, 596, 598.6 RG v. 22. 1. 1935 – II 198/34, RGZ 146; 395; vgl. auch Baumbach/Hueck/Zöllner,

GmbHG, 17. Aufl. 2000, Anh. § 47 Rz. 50 ff.

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Fällen ist sodann durch die Minderheitsgesellschafter eine Anfechtungsklagegeboten, die bei einer völlig unangemessenen Gehaltsfestsetzung durch denMehrheitsgesellschafter wohl mit Erfolg durchgeführt werden kann.

c) Pfändungsschutz für laufendes Gehalt und Schutz in der Insolvenz

226 226Die Gehaltsforderung des Geschäftsführers unterliegt bei Einzelzwangsvoll-streckung dem Pfändungsschutz der §§ 850 ff. ZPO: ,,Arbeitseinkommen imSinne dieser Vorschrift sind alle laufenden Bezüge aus einer nicht-selbständi-gen Tätigkeit, auch die Dienstbezüge des geschäftsführenden Organs einerKapitalgesellschaft1.

227 227In der Insolvenz ist an die Stelle des früheren Konkursausfallgeldes2 mitWirkung seit dem 1. 1. 1999 ein Anspruch auf Insolvenzgeld getreten. DieEinzelheiten werden unter Rz. 671 ff. im Zusammenhang mit dem grundsätz-lichen Insolvenzschutz des Geschäftsführers behandelt.Ausgestaltung der Vergütung

2. Steuerlicher Problemkreis: Vermeidung der verdeckten Gewinnaus-schüttung und Angemessenheit der Gesamtvergütung

a) Angemessenheit der Gesamtvergütung

228 228Bezüge an den Gesellschafter-Geschäftsführer sind als Betriebsausgaben ab-zugsfähig, soweit sie nicht unangemessen sind. In Höhe der unangemesse-nen Bezüge liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die den körper-schaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH erhöht und bei dem GesellschafterEinkünfte aus Kapitalvermögen darstellt. Dies gilt sowohl für den beherr-schenden wie auch für den nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäfts-führer.

229 229Zu den zusätzlichen Besonderheiten, die zur Vermeidung einer vGA beimbeherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu beachten sind, siehe untenRz. 251 ff.

230 230Die Finanzverwaltung ist befugt, eine Angemessenheitsprüfung durchzufüh-ren. Danach ist festzustellen, ob die Gesamtausstattung des Geschäftsführersnoch in einem adäquaten Verhältnis zu seinen Dienstleistungen steht. ZurGesamtausstattung gehören: laufende monatliche Bezüge, Jahresvergütungen,insbesondere Tantiemen, Pensionszusagen und Nebenleistungen. Der Wertder Pensionszusage wird mit der fiktiven Jahresnettoprämie angenommen. Essteht den Parteien frei, Brutto- oder Netto-Gehälter zu vereinbaren. VomGesellschafter-Geschäftsführer muss darauf geachtet werden, dass bei einer

Vergütung des Geschäftsführers

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1 Vgl. BGH v. 24. 11. 1980 – II ZR 183/80 (Schleswig), MDR 1981, 733; Baumbach/Lau-terbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, § 850 Rz. 3.

2 KauG nach dem Gesetz über das Konkursausfallgeld v. 17. 7. 1974, BGBl. I 1974,1481.

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Nettolohn-Vereinbarung die Übernahme der Lohnsteuer durch die GmbH imVertrag eindeutig geregelt ist.

231 231Die Angemessenheit von Gesellschafter-Geschäftsführer-Bezügen ist immerwieder Streitpunkt mit der Finanzverwaltung. Es wäre daher nur begrüßens-wert gewesen, wenn auch im Wege einer verbindlichen Auskunft seitens derFinanzverwaltung die Angemessenheit von vornherein festgelegt werdenkönnte, um so später unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Obwohl derBMF im Schreiben vom 24. 6. 19871 die Finanzämter angewiesen hat, auchaußerhalb der engen Grenzen der §§ 204 ff. AO und § 42e EStG dem Steuer-pflichtigen nach Schilderung des Sachverhaltes verbindliche Auskünfte zuerteilen, gilt dies nicht für Fragen, die das Handeln eines ordentlichen Ge-schäftsleiters zum Gegenstand haben. Damit ist dem Gesellschafter-Ge-schäftsführer von vornherein der Weg verschlossen, die Finanzverwaltung umeine verbindliche Auskunft hinsichtlich der Angemessenheit seiner Ge-schäftsführerbezüge zu bitten. Er wird weiterhin darauf angewiesen bleiben,den Versuch zu unternehmen, durch eine Vielzahl von Kriterien Überlegun-gen bezüglich der Angemessenheit seiner Bezüge anzustellen. Dabei kann erkeinesfalls sicher sein, dass die nach bestem Wissen und Gewissen vereinbar-ten Bezüge auch von der Finanzverwaltung anerkannt werden. Auch ein aktu-elles Schreiben des BMF aus 2002 zur Prüfung der steuerlichen Angemessen-heit der Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers2 enthält keinekonkreten Neuerungen, sondern fasst nur die sehr abstrakten Prüfungsschrit-te des Finanzamts zusammen und ist damit wenig hilfreich.Angemessenheit der Gesamtvergütung

232 232Im Nachfolgenden kann daher nur der Versuch unternommen werden, demGeschäftsführer einige Leitlinien für die Festsetzung der Geschäftsführerbezü-ge an die Hand zu geben3.

b) Einzelne Kriterien zur Angemessenheitsprüfung

233 233Der Bundesfinanzhof betont, dass zwar einerseits bei der Beurteilung derAngemessenheit der Geschäftsführerbezüge ein Fremdvergleich anzustellenist, dass aber andererseits keine allgemein gültigen Regeln gelten, und viel-mehr die Grenze des Angemessenen für jeden Einzelfall bestimmt werdenmuss4. Dieser immer wieder betonte Bezug zum Einzelfall macht natürlichdie Aufstellung allgemein gültiger Grundsätze besonders schwierig. Im Fol-genden soll ein Überblick über die verschiedenen Kriterien gegeben werden,die Finanzrechtsprechung und Finanzverwaltung im Rahmen der Abwägungim jeweiligen Einzelfall heranziehen.

Angemessenheit der Gesamtvergütung

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1 BMF-Schreiben v. 24. 6. 1987 – IV A 5 – S 0430 – 9/87, BStBl. I 1987, 474.2 BMF-Schreiben v. 14. 10. 2002 – IV A 2 – S 2742 – 62/02, GmbHR 2002, 1152.3 Zu diesem Problem in der aktuellen Literatur: Evers/Grätz/Näser, Die Gehaltsfestset-

zung bei GmbH-Geschäftsführern, 5. Aufl. 2001.4 BFH v. 1. 12. 1993 – I B 158/93, BFH/NV 1994, 790; BFH v. 5. 10. 1994 – I R 50/94,

BStBl. II 1995, 549.

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• Kriterium ,,Nichtaufgriffsgrenze“

Nach einem Schreiben der OFD Stuttgart aus 19951 liegt eine Gesamtvergü-tung bis zu 300 000 DM unter einer Nichtaufgriffsgrenze, da dabei regel-mäßig von einer Angemessenheit auszugehen ist. Mit derartigen obsoleten,,Aufgriffsgrenzen“ kann zukünftig jedoch nicht mehr argumentiert werden.Nachdem sie bereits bei anderen regionalen Bereichen von der Finanzver-waltung ausdrücklich verworfen werden2, lehnt auch das unter Rz. 231bereits zitierte BMF-Schreiben vom 14. 10. 2002 die Anwendung von Ober-oder Untergrenzen aus Vereinfachungsgründen ausdrücklich ab3.

• Kriterium ,,Zeitpunkt des Vertragsschlusses“

In der Regel werden Geschäftsführerverträge auf mehrere Jahre geschlossen,und im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages und der Festsetzung derGewinntantieme können nur die Verhältnisse der Vergangenheit berück-sichtigt werden. Die Finanzverwaltung wird nachprüfen, ob solche Verträgenach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen worden sind oder abermangels eines echten Interessengegensatzes auch außerbetriebliche Erwä-gungen mitbestimmend gewesen sind. Nach unserer Auffassung kommt eseinzig und allein darauf an, ob die Leistung der Gesellschaft im Zeitpunktdes Vertragsabschlusses angemessen war, sodass die Gehälter auch nicht imspäteren Zeitablauf wegen einer besonders günstigen Entwicklung der Ge-sellschaft unangemessen werden können. Dies ergibt sich aus der Überle-gung, dass auch bei anderen Dauerverträgen, wie z.B. der Gewinnermittlunginnerhalb einer Familien-Personengesellschaft, der Große Senat des BFH4

für die Beurteilung der Angemessenheit der Gewinnverteilungsvereinba-rung auf den Zeitpunkt abgestellt hat, in dem der Gewinnverteilungsschlüs-sel von den Gesellschaftern vereinbart wurde. Auch in seiner Entscheidungvom 22. 4. 19715 hebt der BFH für die Frage des Vorliegens einer verdecktenGewinnausschüttung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab6. Diespätere Entwicklung hat dabei außer Betracht zu bleiben7. Eine Grenzemuss man lediglich dort ziehen, wo die Entwicklung der Verhältnisse einederartige Äquivalenzstörung herbeiführt, dass man von einer Gegenleistungüberhaupt nicht mehr reden kann, und der Vertrag mit Hilfe des Rechtsin-stituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. der Kündigung aus wichti-gem Grund aufgelöst oder angepasst werden müsste.

Vergütung des Geschäftsführers

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1 OFD Stuttgart Mai 1995, BB 1997, 243.2 OFD Frankfurt – Schreiben v. 23. 8. 1999 – S 2742 A – 19 – St II 10, GmbHR 1999,

1114; letztmalige Anwendung für VZ 2000 nach OFD Karlsruhe v. 17. 4. 2001 –S 2742 A – St 331, GmbHR 2001, 538.

3 Tz. 22 des BMF-Schreibens v. 14. 10. 2002 – IV A 2 – S 2742 – 62/02, GmbHR 2002,1152.

4 BFH v. 29. 5. 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5.5 BFH v. 22. 4. 1971 – I R 114/70, BStBl. II 1971, 600.6 Ebenso BFH v. 28. 6. 1989 – I R 89/95, BStBl. II 1989, 854.7 Döllerer, BB 1967, 1437; v. Wallis, GmbHR 1968, 87; Streck, KStG, 5. Aufl. 1997, § 8

Anm. 83.

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• Kriterium ,,Variable Vergütungen und laufende Anpassung“

Besondere Vorsicht ist bei variablen Vergütungen geboten, denn hier wirdgerade bei einer Umsatz- oder Gewinntantieme ein ordentlich und gewis-senhaft handelnder Geschäftsleiter darauf bedacht sein, bestimmte Ober-grenzen festzulegen1. Weiterhin wird ein ordentlich und gewissenhaft han-delnder Geschäftsleiter darauf achten, dass bei Dauerschuldverhältnissenwie dem Dienstvertrag des Geschäftsführers von Kündigungsmöglichkeitenseitens der GmbH Gebrauch gemacht wird, so wenn sich die Vergütungenerheblich erhöhen, ohne dass von einem Wegfall der Geschäftsgrundlageausgegangen werden muss2. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zuberücksichtigen, dass auch eine zu schnelle Anpassung der Bezüge eineUnangemessenheit indizieren kann3.

• Kriterium ,,Innerer Betriebsvergleich“

Den Vergleich mit Gehältern der nächst höheren Angestellten hat der BFHin seinem Urteil vom 27. 3. 19634 nicht gelten lassen, da sich die Bewertunghochwertiger Führungsaufgaben eines großen Unternehmens der Einord-nung in feste Richtlinien entziehe. Der Vergleich zwischen den Vergütun-gen der Gesellschafter-Geschäftsführer und den leitenden Angestellten desUnternehmens sei in der Regel schon deshalb abzulehnen, weil sie aufverschiedenen Grundlagen beruhten. Allerdings können interne Betriebsda-ten zum Vergleich herangezogen werden, um eine Tendenz der internenGehaltsstruktur des Unternehmens festzustellen5. Nach einer weiteren Ent-scheidung6 ist zugunsten des Geschäftsführers im Vergleich mit den sonsti-gen Angestellten seine ,,Totalzuständigkeit“ zu berücksichtigen. In der Lite-ratur wird in diesem Zusammenhang die Faustregel aufgestellt, der Ge-schäftsführer könne bis zu 300% des bestbezahlten Angestellten nach ihmverdienen7.

• Kriterium ,,Formeln und Tabellen“

In der Literatur werden Formeln und Tabellen genannt, aus denen sich dieAngemessenheit eines Geschäftsführergehaltes errechnen lassen soll. DerBFH lehnt eine rein schematische Anwendung und kritiklose Übernahmevon Formeln und Tabellenwerten mit der Begründung ab, dass diese nurBehelfe und erste Anhaltspunkte für eine Schätzung seien, nicht aber dieSchätzung selbst, die das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall zuberücksichtigen hätte, ersetzen könnten. Denn komme es für die Beurtei-

Angemessenheit der Gesamtvergütung

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1 Vgl. auch BFH v. 28. 6. 1989 – I R 89/95, BStBl. II 1989, 854.2 FG Rheinland-Pfalz v. 6. 5. 1991 – 5 K 2467/90, EFG 1992, 36.3 FG Saarland (Urteil) v. 8. 2. 1994 – 1 K 163/93, GmbHR 1994, 635; grundsätzlich zur

Anpassung des laufenden Gehalts siehe unten Rz. 279.4 StRK KStG § 6 Abs. 1 S. 2 R. 75.5 BFH v. 5. 10. 1994 – I R 50/94, GmbHR 1995, 385.6 BFH v. 29. 7. 1992 – I R 28/92, BStBl. II 1993, 247.7 Streck, KStG, 5. Aufl. 1997, § 8 Anm. 150 Stichwort ,,Dienstverhältnis“, 5.

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lung der Angemessenheit der Vergütung auf die Verhältnisse des Einzelfal-les an, so müsse schon aus diesem Grunde seine Beurteilung nach allgemei-nen gültigen Sätzen und eine Berechnung nach bestimmten Formeln versa-gen1. In der Praxis gebräuchlich ist vielfach eine Gegenüberstellung derGeschäftsführerbezüge einerseits und des der GmbH verbleibenden Ge-winns, wobei ein Verhältnis von 2/3 : 1/3 vielfach seitens der Finanzverwal-tung unbeanstandet geblieben ist. Aber auch dieser Verhältnisrechnung hatder BFH eine Absage erteilt2.

• Kriterium ,,Wert der Dienstleistung und Gehalt eines Fremden dafür“

Nach ständiger Rechtsprechung3 ist das Gesamtbild der jeweiligen Dienst-leistung, insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit des Geschäftsfüh-rers, ausschlaggebend. In kleineren Handwerksbetrieben, die im Wesent-lichen auf die Mitarbeit ihrer Inhaber angewiesen sind, treten aber dieGeschäftsführungsaufgaben hinter die der handwerklichen Leistungen zu-rück, sodass der Wert der Dienstleistung weniger nach der eines Geschäfts-führers als nach der eines Facharbeiters für die Beurteilung heranzuziehenist4.

Dabei ist die Frage zu stellen, welches Gehalt ein fremder Geschäftsführerfür die gleiche Tätigkeit erhalten würde (,,Fremdvergleich“). Hier gewinnenempirische Untersuchungen wie z.B. die der Unternehmensberatung Kien-baum oder der BBE-Unternehmensberatung ihre Bedeutung.

• Kriterium ,,Branche und Gegenstand des Unternehmens“

Natürlich spielt die Branche des Unternehmens insofern eine Rolle, als siezum Gesamtbild der jeweiligen Tätigkeit gehört und den Fremdvergleichmitbestimmt. Allerdings stellen Branche und Unternehmensgegenstandkeine eigenständigen Kriterien dar, die aus sich heraus besondere Gehalts-stufen begründen könnten. Insbesondere gelten für einzelne Formen desUnternehmensgegenstandes keine Sonderregeln. So hat der BFH entschie-den, dass auch bei der ,,Freiberufler-GmbH“ die allgemeinen Regeln zumFremdvergleich und zur Angemessenheitsprüfung anzuwenden sind5.

• Kriterium ,,Ertragsaussichten der Gesellschaft“

Dies ist eines der wichtigsten Kriterien für die Angemessenheit von Ge-schäftsführerbezügen. Denn ein ordentlich und gewissenhaft handelnder

Vergütung des Geschäftsführers

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1 BFH v. 27. 3. 1963 – I 306/61, StRK KStG § 6 Abs. 1 S. 2 R. 75.2 BFH v. 11. 12. 1991 – I R 152/90, BStBl. II 1992, 690; FG Saarland v. 15. 12. 1992 – I K

50/92, GmbHR 1993, 176; mit herangezogen werden statistische Gehaltsuntersu-chungen dagegen im Urteil Hessisches Finanzgericht v. 16. 1. 1997 – 4 K 2355/94,EFG 1998, 593.

3 BFH v. 25. 2. 1958 – I R 337/56 U, BStBl. III 1958, 229; BFH v. 11. 9. 1968 – I R 89/63,BStBl. II 1968, 809; BFH v. 16. 10. 1991 – I B 227/90 – I B 228/90, BFH/NV 1992, 341.

4 FG Saarland v. 9. 12. 1987 – 1 K 16/86, GmbHR 1988, 458.5 BFH v. 8. 7. 1998 – I R 134/97, BFH/NV 1999, 379.

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Geschäftsführer wird prüfen, ob die Geschäftsführervergütung mit der Er-tragssituation der GmbH zu vereinbaren ist, d.h. was die GmbH ihremGesellschafter-Geschäftsführer zahlen kann, unter Berücksichtigung ihrerkünftigen Ertragsaussichten und des Verhältnisses des Geschäftsführerge-haltes zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung. EineErwerbsgesellschaft ist nicht bereit, auf Dauer für die Bezahlung eines frem-den Geschäftsführers – mögen seine Leistungen auch noch so hervorragendsein – ihre Gewinne ganz oder zum größten Teil zu opfern oder gar Verlustein Kauf zu nehmen; sie wird vielmehr darauf achten, dass die Bezüge desGeschäftsführers in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem eigenennachhaltigen Geschäftserfolg stehen1.

Hieraus folgt, dass eine rentierliche Verzinsung des Eigenkapitals derGmbH in jedem Falle gewährleistet sein muss. Eine rentierliche Mindest-verzinsung wird man mit 10% bis 15% annehmen können. Die OFDSaarbrücken hat mit Verfügung vom 4. 3. 1992 ihre Finanzämter gebeten,bei Vollerwerbs-Geschäftsführern monatliche Vergütungen bis zu 10 000DM regelmäßig noch als angemessen anzusehen, wenn bei einer GmbH aufDauer eine Mindestkapitalverzinsung von 10% des eingezahlten Stammka-pitals gegeben ist und auch keine Vereinbarung getroffen ist, die den Ge-winn der Gesellschaft ausdrücklich oder tatsächlich auf diese Mindestver-zinsung begrenzt2. Auch das FG Saarland hält eine Verzinsung von 10% desStammkapitals über mehrere Jahre für ausreichend3. Jedoch wäre es einverhängnisvoller Irrtum, den Umkehrschluss dergestalt ziehen zu wollen,dass bei einer rentierlichen Verzinsung des Eigenkapitals immer von derAngemessenheit des Gesellschafter-Geschäftsführergehaltes ausgegangenwerden könnte. Die rentierliche Verzinsung des Eigenkapitals ist nur einePrüfung und damit nur der erste Anschein einer verdeckten Gewinnaus-schüttung ausgeräumt4. Es ist somit in zwei Stufen zu prüfen: Zunächstmuss nach Zahlung der Geschäftsführerbezüge der GmbH noch eine ren-tierliche Verzinsung ihres Stammkapitals – ggf. auch Rücklagen – verblei-ben. Ist dies gewährleistet, bedarf es dann in der zweiten Stufe der weiterenPrüfung, ob die gezahlten Geschäftsführerbezüge einem Fremdvergleichstandhalten.

c) Schätzung im Einzelfall

234 234Nach allem wird dem Steuerpflichtigen nichts anderes übrig bleiben, als unterBeachtung der BFH-Grundsätze die Angemessenheit des Geschäftsführerge-haltes unter besonderer Berücksichtigung der speziellen Verhältnisse seinesUnternehmens zu schätzen. Soweit wie möglich sollten hierbei die Kenntnis-se aus der Branche verwandt werden und ggf. durch Hinzuziehen eines Bera-

Angemessenheit der Gesamtvergütung

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1 FG Saarland v. 15. 12. 1992 – I K 50/92, GmbHR 1993, 176.2 Zitiert bei Posdziech, Der Geschäftsführer der GmbH, Rz. 108.3 FG Saarland v. 22. 6. 1994 – 1 K 53/93, EFG 1994, 937.4 BFH v. 5. 10. 1977 – I R 230/75, GmbHR 1978, 93.

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ters versucht werden, die subjektive Befangenheit zu durchbrechen und des-sen Erfahrungen mit vergleichbaren Betrieben zu nutzen. Aber auch dieKenntnisse und Erfahrungen von Institutionen (wie z.B. Industrie- und Han-delskammer, Unternehmensberatung Kienbaum oder BBE-Unternehmensbe-ratung) sollten eingeholt werden. Allerdings können diese Informationen auchnur erste Anhaltspunkte sein und bedürfen noch der ,,individuellen Aufberei-tung“.

235 235So stellte die Unternehmensberatung Kienbaum aufgrund der Befragung zurGehaltssituation von Geschäftsführern in 1999, an der sich 867 Unternehmenaller Branchen mit insgesamt 1045 Geschäftsführerpositionen beteiligten,fest, dass in 1999 Geschäftsführer in Unternehmen mit einem Jahresumsatzbei 10 Mio. DM ein Einkommen von durchschnittlich 246 000 DM erzielten.Geschäftsführer mit Beteiligung erzielten im Schnitt 254 000 DM, Nicht-Be-teiligte dagegen nur 220 000 DM.

236 236Dennoch muss gerade bei kleineren Gesellschaften, in denen mehrere Ge-schäftsführer – vielfach aus Gründen der Gesellschaftsstruktur – beschäftigtsind, geprüft werden, ob von diesen Gesellschafter-Geschäftsführern tatsäch-lich Geschäftsführungsaufgaben in ausreichendem Maße wahrgenommenwerden und nicht überwiegend die Tätigkeit eines Sachbearbeiters ausgeübtwird. In solchen Fällen sind nicht unerhebliche Abschläge von ansonstenüblichen Geschäftsführerbezügen zu machen. Bei kleineren Handwerks-GmbH treten die Geschäftsführeraufgaben sogar hinter die handwerklichenLeistungen zurück. Für die Angemessenheitsprüfung ist hier weniger auf dieTätigkeitsvergütung eines Geschäftsführers als auf die eines Facharbeitersabzustellen1.

d) Folge der Überschreitung der Angemessenheitsgrenze

237 237Nicht jede Überschreitung der Angemessenheitsgrenze begründet automa-tisch eine vGA. Es muss vielmehr ein krasses Missverhältnis zwischen Leis-tung und Gegenleistung bestehen2. Ein krasses Missverhältnis liegt vor, wenndie festgestellte Angemessenheitsgrenze um mehr als 20% überschrittenwird3. In letzter Zeit entfernt die Rechtsprechung sich allerdings von diesemKriterium4; die Finanzverwaltung bejaht ohnehin in der Praxis sehr schnelleine Unangemessenheit und damit automatisch eine vGA.

238 238Unabhängig von der Frage, ob jede Unangemessenheit der Vergütung zu einervGA führt oder ob ein krasses Missverhältnis vorliegen muss, ist ausdrücklichgeklärt, dass die unangemessene Vergütung nicht in voller Höhe eine vGA

Vergütung des Geschäftsführers

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1 FG Saarland v. 9. 12. 1987 – 1 K 16/86, GmbHR 1988, 458.2 So BFH v. 27. 3. 1963 – I 306/61, StRK KStG § 6 Abs. 1 S. 2 R. 75.3 BFH v. 28. 6. 1989 – I R 89/85, GmbHR 1989, 475; FG Köln v. 22. 2. 1996 – 13 K

4559/90, GmbHR 1996, 781.4 Offenlassend bereits BFH v. 20. 3. 1974 – I R 197/72, BStBl. II 1974, 430.

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darstellt, sondern nur bis zum Betrag einer angemessenen Ausstattung1. Es istalso auch bei Annahme einer Unangemessenheit der angemessene Teil festzu-stellen und als Betriebsausgabe anzuerkennen.

e) Unübliche Vereinbarungen

239 239Völlig unabhängig von der Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge wirdauch für den nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die Üblich-keit der Vereinbarung geprüft, wobei dann die Unüblichkeit einer Vereinba-rung alleine ausreicht, um die Geschäftsführerbezüge als verdeckte Gewinn-ausschüttung zu qualifizieren2. Bei der Prüfung der Üblichkeit einer Vereinba-rung handelt es sich um ein Kriterium, welches neben der Angemessenheits-frage geprüft wird. Denn die Vorteilsgewährung an den Gesellschafter-Ge-schäftsführer ist nicht nur dann gesellschaftlich veranlasst, wenn der Ge-schäftsführer einem fremden Dritten (Nichtgesellschafter) Vergütungen indieser Höhe nicht zugesagt hätte (Angemessenheitsprüfung), sondern auchdann, wenn er die GmbH nicht auf diese Art und Weise mit Vereinbarungenbelastet hätte, es sich also um unübliche, das GmbH-Interesse verletzendeVereinbarungen handelt. Als unübliche Vereinbarungen wurden von derRechtsprechung angesehen: Die Pensionszusage an die 56-jährige Ehefrau desbeherrschenden Gesellschafters mit sofortiger Unverfallbarkeit der Zusage abVertragsunterschrift3; die Pensionszusage an einen 60-jährigen Gesellschafter-Geschäftsführer4, Tantiemezusagen an Ehegatten-Gesellschafter-Geschäfts-führer von jeweils 25% – insgesamt also 50% – des Gewinnes5.

240 240Sicherlich wird die Finanzverwaltung in der Praxis in vielen Grenzfällen nun-mehr weniger auf die Angemessenheit als auf die Unüblichkeit der Vereinbarungabzustellen versuchen, um so eine verdeckte Gewinnausschüttung zu begründen.Für die Angemessenheitsprüfung lassen sich immerhin noch in etwa Vergleichs-maßstäbe durch statistische Erhebungen über vergleichbare Geschäftsführergehäl-ter gewinnen, während die Behauptung der Unüblichkeit nicht selten auf densubjektiven Vorstellungen des Finanzbeamten beruht und weniger auf einemallgemein anerkannten Erfahrungssatz oder Erfahrungswissen.

241 241Eigenständige Bedeutung gewinnt das Kriterium der Unüblichkeit mit auf denersten Blick völlig überraschenden Ergebnis für die Annahme einer verdeck-ten Gewinnausschüttung, wenn es sich nicht um die GmbH belastende,sondern um sie begünstigende Vereinbarungen geht. Herausragendes Beispiel

Angemessenheit der Gesamtvergütung

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1 BFH v. 5. 10. 1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549; Streck, KStG, 5. Aufl. 1997, § 8Anm. 150 Stichwort ,,Dienstverhältnis“, 9; so jetzt auch BMF-Schreiben v. 28. 5.2002 – IV A 2 – S 2742 – 32/02, Tz. 10 und 11, GmbHR 2002, 606.

2 BFH v. 2. 12. 1992 – I R 54/91, GmbHR 1993, 232; BFH v. 16. 12. 1992 – I R 2/92,GmbHR 1993, 302.

3 BFH v. 16. 12. 1992 – I R 2/92, GmbHR 1993, 302.4 BFH v. 20. 5. 1992 – I R 2/91, BFH/NV 1993, 52.5 FG Saarland v. 13. 12. 1991 – 1 K 148/91, GmbHR 1992, 478.

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für diese Fallgruppe ist das BFH-Urteil vom 13. 12. 19891. Dort wurde miteinem nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Gehaltsver-einbarung getroffen und bezüglich der Gehaltsauszahlung Folgendes verein-bart: ,,Sobald die Firma dazu in der Lage ist“. Mit dem Geschäftsführer-Fremd-vergleich lässt sich in solchen Fällen eine verdeckte Gewinnausschüttungnicht begründen, da die GmbH letztlich nicht mit einer konkret fällig werden-den Zahlungsverpflichtung belastet worden ist, vielmehr die Erfüllung derVerbindlichkeit von der künftigen Vermögens- und Ertragslage der GmbHabhängig gemacht werden soll. Dies kann aus Sicht der GmbH nur als beson-ders vorteilhaft bezeichnet werden, andererseits stellt sich aber die Frage, obein Nicht-Gesellschafter sich auf eine solche Vereinbarung eingelassen hätte.Sicherlich wird man aus der Sicht des Gesellschafters die getroffene Vereinba-rung als unüblich bezeichnen müssen. Dann aber liegt hierin ein Indiz dafür,dass die Parteien eine schuldrechtliche Verpflichtung der GmbH zur Erlan-gung der Gegenleistung nicht ernsthaft angestrebt haben, vielmehr der Gesell-schafter seine Leistung auf gesellschaftsrechtlicher und nicht auf schuldrecht-licher Basis erbringen wollte. Die Unüblichkeit der Vereinbarung ist schließ-lich ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit, den Leistungsaustausch aufschuldrechtlicher Basis erbringen zu wollen2.

242 242Um Missverständnissen vorzubeugen, sei gleich auf Folgendes hingewiesen:Selbstverständlich steht es dem Gesellschafter-Geschäftsführer frei, im Hin-blick auf seine Gesellschafterstellung seine Arbeitsleistung nicht in vollerHöhe vergüten zu lassen, sondern z.B. nur in Höhe der Hälfte einer angemes-senen Vergütung. Zwar ist auch diese Vereinbarung als unüblich zu bezeich-nen, da in der Regel kein fremder Dritter zu lediglich der Hälfte der angemes-senen Vergütung seine Arbeitskraft einbringen würde. Doch diese Fälle sindhiermit nicht gemeint, denn wenn bezüglich der Hälfte der Vergütung konkre-te Vereinbarungen, so wie sie unter fremden Dritten üblicherweise getroffenwerden, dem Vertragsabschluss zugrunde gelegt werden, so besteht insoweiteine ernst gemeinte konkrete Verpflichtung der GmbH auf schuldrechtlicherBasis. Unübliche, die GmbH begünstigende und den Gesellschafter benachtei-ligende Vereinbarungen sind nur dann als verdeckte Gewinnausschüttung zuqualifizieren, wenn die Unüblichkeit als Indiz fehlender Ernsthaftigkeit ge-wertet werden muss.

f) Gehaltskürzung und Verzicht

243 243Weitere Ansatzpunkte für eine verdeckte Gewinausschüttung können in ei-nem Urteil des BFH aus 19923 erblickt werden: Der BFH führt aus, dass derGeschäftsführer einer GmbH verpflichtet sein kann, einer Herabsetzung sei-

Vergütung des Geschäftsführers

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1 BFH v. 13. 12. 1989 – I R 99/87, GmbHR 1990, 411.2 BFH v. 13. 12. 1989 – I R 99/87, GmbHR 1990, 411; siehe im Übrigen zu dem

vergleichbaren Kriterium der ,,Durchführung“ der getroffenen Vereinbarung bei be-herrschenden Gesellschaftern unten Rz. 271 ff.

3 BFH v. 15. 6. 1992 – II ZR 88/91, GmbHR 1992, 605.

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ner Bezüge zuzustimmen, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse derGmbH wesentlich verschlechtert haben. Eine wesentliche Verschlechterungliegt insbesondere vor, wenn zur Auszahlung der Bezüge das Stammkapitalder GmbH angegriffen werden muss. Das Aktienrecht ermächtigt in § 87Abs. 2 AktG den Aufsichtsrat, die Bezüge der Vorstandsmitglieder angemes-sen herabzusetzen. Für Geschäftsführer einer GmbH gilt unabhängig davon,ob und in welchem Umfange sie an der GmbH beteiligt sind, nichts anderes.Aus der dem Geschäftsführer obliegenden Treuepflicht gegenüber der GmbHist er verpflichtet, einer angemessenen Herabsetzung seiner Geschäftsführer-bezüge zuzustimmen. Anders als im Aktienrecht bedarf es bei der GmbHeines Abänderungsvertrages zwischen der GmbH, vertreten durch die Gesell-schafterversammlung, und dem einzelnen Geschäftsführer1.

244 244Verzichtet die Gesellschafterversammlung, gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer auf eine Änderung der Vergütung zu drängen, so nimmt sie inder Regel eine Vermögensminderung hin, die ein ordentlich und gewissenhafthandelnder Geschäftsleiter gegenüber einem fremden Dritten vermutlichnicht hingenommen hätte. Damit ist grundsätzlich ein vGA-Tatbestand ver-wirklicht. Ob man diese Feststellung allerdings in allen Fällen treffen kann,ist zweifelhaft. Denn immerhin ist denkbar, dass die GmbH sich die Dienstedes Geschäftsführers um jeden Preis auch für die Zukunft erhalten möchte,weil gleichzeitiger Ersatz nicht zu erlangen ist. Bei einer solchen Einlassungder GmbH dürfte es der Finanzverwaltung wohl schwer fallen, im Wege desFremdvergleiches nunmehr auf eine verdeckte Gewinnausschüttung schlie-ßen zu wollen.

245 245Umgekehrt ist ein Verzicht durch den Geschäftsführer ebenfalls problema-tisch: Befindet sich die Gesellschaft in einer äußerst angespannten Finanz-und Liquiditätslage, wird es dem Gesellschafter-Geschäftsführer zwar daraufankommen, der GmbH zusätzliche Liquidität zu verschaffen. Dies geschiehtdann durch teilweisen oder völligen Verzicht auf die Zahlung der Vergütung.Zu beachten bleibt, dass der Verzicht rechtzeitig ausgesprochen wird. Dennsollte der Anspruch bereits entstanden und der Gesellschafter-Geschäftsfüh-rer sodann auf die Erfüllung des Anspruchs verzichten, kann damit der Zu-fluss mit der Folge der Lohnversteuerung nicht verhindert werden. Ein ent-standener Anspruch, auf den der Geschäftsführer verzichtet, ist bei ihm alsEinkunft aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern und der Verzicht selbststellt bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine gesellschaftsrechtlich be-gründete Einlage in die GmbH dar, mit der die Anschaffungskosten der Betei-ligung erhöht werden. Der Verzicht kann sich mit steuerlicher Wirkung nurauf die Zukunft beziehen, dabei kommt es auf den Entstehungszeitpunkt derVergütung an2.

Angemessenheit der Gesamtvergütung

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1 Bauder, BB 1993, 369.2 Tillmann, GmbHR 1987, 329; Posdziech, Der Geschäftsführer der GmbH, Rz. 332;

a.A.: FG Düsseldorf v. 27. 4. 1990 – 8 V 67/90 A (E), GmbHR 1991, 135.

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246 Beispiel: 246

Die GmbH nimmt ihre Tätigkeit am 1. 7. 2001 auf und vereinbart mit demGeschäftsführer ein monatliches Gehalt von 5000 Euro. Das Gehalt wirdzunächst nicht ausgezahlt, jedoch am 30. 11. 2001 vereinbaren die Parteien,dass das Geschäftsführergehalt nur in Höhe von 50% = 2500 Euro gezahltwerden soll. Der Geschäftsführer erhält sodann eine Nachzahlung von 5 ×2500 Euro = 12 500 Euro und das laufende Gehalt für Dezember in Höhe von2500 Euro. Da die Gehaltsansprüche 1. 7. bis 30. 11. bereits entstandenwaren, kommt hier der Verzicht zu spät mit der Folge, dass der Geschäfts-führer für diesen Zeitraum das volle Gehalt von monatlich 5000 Euro ver-steuern muss, während das Dezembergehalt nur in Höhe von 2500 Euro derLohnsteuer zu unterwerfen ist.

246

247 247Für den rechtzeitigen Verzicht zwischen GmbH und ihren Geschäftsführernist ein Erlassvertrag erforderlich, der allerdings nicht den strengen Anforde-rungen an die Förmlichkeit für Vergütungen an den beherrschenden Gesell-schafter-Geschäftsführer unterliegt. Es reicht aus, wenn aus den Umständenerkennbar ist, dass der Geschäftsführer von vornherein auf seine Ansprücheverzichten wollte, so z.B. wenn die GmbH die monatlichen Vergütungenweder verbucht noch gezahlt hat1.

248 248Der Geschäftsführer ist nicht gehalten, den Verzicht unbegrenzt auszuspre-chen. Es bestehen keine Bedenken, wenn er den Verzicht für einen Teil dernächsten zwei oder drei Monatsgehälter erklärt und sich dann nach einemgewissen Zeitablauf möglicherweise zu einem weiteren Teilverzicht entschei-det. Allerdings lässt ein mehrfacher Wechsel zwischen Herabsetzung der Be-züge und ihrer späteren Erhöhung den Schluss zu, dass der Gesellschafter-Ge-schäftsführer nicht mehr an einer arbeitsvertraglichen Durchführung des Ver-trages festhält, sondern Gehaltszahlungen weitgehend als Steuerung der Ge-winnsituation der GmbH einsetzt. In solchen Fällen lassen die Vereinbarun-gen nicht mehr erkennen, inwieweit die Leistungen der Gesellschaft durchdas Gesellschaftsverhältnis oder durch einen Leistungsaustausch veranlasstwurden, sodass die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung berech-tigt ist2.

249 249Andererseits kann bei dem einmaligen Verzicht auf einen Teil der Tantieme-ansprüche durch den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nichtvon einer fehlenden Durchführung der vertraglichen Vereinbarungen und da-mit von einer Nicht-Anerkennung der gesamten Tantieme als Betriebsausga-be ausgegangen werden3. Demgegenüber wird von einer fehlenden Durchfüh-rung des Vertrages ausgegangen, wenn der beherrschende Gesellschafter-

Vergütung des Geschäftsführers

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1 FG Hamburg v. 27. 8. 1992 – II 94/91, EFG 1993, 223.2 FG Münster v. 18. 8. 1993 – 9 K 4472/90 K, G, EFG 1994, 117.3 BFH v. 29. 6. 1994 – I R 11/94, FR 1994, 832.

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Geschäftsführer in voller Höhe auf die Zahlung seines Gehaltes verzichtet,auch wenn nur für einen begrenzten Zeitraum1.

250 250Bei Verzicht auf eine Tantieme ist zu beachten, dass der Verzicht nur bis zurEntstehung des Tantiemeanspruchs steuerlich wirksam ausgesprochen wer-den kann. Für die Entstehung des Tantiemeanspruches kommt es jedoch nichtauf dessen juristische Entstehung an. Es ist vielmehr die Frage zu stellen, obim Zeitpunkt des Verzichts in einer gedachten Abschichtungsbilanz für dieVergangenheit ein anteiliger Anspruch zu passivieren wäre2. Die für das abge-laufene Geschäftsjahr am Jahresende oder im folgenden Wirtschaftsjahr ge-zahlte Tantieme stellt eine Vergütung für das laufende Wirtschaftsjahr dar.Verzichtet also z.B. der Gesellschafter-Geschäftsführer erst bei Aufstellungder Bilanz auf den 31. 12. 2002 in 2003 für das Geschäftsjahr 2002 auf seineTantieme, so ist sie dennoch als zugeflossen zu behandeln. Dies gilt auch,wenn er z.B. erst im November des Geschäftsjahres 2002 auf seinen Tantie-meanspruch verzichten würde. In diesem Falle sind bereits 11/12 als zugeflosse-ner Tantiemeanteil zu behandeln. Für den Verzicht auf die Weihnachtsgratifi-kation im November eines Geschäftsjahres wurde dies vom FG Saarland soentschieden3.Vergütung des GeschäftsführersBeherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

3. Besondere Anforderungen zur Vermeidung verdeckter Gewinnaus-schüttungen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

a) Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

251 251Die unter Rz. 228 ff. dargestellten Grundsätze zur Angemessenheit und zurÜblichkeit gelten für alle Geschäftsführer, die an der GmbH beteiligt sind,ungeachtet der Höhe der Beteiligung. Daneben gelten nach ständiger Recht-sprechung des BFH4 und der dem folgenden Verwaltungspraxis für den beherr-schenden Gesellschafter besondere Anforderungen zur Regelung der Leis-tungsbeziehungen – also auch des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses –zwischen der GmbH und ihm. Ungeachtet aller Kritik5 hält die Rechtspre-chung daran fest, da sie ,,eine klare, nachweisbare und im Voraus getroffeneVereinbarung für geeigneter (hält), die engen und oft schwer durchschaubarenBeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschendenGesellschafter-Geschäftsführer zu ordnen und offen zu legen“6.

Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

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1 BFH v. 30. 3. 1994 – I B 185/93, BFH/NV 1995, 164.2 BFH v. 22. 11. 1983 – VIII R 37/79, HFR 1984, 212.3 FG Saarland v. 27. 8. 1991 – 1 K 130/91, GmbHR 1992, 62.4 Vgl. etwa aus der Rechtsprechung: BFH v. 22. 6. 1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972,

501; BFH v. 10. 7. 1974 – I R 205/72, BStBl. II 1974, 719; BFH v. 28. 4. 1982 – I R51/76, BStBl. II 1982, 612.

5 Siehe etwa Streck, KStG, 5. Aufl. 1997, § 18 Anm. 120.6 BFH v. 8. 1. 1969 – I R 26/67, BStBl. II 1969, 268.