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V20 Natürliche Indikatoren Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit Chemie Q4 Farbstoffe pH-Indikator 90 Minuten Zusammenfassung Der Versuch stellt im Wesentlichen einen Zusatzversuch zu V19 dar. Es werden roter und schwarzer Tee mit Säure, bzw. Base, versetzt und die auftretenden Farbänderungen beobachtet. Zudem werden verschiedene rote bis blaue Blüten mit Säure und Base versetzt. Einordnung in den Unterricht 1 Der Versuch ist nach dem hessischen Lehrplan G8 der Qualifikationsphase Q4 dem Wahlthema angewandte Chemie zuzuordnen. Dort kann er zum Unterrichtsinhalt Farbstoffe und genauer pH-Indikatoren durchgeführt werden. Als Vorwissen benötigen die SuS ihre Kenntnisse aus den Halbjahren 9G.2 und Q1, in denen es um die Säure-Base-Theorien und aromatische Kohlenwasserstoffe geht. Durch den Versuch wird den SuS gezeigt, dass pH-Indikatoren Farbstoffe sind, die bei Änderung des pH- Wertes ihre Farbe ändern und so anzeigen, ob es sich um eine Säure oder Base handelt. Den SuS sind solche Indikatoren aus dem Unterrichtsalltag bereits bekannt, jedoch kann die dahinterstehende Theorie erst verstanden werden, nachdem den SuS die Prinzipien der Farbigkeit von Stoffen erläutert wurden. Überdies zeigt der Versuch, dass pH- Indikatoren nicht nur synthetisch hergestellte Stoffe sind, die im Chemieunterricht verwendet werden, sondern dass es natürliche Farbstoffe gibt, die als pH-Indikatoren fungieren können. Weiterhin bietet der Versuch einen guten Einstieg in die unterschiedlichen Farbstoffklassen, indem an ein bereits bekanntes Phänomen aus dem Unterricht angeknüpft wird. Versuche mit Anthocyanen bieten sich darüber hinaus sehr gut an, da sie zum einen ungefährlich sind und so bedenkenlos von den SuS gehandhabt 1 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).

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V20 Natürliche Indikatoren

Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit

Chemie Q4 Farbstoffe pH-Indikator 90 Minuten

Zusammenfassung

Der Versuch stellt im Wesentlichen einen Zusatzversuch zu V19 dar. Es werden roter

und schwarzer Tee mit Säure, bzw. Base, versetzt und die auftretenden Farbänderungen

beobachtet. Zudem werden verschiedene rote bis blaue Blüten mit Säure und Base

versetzt.

Einordnung in den Unterricht1

Der Versuch ist nach dem hessischen Lehrplan G8 der Qualifikationsphase Q4 dem

Wahlthema angewandte Chemie zuzuordnen. Dort kann er zum Unterrichtsinhalt

Farbstoffe und genauer pH-Indikatoren durchgeführt werden. Als Vorwissen

benötigen die SuS ihre Kenntnisse aus den Halbjahren 9G.2 und Q1, in denen es um die

Säure-Base-Theorien und aromatische Kohlenwasserstoffe geht. Durch den Versuch

wird den SuS gezeigt, dass pH-Indikatoren Farbstoffe sind, die bei Änderung des pH-

Wertes ihre Farbe ändern und so anzeigen, ob es sich um eine Säure oder Base handelt.

Den SuS sind solche Indikatoren aus dem Unterrichtsalltag bereits bekannt, jedoch kann

die dahinterstehende Theorie erst verstanden werden, nachdem den SuS die Prinzipien

der Farbigkeit von Stoffen erläutert wurden. Überdies zeigt der Versuch, dass pH-

Indikatoren nicht nur synthetisch hergestellte Stoffe sind, die im Chemieunterricht

verwendet werden, sondern dass es natürliche Farbstoffe gibt, die als pH-Indikatoren

fungieren können. Weiterhin bietet der Versuch einen guten Einstieg in die

unterschiedlichen Farbstoffklassen, indem an ein bereits bekanntes Phänomen aus dem

Unterricht angeknüpft wird. Versuche mit Anthocyanen bieten sich darüber hinaus sehr

gut an, da sie zum einen ungefährlich sind und so bedenkenlos von den SuS gehandhabt

1 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).

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werden können und zum anderen, weil anschauliche Experimente zu verschiedenen

Aspekten möglich sind mit denen die SuS etwas anfangen können.

Der Versuch

Die Durchführung2

Abbildung 1: Übersicht über die verwendeten Materialien.

Abbildung 2: Übersicht über die Versuchsanordnung für den Rosenindikator.

2 Schwedt, G.: Experimente mit Supermarktprodukten – Eine chemische Warenkunde. S 121.

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Versuchsteil a)

Zwei Tassen schwarzer Tee und zwei Tassen roter Tee (zum Beispiel Hagebuttentee)

werden zubereitet. Anschließend wird in je eine Tasse roter und eine Tasse schwarzer

Tee etwas Essigessenz gegeben. In die anderen beiden Tassen wird Soda hinzugefügt.

Versuchsteil b)

Es werden blaue und rote Blüten gesucht und gepflückt. Besonders eignen sich für den

Versuch die Blüten der Raublattgewächse (Boraginaceae) wie zum Beispiel dem

Lungenkraut (Pulmonaria officinalis), dem gewöhnlichen Natternkopf (Echium vulgare)

oder Borretsch (Borago officinalis). Auch Rosenblüten können getestet werden.

Anschließend wird ein Gefäß mit verdünnter Essigessenz und eins mit gesättigter

Sodalösung gefüllt. Nun werden einige der verschiedenen Blüten sowohl ins saure als

auch ins basische Milieu getaucht und beobachtet.

Versuchsteil c)

Nun werden zwei Rosenblüten genommen und ihre Blütenblätter für fünf Minuten in

200 mL Wasser aufgekocht. Anschließend wird der erhaltene Rosenblütenextrakt auf 5

Schnappdeckelgläschen aufgeteilt und mit folgenden Stoffen versetzt: Essigessenz,

Zitronensaft, Kaisernatron, Soda, Rohrfrei. Zu einem weiteren Schnappdeckelgläschen

werden etwas Blütenextrakt und ein wenig Wasser gefüllt. Diese Probe dient als

Vergleichsprobe

Die Beobachtung

Versuchsteil a)

Wird zu schwarzem Tee Essigessenz gegeben, so hellt sich dessen Farbe in ein hellbraun

auf. Wird zum schwarzen Tee Soda gegeben, so verändert sich die dunkelbraune Farbe

nach schwarz.

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Abbildung 3: Links: Schwarzer Tee mit zugegebener Essigessenz. Rechts: Schwarzer Tee mit Soda.

Bei rotem Tee hellt sich die Fabe bei Zugabe von Essigessenz ebenfalls zu einem hellrot

auf. Wird Soda hinzugegeben, so verdunkelt sich die Farbe stark ins grünschwarze.

Abbildung 4: Links: Roter Tee mit Essigessenz. Rechts: Roter Tee mit Soda.

Versuchsteil b)

Die in die Essigessenz getauchten Blüten werden mit der Zeit heller. Bei den blauen

Blüten der Boragniaceae verändert sich die Farbe hin zu einem hellen rotviolett. Bei

Rosenblättern ist nur eine leichte Aufhellung des roten Tons zu erkennen. Werden die

Blüten in die gesättigte Sodalösung getaucht, so erscheinen sie dunkler und verlieren

ihre Farbe nach einiger Zeit ganz. Sehr deutlich ist dieser Effekt bei den Borretschblüten.

Die Rosenblätter werden lediglich an manchen Stellen etwas dunkler. Blütenblätter von

Borretsch, Natternkopf und Lungenkraut verändern ihre Farbe reversibel, je nachdem,

ob sie gerade im Basischen oder Sauren sind. Verlieren die Blüten jedoch im Basischen

ihre Farbe, so ist keine Umfärbung mehr möglich.

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Abbildung 5: Links: Blüte des Natternkops in Essigessenz. Aufhellung ins Rote. Rechts: Natternkopf in Soda-Lösung. Verfärbung ins Dunkelblaue.

Abbildung 6: Links: Aufhellung der Rosenblätter im Sauren. Rechts: Dunkelverfärbung im Basischen.

Versuchsteil c)

Die Blütenblätter verlieren beim Kochen mit der Zeit ihre Farbe und färben das

Kochwasser grünrot.

Abbildung 7: Extrakt aus Rosenblättern nach fünf minütigem Kochen in Wasser.

Bei Zugabe von den verschiedenen Substanzen können folgende Beobachtungen

gemacht werden:

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Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.-1: Versuchsbeobachtung bei Zugabe der verschiedenen Stoffe zu dem Rosenextrakt.

Zugabe von: Farbveränderung nach:

Zitronensaft Intensiv rot

Essigessenz hellrot

Wasser unverändert hellgrün

Kaisernatron grasgrün

Soda grüngelb

Rohrfrei gelb

Abbildung 8: Der Rosenindikator. Von links nach rechts mit folgenden Substanzen versetzt: Zitronensäure, Essigessenz, Wasser, Kaisernatron, Soda, Rohrfrei.

Entsorgung

Die Lösungen können in den Abfluss entsorgt werden. Die Blütenreste kommen in den

Biomüll.

Fachlicher Hintergrund

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Der Versuch basiert auf den gleichen chemischen Grundlagen, wie der Versuch V19. Er

kann sowohl als eigenständiger Versuch als auch als zusätzliche Variation zu diesem

durchgeführt werden.

Was ist ein pH-Indikator? Welche pH-Indikatoren kennst du bereits aus dem

Unterricht? Wie funktionieren sie?

Durch den Versuch wird gezeigt, wie pH-Indikatoren funktionieren. Indikatoren sind

Stoffe, die es ermöglichen, Prozessen zu folgen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel der

Verlauf einer chemischen Reaktion oder der Zustand, in dem sich ein chemisches System

befindet, sichtbar gemacht wird.3 Dadurch, dass der Farbstoff seine Farbe in

Abhängigkeit des pH-Werts ändert, wird dadurch indirekt gezeigt, welcher pH-Wert in

der Lösung vorliegt. Durch die unterschiedlichen Farbnuancen kann sogar abgeschätzt

werden, ob es sich um eine stark saure oder schwach saure Lösung, bzw. eine schwach

basische oder stark basische Lösung, handelt. Allerdings kann nicht exakt bestimmt

werden, welcher pH-Wert in der Lösung vorliegt. Dies bedeutet, dass nicht bei jeder pH-

Stufe ein deutlicher Farbumschlag erfolgt. Daher werden im Labor sogenannte

Universalindikatoren eingesetzt. Diese sind Mischungen aus mehreren pH-Indikatoren,

sodass für weitere pH-Bereiche definierte Farbumschläge erkennbar sind und so

genauere Angaben über den pH-Wert gemacht werden können.4

Polyphenole – Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe

Die Stoffe, die den schwarzen Tee und die Blüten färben, zählen zu den Polyphenolen,

einer Gruppe von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Polyphenole sind pflanzliche

Sekundärmetaboliten, die ausschließlich aus dem Shikimat-Phenylpropan-Syntheseweg

oder dem Polyketid-Syntheseweg stammen. Sie müssen mindestens einen Phenolring

enthalten und dürfen keine Stickstofffunktionen aufweisen.5 Diese Stoffgruppe ist sehr

heterogen und weitläufig.6 Zu ihnen zählen unter anderem die Flavonoide, zu denen die

3 Vgl. Neupert, M.: Indikatoren. In: Thieme RÖMPP Online. URL: http://www.roempp.com/prod/. Letzter Zugriff am: 03.10.2011 . 4 Vgl. Neupert, M.: Indikatoren. In: Thieme RÖMPP Online. URL: http://www.roempp.com/prod/. Letzter Zugriff am: 03.10.2011 . 5 Vgl. In: Angewandte Chemie. Volume 123/Issue3. 2011. S. 618. 6 Vgl. Pott, R.: Biodiversitätsforschung. Naturwirkstoffe aus Pflanzen. In: Chemie in unserer Zeit. Volume 44/ Issue 4. 2010. S. 267.

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in den Blütenfarbstoffen enthaltenen Anthocyane und die im schwarzen Tee

vorkommenden Flavonole und Flavanole (Catechine) gehören.

Abbildung 9: Übersicht über einige Untergruppen der Polyphenole.7

Die Flavonoide sind, die in der Natur am weitesten verbreiteten, Polyphenole, von denen

bereits mehr als 6000 Konstitutionsisomere bekannt sind. Neben der aroma- und

farbgebenden Funktion, wirken die Polyphenole auch zum Schutz gegen Schädlinge,

Krankheiten und bewahren die Pflanze vor oxidativen Schäden. Weiterhin wird ihnen

eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Flavonoide senken demnach das

Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, besitzen eine Krebsrisiko senkende,

antimikrobielle und Immunsystem unterstützende Wirkung. 8

Schlage nach, welcher Farbstoff in roten Blüten enthalten ist. Zu welcher

Farbstoffklasse gehören diese Farbstoffe? Zeichne das Grundgerüst!

Im Sommer erscheinen viele Blumen in herrlichen Farben von violett bis rot. Die

meisten dieser Blütenfarben gehen auf die Farbstoffklasse der Anthocyane, die zu den

Flavonoiden und somit zu der Stoffklasse der Polyphenole zählen, zurück. Auch in rot bis

violetten Früchten und in manchen Gemüsearten, wie dem Rotkohl, sind sie enthalten.

7 Engelhardt, U..: Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee. Polyphenole im Tee. In: Deutscher Teeverband e.V.. URL: http://www.teeverband.de/texte/download/WIT1-98end.pdf. Letzter Zugriff am: 08.01.2011. 8 Vgl. Pott, R.: Biodiversitätsforschung. Naturwirkstoffe aus Pflanzen. In: Chemie in unserer Zeit. Volume 44/ Issue 4. 2010. S. 267.

Polyphenole

Hydroxybenzoesäuren Hydroxyzimtsäuren Flavonoide

Flavanole

oder Catechine

Proanthocyanidine Kondensationsprodukte:

Theaflavine, Thearubigine

Flavone Flavonole Anthocyane Flavanone

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Ebenso erfolgt die Färbung der Schalen von Hülsenfrüchten durch die Farbstoffklasse

der Anthocyane. Die charakteristischen Farben sind durch Absorption in einem

Wellenlängenbereich von 465-560 nm gegeben. Das jeweilige Absorptionsmaximum,

wird durch die spezifische Struktur und den pH-Wert beeinflusst.9

Das Grundgerüst der Anthocyane, das Flavyliumkation, besteht aus zwei aromatischen

Ringen (A,B) und einem mittleren, sauerstoffhaltigen, heterocyclischen Ring (C).

O+

R

R1

R2

R3

R4

R6

B

CA3

5

12

4

6

7

8

Je nachdem, um welches Anthocyan es sich handelt, unterscheiden sich die einzelnen

Reste, sodass eine Vielzahl unterschiedlicher Anthocyane existiert. In der Pflanze

kommen sie nicht frei, sondern glykosidisch gebunden vor. Durch die glykosidische

Bindung werden die Anthocyane wasserlöslich und sind besser stabilisiert. Liegen die

Farbstoffe ohne Zuckerreste vor, so werden sie als Anthocyanidine bezeichnet. Die

folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Anthocyane, die Glykoside

der Anthocyanidine.

9 Vgl. Watzl, B., Briviba, K., Rechkemmer, G.: Basiswissen aktualisiert - Anthocyane. In: Ernährungs-Umschau 49/Heft 4. Karlsruhe 2002. S. 148-150. URL: http://www.mri.bund.de/fileadmin/Institute/PBE/Sekundaere_Pflanzenstoffe/Anthocyane.pdf. Letzter Zugriff am: 20.10.2011.

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Tabelle Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.-2: Übersicht über die wichtigsten Glykoside der Anthocyanidine.10

B

CA3

5

O

OH

O

OHOH

OH

O+

R

R1

R2

OR5

R6

O

OH OHOH

OH

Anthocyan Aglycon R R2

Pelargonin Pelargonidin H H

Cyanin Cyanidin OH H

Päonin Päonidin OCH3 H

Delphin Delphinidin OH OH

Petunin Petunidin OCH3 H

Malvin Malvinidin OCH3 OCH3

In dem Versuch wird bewiesen, dass der pH-Wert der Lösung die Farbigkeit der

Anthocyane in den Blüten der einzelnen Blumen beeinflusst. Sie können daher als

sogenannte pH-Indikatoren eingesetzt werden. Allerdings kann nur darüber Auskunft

gegeben werden, ob es sich um ein saures oder basisches Milieu handelt. Darüber wie

sauer oder basisch die Lösung ist, kann keine eindeutige Aussage getroffen werden.

Der Rosenextrakt: Chemische Hintergründe zu den Farbänderungen der

Anthocyane in Abhängigkeit vom pH-Wert

In roten Rosen ist das Anthocyan Cyanin enthalten.

10 Vgl. Gotot, T., Kondo, T.: Struktur und molekulare Stapelung von Anthocyanen - Variation der Blütenfarben. In: Angewandte Chemie. Volume 103/Issue 1. S. 17-18.

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B

CA3

O

OH

O

OHOH

OH

O+

OH

OH

O

OH

O

OH OHOH

OH

B

CA3

OH

O+

OH

OH

OH

OH

Cyanidin Cyanin

In Abhängigkeit vom pH-Wert weist Cyanin verschiedene Farbigkeit auf. Prinzipiell

besitzen alle Anthocyane eine Indikatorwirkung, allerdings sind die auftretenden

Farbschattierungen im Sauren oder Basischen je nachdem, um welches spezielle

Anthocyan es sich handelt, verschieden. Das gesamte Elektronensystem ist für die

auftretende Farbigkeit verantwortlich. Je größer das konjugierte -Elektronensystem,

desto stärker ist seine energieärmste Absorptionsbande in den langwelligen Bereich

verschoben. Dieser Effekt wird als bathochrome Verschiebung bezeichnet. Die Größe

des Elektronensystems ändert sich durch die jeweiligen Säure-Base-Reaktionen,

wodurch ebenfalls die Absorptionsbande verändert wird, was sich im Farbeindruck

auswirkt. Im sauren Milieu liegen die Anthocyane als Kationen vor, die rot erscheinen.11

O+

OH

OH

OH

OH

OH

Flavyliumkation

pH-Wert < 3

max = 510 nm

O

OH

OH

OH

OH

OHOH

Carbinol Pseudobase

pH-Wert 4-5

farblos

+H2O, - H+

Im Neutralen liegt überwiegend ein Flavenol mit einer violetten Färbung vor, welches

im Gleichgewicht mit der farblosen Pseudobase steht. Eine farblose Lösung kann daher

11 Das Anthocyan Pelargoninchlorid zeigt eine eher gelbrote Färbung auf, Cyaninchlorid hingegen ist im Sauren eher rotviolett.

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zu keinem Zeitpunkt beobachtet werden. Die zu beobachtende Farbvertiefung ist auf die

Bildung eines sogenannten chinoiden Systems zurückzuführen. Im alkalischen Milieu

liegt ein Farbanion vor, welches eine blaue Farbe besitzt. In diesem ist die

Delokalisierung der -Elektronen über die drei Sechsringe und die Sauerstoffatome der

Phenolat-Gruppen möglich.

O

OH

OH

OH

OH

O

Flavenol

pH-Wert 6-7

- H2O

(max)= 575 nm

O

OH

OH

OH

O-

O

Flavenolatanion

pH-Wert > 8

+OH-, -H2O

(max)= 600 nm

Im stark Basischen erfolgt die Zerstörung des Farbstoffs, durch Öffnung des

konjugierten, mesomeriestabilisierten Grundgerüsts. Es liegt demnach kein großes

delokalisiertes -Elektronensystem mehr vor, sondern zwei kleine. Dies bewirkt, dass

das Absorptionsmaximum in den kurzwelligen Bereich verschoben wird, was einen

gelben Farbeindruck mit sich bringt.

OH

OH

OH

O-

OH

O-

O

Chalkon

pH-Wert >10

(max) = UV-Bereich

+ OH-

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Die grünen Farben der Proben ergeben sich aus den Mischfarben des Gleichgewichts von

Flavenolatanion (blau) und Chalkon (gelb).12,13

Im Versuch zeigt der pH-Indikator, dass es sich bei Zitronensaft und Essigessenz um

saure Lösungen handelt, Wasser neutral, Kaisernatron bereits schwach basisch, Soda

basisch und Rohrfrei sehr basisch ist.

Tabelle Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.-3: Farbveränderungen bei Zugabe von Haushaltsstoffen zu Rosenextrakt.

Zugabe von: Farbveränderung nach: Eigenschaft der Lösung

Zitronensaft Intensiv rot sauer

Essigessenz hellrot sauer

Wasser unverändert grünrot neutral

Kaisernatron grasgrün schwach basisch

Soda grüngelb basisch

Rohrfrei gelb stark basisch

Welche Inhaltsstoffe färben den roten bzw. den schwarzen Tee?

Bei dem roten Tee handelt es sich um Früchtetee, der ebenso wie die im Versuch

verwendeten Blüten Anthocyane enthält. Demnach ist die Farbänderung des roten

Früchtetees auf die darin enthaltenen Anthocyane zurückzuführen. Früchtetee wird

genau wie schwarzer oder grüner Tee zubereitet, allerdings ist er kein aus der

Teepflanze erhaltenes Produkt. Daher zählt er zwar zu den teeähnlichen Erzeugnissen,

die Bezeichnung Tee ist aber ist aber nicht richtig.14

Wird ein Teebeutel schwarzer Tee in heißes Wasser gegeben, lösen sich ca. 40 % der

Trockenmasse der Teeblätter. Bei diesen löslichen Bestandteilen handelt es sich um

12 Vgl. Korhammer, K., Pfeifer, P.: Experimente mit Anthocyanen – eine Grundlage für Schülerübungen. In : Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Nr. 52/ 1999. S.20. 13 Vgl. Schikor, H.: Blütenzauber – dem Geheimnis des Cyanidins auf der Spur: eine Unterrichtsanregung für den Chemiekurs der Oberstufe. In: Praxis der Naturwissenschaften. 8/47, 1998. S. 39-42. 14 Vgl. Lebensmittelführer 2: Fleisch, Fisch, Milch, Fett, Gewürze, Getränke, Lebensmittel für Diät, für Säuglinge, für Sportler. Inhalte, Zusätze, Rückstände. S.180.

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Mineralstoffe, Coffein, ätherische Öle, Thearubigine und Theaflavine. Zudem sind noch

geringe Mengen Vitamin B und Vitamin B2 enthalten.15

Bei der Teeherstellung erfolgt ein oxidativer Prozess, in welchem ein Teil der

Teeflavanole, die auch als Gerbstoffe bezeichnet werden, zu den sogenannten

Theatanninen oxidiert werden. An diesem Vorgang sind die im Blatt enthaltenen

Phenoloxidasen beteiligt, die als Katalysatoren wirken. Zu den Theatanninen zählen die

Theaflavine und die Thearubigine. Diese sind für den Teegeschmak und die Farbe

verantwortlich. So besitzen die Theaflavine eine orangerote Farbe und die Thearubigine

eine dunkelrote Färbung.16,17 Die Theatannine sind sehr schwer zu analysieren, dazu

dieser Substanzklasse viele verschiedene Verbindungen zählen. Im Tee sind z.B.

tausende Thearubigin-Verbindungen enthalten. Die Teepflanze ist daher ein Meister der

molekularen Vielfalt.18

OH

OH

OH

O

OH

OH

O

OH

OH

OH

OHO

Theaflavin

OH

OOH

OH

OH

OH

OH

O

O

OH

OH

OHOH

OH

O

O

O

O

eine mögliche Verbindung von Thearubigin

Wird zum Tee Säure oder Base hinzugegeben, verändert sich die Färbung der

Theaflavine und Thearubigine. Sie können, demnach ebenfalls als pH-Indikatoren

bezeichnet werden. Genau wie bei den Blütenfarbstoffen, kann keine eindeutige Aussage

15 Vgl. Lebensmittelführer 2: Fleisch, Fisch, Milch, Fett, Gewürze, Getränke, Lebensmittel für Diät, für Säuglinge, für Sportler. Inhalte, Zusätze, Rückstände. S.181. 16 Vgl. Quideau, S., Deffieux, D., Douat-Casassus, C., Pouysegu, L.: Pflanzliche Polyphenole: chemische Eigenschaften, biologische Aktivitäten und Synthese. In: Angewandte Chemie. Volume 123/issue 3, 2011. S. 615. 17 Vgl. Gasper, H. et al.: Chemie in Lebensmitteln. S.285. 18 Vgl. Kuhnert, N.: Die Chemie des schwarzen Tees. Meister der molekularen Vielfalt. In: labor&more URL: http://www.laborundmore.de/archive/441839/Die-Chemie-des-schwarzen-Tees.html. Letzter Zugriff am: 08.11.2011.

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darüber getroffen werden, wie sauer oder basisch die Lösungen sind. Die

Farbveränderung rührt daher, dass eine Säure-Base-Reaktion abläuft, wodurch das

Absorptionsmaximum der Theaflavine und Thearubiginine verschoben wird und so der

jeweilige Farbeindruck entsteht.