VCÖ-Magazin 2013-06 "Energiewende braucht Mobilitätswandel"

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MOBILITÄT MIT ZUKUNFT »Wir reduzieren den Energieverbrauch und setzen alternative Energien ein« Georg Pölzl, Generaldirektor Post AG – Seite 7 2013-06 vcö magazin VCÖ – Mobilität mit Zukunft Bräuhausgasse 7–9 1050 Wien T +43-(0)1-893 26 97 F +43-(0)1-893 24 31 E [email protected] www.vcoe.at P.b.b. Verlagspostamt 1050 Wien Zulassungs-Nr. GZ 02Z030778M Der Verkehr ist so stark vom Erdöl abhängig wie kein anderer Sektor. Eine Energiewende ist daher nur mit einer Mobilitätswende zu erreichen. Dafür braucht es die Förderung von umwelt- freundlichen Mobilitätsformen, eine kluge Raumordnung und eine ökologische Steuerreform. V on der Energiewende ist dieser Ta- ge viel die Rede. In Deutschland steht das Thema ganz oben auf der Tagesordnung der Politik. In Österreich fordern Umweltorganisationen und der VCÖ von der zukünftigen Regierung ein Gesamtpaket für eine umfassende Ener- giewende. Einzelmaßnahmen können eine nachhaltige Energiezukunft Öster- reichs nicht garantieren, vielmehr braucht es ein ambitioniertes energiepolitisches Gesamtpaket. Der Verkehrsbereich spielt für die Ener- giewende eine Schlüsselrolle, die noch zu wenig wahrgenommen wird. Der Verkehr ist zu 92 Prozent vom Erdöl abhängig – so stark wie kein anderer Sektor. Für unse- re Umwelt, für die Sicherung des Wirt- schaftsstandorts Österreich und für den Wohlstand der Bevölkerung ist es eine der zentralen Aufgaben der kommenden Bundesregierung, den Energieverbrauch des Verkehrs und seine Abhängigkeit vom Erdöl deutlich zu verringern. Der bereits begonnene Mobilitätswandel hin zu Öf- fentlichem Verkehr, Radfahren, Gehen und Carsharing ist zu beschleunigen. Es braucht einen zügigen Ausbau des Öf- fentlichen Verkehrs sowohl in den Bal- lungsräumen als auch in der Region sowie eine ökologische Steuerreform. Bestehen- de umweltschädliche Förderungen sind abzuschaffen: die Steuerbegünstigung des Dieseltreibstoffs, die Steuervorteile für die private Nutzung von Firmenwagen und die fehlende Kerosinsteuer im Flug- verkehr. Mobilitätswende stärkt Wirtschaft Unternehmen und Privatpersonen ha- ben bereits begonnen, ihre Mobilität neu zu organisieren. Die damit verbundene Verlagerung auf Öffentlichen Verkehr, Radverkehr, Carsharing und Elektro- Mobilität wirkt sich nicht nur positiv auf Umwelt und Luftqualität aus, sondern schafft in Österreich auch zusätzliche Ar- beitsplätze und stärkt die Wirtschaft, wie eine aktuelle VCÖ-Studie hervorhebt. Der im November 2013 von der Inter- nationalen Energieagentur (IAE) präsen- tierte „World Energy Outlook“ zeigt, dass ein energiepolitischer Richtungswechsel unumgänglich ist. Eine Weiterverfolgung des auf fossilen Brennstoffen beruhenden Energie- und Wirtschaftsmodells würde eine Erderwärmung von 3,6 Grad Cel- sius bringen. Das dringend notwendige 2-Grad-Ziel wird ohne Gegensteuerung verfehlt werden. Damit bestätigt der World Energy Outlook den aktuellen Be- richt des Weltklimarates, wonach die Be- stände an fossilen Brennstoffen unter der Erdoberfläche bleiben müssen, um das Einhalten der kritischen Grenze der Erd- erwärmung zu ermöglichen. Mobilität im Wandel Ohne Mobilitäts- wandel wird es keine Energiewen- de geben. Denn der Straßenverkehr ist fast vollständig vom Erdöl abhängig. Eine Änderung ist nötig. Seite 4 Öl im Boden lassen Die Förderung von Öl aus Teersand und Schiefergas ist noch prob- lematischer als die von konventionellem Öl. Die Folgen für Umwelt und Klima sind fatal. Seite 9 Foto: gettyimages/ Simone Becchetti Energiewende braucht Mobilitätswandel www.solarisbus.com BEZAHLTE ANZEIGE

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Der Verkehr ist so stark vom Erdöl abhängig wie kein anderer Sektor. Eine Energiewende ist daher nur mit einer Mobilitätswende zu erreichen. Dafür braucht es die Förderung von umweltfreundlichen Mobilitätsformen, eine kluge Raumordnung und eine ökologische Steuerreform

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»Wir reduzieren den Energieverbrauch und setzen alternative Energien ein«Georg Pölzl, Generaldirektor Post AG – Seite 7

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VCÖ – Mobilitätmit ZukunftBräuhausgasse 7–91050 WienT +43-(0)1-893 26 97F +43-(0)1-893 24 31E [email protected]

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Der Verkehr ist so stark vom Erdöl abhängig wie kein anderer Sektor. Eine Energiewende ist daher nur mit einer Mobilitätswende zu erreichen. Dafür braucht es die förderung von umwelt-freundlichen Mobilitätsformen, eine kluge Raumordnung und eine ökologische Steuerreform.

Von der Energiewende ist dieser Ta-ge viel die Rede. In Deutschland steht das Thema ganz oben auf der

Tagesordnung der Politik. In Österreich fordern Umweltorganisationen und der VCÖ von der zukünftigen Regierung ein Gesamtpaket für eine umfassende Ener-giewende. Einzelmaßnahmen können eine nachhaltige Energiezukunft Öster-reichs nicht garantieren, vielmehr braucht es ein ambitioniertes energiepolitisches Gesamtpaket.

Der Verkehrsbereich spielt für die Ener-giewende eine Schlüsselrolle, die noch zu wenig wahrgenommen wird. Der Verkehr ist zu 92 Prozent vom Erdöl abhängig – so stark wie kein anderer Sektor. Für unse-re Umwelt, für die Sicherung des Wirt-schaftsstandorts Österreich und für den Wohlstand der Bevölkerung ist es eine der zentralen Aufgaben der kommenden Bundesregierung, den Energieverbrauch

des Verkehrs und seine Abhängigkeit vom Erdöl deutlich zu verringern. Der bereits begonnene Mobilitätswandel hin zu Öf-fentlichem Verkehr, Radfahren, Gehen und Carsharing ist zu beschleunigen. Es braucht einen zügigen Ausbau des Öf-fentlichen Verkehrs sowohl in den Bal-lungsräumen als auch in der Region sowie eine ökologische Steuerreform. Bestehen-de umweltschädliche Förderungen sind abzuschaffen: die Steuerbegünstigung des Dieseltreibstoffs, die Steuervorteile für die private Nutzung von Firmenwagen und die fehlende Kerosinsteuer im Flug-verkehr.

Mobilitätswende stärkt WirtschaftUnternehmen und Privatpersonen ha-ben bereits begonnen, ihre Mobilität neu zu organisieren. Die damit verbundene Verlagerung auf Öffentlichen Verkehr, Radverkehr, Carsharing und Elektro-

Mobilität wirkt sich nicht nur positiv auf Umwelt und Luftqualität aus, sondern schafft in Österreich auch zusätzliche Ar-beitsplätze und stärkt die Wirtschaft, wie eine aktuelle VCÖ-Studie hervorhebt.

Der im November 2013 von der Inter-nationalen Energieagentur (IAE) präsen-tierte „World Energy Outlook“ zeigt, dass ein energiepolitischer Richtungswechsel unumgänglich ist. Eine Weiterverfolgung des auf fossilen Brennstoffen beruhenden Energie- und Wirtschaftsmodells würde eine Erderwärmung von 3,6 Grad Cel-sius bringen. Das dringend notwendige 2-Grad-Ziel wird ohne Gegensteuerung verfehlt werden. Damit bestätigt der World Energy Outlook den aktuellen Be-richt des Weltklimarates, wonach die Be-stände an fossilen Brennstoffen unter der Erdoberfläche bleiben müssen, um das Einhalten der kritischen Grenze der Erd-erwärmung zu ermöglichen.

Mobilität im WandelOhne Mobilitäts-wandel wird es keine Energiewen-de geben. Denn der Straßenverkehr

ist fast vollständig vom Erdöl abhängig. Eine Änderung ist nötig. Seite 4

Öl im Boden lassenDie Förderung von Öl aus Teersand und Schiefergas ist noch prob-

lematischer als die von konventionellem Öl. Die Folgen für Umwelt und Klima sind fatal. Seite 9

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vcö-magazin 2011-052 vcö-magazin 2013-06

Wirtschaft bitte wenden Von Markus Gansterer

VCÖ-Verkehrspolitik

Wenn es um die Belebung der Wirtschaft geht, ist umwelt-

freundliche und energieeffiziente Mobilität ein unterschätz-

ter Faktor. Nachhaltige Mobilität sichert bereits heute rund

200.000 Arbeitsplätze, ebenso viele wie der Pkw-

Sektor. Und Öffentlicher Verkehr, die stark exportieren-

de Bahnindustrie, Fahrradwirtschaft, Carsharing oder

Telematik haben noch großes wirtschaftliches Poten-

zial – ohne hohe Folgekosten für die Gesundheit oder

für die Handelsbilanz durch Erdölimporte.

Die Mobilitätswende hat auch die Unternehmen zu

erfassen. Die privat gefahrenen Pkw-Kilometer gehen

in Österreich und anderen Industriestaaten bereits zurück,

ebenso der Motorisierungsgrad in Städten wie Wien und Graz.

Öffentlicher Verkehr und Radfahren boomen. Gefragt sind des-

halb mehr Vernetzung und innovative Geschäftsmodelle. Ein

Beratungsunternehmen der Autoindustrie prognostiziert, dass

die Privathaushalte bald nicht mehr wie heute 90 Prozent ihres

Mobilitätsbudgets für Kauf und Betrieb des eigenen Fahrzeugs

ausgeben, sondern statt dessen einen fast ebenso hohen Anteil

für Öffentlichen Verkehr und Mobilitätsdienstleistungen.

Wir sollten auch bedenken, dass intelligente Technik mehr

Wertschöpfung schafft als Sprit. Gerade die technologieorien-

tierte Zulieferindustrie in Österreich profitiert, wenn die EU nied-

rige CO2-Werte beschließt, weil in den Neuwagen dann mehr

innovative Technik, etwa aus Österreich, verbaut wird. Auch

für Europa ein gutes Geschäft: Bis zu einer Million zusätzliche

Arbeitsplätze können im Jahr 2030 entstehen, wenn mehr Geld

für sparsame Fahrzeugtechnik statt für Treibstoff ausgegeben

wird. Die Verkehrswende zahlt sich aus – für Umwelt und Wirt-

schaft.

> Ihre Meinung dazu an [email protected]

kommentar

»Mobilitätswende belebt die Wirtschaft«

Redaktion und Anzeigenleitung: 1050 Wien, Bräuhausgasse 7–9

T +43-(0)1-893 26 97

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Zulassungs-Nr. GZ 02Z030778 M

Persönlich gekennzeichnete Beiträge geben

die Meinung der Autorin beziehungsweise des

Autors wieder.

Layout: A BISS Z PRODUCTIONS

Redaktion: Sonja Schnögl, www.muendig.at

Herstellung: Druckerei Berger,

3580 Horn, Wiener Straße 80

Diese Ausgabe des VCÖ-Magazin wird vom

Land Vorarlberg und vom internationalen

Projekt Soothfree for the Climate/Rußfrei fürs

Klima finanziell unterstützt.

Impressum:VCÖ-Magazin – für Mobilität mit Zukunft

Unter Beteiligung von:

MarkusGansterer

BettinaUrbanek

UllaRasmussen

SonjaSchnögl

BernhardHachleitner

MatthiasPlavec

RomanKellner

JurrienWesterhof

GerfriedJungmeier

RalfWinter

MarkusMeister

KarlSteininger

PeterKoren

GüntherLichtblau

KarlReiter

Mariavan der Hoeven

GeorgPölzl

MichaelaZiegler

AngelaKöppl

IngmarHöbarth

KorinnaNeulinger

SonjaBeran

UrsulaJungmeier-Scholz

WilliNowak

ChristianHöller

ChristianGratzer

In Deutschland wird die Einführung einer Autobahnmaut für Pkw nach dem Vorbild der Vignette in Österreich diskutiert. Keine gute Idee: Sie bevorzugt Vielfahrende und es fehlt die Möglichkeit einer Verkehrssteuerung. Sinnvoller und gerechter ist eine Mautbemessung nach gefahrenen Kilometern. Von Bernhard Hachleitner

Wirtschaft beleben durch nachhaltige Mobilität

Intelligent steuern statt Vignette kleben

Manche in Österreich mögen sich ja geschmeichelt fühlen, wenn Deutschland den klei-

nen Nachbarn als Vorbild nimmt. Es gäbe aber sicher bessere Modelle als das heimische System der Pkw-Maut. Der große Nachteil der Vignette: Je mehr auf der Autobahn gefahren wird, desto billiger wird der einzelne Kilo-meter. Bei 1.500 Autobahnkilometern sind es 5,51 Cent pro Kilometer, bei 10.000 dagegen nur 0,83 Cent pro Kilometer. So wird umweltschädli-ches Verhalten belohnt. „Die Vignette ist ein Entgelt für die Benützung der Infrastruktur. Deshalb soll jeder gefah-rene Kilometer gleich viel kosten“, so VCÖ-Experte Markus Gansterer.

Eine fahrleistungsabhängige Maut hat noch weitere Vorteile: Der Kilo-metertarif kann für schadstoffarme Fahrzeuge niedriger angesetzt wer-den als für solche, die mehr Emissi-onen ausstoßen. Wird die Maut zu den Stoßzeiten höher bemessen als zu ruhigeren Zeiten, ist eine intelligen-te Verkehrssteuerung möglich. Da-mit können Staus verringert werden, die volkswirtschaftlich enorm hohe Kosten verursachen und die Umwelt belasten. Das gilt nicht nur für Au-tobahnen: So unterschiedliche Städte wie London, Stockholm oder das nor-wegische Bergen haben ihre Verkehrs-probleme durch die Einführung einer City-Maut zumindest gelindert. Be-sonders groß ist der Effekt, wenn die zusätzlichen Einnahmen für den Aus-bau des Öffentlichen Verkehrs und der Infrastruktur zum Gehen und Radfahren verwendet werden.

Kosten verursachergerecht aufteilenAls zentrales Argument gegen eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut

wird häufig die hohe Belastung von Pendelnden genannt – ein bei genau-erer Betrachtung wenig stichhaltiges Argument. Laut Arbeiterkammer ha-ben nur 17 Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsweg von mehr als 30 Kilometer, von dem außerdem nur ein Teil auf Autobahnen oder Schnell-straßen zurückgelegt wird. Von den rund 170.000 Pendelnden, die mehr als eine Stunde unterwegs sind, fah-ren rund 60 Prozent mit Bahn oder Bus zur Arbeit. Trotzdem entstehende

Härten müssten abgefedert werden. „Für jene Pendlerinnen und Pendler, die keine Alternative zum Auto ha-ben, soll es abhängig vom Einkom-men Unterstützung geben“, so Gan-sterer. Tatsächlich ist eine kilometer-abhängige Maut sozial gerecht: Bes-serverdienende fahren deutlich mehr Auto als Menschen mit geringem Einkommen. Die externen Kosten für Gesundheitsschäden durch Abga-se, Lärm und Unfälle trägt die Allge-meinheit. „Eine verursachungsgerech-te Besteuerung des Verkehrs ist derzeit nicht gewährleistet“, sagt Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriel-lenvereinigung. „Unsere langjährige Flaggschiffforderung zur Erreichung sinnvoller Mobilität – fair, effizient, ökologisch – ist die Einführung einer fahrleistungsabhängigen und verur-sachungsgerechten Pkw-Maut. Das ist die erfolgversprechendste Maß-nahme für mehr Kostenwahrheit im Personenverkehr und für mehr Kli-maschutz.“ Unter der Voraussetzung, dass der Datenschutz ernstgenommen wird, lässt sich sagen: Es spricht viel für eine Pkw-Maut, aber sehr wenig für eine Vignettenlösung.

> Zum Autor: www.hachleitner.at

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Verkehr fair steuern: Die Maut nach den tatsächlich gefahrenen Kilometern zu bemessen ist fair und ökologisch sinnvoll.

Die VCÖ-Publikation „Wirt-schaft beleben durch nach-haltige Mobilität“ führt aus,

wie energieeffiziente Mobilität, in-novative Technologien und neue Geschäftsfelder die Konjunktur be-leben, Beschäftigung schaffen und einen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen bringen als das bestehende Verkehrssystem. Die Importe von Erdöl für den Straßenverkehr bin-den viel Geld, das, in Konsum und Wertschöpfung im Inland investiert, deutlich höhere Beschäftigungseffek-

te hätte. Mit den externen Kosten des Verkehrs, die die Allgemeinheit trägt, verursacht der Straßenverkehr weit mehr Kosten, als Steuern, Ge-bühren und Mauten abdecken.

Änderungen im Steuersystem kön-nen die Energieeffizienz im Verkehr erhöhen, nachhaltige Infrastruktur-entscheidungen die öffentlichen Bud-gets entlasten und externe Kosten et-wa für das Gesundheitssystem senken. Es wird dargelegt, wie Investitionen in den Öffentlichen Verkehr, in die Vernetzung von Mobilitätsformen, in

Elektro-Mobilität und bessere Bedin-gungen für bewegungsaktive Mobili-tät positiv auf Konjunktur, Arbeits-markt und Kaufkraft wirken.

> Die Publikation kann beim VCÖ um 25 Euro bestellt werden. T: +43-(0)1-893 26 97, E: [email protected], www.vcoe.at

»Für die Einführung einer fahrleistungsabhängigen und verursachungsgerechten Pkw-Maut.«

Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung

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3 vcö-magazin 2013-06

Konsequenz bei Klima- und Energiepolitik ist nötig

Von Ulla RasmussenVCÖ-Verkehrspolitik

In Europa wird um die Klima- und Energieziele für das Jahr

2030 gestritten, in Österreich haben wir immerhin eine

Sammlung an Klimaschutzmaßnahmen für das Jahr

2014 bekommen. Es wird die Strategie der kleinen,

in sozialpartnerschaftlichem Konsens beschlosse-

nen Schritte verfolgt. Allerdings ist ein ernsthafter

und konsequenter Weg in Richtung einer kohlen-

stoffarmen Gesellschaft und eines ebensolchen

Mobilitätssystems mit weniger Verkehrsverschwen-

dung so kaum möglich. Zu stark ist die Lobby bestehender

ökonomischer Interessen, zu wenig ausgeprägt das Vorstel-

lungsvermögen, dass es wirklich anders als gewohnt gehen

könnte.

Schwierige, aber energie- und klimapolitisch zielführen-

de Maßnahmen wie die Abschaffung kontraproduktiver

Subventio nen und die Einführung einer CO2-Steuer werden

auf die lange Bank geschoben. Damit ist Österreich freilich

nicht allein. Trotz des – neuerlich alarmierenden – aktuellen

IPCC-Klimaberichts schafft es die EU nicht, kontraproduktive

Subventionen für fossile Energie abzuschaffen. Daten und

Fakten zu den bisherigen Subventionen werden vom Energie-

Kommissar nun doch nicht veröffentlicht, weil sie zeigen, wie

viel Geld immer noch in Industrien fließt, die für das Gegenteil

von Klimaschutz und erneuerbarer Energie stehen. Nicht be-

sonders konsequent, nicht gerade innovationsfördernd.

Die Wende zur Unabhängigkeit vom Erdöl wird auch durch

Zugeständnisse von Angela Merkel an deutsche Autohersteller

verzögert, wenn nicht sogar verhindert. Auch bei den Agro-

Treibstoffen sind Interessen bestehender Konzerne innovativen

Lösungen im Wege. Neue Ideen haben es schwer, unterstüt-

zende Regelungen müssen politisch hart erkämpft werden.

Hat die Politik überhaupt eine Chance gegen ökonomische

Interessen? Ich glaube ja! Der Zwang zum Sparen in weiten

Teilen Europas wird ein Ausmisten umweltschädlicher Sub-

ventionen notwendig machen. Damit soll auch die Vision einer

anderen Mobilität verbunden sein. Zu denken, wir können in

Europa weiter so verkehrsverschwenderisch wirtschaften wie

bisher, nur mit anderen Antriebsformen – das wird sich rein

ressourcentechnisch nicht ausgehen.

> Ihre Meinung an: [email protected]

verkehr in EUropa

»Umweltschädliche Förderungen und Steuerbegünstigungen streichen«

„Seit 25 Jahren engagiert sich der VCÖ mit ganzer Kraft für

eine ökologisch verträgliche, sozial gerechte und ökonomisch

effiziente Mobilität. In seiner tagtäglichen Arbeit zeichnet sich

der VCÖ durch Kompetenz und Sachlichkeit sowie den großen

Einsatz für die Anliegen aller am Verkehr Teilnehmenden aus.

In diesem Sinne gratuliere ich dem VCÖ

zum Jubiläum und wünsche ihm auch in

Zukunft viel Erfolg.“

Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und

Jugend

2013

Mobilität mit Zukunft25 JahrE VCÖ

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M O B I L I T Ä T M I T Z U K U N F T

Große Herausforderungen …Die Erdöl- und Auto-Abhängigkeit unserer Mobilität wird mehr und mehr zur Kosten falle für unsere Gesellschaft. Auf der Strecke bleiben Gesundheit, Umwelt und Lebensqualität. Das muss sich ändern.

… brauchen großen EinsatzDer VCÖ setzt sich seit 25 Jahren für eine Mobilität mit Zukunft ein und fordert konsequentes Handeln der Politik. Es braucht Ideen und vernetztes Denken. Ihre großzügige Spende an den VCÖ ermöglicht diesen Einsatz.

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Mobilität mit Zukunft25 JAHRE VCÖ

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Die bestehende Technik der Lkw-Maut kann in den kommenden Jahren erneuert werden. Beim VCÖ-Hintergrundgespräch diskutierten Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung die Chancen und Hindernisse einer Ausweitung der Lkw-Maut auf Landes- und Gemeindestraßen. Von Sonja Beran

Lkw-Maut ausweiten

Rund 40 Prozent der Lkw-Kilo-meter werden in Österreich auf Straßen gefahren, wo es noch

keine Lkw-Maut gibt. Dort, auf dem Straßennetz der Gemeinden und Bun-desländer, ist die Belastung durch den Lkw-Verkehr ein Hauptgrund für die massiv steigenden Erhaltungskosten. Beim VCÖ-Hintergrundgespräch war daher Konsens, dass ein höherer Kos-tendeckungsgrad des Lkw-Verkehrs dringend notwendig ist und sich die neue Bundesregierung die Auswei-tung der Lkw-Maut als Option genau ansehen sollte.

Christian Nagl, Landesbaudirek-tor in Salzburg, betonte die steigen-den Kosten der Bundesländer, um das Straßennetz nur auf dem aktuel-len Niveau zu halten. Er sprach sich deshalb klar für eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Landes- und Gemein-destraßen aus. Auf Autobahnen habe sie sich bewährt und wie dort sollte es auch im nachgelagerten Netz mög-lichst einfache Tarife und wenige Aus-nahmen geben.

Der in der Schweiz tätige Ver-kehrsexperte Bernhard Oehry, Rapp Gruppe, appellierte an die Politiker-innen und Politiker, die Vorteile der Lkw-Maut klar zu kommunizieren: „Mit den Einnahmen aus der Lkw-Maut sollte die Politik spürbare und innovative Projekte finanzieren, die deutliche Verbesserungen bringen.“

„Die technische Machbarkeit steht außer Frage“, erklärte Arnulf Wolfram

von Siemens Infrastructure and Cities. Ein Systemwechsel wäre – politischer Wille vorausgesetzt – binnen etwa zwei Jahren möglich. Natürlich werde es dabei für die Wirtschaft Vor- und Nachteile geben, aber es habe sich in der Vergangenheit immer gezeigt, dass Unternehmen von Kostenwahrheit, mehr Effizienz und besserer Infrastruk-tur insgesamt profitieren.

Walter Leiss, Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebundes, wies auf die steigenden Kosten im Straßenerhalt hin. Er meinte aber auch, dass die wirtschaftliche Gesamt-situation in den Regionen zu beach-ten sei. Die regionale Wirtschaft müs-se von der Ausweitung einen Vorteil haben.

Die Befürchtung, dass die Lkw-Maut auf die Konsumpreise überwälzt würde, teilte Sylvia Leodolter, Ar-beiterkammer Wien, nicht. Auch bei der Einführung der Lkw-Maut 2004

wäre die befürchtete Inflation ausge-blieben, da die Transportkostenanteile am Produktpreis relativ niedrig seien. Darüber hinaus wurden Kosten durch verringerte Leertransporte eingespart. Sie erinnerte daran, dass Österreich die mögliche Tarifhöhe bei der be-stehenden Lkw-Maut noch nicht ausnutzt. Neben der geographischen Ausweitung sollen die externen Kos-ten für Luftverschmutzung und Lärm rasch eingerechnet werden.

VCÖ-Experte Markus Gansterer machte darauf aufmerksam, dass über eine Lkw-Maut jene für den Straßen-erhalt bezahlen, die die meisten Schä-den verursachen. Ein weiterer Vorteil seien viele neue Arbeitsplätze in der regionalen Bauwirtschaft, die mehr Mittel für Sanierungen schaffen.

> Zur Autorin: Sonja Beran ist Politikwissen-

schafterin, studiert Raumplanung und macht ein

Praktikum beim VCÖ.

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Im Gespräch zur Lkw-Maut: Christian Nagl, Landesbaudirektion Salzburg, Sylvia Leodolter, AK Wien, Walter Leiss, Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebundes, Christian Gratzer, VCÖ, Arnulf Wolfram, Siemens Infrastructure and Cities, Bernhard Oehry, Rapp Gruppe, und Markus Gansterer, VCÖ

vcö-magazin 2013-064 vcö-magazin 2013-064

Energiewende schaffen: Eine der zentralen Aufgaben der kom­menden Bundes­regierung ist es, den Energieverbrauch des Verkehrs und seine Abhängigkeit vom Erdöl deutlich zu verringern. Der bereits begonnene Mobilitätswandel hin zu Öffentlichem Verkehr, Radfahren, Gehen und Carsharing ist zu beschleunigen.

Schwerer tun sich Firmen, die kei-ne Massengüter transportieren, die zeitkritisch arbeiten und keine gan-zen Züge, nicht einmal ganze Wag-gons benötigen. Sie beklagen häufig die im Vergleich zum Lkw geringere Flexibilität der Bahn. Hier setzt ein Kapazitätsbuchungssystem für den Einzelwagenverkehr an, das derzeit von Rail Cargo Austria mit sechs Part-nerbahnen entwickelt wird. Echtzeit-Transportinformationen und eine einfache Buchung über das Internet, bei der sowohl Route als auch Zeit-fenster der Lieferungen wählbar sind, erhöhen die Flexibilität der Transpor-te. Im Jahr 2015 soll das System ver-fügbar sein.

Derzeit werden in Österreich im Landverkehr etwa zwei Drittel der Güter mit dem Lkw transportiert, ein

Drittel mit der Bahn. Ein im europäi-schen Vergleich guter Wert, trotzdem gibt es noch großes Potenzial: Wäh-rend ein Güterzug in Österreich nur etwa 19 Gramm CO2-Äquivalente pro Tonnenkilometer verursacht, sind es bei einem Lkw je nach Grö-ße zwischen 94 bei einem Sattel-schlepper mit 36 Tonnen und 1.130

Gramm bei einem Klein-Lkw. Die Bahn verbraucht weniger und wird zu 73 Prozent mit Strom betrieben, der im österreichischen Strom-Mix zu 64 Prozent, bei den ÖBB sogar zu 93 Prozent aus erneuerbaren Energie-trägern, vor allem Wasserkraft, herge-stellt wird.

Zustelldienste und EinkaufsverkehrWas die Bahn nicht leisten kann, ist die Feinverteilung der Güter. „Ein schönes Beispiel ist die Murauer Brau-erei“, sagt Lichtblau. „Im Zuge eines umfassenden Umweltprogramms hat sie auch einen Elektro-Lkw für die Zustellung im Nahbereich an-geschafft.“ Die deutsche Post testet derzeit in Bonn Elektro-Fahrzeuge, auch in anderen Städten gibt es bei Zustelldiensten ähnliche Projekte. Perfekt ist klarerweise eine Zustellung per (Lasten-)Fahrrad, wie sie etwa die Merkur-Filiale am Hohen Markt in der Wiener Innenstadt anbietet.

Aber auch beim persönlichen Ein-kauf ist viel möglich. Die Studie Cycle-logistics – durchgeführt in elf EU-Län-dern – zeigt ein enormes Potenzial des Fahrrads im städtischen Warenverkehr. Im Durchschnitt könnten 51 Prozent aller städtischen Kfz-Fahrten, die mit Warentransport zu tun haben, auf das Fahrrad verlagert werden. Ein Drittel dieser Fahrten ist Wirtschaftsverkehr,

Die Fakten sind klar: Seit dem Jahr 1990 sind die Treibhaus-gas-Emissionen in Österreich

um sechs Prozent gestiegen, die des Verkehrs neunmal so stark, nämlich um 55 Prozent. Die Verkehrsemissio-nen werden fast zur Gänze – 96,9 Pro-zent – vom Straßenverkehr verursacht, der zu 92 Prozent von Erdölprodukten abhängig ist. Das ist nicht nur für das Klima und die menschliche Gesund-heit ein gewaltiges Problem. Es schafft auch für die Wirtschaft schädliche Abhängigkeiten, denn etwa 85 Pro-zent des in Österreich verbrauchten Öls müssen importiert werden. Um die im EU-Weißbuch Verkehr defi-nierten Ziele zu erreichen, muss Ös-terreich die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs bis zum Jahr 2050 um

Ohne Mobilitätswandel wird es keine Energiewende geben. Denn der Straßenverkehr ist fast vollständig vom Erdöl abhängig, sein Energieverbrauch zu hoch. Es braucht daher gesetzliche Maßnahmen, um Mobilität neu zu organisieren. Von Bernhard Hachleitner

Straße frei für die Energiewende

»Energiewende braucht

Mobilitätswandel«

77 Prozent reduzieren. Dafür reicht es klarerweise nicht, auf Verbrauchs-reduktion von Verbrennungsmotoren zu setzen. Auch Elektro-Autos kön-nen nur als Teil eines Systemwandels helfen, vom Besitz hin zur sinnvollen Nutzung. Gesetzliche Maßnahmen, die Anreize schaffen und zu Änderun-gen verpflichten – etwa im Bereich der Steuerpolitik und der Raumord-nung –, sind dringend erforderlich, um die Mobilitätswende zu schaffen.

Von der Straße auf die SchieneGünther Lichtblau vom Umweltbun-desamt berät Unternehmen, die ihre Ökobilanz verbessern wollen. „Wir haben beim Verkehr die Prämisse: Ver-meiden, was möglich ist, verlagern, wo es geht. Was bleibt, sollte mit möglichst effizienten Fahrzeugen abgewickelt werden“, sagt er. Für die Firmen rech-net sich die Umstellung durch niedri-gere Energiekosten. „Verlagern“ heißt verstärkte Nutzung der Bahn, wie es etwa die Lenzing Gruppe macht. Sie produziert in Ober österreich Zellulose-fasern für die Textil industrie. Das dafür benötigte Holz wird zu 77 Prozent mit der Bahn angeliefert. Innerhalb von zehn Jahren stieg die auf der Schiene transportierte Menge von 800.000 Jah-restonnen auf rund 1.800.000 Jahres-tonnen – das entspricht etwa der Fracht von 38.000 Lkw.

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„Ich freue mich, dass sich der VCÖ an der Verkehrspolitik mit Sach­

kenntnis und ohne Polemik beteiligt und verlässlich die Sichtweise

der schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer

in Diskussionen miteinbringt. Dass sanfte

Mobilität heute in der öffentlichen Diskus­

sion einen so hohen Stellenwert hat, ist

auch ein Verdienst des VCÖ.“

Doris Bures, Verkehrsministerin

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

»Wir haben beim Verkehr die Prämisse: Vermeiden, was möglich ist, verlagern, wo es geht. Was bleibt, sollte mit möglichst effizienten Fahrzeugen abgewickelt wer­den.«

Günther Lichtblau, Umweltbundesamt

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Mit Raumordnung gegensteuern: Siedlungen ohne gute Anbindung an öffent­liche Verkehrsmittel erhöhen die Abhängig­keit vom Auto.

zwei Drittel sind privat, die meisten davon wiederum Einkaufsfahrten. „Würde nur eine von 1.000 Fahrten in allen europäischen Städten statt mit dem Auto mit dem Rad durchgeführt, könnten bereits 15.000 Tonnen Treib-stoff und 37.000 Tonnen CO2 einge-spart werden“, sagt Karl Reiter von der Forschungsgesellschaft Mobilität, der den österreichischen Teil der Studie koordiniert. Trotzdem glauben viele Menschen, beim täglichen Einkauf auf das Auto angewiesen zu sein. Neben Bewusstseinsbildung sind Investitio-nen in die Infrastruktur notwendig: Bessere Geh- und Radwege, aber auch sichere und komfortable Abstellanla-gen für Fahrräder bei Wohnhäusern, Geschäften und Betrieben. Das Pro-gramm klima:aktiv mobil des Umwelt-ministeriums bietet dafür eine Reihe von Fördermöglichkeiten.

Persönliche Mobilität hinterfragenManche Elemente unseres Mobilitäts-verhaltens werden allerdings schon früh geprägt. Kinder und Jugend-liche, die häufig von ihren Eltern mit dem Auto in die Schule oder zu Freizeitaktivitäten chauffiert werden, fahren später auch häufiger selbst mit dem Auto, wie etwa die Studie „Ju-gendliche: Lebensqualität, Verkehr & Mobilität“ zeigt. Ein Beispiel, wie das Mobilitätsverhalten von Kindern

positiv verändert werden kann, ist „MuMob“, das Mobilitätskonzept der Hauptschule Munderfing im Innvier-tel, das die Kinder motiviert, häufi-ger zu Fuß oder mit dem Rad in die Schule zu kommen.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Ältere Jugendliche empfinden den Öffentlichen Verkehr häufig als teu-er, weil sie ein Auto der Eltern oft gratis nutzen können – während sie Bus- und Zugtickets selbst bezahlen müssen. Unter anderem deshalb sind Angebote wie das Top-Jugendticket für die Ostregion Österreichs oder die Jugendtickets der Bundesländer so wichtig. Sie stellen auch für Jugend-liche, die einen Führerschein haben, einen Anreiz dar, weiter öffentli-che Verkehrsmittel zu nutzen. Das hat enorme Vorteile: Die Bahn ver-braucht in Österreich pro Personen-kilometer nur 0,09 Kilowattstunden an Energie und emittiert 15 Gramm CO2. Beim Auto sind es dagegen im Schnitt 53 Kilowattstunden und 168 Gramm CO2. Der Ausstoß an Treib-hausgasen ist beim Auto also mehr als zehn Mal so hoch wie bei der Bahn. Doch auch wenn die Tickets günstig sind: Attraktiv sind die öffentlichen Verkehrsmittel nur, wenn es gute Verbindungen gibt. Das gilt für die gesamte Bevölkerung – besonders für Menschen, die täglich zu ihrer Arbeitsstätte pendeln: Während in Tulln von den Auspendelnden etwa 46 Prozent den Öffentlichen Verkehr nutzen, sind es in Schrems und Zwettl nur rund fünf Prozent. Hier sind ei-nerseits Bundesländer gefordert, ihre Verantwortung für den Öffentlichen Verkehr wahrzunehmen, anderseits kommt die Raumordnung ins Spiel.

Bessere Raumordnung und ökologische SteuerreformDünn besiedelte Gebiete mit Öffent-lichem Verkehr zu versorgen, ist auf-wändig. Es entsteht eine Abhängigkeit vom Auto, die teuer und schädlich für die Umwelt ist. Statt des Baus von Ein-familienhäusern auf der grünen Wiese sollten deshalb eine verdichtete Bau-

weise entlang leistungsfähiger öffent-licher Verkehrsmittel, dichtere Sied-lungsstrukturen und Revitalisierung in den Ortskernen forciert werden. Eine klügere Raumordnung zeigt aber erst mittel- und langfristig ihre Wirkung. Gefragt sind auch Maßnahmen, um die Mobilität innerhalb der bestehen-den Siedlungsstrukturen energiespa-render und damit klima- und men-schenfreundlicher zu gestalten.

Ein Element ist eine Steuerreform, die Arbeit entlastet, Energie und CO2

belastet. Derzeit ist in Österreich das Gegenteil der Fall: Umweltwirksame Steuern machen nur etwa acht Pro-zent der gesamten Steuereinnahmen aus, knapp 71 Prozent kommen von Lohn- und Einkommensteuer sowie Sozialbeiträgen. Mit dem Pendelpau-schale und der steuerlichen Bevorzu-gung der privaten Nutzung von Fir-menautos gibt es zudem zwei wesent-liche Elemente, die das Autofahren finanziell fördern. Eine grundlegende Entrümpelung der kontraprodukti-ven Subventionen im Verkehrsbereich wäre ein wichtiger Schritt. Das Geld könnte in den Ausbau des Öffentli-chen Verkehrs investiert werden. Die Einführung einer Ökosteuer hat in Deutschland vom Jahr 1998 bis zum Jahr 2003 zu einer Reduktion des Energieverbrauchs um etwa elf Pro-zent geführt, während in Österreich im selben Zeitraum der Energiever-brauch um 20 Prozent gestiegen ist. Neben dem Nutzen für die Umwelt wirkt sich eine ökologische Steuer-reform auch positiv auf Konjunktur und Arbeitsplätze aus, wie das Bei-spiel Dänemark, aber auch Modell-rechnungen für Österreich zeigen. Gerecht wäre sie allemal: Derzeit ver-ursacht in Österreich allein der Pkw-Verkehr externe Kosten von neun Milliarden Euro. Kosten, die wir alle tragen …

Straße frei für die EnergiewendeFo

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Kostenrechner für die eigene MobilitätDer Traum vom „Haus im Grünen“ ist oft

mit beträchtlichen Kosten für die Nutzung

von Auto, Bus oder Bahn verbunden.

Diese werden bei der Wahl des Wohnor-

tes häufig unterschätzt. Das Salzburger

Institut für Raumordnung und Wohnen

(SIR) hat einen interaktiven Onlinerechner

erarbeitet, der kostenfrei zur Verfügung

steht. Damit können Wohn- und Mobili-

tätskosten berechnet und für verschie-

dene Wohnorte im Bundesland Salzburg

verglichen werden. Das neue Service

heißt Moreco („mobility and residential

costs“) und wurde im Rahmen eines

EU-Projektes entwickelt. Eine Variante

des Rechners unterstützt Fachleute und

Gemeindevertretungen bei der Sied-

lungsplanung, derzeit für den politischen

Bezirk Salzburg-Umgebung.

www.moreco.at/haushaltsrechner

Neues Jobportal für SchienenjobsDas Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene

stellte ein neues Jobportal für Schie-

nenberufe vor. Die Schienenbranche

zählt mit 600.000 Arbeitsplätzen zu den

wichtigsten Arbeitgebern in Deutschland.

Das neue Jobportal soll tatkräftig einem

drohenden Fachkräftemangel vorbeugen.

Dazu hat sich Allianz pro Schiene mit

index, dem europäischen Marktführer bei

Stellenmarktanalysen, zusammengetan

und das erste umfassende Jobportal

rund um alle Bahnberufe gegründet. Mit

an Bord sind die Branchengrößen Deut-

sche Bahn und Bombardier sowie wich-

tige Branchenverbände. Mit 5.000 freien

Stellen ist Schienenjobs im Oktober 2013

an den Start gegangen.

www.schienenjobs.de

kurzmeldungen

»Gesetzliche Maßnahmen für den

Mobilitätswandel notwendig«

literatur

Kampf um Strom. Mythen, Macht und Monopole Claudia Kemfert, Murmann Verlag Hamburg 2013, 140 Seiten, 17,30 Euro

In ihrem Buch räumt die re-nommierte Wirtschaftsexper-tin für Energieforschung und Klima-schutz mit vielen Mythen und Irrtü-mern auf, die in der aktuellen Debatte um die Energiewende kursieren. Sie befürwortet klar den Ausbau erneu-erbarer Energien, setzt sich mit den Thesen der Gegenseite auseinander und fordert Mut von der Politik für ein klares, nachhaltiges Energieversor-gungskonzept.Claudia Kemfert leitet seit dem Jahr 2004 die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und ist Professorin für Energieökono-mie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin. In Deutschland ist sie eine gefragte Be-raterin in der Politik und Interview-partnerin in den Medien zum Thema Energiewende.

> Zum Autor: www.hachleitner.at

vcö-magazin 2013-066

Über die Energiewende wird viel diskutiert. Das Thema Mobilität wird dabei häufig vernachlässigt. Was muss im Bereich der Mobilität geschehen, damit die Energiewende gelingt?

Karl W. Steininger

Leiter Volkswirtschaft, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Karl-Franzens-Universität Graz, www.

wegcenter.at

„Ein wichtiger Teil unserer anbrechenden Energiewende ist die Mobilitätswende. Neben der Verringerung der Wege und Weglängen durch bessere Raum- und Stadtplanung (Stichwort: Siedlungsent-wicklung nach innen) basieren innovative Technologien und Kon-zepte wie Elektro-Mobilität oder Carsharing darauf, für jeden noch verbleibenden Wegabschnitt das am besten geeignete Verkehrsmittel zu nutzen. Dies wiederum setzt eine optimale Abstimmung zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln voraus. Zum einen gilt es, die Infra-struktur und Anreize noch massiv zu verbessern: vom Ausbau der (Schnell-)Radwege über eine bessere Abstimmung der Fahrpläne im Öffentlichen Verkehr bis zur Förderung intermodaler Mobilität durch steuerliche Anreize. Zum anderen brauchen wir noch jede Menge Pilotprojekte, damit die Menschen mit positiven Beispielen konfron-tiert werden und sehen, dass und wie es funktionieren kann. Erzählen wir doch von diesen Beispielen, wo etwas gelingt und Freude macht! Denn wir brauchen Bilder, um uns Alternativen zum Gegebenen vor-stellen zu können und diese dann noch breiter Wirklichkeit werden zu lassen.“

Maria van der Hoeven Executive Director, International Energy Agency, www.iea.org

„Im Jahr 2050 werden nahezu 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Wir erwarten, dass sich der Energieverbrauch, der für Mobilität und Transport in den Städten eingesetzt wird, bis dahin ver-doppeln wird. Daher steigt das Bedürfnis nach effizienten, leistbaren und sicheren Mobilitätslösungen, die über große Kapazitäten verfügen. Es ist drin-gend erforderlich, die Effizienz des Verkehrssystems zu verbessern, nicht nur wegen der Energiesicherung, sondern auch, um die zahllosen negativen Effekte des steigenden Verkehrs in Bezug auf Klima, Lärm, Luftverschmutzung, Stau und Wirtschaft zu begrenzen. Politisch Ver-antwortliche benötigen eine systemische Langzeitperspektive. Regierungen müssen über einzelne Projekte hinausdenken und die Planung und Erneuerung der Städte auf die Bedürfnisse von nahe-zu 6,3 Milliarden Menschen hin auslegen. Wir müssen jetzt Infrastruktur, Logistik und Energie-systeme planen, die für heutige Bedürfnisse passen und auch für die kommenden Jahrzehnte. Die Instrumente dafür sind Verkehr vermeiden, auf umweltfreundliche Mobilitätsformen verlagern und im Hinblick auf Energieverbrauch und Emissionen verbessern.“

Angela Köppl Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, www.wifo.ac.at„In meiner Wahrnehmung wird in der Diskussion um die Energiewende das Thema Mobilität häufig vernachlässigt. Für mich heißt Energiewende im Bereich Verkehr eine konsequente Orientierung an Mobilitätsdienstleistungen und ein

Überwinden sektoraler Verkehrspolitik und sektoraler Interessen. Mobilitätsdienst-leistungen – der Zugang zu Menschen, Gütern und Dienstleistungen für die Erfüllung

der täglichen Aufgaben und Bedürfnisse – sind ein grundlegendes Bedürfnis in unserer Gesellschaft. Energiewende im Verkehr heißt erstens Verkehrsnachfrage reduzieren, ohne die

Mobilitätsdienstleistung zu reduzieren, zum Beispiel durch eine verbesserte Raumplanung, zwei-tens Umstieg von energieintensiven Verkehrsmodi auf energiesparende Modi, wie zu Fuß gehen, Radfahren oder Umstieg vom Autoverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel, und drittens Erhöhung der Energieproduk-tivität durch neue Antriebstechnologien oder eine Reduktion des Fahrzeuggewichts. Ein Aufschub geplanter Emissionsstandards ist in diesem Zusammenhang kontraproduktiv.“

Georg Pölzl Generaldirektor Post-AG, www.post.at

„Der Klimaschutz liegt uns bei der Post besonders am Herzen. Deshalb stellen

wir seit dem Jahr 2011 in Österreich alle Sendungen CO2-neutral zu. Das gelingt uns

einerseits durch CO2-Ausgleich mittels Zertifi-katen, andererseits aber vor allem durch konsequente

Reduktion des Energieverbrauchs, etwa bei Heizungen oder im Fuhrpark und durch den Einsatz alternativer Energien. Wir haben heute bereits 265 Elektro-Fahrzeuge im Einsatz und ihre Anzahl wird in den nächsten Jahren noch stark steigen: auf über 1.000 Fahrzeuge im Jahr 2015. Dazu haben wir gerade Österreichs größte Aufdach-Photovoltaikanlage auf un-serem Briefzentrum in Wien Inzersdorf errichtet, aus der wir künftig den Strom für unsere Flotte beziehen werden. Mit einer weiteren ähnlichen Anlage in Oberösterreich wollen wir künftig den gesamten Strombedarf für unsere Elektro-Flotte mit Sonnenenergie aus unseren eigenen Anlagen decken. Die Österreichische Post AG ist ein wichtiges Unternehmen für unser Land und seine Bevölkerung und trägt dadurch auch große Verant-wortung. Wir sind uns dessen bewusst und tragen deshalb unseren Teil zur Energiewende bei. Nicht nur mit dem Stro m, den wir selbst produ-zieren, sondern auch mit jenem, den wir für den Betrieb unserer Anlagen und Niederlassungen benötigen. Denn auch der stammt zu 100 Prozent von erneuerbaren Energieträgern.“

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Mobilität neu für die Energiewende

„Vor 25 Jahren durfte ich die Geburt und das Wachsen des VCÖ aus nächster

Nähe mitverfolgen. Im Laufe der Jahre hat sich der VCÖ als ein gewichtiges

Sprachrohr in Sachen Verkehrspolitik etabliert. Er hat mit seiner Arbeit den

Horizont im verkehrspolitischen Alltag wesentlich erweitert und besetzt The-

men, die ohne seine Öffentlichkeitsarbeit unter den Teppich gekehrt würden.

Eine Mobilität, die sich aufgrund vieler staatlicher und

weltweiter Zielsetzungen ändern muss, benötigt eine

solide Basis, die der VCÖ durch unermüdlichen Einsatz

liefert. Viel Erfolg auf dem weiteren Weg.“

„Mobilität in einer modernen Gesellschaft ist nicht nur ein komplexes und mehrdimensio-

nales Phänomen, sondern auch Gegenstand erbitterter Kontroversen und Auseinanderset-

zungen, geprägt durch berufliche Mobilitätserfordernisse, Freizeitverhalten, Stadtplanung

und demographische und soziale Verschiebungen. Und über all dem schwebt wie ein

Damoklesschwert der Klimawandel, der jedes verkehrspolitische Konzept auch zu einer

ökologischen und moralischen Frage macht. Hier einen kühlen Kopf zu behalten, ist eine

Kunst. Der VCÖ ist eine der wenigen Organisationen, die sich

bemüht, diese Komplexität zu thematisieren, um zu einer Ver-

kehrspolitik zu finden, die einen integrativen Ansatz verfolgt und

langfristig angelegt ist.“

Josef Michael Schopf, Forschungsbereich Verkehrsplanung

und Verkehrstechnik, TU Wien

Konrad Paul Liessmann, Philosoph

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

vcö-magazin 2013-06

Maria van der Hoeven Executive Director, International Energy Agency, www.iea.org

„Im Jahr 2050 werden nahezu 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Wir erwarten, dass sich der Energieverbrauch, der für Mobilität und Transport in den Städten eingesetzt wird, bis dahin ver-doppeln wird. Daher steigt das Bedürfnis nach effizienten, leistbaren und sicheren Mobilitätslösungen, die über große Kapazitäten verfügen. Es ist drin-gend erforderlich, die Effizienz des Verkehrssystems zu verbessern, nicht nur wegen der Energiesicherung, sondern auch, um die zahllosen negativen Effekte des steigenden Verkehrs in Bezug auf Klima, Lärm, Luftverschmutzung, Stau und Wirtschaft zu begrenzen. Politisch Ver-antwortliche benötigen eine systemische Langzeitperspektive. Regierungen müssen über einzelne Projekte hinausdenken und die Planung und Erneuerung der Städte auf die Bedürfnisse von nahe-zu 6,3 Milliarden Menschen hin auslegen. Wir müssen jetzt Infrastruktur, Logistik und Energie-systeme planen, die für heutige Bedürfnisse passen und auch für die kommenden Jahrzehnte. Die Instrumente dafür sind Verkehr vermeiden, auf umweltfreundliche Mobilitätsformen verlagern und im Hinblick auf Energieverbrauch und Emissionen verbessern.“

Sebastian Kurz Bundesobmann der Jungen ÖVP, Staatssekretär für Integration, http://junge.oevp.at

„Mobilität ist eines der zentralen Grundbedürf-nisse unserer Zeit. Sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch der Staat sind auf eine funktionie-rende Mobilität angewiesen. Derzeit werden – nicht zuletzt aufgrund fehlender Alternativen – über 70 Pro-zent aller Wege in Österreich mit dem Pkw zurückgelegt. Die Europäische Kommission geht in ihren Berechnungen bis ins Jahr 2050 von einer Steigerung des Personenverkehrs in Österreich um rund 50 Prozent aus. Gerade aus Sicht von uns Jungen ist es daher zentral, dass das Thema nachhal-tige Mobilität zur Leitlinie der zukünftigen Verkehrspolitik wird. Konkret heißt das: Es braucht einerseits einen stärkeren Fokus auf öffentliche Verkehrsmittel und Elektro-Mobilität, um auf den steigenden Mobilitätsbedarf nachhaltig und umweltfreundlich zu reagieren. Erste Schritte sind hier bereits umgesetzt worden: Durch die Einführung eines einheitlichen Jugendtickets in allen Bundesländern wird der Öffentliche Verkehr für junge Menschen attraktiv gemacht und so die notwendige Bewusstseinsbildung geschaffen. Andererseits sind auch Konzepte zur Vermeidung nicht zwingend notwendiger Mobilität notwendig, wie etwa durch die Förderung von Arbeit im Home-Office. Wir Jungen werden nicht lo-cker lassen, damit diese sinnvollen Maßnahmen und somit nachhaltige Mobilität in Österreich Realität werden.“

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oferIngmar

Höbarth Geschäftsführer Klima- und Energiefonds, www.klimafonds.gv.at

„Der Klima- und Energiefonds initiiert seit dem Jahr 2008 konsequent den Aufbau von Elektro-Mobilität und umweltfreundlichem Verkehr. Unser Ziel ist es, die Emissionen aus dem Verkehr drastisch zu reduzieren und auf null zu senken – denn wenn wir die Erd-erwärmung bis zum Jahr 2050 bei zwei Grad Celsius stabili-sieren wollen, muss eine Transformation des Mobilitätssystems auf Basis erneuerbarer Energien stattfinden. Wir denken daher Mobilität neu: Bislang sind 335 Millionen Euro Förderbudget in innovative klimaschonende Projekte geflossen. Wir arbeiten dabei konsequent im Bereich der Forschung und bringen diese Projekte rasch in den Markt – unsere acht Modellregionen ge-hören zu den Vorreitern für Elektro-Mobilität in Europa. Uns gelingt es dabei als einzigem Förderentwickler in Österreich, Expertinnen und Experten aus Forschung und Wissenschaft mit Playern in der Wirtschaft zu vernetzen. Gemeinsam zeigen sie Wege in ein neues, umweltfreundliches Mobilitäts- und Ver-kehrssystem auf.“

Mobilität neu für die EnergiewendeN E T z W E r k V E r k E h r

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„Der VCÖ liefert dem Land Niederösterreich wichtige

Expertise und Ideen für die Mobilität von morgen. Und

mit dem VCÖ-Mobilitätspreis bringen wir gemeinsam

jedes Jahr zukunftsweisende Projekte in die Öffentlich-

keit. Ich gratuliere zum Jubilä-

um und freue mich auf weiter-

hin gute Zusammenarbeit!“

Stephan Pernkopf, Landesrat für Umwelt, Landwirtschaft

und Energie in Niederösterreich

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

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vcö-magazin 2013-06 9

Als der Schweizer Greenpeace-Kletterer Marco Weber im September 2013 versuchte, ein

Transparent an der Bohrinsel Pri-razlomnaya zu befestigen, war ihm klar, dass er nicht mit offenen Armen empfangen werden würde. Immerhin handelt es sich um die erste Ölplatt-form, die in arktischen Gewässern ihren Betrieb aufgenommen hat, und ihr Betreiber Gazprom gilt als Russ-lands Vorzeigeunternehmen. Dass er aber gemeinsam mit 29 anderen Aktivistinnen und Aktivisten sowie zwei Journalisten der bandenmäßigen Piraterie beschuldigt werden würde, damit konnte Weber nicht rechnen. Nun sitzen alle in einem russischen Gefängnis, es drohen sieben Jahre Haft.

Hier statuiert Russland ein Exem-pel, das zeigt: Beim Öl machen wir keine Kompromisse. Erst seit Kur-zem bietet das klimawandelbedingt zurückweichende Eis die Möglich-keit, in der Arktis nach Öl zu boh-ren. Russland streitet mit Kanada, den USA, Island und Norwegen und Grönland um die Zugänge. Präsident Putin präsentierte unlängst seine Vi-sion: „Ein neues Kapitel in der Ge-schichte der Arktis beginnt, das sich als Epoche des industriellen Durch-bruchs bezeichnen lässt, als intensive wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung.“ Was das für das ver-wundbare Ökosystem und die Bio-diversität der Arktis bedeutet, interes-siert nicht.

Auch der stete Vorstoß in die Tief-see ist als ein Indiz für steigende glo-bale Öl-Nachfrage und sinkende Re-serven zu werten. Ob vor den Küsten Indonesiens, Afrikas oder im Golf von Mexiko – immer tiefer und immer folgenschwerer bohren die Konzerne. Denn obwohl klar ist, dass das rest-liche Erdöl im Boden bleiben muss,

wenn der Klimawandel gestoppt werden soll und die zwei Grad beim globalen Temperaturanstieg nicht überschritten werden dürfen, giert die Welt ungebrochen nach Öl. Auch Ös-terreich: 12,4 Millionen Tonnen Erd-öl wurden hierzulande im Jahr 2012 benötigt. 79 Prozent des gesamten in Österreich verbrauchten Erdöls wer-den für den Verkehr verwendet. Kein anderer Lebensbereich ist so stark von dem fossilen Brennstoff abhängig.

Umweltzerstörung durch Teersand und ÖlschieferJene, die weiter auf fossile Brennstof-fe setzen wollen, sehen die Zukunft auch in unkonventionellen Ölen, die mittels verschiedener Verfahren erst aus Teersand, Ölschiefer oder Schie-fergas herausgelöst werden müssen. Das ist mit einem sehr hohen Ein-satz von Wasser, Energie und gifti-gen Chemikalien verbunden – fatal in ökologisch sensiblen Gebieten wie dem Orinoco-Gebiet von Vene-

zuela, wo ein Drittel der weltweiten Teersand-Vorräte lagern. Es gibt noch einen Grund, dieses Öl besser in der Erde zu lassen: Der CO2-Ausstoß bei der Gewinnung von zum Beispiel Teersand-Öl liegt pro produziertem Liter 23 Prozent über dem von kon-ventionellen Ölen.

Obwohl die Förderung von Teer-sand-Öl den kanadischen Bundesstaat Alberta mit all seinen borealen Wäl-dern gerade in eine Mondlandschaft verwandelt, nennt Premierminister Stephen Harper das so gewonnene Öl „ethisch“. Die Indigenen im Land se-hen das anders. Lokale Umweltgrup-pen und zahlreiche Studien auch.

Ein Riegel kann diesem Trend in die falsche Richtung nur vorgescho-ben werden, wenn solche ökologi-schen Nebenkosten mit eingerechnet werden. Das versucht – zumindest was den CO2-Ausstoß betrifft – die EU-Kommission. Nach Artikel 7a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie sollen die Emissionen bei der Produktion von

Weil das leicht zu fördernde Erdöl zur Neige geht, nehmen die Konzerne „unkonventionelle“ Öle sowie extrem gelegene Fördergebiete wie die Arktis ins Visier. Die Folgen für Umwelt und Klima sind fatal. Von Roman Kellner

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Treibstoffen bis 2020 um sechs Pro-zent verringert werden, ausgehend vom Jahr 2010. Solche Ziele sind nur erreichbar, wenn auch vorgelagerte Emissionen eingerechnet werden. Ei-ne Studie im Auftrag von Transport & Environment (T&E) hat errechnet, dass ein Verbot von Teersandöl in Eu-ropa 19 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermeidet, was dem jährlichen Ausstoß von sieben Millionen Autos auf den Straßen entspricht.

Im Jahr 2012 fand sich keine qua-lifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat dafür oder dagegen, weshalb eine Auswirkungseinschätzung angeord-net wurde. Österreich steht derzeit auf der richtigen Seite. Der Druck, die Regeln aufzuweichen, ist groß, die Gegner strenger Kriterien drohen mit der WTO. Umso wichtiger ist es, dass die Kommission bei ihrem Vorschlag bleibt. Nusa Urbancic von T&E: „Das wäre auch ein starkes Signal in Richtung Investoren, dass Öl aus Teersand auf einem Kontinent, der den Klimawandel ernst nimmt, nicht wettbewerbsfähig ist.“

> Zum Autor:

Roman Kellner, www.wortundweise.at

Teures Öl um jeden Preis

Protest von Green­peace vor dem Sitz der EU­Kommission in Brüssel:Das Erdöl muss im Boden bleiben, wenn Klima- und Umweltschutz ernst genommen werden.

„Wenn es darum geht, den Mobilitätsbedürfnissen und den

ökologischen Herausforderungen gerecht zu werden, ist der

VCÖ ein verlässlicher Verbündeter der Arbeiterkammer. Denn

nur ein attraktiver Öffentlicher Verkehr sichert die Teilhabe

am sozialen Leben. Dabei sind die Rechte der Fahrgäste, die

Arbeitsbedingungen der Beschäftigten

und nachhaltige Verkehrspolitik unsere

gemeinsamen zentralen Anliegen.

Alles Gute zum Jubiläum!“

Rudi Kaske, AK-Präsident

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

„Das Auto müsste ein Nischenphänomen werden“ DI Jurrien Westerhof, viele Jahre Energie­ und Verkehrsexperte bei Greenpeace in Zentral­ und

Osteuropa, seit Juli 2013 Geschäftsführer des Dachverbandes für Erneuerbare Energien.

Zum energiebedarf in Österreich: Es ist möglich, den Energiebedarf zu halbieren und das, was dann

übrig bleibt, mit erneuerbaren Energien zu decken. Bei der Reduktion des Energiebedarfs geht es vor

allem um Raumwärme und Verkehr. Letzterer braucht effizientere Fahrzeuge und vor allem ein effizienteres System.

Zu agro-Treibstoffen: Ich finde es prinzipiell in Ordnung, etwas, das auf einem Feld oder im Wald wächst, auch energetisch zu

verwenden. Die Verschwendung im Verkehr ist viel größer als etwa beim Heizen: Ein ordentlicher Holzofen hat einen Wirkungsgrad von

80 bis 90 Prozent, ein Auto von 25 Prozent. Wenn die Autos nur ein bis zwei Liter brauchen, ginge sich mit dem jetzigen Potenzial an

Agro-Sprit ein viel höherer Prozentsatz Beimischung aus.

Zu elektroautos: Ich sehe die Zukunft bei den Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen, die einen Verbrennungsmotor, aber auch eine aufladbare

Batterie und einen Elektro-Antrieb besitzen. Die Batterie ist klein, aber die Reichweite passt für den Großteil der Fahrten. Der Strom

muss natürlich aus erneuerbaren Energiequellen und eigenen Anlagen stammen. Aber da reicht die Photovoltaikanlage auf der Garage.

Zur Zukunft der Mobilität: Das Auto müsste ein Nischenphänomen werden, für Bereiche in denen es wirklich keine Alternativen

gibt. Technisch ist noch viel möglich, aber das wird nicht funktionieren, wenn immer noch so viel Auto gefahren wird wie jetzt. Die

vernünftigste Art der Elektro-Mobilität sind natürlich Züge, Straßenbahnen, U-Bahnen etc. Die fahren sehr effizient, mit einem geringen

CO2-Ausstoß pro Kopf – die sind zu stärken und auszubauen. Die wirklichen Lösungen liegen in den Verkehrssystemen. In und um Wien

sitzen seit letztem Jahr mehr Menschen im Zug, und das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Kurzparkzonen erweitert

wurden. Es wird auch mehr Rad gefahren. Es muss noch viel passieren, aber da passt die Richtung.

> Webtipp:www.erneuerbare-energie.at

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Ganz sicher nicht motzen!Schneller ankommen – und was mach’ma mit der gewonnenen Zeit?

Alle Infos unter oebb.at/zukunftbahn

Die ÖBB bauen aus – Österreich wird schneller Investitionen in die Bahn bringen allen was: 6.500 Züge schonen täglich unsere Umwelt. Immer mehr Menschen – in ganz Österreich – nutzen die Vorteile der Bahn. Moderne Bahnhöfe und Strecken werden gebaut. 130 km Hochleistungsstrecke sind seit 2012 fertiggestellt, damit Sie schneller ankommen.

InbetriebnahmeHochleistungsstrecke

Wien Meidling – St. Pölten2012

2013 Fertigstellung

HochleistungsstreckeWels – Attnang-Puchheim

InbetriebnahmeHochleistungsstrecke

Unterinntal2012

2012 Teilinbetriebnahme

Hauptbahnhof Wien Auf in die Zukunft !

vcö-magazin 2013-06 11

Ein Medikament sollte gegen jene Krankheit wirken, gegen die es verschrieben wurde“, erklärt Ul-

la Rasmussen, Koordinatorin der in-ternationalen VCÖ-Verkehrspolitik. „Agro-Kraftstoffe, die zur Klimaver-besserung eingesetzt wurden, haben teilweise verheerende soziale und öko-logische Auswirkungen. Da muss ge-gengesteuert werden.“ Die Mitglied-staaten der EU haben sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 zehn Pro-zent der Energie im Verkehrsbereich aus erneuerbaren Quellen zu produ-zieren, und forcieren dabei weiterhin vor allem Agro-Kraftstoffe. Auch sol-len bis dahin im gesamten Lebenszy-klus der konventionellen Treibstoffe sechs Prozent an Treibhausgasen ein-gespart werden, was hauptsächlich durch Sprit aus Getreide und Ölsaaten erreicht werden soll. Je nach Produk-tionsstandort und Art der Rohstoffe fällt jedoch die Klimabilanz der Agro-Kraftstoffe gar nicht so gut aus. Zum Teil verursachen die Agro-Kraftstoffe durch indirekte Landnutzungseffekte (ILUC) sogar mehr Emissionen als die fossilen Treibstoffe.

Essen statt tankenGrund dafür ist ihr ungeheuer großer Flächenbedarf. Zum Anbau von Agro-sprit-Rohstoffen werden Regenwälder abgeholzt und Feuchtgebiete trocken gelegt, wobei das dort gebundene CO2 entweicht. Zwar müssen Agro-treibstoffe in der EU vom Rohstoff bis zum Endprodukt einen Nachhaltig-keitsnachweis erbringen. Noch nicht berücksichtigt werden jedoch indirek-te Landnutzungsänderungen (ILUC):

Werden beispielsweise Ölsaaten auf bisher schon landwirtschaftlich ge-nutzten Flächen angebaut, müssen dafür die früher dort angebauten Früchte andernorts erzeugt werden – oder sie fehlen. „Die schlimmste Fol-ge der Agro-Kraftstoff-Erzeugung ist die Konkurrenz zwischen Teller und Tank“, betont Markus Meister von Welthaus Diözese Graz-Seckau, der entwicklungspolitischen Institution der katholischen Kirche in der Stei-ermark. „Der Flächendruck in den Entwicklungsländern führt vielfach zu Landraub und Hunger.“ Welthaus und VCÖ haben sich gemeinsam mit anderen Organisationen zum „Netz-werk Agro-Kraftstoffe“ zusammen-

geschlossen. Erreicht werden soll eine Abänderung der Beimengungspolitik von Agrosprit aus Lebens- und Fut-termitteln.

Die von der EU geforderten Anteile erneuerbarer Energie im Verkehrssek-tor könnten auch anders erreicht wer-den: Werden Straßen- und Eisenbah-nen mit Strom aus erneuerbarer Ener-gie betrieben, lässt sich ein ansehnli-cher Klimaeffekt erzielen. Schon jetzt ist Österreich dem Zehn-Prozent-Ziel der EU vergleichsweise nahe – weil der Strom der ÖBB zu einem großen Teil aus Wasserkraft kommt.

Die Erwartung, dass Agrosprit das Autofahren weniger klimaschädlich machen würde, hat auch dazu bei-

Die Kraftstoffproduktion aus Nahrungs- und Futterpflanzen ist mit beteiligt an steigenden Lebensmittelpreisen, Abholzung von Regenwäldern und Landraub. Werden diese Probleme weiter negiert, hat auch die zweite Generation von Agro-Kraftstoffen aus Holz und Abfällen keine Zukunft. Von Ursula Jungmeier-Scholz

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getragen, dass die CO2-Grenzwerte für Neuwagen für das Jahr 2015 von bisher 120 g CO2 per Kilometer auf 130 g erhöht worden sind. Sie hat somit die schnelle Entwicklung spar-samerer Motoren behindert, ohne ga-rantiert zum Klimaschutz beizutragen.

Parallel zum Ausschöpfen von Effi-zienz-Potenzialen könnten durchaus Treibstoffe aus nachwachsenden Roh-stoffen eingesetzt werden – allerdings eher aus Holz oder landwirtschaftli-chen Abfällen sowie aus Algen. Zur-zeit betreibt das Unternehmen BDI BioEnergy International gemeinsam mit der OMV die einzige Versuchs-anlage in Österreich für derartige „advanced biofuels“. „Der technische Prozess funktioniert bereits, aber noch kann nicht großtechnisch produziert werden“, erklärt Gerfried Jungmeier, Agro-Kraftstoff-Experte von Joanne-um Research. Europaweit gibt es erst eine Demoanlage in Italien, die in größerem Stil Ethanol aus Zellulose erzeugt. „Solange aber die negativen Klimaeffekte durch indirekte Land-nutzungsänderungen herkömmlicher Agro-Kraftstoffe nicht mitberechnet werden und die EU deren Beimi-schungsquoten nicht drastisch limi-tiert, haben innovative Alternativen kaum Chancen“, kritisiert Ulla Ras-mussen.

> Zur Autorin:

Ursula Jungmeier-Scholz ist freie Autorin in Graz.

> Webtipp:http://agrotreibstoffe.wordpress.com

Schlechte Klimabilanz bei Agro-Treibstoff

Sozial und ökologisch schädlich:Die Konkurrenz zwischen Tank und Teller führt dazu, dass Regenwälder abgeholzt werden, um Anbauflächen zu erweitern.

„Super, dass es den VCÖ gibt. Mit ihm existiert ein vernünftiger

Ansprechpartner in Sachen zukunftsweisender Mobilität – ganz

im Gegensatz zu den diversen Autolobby-Organisationen. So

zeigen z.B. die VCÖ-Publikationen auf, wie facettenreich Mobi-

lität und Verkehrsplanung sein können:

ein Fundus für Argumentationen jen-

seits des Melkkuh-Stumpfsinns.“

Hans-Peter Hutter, Vorstand Ärztinnen und Ärzte für eine

gesunde Umwelt, Oberarzt am Institut für Umwelthygiene, ZPH, MedUni Wien

2013

Mobilität mit Zukunft25 Jahre VCÖ

Mehr Import als Export Im Jahr 2012 wurden in Österreich rund 630.000 Tonnen Kraftstoffe aus erneuerbaren

Energiequellen verbraucht. Der Großteil davon war Biodiesel (500.000 Tonnen),

außerdem rund 106.000 Tonnen Bioethanol, 16.000 Tonnen Pflanzenöl und 540 Tonnen

Biogas. Somit stammten rund sieben Prozent der Energie im Kraftstoff aus biogenen

Rohstoffen.

Im Inland produziert wurden rund 500.000 Tonnen (265.445 t Biodiesel). Drei Viertel

wurden aus Getreide und Ölsaaten gewonnen, der Rest aus tierischen Fetten und

Altspeiseöl. Aber obwohl Österreich mehr als 72.000 Tonnen Biodiesel exportiert

hat, musste gleichzeitig extern zugekauft werden. Vor allem die Agrarrohstoffe für

Biodiesel mussten zu rund 60 Prozent importiert werden, da die Inlandsversorgung

mit Altspeiseölen, Tierfetten und Raps nur knapp 40 Prozent des Bedarfs abdeckt. „So

funktioniert der Markt: Produktqualitäten, Verfügbarkeiten und Preise determinieren reale

Handelswege, territoriale Grenzen sind hingegen weniger relevant“, erklärt Ralf Winter

vom Umweltbundesamt. Seit 2013 werden in Österreich die Warenströme von Agro-

Kraftstoffen über das „Österreichische Nachhaltigkeitssystem“ erfasst und dokumentiert.

Dabei werden Informationen zum Beispiel über eingesetzte Rohstoffe, Ursprungsländer

oder die mit der Produktion verbundenen Treibhausgas-Emissionen gesammelt. Erste

Zahlen sollen Mitte 2014 veröffentlicht werden.

Quelle: Biokraftstoffbericht 2012, www.lebensministerium.at

»Die schlimmste Folge der Agro-Kraftstoff-Erzeugung ist die Konkurrenz zwischen Teller und Tank.«

Markus Meister, Welthaus Diözese Graz-Seckau

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VCÖ-Magazin: Die Länder des Südens tragen die Hauptlast an ökologischen und sozialen Problemen bei der Erd-ölförderung und auch bei der CO2- und Klimaproblematik. Wie kann mit dieser offensichtlichen Ungerechtig-keit umgegangen werden?

Michaela Ziegler, Studium Umweltsystem-wissenschaften und Geographie in Graz, lebt in der Umgebung von Graz, seit 2010 für Autofasten tätig, seit November 2013 Projektleitung Autofasten Steiermark, www.autofasten.at

Mit Autofasten heilsam in Bewegung kommen

Michaela Ziegler: „Wenn ich morgens mit dem Postbus ins Ordinariat nach Graz pendle und dann bei der Nordeinfahrt im Stau der Autos stehen muss, frage ich mich schon, wieso wir uns hier im Norden das Recht herausnehmen, derartig verschwenderisch mit Ressourcen, und besonders mit Erdöl, umzu-gehen und einzeln mit dem Pkw und vielleicht sogar mit einem besonders viel Sprit verbrauchenden SUV zur Arbeit pendeln. Klar – wir können uns das ja finanziell leisten. Außerdem können fehlende CO2-Zertifikate im Emissionshandel erworben werden. Wirklich so einfach? Nur aus einer globalen, scheinbar neutralen Perspektive ist eine Tonne CO2 nämlich gleich einer Tonne CO2 und ist es folg-lich egal, wo sie eingespart wird – so steht es im Kyoto-Protokoll. Das kann aber bedeuten, dass zum Beispiel für die Anpflanzung von Bäumen im Süden Menschen vertrieben werden – zum Ausgleich von CO2-Emissionen im Norden. Ich bin davon überzeugt, dass wir unser Konsumverhalten ändern müs-sen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse, die eine ausbeuterische Lebensweise normal erscheinen lassen, sind in Frage zu stellen. Die Aktion ‚Autofasten – Heilsam in Bewegung kommen‘ bietet hierfür einen Ansatz im Bereich Mobilität. Es ist ganz einfach: In der Fastenzeit – und darüber hinaus – den eigenen Pkw stehen lassen und in Gemeinschaft Alternativen ausprobieren: Öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad nutzen, zu Fuß gehen, Fahrgemeinschaften bilden. Österreichweit nehmen bereits über 15.200 Personen aktiv am Autofasten teil. Somit konnten im Jahr 2013 zirka 1.800 Tonnen CO2 eingespart werden. Andere positive Nebenwirkungen sind weniger Lärm, weniger Feinstaub, mehr Lebensqualität durch Bewegung. Melden Sie sich an unter: www.autofasten.at“

Michaela Ziegler direkt gefragt Veranstaltungsreihe ________________

Smart Cities Wien 2013 –Klimawandelanpassung im urbanen Kontext Veranstalter: bmvit, www.smartcities.at

Wien, 27.–29. November 2013

Messe __________________________

Renexpo-Hydro PV Fachmesse für Wasserkraft und Photovoltaik, Veranstalter: REECO Austria, www.renexpo-austria.at

Salzburg, 28.–30. November 2013

Konferenz ________________________

Stadt-Umland-Konferenz „Mehr als ein Dach über dem Kopf – Siedlungen mit Lebensqualität“,Festsaal des Rathauses, http://bit.ly/1b9FVgE

Wien, 2. Dezember 2013

Tagung __________________________

Forschungsforum 2013Thema „Cyclelogistics“, Veranstal-ter: bmvit im Austria Trend Hotel Savoyen, http://bit.ly/1hmjYjM

Wien, 4. Dezember 2013

Symposium ______________________

Energieinnovation 2014„Innehalten und Ausblick: Effekti-vität und Effizienz für die Energie-wende“. Die Rolle von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien und innovativen Energie-technologien. Veranstalter: TU Graz, http://bit.ly/1fmaNLC

Graz, 12.–14. Februar 2014

Mobilitätswandel entscheidet die Energiewende

19900

10

20

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40

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2.000

4.000

6.000

1995 2000 2004 2006 2008 2010 2012

Pkw-Kilometer pro PersonMit privaten Pkw gefahrene Kilometer

Heizung,Warmwasser,Strom

Mobilität28.500kWh/Jahr

17.700 21.40010.700

Standardhaus mit Auto Standardhaus ohne Auto

Der Verkehr macht den Großteil des Erdölverbrauchs (in Terajoule TJ)in Österreich aus.

Mit der gleichen Energiemenge bringt die Bahn eine Person bis zu sechsmal weiter als Auto oder Motorrad.

Niedrigenergiehaus mit Auto Niedrigenergiehaus ohne Auto

Die privat gefahrenen Pkw-Kilometer von Österreichs Haus-halten gehen insgesamt und pro Person bereits zurück.

1970 1980 1990 2000 2010 2012

Verkehr

ErdölverbrauchRest

34%von 295.000 TJ

78%von 406.000 TJ

3 L

Quellen: Statistik Austria 2011 und 2012, Energieagentur 2009 und UBA 2013, Frey 2010, VCÖ 2013

288 km

199 km

173 km

52 km

46 km

Die Mobilität hat in einem Haushalt den größten Einfluss auf den Gesamtenergieverbrauch (in Kilowattstunden pro Jahr).