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zwischen Hungertuch Stadtmuseum Düsseldorf 8.9.2019 — 5.1.2020 und Kunstpalast

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zwischen Hungertuch

Stadtmuseum Düsseldorf8.9.2019 — 5.1.2020

und Kunstpalast

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Eine frühe Form kollegialer Solidarität

175 Jahre Verein der Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und HilfeMit dem Ende der Napoleonischen Herrschaft in Europa begann auch in der Geschichte der Stadt Düsseldorf ein neues Kapitel. Sie wurde mit der gesamten Rhein­provinz auf dem Wiener Kongress von 1815 zu Preußen geschlagen. Während die neuen Landesherren und ihr konservativer Protestantismus im Rheinland insgesamt eher auf Ablehnung stießen, profitierte Düsseldorf in mehrfacher Hinsicht. Die Stadt wurde Sitz der Provinzial­verwaltung und erhielt u. a. 1819 als Nachfolgerin der Kurfürstlichen Akademie eine Königlich preußische Kunstakademie. Diese wurde seit 1826 von dem Maler Wilhelm von Schadow geleitet und entwickelte sich unter seiner Leitung in den folgenden Jahrzehnten zu einem der führenden Institute in Deutschland, die Künst­ler aus dem ganzen Land und vielen Teilen der Welt anlockte. Auch im Leben der beschaulichen Stadt mit damals 38.576 Einwohnern spielte die Akademie eine zentrale Rolle. In ihrem Umkreis entwickelte sich ein blü­hendes kulturelles Leben, das Düsseldorf eine Zeitlang das Image eines Weimar am Rhein eintrug.

Die wachsende Schar an Künstlern ließ zu Beginn des Jahres 1844 innerhalb der Düsseldorfer Künstlerschaft den Wunsch entstehen, einen Künstlerverein zu gründen, dessen Zweck es sein sollte, unverschuldet notleidenden Künstlern zu helfen. Es war die Zeit vor der Märzre­volution von 1848, der sogenannte Vormärz, in der das Bürgertum sich zu organisieren begann. Wichtigste Organisationsform waren dabei Vereine, die in großer Zahl und mit unterschiedlichen Zielen entstanden. An­ders als der 1829 gegründete Düsseldorfer Kunstverein und der 1848 ins Leben gerufene Malkasten sollte der neue Verein eine soziale Ausrichtung haben. Staatliche Sozialsysteme existierten zu dieser Zeit noch nicht; Hilfe kam allenfalls von karitativen Einrichtungen.

Wenn die Initiative vom Mai 1844 tatsächlich erfolgreich war, dann vor allem, weil sie von der Leitung der Kunstakademie und ihrem Direktor Schadow mit­ getragen wurde. Die Gründungsversammlung des Vereins, der sich etwas umständlich Verein der Düsseldorfer Künstler zu gegenseitiger Unterstützung und Hülfe nannte, fand bereits am 1. Juli 1844 statt. Zu den zwölf Mit­gliedern des Vorstandes, der sich in einem rotierenden System ständig erneuerte, zählten anfangs u. a. Wilhelm von Schadow selbst und einige prominente Mitglieder der Düsseldorfer Malerschule, darunter Johann Peter Hasenclever und Johann Wilhelm Schirmer. Alleiniger Friedrich Boser, Bilderschau Düsseldorfer Künstler im Galeriesaal, 1844.

Bildnachweis: Landeshauptstadt Düsseldorf B 602 © Stadtmuseum

Die Ausstellung 175 Jahre Verein der Düsseldorfer Künstler *1844, gibt einen Überblick über die lange Geschichte des Vereins und dessen Mitglieder. Noch nie ist dieser Verein, einer der ältesten Künstlervereine Deutschlands, so prominent in Erschei­nung getreten. Mit zahlreichen Kunstwerken und Dokumenten wird die Geschichte lebendig nachvollziehbar erzählt. Seine Bedeutung für die Kunststadt Düsseldorf wird an zahlreichen Spuren, die der Verein und seine Mitglieder in der Landeshaupt­stadt hinterlassen haben, sichtbar gemacht. Seien es Gemälde, Skulpturen oder Gebäude, sie alle sind der Stadtgesellschaft vertraut. Wir zeigen deren Ursprünge auf und verweisen mit Werken der heutigen Generation sowie mit in der Ausstellung stattfindenden Workshops und Diskussionen in die Zukunft.

Der vorliegende Führer zur Ausstellung ist die Kurzform des aus­führlicheren Katalogs zum Jubiläum. Der Kurzführer speist sich aus Beiträgen der Autorinnen und Autoren: Dr. Heribert Brinkmann, C. U. Frank, Angelika Freitag, Thomas Graics, Michael Kortländer, Edith Oellers und Sabine Schroyen, die Prof. Dr. Bernd Kortländer für diesen Führer zusammengefasst hat.

175 Jahre Verein der Düsseldorfer Künstler *1844

zwischen Hungertuch und Kunstpalast

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Zweck des Vereins war es, in Not geratenen Künstlern konkrete Hilfe zu gewähren. § 1 der Satzung lautet: „Der allgemeine Zweck des Vereins (…) ist, durch gegenseitige Unterstützung und Hilfe das Wohl jedes seiner Mitglieder, sowie die gemeinsamen Interessen derselben zu wahren und zu fördern. Zunächst hat er den besonderen Zweck, hilfsbedürftige und kranke Mit­glieder zu unterstützen.“ Das Geld kam einerseits aus dem – bescheidenen – Jahresbeitrag der Mitglieder in Höhe von einem Taler, andererseits aus Eintrittsgeldern von selbstveranstalteten Kunstausstellungen in Düssel­dorf und im Rheinland, aus Verlosungen und Verkäufen, gelegentlich auch aus Schenkungen oder Stiftungen. Die Gewährung einer Unterstützung setzte einen Vor­standsbeschluss voraus und konnte nur erfolgen, wenn sämtliche Ausgaben die Einnahmen des Vereins nicht überstiegen.

1853 hatte der Verein bereits 175 Mitglieder und ein Vereinsvermögen von 7.123 Talern, das in den nächsten Jahren dank erfolgreicher Ausstellungen, da­runter auch solche im Ausland, immer weiter anwuchs. Machte der Verein mit diesen Ausstellungen öffentlich auf sich aufmerksam, so erfolgte die Unterstützungs­arbeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Durch das rasante Wachstum der Stadt im Zuge der industriellen Revolution verstärkten sich die sozialen Spannungen, auch in der Künstlerschaft wurde der Abstand zwischen den Hungerleidern, die von ihrer Kunst nicht leben konnten, und den wenigen Großver­dienern, die in den Gründerjahren vor allem mit Histo­rienbildern viel Geld verdienten, beständig größer. Staat, Industrie und Künstlerschaft nähern sich in dieser Zeit wieder an, nachdem die frühere Künstlergeneration eher Distanz zu Preußen hielt, was sich insbesondere in ihrem Engagement für die Revolution von 1848 zeigte. Der preußische Staat honorierte die Annäherung mit Bauten für die Kunst in Düsseldorf: 1874 entstand die Kunsthalle, 1875 ein neues Akademiegebäude. Die Kunsthalle am heutigen Grabbeplatz (damals Friedrichs­platz) war eine Art Wiedergutmachung für die nach München abgewanderte Kunstsammlung Jan Wellems und wurde von der Künstlerschaft gemeinsam mit der Stadt Düsseldorf erkämpft. Der Verein der Düsseldorfer Künstler durfte das Haus die Hälfte des Jahres bespielen. Der 1902 eröffnete Kunstpalast dagegen wurde finan­ziert von den Künstlern selbst sowie durch Spenden aus der Düsseldorfer Wirtschaft. Zu diesem Zweck hatte der Verein der Düsseldorfer Künstler im Jahr 1898 einen Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen ins Leben gerufen, der sich um die Errichtung des Kunstpa­lastes und die dort gezeigten Ausstellungen kümmern sollte. Die Künstler übergaben das Gebäude 1904 schul ­ denfrei der Stadt, die ihrerseits dem Verein ein dauern­des Ausstellungsrecht im Kunstpalast einräumte.

Der Verein der Düsseldorfer Künstler war wohl mit der Akademie eng verbunden, er war aber kein Teil der Akademie. Dieser Umstand wurde in dem Maße wich ­ tiger, wie die Zahl der außerhalb der Akademie arbeiten­den Künstler wuchs, die Mitglieder des Verein waren. Nicht alle Akademiker wollten sich mit diesem Teil der Künstlerschaft gemein machen, polemisierten gegen den Verein und suchten Akademie und Kunstverein gegen ihn in Stellung zu bringen. Doch blieb die rasante Entwicklung des Vereins von solchen Streitigkeiten unberührt. Die Mitgliederzahlen lagen kontinuierlich über 200, die Kasse enthielt 1918 776.500 Mark (1844: 3.600 Mark). Die Unterstützungsleistungen für Mitglie­der, deren Bedürftigkeit der Vorstand anerkannt hatte, betrugen vor Ausbruch des 1. Weltkrieges durchschnitt­lich 15.000 Mark (1845: 200) und erhöhten sich für Künstler, die an die Front mussten, auf 35.000, später gar auf 73.000 Mark. 1873 war eine Kasse für Künstler­witwen eingerichtet worden, die allerdings nach gutem Start nicht recht in Gang kam. Von den anfänglich 145 Mitgliedern waren 1919 noch 45 übrig und statt der angestrebten 100 Taler konnten nur 33 Taler als jährliche Leistung ausgeschüttet werden.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts veränderte sich die Kunstszene in Deutschland und auch im Rhein ­ land. In Düsseldorf stellte der Sonderbund mit seinen Ausstellungen den Anschluss an die Moderne her; später machte die Künstlergruppe Das Junge Rheinland Front gegen die Strukturen des bürgerlichen Kunstbe­triebs und rief zum Boykott der vom Verein zur Veran­staltung von Kunstausstellungen durchgeführten Großen Düsseldorfer Kunstausstellung auf. Schlimmer als solche Querelen war, dass der Verein der Düsseldorfer Künstler in der Inflation sein gesamtes Geldvermögen verlor und seine soziale Arbeit stark einschränken musste. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden Ver­eine in der Regel gleichgeschaltet bzw. sie verschwan­den ganz. Auch der Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen stellte seine Arbeit ein. Der Staat organisierte die Ausstellungen jetzt selbst, u. a. 1938 die Aus stellung Entartete Kunst im Kunstpalast, in der auch Düsseldorfer Künstler wie Heinrich Campendonk, Heinrich Nauen oder Otto Pankok an den Pranger gestellt wurden. Die Große Düsseldorfer gab es nicht mehr. Dagegen konnte der Verein der Düsseldorfer Künstler sein soziales Engagement weiterführen, doch bestehen die bis 1943 reichenden Vereinsberichte le­diglich aus Kassenaufstellungen. Man darf aber davon ausgehen, dass der Verein nichts unternahm, was den Machthabern nicht genehm war.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges hat der Verein der Düsseldorfer Künstler zunächst Schwierigkeiten wieder Tritt zu fassen. Er residiert im Haus Sittarder Straße 5, bis heute Atelierhaus der Künstler und Sitz des Vereins und hatte 1948 137 ordentliche und 30 außerordent­liche, die Witwenkasse 55 Mitglieder. Immerhin war noch genügend Geld vorhanden, um schon 1946 / 47 wieder Hilfen an Künstlerwitwen auszahlen zu können. Die Währungsreform von 1948 reduzierte die Kassen­bestände dann erneut, was sich auf die ausgezahlten Unterstützungsleistungen auswirkte. Auch der Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen gründete sich wie­der und organisierte seit 1951 Verkaufsausstellungen im Kunstpalast. Die sogenannten Winterausstellungen brachten Geld in die Kasse des Unterstützungsvereins, so dass 1954 bereits wieder 23.495 DM an Hilfsgeldern ausgezahlt werden konnten. Die Freude über den finanziellen Aufwärtstrend wurde dadurch getrübt, dass es nicht gelang, junge Künstler für den Verein zu inter­essieren, was sich in zurückgehenden Mitgliederzahlen, aber auch in einem ästhetischen und intellektuellen Bedeutungsverlust niederschlägt. Bei allen kommerziellen Erfolgen – die Ausstellung von 1960 brachte einen Ver­kaufserlös von 100.000 DM ein – ist das künstlerische Niveau der Winterausstellungen nicht sonderlich hoch, die Kritik daran oft heftig, und der Verein gerät nicht zu

Unrecht in den Geruch, vom konservativ­traditionalisti­schen Teil der Künstlerschaft dominiert zu sein.

Erst in den 1960er Jahren kam es dann in der Kulturlandschaft der Bundesrepublik zu einem wirklich Neuanfang. In Düsseldorf entstanden bedeutende Galerien, ein wirklicher Kunstmarkt bildete sich, die Aka­demie gewann wieder an Bedeutung. Das bürgerliche Publikum hatte allerdings zunächst Schwierigkeiten zu folgen. Auch der Verein der Düsseldorfer Künstler, der 1969 sein 125­jähriges Bestehen feiern konnte, spielte mit seinen Winterausstellungen in dieser Entwicklung zunächst keine tragende Rolle. In den 1980er und 90er Jahren finden im Kunstpalast immerhin wichtige Ausstellungen zu aktuellen Tendenzen der Düsseldorfer Kunstszene statt. Heute arbeiten der Verein zur Ver­anstaltung von Kunstausstellungen und der Verein der Düsseldorfer Künstler immer noch eng zusammen und die Mitgliedschaft in einem zieht jetzt automatisch die im anderen Verein nach sich. Schaffung von Öffentlich­keit und soziale Absicherung sind nach wie vor zwei zentrale Anliegen der Künstlerschaft. Rückblickend lässt sich sagen, dass die Gründung des Unterstützungsver­eins vor 175 Jahren ein zukunftsweisender Schritt war, und die Ziele des Vereins über alle gesellschaftlichen Veränderungen hinweg nichts an Bedeutung und Brisanz verloren haben.

Heribert BrinkmannHenry Ritter, Emanuel Leutze, Atelierbild, Schattenseiten der Düsseldorfer Maler, nebst verkürzten Ansichten ihrer letzten Leistungen, 1845. Bildnachweis: Landeshauptstadt Düsseldorf D 2811a © Stadtmuseum

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Die Anfänge

Die Verfolgung unter den Nazis

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Ausgewählte Werke von Mitgliedern nach 1945

Arbeiten der Mitglieder des VdDK

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Das Verhältnis von Unterstützungs­verein und Malkasten

„Immer zu zwei’n“

Lorenz Bösken, Gemeinsame Sitzung der Mitglieder des Unterstützungs­vereins und des Malkasten, Illustration für eine Postkarte, 1948. Bildnachweis: KVM­Archiv

Nur vier Jahre nach der Gründung des Verein der Düssel­dorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe wurde 1848 die Künstlervereinigung Malkasten ins Leben gerufen.

Die beiden Vereine haben seitdem über einen langen Zeitraum von nunmehr 171 Jahren beständig miteinander kooperiert, vor allem von 1848 bis zum Jahrhundertwende. Die Ziele des Verein der Düsseldorfer Künstler lagen vor rangig im sozialen Bereich: neben der direkten Hilfe für kranke und bedürftige Mitglieder wurde 1849 eine Kreditkasse für unverzinsliche Mitglie­derdarlehen eingerichtet und 1873 eine Witwenkasse; er organisierte Ausstellungen und unterstützte die Mitglie­der bei der Teilnahme an auswärtigen Ausstellungen.

Dem Verein gelang es allerdings nicht, ein geselliges Miteinander zu organisieren. So kam es am 6. August 1848 zur Gründung eines Künstlervereins, dessen ausschließliches Ziel die Förderung des „geselligen Künstler­Lebens“ war und der den Namen Malkasten erhielt. Neben der Künst lerschaft hatten auch Personen, die keinen Beruf der bildenden Kunst ausübten, die Möglichkeit als ‚außerordentliche Mitglieder’ beizutreten. Der Malkasten nahm mit seinen Veranstaltungen bald einen festen Platz im Leben der Düsseldorfer Gesell­schaft ein.

Von den Gründungsmitgliedern des Malkasten war zwei Drittel auch bei der Gründung des Unterstüt­zungsvereins beteiligt.

Die Mitglieder nutzten die unterschiedlichen Möglichkeiten, die beide Vereine den auf den freien Kunstmarkt angewiesenen Künstlern boten: Konkrete Hilfe auf der einen, informelle Kontak te zu Kollegen und potentiellen Käufern auf der anderen Seite. Der Verein der Düsseldorfer Künstler profitierte von Benefizaus­stellungen, die der Malkasten organisierte, und nutzte auch die von diesem angemieteten Räumlichkeiten. Als es in den 1850er Jahren um eine Jury für die Be ­ schickung der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Ausstellung der Berliner Akademie ging, schaltete der Malkasten den Unterstützungsverein als Vermittler ein, da die selbständig tätigen, von der Düsseldorfer Akademie unabhängigen Künstler eine Bevorzugung der an die Akademie gebundenen Künstler befürchteten. Die Intervention des Vereins in Berlin war erfolgreich, es wurde eine Jury eingerichtet, doch ergab sich daraus ein ernster Konflikt mit Akademiedirektor Wilhelm von Schadow, der eine Stärkung der „außerhalb der Akademie bestehenden Künstlerschaft“ befürchtete. Er nahm den Konflikt letztlich zum Anlass, 1856 aus dem Malkasten und im Folgejahr auch aus dem Verein der Düsseldorfer Künstler auszutreten.

Zum Streit kam es auch mit dem Düsseldorfer Kunstverein, der sein Privileg, aktuelle Düsseldorfer Kunst in seiner Jahresausstellung stets als erster zu prä­sentieren, durch eine enge Kooperation des Vereins der Düsseldorfer Künstler mit dem Düsseldorfer Kunsthandel

bedroht sah. Auch hier erhielt der Unterstützungsverein Hilfe von Seiten des Malkasten. Der Konflikt mit dem Kunstverein verschärfte sich in den Folgejahren und spielte auch bei den Bemühungen des Malkasten, ein eigenes Vereinshaus zu bauen oder zu erwerben, eine wichtige Rolle. Dieser beabsichtigte seit 1856, das an Schloss Jägerhof angrenzende Jacobi’sche Grundstück, eines der wenigen erhaltenen künstlerisch gestalteten Gartenbesitztümer Düsseldorfs aus dem 18. Jahrhundert, anzukaufen. Auf Intervention von Schadow stimmte der Regierungspräsident dieser Absicht nur unter der Bedingung zu, dass er selbst als Kurator des Malkasten eingesetzt werden würde.

Allerdings fehlten dem Malkasten so wohl die juristischen wie finanziellen Voraussetzungen für den Erwerb von Grundeigentum, weshalb der Verein der Düs­seldorfer Künstler die Immobilie im Mai 1860 zunächst stellvertretend ankaufte. Erst im Oktober 1861 konnte der Malkasten den Jacobi‘schen Garten selbst erwer­ben und dort sein Vereinshaus errichten, das er in den Folgejahren dem Verein der Düsseldorfer Künstler stets großzügig zur Ver fügung stellte. Dieser feierte hier seine verschiedenen Jubiläen mit denkwürdigen Theaterin­szenierungen.

In den Jahren 1887 bis 1910 waren der Verein der Düsseldorfer Künstler und der Malkasten maßgeblich an großen Wohltätigkeitsveranstaltungen beteiligt, den Künstlerwinterfesten, die an mehreren Tagen in den größten Sälen Düsseldorfs stattfanden. Die Feste wurden von den Künstlern mit aufwändigen Dekorationen aus­gestattet und ihr Erlös kam dem Unterstützungsverein, seiner Witwenkasse und dem Bau des Kunstpalastes zugute. Berührungspunkte zwischen dem Verein der Düsseldorfer Künstler und dem Malkasten gab es viele, und auch heute noch agieren beide Einrichtungen zwar jeder in seinem eigenen Tätigkeitsbereich, aber doch stets auch gemeinsam im Sinne der Kunst und der Künstler.

Sabine Schroyen

Keine Zukunft ohne Vergangenheit

Der Kunstpalast und DIE GROSSE Kunstausstellung NRW DüsseldorfDie drei im 19. Jahrhundert begründeten und heute noch bestehenden Düsseldorfer Künstlervereine, der Verein der Düsseldorfer Künstler und der aus ihm hervorge­gangene Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen wie auch der Malkasten können auf eine lange Erfolgs­geschichte zurückblicken. Ein Ausdruck dieses Erfolges ist DIE GROSSE Kunstausstellung, die jetzt seit beinahe 120 Jahren existiert. Sie ist die größte von Künstlern selbst organisierte Ausstellung in Deutschland mit dem zusätzlichen Alleinstellungsmerkmal, dass die dort ge­zeigten Kunstwerke vor Ort erworben werden können. Eine unabhängige Jury wählt bis zu drei Werke von mehr als 100 Künstler*innen aus, die in einer bunten Mischung von Techniken, Stilen und Richtungen die Gegenwartskunst repräsentieren.

Ende des 19. Jahrhunderts entstand in der Düs ­ seldorfer Künstlerschaft der Wunsch nach einem dauer­haften großen Ausstellungsgebäude. Im März 1898 präsentierte der Akademieprofessor Fritz Roeber einen Plan zur Verwirklichung eines solchen Gebäudes, ein Jahr später gründete sich am 6. Februar 1899 der Ver­ein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen, dessen Zweck darin bestand, auf der „Golzheimer Insel“ ein

Eröffnung DIE GROSSE Kunstausstellung, 2009. Foto: Johannes Boventer, Düsseldorf

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Ausstellungsgebäude zu errichten und die darin veran ­ stalteten Ausstellungen zu organisieren. Der Verein sollte bis zur ersten Ausstellung aus lediglich zehn Personen bestehen, ausschließlich Künstler, etwa die Hälfte Pro­fessoren der Akademie.

Architektonisches Vorbild war der Petit Palais in Paris, weshalb sich auch bald der Name Kunstpalast einbürgerte. Der Architekt Albrecht Bender entwarf ein Gebäude mit sieben großen und sieben kleineren Ausstellungssälen und einer Grundfläche von 8000 m². Die Fassade gestaltete Eugen Rückgauer in „wuchtigen Barockformen“. Wie im Pariser Vorbild entstand ein Gartenhof. Die Kosten beliefen sich auf 1.3 Mio Mark. Die Finanzierung lag einerseits bei den Künstlern selbst, andererseits zeigte sich die Düsseldorfer Wirtschaft der boomenden Gründerjahre großzügig. Das Gebäude konnte 1902 mit der Industrie­ und Gewerbeausstellung und der Deutsch­Nationalen Kunstausstellung eingeweiht werden. Bereits 1904 folgte eine weitere, sehr erfolg­reiche Ausstellung mit vielen international renommierten Teilnehmer*innen, darunter Auguste Rodin, Käthe Kollwitz, Edgar Degas und Lovis Corinth, und der Verein über­gab den Kunstpalast anschließend schuldenfrei an die Stadt Düsseldorf. Im Gegenzug erhielt er das Recht, dort einmal im Jahr eine Kunstausstellung zu veranstalten.

Es dauerte bis ins Jahr 1907, bis wieder eine Ausstellung des Vereins stattfand, die sich jetzt Große Kunstausstellung des Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen e.V. Düsseldorf nannte, jedoch eine nationale Ausrichtung hatte und keinen Düsseldorfer Schwerpunkt aufwies. Erst nach der Ausstellung des Jahres 1911 änderte sich das: Jetzt organisierte der Verein jährliche Frühjahrsausstellungen, in denen die jüngsten Werke der Düsseldorfer Kunst gezeigt wurden, während die Große Kunstausstellung im Zweijahres­rhythmus stattfand.

Nach Ende des 1. Weltkrieges verschlechterten sich Stellung und Ansehen des Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen aufgrund vielfältiger Querelen mit den von avantgardistischen Künstler*innen gegrün­deten Vereinigungen wie dem Jungen Rheinland. Der Verein vertrat zu einseitig die Interessen der konserva­tiv­traditionalistischen Kunst, was ihn auch bei der Stadt Düsseldorf in Misskredit brachte. Die Große Kunst­ausstellung von 1925 wurde nicht mehr vom Verein, sondern vom Kulturamt der Stadt organisiert. Auch mit der Rheinischen Sezession gab es in den Folgejahren wiederholt Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Großen Kunstausstellung, die ihren Ausgang oft bei der Zusammensetzung der Jury nahmen. 1925 / 26 kam es außerdem im Rahmen der von Wilhelm Kreis errichteten Bauten zum Düsseldorfer Ehrenhof zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des Kunstpalastes mit vor allem negati­ven Folgen. Der viel zu schnell und mit minderwertigem Material durchgeführte Umbau führte zu Gebäudemän­geln, die bis heute nachwirken.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Verein zur Veranstaltungen von Kunstausstellungen wie alle Vereine gleichgeschaltet und stellte seine Aktivitäten ein. Nach Ende des 2. Weltkrieges gründete er sich neu und richtete im November 1951 im Kunstpalast die erste Große Winterausstellung der Künstler von Rhein­land und Westfalen aus, die bis heute im jährlichen Rhythmus stattfindet, bis 1977 unter dem Titel Winter­ausstellung, dann unter Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf. Das Konzept der Ausstellung beruht auf der Präsentation einer Mischung aus lokaler, regionaler und internationaler Kunst. Seit 1975 werden jeweils der „Kunstpreis der Künstler“ sowie seit 1985 ein „Förder­preis der Künstler“ verliehen.

Trotz vielfältiger Bemühungen aus der Künstler­schaft und den Künstlervereinen gelang es nicht, die Stadt Düsseldorf zur Sanierung des maroden Kunst­palastes zu bewegen. Das Gebäude wurde abgerissen und in den Jahren 1999 und 2000 durch einen von Oswald Mathias Ungers konzipierten Neubau ersetzt. Lediglich die Fassade aus den 20er Jahren blieb erhalten. Das Ausstellungshaus, das heute Kunstpalast heißt, hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Kunstpalast zu tun, und zwar weder was die Qualität noch die Größe der Ausstellungsflächen betrifft. Nachfolgende Generationen von Künstlerschaft und Museumsleitung müssen sich mit einem für den Ausstellungsbetrieb wenig geeigneten Haus begnügen.

Nach 2010 wurde das Konzept der Großen Kunstausstellung gründlich überarbeitet und professio­nalisiert. Vor allem wurde eine jährlich wechselnde Jury installiert, der sich alle teilnehmenden Künstler*innen stellen müssen. Die Ausstellungen der letzten Jahre hatten eine ganz außerordentliche Resonanz beim Publikum wie auch bei den Verkäufen. Der Verein hat deshalb für 2019 die Ausstellung in die für Besucher freundlichere Sommerzeit verlegt, ein umfangreiches Beiprogramm organisiert, das den Außenbereich des Ehrenhofs mit einbezieht und die Laufzeit von drei auf fünf Wochen verlängert. Auch in Zukunft wird DIE GROSSE sich weiter verändern, um ihre Attraktivität für die Besucher wie für die Künstlerinnen und Künstler auf Dauer zu sichern.

Michael Kortländer

Künstler bauen sich ein Haus

Das Künstler­Atelierhaus an der Sittarderstrasse

Das 1907 / 08 nach Plänen des Kölner Architekten Josef Kleesattel errichtete 5­geschossige Gebäude an der Sittarder Straße 5, direkt neben dem alten Golzheimer Friedhof und ganz in der Nähe des Kunstpalastes ist Düsseldorfs ältestes Atelierhaus. Es wurde für 22 Künstler konzipiert mit 15 Ateliers zur Nordseite und weiteren Räumen zur Südseite. Entstanden ist es in der Folge der außerordentlich erfolgreichen Ausstellungen der Jahre 1902 und 1904, die in Düsseldorf ein Bewusstsein für die große Bedeutung der Kunst und der Künstler für das Image der Stadt geschaffen hatten. Eine gemein­same Initiative von Stadtverwaltung und Düsseldorfer Industrie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Künstlern mündete in die Gründung einer Düsseldorfer Künstleratelier GmbH. Ein Großteil des Stammkapitals der Gesellschaft stammte aus den Überschüssen einer Industrie­ und Gewerbeausstellung; hinzu kamen Spenden namhafter Düsseldorfer Industriellenfamilien. Der Verein der Düsseldorfer Künstler war von Anfang an Anteils­eigner der GmbH; heute beläuft sich seine Beteiligung auf 52 %.

Am 14. Mai 1907 gab die Stadt das Grundstück frei, bereits im Folgejahr konnte das Haus bezogen werden. Die ersten Künstler waren durchweg renommierte Herren der Düsseldorfer Kunstszene.

Das Künstler­Atelierhaus, 1907. Bildnachweis: Stadtarchiv Düsseldorf, Fotograf unbekannt

Inflation und 2. Weltkrieg führten dann zu einem be­denklichen Verfall des Hauses. 1943 war es zudem durch Bomben schwer beschädigt worden. Nach dem Krieg sorgte die Stadt Düsseldorf für den Wiederauf­bau, und bald konnten wieder Künstler in die renovierten Ateliers einziehen, darunter die Akademieprofessoren Ewald Mataré, Otto Pankok, Bruno Goller und Norbert Kricke. Der Verein der Düsseldorfer Künstler und der Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen er­hielten ihre Büros in dem geschichtsträchtigen Haus. Konflikte im Umkreis des Erweiterungsbaus der direkt neben dem Atelierhaus gelegenen Victoria Versiche­rung konnten in den Jahren 2007 – 2008 zumindest ohne größeren Schaden gelöst werden. Angesichts steigen­der Mieten und schwindender Atelierflächen kann die Geschichte des Atelierhauses auch heute als Beispiel dafür dienen, wie Künstler*innen in Selbstverwaltung auch zukünftig eigene Werkstätten und Ateliers erstellen und verwalten können.

Michael Kortländer

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Die Verfolgung unter den Nazis

Schicksale – Jüdische Mitglieder, politisch VerfolgteDer Verein der Düsseldorfer Künstler betonte in seinen Jahresberichten der Jahre 1933 bis 1943 stets, dass sein Auftrag in erster Linie in „Unterstützung und Linde­rung der Not“ seiner Mitglieder bestand und nahm sich damit politisch ein wenig aus der Schusslinie. Doch inwieweit war das auch auf oppositionelle und jüdische Mitglieder bezogen? Oppositionelle Künstler waren unter den Mitgliedern nicht anzutreffen. Wohl hatten einige wenige unter Schikanen der Nationalsozialisten zu leiden wie zeitweise Inhaftierung, Ausstellungsverbot oder Beschlagnahmungen. Die meisten Mitglieder allerdings arrangierten sich mit den neuen Machthabern. Immerhin hat der Verein seine wenigen jüdischen Mitglieder nicht, wie viele andere Vereinigungen, u. a. auch der Malkasten, schon unmittelbar nach dem Macht­wechsel 1933 ausgeschlossen. Im Gegenteil er hielten einzelne jüdischstämmige Künstler weiterhin Beihilfen aus der Unterstützungskasse: Bernhard Sopher (bis 1935), Max Westfeld (bis 1937), Leopold Fleischhacker (bis 1937) und Max Stern (bis 1938). Zu den außerordent­lichen Mitgliedern mit jüdischem Hintergrund gehörten drei Angehörige der Unternehmerfamilie Herzfeld (Albert, Carl und Robert) sowie der Jurist Salomon Cohen­Altmann.

Der Bildhauer Bernhard Sopher (1879 – 1949), Mitglied seit 1913, erhielt 1934 Berufsverbot und emigrierte

Gemeinschaftswerk: Eduard Bendemann, Theodor Hildebrandt, Julius Hübner, Friedrich Wilhelm von Schadow, Karl Ferdinand Sohn, Der Schadow­Kreis (Die Familie Bendemann und ihre Freunde), 1830 / 31 Bildnachweis: Kunstmuseen Krefeld, Volker Döhne, ARTOTHEK 65083

bereits 1935 in die USA. Auch der Maler Max Westfeld (1882 – 1971), Vereinsmitglied von 1909 bis 1937, hatte seit 1936 Malverbot. 1938 wurde er inhaftiert und seine Düsseldorfer Wohnung während der Pogromnacht zerstört. Ihm gelang mit seiner Familie die Flucht nach USA. Der Bildhauer Leopold Fleischhacker (1882 – 1946), der 1916 dem Verein beitrat und 1937 aus der Mit­gliederliste gestrichen wurde, konnte 1938, nachdem sein Atelier in Düsseldorf­Flingern zerstört wurde, nach Belgien fliehen. Der Maler und Zeichner Max Stern (1872 – 1943) war seit 1898 Mitglied des Verein der Düsseldorfer Künstler, aus dessen Mitgliederliste er ebenfalls 1937 gestrichen wurde. Dennoch erhielt er bis zum Juni 1938 eine Altersbeihilfe aus der Unterstüt­zungskasse. Auch sein Haus in der Gartenstraße wurde 1938 gestürmt und verwüstet. Er lebte danach mit seiner Frau im Untergrund und starb 1943 bei einem Bombenangriff auf Düsseldorf. Seine Frau nahm sich bald darauf das Leben. Albert Herzfeld und seine Familie wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert; sein Bruder Carl, von 1909 bis 1933 außerordentliches Mitglied des Vereins, starb 1935, sein Vetter Robert emigrierte noch 1939 nach England. Der Rechtsanwalt und Justizrat Stefan Cohen­Altmann konnte in die Schweiz fliehen und starb 1942 in Genf. Sein Sohn Franz Anselm wurde in einem Vernichtungslager ermordet.

Thomas Graics

Das Eduard von Gebhardt­Heim

Altersheim für Künstler und Künstlerinnen, Rosenstr. 41

Der Maler Eduard von Gebhardt (1838 – 1925) kam 1860 an die Düsseldorfer Kunstakademie und studierte bei Wilhelm Sohn. 1873 wurde er selbst zum Professor ernannt, erlangte über die Jahre den Status eines groß ­ bürgerlichen Malerfürsten, was sich u.a. in der Ehren­bürgerwürde der Stadt Düsseldorf sowie dem Titel eines Geheimen Rates niederschlug. Gebhardt war Mitglied im Verein der Düsseldorfer Künstler. Nach seinem Tode gelang es dem Verein, die Stadt Düsseldorf dazu zu bewegen, sein Haus an der Rosenstraße 41 anzukaufen mit dem Ziel, darin ein Heim für pflege­bedürftige Künstlerinnen und Künstler einzurichten. Der zwischen Stadtverwaltung und Verein geschlossene Vertrag sah vor, dass Kosten für Personal und die

Das Eduard von Gebhardt­Heim, Altersheim für Künstler und Künstlerinnen Rosenstr. 41, Düsseldorf, o. J. Bildnachweis: Stadtarchiv Düsseldorf 009­325­001, Fotograf unbekannt

Betriebskosten vom Verein übernommen wurden, größere Instandsetzungen von der Stadt. Es sollten vorrangig pflegebedürftige oder vermögenslose Künstler*innen dort untergebracht werden, erst wenn solche nicht vorhanden waren durfte auch an andere Künstler*innen vermietet werden. Auch die Geschäftsstelle des Vereins wurde in den Jahren von 1926 bis 1933 dort unterge­bracht. Aus den Jahresberichten geht hervor, dass die Mitglieder Carl Röder, Hermann Grimm, Felix Schmidt, Else Neumüller, Franz Josef Klemm und Hanny Stüber dort gewohnt haben.

1933 wurde der Vertrag zwischen Stadt und Verein, aus finanziellen Gründen, gekündigt, und in das Gebhardt­Haus zog 1934 die rheinische Sektion der Reichskammer der bildenden Künste ein.

Thomas Graics

Das ArchivDer Verein der Düsseldorfer Künstler von 1844 ist zwar nicht ganz so alt wie die Dresdner Kunstgenossenschaft von 1836 oder der Verein Berliner Künstler von 1841, doch besitzt er im Gegensatz zu diesen noch sein vollständiges Archiv seit dem Gründungsjahr. Dessen Wert wurde erst spät, zum Glück nicht zu spät erkannt. Einiges Material aus den Jahren 1940 – 2006 konnte in letzter Minute vor der Vernichtung bewahrt werden, darunter z. T. noch heute gültige Verträge sowie wichtige Informationen zur Vereinsgeschichte. Zum Kernbestand des Archivs aus dem 19. Jahrhundert gehören die Vorstandsprotokolle seit 1844, Mitgliederlisten, Jahres­berichte, Briefwechsel der Mitglieder, Unterlagen zur Kunsthalle und zum Malkasten etc. Diese Materialien sind häufig handschriftlich und in schwer lesbarer Kurrent­ bzw. Kanzleischrift verfasst. Für das 20. Jahrhun­dert stehen das Darlehenshauptbuch, die Kassen­ und Bilanzbücher, Fotos, Korrespondenzen und vieles mehr. Es ist geplant, den Bestand als Depositum dem Stadt­archiv Düsseldorf anzuvertrauen.

Thomas Graics

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Paris­Ateliers

L‘Esprit du Marais

Im Frühjahr 1990 erfuhren Mitglieder des Verein der Düsseldorfer Künstler von der Möglichkeit, Belegungs­rechte für Künstlerateliers in der Cité Internationale des Arts angegliederten Häusern zu erwerben. Der dama­lige Vorstand zeigte sich bereit, das zu tun und hatte schon bald darauf Erfolg. In den zuerst erworbenen und später Atelier von Schadow genannten Räumlichkeiten in der rue Geoffroy l’Asnier konnte der Verein seinen Mitgliedern Arbeitsaufenthalte in Paris anbieten, ohne dass diese Stipendiaten der Cité sein mussten. Bis 2002 kamen zwei weitere Ateliers hinzu, benannt nach Max Ernst und Max Beckmann. Seitdem sind bei obligatorisch zweimonatigen Aufenthalten 18 Aufenthalte jährlich möglich, und bis Ende 2018 beläuft sich die Zahl auf insgesamt bereits über 400 Residenzen. Die Häuser, in denen die Ateliers sich befinden, gehören der Stadt Paris und liegen im Marais, einem der ältesten Viertel von Paris. Die Nähe zur Cité Internationale des Arts, wo jedes Jahr mehr als 1.000 Künstler*innen aus der ganzen Welt leben und arbeiten, ist anregend und bietet vielfältige Möglichkeiten zu Kontakten. Gleichzeitig ist ein Arbeitsaufenthalt in einem der Ateliers eine große Chance, sich konzentriert und fernab vom üblichen Alltag der künstlerischen Arbeit zu widmen. Da das Belegungsrecht erfreulicherweise erst im Jahr 2060 aus­läuft, werden noch viele Mitglieder des Vereins in den Genuss dieses Luxus kommen.

Angelika FreitagEingang zum Atelier von Schadow und Max Beckmann, 2016. Foto: Michael Kortländer

Der Ausstellungsraum im Künstler­Atelierhaus

Für viele Jahrzehnte stand der 1844 gegründete Verein der Düsseldorfer Künstler im Schatten des mit ihm ver­bundenen Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstel ­ lungen, der die Ausstellung DIE GROSSE verantwortet und jedes Jahr erfolgreich durchführt. Um dem ab­zuhelfen und dem Verein nach außen und innen ein deutlicheres Profil zu geben, wurde im Künstler­Atelier­haus an der Sittarder Straße ein Kunstraum (SITTart) eingerichtet, in dem die Mitglieder in Form von Ausstel ­ lungen untereinander und mit der Öffentlichkeit kommuni ­ zieren können. Von 2008 – 2010 gab es hier themati­sche Gruppenausstellungen, und ab 2011 wurde das Programm mit sechs bis acht Ausstellungen jährlich weitergeführt. Neben Mitgliederausstellungen zeigen

dort auch eingeladene Gäste ihre Arbeiten. Es gibt Kooperationen mit der Akademie und der Musikhoch­schule, auch Förderpreisträger von DIE GROSSE waren schon zu Gast. Darüber hinaus hat der Verein hier einen Ort, wo Versammlungen, Sitzungen, Aktionen aller Art und Feste stattfinden. So ist dieser Raum für die Kunst auch ein Raum für die Künstlerschaft, eine Art Herz oder Heimat des Vereins.

Edith Oellers

Künstlerinnen im VdDK

Künstlerinnen spielten im Verein bereits in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Rolle. Doch der Zugang zu staatlichen Kunstakademien und Künstlervereinen war für Frauen zu dieser Zeit undenkbar. Auch wenn Künstle­rinnen ihre Werke mit Unterstützung des Vereins auf Ausstellungen schickten hieß das noch lange nicht, dass sie auch dessen Mitglied waren oder werden konnten. Die künstlerische Ausbildung von Frauen erfolgte in Düs­seldorf wie im übrigen Deutschland bis 1918 vorrangig in privaten Malschulen, in denen teils hochangesehene Professoren der Düsseldorfer Akademie unterrichteten. Erst nach Ende des 1. Weltkrieges beschloss der Verein der Düsseldorfer Künstler auf seiner Generalversamm­lung vom 14. Januar 1919, dass Frauen das Recht zur ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedschaft eingeräumt werden sollte und initiierte eine entspre­chende Satzungsänderung. Die Weimarer Verfassung hatte 1918 die Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzlich festgeschrieben, das Frauenwahlrecht ein­geführt und den Frauen den freien Zugang zu allen Bil­dungseinrichtungen garantiert. Wie stark die männlichen Vorurteile selbst in fortschrittlichen Kreisen waren, zeigt der diskriminierende Umgang mit den Studentinnen im Bauhaus. In der Düsseldorfer Kunstakademie dauerte es bis 1921 bis Künstlerinnen zugelassen wurden, und selbst dann gab es weiterhin Einschränkungen. Der Verein der Düsseldorfer Künstler hatte 258 Mitglieder im Jahr 1922 wovon 11 Frauen waren. In den folgenden Krisenjahren verringerte sich mit der Gesamtzahl der Mitglieder auch die Anzahl der Frauen, bis im Jahr 1941 nur mehr vier Künstlerinnen auf den Mitgliederlisten verzeichnet sind.

Nach Ende des 2. Weltkrieges finden sich unter den Neuaufnahmen der ersten Jahre die Namen mehrerer Künstlerinnen. Aber erst nach 1970 beginnen Frauen sich auch aktiv an der Gestaltung des Vereins und seiner Arbeit zu beteiligen. Bei den Vorstands­wahlen 1971 kandidieren mit Hede Bühl und Hannelore Köhler erstmals zwei Frauen wenngleich vergeblich für den Vorstand. In den Folgejahren gibt es dann durchaus weibliche Vorstandsmitglieder im Verein, allerdings durchweg in untergeordneten Funktionen; der Frauenanteil unter den Mitgliedern erhöht sich auf 25 %. Am 28. Mai 2011 übernahm die Malerin Brigitte Dümling als erste Frau das Amt der 1. Vorsitzenden des Verein der Düsseldorfer Künstler. Sie blieb bis 2014

in dieser Funktion und arbeitete mit mehreren Frauen in ihrem Vorstand zusammen. Im Jahr 2019 ist Edith Oellers als 2. Vorsitzende wichtigste Frau im Vorstand. Der Frauenanteil des Vereins liegt augenblicklich bei erfreulichen 47,1 %, von 236 ordentlichen Mitgliedern sind 111 Frauen.

C. U. Frank

Carl Ferdinand Sohn, Bildnis der Malerin Marie Wiegmann, 1843 Bildnachweis: ARTOTHEK 37687, Foto: Horst Kolberg © Kunstpalast

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Ausblick

Der Verein der Düsseldorfer Künstler ist mit seinen 175 Jahren nicht nur einer der ältesten Künstlervereine Deutschlands, sondern auch die erste Institution der Bildenden Kunst in Düsseldorf, die sich der sozialen Frage der Künstler­schaft widmete und nach wie vor widmet.

Wir wollen das Jubiläum nutzen, um uns nicht nur mit der Historie des Vereins zu beschäftigen, sondern auch unseren Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft zu richten.

Was haben wir uns für die nächsten Jahre vorgenommen?Nach den zahlreichen Initiativen unseres Vereins in den letzten Jahren, die insgesamt mit der Überschrift denken&machen verknüpft waren und noch sind, werden wir weiterhin eine starke Stimme für die bildende Kunst und ihre Protagonisten in der Stadt sein. Sei es bei der Ateliersuche, bei dem Finden von angemessenen Arbeitsmöglichkeiten in der kulturellen Bildung oder beim Thema Altersarmut, bis hin zu unserem ehrgeizigen Vorhaben, ein WerkKunst­Haus in Düsseldorf zu errichten, das Künstlerinnen und Künstlern aus Düssel­dorf und ganz NRW temporär angemessene Möglichkeiten der praktischen Umsetzung ihrer künstlerischen Ideen bietet. Das Atelierhaus an der Sittarder­strasse, das unsere Mitglieder schon im frühen 20. Jahrhundert errichtet haben und in Selbstverwaltung nach wie vor betreiben, ist ein schönes Beispiel für solch ein gemeinschaftliches Engagement, von dem wir heute noch in viel­fältiger Weise profitieren.

Wir werden der Frage nach der gegenwärtigen und zukünftigen Situation künstlerischen Arbeitens in Düsseldorf weiter nachgehen und möchten neue Wege und Formen finden, wie ein gemeinschaftliches Engagement für Kunst und Kultur zukünftig möglich ist. Dazu brauchen wir starke Partner und eine immer bessere Vernetzung. Mit dem Rat der Künste und der Kunstkommission bestehen beste Kooperationen. Auch das Stadtmuseum, der Kunstpalast und die Kunstakademie sind verlässliche Mitstreiter; und wir werden noch weitere Partner finden.

Ziel ist es auch, unseren Mitgliedern die Möglichkeit zu eröffnen, in anderen Kulturmetropolen zu arbeiten und sich auszutauschen. Mit der Cité Interna­tionale des Arts in Paris haben wir ja schon wunderbare Möglichkeiten, die wir weiter nutzen werden. Hinzukommen sollen eine stärkere Kooperation mit Künstlerinnen und Künstlern aus Krakau sowie der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus Reykjavik; das ist ganz konkrete Hilfe und Unterstützung für unsere Mitglieder.

Vereine stehen heute vor der großen Herausforderung, die eigene Zukunft neu zu bestimmen. Ein hoher Altersdurchschnitt, eher wenig Interessierte für die Besetzung wichtiger Vereinsämter und ein ambivalentes Verhältnis zu Organisationen ganz allgemein – diese und andere Faktoren gehören zur Realität auch unseres Vereins. Schon jetzt ist der Verein der Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe eine Legende. Ich bin sicher, wir und nachfolgende Generationen, können diese Geschichte noch lange weiter schreiben.

Michael Kortländer

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Impressum

Herausgeber Verein der Düsseldorf Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe, gegr. 1844Sittarder Strasse 5 40477 Düsseldorf

Leitung und KoordinationThomas Graics

AutorenDr. Heribert BrinkmannC. U. Frank Angelika FreitagThomas GraicsProf. Dr. Bernd KortländerMichael KortländerEdith OellersSabine Schroyen

LektoratAngelika Freitag

Recherche und UmsetzungReiner ClemensAngelika Freitag Thomas Graics Andrea KüsterEdith OellersLeon Rosieru. v. m.

Ausstellungsgestaltung Ruven Wiegert Miriam Hausner neospektiv

Grafische Gestaltung Ruven Wiegert neospektiv

Öffentlichkeitsarbeit / Bildung und VermittlungMelanie Mäder Svenja Wilken

VerwaltungWilfried Koormann Cornelia Hantschke Julia Wolfshöfer

RegistraturAnnette Hellmann

BibliothekChristiane Schulz

AusstellungsaufbauDaniel Bädker Reiner Clemens Dirk Cramer Benjamin­Novalis Hofmann Evangelos Koukouwitakis Evangelos Papadopoulos Frank Strobl Andreas Thein

Restaurierung Restaurierungszentrum Landeshauptstadt Düsseldorf

DruckereiSchaab und Co. GmbH

© 2019 Verein der Düsseldorf Künstler zur gegen sei­ tigen Unterstützung und Hilfe, gegr. 1844, Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, Künstler, Autoren, Designer, Fotografen, Architekten, Restauratoren

Danksagung

Ohne Team keine Ergebnisse – das gilt auch für dieses Projekt.

Mein Dank gilt zunächst den privaten Leihge ber*innen und Künstler*innen, die uns ihre Werke für die Dauer der Ausstellung überantwortet haben, sowie den Kultur­instituten der Stadt, die uns hilfreich zur Seite standen.

Einen ganz besonderen Dank möchte ich an die Förderer richten, die mit ihrer finanziellen Unterstützung dieses Projekt erst realisierbar machten: der Land­schaftsverband Rheinland, die Stiftung Van Meeteren und das Kulturamt Düsseldorf.

Den an der Konzeption und Ausführung des Katalogs beteiligten Kolleginnen und Kollegen Reiner Clemens, C. U. Frank, Angelika Freitag, Michael Kortländer, Andrea Küster, Edith Oellers, Leon Rosier sowie Frau Sabine Schroyen, Herrn Dr. Heribert Brinkmann und Herrn Prof. Dr. Bernd Kortländer, danke ich für ihr großes Engagement.

Michael Kortländer war in dieses Projekt in vielfältiger Weise eingebunden und hatte neben seinen anderen Tätigkeiten als 1. Vorsitzender des Verein der Düssel­dorfer Künstler und des Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen – DIE GROSSE – die Zeit gefunden, das Projekt mit Rat und Tat zu unterstützen. Hierfür meinen herzlichen Dank.

Die Gestaltung lag in den Händen von Ruven Wiegert, Miriam Hausner und neospektiv.

Ein großes Dankeschön an das Aufbauteam.

Ganz besonders danke ich auch Frau Dr.  Susanne Anna und dem Team des Stadtmuseums, durch deren Unter­stützung als Kooperationspartner die Ausstellung erst ermöglicht wurde.

Thomas Graics

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StadtmuseumBerger Allee 240213 DüsseldorfTel. 0211. 89­9 61 70www.duesseldorf.de/stadtmuseum

ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag11.00 bis 18.00 UhrMontags geschlossen

Eintritt in die Sammlungen und Sonderausstellung175 Jahre Verein der Düsseldorfer Künstler *1844 zwischen Hungertuch und Kunstpalast4 € / Ermäßigt 2 €

Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.

Freier Eintritt von 17.00 – 18.00 UhrSonntags Eintritt frei