VDI 4075-3__2014-12

14
ICS 13.020.30, 77.180 VDI-RICHTLINIEN Dezember 2014 VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE Produktionsintegrierter Umweltschutz (PIUS) Gießereitechnik VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Cleaner production (PIUS) – Foundries industries Einsprüche bis 2015-05-31 vorzugsweise über das VDI-Richtlinien-Einspruchsportal http://www.vdi.de/einspruchsportal in Papierform an VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt Fachbereich Ressourcenmanagement Postfach 10 11 39 40002 Düsseldorf VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt (GEU) Fachbereich Ressourcenmanagement VDI-Handbuch Ressourcenmanagement in der Umwelttechnik VDI-Handbuch Produktionstechnik und Fertigungsverfahren, Band 1: Grundlagen und Planung Inhalt Seite Vorbemerkung ................................................................................................. 2 Einleitung ......................................................................................................... 2 1 Anwendungsbereich ................................................................................ 2 2 Normative Verweise.................................................................................. 2 3 Begriffe ...................................................................................................... 2 4 PIUS-Maßnahmen in Gießereien........................................................... 3 5 Vorgehensweise ...................................................................................... 5 5.1 Schritt 1 – Definition der Ziele und Wirkungsgrenzen ...................... 6 5.2 Schritt 2 – Identifikation der Ein- und Ausgangsströme ....................6 5.3 Schritt 3 – Feststellung der Rahmenbedingungen..............................8 5.4 Schritt 4 – Auswahl und Darstellung der Ein- und Ausgangsströme .8 5.5 Schritt 5 – Analyse des PIUS-Potenzials in Gießereien..................... 8 5.6 Schritt 6 – Darstellung des Verbesserungspotenzials durch PIUS im Vergleich zur Istsituation .............................................................. 9 5.7 Beispiel einer systematischen Vorgehensweise in einer Eisengießerei ............................................................................. 9 6 Praxisbeispiele von PIUS-Maßnahmen in Gießereien .........................11 Schrifttum ......................................................................................................14

description

VDI

Transcript of VDI 4075-3__2014-12

Page 1: VDI 4075-3__2014-12

ICS 13.020.30, 77.180 VDI-RICHTLINIEN Dezember 2014

VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE

Produktionsintegrierter Umweltschutz (PIUS) Gießereitechnik

VDI 4075 Blatt 3

Entwurf

Cleaner production (PIUS) – Foundries industries

Einsprüche bis 2015-05-31

vorzugsweise über das VDI-Richtlinien-Einspruchsportal http://www.vdi.de/einspruchsportal

in Papierform an VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt Fachbereich Ressourcenmanagement Postfach 10 11 39 40002 Düsseldorf

VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt (GEU) Fachbereich Ressourcenmanagement

VDI-Handbuch Ressourcenmanagement in der Umwelttechnik VDI-Handbuch Produktionstechnik und Fertigungsverfahren, Band 1: Grundlagen und Planung

Inhalt Seite

Vorbemerkung ................................................................................................. 2

Einleitung ......................................................................................................... 2 1 Anwendungsbereich ................................................................................ 2

2 Normative Verweise .................................................................................. 2 3 Begriffe ...................................................................................................... 2

4 PIUS-Maßnahmen in Gießereien ........................................................... 3 5 Vorgehensweise ...................................................................................... 5

5.1 Schritt 1 – Definition der Ziele und Wirkungsgrenzen ...................... 6 5.2 Schritt 2 – Identifikation der Ein- und Ausgangsströme .................... 6 5.3 Schritt 3 – Feststellung der Rahmenbedingungen .............................. 8 5.4 Schritt 4 – Auswahl und Darstellung der Ein- und Ausgangsströme . 8 5.5 Schritt 5 – Analyse des PIUS-Potenzials in Gießereien ..................... 8 5.6 Schritt 6 – Darstellung des Verbesserungspotenzials durch PIUS

im Vergleich zur Istsituation .............................................................. 9 5.7 Beispiel einer systematischen Vorgehensweise in

einer Eisengießerei ............................................................................. 9 6 Praxisbeispiele von PIUS-Maßnahmen in Gießereien ......................... 11 Schrifttum ...................................................................................................... 14

Page 2: VDI 4075-3__2014-12

– 2 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

Vorbemerkung Der Inhalt dieser Richtlinie ist entstanden unter Beachtung der Vorgaben und Empfehlungen der Richtlinie VDI 1000. Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Fotokopie, der elektronischen Verwendung und der Übersetzung, jeweils auszugsweise oder vollstän-dig, sind vorbehalten. Die Nutzung dieser VDI-Richtlinie ist unter Wah-rung des Urheberrechts und unter Beachtung der Lizenzbedingungen (www.vdi.de/richtlinien), die in den VDI-Merkblättern geregelt sind, möglich. Allen, die ehrenamtlich an der Erarbeitung dieser VDI-Richtlinie mitgewirkt haben, sei gedankt. Eine Liste der aktuell verfügbaren Blätter dieser Richtlinienreihe ist im Internet abrufbar unter www.vdi.de/4075.

Einleitung Das Fertigungsverfahren „Gießen“ erzeugt ein weitgehend endkonturnahes Produkt, wodurch es vergleichsweise material- und energiesparend ist. Weiterhin ist mit dieser Technologie ein nahezu vollständiges Metallrecycling möglich. Die Anforderungen hinsichtlich des Umweltschut-zes steigen jedoch stetig weiter an: Gesetzgeber, Nachbarschaft und Umfeld von Gießereien erwar-ten eine weitere Reduzierung der Emissionen und die Abfallgesetzgebung bedingt eine noch intensi-vere Wiederverwertung von Materialien. In der Gießereibranche ist daher, wie auch in anderen Be-reichen der Wirtschaft, eine generelle Hinwendung zu noch stärkerer Nachhaltigkeit, insbesondere zur Ressourcen- und Energieeffizienz, erkennbar. Damit werden in der betrieblichen Praxis Maß-nahmen zum weiteren rationellen Ressourcenein-satz und zur Effizienzsteigerung unabdingbar. Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und hilft die Produktion an veränderte Marktgegeben-heiten und Gesetze anzupassen. Zugleich finden neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung sowie die aktuellen Gegebenheiten auf den Märk-ten für Roh- und Hilfsstoffe und für Energieträger Berücksichtigung. Kenntnisse über verbesserte Lösungen können aus unterschiedlichen Quellen stammen. Seitens der Europäischen Union wurde im Jahr 2004 eine um-fassende Beschreibung der besten verfügbaren Technik (BVT) für Gießereien erstellt. Diese kann der Praktiker nutzen, um für seinen Betrieb geeig-nete und ökonomisch vorteilhafte Lösungen aus-zuwählen. Informationen bei Fachtagungen, aus der Fachpresse, von Gießereivereinigungen sowie

aus Vergleichen von Leistungsdaten oder Informa-tionen aus Gegenüberstellungen von Branchenbe-trieben (in sogenannten Benchmarking-Prozessen) können auf ungenutzte Potenziale im eigenen Be-trieb hinweisen. Um zielgerichtet Verbesserungen zu entwickeln, benötigt der Praktiker – insbesondere aus den klei-nen und mittelständischen Betrieben – neben den Informationen auch ein methodisches Handwerks-zeug. In der Richtlinie VDI 4075 Blatt 1 ist eine branchenübergreifend anwendbare Verfahrenswei-se für den Produktionsintegrierten Umweltschutz (PIUS) beschrieben. Das Blatt 3 der Richtlinienreihe VDI 4075 ermög-licht eine detaillierte Bewertung sowohl von Teil-schritten als auch vom Gesamtprozess in Gießerei-en. Es ist so angelegt, dass ein Bezug zu betriebli-chen Managementsystemen (Qualität, Umwelt-schutz, Arbeitsschutz) leicht hergestellt werden kann. Des Weiteren kann seine Anwendung auch zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Unternehmen beitragen.

1 Anwendungsbereich Die Richtlinie wendet sich an Praktiker aus Gieße-reien, die auf Erkenntnisse und Erfahrungen von PIUS bei der Modernisierung oder Planung von Anlagen und Produktionsprozessen zurückgreifen wollen, um – gleichzeitig und mit Priorität je nach der konkreten Betriebssituation – die Umwelt zu schützen, die Qualität zu optimieren und die Kos-ten zu senken.

2 Normative Verweise Das folgende zitierte Dokument ist für die Anwen-dung dieser Richtlinie erforderlich: VDI 4075 Blatt 1:2014-10 Produktionsintegrierter

Umweltschutz (PIUS); Grundlagen und An-wendungsbereich

3 Begriffe Für die Anwendung dieser Richtlinie gelten die Begriffe nach VDI 4075 Blatt 1 sowie die folgen-den Begriffe:

Altsand (Abfallsand, Restsand, Sand zur Abfallentsorgung) Gebrauchter Sand, der die Gießerei zur Abfallent-sorgung verlässt.

Auffrischungsgrad Prozentuales Verhältnis von Neusand oder Quarz-sand zum Altsand. [1]

Page 3: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 3 –

Schuttsand Von einer Regenerierung ausgeschlossener, häufig grobstückiger Sandanteil, der bei der Auspackung der Formen anfällt. Anmerkung: Der Schuttsand wird in der Regel dem Altsand zugeordnet.

Zuschlagsstoff Hilfsstoff, wie Bentonit, der dem Quarzsand zuge-geben wird, um eine bessere Formbarkeit zu ge-währleisten.

Filterstaub Feinstaub, der zur Emissionsvermeidung bei der Filterung der Abluft anfällt.

Neusand Angelieferter, ungebrauchter Formgrundstoff/ Formstoff ohne Zusatzstoffe. [in Anlehnung an VDG R 201]

Regeneratmengen Menge an gebrauchtem Sand, die infolge der Re-generation nicht als Abfall entsorgt werden muss.

4 PIUS-Maßnahmen in Gießereien (Beispiele)

Unter dem Begriff „PIUS“ werden sowohl techni-sche als auch organisatorische Veränderungen von Produktionsabläufen und/oder Produktionsanlagen verstanden, durch die sich eine deutliche Vermin-derung von Umweltbelastungen erzielen lässt. Gleichzeitig – und mit Prioritäten je nach der kon-kreten Betriebssituation – sind die Qualität zu op-timieren und die Kosten zu senken. Dabei wird durch PIUS das Entstehen von Umweltbelastungen nicht erst im Anschluss an den eigentlichen Pro-duktionsprozess in Form von nachgeschalteten Schutzmaßnahmen vermindert, sondern bereits innerhalb der einzelnen Produktionsschritte und Teilprozesse. PIUS bietet somit Lösungsansätze für die Gestal-tung oder Veränderung von Produktionssystemen (Neuplanung, Umplanung, Erweiterungsplanung von Prozessen und Anlagen). Dies führt zu einem geringeren oder veränderten Einsatz von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie zu einer effizien-teren Nutzung von Energieträgern. Das Ergebnis besteht aus einer Verminderung der Umweltaus-wirkungen und führt vielfach auch zu einer Ver-besserung der Arbeitsbedingungen. PIUS muss sich dabei sowohl an den Kriterien des ökologi-schen, nachhaltigen Wirtschaftens als auch an der einzelunternehmerischen Wirtschaftlichkeit mes-sen lassen. PIUS hebt sich so vom herkömmlichen, nachsorgenden Umweltschutz ab. Als Folgeeffekte des integrierten Ansatzes von PIUS werden pro-

zesstechnische Innovationen angestoßen und Risi-koverschiebungen zwischen den einzelnen Um-weltmedien (Boden, Wasser, Atmosphäre) vermie-den. Zusätzlich lassen sich durch die Veränderung der Produktionsprozesse Roh-, Hilfs- und Betriebs-stoffe einsparen und Maschinenstandzeiten verlän-gern. In Gießereien können PIUS-Maßnahmen vor allem in folgenden Arbeitsbereichen/Arbeitsschritten zur Anwendung kommen [2]: Form- und Kernherstellung einschließlich

Formstoffaufbereitung oder Regenerierung Es gibt spezifische Maßnahmen und Techniken zur Verminderung von Emissionen und Pro-zessrückständen. Zur Verringerung von Schad-stoff- und Geruchsemissionen aus Formen kommen anorganische Lösemittel, anorganische Bindemittel oder Wasserschlichten in Betracht.

Gießen, Abkühlen und Ausleeren Um die Effektivität des gesamten Gießprozes-ses zu erhöhen, sollte das Verhältnis zwischen geschmolzenem Metall und gutem Guss opti-miert werden. Eine von mehreren Möglichkei-ten stellt hier das Kontaktgießen dar.

Gussnachbehandlung und Wärmebehandlung Bei der Gussnachbehandlung wird durch übli-che Schleifverfahren u. a. Korundstaub freige-setzt. Statt der Schleifbehandlung kommen zu-nehmend staubarme spanende oder schabende Verfahren unter Einsatz von Diamantwerkzeu-gen zur Anwendung. Bei der Wärmebehandlung wird in hohem Maß Energie benötigt, deren Menge durch Optimie-rung des Abkühlprozesses verringert werden kann.

Rohstofflagerung und Handhabung Bei der Lagerung von Einsatzstoffen und beim Umgang mit diesen ist die Verschmutzung von Boden und Wasser zu vermeiden; die betriebs-interne Wiederverwendung von Kreislaufmate-rial ist zu optimieren.

Schmelzen und Schmelzbehandlung Für die verschiedenen Ofentypen gibt es spezi-fische technische Maßnahmen zur Erhöhung der Schmelzleistung und zur Minderung der an-fallenden Produktionsrückstände. Bei Alumini-um- oder Magnesiumschmelzen muss der Aus-wahl des Reinigungs- bzw. des Schutzgases be-sondere Aufmerksamkeit gelten.

Tabelle 1 nennt beispielhaft PIUS-Lösungen für die wichtigsten technologischen Aufgaben in Gie-ßereien.

Page 4: VDI 4075-3__2014-12

– 4 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

Tabelle 1. PIUS-Lösungen in Gießereien (Beispiele)

Technologische Auf-gabe

PIUS-Lösung Erläuterungen

Schmelzen Minderung des Energie-einsatzes

moderne Schmelzöfen mit op-timierter Bauweise und Steue-rung

Heißwindkupolöfen haben sich für Schmelzkapazitäten > 20 t bewährt, Kaltwindkupolöfen sind im Bereich < 10 t üblich. In modernen Heißwindkupolöfen wird eine Tonne Flüs-sigeisen mit rund 100 kg Koks geschmolzen, Kaltwindku-polöfen können diesen Wert bei Nachrüstung mit Sauer-stofflanzeneinblasung erreichen.

Pfannenvorwärmung mit Porenbrennern

Bei sogenannten Porenbrennern findet die Verbrennung nicht mehr in einer offenen Flamme statt, sondern in einer porösen Hochtemperaturkeramik. Dadurch lassen sich Energiekosteneinsparungen von bis zu 50 % erzielen.

Verringerung der Staub-emissionen

Einsatz von Erdgas-Sauerstoff-Brennern bei Kupolöfen

Die Maßnahme führt u. a. zu einer Verminderung des spezi-fischen Feuerfest-Abbrands und des Abbrands an Mangan sowie zu einer geringeren spezifischen Schlackenmenge.

Minderung gasförmiger Emissionen

Auswahl des am besten geeigne-ten Schutzgases bei Magnesi-umschmelzen

Die Abdeckung von Magnesiumschmelzen mit CO2- Schnee hat ökologische Vorteile gegenüber anderen Schutzgasen, wie SO2.

Energieeinsparung und Recycling

Einsatz von Schrotten und Stäu-ben ohne Umschmelzen

Das Einschmelzen von Schrotten und metallhaltigen Stäu-ben im betrieblichen Prozess der Gießerei vermeidet das Schmelzen in einer Sekundärhütte, das zwar arbeitsorgani-satorische Vorteile haben kann, aber zu insgesamt höhe-rem Energieaufwand führt. Es sind möglichst ölfreie Schrotte einzusetzen, da an-sonsten Öl- und Pyrolyseprodukte (z. B. klebriger Ruß) nachgeschaltete Filter zusetzen können. Die Gussteilqualität kann gegebenenfalls durch unbe-kannte Legierungselemente in Schrotten beeinträchtigt werden.

Reduzierung der Kühl-wassermenge

Reduzierung der Karbonathärte des Wassers

Aussäuern mit Schwefelsäure: Über die traditionelle Mehrfachnutzung hinaus ist durch Schwefelsäureeinsatz eine verbesserte Eindickung erziel-bar.

Kernherstellung Minderung des Einsatzes von Katalysatorgas

Vorwärmung des eingesetzten Amins

Durch vorgeschaltete Prozesssimulation und Vorwärmung des Reaktionsgases lässt sich der Verbrauch nennenswert reduzieren.

Minderung von Schad-stoffemissionen

Auswahl optimierter Verfahren oder Bindersysteme

Moderne Sorten von Urethan-Cold-Box-Bindern emittieren beim Abgießen der Form deutlich geringere Mengen an Benzol sowie an weiteren Schad- oder Geruchsstoffen.

Energieeinsparung Umstellung von heißen oder warmen auf kalte Kernherstel-lungsverfahren

Die kalten Kernherstellungsverfahren, wie Urethan-Cold-Box-Verfahren oder Resol-CO2-Verfahren, führen zu Energieein-sparungen im Vergleich zur Verwendung von Hot-Box- oder Warm-Box-Systemen.

Formherstellung Verminderung von Schadstoffen und Geruchsemissionen

im Großguss: Verwendung von emissionsge-minderten Bindemitteln

Neuere Kaltharzbindemittel können beim Abgießen von Großgussformen zur Freisetzung von weniger Schwefelver-bindungen, wie SO2, führen.

Abfallminderung effektive Aufbereitung oder Rege-nerierung gebrauchter Formstof-fe

Moderne Anlagen zur Aufbereitung von bentonitgebunde-nen Umlaufformstoffen oder Anlagen zur sandkornscho-nenden Regenerierung von kaltharzgebundenen Umlauf-formstoffen führen zu einem innerbetrieblichen Formstoff-recycling von deutlich über 90 %.

Page 5: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 5 –

Tabelle 1. PIUS-Lösungen in Gießereien (Beispiele, Fortsetzung)

Technologische Auf-gabe

PIUS-Lösung Erläuterungen

Gießen, Abkühlen, Ausleeren Minimierung des Ener-gie- und Materialeinsat-zes

Optimierte Gieß- und Speiser-technik, gesteuerte Formfüllung

„Speiserarmes Gießen“ führt zu einer effektiven Einspa-rung an Flüssigmetall. Ein Beispiel stellt das Kontaktgussver-fahren dar.

Minderung von Schad-stoff- oder Geruchsemis-sionen

Verwendung von emissionsge-minderten Sandkernbindern oder Glanzkohlenstoffbildnern in bentonitgebundenem Formstoff

Kohlenstoffhaltige Verbindungen sind typische Bestandteile nahezu aller gebräuchlichen Formstoffsysteme; innovative Kernbinder oder Glanzkohlenstoffbildner in bentonitgebun-denen Formstoffen sind emissionsmindernd. Wichtig ist hierbei eine kontur- und kernabhängige, mini-mierte Zugabe nach Rezeptur.

Druckguss Luft- und Abwasserrein-haltung

optimierter Trennstoffeinsatz im Druckguss

Moderne Sprühköpfe und Steuerungssysteme des Sprüh-vorgangs vermindern den Einsatz von Trennmitteln im Druckguss.

Feinguss Abfallvermeidung Recycling von Feingusswachsen Das Recycling von gebrauchten Feingusswachsen kann

zur Wiedergewinnung von hochwertigen Modellwachsen oder Stammwachsen für den Feinguss führen.

Gussnachbehandlung Minderung von Staub-emissionen

Vermeidung von Putzarbeit; Um-stellung von Schleifen auf Schneiden bzw. Stanzen

Fehlerfreies Fertigen in den der Gussnachbehandlung vorgelagerten Fertigungsbereichen vermeidet Putzarbeit und Emissionen. Die typischen Verfahren des Schleifens und Meißelns können vielfach durch nicht spanende und weitestgehend staubfreie Verfahren des Stanzens ersetzt werden.

Wärmebehandlung Minderung des Energie-einsatzes

Herstellung von Gusswerkstoffen ohne Wärmebehandlung

Entwicklungen in der Gusseisenmetallurgie machen eine früher notwendige Prozessstufe der Wärmebehandlung, beispielsweise bei Gusseisen mit Kugelgrafit, weitgehend überflüssig. Mit der Variation der Abkühlzeiten sind hier Optimierungs-parameter gegeben.

Zusammenfassung von Guss-wärmebehandlung und Form-stoffregenerierung beim Alumi-niumguss

Im Serienaluminiumguss können in geeigneten Fällen die Aluminiumgusswärmebehandlung und die Formstoffregene-rierung zusammengefasst werden.

5 Vorgehensweise Einzelmaßnahmen (siehe auch Tabelle 1) mit über-schaubaren Effekten können unmittelbar in die Produktion überführt werden. Sie sollten immer aber im Gesamtzusammenhang – u. a. mit Blick auf die Spätwirkung von Kreislaufprozessen – gesehen werden, um die Potenziale umfassend zu ermitteln und Effekte in Hinsicht auf Umwelt-schutz, Qualitätsverbesserung und Kostensenkung zu ermöglichen. Voraussetzung dafür ist, alle relevanten Daten zu erheben und zu dokumentieren. Ein praktisch er-probtes Vorgehen hierfür ist in Abschnitt 5 der Richtlinie VDI 4075 Blatt 1 dargestellt. Für die Bearbeitung eines PIUS-Prozesses ist ein strukturiertes Vorgehen angezeigt, für das sich

folgende sechs Schritte anbieten, die teilweise auch mehrfach (iterativ) zu durchlaufen sind: Schritt 1 – Definition der Ziele und Wirkungs-

grenzen Schritt 2 – Identifikation der Ein- und Aus-

gangsströme Schritt 3 – Feststellung der Rahmenbedingun-

gen Schritt 4 – Auswahl und Darstellung der Ein-

und Ausgangsströme Schritt 5 – Analyse des PIUS-Potenzials Schritt 6 – Darstellung des Verbesserungspo-

tenzials durch PIUS im Vergleich zur Istsituati-on

Page 6: VDI 4075-3__2014-12

– 6 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

5.1 Schritt 1 – Definition der Ziele und Wirkungsgrenzen

In Schritt 1 werden die Ziele und Produktionsbe-reiche festgelegt, für die PIUS anzuwenden ist. Dabei kann sich die Analyse auf folgende Bereiche beziehen: einzelner Produktionsprozess bzw. -teilprozess Produktionsanlage Anlagenverbund einzelner Standort übergreifend mehrere Standorte

Bild 1 zeigt mögliche Wirkungsgrenzen am Bei-spiel einer Eisengießerei. Die Auswahl der Wir-kungsbereiche richtet sich nach der Komplexität der Produktion sowie nach der von den einzelnen Bereichen ausgehenden Umweltrelevanz. Grund-sätzlich empfiehlt es sich, gegliedert vorzugehen, also von Prozess zu Prozess bzw. Teilprozess. Die Wirkungsbereiche können dann je nach Erforder-nis stufenweise weiter gefasst werden. Wird von

Beginn an der gesamte Standort betrachtet, bedeu-tet dies einen deutlich erhöhten Analysenaufwand. Damit eröffnet sich aber auch eine umfangreichere Bewertungs- und Verbesserungsmöglichkeit. 5.2 Schritt 2 – Identifikation der Ein- und

Ausgangsströme Nach der Zusammenstellung der aktuellen betrieb-lichen Prozesse bzw. Teilprozesse werden hierzu die Stoff- und Energieströme innerhalb der in Schritt 1 festgelegten Wirkungsbereiche ermittelt (Bild 2) und dokumentiert. Dabei sind jeweils die Mengen sowie die Umwelt-, Qualitäts- und Kos-tenrelevanz zu quantifizieren. Soweit einzelne Ströme in unterschiedlichen Qualitäten vorliegen (z. B. Frischwasser als Trink- oder Kühlwasser), ist eine entsprechende Differenzierung erforderlich. Die Daten sind zweckmäßigerweise in einer Tabel-le zu dokumentieren. Ein Beispiel ist Tabelle 2, die auch als Hilfsmittel bei Eisengießereien ver-wendet werden kann. Sie ist als Checkliste nutzbar, die an die betrieblichen Belange anzupassen ist.

Bild 1. Beispiel für die Festlegung von Wirkungsbereichen für PIUS in Eisengießereien

Bild 2. Vereinfachtes Schema der Einflüsse auf Produktion und Produktionsprozess

Page 7: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 7 –

Hervorgehoben werden soll, dass das Hauptau-genmerk auf den wesentlichen Stoffströmen liegen sollte. Eine vertiefte Berücksichtigung von Stoff-strömen geringerer Relevanz kann im Lauf der Bearbeitung schrittweise erfolgen. Wesentlich ist hierbei, eine möglichst zuverlässige Angabe über Veränderungen im Stofffluss zu erlangen. Aller-dings werden in der Praxis entsprechende Angaben aber oft fehlen. Sofern keine Mengenangaben in physikalischen Maßeinheiten vorliegen, kann durch Befragung von Mitarbeitern auf Beobach-

tungen zurückgegriffen werden. Daraus leiten sich relative Angaben zu den Auswirkungen einzelner Maßnahmen im Produktionsprozess ab (z. B. „we-niger“ oder „mehr“, „stark“, „schwach“, „stärker“ oder „schwächer“). Hierbei können sich die ent-sprechenden Angaben sowohl auf einen kontinu-ierlichen Materialfluss (z. B. Förderband, offenes Kanalsystem) als auch auf einen chargenweisen Stofftransport (z. B. Waggon- oder Lkw-Ladun-gen) beziehen.

Tabelle 2. Prozesstypische Eingangs- und Ausgangsströme in einer Eisengießerei

Eingangsstoff Maßeinheit (z. B. Menge in t/a;

kg/a; kwh; m3/h)

Kosten

in €

Anmerkungen (z. B. Umweltrelevanz)

Im Schmelzbetrieb Eisenträger Roheisen

Stahlschrott

Blechpakete

Spänebriketts

Kreislaufmaterial

Legierungsstoffe Ferromangan

Ferrosilicium

Zuschläge Koks

Kalkstein

Kies

Energie- und Verbrennungsmedien Elektroenergie

Erdgas

Sauerstoff

Verbrennungsluft

Dampf

Hilfsstoffe Stampfmassen

Kühlwasser für Kupolöfen

Druckluft

Ausgangsstoffe Flüssigeisen

Kupolofenschlacke

Rinnenofenschlacke

Gichtgasstäube

Magnesiumoxydstäube

Ofenausbruch

Zinkstaub

Koksgrus

Staub von den Koksförder-bändern

Abwasser

Wasserdampf

Page 8: VDI 4075-3__2014-12

– 8 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

Tabelle 2. Prozesstypische Eingangs- und Ausgangsströme in einer Eisengießerei (Fortsetzung)

Eingangsstoff Maßeinheit (z. B. Menge in t/a; kg/a; kWh; m3/h)

Kosten

in €

Anmerkungen (z. B. Umweltrelevanz)

In einer Kernmacherei

Kernfertigung Neusand

Regenerierter Sand

Urethan-Cold-Box, Komponente I

Urethan-Cold-Box, Komponente II

Amin (Katalysator)

Formstoffzusätze

Schlichte

Trennmittel

Energie

Ausgangsstoffe Sandkerne

Ungereinigte Mehrfachgebinde

Wäscherlösung bei Verwen-dung von Aminen

Gießereialtsand

Staub aus Regenerieranlage

Siebabfälle (Keramikreste usw.)

Tabelle 2 dient als Beispiel zur systematischen Erfassung der Ein- und Ausgangsströme, mit de-nen Bewertungen der Umweltrelevanz sowie der Kosten mit Blick auf verbessernde produktionsin-tegrierte Maßnahmen vorgenommen werden kön-nen. 5.3 Schritt 3 – Feststellung der

Rahmenbedingungen In Schritt 3 ist zu prüfen, ob sich durch technische Regelwerke, gesetzliche Vorgaben auf EU-, Bun-des- und Länderebene oder auch durch Unterneh-mensvorgaben Beschränkungen für die Ein- und Ausgangsströme ergeben. Es gilt daher, entspre-chende Grenz- und Richtwerte festzustellen, um den möglichen Handlungsrahmen abzustecken. Für Gießereien können z. B. folgende Quellen wichtig sein: Referenzdokument der besten verfügbaren

Techniken für Schmieden und Gießereien („BREF-Dokument“)

Mitteilungen der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) Nr. 20

Abwasserverordnung (AbwV), Anhang 24 und Anhang 39

Deponieverordnung (DepV) Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (WasgefStUmgV)

TA Lärm TA Luft

5.4 Schritt 4 – Auswahl und Darstellung der Ein- und Ausgangsströme

Im Schritt 4 erfolgt eine Bewertung der Istsituation anhand der in Schritt 2 ermittelten Produkt- und Energieströme, wobei Umweltrelevanz, Qualität und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen betrachtet werden müssen. Um eine bessere Einschätzung zu ermöglichen und Vergleiche anstellen zu können, sollten möglichst branchenspezifische Kennzahlen gebildet werden. Dies sind z. B. die Kenngrößen „Investitionsrentabilität“, „qualitätsbedingte Er-lössteigerungen“, „spezifischer Wasserverbrauch“ und „Abfallquote“. Anregungen dazu enthalten die Richtlinien VDI 4050 und VDI 4070 Blatt 1. Die Darstellung der Istsituation kann in Tabellen oder Diagrammen erfolgen. Möglichkeiten zeigt das unten aufgeführte Beispiel für eine systematische Vorgehensweise. 5.5 Schritt 5 – Analyse des PIUS-Potenzials

in Gießereien In Schritt 5 wird analysiert, welches PIUS-Poten-zial der Produktion erschlossen werden kann. Dazu werden die in Schritt 4 ausgewählten umwelt- und

Page 9: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 9 –

kostenrelevanten Ein- und Ausgangsströme mit Blick auf den Gießereiprozess jeweils dahingehend untersucht, an welcher Stelle ein Verbesserungs- und Optimierungspotenzial durch die Einführung von PIUS unter Berücksichtigung einer alle Aspek-te umfassenden Betrachtungsweise besteht. Hierzu sind folgende PIUS-Ansätze hilfreich: Minimierung von nachsorgenden Umwelt-

schutzmaßnahmen Minimierung des Einsatzes von Roh-, Hilfs-

und Betriebsstoffen bei optimaler Gussqualität durch Steigerung des Prozesswirkungsgrads, z. B. durch optimierte Aufbereitung von ben-tonitgebundenen Formstoffen

Intensivierung der Nutzung von Betriebs- und Hilfsstoffen, z. B. durch Schließung von Stoff-kreisläufen in der Gießerei oder durch Mehr-fachnutzungen, z. B. durch verbesserte Regene-rierung von chemisch gebundenen Formstoffen

Substitution umweltbedenklicher Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, z. B. durch den Ersatz von emissionsintensiven Glanzkohlenstoffbildnern, wie Bitumen, durch emissionsarme Kohlen-stäube

Minderung des Energieeinsatzes und Verbesse-rung der Energieeffizienz, z. B. durch konstruk-tiv und gießtechnisch optimierte masseärmere Bauteile und – damit verbunden – geringerem Einsatz an Schmelzenergie

Verringerung des Aufwands an Logistik und Transport, z. B. durch das Integrieren von Be-arbeitungsschritten in die Gussnachbehandlung

Tabelle 1 in Abschnitt 5 nennt beispielhafte PIUS-Lösungen für die wichtigsten technologischen Aufgaben in Gießereien. Das Ergebnis stellt die jeweilige Situation hinsicht-lich Umweltbelastung, Energieverbrauch und Ma-terialeinsatz dar. Um darüber hinaus auch eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Rangfolge für Verbesserungen ableiten zu können, ist eine Be-wertung anhand der damit verbundenen Kosten zweckmäßig. Daraus kann die für den Betrieb un-ter Umwelt- und Kostengesichtspunkten effektivste Maßnahme individuell abgeleitet werden. 5.6 Schritt 6 – Darstellung des

Verbesserungspotenzials durch PIUS im Vergleich zur Istsituation

Mit der Bearbeitung der vorhergehenden Schritte ist die Analyse des PIUS-Potenzials jeweils mit Blick auf Minderungen der Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der Kosten erfolgt. Es ist nun zu prüfen, welche Relevanz sich im Einzelfall

ergibt und welche als sinnvoll erachteten Maß-nahmen sich daraus ableiten lassen. 5.7 Beispiel einer systematischen

Vorgehensweise in einer Eisengießerei Das methodische Vorgehen bei der Abarbeitung der sechs Schritte ist im Folgenden modellhaft an der PIUS-Analyse in einer Eisengießerei darge-stellt. Das Ziel ist hier die Minimierung des Sand-verbrauchs einer Handformerei mithilfe der Mate-rial- und Energieflussanalyse. Schritt 1 – Festlegung der Wirkungsgrenzen Betrachtet wird der gesamte Prozess des Form-stoffkreislaufs der Handformerei, das heißt die erforderlichen Einsatzstoffe, die Energie, die Re-generatmengen und die Abfallstoffe. Andere Be-triebsteile wie der Schmelzbetrieb liegen außerhalb der Wirkungsgrenzen. Auch der Materialfluss des Eisens in der Handformerei wird nicht betrachtet. Zeitliche Systemgrenze ist der Zeitraum eines Jah-res. Schritt 2 – Identifikation der Ein- und Ausgangsströme Zur Identifikation der Ein- und Ausgangsströme werden Daten zu folgenden Materialien erhoben: Eintrag

Neusand (Quarzsand, Chromerzsand), Binder, Härter, Schlichte, Furanharz, Mischsäure, Sili-ciumcarbid (SiC)-Platten, Strahlmittel, An-schnittsysteme

Austrag Emissionen (Harz, Säure, Schlichte), Strahlmit-telabfälle, Anhaftungen, Altsand, Staub. Die Er-fassung erfolgt über einen gemeinsamen Sam-melcontainer.

Dazu werden Erhebungen vor Ort durchgeführt und betriebsinterne Daten der Controlling-Abteilung ausgewertet. Ergänzend werden be-triebsspezifische Checklisten aufgestellt, in die Erfahrungen eines PIUS-Beraterteams und der betrieblichen Mitarbeiter eingehen. Schritt 3 – Feststellung der Rahmenbedingungen Für eine Abschätzung des möglichen Handlungs-rahmens werden Werte von anderen Branchenfir-men (in sogenannte Benchmarks) zum Auffri-schungsgrad und zum Neusandanteil in vergleich-baren Gießereien ermittelt. Weitere Vorgaben und Richtlinien sind nicht zu berücksichtigen. Schritt 4 – Auswahl und Darstellung der Ein- und Ausgangsströme Das Ergebnis der Bilanzierung der Materialflüsse nach der Methode der Materialflussmodellierung

Page 10: VDI 4075-3__2014-12

– 10 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

(DIN EN ISO 10628) wird in Form eines Ablauf-diagramms mit einem Soll-Ist-Vergleich darge-stellt, bei dem die Breite der Stoffströme die Mate-rialmengen symbolisieren. Deutlich wird, dass der Altsand die größte stoffli-che Entsorgungsmenge ausmacht. Hier liegt mit einer Altsandregenerierung der Ansatzpunkt zur Reduzierung der Menge des Entsorgungsmaterials. Bild 3 zeigt die mit Sandregenerierung hin zum Sollmodell veränderten Stoffströme. In welcher Größenordnung der Regenerierungs-grad erhöht werden kann, zeigt der Vergleich mit den branchenüblichen Kennzahlen: Beim Auffri-schungsgrad sind 10 % bis 20 % üblich; mit 18,6 % liegt der Wert für eine untersuchte Gießerei an der oberen Grenze. Beim Neusandanteil liegt der branchenübliche Wert bei 3 %. Mit 6,3 % lag der ermittelte Istwert etwa doppelt so hoch. Das zeigt deutlich, dass die Regenerierungsquote er-höht werden kann.

Schritt 5 – Analyse des PIUS-Potenzials Betrachtet wird der PIUS-Ansatz „Minimierung des Neusandbedarfs und der Entsorgungsmenge durch Optimierung von Stoffkreisläufen“. Insbesondere beim Auspacken von großen Gusstei-len fallen häufig in kurzer Zeit große Mengen an Altsand an. Diese können von den Regenerieranla-gen nicht zeitnah verarbeitet werden und werden stattdessen entsorgt. Abhilfe kann hier durch ein Zwischenlager geschaffen werden, in dem der Altsand vorübergehend gelagert und allmählich der Regenerierung zugeführt wird. Schritt 6 – Darstellung des Verbesserungspotenzials durch PIUS Das Ergebnis zeigt folgende Effekte: Durch die zusätzliche Regenerierung bisher entsorgter Alt-sandmengen sinken die Entsorgungsmenge und damit die Kosten. Die gleichzeitig steigende Rege-neratmenge führt zu einem geringeren Neusandbe-darf und somit zu sinkenden Beschaffungskosten. Bild 4 zeigt die Differenz der Materialflüsse zwi-schen Istanalyse und Sollkonzept in einem Netz-diagramm.

Bild 3. Änderung der Materialflüsse mit wesentlicher Verringerung der Altsandmengen in der Gießerei von der Istsituation (Pfeil fett) mit Ergänzung (Pfeil dünn) zum Sollkonzept

Page 11: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 11 –

Aufgrund der gestiegenen Altsandregenerierung und der erhöhten Leistungsanforderung zur Sand-aufbereitung steigt der Energieverbrauch um etwa 5 % und der Wartungsaufwand um etwa 10 %. Weiter erhöht sich durch die nach dem Stand der Technik verbesserte Abluftfiltertechnik der Anfall an entsorgungspflichtigem Filterstaub um 6 %. Wesentlich und kostenmäßig entscheidend ist je-doch, dass die Altsandentsorgung, die üblicher-weise zu einer Deponie erfolgt, um etwa 40 % reduziert werden kann und der Quarzsand-/Neu-sandeinsatz sich ebenfalls entsprechend reduziert. Der Quarzsandverbrauch wie die zu entsorgende Altsandmenge werden deutlich reduziert, während die Anteile für den Wartungsaufwand, den Ener-gieverbrauch und die Entsorgungsmengen an Fil-terstaub sich geringfügig erhöhen.

6 Praxisbeispiele von PIUS-Maßnahmen in Gießereien

Neben den nachfolgenden Beispielen werden ver-schiedene Praxisbeispiele u. a. in folgenden Inter-netdatenbanken angeboten:

PIUS-Internet-Portal der Effizienz-Agentur NRW (www.PIUS-info.de)

Cleaner Production Germany (www.cleaner-production.de)

Chemikaliendatenbank zum produktintegrierten Umweltschutz (http://oekopro.infu.tu-dortmund.de/)

Umweltfirmen-Datenbank der Industrie- und Handelskammern im Internet (www.umfis.de)

Stromsparmaßnahmen nach Initiative der Deut-schen Energie- Agentur – DENA (http://www.stromeffizienz.de)

Beispiel 1 – Geruchsminderung in Gießereien

Aufgabenstellung Eine der wesentlichsten Umweltschutzaufgaben der Gießereien ist die Minderung von Gerüchen, vor allem beim Abgießen chemisch gebundener Sandkerne. Im Folgenden wird das Potenzial von integrierten prozessverbessernden Maßnahmen bei der Geruchsminderung am Beispiel einer Eisen- und einer Aluminiumgießerei dargestellt.

Bild 4. Netzdiagramm – normierter Vergleich der Istsituation (ohne Sandregenerierung) zum Sollmodell

Page 12: VDI 4075-3__2014-12

– 12 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

Ausgangssituation Bei der Eisengießerei handelt es sich um einen Betrieb, der jährlich mehr als 100 000 t Gusseisen mit Kugelgrafit für den Fahrzeugbau herstellt. Die Gussteile werden auf einer modernen kastenge-bundenen Formanlage in bentonitgebundenem Formstoff hergestellt. Zur Ausgestaltung innerer Konturen werden Kerne eingesetzt, die nach dem Urethan-Cold-Box-Verfahren hergestellt werden. Bei der Aluminiumgießerei handelt es sich um eine große Kokillengießerei, die mit Karussellanlagen fertigt. Hergestellt werden Zylinderköpfe und Saugrohre aus verschiedenen Aluminiumlegierun-gen. Zur Herstellung der hierfür benötigten Sand-kerne werden Maskenformverfahren, Warm-Box- und Urethan-Cold-Box-Verfahren eingesetzt. Zur Reinigung der Gießgase von Geruchskompo-nenten und Schadstoffen erscheinen verschiedene Abluftreinigungssysteme grundsätzlich einsatzfä-hig. Aufgrund verschiedener Voruntersuchungen ist jedoch deutlich geworden, dass diese unter Be-rücksichtigung aller Faktoren, wie Energieeinspa-rungen, Wirkungsgrad, Baugröße, Investitions- und Betriebskosten, in den meisten Fällen für die Gießgasreinigung unbefriedigend sind.

Umweltschutzmaßnahmen und Prozessparameter In Forschungs- und Entwicklungsprojekten kon-zentrierte man sich in einem Schwerpunkt auf die Entwicklung von verbesserten Bindemitteln zur Kernherstellung, um mit dieser prozessintegrierten Maßnahme eine signifikante Geruchsminderung zu realisieren. Folgende Größen wurden dabei als die wichtigsten für den prozesssicheren Einsatz und zur Gewährleistung der bestehenden Qualitätsan-sprüche betrachtet: Biegefestigkeit des Formstoffs Erosionsneigung des Formstoffs Blattrippenneigung beim Abguss Viskosität und Fließeigenschaft der Binder und

Formstoffsysteme zusätzlich bei Eisenguss: Einfluss der Kernbin-

der auf die Eigenschaften des bentonitgebunde-nen Formstoffs

In Zusammenarbeit zwischen Gießereien, Gießerei-chemieunternehmen, Forschungsinstituten wurden systematisch optimierte Binder entwickelt, getes-tet, in Feldversuchen eingesetzt und schließlich in den Serienbetrieb übernommen.

Ergebnisse Durch Umstellung auf moderne Bindersysteme wurden beispielsweise die Geruchsemissionen bei

den Gießgasen um 50 % bis über 70 % vermindert (Bild 5). Da die modernen Urethan-Cold-Box-Bindersysteme eine stärkere Bindekraft aufweisen, konnte die Bindemittelmenge im Fall der Eisen-gießerei um ca. 10 % verringert werden. Dies kompensiert teilweise die gestiegenen Materialkos-ten für die Binder, die bei den neueren Systemen 20 % höher sind. Verglichen mit den Ausgaben in der Eisengießerei für ein biologisches Abluftreini-gungssystem, das mit Investitionskosten in Höhe von 4 Mio. € und Betriebskosten von rund 300 000 € pro Jahr verbunden gewesen wäre, sind die neuen Bindersysteme auch unter wirtschaftli-chem Gesichtspunkt eine prüfenswerte Maßnahme.

Bild 5. Minderung von Geruchsemissionen einer Eisengießerei durch neue Kernbindemittel

Beispiel 2 – Trennmitteleinsparung beim Druckgießen

Aufgabenstellung Für jeden Gießzyklus beim Aluminiumdruckgie-ßen ist es erforderlich, Formtrennstoffe aufzutra-gen, um einerseits die Form zu kühlen und ande-rerseits die Verbindung zwischen dem zu vergie-ßenden Aluminium und dem Formstahl, also ein Anhaften der Druckgussteile in der Form, zu ver-hindern. Durch die Anwendung der Trennmittel entstehen an der Druckgießmaschine Emissionen, die in die Luft und in das Abwasser übergehen können. Ziel war es, durch eine intelligente Auftragtechnik und durch eine Modifizierung der Trennstoffkom-ponenten zu einem optimierten Formtrennstoffein-satz zu gelangen. Auf diese Weise sollten die er-forderlichen Auftragmengen und die entstehenden Emissionen deutlich reduziert werden.

Ausgangssituation Die Gussformen sind großen Wärmebelastungen ausgesetzt, wenn die flüssige Aluminiumlegierung mit einer Temperatur von über 600 °C eingepresst wird. Nach Entnahme der Gussteile muss die über-schüssige Wärme aus den Formen abgeführt wer-den, bevor diese erneut gefüllt werden können.

Page 13: VDI 4075-3__2014-12

Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014 Entwurf VDI 4075 Blatt 3 – 13 –

Hierfür setzen die Gießereien bislang ein Gemisch aus Wasser, Trennstoff und Hilfsmitteln ein. Die Trennstoffe werden durch das heiße Alumini-um thermisch zersetzt. Neben den bei der Zerset-zung entstehenden Luftemissionen können weitere Emissionen aus einem unpräzisen Auftragen resul-tieren. Die von der Gussform abtropfende Trenn-stoffemulsion kann das Abwasser belasten.

Umweltschutzmaßnahmen und Prozessparameter Die innovative Idee war, die beiden Aufgaben so weit wie möglich voneinander zu trennen, also zuerst die Form im Wasser zu kühlen und danach den Trennstoff gezielt und sparsam aufzutragen. Dazu wurde ein Sprühkopf neu konzipiert und mit einer zusätzlichen Sprühleiste versehen. In einem anschließenden Schritt wurde ein weiterentwickel-ter Sprühkopf mit einer programmierbaren Steuer-einheit und einzeln ansteuerbaren Düsen entwi-ckelt. Hiermit ist es möglich, nur diejenigen Berei-che der Form zu besprühen, die während des Gieß-

vorgangs mit der Aluminiumschmelze in Berüh-rung kommen. Parallel durchgeführte Thermogra-fiemessungen zeigen deutlich, dass trotz des gerin-geren Trennstoffauftrags mit dem neuen Sprühkopf stärker und gleichmäßiger gekühlt wird.

Ergebnisse Bei gleichzeitiger Zykluszeit konnten der Trenn-stoffverbrauch sowie die freigesetzten luftfremden Stoffe im Durchschnitt um 25 % und der Wasser-verbrauch um 14 % gesenkt werden. Aufgrund der optimierten Besprühung und Verdampfung ent-stand kein Trennmittelüberschuss, der in das Ab-wasser gelangen kann. Die Investitionen für die Umgestaltung eines vor-handenen Sprühkopfs betragen einige 1000 €; eine Investition, die sich aufgrund der Einsparung bei Trennstoff- und Wasserverbrauch bereits nach rund einem Jahr amortisiert hat. Bei neuen Druck-gießmaschinen-Sprühköpfen wird die neue Tech-nik vielfach bereits eingesetzt.

Page 14: VDI 4075-3__2014-12

– 14 – VDI 4075 Blatt 3 Entwurf Alle Rechte vorbehalten © Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf 2014

Schrifttum Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwas-ser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV) vom 17. Juni 2004 (BGBl I, 2004, Nr. 28, S. 1108–1184), zuletzt geändert am 2.5.2013 (BGBl I, 2013, Nr. 21, S. 973–1020) Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponiever-ordnung – DepV) vom 27. April 2009 (BGBl I, 2009, Nr. 22, S. 900–950), zuletzt geändert am 2.5.2013 (BGBl I, 2013, Nr. 21, S. 973–1020) Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffver-ordnung – GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl I, 2010, Nr. 59, S. 1643–1692), zuletzt geändert am 15.7.2013 (BGBl I, 2013, Nr. 40, S. 2514–2534) Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhal-tung der Luft – TA Luft) vom 27. Juli 2002 (GMBl, 2002, Nr. 25–29, S. 511–605), zuletzt geändert am 16.12.2013 (BAnz, 2014, AT 09.01.2014 B3) Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl, 1998, Nr. 26, S. 503–515) Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefähr-denden Stoffen (WasgefStUmgV) vom 31. März 2010 (BGBl I, 2010, Nr. 14, S. 377–378)

Technische Regeln BREF-SF:2005-05 Integrated pollution prevention and con-trol; Reference document on best available techniques (BREF) in the smitheries and foundries industry (Integrierte Vermei-dung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU); Referenzdokument über die besten verfügbaren Techniken für Schmieden und Gießereien). May 2005 http://eippcb.jrc.ec.europa.eu/reference/BREF/sf_bref_0505.pdf (abgerufen am 20.10.2014)

DIN EN ISO 10628:2001-03 Fließschemata für verfahrens-technische Anlagen; Allgemeine Regeln (ISO 10628:1997); Deutsche Fassung EN ISO 10628:2000 (Flow diagrams for process plants; General rules (ISO 10628:1997); German version EN ISO 10628:2000). Berlin: Beuth Verlag LAGA-Mitteilung 20:2003-11 Anforderungen an die stoffli-che Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen; Technische Regeln. Erfurt: LAGA VDG R 201:1976-12 Gießerei-Formstoffe; Begriffe (Foundry moulding materials; concepts). Düsseldorf: VDG VDI 4050:2001-09 Betriebliche Kennzahlen für das Umwelt-management; Leitfaden zu Aufbau, Einführung und Nutzung (Operational indices for environmental management - Guide-lines for development, implementation and use). Berlin: Beuth Verlag VDI 4070 Blatt 1:2014-12 (Entwurf) Nachhaltiges Wirtschaf-ten in kleinen und mittelständischen Unternehmen; Anleitung zum Nachhaltigen Wirtschaften (Sustainable management in small and medium-sized enterprises; Guidance notes for sus-tainable management). Berlin: Beuth Verlag VDI 4070 Blatt 1:2006-02 Nachhaltiges Wirtschaften in klei-nen und mittelständischen Unternehmen; Anleitung zum Nachhaltigen Wirtschaften (Sustainable management in small and medium-sized enterprises; Guidance notes for sustainable management). Berlin: Beuth Verlag VDI 4075 Blatt 1:2014-10 Produktionsintegrierter Umwelt-schutz (PIUS); Grundlagen und Anwendungsbereich (Cleaner production (PIUS); Basic principles and area of application). Berlin: Beuth Verlag

Literatur [1] Hasse, S. (Hg.): Gießerei-Lexikon. Ausgabe 2001, S. 95 [2] Neukirchen, B.; Wiedemeier, J.; Wolfertz, R.; Wolff, H.:

VDI-Kompetenzbereich Integrierte Umwelttechnik – In-tegrierte Umwelttechnik am Beispiel der Gießereitech-nik; In: UmweltMagazin (2001) 1/2, S. 28–32