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Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 21, 150--168 (1965) Aus dem Max Ptanek-Institut fiir Arbeitsphysiologie, Dortmund (Direktor: Prof. Dr. reed. G. L~HMn~r Abteilung: Dr.-Ing. R. Co~A~N) Vegetative Reaktionen des Mensehen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung Von R. COERMANN~ A. 0KADA* u n d I. FRIEIANG Mit 7 Textabbildungen (Eingegangen am 4. Mai 1965) A. Problemstellung Seit den grundlegenden Untersuchungen von ]~EIIIER und MEISTER vor ca. 35 Jahren fiber die Empfindlichkeit des Mensehen gegen Er- schfitterungen wurde immer wieder versucht, Kurven gleicher Wahr- aehmlmgsst~rke ffir sinusf6rmige Schwingungen aufzustellen. Zuletzt befaBte sich in Deutschland DIECKMA~ a mit diesem Problem und stellte auf Grund yon physikalischen und physiologischen Messungen einen Belastungsmal3stab ffir vertikale Schwingtmgen auf. I)a die Industrie dringend Angaben ffir zul~ssige Schwingungsbelastungen ben6~igte, brachte der VI)I die Richtlinie 2057 ,,Beurteilung der Einwirkung me- chanischer Schwingungen auf den Mensehen" heraus, in der, basierend auf den Messungen yon DIECI~HA~, im Frequenzbereich yon 0,5 bis 80 Hz Kurven gleicher Wahrnehmungsstarke wiedergegeben sind. In dem Frequenzbeschleunigungs-Diagramm dieser RichtGlinie verlaufen die Kurven zwischen 0,5 und 6 Hz praktisch horizontal, d. h. es wird damit gesagt, dal3 in diesem Frequenzbereich die Wahrnehmung und Ertr~g- lichkeit meehanischer Schwingungen nut yon der Schwingungsbeschleu- nigung und nicht auch yon der Frequenz abhgngt. Ffir die VerhAltnisse in Fahrzeugen wfirde das z.B. bedeuten, dal3 Erschfitterungen mit dem Hauptenergieanteil bei 5 bis 6 Hz praktisch gleieh empfunden wfirden wie Erschfitterungen im Frequenzgebiet 0,5--2 Hz, wenn nur die mittleren Beschleunigungen beider Fahrzeuge gleich sind. I)iese Annahme widersprieh~ aber nicht nur der praktischen Er- fahrung, sondern aueh der Tai~sache, dai] der sitzende und si~ehende menschliche K6rper seine Grundeigenfrequenz zwischen 4 und 6 Hz und dai3 der Kopf nnd der Oberk6rper des Menschen bei vertikaler Schwin- gungserregung mit ca. 5 Hz in K6rperl/ingsachse zwei- bis dreimal so grol3e Schwingungsamplituden ausffihren k6nnen als die schwingungs- * Professor Dr. reed. A. OI~ADA, Sapporo lV[edicalCollege, Japan.

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Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 21, 150--168 (1965)

Aus dem Max Ptanek-Institut fiir Arbeitsphysiologie, Dortmund (Direktor: Prof. Dr. reed. G. L~HMn~r Abteilung: Dr.-Ing. R. Co~A~N)

Vegetative Reaktionen des Mensehen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung

Von

R. COERMANN~ A. 0KADA* und I. FRIEIANG

Mit 7 Textabbildungen

(Eingegangen am 4. Mai 1965)

A. Problemstellung

Seit den grundlegenden Untersuchungen von ]~EIIIER und MEISTER vor ca. 35 Jahren fiber die Empfindlichkeit des Mensehen gegen Er- schfitterungen wurde immer wieder versucht, Kurven gleicher Wahr- aehmlmgsst~rke ffir sinusf6rmige Schwingungen aufzustellen. Zuletzt befaBte sich in Deutschland DIECKMA~ a mit diesem Problem und stellte auf Grund yon physikalischen und physiologischen Messungen einen Belastungsmal3stab ffir vertikale Schwingtmgen auf. I)a die Industrie dringend Angaben ffir zul~ssige Schwingungsbelastungen ben6~igte, brachte der VI)I die Richtlinie 2057 ,,Beurteilung der Einwirkung me- chanischer Schwingungen auf den Mensehen" heraus, in der, basierend auf den Messungen yon DIECI~HA~, im Frequenzbereich yon 0,5 bis 80 Hz Kurven gleicher Wahrnehmungsstarke wiedergegeben sind. In dem Frequenzbeschleunigungs-Diagramm dieser RichtGlinie verlaufen die Kurven zwischen 0,5 und 6 Hz praktisch horizontal, d. h. es wird damit gesagt, dal3 in diesem Frequenzbereich die Wahrnehmung und Ertr~g- lichkeit meehanischer Schwingungen nut yon der Schwingungsbeschleu- nigung und nicht auch yon der Frequenz abhgngt. Ffir die VerhAltnisse in Fahrzeugen wfirde das z .B. bedeuten, dal3 Erschfitterungen mit dem Hauptenergieanteil bei 5 bis 6 Hz praktisch gleieh empfunden wfirden wie Erschfitterungen im Frequenzgebiet 0,5--2 Hz, wenn nur die mittleren Beschleunigungen beider Fahrzeuge gleich sind.

I)iese Annahme widersprieh~ aber nicht nur der praktischen Er- fahrung, sondern aueh der Tai~sache, dai] der sitzende und si~ehende menschliche K6rper seine Grundeigenfrequenz zwischen 4 und 6 Hz und dai3 der Kopf nnd der Oberk6rper des Menschen bei vertikaler Schwin- gungserregung mit ca. 5 Hz in K6rperl/ingsachse zwei- bis dreimal so grol3e Schwingungsamplituden ausffihren k6nnen als die schwingungs-

* Professor Dr. reed. A. OI~ADA, Sapporo lV[edical College, Japan.

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Vegetative Reaktionen bei niederfrequenter SchwingungsbelasLung 151

erregende Unterlagea, 1. Xhnlich wie bei einem einfaehen Schwingungs- system mit einer Eigenfrequenz yon 5 Hz und einem Dgmpfungsfaktor yon ca. 0,3, nehmen die lZelativversehiebungen der effektiven Massen im mensehliehen K6rper mit yon 0 ansteigender Frequenz his ca. 5 t Iz zu und fallen bis ca. 9 t lz wieder ab. Zwisehen 10 und 11 IIz liegt noch eine zweite ]~esonanz, die in diesem Frequenzgebiet noehmals einen leichten Anstieg der K6rperdehnungen hervorruft, i3ber 12 Hz erh/~lt man einen starken Abfall der Schwingungsfibertragung, so daG sich bei h6heren Frequenzen die Schwingungen praktisch nur noeh in den unteren Teil des K6rpers fortpflanzen.

Andererseits dfirfte sichergestellt sein, dab die physiologische und psychologische Wirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen, zumindest bei Schwingungsst/irken, die in der Nghe der Toleranz- grenze liegen, eine Funktion der Relativverschiebung der effektiven Massen im menschlichen K6rper sindl, ~. Auch die absoluten Ertri~glich- keitsgrenzen fiir wenige Sekunden, 1 und 3 min haben zwischen 5 und 7 tIz die tiefsten Werte und zeigen gegen 1 Hz einen Anstieg um den Faktor 2--311,12. JA~EWAY 5 nahm ftir Fahrzeuge sogar eine fast sechs- fache ErhShung der Schwingungstoleranz yon 6 gegen 1 Hz an, w/ihrend SMITH 11. SNYD[EI~ 14 ffir Flugzeugpiloten eine um den Faktor 3 erh6hte Zulgssigkeit yon Flugzeugersehfitterungen yon 8 gegen 4 Hz fest- stellten. Dagegen nehmen GETLI~E a und LIPPERT 1~ an, daG die Schwin- gungstoleranz yon 1 bis 20 Hz proportional der Besehleunigung verl/~uft.

Da in Fahrzeugen, besonders in Lastwagen, Traktoren, gaupen- sehleppern und anderen Arbeitsfahrzeugen, der gr6Bte Teil der Sehwin- gungsenergie im Frequenzbereieh zwisehen 1 und 10 Hz liegt, ist es wichtig zu wissen, ob zwisehen 1 und 6 FIz ein Untersehied in der phy- siologisehen und psyehologisehen Wirkung meehaniseher Sehwingungen mit gleicher Sehwingungsbesehleunigung besteht. Um der Beantwortnng dieser Frage n/~her zu kommen, wurden daher Versuehspersonen in sitzender Hal tung anniihernd sinusf6rmigen, vertikalen Sehwingungen ausgesetzt und ihre physiologischen und psyehologisehen Reaktionen bestimmt. Zwei physiologisehe Untersuehungsmethoden wurden dabei angewendet und ihre Ergebnisse mit den subjektiven Aussagen der Ver- suehspersonen vergliehen.

B. Versuchsprogramm

I. Schwingungs- und LSrmbelastung Als Schwingungsbelastung wurde eine anniihernd sinusfSrmige Sohwingung mit

Frequenzen zwischen 1 und 12 Hz und einer Schwingungsbeschleunigung yon 0,3 • 0,05 g gew~Lhlt. Zur Erzeugung dieser Sehwingungen standen zwei Schiitteltische zur Verfiigung: Ein fiber einen Exzenter angetriebener Tisch fiir die Frequenzen yon 1 his 6 Hz und ein dutch Unwueht angetriebener Tiseh fiir die Frequenzen von 6 his 12 Hz. Infolge zu geringer Motorleistung und Tr~gheitsmomentes des rotieren-

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152 R. CO:ERlV~AlqN, n. OKADA und I. FI~I]~LI~G:

den Antriebes waren die Schwingungon auf dem Exzenterschfitteltisch nieht so sinusfSrmig wie auf dem Unwuchtschfitte]tisch, so dab man mit gewissen Unter- schieden in der Wirkung derselben Froquenz auf beiden Sehfitteltisehen rechnen mugte. Es wurde doshalb die Froquenz 6 Hz auf beidon Schiitteltisehen gefahren, um so don EinfluB der Oberwellen festzustellen. Besondors bei don ~requenzen 1 und 6 Hz war auf dom Exzentersehii%eltiseh keine roine Sinusform der Beschleunigung zu erreiehen. Es war also bei diesen Frequenzen eino etwas abweiehende Wirkung der Schwingungen zu erwarten.

Es wurden folgonde Frequenzen gefahren: a) auf dem Exzentersehiittoltiseh: 1, 9, 3, 4, 5 und 6 Hz, b) auf dem Unwuchtsehfittoltisch: 6, 8, 10 und 12 Hz. Die Vorsuchsdauer botrug jeweils 30 rain. Um den EildiUB des L~rms, den die

Schfitteltische erzeugten, yon der Sehwingungswirkung separieren zu kSnnen, wurden die Versuehspersonen vor dem eigontliehen Schwingungsversuch ebonfalls ffir 30 min diesem Li~rm ausgesetzt, wobei eine ruhige, entspannte Lage in einem bequemen Liegestuhl eingohalten wurde. Das Ohr der Versuehsperson war dabei in ca. 1 In Entfernung yore Sehiitteltisch. Da die W~nde des Yersuehsraums schallhart waron, konnfe mit gleiehem Lgrmpegel wie beim Sehwingungsversuch goreehnet werden. Der Lgrmpegel botrug 80 • 5 dB bei allen Frequenzen.

Der Sitz bestand aus einem sehwingungssteifon Stuhl mit senkrechter Lehne. Sitzflgehe und Lehne waren flaeh und ungepolstert. Die Lehne wurde meist nur im unteren Toil zur Abstfitzung des Bockens benutzt. Die H~nde ruhten auf einer raumfesfen Stfitze ungef~hr in Herzh5he. Die Vorsuehsperson wurde angewiesen, in aufrechfer aber nicht verkrampftor I-Ialtung zu sitzen und bei allen Versuchen m6gliehst die gleiehe Haltung innezuhalten.

I I . Testmethoden

Es wurden folgende Testmefhoden angewendet: 1. Registrierung der Fingerpulsamplitude mit dem Fingerpulsgeber nach

T H u r ~ w o ~ / J A ~ s ~ 7 2. Bestimmung der Anzahl der eosinophilen Leukocyten pro Knbikmillimeter

Blur vor dem Versuch, nach der L~rmbelastung und nach der Schwingungsbelastung. 3. Auswertung der subjektiven Aussagen fiber die Ertr~glichkeit der betreffen-

den Schwingung. Zu 1.: Der Gedanke, vegetative Reaktionen als MaB ffir psychische Belastungen

heranzuziehen, wird schon seit langer Zeit verfolgt. Als eine der ersten Methoden wurde der Hautwiderstand dazu herangezogen, da die SchweiBdrfisen in der t Iau t durch den Sympathicus aktiviert werden kSnnen, aueh dann, wenn wegen der erforderlichen W~Lrmeabgabe des KSrpers noch keine sichtbare Schweigabgabe erfolgen mug. Der Nachteil der Methode liegt aber in der Tatsaehe, daB die Dichte der SehweiBdrfisen in der Haut lokal sehr verschieden ist, so dab die Reaktion stark yon der MeBstelle abh~Lngt und dab auch unter den Elektroden infolge 5rflieher mangelnder W~rmeabgabe Transpiration auftreten kann, was den Hautwiderstand um GrSBenordnungen veriindert. Diese Schwierigkeiten kSnnen teilweise durch ~essungen der Hautkapazit~t an Stelle dos tIautwiderstandes gemildert werden, da hierbei die Leitf/~higkeif der Haut keine so groBe Rolle mehr spielt a. Trotzdem hat die Umgebungstemperatur immer noeh einen groBen EinfluB auf die MeBwerte und eine Transpiration unter den Elektroden mug auf jeden Fall vermieden werden.

Die Untersuehungon yon L~m~rn~ s und JA~s~x 6 fiber die Beeinflussung des peripheren Kreislaufs durch Lgrmeinwirkung haben jedoeh gezoigt, dab aueh der periphere Widerstand ein 1KaB fiir die psychisehe Belastung durch ~uBere Reize sein kann. Da die dabei beobachtete Konfrak~ion der peripheren BlutgefgBe als

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Vegetative Re~ktionen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung 153

allgemeine Abwehrreaktion gedeutet werden kann, war anzunehmen, dab eine Schwingungsbelastung eine ihnliehe l~eaktion hervorruft. Abet auch die Fingerpuls- amplitude ist yon tier Umgebungstemperatur und anderen physiologischen Fak- toren, wie z. B. dem Atemvolumen, in gewissen Grenzen abhgngig. Es war daher berechtigt, das vereinfachte Verfahren y o n TII~YTEWOHL/JAICSEN zur Registrierung der Fingerpulsamplitude anzuwenden, das zwar keine absoluten Werte des peri- pheren Widerstandes ergibt, abet doeh relative J~nderungen der peripheren Durch- blutung qualitativ erkennen l~Bt. Das Ger~t besteht im Prinzip aus einer einseitig eingespannten Feder, die auf beiden Seiten mit je einem DehnungsmeBstreifen be- klebt ist. Das freie Ende der Feder wird fiber eine halbkugelf6rmige ErhShung auf die Fingerkuppe des Mittelfingers gedrfiekt und die DehnungsmeBstreifen in eine Wheatstonsche Brfieke geschaltet. Die Volumeni~nderungen des vordersten Finger- gliedes werden fiber die Widerstands~nderungen der DehnungsmeBstreifen fort- laufend registriert. Dutch die raumfeste Lage der H~nde l~Bt sich diese Registrie- rung aueh wihrend des Schwingungsversuches durchffihren.

Zu 2.: Versuche im Institut fiir Flugmedizin der DVL in Bad Godesberg 15 haben gezeigt, dal] die Anzahl der eosinophilen Blutzellen (kurz Eosinophile ge- nannt) pro Kubikmillimeter Blutmenge dutch verschiedene physische Belastungs- arten (z. B. I-Iitze- oder Kgltestress; O~-Mangel) ver~ndert werden kann. Dabei zeigte sieh, dab ira Durchschnitt bei den Versuehspersonen durch die ]3elastung eine Abnahme der Eosinophilen erzeugt wurde, wobei allgemein widerstandsf/ihigere oder an die Belastung adaptierte Personen einen geringeren Abfall zeigten. Es lag daher nahe, diese Testform aueh ffir die Beurteilung einer Schwingungsbelastung zu vet. wenden. Der EinfluB des Lirms, des Tagesrhythmusses und der Belastung dutch die Blutentnahmen selbst wurde dureh entsprechende Kontrollversuche berficksiehtigt. Das dabei angewendete Verfahren der Eosinophilenzihlung wurde yon SIEBEg- ~ANN U. SANDgI besehrieben 1s.

Zu 3.: Die Befragung der Versuehspersonen fiber ihr subjektives Empfinden bei der Sehwingungsbelastung erfolgte 15--20 rain nach Abschalten des Schfitteltisches. Dabei wurden insbesondere folgende Fragen gestellt:

a) Empfanden Sie die Sehwingungen als sehr angenehm, angenehm, nicht unangenehm, unangenehm, sehr unangenehm ?

b) Wie lange bi t ten Sie die Sehwingungsbelastung noeh ausgehalten, noeh mehrere Stunden, hSchstens 1 Std, hSchstens 1/e Std, hSehstens 10 rain, nicht mehr l~nger ?

c) Sonstige Beobaehtungen und Vergleieh zu Ersehfitterungen in Kraftfahr- zeugen.

Die schriftlieh fixierten Aussagen wurden nach AbsehluB der ganzen Versuchs- reihe von zwei an der Versuchsdurchffihrung Beteiligten und einem Unbeteiligten in sieben Klassen eingeteilt, wobei Klasse 1 als praktisch nieht vorkommender un- endiicher Komfortgrad und Klasse 7 als ebenfalls nicht vorkommender vorzeitiger Abbruch des Versuehs wegen Unertrggliehkeit gewertet wurde. Von der gewonnenen Klassierung wurde ffir jede Frequenz der Mittelwert uncl die Standardabweiehung ffir alle Versuchspersonen und Beurteiler bestimmt.

I l L Versuchsdureh/i~hrung

Die Versuehspersonen waren angewiesen, an dem Versuehstag zum Frfihstfick keinen koffeinhaltigen Kaffee zu trinken. Die Versuche begannen jeweils um 9 Uhr vormittags. Vorher wurde die Versuchsperson nach am Abend vorher evtl. ein- genommenen Alkoholmengen, Schlufzeit, ungewShnlichen k5rperlichen Belastungen und dem subjektiven Befinden (insbesondere Erk~ltung) befragt. Bei Abweiehungen vom Normalzustand wurde kein Versuch durchgeffihrt.

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154 R. CO~R~rA*r A. OKADA und I. FRIELI:~O:

Der Versuchsablauf war ungef/ihr folgender:

9 00_ 9 *5 Ruhelage der Versuchsperson aufLiegestuhl.

9 *s Erste Blutentnahme.

92o Anlegen der Fingerpulsgeber.

925_ 9 s~ l~egistrierung des Ruhe-Fingerpulses. ttgnde ruhen ungef~hr in HerzhShe auf Armlehnen.

98~ 00 Lgrmbelastung: Versuchsperson ruht weiterhin auf der Liege in un- mittelbarer N~he des Schiitteltisches. Schfitteltisch lguft mit derselben Frequenz und Amplitude wie im bevorstehenden Versuch. Die Finger- pulsamplituden yon beiden Mittelfingern werden fortlaufend registriert.

Registrierung aus; zweite Blutentnahme.

Fingerpulsgeber werden abgenommen, Versuchsperson steht auf und mach~ leichte Bewegungen.

104~ Versuchsperson setzt sich auf den Sehfitteltisch, Fingerpulsgeber werden angebracht, ttande werden auf einer wandfesten Stfitze unge- f~hr in tterzhShe abgestiitzt und leicht mit Gurtband befestigt. 3 rain Ruhe-Fingerpuls registriert.

105~ Schwingungsbelastung mit Fingerpulsregistrierung.

112~176 Versuchsperson bleibt auf dem ruhenden Schiitteltisch sitzen. Registrie- rung lauf~ weiter.

1140 Registrierung aus; dri~te Blutentnahme.

1200 Befragung der Versuchsperson.

Die Fuchs-Rosenthal-Z~hlkammern wurden ca. 5 rain nach der Blutentnahme, und zwar fiir jede Blutentnahme vier Doppelkammern, ausgez/ihlt. Aus den Werten wurde der Mittelwert genommen. Die Streubreite der acht Werge lag im allgemeinen nicht fiber • 15%, meist sogar unter 10%.

Es standen sieben m~nnliehe Versuchspersonen im Alter yon 21 bis 24 Jahren zur Verfiigung. Es befanden sich alle in gu#em Gesundheitszustand und zeigten keine AnomalitSten. Die l~eihenfolge der untersuehten Frequenzen wurde fiir jede Versuehsperson statistiseh gestreut, so dal) sich keine Abh~ngigkeit der GewShnung an die Sehwingungsbelastung von der Frequenz ausbilden konnbe.

I F. Kontrollversuche Urn festzustellen, wieweit die Belastung des Sitzens allein einen Einflu$ auf die

Fingerpulsamplitude und die Anzahl der Eosinophilen hat, wurden Kontroll- versuche ,nit gleicher Versuehsdurehffihrung, jedoch ohne Lgrm und Sehwingungs- belastung durehgefiihrt. Ffir diese Versuche wurden drei Versuchspersonen aus- gew~hlt, die bei den Versuehen mit L~rm- und Sehwingungsbelastung die ein- deutigsten Resul$ate zeigten. Mit jeder dieser drei Versuchspersonen wurde der Versuch viermal wiederhol~ und aus den Ergebnissen tier Mittelwer~ berechnet.

V. A uswertever]ahren Von den registrierten ~'ingerpulsamplituden beider H~nde wurden fiir jede

Minute drei durchschnittliehe Amplituden ausgemessen. Kurze Amplitudenein- brfiche, wie sie bei tiefer Einatmung auftreten, wurden nieht beriicksichtigt. Ebenso wurden alle Anderungen der Amplituden dureh/iuSere St6rungen, die jeweils auf dem Registrierstreifen vermerkt wurden, ausgeschlossen. Von den ausgemessenen Amplituden der letzten 5 rain vor der L~rm- bzw. Schwingungsbelastung wurde der Mittelwert berechnet und als Ausgangswert mit 100% bezeichnet. Die Mittelwerte

10.5

I0~O--104o

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Vegetative I~eaktionen bei niederfrequenter Sehwingungsbelastung 155

der folgenden Minuten wurden dann in Prozent yon diesem Ausgangswert aus- gedriiekt. Um einen Uberbliek fiber den Verlauf des Versuehes zu bekommen, warden diese Mittelwerte fiber den ganzen Versuehsverlauf getrennt fiir rechte und linke Hand aufgetragen.

F fir die graphisehe Darstellung des Gesamtergebnisses wurde der Zentralwert obiger Mittelwerte fiber die 30 rain L~rm- bzw. Sehwingungseinwirkung gebildet und dessen Mittelwert mit Standardabweichung for alle Versuchspersonen fiber der Frequenz aufgetragen, getrennt fiir L~rm- und Schwingungsbelastung. Die Signi- fikanz jeder Frequenz gegen jede andere wurde naeh dem U-Test s gepriift und in einer Tabelle zusammengestellt.

Da es sieh herausstellte, dab bei l~ngerer Versuehsdauer die Sitzbelastung einen wesentliehen EinfluB auf die Fingerpulsamplitude hat, wurde augerdem yon den prozentualen Anderungen der ersten 5 rain der Mittelwert fiir beide I-I~nde zu- sammen sowie Streuung und Signifikanz bereehnet. Der Vergleich der Abhgngigkeit dieser Werte yon der Frequenz mit den Ergebnissen bei 30 min Belastung sollte aueh zeigen, ob mit einer Belastungszeit yon nur 5 min dasselbe Resultat erzielt werden kann.

C. Ergebnisse I. Kontrollversuche

In Abb. 1 ist der Verlauf der Fingerpulsampli tuden einer Versuchs- person fiber 30 min Ruheha l tung im Liegestuhl und 30 min Sitzen auf dem har ten Stuhl dargestell~. Die Kurven sind fiir die vier Wieder- holungsversuche und ffir beide H~nde getrennt gezeigt. Man erkennt auf den ersten Blick den grogen S~reubereich und den teilweise sehr unter- schiedlichen Verlauf der Kurven.

Die Liegestuhlkurven zeigen bei dieser Versuchsperson durchweg einen Abfall nach 5 bis 10 rain l~uhehaltung, wobei man natfirlich die Zeiten vor , ,Versuchsbeginn" in diesem Fall mitz~thlen mug. Der mittlere Zentralwert dieser Kurven fiir beide H~nde betr~gt ZR~ = 74,0. Bei anderen Versnehspersonen kam es jedoch auch vor, dab die Ampli tuden fiber den ganzen Versuch praktisch kons tan t blieben.

Der Verlauf der Fingerpulsampli tuden auf dem har ten Sitz ist dagegen signifikant versehieden. Nach ca. 5 bis 6 rain Sitzen steigt bei den meisten Versuchspersonen die Fingerpulsampli tude an, and zwar entweder nur ffir kurze Zeit, um dann w i d e r abzufallen, oder auch fiber die ganze Versuchszeit. Der mittlere Zentralwert der dargestellten Kur- yen ffir beide H~nde betr~tgt ZsK ---- 95,1.

Auffallend ist auBerdem, dag die Fingerpulsampli tuden beider I-I~nde keineswegs gleieh verlaufen, sondern sich durchaus verschieden verhalten k5nnen. Bei der Beurtei lung der Kurven mul~ man allerdings berficksichtigen, daG die , ,Empfindlichkeit" der Registrierung bei beiden tti~nden und bei jedem Versuch verschieden ist, obgleich alle Werte auf den mit t leren Anfangswert bezogen wurden. Man kann also bestenfalls ~hnlichkeiten, aber nie GMchhei ten erw~rten.

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156 ~ . COERMAN~N, A , OXADA und I. F R I E L I ~ G :

L i n k e Hond Vp. ]o . % 14o f

120 / ~ t. Versuch . / " , . ~ A / b 100 ~$~*~

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0 5 I'0 1'5 2'0 2"5 30rain. &bb. 1. V e r l a u f der F i n g e r p u l s a m p H t u d e a n der l i n k e n u n d r e e h t e n H a n d e iner V e r s u e h s -

p e r s o n t iber 30 m i n V e r s u c h s d ~ u e r a a u f w e i c h e r L i e g e b a u f h a r t e m S t u h l

Der mittlere Zentralwert der Fingerpulsamplituden beider H~nde yon allen Kontro]lversuehen fiber 30 rain Versuehszeit betrug

ffir den Liegestuhl: ZRK = 76,0%, ffir den harten Stuhl: ZsK = 99,3%.

In den ersten 5 min naeh ,,Versuehsbeginn", d.h. nach einer Be- ruh]gungsperiode yon 5 bis l0 rain, betrugen die Amplituden im Mittel fiber alle Kontrotlversuche

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Vegetative l~eaktionen bei niederfrequenter Sehwingungsbelastung 157

au fdem Liegestuhl: Z~K ---- 91,6%, auf dem harten Stuhl : ZSK ---- 116,7%.

Daraus ist zu erkennen, dab bei den Ls schon durch die Ruhelage im Liegestuhl nach 5 bis 10 rain ein Absinken der Finger- pulsamplitude zu erwarten ist. Erst wenn die Amplitudenverminderung im Mittel fiber alle Versuehspersonen grSBer als ca. 25 % wird, kann man bei 30 rain Versuehsdauer yon einer ]/~rmspezifischen Wirkung spreehen. Auch bei einer Versuehsdauer yon 5 bis 10 rain kann man schon mit einer Abnahme der Fingerpulsamplitude durch die l~uhestellung yon 10% rechnen.

Sitzt die Versuehsperson dagegea auf einem harten Stuhl, so steigt ohne Schwingungsbelastung in den ersten 5 bis 10 rain die Fingerpu]s- amplitude im Mitte] um 15--20% an. Bei einer Versuehsdauer bis zu 30 rain bleibt ohne Schwingungsbe]astung der Zentralwert der Ampli- tuden fiber diese Zeit im Mittel praktiseh unvers

Die Anzahl der Eosinophilen ver/~nderte sieh sowohl nach der Ruhe- periode auf dem Liegestuhl als aueh naeh dem Sitzen auf dem harten Stuhl nur wenig. Der Zentralwert fiber alle 12 Kontrollversuehe betrug im ersten F a l l - - 2 , 6 5 q-24,5% und im zweiten Fall q-5,65 =~24,5~o. Bei der zu erwartenden Streubreite des Verfahrens yon ~= 15% besagt dieses Resu]tat nur, dab die Bestimmung der Eosinophilen sorgf/~ltig durehgeffihrt wurde.

I I. L~rmbelastung Die yon beiden Sehfitteltisehen erzeugten L/~rmpegel betrugen, am

Ohr der Versuehsperson gemessen, 75--85 dB, und zwar im wesentliehen als Breitbandgers Naeh den Ergebnissen yon JANSE~ et. al. war nach den ersten Minuten hSchstens eine Abnahme der Fingerpuls- amplitude um 10% zu erwarten. Tats/iehlieh zeigten sieh Einbrfiehe in den Fingerpulsamplituden unmittelbar nach L~rmbeginn nut in den allerseltensten F~llen. Normalerweise blieben die Amplituden in den ersten 2 bis 3 min ann~hernd konstant, um dann mit zunehmender Ent- spannung der Versuehsperson abzusinkem

Die gestriehelte Linie in Abb. 2 zeigt die Zentralwerte der dureh- sehnittliehen ~nderung der Fingerpulsamplituden aller Versuehs- personen ffir die ganzen 30 min L~rmbelastung bei den Versuehen mit verschiedenen Frequenzen. Die Amplitudenabnahmen scbwanken um 30% mit einer mittleren Streubreite yon -b 16,8%. Eine signifikante Frequenzabhs ist nicht zu erkennen. Die Abnahme der Ampli- tuden um 24% beim Kontrollversuch weist darauf hin, dab der t taupt - einflul~ yon der l~uhestellung im Liegestuhl kommt, nur die zus~ttzliehen 6% k6nnen dureh die L~rmbelastung hervorgerufen worden sein. Dieses Ergebnis wfirde aueh wieder mit den Ergebnissen yon JA~SE~ et al. fibereinstimmen.

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158 1~. COEmUA~, A. OK~DA und I. FRIELING:

Wertet man nur die ersten 5 min der Ls aus, so erh/~lt man tats/~ehlieh nur ca. 20% durehsehnittliehe Abnahme der Fingerpuls- amplitude, wie dureh die gestriehelte Kurve der Abb. 3 gezeigt wird.

100 100

%\ I ~176 90 I 90

~ / / b elan tung 80,21,1 ~25,8 ~ /.._L.. / ~ - +-18'~" r

-+221 " % +-18,5 - - " ~ ' ~ _ ~ _ +-19,5 .~f~. -+12,9 . . . . . +-j2 ,9 . 2 . , _ . , z , i ~ . . _ . . , . -.~N ' zo

"~ 60 o) LO -+5,8 bolestung " % ~+-19.41 6 0

50 50

.~ 40

t~

3o

:'K

2O

10

4O I Exzenter-SchJtlelh'sch Unwucht -SchOtteltisch I

L 30

Mi#lerer Zenlralwert van rechter und linker Hand rail Standard -

- 20 abweichung Ober 7 Vpn.

I ,o 0

3 4 5 6 7 8 9 10 11 t2 [Hz]

Frequenz

0 0 1 2

Abb. 2. Zentralwer~e tier durchschni t t l ichen )~ndertmg der F ingerampHtude v a n sieben Versnchspersonen a w~hrend 30 rain L&rmbelastung, b w~hrend 30 rain L~rm- mad SchwLu-

g tmgsbe]as t tmg mi~ 0,3 g bei verschiedenen Freqnenzen

Hiervon werden ca. 10% durch die Ruhelage allein und weitere 10% dureh die Lgrmbelastung hervorgerufen. Eine signifikante Frequenz- abhgngigkeit ist auch hier nicht zu erkennen.

Man kann also ffir die ansehlieBenden Versuche mit Sehwingungs- belastung eine praktiseh frequenzunabhgngige Abnahme der Fingerpuls- amplitude dureh die Lgrmbelastung allein van ca. 10% zugrunde legen. Dan w~d noch deutlieher in den Abb. 4 und 5, in denen die dureh- sehnittlichen Anderungen der Fingerpulsamplituden auf den Kontroll- versueh (O Hz) ffir die ganze Versuehsdauer van 30 rain bzw. ffir die ers~en 5 min bezogen wurden. Man erkennt in beiden F/~llen eine inner- halb des Streubereiehs praktiseh frequenzunabh/~ngige Abnahme der Amplituden van ca. 10~: 5% dureh die L/~rmbelastung. Selbstverstgnd- lieh darf man diese 10~o nieht einfaeh van der Ampli tudenabnahme bei Sehwingungsbelastung subtrahieren, um einen Absolutwert zu erhalten,

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Vegetative t~eaktionen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung 159

da eine lineare Substitution physiologisch - - psychoiogischer Belastung wohl hie zul/~ssig ist. Um die Frequenzabh/~ngigkeit der Schwingungs- belastung zu erhalten, ware d~s such nicht notwendig. Das Ergebnis

120 o/, ,t:16,5

llO

100 -+20,9 ~ b) nach / I ~ 5chwingungsbeginn

lLSrmb inn_ ",~ [ / " - 2 1 ~ \ , r 2o.7 , I . . - E

so

Exzenter- SchOtteltisch Unwucht-5chOtteltisch

30

20

10

I Mittlerer Wert yon rechter und linker Hand mit 5tandardabweichung Ober 7 Vpn.

0 0 i 2 3 ~ 5 e 7 8 9 ~0 11 12 [HzJ

Frequenz Abb. 3. M.ittelwerte det" durchschnib~lichen )[nderung" der Fingerplf lsarapli tude yon sieben Versuchspersonen a i n den e~.stea 5 rain nach Lhrmbeginn , b in den ersten 5 rain naeh L&rm-

~md Schwingmlgsbeginn m i t 0,3 g bei versehiedenen Frequenzen

besagt nur, dab der Ausgangswert ffir die Schwingungsbelastung durch die L/irmbelastung beeinflul~t wird.

I I I . Schwingungsbelastung

1. Fingerpulsamplitude. Die KontroUversuche auf dem h~rten Sitz, mit den H~nden abgestfitzt in ungef/~hr HerzhShe, zeigten, dal~ in dieser Sitzhaltung in den erstcn 5--10 rain im Durchschnitt eine ErhShung der Fingerpulsamplitude und dann ein Abfall der Amplituden zu erwarten ist. Die Ergebnisse mit Schwingungsbelastung mfissen dementsprechend gewertet werden.

Die Tendenz des Verlaufs der Fingerpulsamp]itude w/~hrend der 30 rain Schwingungsbelastung entspricht durchaus dem subjektiven

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160 R. COER~CIANN, A. OKADA und I. FRIELING."

Empfinden der Versuehsloersonen. Die ausgezogene Kurve in Abb. 2 stellt die Zentralwerte fiber die ganzen 30 rain Versuehsdauer, ge- mittelt fiber die sieben Versnehspersonen dar. Die eingetragenen Zahlen bedeuten die Standardabweiehungen innerhalb der sieben Versuehs- personen. Bei Sehwingungsbelastung auf dem Exzentersehfitteltisch nehmen die Amplituden mit steigender Frequenz bis fast 50~o der Aus- gangswerte ab. Dieser Amplitudenabfall erfolgt bis zu 6 Hz fast linear. Auf dem Unwuehtsehiitteltiseh waren die Ver/tnderungen etwas geringer, was dem subjektiven Empfinden durehaus entspraeh. Bei 6 Itz betrug die mittlere Amplitudenabnahme auf dem Unwuehtsehfitteltiseh nur ca. 25~o, d. h. nut etwa halb so viel wie auf dem Exzentersehiitteltiseh. Auffallend ist noeh der geringe Einflug der Sehwingungen mit 8 Hz, was sieh im gleichen Sinn aueh bei den subjektiven Anssagen zeigte.

Ffir die ersten 5 min des Sehwingungsbelastungsversuehs zeigt die ausgezogene Knrve in Abb. 3 dieselbe Grundtendenz. Die ca. 17%ige ErhShung der Fingerpnlsamplitude im Kontrollversueh sehlug bereits bei 1 Hz in eine ca. 25 ~ Erniedrigung urn. MAt zunehmender Frequenz nehmen die Amplituden im Durehsehnitt immer st/trker ab, um bei 6 Hz den Tiefstwert zu erreiehen. Die durehsehnittliehe Neigung der Kurve ist flaeher als bei der 30-min-Belastung, strebt abet aueh dem Weft 100~o bei 0 Hz zu, auger dem Wert ffir 1 Hz. Ob der relativ starke Effekt der 1-Hz-Sehwingung eine anf/~ngliehe Kinetose bei einigen Versuehs- personen anzeigt oder nut auf den Oberwellen der angewendeten Sehwin- gungen beruht, mfigte noeh genauer untersueht werden. Auf jeden Fall seheint die Erh6hung der Fingerpulsamplitude dutch Sitzen auf einem harten Stuhl dureh Sehwingungseinwirkung wieder kompensiert zu wer- den. Der Untersehied zwisehen der Wirkung auf dem Exzenter- und dem Unwuehtsehfitteltiseh ist in den ersten 5 min wesentlieh geringer. Die Spitze bei 8 tIz t r i t t j edoeh noeh deutlieher hervor, w/~hrend 10 und 12 Hz in den ersten 5 min offensiehtlieh eine noeh sts Wirkung haben.

Bezieht man d i e Anderungen der Fingerpulsamplituden auf den Kontrollversueh, so treten die Untersehiede zwisehen L/~rm- und Sehwingungsbelastung deutlieher hervor und der Einflug der jeweiligen Ruhestellung wird eliminiert. In Abb. 4 und 5 erkennt man den praktiseh frequenzunabhgngigen Einflul3 des Lgrms mi~ ca. 10% Amplituden- senkung. In Abb. 4 zeigt die ausgezogene Kurve, dab der Sehwingungs- einfluB fast linear mit zmlehmender Frequenz bis 6 t tz ansteigt, w~hrend in Abb. 5 der erhShte Einflul3 der niederfrequenten Sehwingungen (besonders bei 1 ttz) zu erkennen ist. Sowohl bei kurzzeitiger als aueh bei 30-min-Einwirkung ist die Wirkung der 8-Hz-Sehwingung relativ gering. Bei 12 Hz seheint jedoeh ein tendenzieller Untersehied zwisehen der 5-rain- und der 30-min-Einwirkung zu bestehen. In den ersten 5 rain seheint die Wirkung starker zu sein.

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Vegetative Reaktionen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung 161

i

Der Vergleieh yon Abb. 4 und 5 zeigt aber, da~ zwischen einer 5- und einer 30-min-Sehwingungsbel~stung vom Standpunkt des Einflusses auf den peripheren Kreislauf kein wesentlicher Unterseh]ed besteht.

Exzenter- 5ch~itteltisch 1 Unwucht - 5chStteltisch

1,0

/ '%,~ .......

%

0,81 "-""- % ~

o,6

o,5

o.4

\ / / b) nach Schwingungsbeginn

Mittlerer Zentrolwert von 0,3

rechter und tinker Hand

0,2

o,7 [

0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 [Hz ]

Frequenz Abb. ~. Durchschni t t l iche ~ d e r t m g der F ingerpulsampl i tude bezogen auf den l=tuhe- versuch (0 Hz) yon sieben Versuehspersonen a w&hrend 30 rain. L&rmbelas tung b wahrend

30 rain. L&rm- u a d SchwingLmgsbelastung mib 0,3 g bei versehiedenen Frequenzen

Selbstverst~ndlich war die subjektive Gesamtbelastung bei 30 min Versuchsdauer wesenttich hSher als bei 5 rain. Die Frequenzabhs entspricht bei der 30-min-Belastung aueh eher der gems den frfiheren Ergebnissen zu erwartenden Tendcnz. Allerdings kSnnen die Unter- schiede aueh durch die geringe Anzahl der MeSwerte bei der 5-min- Auswertung hervorgerufen worden sein. Eindeutig seheint jedoeh in beiden F~l]en die erhShte Wirkung der Sehwingungen mit 5 und 6 Hz gegenfiber den niedrigeren Frequenzen zu sein.

2. AnzahlderEosinophilen. Die J~nderungen in der Anzahl der Eosinophilen gehen naeh der Sehw]ngungsbelastung nur bei 2 und 6 Hz auf dem Exzentersehfitteltisch fiber die verfahrensm~6ig gegebene Streu- breite yon ~= 15% hinaus (s. Abb. 6). Auch der relativ grol~ erseheinende Untersehied zwischen den Werten nach Schwingungsbelastung auf dem Exzenter- und dem Unwuehtsehfitteltiseh hat, nach dem U-Test

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162 R. COERMANN, A. 0]~AI)A und I. FRIELING :

1,0

O,9

0,8

o,7

0,6

0,5

0,4

Exzenter~ - SchLitteltisch J Unwucht - Sch~ittettischm I

1 - / / N / X / ~(~}n~

b) nach Schwingungsbeginn

Mittlerer Wart von 0,3

rechter und h'nker Hand

o , 2

o,1

0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 [Hz]

Frequenz Abb. 5, Durchschni t t l iche ) [uderung der F ingerpulsampl i tude bezogen auf den Ruhever such (0 Hz) yon sieben Versuchspersonen a in den ers ten 5 rain n~ch La rmbeg inn , b in den ers ten 5 rain nach L~rm- und Schwingungsbeginn m i t 0,3 g bei verschiedenen Frequenzen

20 ] +

% I . f - 2 2 0 10 t ~ S,ondardobweic~hung ~ noch Schwingungsbelostung p- . . . . . *-~,4 ~ f >

- o - ~ ~ j" " " ~ : ~ . . ~21,8- ~.

'~ -20- k ~ N+-16'8 *-26,6

Exzenter-Schs Unwucht- Schattettisch

Frequenz Abb. 6, 2[nderung" der Eosinophilen nach L~rm- und Schwingungsbe las t l~g . Zen t ra lwer t yon sieben Versuchspersonen, Schwingungsbeschleunigung fiir alle Frequenzen 0,3 g

berechnet, nur einen Signifikanzfaktor yon P = 0,1131, kann also nicht als signifikant bezeJchnet werden. Die in Abb. 6 eingetragenen Standard- abweichungen zeigen ja auch, dab die Versuchspersonen sehrverschiedene

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Vegetative Re~ktionen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung 163

Reaktionen in der Eosinophilenzahl aufwiesen. Es bleibt zukfinftigen Untersuehungcn vorbehalten, dureh Verwendung yon wesentlich mehr Versuehspersonen und dureh mehrere Blutentnahmen fiber einen gr6Beren Zeitabschnitt nach der Schwingungsbelastung zu entscheiden,

7.

6.

~ 5 .

,~4..

~ 3 .

2.

1"

unertrbghch Exzenter - SchOIteltisch

V

Frequenz [Hz]

Abb. 7. Mit te lwert tier subjek t iven Aussagen (A1Vs i- a)

ob die Anderungen in den Eosinophilen als signifikanter Indicator ffir die St/~rke physioiogischer ~ Schwingungsbelastungen angesehen werden k6nnen.

3. Subjektive Aussagen. Auch bier zeigt sich die gleiche Frequenz- abh/~ngigkeit wie bei den ~nderungen der Fingerpulsamplituden. Die Schwingungen mit 1 Hz und 2 Hz wurden als ,,angenehmes Schaukeln" bezeichnet. Nur zwei Versuchspersonen empfanden die Bewegung in den letzten Minuten als st6rend wegen leichten Schwindelgefiihls. Dutch das Nachlassen des Muskeltonus ffihrte der Kopf leichte Drehbewegungen aus, wodurch eine gewisse Reizung des Vestibularapparates hervor- gerufen sein k6nnte. Beide Frequenzen hgtten aber yon den meisten Versuchspersonen noch lange ertragen werden k6nnen.

Auch bei 3 Hz wurden die Sehwingungen noch als ,,nicht unange- nehm", jedoch h6chstens eine weitere halbe Stunde ertr~glich bezeichnet. Bei 4 Hz schwankten die Urteile zwischen ,,einigermaf3en unangenehm" und ,,sehr unangenehm", und die Ertritglichkeitsdauer wurde zwischen ,, nicht 1/~nger" und ,,hSchsi~ens noch eine halbe Stunde" angegeben. Die 5-Hz-Schwingung bezeichneten vier Versuchspersonen als ,,unangenehm" oder ,,sehr unangenehm" nnd als ,,nieht mehr lange auszuhalten". Nm- eine Versuchsperson empfand die Schwingung als ,,nicht unangenehm", hatte jedoch am ni~chsten l~achmittag Schmerzen in der BrustmuskuIatur.

In t . Z. angew. Physiol. , Bd. 21 12

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164 R. COERMANN, A. OKADA und I. FRIELIlgG:

Die 6-Hz-Schwingung auf dem Exzentersehfitteltisch wurde yon allen Versuchspersonen als sehr unangenehm und nicht wesentlich l~nger ertr~glich bezeiehnet. Besonders stSrend war die Ungleieh- f6rmigkeit der Bewegung im unteren Umkehrpunkt, was a]s ,,Sehlagen" empfunden wurde. Dagegen wirkte dieselbe Frequenz auf dem Unwueht- schiitteltiseh im Durchschnitt als ,,nieht besonders unangenehm", h~tte aber nur 10--30 min ausgehalten werden kSnnen.

Die hSheren Frequenzen wurden durchsehnittlich als ,,nicht un- angenehm" und eine ~ - - 2 Std ertr~glich angegeben.

In Abb. 7 ist das Resultat der Skalierung mit der mittleren Variation aufgezeiehnet. Die Kurve hat ungefi~hr die reziproke Form der aus- gezogenen Linie in Abb. 4, nur die 2-Hz-Sehwingung wurde etwas besser und die 4-Hz-Sehwingung etwas sehlechter beurteilt als es der peripheren Kreislaufreaktion entspreehen wfirde. Im fibrigen ist aber eine erstaun- liche Konformit/~t zwisehen physiologischer und psyehologiseher l~eak- tion festzustellen.

D. Diskussion der Ergebnisse Der Zweck der geschilderten Versuche war es festzustellen, ob

meehanische Ganzk6rperschwingungen, die in vertikaler Riehtung auf den Mensehen wirken, im Frequenzbereieh zwisehen 1 und 6 Hz bei gleieher Schwingungsbesehleunigung die gleiehe subjektive Wirkung haben oder ob in diesem Frequenzbereich eine Frequenzabh~ngigkeit der subjektiven Schwingungswirkung angenommen werden mul~. Da es dabei also nur um eine prinzipielle Frage ging, konnte die geringe Zahl yon nur sieben Versuchspersonen verantwortet werden. Selbstver- st~ndlich sind dabei die Aussagen fiber die Ertr~glichkeits- oder Zumut- barkeitsgrenzen nieht repri~sentativ f/Jr die Gesamtpopulation, sondern hSehstens f/ir junge, gesunde M~nner im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.

Entspreehend der geringen Versuchspersonen-Zahl ist die Signifikanz der Ergebnisse nicht sehr hoeh. In der Tabelle sind die Signifikanz- faktoren innerhalb der sieben Versuehspersonen yon jeder Frequenz gegen jede zusammengestellt. Faktoren unter 5% ergeben sieh bei 30 und 5 min Schwingungsbelastung nur bei den Frequenzen 5 und 6 Hz Exz. gegen die niedrigen und gegen 8 und 12 Hz. Bei 30 min Schwingungsbelastung sind yon 45 Relationen nur l0 und bei 5 min Belastung 14 signifikant (wenn man 5,48% noeh als signifikant bezeich- net). Man kann jedoeh erwarten, dab bei einer wesentlich erhShten Versuchspersonenzahl die Ergebnisse bei den meisten Frequenzen signifikante Unterschiede aufweisen.

Aueh die Art der angewendeten Schwingungsbelastung 1/iBt nur sehr beschr/~nkte Schlfisse ffir die Praxis, z. B. ffir die Fahrzeugtechnik, zu, da eine Einwirkung yon rein sinusf6rmigen Schwingungen fiber 30 min

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t66 1%. COERMANlg, A. OKADA und I. FRIELING:

in dcr Technik wohl kaum vorkommt. Dasselbe Manko weisen jedoch praktisch alle im Laboratorium bisher durehgefiihrten Untersuehungen auf, d. h. aueh die Kurven der VDI-Richtlinie 2057. Aber es hat sich gezeigt, dab diese Kurven znmindest im Frequenzbereich fiber 6 tIz doeh recht gut mit den praktisehen Erfahrungen fibereinstimmen. Wenn also die besehriebenen Versuche noch auf eine breitere Populationsgruppe ausgedehnt werden, ist zu hoffen, dab damit die Grundlagen ftir eine Korrektur der Kurven in der VDI-lgiehtlinie 2057 geschaffen werden kSnnen.

Eine weitere, allerdings geringffigige, Einschrgnkung der Gfiltigkeit der Ergebnisse ist durch die technisehe Unvollkommenheit der zur Verffigung stehenden Schiittettische gegeben. Es ware selbstverst~ndlieh viel besser gewesen, wenn alle Versuche nur auf einem Sehfitteltiseh mit reinen Sinusschwingungen durchgeffihrt worden w/iren. Andererseits wurde dadurch demonstriert, welchen starken Effekt Oberwellen auf die subjektive Wirkung haben kSnnen. Will man daher zwei diesbezfigliche Versuchsergebnisse vergleichen, so mfissen die angewendeten Schwin- gungen einen/~ul~erst niedrigen Oberwellengehalt haben. Das mag auch u. a. die Erkl/~rung ffir die relativ grol3e Diskrepanz der friiheren Ver- suchsergebnisse verschiedener Autoren sein.

Die gute Ubereinstimmung zwischen den Xnderungen der Fingerpuls- amplituden und der subjektiven Wahrnehmung der Schwingungs- belastnng weist auf die gute Verwendbarkeit der Methode als Belastungs- indicator hin. Allerdings mfissen alle iibrigen Umgebungsfaktoren nnter Kontrolle stehen, d. h. das Verfahren lggt sich praktisch nur im Labora- torium verwenden. Daraus ergibt sich wiederum die Notwendigkeit, praktisch vorkommende komplexe Ersehfitterungen im Laboratorium reproduzieren zu kSnnen, wenn ihre subjektive Wirkung untersueht werden soll. Umgekehrt wird aber auch dutch diese Ergebnisse gezeigt, dab eine sinnvoll durchgef/ihrte subjektive Befragung der Versuehs- personen eine zuverl/~ssige Anzeige der psycho-physiologischen Belastung ergeben kann. Dank der F/ihigkeit des Menschen, gleichzeitig einwirkende Reize weitgehend voneinander trennen zu k6nnen, kann die subjektive Empfindung auch im praktischen Betrieb als Belastungsindicator ver- wendet werden.

Eine weitere Frage, die durch die Versuche beleuehtet werden sollte, war, ob durch cine Kurzbelastung yon nur 5 min dasselbe Resultat er- zielt werden kann. Der Vergleich yon Abb. 4 und 5 zeigt, dab diese Frage ira ganzen zwar bejaht werden kann, dab aber durch die 30-min-Be- lastung die Ergebnisse eindeutiger werden. AuBerdem kommt die 30- min-Belastung den praktischen Problemen n/~her, wenn auch damit noch relativ wenig fiber die Wirkung von stundenlangen und fiber viele Tage wiederholten Erschfitterungen gesagt werden kann.

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Vegetative I~eaktionen bei niederfrequenter Sehwingungsbelastung 167

Die Methode der Bestimmung der Anderung in der Anzahl der eosinophilen Blutzellen stSgt jedoeh auf prinzipielle Sehwierigkeiten, da bei den meisten Versuchspersonen die Blutentnahme selbst eine Belastung bedeutet, die das Ergebnis verfalsehen kann. Diese Methode ist zweifellos bei einer bes~immten Versuehspersonengruppe, die an Blutentnahmen aus der Fingerbeere oder aus dem Ohrlappehen ge- wShnt ist, anwendbar. Bei einer groBen Versuehspersonenzahl dfirfte die Methode anf Sehwierigkeiten stoBen. Im vorliegenden Fall hatte man wahrseheinlieh eindeutigere Ergebnisse erzielt, wenn die Blutentnahmen noeh ffir 1 bis 2 Std naeh dem Versueh fortgesetzt worden waren. Das war aber aus versuehsteehnisehen Grfinden kaum m6glieh, da die Ver- suehe schon einen ganzen Vormittag erforderten und daher schon bald naeh dem Versuehsende eine Nahrungsaufnahme notwendig war, wo- dutch wahrseheinlieh das Ergebnis beeintraehtigt worden w~tre.

Im Rahmen der Kenntnisse, die wir heute fiber die subjektive Wir- kung vertikaler GanzkSrpersehwingungen haben, kann jedoeh aus den besehriebenen Versuehen eindeutig gesehlossen werden, dab eine starke Prequenzabhgngigkeit der subjektiven Wirkung einer sinusfSrmigen Sehwingungsbesehleunigung yon :~ 0,3 g im Frequenzgebiet zwisehen 1 und 6 I-Iz besteht. Eine Frequenz yon 1 Hz und 0,3 g hat sieherlieh eine wesentlieh geringere Wirkung als dieselbe Schwingungsbesehleuni- gung bei 5 oder 6 Hz. N~hert man sieh dagegen mit der Besehleunigungs- gr6ge der Ffihlsehwelle, so mag diese Frequenzabh/~ngigkeit ganz anders sein. Pfir Fahrzeugsehwingungen, die im allgemeinen zwischen 0,1 und 0,3 g liegen, muB diese Frequenzabh~tngigkeit abet sieherlieh beaehtet werden.

Zusammenfassung Es sollte die Frage geklart werden, ob die physiologisehen und psycho-

Iogisehen Wirkung meehaniseher vertikaler Glanzk6rperschwingungen bei konstanter Sehwingungsbesehleunigung und einer Einwirkungsdauer von 30 rain im Frequenzbereieh yon 1 bis 6 Hz frequenzabhangig sind. Als Indicatoren ffir die physiologische Wirkung wurden die Ver&nde- rungen im peripheren Kreislauf dutch Registrierung der Fingerpulsam- plitude und die Vergnderung im endokrinen System dureh Zi~hlung der eosinophilen Blutzellen herangezogen. Die Wahrnehmungsst&rke wurde durch eine Skalierung der subjektiven Aussagen ausgewertet.

Die Xnderungen in den Fingerpulsamplituden zeigten eindeutig, dab yon 1 Hz ab die Wirkung der Sehwingungen ungef&hr proportional mit der Frequenz ansteigt. Bei 6 ttz erh/~lt man die st/irkste Abnahme der Fingerpulsamplituden, wahrend bei hSheren Frequenzen die Wirkung wieder abnimmt. Aueh die Wahrnehmungsst~rken gehen mit diesem Ergebnis konform. Die Anderungen in der Anzahl der eosinophilen Blutzellen, vergliehen zwisehen vor und 15--20 min nach der Sehwin-

Page 19: Vegetative Reaktionen des Menschen bei … · Vegetative Reaktionen des Mensehen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung Von R. COERMANN~ A. 0KADA* und I. FRIEIANG Mit 7 Textabbildungen

168 R. COER~ANN et al. : l~eaktionen bei niederfrequenter Schwingungsbelastung

gungsbelastung, zeigen keine eindeutige Frequenzabh~ngigkei t . Es k a n n aber sein, dal~ sich diese endokr inen Ver/ inderungen erst 1 - -2 Std nach der Belas tung deut]ich zeigen. Die Auswer tung der ~ n d e r u n g e n in den F ingerpu l sampl i tuden innerha lb der ersten 5 min der Schwingungs- be las tung zeigte einen ~hnlichen, wenn auch n icht ganz so deut l ichen Frequenzver lauf der sub]ekt iven Wirkung. SinusfSrmige Schwingungen mi t s ta rken Oberwellen haben offensichtlich eine st~rkere Wi rkung als Schwingungen mi t geringem Oberwellengehalt .

Die Ergebnisse zeigen, dab im Frequenzbeschleunigungs-Diagramm K u r v e n gleicher Wahrnehmungss t~ rke sinusfSrmiger Schwingungen yon 1 gegen 6 Hz s tark abfallen, d. h. da~ Schwingungen mit gleicher Beschleunigungsampl i tude bei 1 Hz wesentlich besser ertriiglich sind als bei 5 oder 6 Hz. Bei hSheren Frequenzen n i m m t die Wahrnehmungs - stiirke wieder ab.

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