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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

VERANSTALTER Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht, Prof. Dr. Jacob Joussen

IN KOOPERATION MIT Landesarbeitsgericht Hamm Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen, Bochum DGB Region Ruhr-Mark

Subunternehmer im Fokus des ArbeitsrechtsFrau Prof. Dr. Katharina Uffmann, Ruhr-Universität BochumARBEITSRECHTSFORUM AN DER RUHR-UNIVERSITÄT Bochum, 16. Mai 2018

JURISTISCHE FAKULTÄTLehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht und SozialrechtProf. Dr. Jacob Joussen

Subunternehmer im Fokus des ArbeitsrechtsProf. Dr. Katharina Uffmann16. Mai 2018Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Recht der Familienunternehmen

16. Mai 2018 – Subunternehmer im Fokus des Arbeitsrechts

Agenda

I. Subunternehmereinsatz als Organisationsform

II. Überblick über die Vertragsstrukturen von Subunternehmereinsätzen

III.Vertragstypenverfehlung als Compliance-Risiko

IV.Analyse der Subunternehmermodelle im Lichte des § 611a BGB und der AÜG-Reform

V. Fazit

„Make or Buy“

Es ist eine im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben übliche Praxis,

daß ein Arbeitgeber nicht alle zur Erreichung eines bestimmten

Arbeitsergebnisses erforderlichen Arbeiten durch eigene

Arbeitnehmer ausführen läßt, sondern Teilleistungen

von Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages

erbringen läßt.“ (BAG 5.3.1991 – 1 ABR 39/90)


unternehmerischer Alltag: geringe Fertigungstiefen, Komplexität, Arbeitsteilung, Volatilität

Bereiche: Reinigung, Überwachung, Wartung, ... (Rand) Produktion, IT, Forschung, Entwicklung, ... (Kern)

betriebswirtschaftlicher Hintergrund – Ausnutzen komparativer Kostenvorteilezur Optimierung der Wertschöpfungskette

Prognose: Zunahme der interorganisational strukturierten Wertschöpfung

Subunternehmereinsatz als Organisationsform

In Zeiten der Digitalisierung



Themenfelder in Schlagworten

Contractingmoderne Projektorganisationen wie

Scrum

Crowd-Working

Economy-On-Demand Zunahme Know-how-intensiver,

„betriebsmittelarmer“ Dienstleistungen durch Solo-Selbständige

Rechtspolitisches Diskussionsklima



„WUNSCH –RECHTSSICHERHEIT UND INNOVATIONSERMÖGLICHUNG“

Arbeitsrecht Infrastrukturfaktor für organisatorische und inhaltliche Umsetzung neuer Geschäftsmodelle

Regulierung vs. Deregulierung?

Innovationsverantwortung des Normgebers

gute Beschäftigungsbedingungen als Schlüssel für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit



„WIRKLICHKEIT –MISSBRAUCHSGENERALVERDACHT ALS IMPULSGEBER“

Missbrauchsfälle Fleischindustrie Einzelhandel Logistik..

Rückgriff auf Subunternehmer unter Generalverdacht „unzulässige“ Flucht aus dem Arbeitsrecht – Stichworte „Scheinselbstständigkeit“,

„Scheinwerkverträge“ „Sozial- und Lohndumping“, also „unzulässige“ Verschlechterung der

Arbeitsbedingungen der Beschäftigten Erosion des Normalarbeitsverhältnisses



„REFORMANSATZ“

1.4.2017: „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“

Ziel: mehr Rechtssicherheit bei der Vertragstypenqualifizierung, um bewusste und unbewusste Fehlqualifikationen einzudämmen

Umsetzung der Vereinbarung aus dem vormaligen Koalitionsvertrag:

„Zur Erleichterung der Prüftätigkeit von Behörden werden die wesentlichendurch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischenordnungsgemäßem und missbräuchlichem Fremdpersonaleinsatz gesetzlichniedergelegt.“

Vertragsstrukturen von Subunternehmereinsätzen

indirektes Modell

(Dreiecksstruktur durch Einschaltung eines

Intermediäres in den Beschaffungsprozess)

direktes Modell

(unmittelbarer Einsatz beim Unternehmen im

Rahmen eines zweigliedrigen

Vertragsverhältnisses)

Leistungs-verschaffer-

modell

Leistungs-gebermodell


Vertragsstrukturen – direktes Modell

Teilweise eigene Gesellschaft des Subunternehmers als Vertragspartner eingeschaltet (idR GmbH)

Leistungserbringung in Person, auf funktionale Arbeitsteilung angelegt

häufig know-how-intensive, „betriebsmittelarme“ Dienstleistungen

empirischer Forschungsbericht „Solo-Selbständige in Deutschland – Strukturen und Erwerbsverläufe“ Mai 2016 (Anteil von 10% an allen Erwerbstätigen)

UnternehmenSubunternehmer, sog.

Freelancer, Freie Mitarbeiter….

Werkvertrag, Dienstvertrag,Geschäftsbesorgungs-

vertrag


Vertragsstrukturen – indirektes Modell

EinsatzunternehmenIntermediär

(sog. Beratungsunternehmen, Agentur, Provider …)

tatsächliche Leistungserbringung

Solo-Selbständiger(sog. Externe, Berater, Spezialisten…)

Einsatzvertrag

Hauptvertrag

LeistungsverschaffermodellVerschaffung der Dienste eines

SelbständigenDienstverschaffungsvertrag

LeistungsgebermodellLeistung versprochen, durch Solo-

Selbständige als Erfüllungsgehilfe erfülltDienst/Werk/Geschäftsbesorgungsvertrag

Vertragstypenverfehlung - Compliancerisiko

indirektes Modell

Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung?

direktes Modell

Scheinselbständigkeit?

Scheinwerkvertrag?


Vertragstypenverfehlung als Compliance-Risiko

„STATUS-COMPLIANCE“

Check der Risikostruktur des jeweiligen Fremdpersonaleinsatzes

Vertragsgestaltung− Parteiwille – Beschäftigung gezielt nicht als Arbeitnehmer− Statusbekenntnis und Ausschluss Weisungsrecht in den Verträgen

Vertragsdurchführung− Experten idR auch rein tatsächlich weder fachlich, zeitlich noch

örtlich dem Kundenunternehmen bzw. Intermediär gegenüberweisungsgebunden

− fachliche Weisungsfreiheit gerade wegen des Einkaufs spezifischenKnow-hows



„STATUS-COMPLIANCE“

Aber:

Dienste höherer Art generell durch hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit ausgezeichnet

Eingliederung wunder Punkt?



„WAS KANN DROHEN?“

Mögliche Folgen einer Vertragstypenumqualifizierung

Begründung von Arbeitsverhältnissen Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (rückwirkend!) zzgl.

Säumniszuschlägen (12 % pro Jahr) Nachzahlungen von Steuern Bußgeldtatbestände nach dem AÜG Strafrechtliche Risiken nach §266a StGB, 370, 380 AO persönliche Haftungsrisiken etwa aus § 823 II BGB i.V.m. § 266a StGB Eintrag in das Wettbewerbsregister § 2 WRegG

Risikoanalyse der Vertragsmodelle

indirektes Modell

Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung?

direktes Modell

Scheinselbständigkeit?

Scheinwerkvertrag?


Risikoanalyse – direktes Modell

STATUSUNSICHERHEIT – ALLES GUT MIT § 611A BGB?

„Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“

Wiedergabe der abstrakten Obersätze der BAG-Rechtsprechung (z.B. BAG 21.7.2015 – 9 AZR 484/14 – Selbständiger Arzt beim MDK)

Ziel Rechtsklarheit der Kriterien und dadurch Rechtssicherheit bei der Vertragstypenqualifikation



„LEIDER NEIN!“

Vertragstypenqualifikation wegen typologischer Methode kein Definitions-sondern Subsumtionsproblem

keine allgemeingültigen Kriterien zur näheren Bestimmung des Grades der persönlichen Abhängigkeit

immer nur einzelfallbezogene Indizien – phänomenologisch industrieller Arbeitswelt entlehnt

Tatsacheninstanzen nach Rechtsprechung BAG weiter Beurteilungsspielraum

Dilemma für Unternehmen – Suche nach der sicheren Organisation; Standardisierung



„INDIZIEN TREFFEN AUF RECHTSWIRKLICHKEIT“

enge, insbesondere räumliche Zusammenarbeit zwischen eigenem undfremden Personal erhöht Risiko einer Umqualifizierung

Kommunikation und Zusammenarbeit von eigenem und fremdem Personalbeschränken?

Geht das ohne Weiteres?

Digitalisierung Gedanke der Vernetzung und Arbeitsteilung

Lösungen hierfür?



• äußere Integration des Spezialisten

• funktionsspezifische Relativierung Natur der vertragl.

Tätigkeit

• Relevanz der Eingliederung iRd §611a BGB?

Formale Eingliederung (k)einAbgrenzungskriterium

Eingliederung• positives Indiz einer

Selbstständigkeit?

• persönliche vs. wirtschaftliche Abhängigkeit

• Urteil des BSG vom 31.3.2017 (B 12 R 7/15 R):gewichtiges Indiz für Selbstständigkeit

• Verstärkendes Indiz zur Anerkennung des subj. Parteiwillens

Möglichkeit zur Eigenvorsorge (soziale Schutzbedürftigkeit)

Vergütungshöhe

• positives Indiz einer Selbstständigkeit bei Wissensarbeit?

Verstärkung derAnerkennung desParteiwillens

Know-how

„LÖSUNGSANSÄTZE“


Risikoanalyse – indirektes Modell


(sog. Beratungsunternehmen, Agentur, Provider …)



Einsatzvertrag

Hauptvertrag

„GEFÄHRLICHE NÄHE ZUR ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG...“



VERBOT DER VERDECKTEN ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG – „COMPLIANCEFALLE“?

Folgen Arbeitgeberwechsel kraft Gesetz für Leiharbeitnehmer

rückwirkend ab Einsatzzeitpunkt (vgl. § 9 I Nr. 1a iVm § 10 AÜG) außer Festhaltenserklärung

ordnungswidrigkeitsrechtlichen Folgen §§ 16 Abs. 1 Nr. 1c, Nr. 1d AÜG

„Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen.“



ANALYSE DER RECHTSLAGE § 1 Abs. 1 S. 1, 2 AÜG

Keine Arbeitnehmerüberlassung bei Einsatz von Selbständigen st. Rspr. BAG, 9.11.1994 - 7 AZR 217/94

„Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer)im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen(Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werdenzur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleiherseingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.“



ANALYSE DER RECHTSLAGE

Hauptvertrag nach Willen der Vertragsparteien

Dienstverschaffungsvertrag bzw. Dienst/Werk/Geschäftsbesorgungsvertrag mit Abrede der

Leistungserbringung durch selbständige Dritte

Hauptvertrag Arbeitnehmerüberlassungsvertrag?

Analyse Einsatzvertrag – Arbeitsvertrag iSd § 611a BGB?Wenn nein, Arbeitnehmerüberlassung scheidet aus BAG, 17.1.2017 – 9 AZR 76/16 (Überlassung des Allein-

Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH)




(sog. Beratungsunternehmen, Consultingunternehmen, Provider …)



Einsatzvertrag als Arbeitsvertrag?

Hauptvertrag

„UNSICHERHEITSFAKTOR - BEZUGSPUNKT DER VERTRAGSTYPENQUALIFIKATION?“

Problemfall: Was passiert, wenn dem Solo-Selbständigen beim EinsatzunternehmenWeisungen erteilt werden bzw. Eingliederungerfolgt?



„BEZUGSPUNKT DER VERTRAGSTYPENQUALIFIKATION – ZWEI ANSÄTZE“

„Verleiherbezogener“ Ansatz: Arbeitnehmerüberlassung setzt voraus, dass es sich bei der zur

Arbeitsleistung an einen Entleiher überlassenen Person um einen AN handele

Siehe zB LAG Düsseldorf 21.7.2015 - 3 Sa 6/15; nachgehend BAG Vergleich

BAG, Urt. V. 17.1.2017 – 9 AZR 76/16: Verleiherbezogener Ansatz bei der Frage, ob Selbstüberlassung eines GmbH-GF unter das AÜG fällt

„Entleiherbezogener“ Ansatz: Arbeitnehmerüberlassung setzt voraus, dass die überlassene Person

beim Entleiher weisungsabhängig tätig ist und in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist

• „Daimler“-Urteil des LAG Baden-Württemberg 1.8.2013 – 2 Sa 6/13; nachgehend BAG Vergleich

Intermediär

Solo-Selbständiger

EinsatzU

Solo-Selbständiger



„KEINE EINDEUTIGE GESETZLICHE POSITIONIERUNG“

1 Abs. 1 S. 2 AÜG

„Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer)im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen(Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werdenzur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleiherseingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.“



„BEZUGSPUNKT DER VERTRAGSTYPENQUALIFIKATION –MODIFIZIERTER VERLEIHERBEZOGENER ANSATZ“

Vertragstypenqualifizierung iSd § 611a BGB bei drittbezogenem Vertrag?

Erste Stufe: Vertragsverhältnis Inhalt der drittbezogenen Einsatzverträge zwischen Intermediär –

Spezialist

Zweite Stufe: Tatsächliche Vertragsdurchführung (§12 Abs. 1 AÜG) wegen des Drittbezugs der Leistung im Verhältnis

Kundenunternehmen – Spezialist zu beurteilen?

Relativität des Schuldverhältnisses – Verhalten eines vertragsfremden Dritten relevant?



Der Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen dem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten ist auf der Grundlage der ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch unter Berücksichtigung der praktischen Durchführung des Vertrags zu bestimmen. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgeblich. (…) Dies gilt allerdings nur dann, wenn die tatsächliche Durchführung von dem Willen der am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung beteiligten Parteien umfasst war. Denn die Berücksichtigung der praktischen Vertragsdurchführung dient der Ermittlung des wirklichen Geschäftsinhalts, also der Rechte und Pflichten, von denen die Vertragsparteien bei Vertragsschluss ausgegangen sind. Die Vertragspraxis lässt aber nur dann Rückschlüsse auf den wirklichen Geschäftswillen der Vertragsparteien zu, wenn die zum Vertragsschluss berechtigten Personen die vom Vertragswortlaut abweichende Vertragspraxis kennen und sie zumindest billigen.

(BAG 27.6.2017 – 9 AZR 133/16 – Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung zum Einsatz von Arbeitnehmern als Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers)



„BEZUGSPUNKT DER VERTRAGSTYPENQUALIFIKATION –MODIFIZIERTER VERLEIHERBEZOGENER ANSATZ“

Zweite Stufe: Tatsächliche Vertragsdurchführung

Einsatzvertrag dogmatisch wegen Drittleistungspflicht echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 I BGB) = des Kundenunternehmens

Leistungsempfänger nicht zu eigenmächtigen Vertragsänderungen berechtigt

tatsächlichen Verhaltensweisen Kundenunternehmen – Spezialist zu berücksichtigen, die Intermediär und Spezialist kennen und billigen

Eigenmächtig angemaßte Weisungen durch Einsatzunternehmen führen nicht zu Umqualifizierung des Hauptvertrags



„MODIFIZIERTER VERLEIHERBEZOGENER ANSATZ –RICHTLINIENKONFORM?

EuGH Entscheidung Ruhrlandklinik (C-216/15)

Arbeitnehmerbegriff trotz Verweises auf das nationale Recht in Art. 3 Abs. 1 lit. a RL 2008/104/EG durch EuGH richtlinienautonom einheitlich iSd Art. 45 AEUV ausgelegt

BAG 17.12.2016 Gestellung von DRK-Schwestern in unionsrechtskonformer Auslegung Arbeitnehmerüberlassung, weil sie Arbeitnehmer iSd RL seien



„MODIFIZIERTER VERLEIHERBEZOGENER ANSATZ –RICHTLINIENKONFORM?

Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/104 über Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.Daraus folgt, dass weder die rechtliche Einordnung des zwischen der betreffenden Person und dem Leiharbeitsunternehmen bestehenden Verhältnisses nach nationalem Recht noch die Art ihrer Rechtsbeziehungen, noch die Ausgestaltung dieses Verhältnisses ausschlaggebend ist für die Bezeichnung dieser Person als Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 2008/104



„MODIFIZIERTER VERLEIHERBEZOGENER ANSATZ – AUCH IM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT?

Alleiniger Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse iRd § 7 I SGB IV?

Fachlichen Weisungen Arbeitnehmerüberlassung der BA vom 20.3.2017 § 1 1.1.2 IX:

Es komme „immer auf die tatsächliche Vertragsdurchführung“ an.




BSG 12. Senat st. Rprs.

Ausgangspunkt der Prüfung eines Beschäftigungsverhältnisses ist das Vertragsverhältnis

eine im Widerspruch zu den ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung nur vor, soweit eine Abbedingung rechtlich möglich ist




auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kann sich das gelebte Rechtsverhältnis bei einem drittbezogenen Vertrag nicht durch ein vertragswidriges, eigenmächtiges Verhalten des Einsatzunternehmens bestimmen

Anweisung BA insoweit gefährlich „verkürzt“

Wenn es der Gesetzgeber seit nunmehr 40 Jahren nicht vermag, die Abgrenzung der

versicherungspflichtigen Tätigkeit von der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit (…)

hinreichend klar zu regeln und selbst das BSG als Abgrenzungskriterien kaum mehr als

floskelhafte Begriffshülsen verwendet, mit denen nahezu jedes beliebige (gewollte)

Ergebnis begründet werden kann, erscheint es als sachgerecht, sich auf eher förmliche

Gesichtspunkte zurückzuziehen und bleibt es im Regelfall bei der Annahme, dass die

von den Parteien des Beschäftigungsverhältnisses gewählte Form auch materiell

zutreffend ist. (Leitsatz des Übermittelnden)

SG Düsseldorf 27.4.2009 – S 19 (25) AL 139/05

Fazit

Wir freuen uns auf Sie!Das nächste Arbeitsrechtsforum am 21. November 2018

Frau Prof. Dr. Anja Schlewing, Vorsitzende Richterin am BAG„Die Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsübergang“

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