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© IPP 2001 Prof. Dr. Rainer Sachse 1 Affektive Verarbeitung

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Affektive Verarbeitung

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Kognitive Schemata

• Die relevanten, problematischen Schemata, die es zu

bearbeiten gibt, können kognitive Schemata sein,

wie Überzeugungen, Konstruktionen über die

Realität, Annahmen über sich selbst usw.

• Auch kognitive Schemata können der Person zum

großen Teil nicht repräsentiert sein, z.T. schon

deshalb, weil die Person es bisher systematisch

vermieden hat, sich mit diesen Schemata zu

beschäftigen.

• Somit spielt auch die Bearbeitung kognitiver

Schemata eine große Rolle in der Therapie.

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Affektive Schemata

• Die bearbeiteten Schemata können aber auch

affektive Schemata sein.

• Affektive Schemata sind „Verdichtungen“ affektiver

Erfahrungen; sie bilden sich wie kognitive Schemata

in der Biographie.

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Affektive Schemata

• Die Aktivierung affektiver Schemata führt zu

Affekten, z.B.

– zu diffusen Gefühlen, z.B. dem Gefühl „etwas

stimmt nicht“ oder einem diffusen Gefühl von

Bedrohung, Unzufriedenheit, u.ä.

– zu körperlichen Reaktionen wie Spannung im

Nacken, Druck auf der Brust, u.ä.

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Affektive Schemata

• Diese Reaktionen gehen dabei immer auf

Verarbeitungsprozesse zurück, die durch affektive

Schemata bestimmt werden.

• Diese Reaktionen weisen damit immer auf die

Aktivierung affektiver Schemata hin, sie sind

Indikatoren für affektive Schemata.

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Affektive Schemata

• Affektive Schemata sind aber, wenn sie in einem

Problembereich auftauchen, so gut wie immer

bedeutsam: sie weisen darauf hin, dass eine Person

affektive Verarbeitungsprozesse aufweist, die zentral

an dem Problem beteiligt sein können.

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Affektive Schemata

• So können affektive Schemata

– zu einem anhaltenden Gefühl von

Unzufriedenheit führen;

– zu Angst und Vermeidung führen;

– zu Selbstabwertungen und damit zu depressiven

Reaktionen führen usw.

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Affektive Schemata

• Es ist damit von zentraler Bedeutung in der

Therapie, affektive Schemata aufzuspüren, zu klären

und zu bearbeiten.

• Und damit ist es von zentraler Bedeutung, den

Indikatoren affektiver Schemata Beachtung zu

schenken, also körperliche Reaktionen, Stimmungen

usw., die bedeutsam erscheinen, ernst zu nehmen

und ihnen therapeutisch nachzugehen.

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Affektive Schemata

• Man kann annehmen, dass affektive Schemata in

einem anderen Repräsentations-Code vorliegen als

kognitive Schemata.

• Sie liegen meist in einem „sensumotorischen Code“

(Piaget) oder einem „perzeptuellen Code“ (Perrig)

vor.

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Affektive Schemata

• Das Vorliegen in einem anderen Code hat zur Folge,

– dass affektive Schemata nicht mit kognitiven

Schemata „kommunizieren“ können;

– dass affektive Schemata sich deshalb nicht mit

anderen Schemata verbinden; also z.B. sich nicht

an Ressourcen-Schemata „anlagern“;

– dass sie nicht durch neue Erfahrungen, die in

einem kognitiven Code gespeichert sind,

verändert werden können (sie können diese

Erfahrungen gar nicht assimilieren);

– dass die Person diese Schemata gar nicht unter

kognitive Kontrolle bringen kann.

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Doppeltes Überzeugungssystem

• Personen weisen daher oft ein „doppeltes

Überzeugungssystem“ auf.

• Eine Person hat ein affektives Schema, z.B. reagiert

sie auf die Anwesenheit ihres Vaters hin angespannt,

ängstlich, vorsichtig (ohne zu wissen, warum).

• Gleichzeitig hat sie aber ein kognitives Schema das

besagt: „ich bin stark; er kann mir nichts tun; ich

kann ihn in seine Schranken weisen“ usw.

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Doppeltes Überzeugungssystem

Angst Flucht- ungutes Gefühl Annähe- gutes tendenz Gefühl von rungs- Gefühl Stärke tendenz

Schema 1

Schema 2

S` S``

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Doppeltes Überzeugungssystem

• Das affektive Schema besagt (Schema 1):

– ich kann mich nicht wehren;

– er kritisiert mich, wertet mich ab, usw.

• Das kognitive Schema (Schema 2) besagt:

– ich kann mich wehren;

– ich bin stark, kompetent, usw.

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Doppeltes Überzeugungssystem

• Die Schemata sind aber völlig losgelöst

voneinander.

• Bestimmte Stimuli aktivieren das affektive Schema

und versetzen die Person in einen bestimmten „state

of mind“.

• Andere Stimuli aktivieren das kognitive Schema und

erzeugen einen ganz anderen state of mind.

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Doppeltes Überzeugungssystem

• Die Person kann aber nicht verhindern, dass das

negative affektive Schema immer wieder aktiviert

wird und sie immer wieder sich schwach fühlt,

defizitär, usw.

• Das positive kognitive Schema hat, da es sich nicht

mit dem affektiven Schema verbindet, keinen

Einfluss auf dessen Aktivierung.

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Doppeltes Überzeugungssystem

• Das ist der Ausgangspunkt, den viele Klienten

beschreiben:

– „Ich weiß, dass ich nicht so reagieren müsste,

aber ich reagiere trotzdem so!“

– „Ich verstehe nicht, warum ich so reagiere!“

– „Ich kann nicht verhindern, dass ich so reagiere!“

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Affekte und Emotionen

• Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Affekten

und Emotionen.

• Emotionen gehen auf komplexe, sukzessiv folgende

Verarbeitungsprozesse zurück.

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Affekte und Emotionen

• Um z.B. eine Emotion wie Angst empfinden zu

können, muss eine Person eine Reihe von

Schlussfolgerungen ziehen:

– dass sie bedroht wird;

– dass die Bedrohung sie schädigen kann;

– dass diese Schädigung „schlimm“ sein könnte;

– dass sie keine Coping-Möglichkeiten aufweist,

die Bedrohung abzuwenden; u.ä.

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Affekte und Emotionen

• In die Bildung von Emotionen können kognitive

Schemata eingehen: z.B. kann ein Schema von „ich

bin inkompetent, ich kann mich nicht wehren“ zu

Angst beitragen, da die Person ihre eigenen Coping-

Möglichkeiten immer als gering einschätzt.

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Affekte und Emotionen

• Affekte enthalten in der Regel derart komplexe

Schlussfolgerungen gar nicht.

• Affekte kommen meist durch die Aktivierung

affektiver Schemata zustande.

• Daher führt eine solche Aktivierung sehr schnell zu

Affekten, ohne dass große kognitive Analysen

stattgefunden haben.

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Affekte und Emotionen

• Affekte machen sich subjektiv auch nicht als Wut,

Trauer, Freude o.ä. bemerkbar, also nicht als die

„klassischen“ Emotionen.

• Affekte machen sich bemerkbar als diffuse Gefühle,

Stimmungen, körperliche Reaktionen.

• Die Person hat subjektiv meist den Eindruck, dass

diese Stimmungen, körperlichen Reaktionen etwas

bedeuten, auf etwas hindeuten (falls sie sie

beachten!).

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Affekte und Emotionen

• Deshalb nennt Gendlin diese Reaktionen auch „felt

sense“, „gefühlter Sinn“: sie sind Indikatoren für

bestimmte Schemata der Person, sie weisen auf

etwas Bedeutsames hin.