Vereinsrecht Vertretungsbefugnis des Vorstandes für Austritt aus Mitgliedsverband

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Vereinsrecht: Vertretungsbefugnis des Vorstandes für Austritt aus Mitgliedsverband Viele Vereine sind zur Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks in einem übergeordneten Verband organisiert. Dies gilt etwa für Fußballvereine, die Mitglied in ihrem jeweiligen Landesverband sind zum Beispiel im Württembergischen Fußballverband. Andere Sportarten kennen auch eine direkte Mitgliedschaft der Vereine im Bundesverband. So sind etwa die Hockeyvereine zusätzlich zu den Landesverbänden Mitglieder im Deutschen Hockeybund (DHB). Im Deutschen Schachbund sind die Landesschachverbände organisiert. Deren Mitglieder sind die Schachvereine. Vertretung des Vereins Im Verhältnis des Vereins zum Verband auf Landes- und Bundesebene stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Vorstand den Verein vertreten kann. Dies gilt namentlich für Erklärungen über den Eintritt oder den Austritt aus dem Verband. Die Entscheidung über die Mitgliedschaft in einem Verband unterliegt als grundlegende Vereinsangelegenheit regelmäßig der Entscheidungskompetenz der Mitgliederversammlung. So sehen die Vereinssatzungen oft ausdrücklich vor, dass die Mitgliederversammlung als höchstes Organ für Beschlüsse über die Mitgliedschaft des Vereins in Verbänden zuständig ist. Von der Binnenorganisationen des Vereins zu unterscheiden ist aber die Frage, ob und inwieweit der Vorstand nach außen den Verein wirksam vertreten kann. Der Bundesgerichtshof hatte mehrfach über die Frage zu entscheiden, ob der vertretungsbefugte Vereinsvorstand im Sinne des § 26 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung den Austritt des Vereins aus einem Verband erklären kann.

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Vereinsrecht: Vertretungsbefugnis des

Vorstandes für Austritt aus Mitgliedsverband

Viele Vereine sind zur Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks in einem übergeordneten

Verband organisiert. Dies gilt etwa für Fußballvereine, die Mitglied in ihrem jeweiligen

Landesverband sind – zum Beispiel im Württembergischen Fußballverband. Andere

Sportarten kennen auch eine direkte Mitgliedschaft der Vereine im Bundesverband. So sind

etwa die Hockeyvereine zusätzlich zu den Landesverbänden Mitglieder im Deutschen

Hockeybund (DHB).

Im Deutschen Schachbund sind die Landesschachverbände organisiert. Deren Mitglieder sind die Schachvereine.

Vertretung des Vereins

Im Verhältnis des Vereins zum Verband auf Landes- und Bundesebene stellt sich die Frage,

ob und inwieweit der Vorstand den Verein vertreten kann. Dies gilt namentlich für

Erklärungen über den Eintritt oder den Austritt aus dem Verband. Die Entscheidung über die

Mitgliedschaft in einem Verband unterliegt als grundlegende Vereinsangelegenheit

regelmäßig der Entscheidungskompetenz der Mitgliederversammlung. So sehen die

Vereinssatzungen oft ausdrücklich vor, dass die Mitgliederversammlung als höchstes Organ

für Beschlüsse über die Mitgliedschaft des Vereins in Verbänden zuständig ist. Von der

Binnenorganisationen des Vereins zu unterscheiden ist aber die Frage, ob und inwieweit der

Vorstand nach außen den Verein wirksam vertreten kann.

Der Bundesgerichtshof hatte mehrfach über die Frage zu entscheiden, ob der

vertretungsbefugte Vereinsvorstand im Sinne des § 26 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch

ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung den Austritt des Vereins aus einem Verband

erklären kann.

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Eindeutige Regelung der Vertretung

Den Grundsatz regelt § 26 Abs. 2 S. 1 BGB: Demnach ist der Vorstand grundsätzlich

umfassend zur Vertretung des Vereins berechtigt. Der Verein kann aber die

Vertretungsbefugnis gemäß § 26 Abs. 2 S. 2 BGB durch die Satzung mit Wirkung gegenüber

Dritten beschränken. Eine solche Beschränkung muss aber eindeutig sein. Die Satzung muss

zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine Beschränkung der Vertretungsmacht des

Vorstandes handelt. Dagegen genügt die allgemeine Regelung, wonach grundlegende Fragen

von der Mitgliederversammlung zu entscheiden sind, nicht, um die Vertretungsmacht des

Vereinsvorstandes nach außen zu begrenzen. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH)

mit Urteil vom 28. April 1980 (Aktenzeichen II ZR 193/79). Eine klare Regelung sei, so der

BGH, „deswegen notwendig, weil das vereinsrechtliche Innenverhältnis und die

Vertretungsmacht nicht nur in persönlicher […], sondern auch in sachlicher Hinsicht

auseinanderfallen können.“ Im Interesse des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit

gegenüber Dritten „genügt für die Beschränkung der Vertretungsmacht mit Wirkung gegen

Dritte nicht schon, dass in der Satzung eine den Handlungsspielraum des Vorstandes

einschränkende Regelung getroffen wird, wenn nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass

damit auch die Vertretungsmacht beschränkt werden soll“.

„BGH – Palais 2“ von ComQuat – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über

Wikimedia Commons.

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Vorrangiges Kriterium: Rechtssicherheit

Die grundlegende Entscheidung zugunsten der Rechtssicherheit bestätigte der

Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. April.1996 (Aktenzeichen II ZR 56/95): Auch wenn

eine Vereinssatzung „die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung über den Erwerb und

die Beendigung der Mitgliedschaft“ beim jeweiligen Bundesverband vorsehe, sei dies „nicht

als eine die Vertretungsmacht des Vorstands des Beklagten einschränkende Bestimmung im

Sinne von § 26 Abs. 2 S. 2 BGB anzusehen“. Denn, so die Richter des BGH weiter, der

Verein könne „den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes gegenüber Dritten nur dann

einschränken, wenn die Satzung dies eindeutig zum Ausdruck bringt“. Der Rechtssicherheit

gebührt also Vorrang vor der internen Willensbildung des Vereins.

Vertretungsmacht: Welche Erklärungen darf der Vorstand für den Verein abgeben?

Anforderungen an Satzungsgestaltung

Die Rechtsprechung erscheint überzeugend: Der Verein hat es selbst in der Hand, in der

Satzung eindeutig zu regeln, wozu der Vorstand vertretungsberechtigt ist und welchen

Beschränkungen diese Vertretungsmacht unterliegt. Es kann einem Dritten zwar zugemutet

werden, sich Kenntnis über die Vertretungsmacht des Vorstandes zu verschaffen. Es würde

aber die Anforderungen an den Rechtsverkehr überspitzen, wenn bei jeder Erklärung eines

Vereinsvorstandes die gesamte Satzung darauf hin überprüft werden müsste, ob sich aus

Regelungen, die nicht im Zusammenhang mit der Vertretungsmacht stehen, implizit die

Beschränkung der Vertretungsmacht ergeben könnte. Dies wäre letztlich auch nicht im

Interesse der Handlungsfähigkeit der Vereine.

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Vereinsrecht: Grundsätzlich vertritt der Vorstand den Verein umfassend.

Bei der Gestaltung von Vereinssatzungen ist mithin darauf zu achten, ob eine Regelung das

Innenleben des Vereins organisieren oder darüber hinaus auch die Vertretungsmacht des

Vorstandes nach außen beschränken soll. Letzteres muss in der Satzung inhaltlich und

sprachlich eindeutig zum Ausdruck kommen.

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