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250-4003-5533/2017-E-016-EF Seite 1 von 25 Vergabekammer Freistaat Thüringen Beschluss In dem Nachprüfungsverfahren, §§ 155 ff. GWB, aufgrund des Antrages vom 16.06.2017 der XXX GmbH, xxx ./. Freistaat Thüringen, v.d.d. YYY, betreffend das Vergabeverfahren: "Sicherheitsdienstleistungen Separatwachdienst / Empfangsdienst + Streifendienst, Revierdienst" (Vergabe-Nr.: o 08/17); hier: Los 5 Verfahrensbeteiligte: XXX GmbH v.d.d. Geschäftsführer xxx und xxx xxx xxx - Antragstellerin - (AST) Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt xxx xxx xxx gegen Freistaat Thüringen v.d.d. YYY v.d.d. Leiter yyy yyy yyy - Vergabestelle - (VST) beigeladen: ZZZ GmbH v.d.d. Geschäftsführer zzz und zzz zzz zzz - Beigeladene - (BEI) hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Regierungsdirektor Scheid als Vorsitzendem, Herrn Gers als hauptamtlichem Beisitzer und Herrn Rusche als ehrenamtlichem Beisitzer, ohne mündliche Verhandlung am 12.07.2017 beschlossen:

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    Vergabekammer Freistaat Thüringen Beschluss

    In dem Nachprüfungsverfahren, §§ 155 ff. GWB, aufgrund des Antrages vom 16.06.2017 der XXX GmbH, xxx ./. Freistaat Thüringen, v.d.d. YYY, betreffend das Vergabeverfahren: "Sicherheitsdienstleistungen Separatwachdienst / Empfangsdienst + Streifendienst, Revierdienst" (Vergabe-Nr.: o 08/17); hier: Los 5 Verfahrensbeteiligte: XXX GmbH v.d.d. Geschäftsführer xxx und xxx xxx xxx

    - Antragstellerin - (AST)

    Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt xxx

    xxx xxx

    gegen Freistaat Thüringen v.d.d. YYY v.d.d. Leiter yyy yyy yyy

    - Vergabestelle - (VST)

    beigeladen: ZZZ GmbH v.d.d. Geschäftsführer zzz und zzz zzz zzz

    - Beigeladene - (BEI)

    hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Regierungsdirektor Scheid als Vorsitzendem, Herrn Gers als hauptamtlichem Beisitzer und Herrn Rusche als ehrenamtlichem Beisitzer, ohne mündliche Verhandlung am 12.07.2017 beschlossen:

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    1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zur ückgewiesen.

    2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverf ahrens zu tragen.

    3. Die Gebühr für das Nachprüfungsverfahren wird auf xxxx Euro festgesetzt. Auslagen werden nicht erhoben.

    4. Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung not -wendigen Aufwendungen der Vergabestelle im Nachprüf ungsverfahren zu tragen.

    5. Die Beigeladene hat die ggf. ihr im Nachprüfungsver fahren entstandenen Auf -

    wendungen selbst zu tragen.

    Gründe

    I.

    Die AST betreibt ein Sicherheits- und Wachdienstunternehmen; sie hat in der Vergangen-heit auf der Grundlage von Verträgen über Sicherheitsdienstleistungen öffentliche Liegen-schaften in Thüringen für die VST bewacht. Die AST bewacht unter anderem seit dem 01.02.2016 das Behördenzentrum xxx. Die Vergabekammer entnimmt den Vergabeakten zwei an die AST gerichtete Schreiben der VST vom 01.06.2016 und 04.08.2016, in denen die VST insbesondere die mangelhafte Er-füllung des Streifendienstes im Behördenzentrum xxx durch die AST beanstandet hat. Die VST hat die AST in ihrem Schreiben vom 04.08.2016 ausdrücklich aufgefordert, die Leistungen ab sofort in vertraglich vereinbarter Weise zu erbringen, und für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung die außerordentliche Kündigung des zugrunde liegenden Ver-trages über Sicherheitsdienstleistungen vom 20./29.07.2015 angedroht. Die festgestellten Mängel in der Bestreifung des Behördenzentrums xxx haben die VST ausweislich der Vergabeakten in der Folgezeit mehrfach dazu veranlasst, die von der AST gestellten Rechnungen zu kürzen. Die AST hat auf der Grundlage des Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 die Erstaufnahmeeinrichtung xxx bewacht. Ausweislich eines in den Vergabeakten befindlichen Schreibens und einer E-Mail der VST an die AST vom jeweils 11.11.2016 hat die VST am 10.11.2016 eine Vor-Ort-Kontrolle in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx durchgeführt. Im Rahmen dieser Kontrolle hat die VST nur einen Sicherheitsmitarbeiter -Herrn xxx- angetroffen. Der abwesende zweite Sicherheitsmitarbeiter -Herr xxx- ist fruchtlos telefonisch zur Rückkehr zum Einsatzort gebeten worden. Nach Mitteilung der AST ist Herr xxx Mitarbeiter und Herr xxx Inhaber der Firma QQQ, die von der AST in Urlaubszeiten und bei krankheitsbedingten Ausfällen von Personal und daraus entstehenden personellen Engpässen mit der Durchführung von Be-wachungsdienstleistungen beauftragt wird (vgl. hierzu auch unten). Die VST hatte nach eigenem Bekunden zur damaligen Zeit keine Kenntnis davon, dass es sich bei den beiden für die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 10.11.2016 vorgesehenen Sicherheitsmitarbeitern um einen Mitarbeiter und um den Inhaber der Firma QQQ gehandelt hat. Die VST hat diesen Vorfall zum Anlass genommen, in ihrem Schreiben vom 11.11.2016 darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Vorfall um eine Vertragsverletzung der AST handele. Gemäß der Leistungsbeschreibung des unter anderem die Erstauf-nahmeeinrichtung xxx betreffenden Vergabeverfahrens habe der Dienst ganzjährig und

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    ganztags mit zwei Sicherheitsmitarbeitern zu erfolgen. Die VST hat in ihrem Schreiben und in ihrer E-Mail vom 11.11.2016 für den Fall einer wiederholten Vertragsverletzung eine frist-lose Kündigung des Vertrages vom 30.05./13.06.2016 angedroht. Die VST hat in ihrer E-Mail vom 11.11.2016 zudem mit sofortiger Wirkung verlangt, dass Herr xxx unter anderem in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx nicht mehr eingesetzt wird. Am 08.03.2017 ist bei der VST eine Anzeige eines ehemals in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx tätig gewesenen Sicherheitsmitarbeiters eingegangen, die unter anderem einen un-berechtigten Nachunternehmereinsatz durch die AST sowie den Konsum von Alkohol/ Drogen und die Inanspruchnahme der Dienste von Prostituierten durch Sicherheitsmit-arbeiter in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx zum Gegenstand hatte. Die VST hat daraufhin dort noch am selben Tag in Anwesenheit eines Vertreters der AST und der später hin-zugerufenen Polizei eine weitere Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt. Ausweislich des von der VST angefertigten Protokolls vom 09.03.2017 sollten an diesem Tag laut elektronischem Wachbuch Herr xxx und Frau xxx in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx Wachdienst verrichten. Die VST ist nach eigenem Bekunden am 08.03.2017 anfänglich noch davon ausgegangen, dass es sich bei beiden für die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 08.03.2017 vorgesehenen Sicherheitsmitarbeitern um Mitarbeiter der AST handelt. Nach Mitteilung der AST handelt es sich jedoch bei Herrn xxx um einen Mitarbeiter der Firma QQQ und nur bei Frau xxx um eine Mitarbeiterin der AST. Es sind dann vor Ort zwei Sicherheitsmitarbeiter angetroffen worden, die sich als Herr xxx und Herr xxx ausgegeben haben. Dem anwesenden Vertreter der AST waren die beiden Sicherheitsmitarbeiter nicht persönlich bekannt. Eine nähere Identitätskontrolle der daraufhin hinzugerufenen Polizei hat ergeben, dass es sich bei den angetroffenen Sicherheitsmitarbeitern um Herrn xxx und Herrn xxx handelt. Nach Mitteilung der AST handelt es sich bei diesen Sicherheitsmitarbeitern um Mitarbeiter der Firma QQQ. Herr xxx hatte eine schwarze Fleecejacke mit dem weißen Schriftzug Security an; Herr xxx war zivil gekleidet. Beide Sicherheitsmitarbeiter haben auf Nachfrage keine Dienstausweise vorweisen können. Ausweislich des von der VST angefertigten Protokolls vom 09.03.2017 hat einer der anwesenden Polizeibeamten am 08.03.2017 vor Ort festgestellt, dass Herr xxx vorbestraft sei und noch vor kurzem im Gefängnis gesessen habe, da er eine Geldbuße nicht gezahlt habe. Die Polizei hat die beiden vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeiter des Grundstückes verwiesen. Die VST hat in der Folgezeit die leerstehende Erstaufnahmeeinrichtung xxx weitestgehend zugeschlossen und die notwendige Bewachung durch eine Verstärkung der Hausmeisterrundgänge sichergestellt. Der Vertreter der AST, der bei der Vor-Ort-Kontrolle am 08.03.2017 anwesend gewesen ist, hat der VST mit E-Mail vom 09.03.2017, 13:56 Uhr, zum oben dargelegten Sachverhalt er-läuternd mitgeteilt, dass laut Dienstplan Herr xxx und Frau xxx für die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 08.03.2017 vorgesehen gewesen seien. Ihm sei an diesem Tag durch die Einsatzzentrale der AST mitgeteilt worden, dass sich Frau xxx nicht zum Dienst gemeldet habe, da sie verhindert sei. In derartigen Notsituationen werde der Kooperationspartner der AST -die Firma QQQ- informiert, um schnellstmöglich die Dienste bis zur Neubesetzung im Objekt absichern zu können. Nach dem Ausfall von Frau xxx seien Herr xxx und nunmehr Herr xxx als Mitarbeiter der Firma QQQ anstelle von Frau xxx für die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 08.03.2017 vorgesehen gewesen. Es hätten sich dann auch in der Folge zwei Sicherheitsmitarbeiter mit den Namen xxx und xxx in der Einsatzzentrale der AST gemeldet. Der Vertreter der AST hat weiter ausgeführt, dass es sich bei den beiden vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeitern offenbar um ihm persönlich nicht bekannte Angestellte der Firma QQQ gehandelt habe. Es habe sich in keinem Fall um Herrn xxx und Herrn xxx gehandelt, die von der AST an die VST gemeldet gewesen seien. Die vorgefundene Sachlage sei auch für die AST in keiner Weise hinnehmbar. Die Dienste und die Sicherheit im Objekt seien jedoch gewährleistet gewesen. Gleichwohl werde nun die Angelegenheit dem Rechtsanwalt der AST zur weiteren Bearbeitung übergeben. Die AST distanziere sich von den festgestellten Machenschaften. Der Geschäftsführer der Firma QQQ sei bislang telefonisch nicht erreicht worden. Die Firma QQQ werde umgehend zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Die AST be-absichtige eine Zivilklage gegen die Firma QQQ und prüfe rechtlich, ob der mit der Firma

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    QQQ bestehende Kooperationsvertrag beendet werde. Der Vertreter der AST hat abschließend mitgeteilt, dass er in Absprache mit der Geschäftsleitung die tägliche Kontrolle der Dienste und die Dienstbesetzung durch den Teamleiter Herr xxx persönlich angeordnet habe. Die VST hat mit Schreiben/Telefax vom 09.03.2017 gegenüber der AST die die Erstauf-nahmeeinrichtungen xxx, xxx, xxx und xxx betreffenden Verträge über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 außerordentlich zum 10.03.2017, 11:59 Uhr, gekündigt. Die VST hat zur Begründung ausgeführt, dass am 08.03.2017 in der Erstaufnahmeein-richtung xxx zwei Personen angetroffen worden seien, die sich als Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ausgegeben hätten. Sie hätten die Namen Herr xxx und Herr xxx angegeben. Auf Nachfrage hätten sich beide Personen nicht ausweisen können. Sie hätten zum Teil keine Dienstkleidung getragen und keine Dienstausweise mit sich geführt. Laut Eintrag im Wachbuch hätten zu dieser Zeit Herr xxx und Frau xxx den Wachdienst verrichten müssen. Aufgrund der mangelnden Legitimation beider Personen und der bestehenden Zweifel sei der zuständige Objektleiter der AST hinzugerufen worden. Dieser habe mitgeteilt, dass ihm beide Personen nicht bekannt seien. Aufgrund dessen sei die Polizei zwecks Identitätsfeststellung hinzugezogen worden, mit dem Ergebnis, dass beide Personen unter falschem Namen im Objekt Wachdienst verrichtet hätten. Der Objektleiter der AST habe dann eingeräumt, dass Personal über den Nachunternehmer QQQ eingesetzt werde. Im Ergebnis seien mehrere Verstöße gegen vertragliche Vereinbarungen feststellbar, die aufgrund bisheriger Verstöße und der damit verbundenen Kündigungsandrohung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigten. Gemäß dem geschlossenen Vertrag sei die AST verpflichtet, eingesetztes Personal namentlich bei der VST mit den entsprechenden Nachweisen anzumelden und dieses erst nach Zustimmung der VST im Objekt einzusetzen. Des Weiteren habe das eingesetzte Personal über einheitliche Dienstkleidung zu verfügen und sichtbar einen Dienstausweis mit Namen und Lichtbild bei sich zu führen. Der Einsatz eines Nachunternehmers sei ebenfalls gegenüber der VST anzuzeigen und dessen Zustimmung einzuholen. Vorliegend sei weder der Einsatz eines Nachunternehmers oder neuen Personals angezeigt worden. Das vermeintliche Personal habe weder Dienstkleidung noch Dienstausweis bei sich getragen, so dass ein unberechtigter Einsatz von Personal vorgelegen habe. Damit seien die Leistungen nicht vertragsgemäß erbracht worden. Die außerordentliche Kündigung sei der AST bereits mit Schreiben vom 11.11.2016 wegen nicht vertragsgemäß erbrachter Leistungen angedroht worden. Die AST hat mit Schreiben/Telefax vom 09.03.2017 der von der VST ausgesprochen außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 widersprochen. Die AST hat zur Begründung ausgeführt, dass für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei, warum die VST auch die Dienstleistungsverträge für die Erstaufnahmeeinrichtungen xxx, xxx und xxx außerordentlich gekündigt habe. Die AST habe sich in diesen Objekten in keiner Weise etwas zu Schulden kommen lassen. Alle genannten Objekte hätten einzelne Verträge. Die außerordentliche Kündigung der einzelnen Dienstleistungsverträge sei rechtswidrig und die AST werde hiergegen gerichtlich vorgehen. Die ausgesprochene Sammelkündigung sei unwirksam. Strittig sei lediglich die Erstaufnahmeeinrichtung xxx. Es sei gerichtlich zu prüfen, ob die außerordentliche Kündigung des die Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Dienstleistungsvertrages zulässig sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die vertragliche Leistungserbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx nicht gewährleistet gewesen sei. Die AST werde weiter in allen Objekten ihre Dienstleistung erbringen, da sie eine außerordentliche Kündigung als rechtswidrigen Akt ansehe. Die AST hat in einer an die VST gerichteten E-Mail vom 09.03.2017, 16:33 Uhr, unter anderem zum Ausdruck gebracht, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die VST von einem vertragswidrigen Einsatz von Mitarbeitern der Firma QQQ ausgehe. Es sei den Verantwortlichen bekannt gewesen, bei Engpässen in personeller Hinsicht auf diese Kräfte zurückgreifen zu können. Es sei keine Nichterfüllung der Dienstleistung anzunehmen, die

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    eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Die Dienste seien besetzt und die Sicherheit des Gebäudes gewährleistet gewesen. Schäden seien nicht entstanden. Das Objekt sei ordnungsgemäß abgesichert gewesen. Es handele sich um ein leerstehendes Objekt und nicht um eine belegte Unterkunft. Die VST hat mit Schreiben/Telefax vom 10.03.2017 die außerordentliche Kündigung für die Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen xxx, xxx, xxx und xxx zurückgenommen. Die VST hat daraufhin gegenüber der AST die ordentliche Kündigung der Sicherheitsdienstleistungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen xxx und xxx zum 30.06.2017, 09:59 Uhr, erklärt. Des Weiteren hat die VST gegenüber der AST aufgrund der Aufgabe der Nutzung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx insofern die außerordentliche Kündigung zum 30.04.2017, 09:59 Uhr, erklärt. Die AST hat mit Schreiben/Telefax vom 10.03.2017 gegenüber der VST erklärt, dass sie weiterhin ausdrücklich ihre Leistungen entsprechend den mit der VST geschlossenen Be-wachungsverträgen für die Erstaufnahmeeinrichtungen xxx, xxx, xxx und xxx anbiete. Für den Fall eines nicht entsprechenden Einsatzes der AST hat sie die gerichtliche Geltendmachung des entstehenden Schadens gegenüber der VST angekündigt. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST ist mit Schreiben/Telefax vom 30.03.2017 erneut der außerordentlichen Kündigung der VST vom 09.03.2017, soweit sie den Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx vom 30.05./13.06.2016 betrifft, entgegengetreten. Gemäß § 11 des Vertrages sei eine außerordentliche Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich. Die wichtigen Gründe seien unter § 11 des Vertrages aufgeführt. Bei den am 08.03.2017 angetroffenen Sicherheitsmitarbeitern habe es sich um Angestellte des Sub-unternehmers der AST gehandelt. Die AST habe keine Kenntnis davon gehabt, dass andere Personen, als die im Wachbuch eingetragenen Personen den Dienst verrichten. Die Mitarbeiter würden sich bei Dienstantritt in der Objektzentrale der AST anmelden. Es seien Herr xxx und Herr xxx angemeldet gewesen. Die AST sei daher davon ausgegangen, dass die Absicherung des Objektes durch die angemeldeten Sicherheitsmitarbeiter xxx und xxx erfolge. Die Tatsache, dass es sich bei den vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeitern nicht um Herrn xxx und Herrn xxx gehandelt habe, rechtfertige nicht die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung. Das Objekt sei vertragsgemäß durch zwei Mitarbeiter bewacht worden. Die AST sei daher ihren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen. Auch der Vorwurf, dass die Mitarbeiter nicht vorher angemeldet gewesen seien und keine einheitliche Dienstkleidung getragen sowie keinen Dienstausweis mit Namensschild und Lichtbild bei sich geführt hätten, rechtfertige keine außerordentliche Kündigung des Vertrages. Einschlägige Abmahnungen lägen nicht vor, so dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sei. Die AST habe der Kündigung widersprochen und ihre Leistungsbereitschaft erklärt. Der Vertrag sei zum 30.04.2017 ordentlich gekündigt worden, so dass entsprechend der vertraglichen Regelung der Vertrag frühestens zum 30.04.2017 beendet werde. Die VST sei bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet, die von der AST angebotene Leistung anzunehmen und die vertraglich vereinbarte Vergütung zu entrichten. Die AST biete daher nochmals ausdrücklich an, die Bewachungsleistung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen. Anderenfalls werde die vertragliche Vergütung unter Abzug der ersparten Aufwendungen als Annahmeverzugsschaden geltend gemacht. Die VST hat mit Schreiben vom 04.04.2017 unter ausführlicher Darlegung von Gründen nochmals die Rechtmäßigkeit der am 09.03.2017 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung, soweit sie den Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen für die Erstaufnahme-einrichtung xxx vom 30.05./13.06.2016 betrifft, bekräftigt und eine weitere Leistungser-bringung durch die AST abgelehnt. Die VST hat daraufhin am 08.04.2017 den öffentlichen Auftrag Separatwachdienst, Em-pfangsdienst, Streifendienst und Revierdienst für öffentliche und zuvor von der AST bewachte Liegenschaften in xxx, xxx, xxx, xxx, xxx und xxx im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union im Wege des offenen Verfahrens europaweit ausgeschrieben

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    (ABl./S. 70, 133092-2017-DE). Nach Ziffer II.1.4) der europaweiten Auftragsbekanntmachung, Ziffer 1.2, 2.3 ff. der in den Vergabeunterlagen befindlichen Leistungsbeschreibung und nach dem gleichfalls in den Vergabeunterlagen befindlichen Entwurf eines Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots waren die ausgeschriebenen Sicherheitsdienstleistungen in sechs Lose unterteilt. Das Los 2 betrifft die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen im Thüringer Landesamt für xxx in xxx, dass Los 4 die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx und das Los 5 die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen in der ehemaligen Erstaufnahmeeinrichtung xxx. Ausweislich der in den Vergabeunterlagen befindlichen Dokumentation Teil 1 -Auswahl der Vergabeart bezüglich der Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen- und der Kostenschätzung Sicherheitsdienstleistungen vom 05.04.2017 hat die VST den Gesamtauftragswert für alle Lose nach § 3 Absätze 1 und 11 Nr. 2 VgV auf xxx Euro (xxx Euro pro Jahr) und auf xxx Euro (xxx pro Jahr) allein für das Los 5 geschätzt. Nach Ziffer II.1.4) der europaweiten Auftragsbekanntmachung und Ziffer C), 5.), des in den Vergabeunterlagen befindlichen Entwurfs eines Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist die Zahl der Lose, für die ein einzelner Bieter ein Angebot einreichen kann, auf drei beschränkt. Für den Fall der Abgabe von mehr als drei Angeboten werden alle Angebote vom Vergabeverfahren ausgeschlossen (sog. Angebotslimitierung). Nach Ziffer II.2.7) der europaweiten Auftragsbekanntmachung und § 3 des in den Ver-gabeunterlagen befindlichen Entwurfs eines Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen soll die Laufzeit des zu vergebenden Vertrages im Hinblick auf das Los 5 am 30.06.2017 be-ginnen und der Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende schriftlich ge-kündigt werden können. Nach Ziffer IV.2.2) der europaweiten Auftragsbekanntmachung und ausweislich des in den Vergabeunterlagen befindlichen Entwurfs einer Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist der Schlusstermin für den Eingang der Angebote der 05.05.2017, 07:00 Uhr. Nach Ziffer VI.3), 4. Spiegelstrich, der europaweiten Auftragsbekanntmachung und Ziffer B), 2.1, C), des in den Vergabeunterlagen befindlichen Entwurfs eines Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots hat der Bieter eine Eigenerklärung über einen für jedes Los näher bezifferten Mindestjahresumsatz für die Jahre 2014, 2015 und 2016 im Bereich der personellen Sicherheitsdienstleistungen abzugeben, der für das Los 2 xxx Mio. Euro, für das Los 4 xxx Mio. Euro und für das Los xxx Euro beträgt. Der in den Vergabeunterlagen befindliche Entwurf eines Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots hatte als Zuschlagsfrist einheitlich den 01.09.2017 vorgesehen. Auf die Rüge des AST vom 10.04.2017 hat die VST ausweislich des in den Vergabeunter-lagen befindlichen Entwurfs eines Schreibens zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots - 1. Änderung die Zuschlagsfrist losweise festgelegt; als Zuschlagsfrist für das Los 5 war nunmehr der 30.06.2017 vorgesehen. Ausweislich der im vorliegenden Nachprüfungsverfahren eingereichten Vergabeakten hat die AST unter dem 02.05.2017 jeweils ein gesondertes Angebot für die Lose 2, 4 und 5 bei der VST abgegeben. Der Vergabevermerk gemäß § 8 VgV -Vergabeempfehlung- der VST vom 05.05.2017 weist unter anderem die AST als Bieterin in den Losen 2, 4 und 5 aus. Das Dokument schildert auf Seite 11 f. aus Sicht der VST nochmals ausführlich die Vorkommnisse in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 08.03.2017 und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Leistungen dort nicht vertragsgemäß erbracht worden seien. Der Vertrag über Sicher-heitsdienstleistungen für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx sei daher am 09.03.2017 außerordentlich gekündigt worden. Die außerordentliche Kündigung aufgrund der Vor-kommnisse am 08.03.2017 beinhalte eine vorzeitige außerordentliche Beendigung dieses

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    Vertrages. Die dargelegten Umstände und der Umfang der Missachtung der vertraglichen Vereinbarungen hätten das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der AST zerstört. Die AST zeige keine Einsicht in das Vorliegen ihres Fehlverhaltens. Die AST habe keine Maß-nahmen zur Wiederherstellung ihrer Integrität bzw. keine Maßnahmen ergriffen, die dazu führten, dass sich das vorgefallene Fehlverhalten höchstwahrscheinlich nicht wiederholen werde. Die ordnungsgemäße, sorgfältige und gesetzestreue sowie vor allem vertragsge-rechte Auftragsausführung sei somit auch für die Zukunft bzw. den hier ausgeschriebenen Auftrag nicht zu erwarten. Auch in anderen Bewachungsobjekten -Behördenzentrum xxx- sei es immer wieder zur mangelhaften Leistungserbringung der AST gekommen, die zur Androhung der außerordentlichen Kündigung geführt habe. Das Angebot der AST sei daher gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszu-schließen. Die VST hat der AST im Rahmen einer Bieterinformation unter dem 07.06.2017 mitgeteilt, dass ihr Angebot auf das Los 2 nicht berücksichtigt werden könne. Auf Grund eines Ver-stoßes gegen ihre vertraglichen Pflichten hinsichtlich des Vertrages über Sicherheits-dienstleistungen für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx sei es zur vorzeitigen außerordent-lichen Beendigung des Vertrages gekommen. Ihr Angebot werde daher gemäß § 124 Ab-satz 1 Nr. 7 GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen. Des Weiteren lägen auch wirtschaftlich günstigere Angebote vor. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der ßßß Sicherheitsservice GmbH aus ßßßßß zu erteilen. Die VST hat der AST im Rahmen einer weiteren Bieterinformation unter dem 07.06.2017 mitgeteilt, dass auch ihr Angebot auf das Los 5 nicht berücksichtigt werden könne. Auch insofern hat die VST mitgeteilt, dass auf Grund eines Verstoßes der AST gegen ihre ver-traglichen Pflichten hinsichtlich des Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen für die Erst-aufnahmeeinrichtung xxx es zur vorzeitigen außerordentlichen Beendigung des Vertrages gekommen sei. Das Angebot der AST werde daher gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der PPP aus ppp/Niederlassung ppp in ppp zu erteilen. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST hat mit Schreiben/Telefax vom 09.06.2017 gegen-über der VST den unter dem 07.06.2017 erklärten und auf § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB ge-stützten Ausschluss der AST von dem die Lose 2 und 5 betreffenden Vergabeverfahren ge-rügt. Nach Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten der AST hat diese nicht im Sinne des § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB die Anforderungen bei der Ausführung des öffentlichen Auftrages bezüglich der Sicherheitsdienstleistungen in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt und dies hat auch nicht zu einer vorzeitigen Be-endigung, zu Schadenersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt. Der Aus-schluss sei nicht begründet, da die außerordentliche Kündigung des Vertrages über Sicher-heitsdienstleistungen für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx ohne Grund erfolgt sei und diese einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten werde. Die AST habe zudem der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung unter dem 30.03.2017 widersprochen. Des Weiteren habe der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des Ermessens zu entscheiden, ob aufgrund des Fehlverhaltens des Unternehmens, das einen fakultativen Ausschlussgrund nach § 124 GWB begründe, die Zuverlässigkeit des Unternehmens zu verneinen sei. Es handele sich um eine Prognose dahingehend, ob von dem Unternehmen trotz des Vor-liegens eines fakultativen Ausschlussgrundes im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten sei, dass es den öffentlichen Auftrag gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführe. Dabei sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Zunächst sei festzustellen, dass es an einem schwerwiegenden beruflichen Fehlverhalten der AST fehle, so dass ein Ausschluss nach § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB grundsätzlich ausscheide. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB sei im Rahmen der Ermessensausübung durch den öffentlichen Auftraggeber die Prognose abzugeben, ob im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten sei, dass das Unternehmen den Auftrag gesetzes-treu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde. Der VST sei sehr wohl bekannt, dass die AST noch zahlreiche weitere Aufträge in Thüringen und in anderen Bundesländern

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    ordnungsgemäß und gesetzestreu ausführe. Die ordnungsgemäße Ausführung der Auf-träge sei der VST bereits durch die laufenden Verträge bekannt und damit auch nach-gewiesen. Den Angebotsunterlagen sei eine entsprechende Referenzliste beigefügt gewesen. Die VST habe mit Schreiben vom 16.06.2014 ausdrücklich bestätigt, dass die AST ihre Arbeiten stets ordnungsgemäß ausführe. Die ordnungsgemäße Auftragsaus-führung sei von der VST auch in den noch betriebenen Objekten durchaus nachvollziehbar und überprüfbar. Es sei nicht erkennbar, wie die VST zu der Annahme gelange, dass die AST in der Zukunft nicht in der Lage sei, die Aufträge gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig auszuführen. Es sei nicht zu erwarten, dass die AST in der Zukunft nicht in der Lage sei, ihren vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen. Eine ne-gative Prognose werde von der VST nicht begründet. Mit dem Ausschluss vom Vergabe-verfahren werde die AST erheblich in ihren Rechten verletzt. Der Verfahrensbevoll-mächtigte der AST hat die VST abschließend unter Fristsetzung zum 13.06.2017 und unter Androhung der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens aufgefordert, den Ausschluss der AST von der Vergabe aufzuheben und die Angebote der AST bei der Vergabe zu berück-sichtigen. Die VST hat dem Verfahrensbevollmächtigten der AST mit Schreiben vom 13.06.2017 mit-geteilt, dass seiner unter dem 09.06.2017 erhobenen Rüge des Ausschlusses der AST vom Vergabeverfahren im Hinblick auf die Lose 2 und 5 nicht abgeholfen werde. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der AST daraufhin mit Schreiben/Telefax vom 15.06.2017 bei der Vergabekammer einen ersten Nachprüfungsantrag gestellt hat, bei dem aber unklar gewesen ist, ob er sich gegen einen Ausschluss der AST vom Vergabever-fahren im Hinblick auf das Los 2 oder Los 5 oder beide Lose richtet, hat der Verfahrensbe-vollmächtigte der AST auf einen Hinweis der Vergabekammer vom 16.06.2017 hin mit Schreiben/Telefax vom 16.06.2017 bei der Vergabekammer einen zweiten Nachprüfungs-antrag gestellt, der sich ausschließlich gegen einen Ausschluss der AST vom Vergabever-fahren im Hinblick auf das Los 5 richtet. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST beantragt,

    1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 160 ff. GWB, 2. festzustellen, dass die AST mit Ausschluss ihres Angebotes vom 02.05.2017 auf

    das Los 5 in ihren Rechten verletzt ist, und die VST zu verpflichten, den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebotes der AST vom 02.05.2017 zu erteilen,

    3. der AST Einsicht in die Vergabeunterlagen zu gewähren, 4. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der AST für notwendig zu

    erklären, 5. hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung

    des Zuschlags, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat,

    6. der VST die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST hat zur Begründung des Nachprüfungsantrages im Wesentlichen den Inhalt seiner Rüge vom 09.06.2017 wiederholt und vertieft. Des Weiteren hat er in einem Begleitschreiben zum Nachprüfungsantrag vom 16.06.2017 sein Einver-ständnis mit einer Entscheidung der Vergabekammer ohne vorherige Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt. Die Vergabekammer hat unter dem 16.06.2017 der VST den Nachprüfungsantrag der AST 16.06.2017 übersendet sowie um die Übersendung der Vergabeakte bis zum 21.06.2017 und um Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag bis zum 23.06.2017 gebeten. Die AST hat auf Anforderung der Vergabekammer vom 19.06.2017 einen Kostenvorschuss in Höhe der Mindestgebühr von xxx Euro entrichtet. Die VST hat am 21.06.2017 der Vergabekammer die Vergabeakte sowie eine auf den 21.06.2017 datierte Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag der AST übergeben. Die VST hat in ihrer Stellungnahme vom 21.06.2017 aus ihrer Sicht die Vorkommnisse am

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    08.06.2017 ausführlich dargelegt. Sie führt insbesondere aus, dass die AST weder den Ein-satz eines Nachunternehmers noch neuen Personals angezeigt habe. Die beiden vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeiter seien keine Mitarbeiter der AST gewesen, sie hätten keine Dienstkleidung getragen und keinen Dienstausweis vorweisen können. Damit seien die Leistungen nicht bzw. nicht vertragsgemäß erbracht worden. Der Vertrag über Sicher-heitsdienstleistungen für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx sei daher am 09.03.2017 außerordentlich gekündigt worden. Die dargelegten Umstände und der Umfang der Miss-achtung der vertraglichen Vereinbarungen hätten das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Bieters zerstört. Wie dem Nachprüfungsantrag der AST zu entnehmen sei, zeige die AST keine Einsicht in das Vorliegen ihres schwerwiegenden Fehlverhaltens. Die AST habe keine Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Integrität bzw. keine Maßnahmen ergriffen, die dazu führten, dass sich das vorgefallene Fehlverhalten höchstwahrscheinlich nicht wiederholen werde. Die ordnungsgemäße, sorgfältige und gesetzestreue sowie vor allem vertragsgerechte Auftragsausführung sei somit auch für die Zukunft bzw. den hier ausge-schriebenen Auftrag nicht zu erwarten. Entgegen der Ausführungen der AST sei es auch in anderen Bewachungsobjekten (Behördenzentrum xxx) immer wieder zur mangelhaften Leistungserbringung der AST gekommen, die zu Rechnungskürzungen und zur Androhung der außerordentlichen Kündigung geführt hätten. Das Angebot der AST für das Los 5 sei daher gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszu-schließen gewesen. Die VST hat in ihrem Schreiben vom 21.06.2017 abschließend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Vergabekammer verzichtet. Die Vergabekammer hat dem Verfahrensbevollmächtigten der AST antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten der VST gewährt, indem sie unter dem 23.06.2017 auf fernmündlichen Wunsch hin bestimmte Auszüge aus den Vergabeakten in Kopie an den Verfahrensbevoll-mächtigten der AST übersendet hat; die Übersendung der Auszüge aus den Vergabeakten in Kopie erfolgte jedoch nur soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. Des Weiteren hat die Vergabekammer dem Verfahrensbevollmächtigten der AST auf dessen fernmündlichen Wunsch hin die Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Einlassung der VST vom 21.06.2016 bis zum Freitag, den 07.07.2017, eingeräumt. Die Vergabekammer hat unter dem 23.06.2017 die Beiladung der ZZZ Sicherheitsdienste GmbH beschlossen. Die Vergabekammer hat die BEI mit einem Schreiben vom 23.06.2017 über diesen Beschluss informiert und sie zugleich unter Fristsetzung zum 30.06.2017 zur Erklärung aufgefordert, ob sie einem Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung zustimme. Die BEI hat dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung mit einem an die Vergabekammer gerichteten Telefax vom 26.06.2017 zugestimmt. Auf Nachfrage der Vergabekammer vom 29.06.2017 hat die VST mit E-Mail vom 03.07.2017 unter anderem mitgeteilt, dass nach Ziffer 2.5 der Leistungsbeschreibung des unter anderem die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vergabe-verfahrens der Auftragnehmer den Empfangs- und Streifendienst mit zwei Sicherheitsmit-arbeitern durchzuführen habe. Das vorgesehene Personal dürfe erst nach Vorlage der ge-forderten Unterlagen zur Zuverlässigkeit und Qualifikation und nach Zustimmung durch den Auftraggeber eingesetzt werden. Nach Ziffer 11. der Bewerbungsbedingungen und er-gänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A des unter anderem die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vergabeverfahrens sei der nachträgliche Nachunternehmereinsatz durch die AST bei der VST anzuzeigen und deren Zustimmung einzuholen. Die AST habe weder in ihrem Angebot einen Nachunter-nehmereinsatz angezeigt noch nachträglich einen solchen beantragt. Die VST habe den Nachunternehmereinsatz durch die AST entgegen deren Behauptung weder gekannt noch geduldet. Da die beiden am 08.03.2017 in der Erstaufnahmeeinrichtung angetroffenen Personen weder als Personal der AST noch als deren Nachunternehmer angezeigt ge-wesen seien, liege ein Verstoß gegen sämtliche vertragliche Pflichten zum Personaleinsatz vor. Selbst der von der AST eingesetzte Objektleiter habe die vor Ort angetroffenen Personen nicht gekannt. Die vertraglich geschuldete Leistung sei somit überhaupt nicht er-bracht worden, da keine der geforderten zwei Sicherheitsmitarbeiter vor Ort gewesen seien. Der im November 2016 festgestellte Verstoß betreffe insofern den gleichen Sachverhalt.

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    Dort sei die Einrichtung nur mit einem statt der geforderten zwei Sicherheitsmitarbeiter be-wacht worden. Insoweit sei aufgrund des wiederholten Verstoßes die außerordentliche Kündigung auszusprechen gewesen. Auf Nachfrage der Vergabekammer vom 30.06.2017 hat die AST mit E-Mail vom 03.07.2017 unter anderem mitgeteilt, dass sie grundsätzlich keine Nachunternehmer ein-setze. Für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx habe aber von Anfang an die Absicht be-standen, in personellen Notsituationen die Firma QQQ des Herrn xxx als Reserve einzubeziehen. Mit Schreiben vom 20.06.2016 habe die AST diese Absicht auch der VST mitgeteilt. Herr xxx sei der VST anlässlich der Übernahme der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 01.07.2016 auch vorgestellt worden. Die VST habe dabei auch die Sicherheitsbelehrung der anwesenden Mitarbeiter durchgeführt. Die AST habe in der weiteren Folge alle Mitarbeiter der Firma QQQ an die VST gemeldet. Nachweislich handele es sich dabei um Herrn xxx, Herrn xxx, Herrn xxx und Herrn xxx. Nach dem Verbot durch die VST, Herrn xxx nicht mehr im Objekt einsetzen zu dürfen, sei die Nachmeldung eines weiteren Mitarbeiters -Herr xxx- erfolgt. Alle Zuverlässigkeitsbescheinigungen durch das zuständige Gewerbeamt der Stadtverwaltung xxx seien der VST zugesendet worden. Am 10.11.2016 hätten sich Herr xxx und Herr xxx im Dienst in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx befunden. Herr xxx sei kurzfristig ca. vierzig Minuten abwesend gewesen, um sich Verpflegung zu besorgen. Die AST habe der VST dafür auch eine Stunde weniger in Rechnung gestellt. Nach Auffassung der AST sei es völlig überzogen gewesen, dass der AST durch die VST wegen dieses Sachverhaltes sogleich die außerordentliche Kündigung angedroht worden sei. Die Erstaufnahmeeinrichtung xxx sei von Vertragsbeginn an ein leerstehendes, nicht belegtes Gebäude gewesen. Am 08.03.2017 seien laut Dienstplan Frau xxx (AST) und Herr xxx (Firma QQQ) zum Dienst in der Erstaufnahmeeinrichtung eingeplant gewesen. Durch den Ausfall von Frau xxx sei die Bitte an Herrn xxx erfolgt, einen Ersatzmitarbeiter -wenn möglich Herr xxx- in das Objekt zu schicken. In der Einsatzzentrale der AST hätten sich dann Herr xxx und Herr xxx angemeldet. Die AST sei der festen Überzeugung gewesen, dass es sich bei den Mitarbeitern, die sich zum Dienst angemeldet hatten, um die betreffenden zugelassenen und überprüften Personen handeln würde. Die Feststellung vor Ort am 08.03.2017, dass gar nicht die betreffenden Personen vor Ort gewesen waren, sei auch für die AST überraschend und völlig unverständlich gewesen. Nach dieser Sachlage habe die AST jede Verbindung zur Firma QQQ abgebrochen und bereits rechtliche Schritte gegen diese eingeleitet. Der E-Mail der AST vom 03.07.2017 waren an die AST gerichtete Bestätigungen der Stadtverwaltung xxx, Untere Gewerbebehörde, zur Beschäftigung im Bewachungsgewerbe im Hinblick auf Herrn xxx, Herrn xxx, Herrn xxx, Herrn xxx und Herrn xxx vom 16.09.2016, 19.09.2016 und 15.11.2016 in Kopie beigefügt. Der E-Mail der AST vom 03.07.2017 war auch das erwähnte Schreiben der AST an die VST vom 20.06.2016 in Kopie beigefügt. In diesem Schreiben bringt die AST zum Ausdruck, dass sie die Absicherung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx selbstverständlich durch eigenes Personal gewährleisten wolle. In der Urlaubszeit und bei krankheitsbedingten Ausfällen könnten jedoch personelle Engpässe in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx entstehen. In diesem Fall beabsichtige die AST, ihren Kooperationspartner -die Firma QQQ des Herrn xxx- zu beauftragen. Die gewerberechtlichen Voraussetzungen dieser Firma für die Bewachung seien durch die AST hinreichend geprüft worden. Die AST werde selbstverständlich alle behördlichen Forderungen einhalten und der VST die entsprechenden Ausbildungsnachweise und Zuverlässigkeitsbescheinigungen der betreffenden Mitarbeiter dieser Firma zukommen lassen. Die VST hat mit Schreiben/Telefax vom 06.07.2017 mitgeteilt, dass ihr das Schreiben der AST vom 20.06.2016 nicht zugegangen sei. Die AST habe zu keinem Zeitpunkt den Ein-satz eines Nachunternehmers beantragt. Die AST habe Unterlage zum eingesetzten Personal vorgelegt. Die AST habe mit E-Mail vom 24.06.2016 Schreiben der AST an das Gewerbeamt der Stadt xxx über die Meldung ihrer Mitarbeiter gemäß § 9 der Bewachungsverordnung vorgelegt. Nach § 9 Absatz 2 der Bewachungsverordnung habe der Gewerbetreibende die Personen, die er beschäftigen wolle, vor der Beschäftigung mit Bewachungsaufgaben der zuständigen Behörde zu melden. Das heiße, dass die AST

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    ausschließlich eigene Mitarbeiter beim zuständigen Gewerbeamt der Stadt xxx anmelden könne. Auch die bei der VST vorgelegten Bestätigungen des Gewerbeamtes seien alle an das beschäftigende Unternehmen -die AST- gerichtet gewesen. Die ebenfalls eingereichten Datenschutzbelehrungen der Mitarbeiter xxx, xxx, xxx und xxx würden die AST als Arbeitgeberin ausweisen, so zum einen durch den Briefkopf als auch durch den Text „Sehr geehrter Herr xxx, aufgrund Ihrer Aufgabenstellung in unserem Unternehmen … Ihre sich ggf. aus dem Arbeits- bzw. Dienstvertrag ergebende allgemeine …“ Aus allen vorgelegten Unterlagen sei die AST als Arbeitgeberin der benannten Mitarbeiter ersichtlich. Insofern sei für die VST in keiner Weise erkennbar gewesen, dass es sich ggf. um Personal eines potentiellen Nachunternehmers handele. Die AST habe jedenfalls in eklatanter Weise ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzt. Die beiden am 08.03.2017 vor Ort angetroffenen Personen seien weder als Mitarbeiter der AST noch als die eines potentiellen Nachunternehmers angezeigt und bestätigt gewesen. Damit sei die Liegenschaft nicht vertragsgerecht bewacht worden, so dass die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht worden sei. In diesem Zusammenhang spiele es auch keine Rolle, dass es sich um ein leeres Gebäude handele. Die AST sei verpflichtet gewesen, die vertraglich vereinbarte Leistung, nämlich die Bewachung des Objektes mit zwei Mitarbeitern vierundzwanzig Stunden täglich sicherzustellen. Dies sei unstreitig sowohl im November 2016 auch im März 2017 nicht erfolgt. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST hat mit Schreiben/Telefax vom 07.07.2017 mitge-teilt, dass die AST ihre Bewachungsleistung am 08.03.2017 entgegen der Auffassung der VST erbracht habe, da zwei Mitarbeiter vor Ort das Objekt abgesichert hätten. Entgegen der Auffassung der VST sei es von Bedeutung, dass es sich bei der Erstaufnahmeein-richtung xxx um ein leerstehendes Objekt handele. Die Forderung der einheitlichen Dienstkleidung und des sichtbaren Dienstausweises mit Namen und Lichtbild seien auf den geplanten Publikumsverkehr in der Einrichtung ausgelegt gewesen. Damit sollten für die Mitarbeiter der Einrichtung und für die Flüchtlinge nach außen hin deutlich erkennbar sein, dass es sich um Wachpersonal handele. Diese Funktion sei bei einem leerstehenden Ob-jekt, welches gegen das unbefugte Eindringen von Dritten abgesichert werde, nicht zwingend notwendig. Ein Verstoß gegen diese Auflagen sei nicht als so schwerwiegend und nachhaltig anzusehen, dass dieser einen Ausschluss der AST bei zukünftigen Ver-gabeverfahren rechtfertigen könne. Auch die Tatsache, dass die eingesetzten Mitarbeiter zuvor nicht gemeldet gewesen seien, rechtfertige keinen Ausschluss bei dem vorliegenden und zukünftigen Vergabeverfahren. Die AST bestreitet, dass es sich bei einem der einge-setzten Sicherheitsmitarbeiter um eine Person handeln solle, die einschlägig vorbestraft sei und erst kurz zuvor aus dem Justizvollzug entlassen worden sei. Die VST habe hierzu keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Der Umstand, dass die eingesetzten Mitar-beiter nicht zuvor bei der VST gemeldet und geprüft worden seien, könne zwar einen Ver-tragsverstoß darstellen, der jedoch nicht so schwerwiegend sei, dass dieser eine außer-ordentliche Kündigung des Auftragsverhältnisses rechtfertige und auch keinen Ausschluss der AST bei zukünftigen Vergabeverfahren begründe. Der VST sei bereits mit Schreiben vom 20.06.2016 angezeigt worden, dass bei personellen Engpässen auf Mitarbeiter der Firma QQQ, Inhaber xxx, zurückgegriffen werde. Die Mitarbeiter seien vor dem Einsatz von der AST angemeldet und auch von der Stadtverwaltung xxx hinsichtlich des Einsatzes im Bewachungsgewerbe geprüft worden. Lediglich die am 08.03.2017 eingesetzten Mitarbeiter hätten zuvor nicht angemeldet und geprüft werden können, da diese von Herr xxx ohne vorherige Ankündigung eingesetzt worden seien. Herr xxx habe den Einsatz im Nachgang gegenüber der AST damit begründet, dass die Mitarbeiter xxx und xxx aufgrund einer Fahrzeugpanne den Einsatzort nicht rechtzeitig erreicht hätten und er daher die zuvor nicht für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx gemeldeten Mitarbeiter eingesetzt habe. Er habe dabei Wert auf die Absicherung des Objektes gelegt. Die VST missachte mit ihrer Ausschlussentscheidung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der VST sei bekannt, dass die AST seit Jahren ihre Leistungen für die VST in vielen Einrichtungen der VST beanstandungsfrei und vertragsgerecht erfüllt habe. Mit Rücksicht darauf seien die Vorkommnisse vom 08.03.2017 nicht geeignet, von einer grundsätzlichen Unzuverlässigkeit der AST auszugehen. Es handele sich dabei nur um einen einmaligen Verstoß, der die AST dazu veranlasst habe, sämtliche Vertragsbeziehungen mit der Firma

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    QQQ abzubrechen und ausschließlich eigenes Personal einzusetzen. Entgegen der Darlegung der VST habe die AST Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Integrität eingeleitet. Die AST habe unmittelbar nach Kenntniserlangung die Kooperation mit der Firma QQQ beendet. Durch den zuständigen Bereichsleiter Herrn xxx sei am 08.03.2017 sofort erklärt worden, dass keine Nachunternehmer und andere Personen mehr eingesetzt würden. Bei sämtlichen anderen Objekten würden ausschließlich Mitarbeiter der AST eingesetzt werden, so dass keine Wiederholungsgefahr bestehe. Darüber hinaus werde die AST in Zukunft weder Kooperationen eingehen noch Subunternehmer in Auftrag nehmen. Die vertragsgerechte Bewachung der anderen Liegenschaften der VST beweise, dass eine ordnungsgemäße, sorgfältige und gesetzestreue sowie vertragsgerechte Ausführung durch die AST in Zukunft zu erwarten sei. Soweit die VST im Schriftsatz vom 06.07.2017 darlege, dass es nicht darauf ankomme, ob ein Nachunternehmereinsatz vorliege, werde dem zugestimmt. Die AST widerspreche jedoch der Darlegung der VST, dass die Liegenschaft nicht vertragsgemäß bewacht worden sei. Diese sei durch zwei Sicherheitsmitarbeiter bewacht worden. Die unterbliebene Anmeldung dieser Mitarbeiter könne eine Verletzung von Nebenpflichten darstellen, die Hauptpflicht der Bewachung sei jedoch erfüllt worden. Durch die Entsendung der Mitarbeiter der Firma QQQ habe die Bewachung des Objektes sichergestellt werden können. Die Behauptung der VST, in anderen Bewachungsobjekten -insbesondere im Behördenzentrum xxx- sei es immer wieder zu einer (nachhaltig) mangelhaften Leistungserbringung durch die AST gekommen, sei falsch. Die AST habe dort auf Mängelanzeigen der VST jeweils unverzüglich reagiert. Die AST habe der VST zudem mit Schreiben vom 12.07.2016 mitgeteilt, dass der zuständige Leiter des Objektes disziplinarisch zur Verantwortung gezogen worden sei. Die VST könne daher nicht behaupten, dass die AST ihre Leistungen immer wieder mangelhaft erbringe. Da es sich bei den aufgetretenen Mängeln um ausschließlich personelle Leistungen handele, die im Wachdienst zu erbringen seien, sei aber ein menschliches Versagen grundsätzlich nie auszuschließen. Die AST habe durch die Verstärkung der Kontrollen und Schulungen ihrer Mitarbeiter geeignete Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung von Fehlern ergriffen. Der Ausschluss der AST sei im vorliegenden Vergabeverfahren unverhältnismäßig und daher rechtswidrig. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST beantragt abschließend unter Hinweis auf die Bedeutung der Angelegenheit hinsichtlich des Ausschlusses vom vorliegenden und damit auch verbundenen zukünftigen Vergabeverfahren nunmehr die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Vergabekammer nimmt ergänzend Bezug auf die ausgetauschten Schriftsätze, E-Mails, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten der VST.

    II. 1. Zulässigkeit Der Nachprüfungsantrag der AST vom 16.06.2017 ist, sofern er den noch im Raum stehenden Ausschluss der AST vom Vergabeverfahren im Hinblick auf das Los 5 betrifft, zulässig. a) Die Vergabekammer ist für das Nachprüfungsverfahren gemäß den §§ 155, 156 Absatz 1, 2. HS, 158 Absatz 2 und 159 Absatz 3 Satz 1 GWB in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Satz 1 ThürVkVO sachlich und örtlich zuständig.

    • Die VST ist öffentliche Auftraggeberin nach den §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. • Bei dem zu vergebenden Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen im Hinblick auf

    das Los 5 handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von §§ 103 Absätze 1 und 4, 156 Absatz 1 GWB und Artikel 2 Absatz 1 Nrn. 5 und 9 und Artikel 74 der Richtlinie 2014/24/EU in Verbindung mit Anhang XIV zu Artikel 74 der Richt-linie 2014/24/EU.

    • Die von der VST ausweislich der Dokumentation Teil 1 -Auswahl der Vergabeart bezüglich der Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen- und der Kostenschätzung vom 05.04.2017 veranschlagten und vorliegend nach § 3 Absätze 7 Sätze 1 und 3.

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    11 Nr. 2 VgV maßgeblichen Gesamtkosten für alle sechs Lose in Höhe von xxx Euro übersteigen den für die ausgeschriebenen Sicherheitsdienstleistungen nach § 106 Absätze 1 und 2 Nr. 1 GWB in Verbindung mit Artikel 4 lit. d) der Richtlinie 2014/24/EU geltende Schwellenwert in Höhe von 750.000,00 Euro deutlich.

    b) Die AST hat gemäß den §§ 160 Absatz 1, 161 GWB einen ordnungsgemäßen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens innerhalb der in § 160 Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 GWB geltenden Frist gestellt. c) Die AST ist gemäß § 160 Absatz 2 GWB antragsbefugt. Nach dieser Bestimmung ist antragsbefugt jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung von Vergabevor-schriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. aa) Die AST hat ein Interesse an dem zu vergebenden Vertrag über Sicherheitsdienstleis-tungen im Hinblick auf das Los 5. Das Interesse liegt in der Regel vor, wenn der Bieter vor Stellung des Nachprüfungsan-trages am Vergabeverfahren durch Abgabe eines eigenen Angebots teilgenommen und einen Vergabeverstoß ordnungsgemäß gerügt hat. Die AST hat vorliegend unter dem 02.05.2017 unter anderem für das Los 5 ein Angebot bei der VST abgegeben und insofern unter dem 09.06.2017 den am 07.06.2017 erklärten Ausschluss der AST vom Vergabever-fahren als vergaberechtswidrig gerügt. bb) Die AST hat eine Verletzung in ihren eigenen Rechten nach § 97 Absatz 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, indem sie dargelegt hat, dass sie zu Unrecht von dem Vergabeverfahren im Hinblick auf das Los 5 ausgeschlossen werde. Insofern kommt insbesondere ein Verstoß gegen § 97 Absatz 1 Satz 1 GWB (Wettbewerbsgrundsatz) und § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB (Fakultative Ausschlussgründe –erheblich mangelhafte Erfüllung eines früheren öffentlichen Auftrags) in Betracht (vgl. hierzu unten). cc) Die AST hat einen drohenden Schaden dargelegt. Der drohende Schaden ergibt sich vorliegend aus dem drohenden Zuschlag für das Los 5 an die BEI und mithin dem dadurch der AST entgehenden Auftrag. d) Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages steht auch kein zwischenzeitlich erteilter Zu-schlag nach § 168 Absatz 2 GWB entgegen. e) Die AST hat auch nicht gegen eine ihrer Rügeobliegenheiten nach § 160 Absatz 3 Satz 1 GWB verstoßen. Die VST hat der AST im Rahmen einer Bieterinformation unter dem 07.06.2017 mitgeteilt, dass ihr Angebot auf das Los 5 nicht berücksichtigt werden könne, da sie auch insofern gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB von der Teilnahme am Vergabe-verfahren ausgeschlossen werde. Die AST hat mit Schreiben/Telefax vom 09.06.2017 unter anderem diesen Ausschluss vom Vergabeverfahren gegenüber der VST gerügt. Damit liegt insbesondere kein Verstoß gegen § 160 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 GWB vor. Nach dieser Bestimmung ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungs-antrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat.

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    Die Verfahrensbeteiligten haben auf Vorschlag der Vergabekammer unter dem 16.06.2017, 21.06.2017 und 26.06.2016 schriftlich dem von der Vergabekammer vorgeschlagenen Ver-zicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zugestimmt, so dass die Vergabekammer nach § 166 Absatz 1 Satz 3 GWB über den Nachprüfungsantrag der AST nach Lage der Akten entscheiden durfte. Der Verfahrensbevollmächtigte der AST hat zwar seine Zustimmung mit Schreiben/Telefax vom 07.07.2017 konkludent widerrufen, indem er nunmehr die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat. Nach allgemeiner Auffassung ist jedoch die erklärte Zustimmung grundsätzlich unwiderruflich (Müller-Wrede, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2016, § 166, Rdn. 25; Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., 2016, § 166, Rdn. 19). Nach Auffassung von Gröning (in Burgi/Dreher, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., 2017, § 166, Rdn. 24) soll in Analogie zu § 128 Absatz 2 ZPO die Zustimmung bei einer wesentlichen Änderung der Verfahrenslage widerruflich sein. Nach Auffassung der Vergabekammer ist dies vorliegend nicht anzunehmen, da insbesondere der Verfahrensbevollmächtigte der AST unter dem 07.07.2017 keinen neuen Sach- und Rechtsvortrag getätigt hat, der eine andere Beurteilung rechtfertigen würde. 2. Begründetheit Der Nachprüfungsantrag der AST vom 16.06.2017 ist unbegründet. Die VST hat die AST rechtmäßig von dem Vergabeverfahren im Hinblick auf das Los 5 ausgeschlossen. Die VST hat insofern insbesondere nicht gegen § 97 Absatz 1 Satz 1 GWB (Wettbewerbsgrundsatz) und § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB (Fakultative Ausschluss-gründe - erheblich mangelhafte Erfüllung eines früheren öffentlichen Auftrags) verstoßen. Nach § 97 Absatz 1 Satz 1 GWB sind öffentliche Aufträge im Wettbewerb zu vergeben. Nach § 122 Absatz 1 GWB werden öffentliche Aufträge an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 GWB ausge-schlossen worden sind. Nach § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB können öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadenersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. Nach Auffassung der Vergabekammer hat die AST eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung des die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 erheblich mangelhaft erfüllt und dies hat zu einer vorzeitigen Beendigung dieses Vertragsverhältnisses im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB geführt. Ausweislich der Vergabeakte hat die VST am 10.11.2016 eine Vor-Ort-Kontrolle in der Erst-aufnahmeeinrichtung xxx durchgeführt. Für die Bewachung der Einrichtung waren zwei Sicherheitsmitarbeiter der AST vorgesehen. Die VST hat jedoch nur einen Sicherheitsmit-arbeiter -Herrn xxx (Firma QQQ)- angetroffen. Bei dem abwesenden Sicherheitsmitarbeiter hat es sich nach den vor Ort getroffenen Feststellungen der VST um Herrn xxx gehandelt, der Inhaber der Firma QQQ ist. Die VST hat der AST daraufhin mit Schreiben und E-Mail vom jeweils 11.11.2016 für den Fall einer erneuten Vertragsverletzung die außerordentliche Kündigung des Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 angedroht. Laut Dienstplan/elektronischem Wachbuch hätten am 08.03.2017 Herr xxx (Firma QQQ) und Frau xxx (AST) ihren Bewachungsdienst in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx verrichten sollen. Frau xxx konnte jedoch an diesem Tag nicht zum Dienst antreten. Die AST hat sich dann kurzfristig an die Firma QQQ gewandt, um die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx personell absichern zu können. Es sollten dann wiederum

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    Herr xxx und nunmehr Herr xxx (Firma QQQ) die Einrichtung bewachen. Es ist dann am 08.03.2017 zu einer Vor-Ort-Kontrolle der VST in der Einrichtung gekommen, an der ein Vertreter der AST teilgenommen hat. Es war zunächst nicht möglich, die Identität der beiden angetroffenen Sicherheitsmitarbeiter zu ermitteln. Auch dem Vertreter der AST war die Identität der beiden Mitarbeiter nicht bekannt. Die beiden Mitarbeiter haben nur zum Teil Dienstkleidung getragen; sie haben keine Dienstausweise vorweisen können. Die VST hat daraufhin die Polizei benachrichtigt, die dann vor Ort die Identität der Mitarbeiter festgestellt hat. Es hat sich bei den beiden Mitarbeitern um Herrn xxx und Herrn xxx gehandelt, die beide Mitarbeiter der Firma QQQ sind. Die VST hat diese Vorkommnisse vom 08.03.2017 zum Anlass genommen, gegenüber der AST mit Schreiben/Telefax vom 09.03.2017 die außerordentliche Kündigung des der Bewachung der Einrichtung xxx zugrunde liegenden Vertrages über Sicherheitsdienst-leistungen vom 30.05./13.06.2016 auszusprechen. Nach Auffassung der Vergabekammer stellen die dargelegten Vorkommnisse vom 10.11.2016 und 08.03.2017 einen wiederholten Fall eines unberechtigten Nachunter-nehmereinsatzes dar. Nach Ziffer 11. lit. a) und c) der Bewerbungsbedingungen und ergänzenden Vertrags-bedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A des unter anderem die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vergabeverfahrens ist die Weitergabe der Leistungen an Nachunternehmer ausdrücklich zugelassen; allerdings bedarf die nachträg-liche Einschaltung oder der Wechsel eines Nachunternehmers der Zustimmung der VST. Nach Ziffer 11. lit. d) (7) der entsprechenden Bewerbungsbedingungen und ergänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A ist der Bieter bei Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer verpflichtet, dem Auftraggeber rechtzeitig vor der be-absichtigten Übertragung Art und Umfang der Leistung sowie Namen und Anschrift des hierzu vorgesehenen Nachunternehmers bekannt zu geben. Nach § 2 Absatz 1 des Ver-trages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 sind die vorgenannten Ver-gabeunterlagen Vertragsbestandteile und die entsprechenden Bestimmungen dieser Ver-gabeunterlagen daher bei der Vertragsdurchführung durch die AST zu beachten. Ausweislich der Vergabeakte ist nicht feststellbar, dass die AST den am 10.11.2016 und 08.03.2017 erfolgten Nachunternehmereinsatz bei der VST ordnungsgemäß angezeigt und die VST diesem entsprechend zugestimmt hat. Nach Auskunft der VST hat die AST in ihrem die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Angebot weder einen Nachunternehmereinsatz angezeigt noch nachträglich einen solchen beantragt. Nach eigenem Bekunden hatte die VST auch keine sonstige Kenntnis von einem Nachunter-nehmereinsatz durch die AST und einen solchen auch nicht geduldet. Nach Auffassung der Vergabekammer bestätigen auch die von der AST vorgelegten und an die AST gerichteten Bestätigungen der Stadtverwaltung xxx zur Beschäftigung im Bewachungsgewerbe sowie die weiteren von der VST vorgelegten Schriftstücke, dass die VST davon ausgehen musste, dass es sich bei den am 10.11.2016 und 08.03.2017 vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeitern um Mitarbeiter der AST handelt. Zudem hat die VST umgehend reagiert, als ihr die entsprechenden Vertragspflichtverletzungen bekannt geworden sind. Die VST hat mit E-Mail vom 11.11.2016 zunächst den am 10.11.2016 im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle der Erstaufnahmeeinrichtung xxx festgestellten Einsatz des ihr bekannten und zeitweilig abwesenden Herrn xxx beanstandet. Nachdem der VST unter dem 08.03.2017 unter anderem ein unberechtigter Nachunternehmereinsatz in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx angezeigt worden war, hat sie dort noch am selben Tag eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt, die unter anderem diesen Sachverhalt bestätigt hat, der die VST am 09.03.2017 unter anderem zur außerordentlichen Kündigung des der Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx zugrunde liegenden Vertrages über Sicher-heitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 veranlasst hat. Etwas anderes folgt auch nicht aus der an die Vergabekammer gerichteten E-Mail der AST vom 03.07.2017 sowie aus dem an die VST gerichteten Schreiben der AST vom 20.06.2017, dessen Zugang von der VST bestritten wird. Die AST hat in der E-Mail vom 03.07.2017 mitgeteilt, dass für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx von Anfang an die Absicht bestanden habe, in personellen Notsituationen die Firma QQQ des Herrn xxx als Reserve einzubeziehen, der VST diese Absicht mit Schreiben vom 20.06.2016 auch mitgeteilt worden sei, Herr xxx der VST

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    anlässlich der Übernahme der Erstaufnahmeeinrichtung xxx am 01.07.2016 vorgestellt worden sei und die VST dabei auch die Sicherheitsbelehrung der anwesenden Mitarbeiter durchgeführt habe. Die AST bringt im Schreiben vom 20.06.2016 zum Ausdruck, dass sie die Absicherung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx selbstverständlich durch eigenes Personal gewährleisten wolle, in der Urlaubszeit und bei krankheitsbedingten Ausfällen jedoch personelle Engpässe in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx entstehen könnten und die AST in diesem Fall beabsichtige, ihren Kooperationspartner -die Firma QQQ des Herrn xxx- zu beauftragen. Nach Auffassung der Vergabekammer ersetzt die mit Schreiben vom 20.06.2016 erfolgte bloß pauschale Ankündigung eines Nachunternehmereinsatzes der Firma QQQ in Urlaubszeiten und bei krankheitsbedingten Ausfällen und daraus entstehenden personellen Engpässen nicht die Notwendigkeit einer konkret anlassbezogenen Benachrichtigung der VST von dem geplanten Nachunternehmereinsatz und einer entsprechenden Zustimmung der VST nach näherer Maßgabe der entsprechenden Bewerbungsbedingungen und ergänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A. Die AST hat insofern mit Schreiben vom 20.06.2016 ausdrücklich erklärt, dass sie im Bedarfsfall alle behördlichen Forderungen einhalten werde. Auch der Umstand, dass nach Mitteilung der AST Herr xxx der VST vorgestellt worden sei -nach Mitteilung der VST ist ihr Herr xxx nicht als Nachunternehmer der AST vorgestellt worden- und die VST eine Sicherheitsbelehrung der anwesenden Mitarbeiter vorgenommen habe, bedeutet keine pauschale Duldung oder Zustimmung der VST zu einem Nachunternehmereinsatz der Firma QQQ. Auch das für die VST grundsätzlich einsehbare elektronische Wachbuch gebietet keine andere Betrachtung. In diesem Wachbuch werden einrichtungsbezogen die diensttuenden Sicherheitsmitarbeiter der AST aufgeführt, bei denen es sich im Einzelfall -ohne dass dies im Wachbuch kenntlich gemacht ist- auch um Mitarbeiter der Firma QQQ handeln kann. Die VST konnte aber aufgrund der oben dargelegten Umstände grundsätzlich erwarten, dass die AST eigene Sicherheitsmitarbeiter einsetzt und ihr ein Nachunternehmereinsatz angezeigt wird. Sofern der VST entsprechende Verstöße gegen die Vertragsbestimmungen zum ordnungsge-mäßen Personaleinsatz bekannt geworden sind, ist sie -wie die Vorkommnisse am 10./ 11.2016 und 08./09.2017 belegen- umgehend eingeschritten und hat diese eben nicht ge-duldet. Die AST hat daher am 10.11.2016 und am 08.03.2017 nachweislich in unbe-rechtigter Weise einen Nachunternehmer -die Firma QQQ- mit der Durchführung der Bewachung in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx beauftragt. Der wiederholt aufgetretene, unberechtigte Nachunternehmereinsatz stellt eine erheblich mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Anforderung des die Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB dar. Eine erhebliche mangelhafte Erfüllung im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB liegt vor, wenn die mangelhafte Leistung den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet, es sich mithin nicht um kleinere und leicht behebbare Mängel handelt (OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2017, Az.: 13 Verg 9/16 m.w.N.; Müller-Wrede, a.a.O., § 124, Rdn. 148 m.w.N.). Vorliegend hat eine Anzeige eines ehemals in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx tätig gewesenen Sicherheitsmitarbeiters vom 08.03.2017, die unter anderem einen unberechtigten Nachunternehmereinsatz durch die AST zum Gegenstand hatte, die Vor-Ort-Kontrolle der VST einschließlich Identitätskontrolle der ange-troffenen Sicherheitsmitarbeiter durch die später hinzugerufene Polizei am 08.03.2017 aus-gelöst. Die Polizei hat die vor Ort angetroffenen Sicherheitsmitarbeiter des Grundstückes verwiesen. Die VST hat daraufhin die leerstehende Erstaufnahmeeinrichtung xxx weitestgehend zugeschlossen und in der Folgezeit die notwendige Bewachung durch eine Verstärkung der Hausmeisterrundgänge sichergestellt. Der unberechtigte Nachunter-nehmereinsatz der AST am 08.03.2017 hat die VST bereits aus diesen Gründen in tatsäch-licher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet; es handelt sich insofern nicht bloß um kleinere und leicht behebbare Mängel. Des Weiteren hat der unberechtigte Nachunter-nehmereinsatz der AST am 08.03.2017 die VST am 09.03.2017 zu einer außerordentlichen Kündigung des der Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx zugrunde liegenden Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 veranlasst. Die AST hat

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    dieser Kündigung unter dem 09.03.2017 und 30.03.2017 widersprochen; die VST hat hier-auf mit Schreiben vom 10.03.2017 und 04.04.2017 geantwortet. Das OLG Celle hat die er-heblich mangelhafte Erfüllung im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB bereits aufgrund der mit der außerordentlichen Kündigung verbundenen tatsächlichen und finanziellen Be-lastungen des öffentlichen Auftraggebers als erfüllt angesehen. Die mangelhafte Erfüllung betrifft eine wesentliche Anforderung, wenn es sich um die Schlechterfüllung einer Hauptleistungspflicht oder einer anderen wesentlichen vertraglichen Pflicht handelt (OLG Celle, a.a.O., m.w.N.). Nach Auffassung der Vergabekammer bein-haltet die Verpflichtung zur Einholung einer Zustimmung der VST bei nachträglicher Ein-schaltung eines Nachunternehmers nach näherer Maßgabe von Ziffer 11. der ent-sprechenden Bewerbungsbedingungen und ergänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A eine wesentliche Vertragspflicht im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB. Die Wesentlichkeit ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der aus der Verletzung dieser Pflicht folgende unberechtigte Nachunternehmereinsatz eine außer-ordentliche Kündigung nach § 626 Absatz 1 BGB rechtfertigen kann (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.09.1997, Az.: 21 U 224/96). Die erheblich mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Anforderung des die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 -der unberechtigte Nachunternehmereinsatz durch die AST am 08.03.2017- hat am 09.03.2017 zu einer außerordentlichen Kündigung und damit zu einer vorzeitigen Beendigung dieses Vertrages im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB geführt. Die AST und ihr Verfahrensbevollmächtigter habe mit Schreiben/Telefax vom 09.03.2017 und 30.03.2017 der außerordentlichen Kündigung des die Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 wider-sprochen; sie bestreiten das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die ausgesprochene außerordentliche Kündigung (vgl. hierzu später). Nach Auffassung der Vergabekammer ist die Frage der Rechtmäßigkeit der außerordent-lichen Kündigung vom 09.03.2017 und damit einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags-verhältnisses im Sinne von § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB aufgrund der knappen Ent-scheidungsfristen in § 167 GWB und des eingeschränkten Amtsermittlungsgrundsatzes ge-mäß § 163 GWB in einem Nachprüfungsverfahren nicht in voller Tiefe zu prüfen. Vielmehr ist diese Frage abschließend und in voller Tiefe im Rahmen eines vor den ordentlichen Gerichten geführten Zivilprozesses zu klären. Die AST hat dazu bisher nach eigenem Vor-trag nichts veranlasst. Die Vorwegnahme und Ersetzung der zivilrechtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit der von der VST unter dem 09.03.2017 ausgesprochenen außerordent-lichen Kündigung durch die Vergabekammer in Form einer vollumfänglichen Inzident-prüfung der Kündigung im Nachprüfungsverfahren ist bedenklich im Hinblick auf die Zu-ständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und den Grundsatz der Gewaltenteilung (§§ 12 ff. GVG, Artikel 19 Absatz 4 GG). Nach Auffassung der Vergabekammer Nordbayern soll es daher ausreichend sein, dass die Vergabestelle ihre Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung glaubhaft vorgetragen habe (Vergabekammer Nordbayern, Beschluss vom 13.01.2017, Az.: 21. VK-3194-38/16). Nach Auffassung der Vergabekammer Lüneburg genügt es, dass die außerordentliche Kündigung nicht völlig ohne konkret greifbaren Anlass oder erkennbar missbräuchlich er-folgte (Vergabekammer Lüneburg, Beschluss vom 14.11.2016, Az.: VgK-44/2016 m.w.N.). Nach Auffassung des OLG Celle folgt aus der Gesetzesbegründung zu § 124 GWB, dem Wortlaut der Vorschrift und einem Vergleich mit der Vorschrift des § 124 Absatz 1 Nr. 3 GWB, dass im Nachprüfungsverfahren eine eigene zivilrechtliche Beurteilung der Recht-mäßigkeit der außerordentlichen Kündigung vorzunehmen sei, die über die Prüfung hinaus-gehen müsse, ob die Kündigung nicht ohne konkret greifbaren Anlass oder erkennbar rechtsmissbräuchlich erfolgt sei. Mit Blick auf den insbesondere in § 167 GWB verankerten Beschleunigungsgrundsatz müsse die Vergabekammer nicht auf eine rechtskräftige Ent-

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    scheidung der Zivilgerichte warten bzw. die Rechtmäßigkeit der streitigen Kündigung selbst im Wege einer vollumfänglichen Inzidentprüfung mit unter Umständen langwieriger Beweis-aufnahme wie in einem Zivilprozess klären. Der Nachweis einer berechtigten außerordent-lichen Kündigung könne durch Indiztatsachen von einigem Gewicht und gesicherten Er-kenntnissen aus seriösen Quellen erfolgen, die den Ausschluss des Bieters als nachvoll-ziehbar erscheinen lassen. Diese Indizien und Tatsachen müssten der kritischen Prüfung durch ein mit der Sache befasstes Gericht standhalten und die Zuverlässigkeit des Bieters nachvollziehbar in Frage stellen. Erforderlich seien konkrete, objektivierbare Anhaltspunkte für Verfehlungen, nicht jedoch eine rechtskräftige Feststellung der Pflichtverletzung. Damit liege das Beweismaß für den Nachweis einer berechtigten außerordentlichen Kündigung zwischen der Glaubhaftmachung/überwiegenden Wahrscheinlichkeit gemäß § 287 ZPO und dem Vollbeweis gemäß § 286 ZPO (OLG Celle, a.a.O.; ähnlich Burgi/Dreher, a.a.O., § 124, Rdn. 96 a.E.: hohe, jedenfalls überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Recht-mäßigkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung von den Zivilgerichten bestätigt wird). Nach Jobmann (VergabeR 2017, 400 ff.) bedeuten die Anforderungen des OLG Celle für die Praxis der Vergabenachprüfungsinstanzen die Notwendigkeit einer Plausibilitätsprüfung der außerordentlichen Kündigung im Schnelldurchlauf. Nach Auffassung der Vergabekammer hat die VST ihre Berechtigung zu außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 glaubhaft vorgetragen. Diese Kündigung ist auch nicht ohne konkret greifbaren Anlass oder gar rechtsmissbräuchlich erfolgt. Sie ist auch plausibel und nachweislich im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des OLG Celle. Dies ist wie folgt zu begründen: Gemäß § 626 Absatz 1 BGB kann das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Ein-haltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt folglich keine absoluten Kündigungsgründe. Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt an sich, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile -jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist- zumutbar ist oder nicht. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB ist nur gegeben, wenn das Ergebnis dieser Gesamtwürdigung die Feststellung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Dienstverpflichteten auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist. Bei der Prüfung, ob dem Dienstberechtigten eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Dienstverpflichteten trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Dienstberechtigten an der sofortigen Beendigung des Dienstverhältnisses gegen das Interesse des Dienstverpflichteten an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Dienstverhältnis fortzu-setzen, weil dem Dienstberechtigten sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten, insbe-sondere die Abmahnung und die ordentliche Kündigung, unzumutbar sind. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Dienstberechtigten die Fortsetzung des Dienstver-hältnisses jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung -etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen-, der Grad des Ver-schuldens des Dienstverpflichteten, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Dienstverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG NJW 2011, 167 ff.; NJW 2011, 2905 ff. m.w.N.; Palandt, BGB, 76. Aufl., 2017, § 626, Rdn. 37 ff. m.w.N.). Vorliegend rechtfertigt der am 08.03.2017 erneut begangene, unberechtigte Nachunter-nehmereisatz an sich eine außerordentliche Kündigung (OLG Düsseldorf, Urteil vom

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    16.09.1997, Az.: 21 U 224/96). Nach Ziffer 11. lit. c) der Bewerbungsbedingungen und er-gänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/A des unter anderem die Bewachung der Erstaufnahmeeinrichtung xxx betreffenden Vergabever-fahrens bedarf die nachträgliche Einschaltung eines Nachunternehmers der Zustimmung der VST; der VST sind überdies nach Ziffer 11 lit. d) (7) der entsprechenden Bewerbungs-bedingungen und ergänzenden Vertragsbedingungen für die Leistungsvergabe nach VOL/ A rechtzeitig vor der beabsichtigten Übertragung Art und Umfang der Leistung sowie Namen und Anschrift des hierzu vorgesehenen Nachunternehmers bekanntzugeben. Nach § 2 Absatz 1 des Vertrages über Sicherheitsdienstleistungen vom 30.05./13.06.2016 sind die vorgenannten Vergabeunterlagen Vertragsbestandteile und die Bestimmungen dieser Vergabeunterlagen daher bei der Vertragsdurchführung durch die AST zu beachten. Der VST ermöglicht das oben dargelegte Prozedere anlassbezogen im konkreten Fall eine aktuelle Überprüfung der Fachkunde und Leistungsfähigkeit (Eignung) des Nachunter-nehmers. Die AST hat wiederholt ihre dienstvertraglichen Pflichten und ihre gegenüber der VST bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Absatz 2 BGB in erheblicher Weise verletzt, indem sie die VST erneut nicht um Zustimmung zu dem für 08.03.2017 ge-planten Nachunternehmereinsatz unter Mitteilung der erforderlichen Angaben ersucht hat. Nach Auffassung der Vergabekammer ist der VST die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit der AST nicht zumutbar. Hierfür sprechen zunächst die Schwere und die Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung. Der von einem ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter der Erst-aufnahmeeinrichtung xxx unter anderem angezeigte Nachunternehmereinsatz hat die VST zu einer Vor-Ort-Kontrolle am 08.03.2017 veranlasst, in deren Rahmen die beiden nicht angemeldeten und erst durch die Polizei identifizierten Sicherheitsmitarbeiter der Firma QQQ des Geländes verwiesen worden sind. Die VST hat daraufhin die leer-stehende Erstaufnahmeeinrichtung xxx weitestgehend zugeschlossen und die notwendige Bewachung durch eine Verstärkung der Hausmeisterrundgänge sichergestellt. Auch das Ausmaß des bewirkten Vertrauensverlustes, die Vorsätzlichkeit des wiederholt begangenen unberechtigten Nachunternehmereinsatzes seitens der AST, die bis zum 09.03.2017 verhältnismäßig kurze Dauer des zwischen den Beteiligten bestehenden Vertragsverhältnisses sowie die bestehende Gefahr der Wiederholung des bereits zweimal begangenen unberechtigten Nachunternehmereinsatzes sprechen für eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit der AST. Nach Auffassung der Vergabe-kammer besteht -wie bereits angeführt- gerade auch eine Gefahr der Wiederholung des bereits zweimal begangenen unberechtigten Nachunternehmereinsatzes. Zwar hat die AST in ihrer E-Mail vom 03.07.2017 mitgeteilt, dass sie nach den Vorkommnissen des 08.03.2017 die Verbindung mit der Firma QQQ abgebrochen und gegen diese rechtliche Schritte eingeleitet habe. Auch hat der Bereichsleiter der AST bereits mit E-Mail vom 09.03.2017, 13:56 Uhr, mitgeteilt, dass die AST eine Zivilklage gegen die Firma QQQ beabsichtige und rechtlich prüfen werde, ob der mit der Firma QQQ bestehende Kooperationsvertrag beendet werde. Des Weiteren hat der Verfahrensbevollmächtigte der AST mit Schreiben/Telefax vom 07.07.2017 nochmals bestätigt, dass das Vertragsverhältnis der AST mit der Firma QQQ beendet worden sei; überdies hat er dargelegt, der Bereichsleiter der AST habe bereits am 08.03.2017 vor Ort sofort erklärt, dass keine Nachunternehmer und andere Personen mehr eingesetzt würden, die AST werde in Zukunft weder Kooperationen eingehen noch Subunternehmen beauftragen, und die AST habe die Kontrollen und Schulungen ihrer Mitarbeiter verstärkt und damit geeignete Maßnahmen zur Vermeidung entsprechender Vorkommnisse wie am 08.03.2017 ergriffen. Mit Blick auf die E-Mail vom 09.03.2017, 13:56 Uhr, und mit Blick auf den Wortlaut des Protokolls der VST vom 09.03.2017 steht jedoch zur Überzeugung der Vergabe-kammer fest, dass der Bereichsleiter der AST nicht bereits am 08.03.2017 vor Ort sofort und verbindlich erklärt hat, dass in Zukunft keine Nachunternehmer und keine anderen Per-sonen mehr eingesetzt werden sollen. Daher ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich nach den objektiven Verhält-nissen im Zeitpunkt ihres Zugangs zu beurteilen ist. Dieser Zeitpunkt ist im Rahmen von § 626 Absatz 1 BGB sowohl für die Prüfung des Kündigungsgrundes als auch für die Interessenabwägung maßgebend (BAG NJW 2011, 167, 171 m.w.N.), so dass grundsätz-lich die von der AST gegen die Kündigung vorgetragenen Umstände unberücksichtigt bleiben müssen, die erst nach der Kündigung am 09.03.2017 entstanden sind -hier insbe-

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    sondere die von der AST vorgetragene Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der AST und der Firma QQQ, die Absicht der AST, keine Kooperationen mehr eingehen und Subunternehmer beauftragen zu wollen, sowie die unter dem 07.07.2017 vorgetragene Verstärkung der Kontrollen und Schulungen der Mitarbeiter zur Vermeidung entsprechender Vorkommnisse wie am 08.03.2017. Des Weiteren ist dem an die VST ge-richteten Schreiben der AST vom 20.06.2016 zu entnehmen, dass in Urlaubszeiten und bei krankheitsbedingten Ausfällen personelle Engpässe bei der AST entstehen können, die sie nur durch einen Nachunternehmereinsatz -bislang die Firma QQQ- bewältigen kann. Die Vergabekammer hält es daher trotz der von der AST dargelegten Abhilfemaß-nahmen -insbesondere der Beteuerung der AST, in Zukunft weder Kooperationen eingehen noch Subunternehmer beauftragen zu wollen- aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit der AST für grundsätzlich denkbar, dass es bei personellen Engpässen wieder zu einem un-berechtigten Nachunternehmereinsatz durch die AST kommen kann. Nach Auffassung der Vergabekammer hat das Interesse der VST an der sofortigen Beendigung des Dienstver-hältnisses das Interesse der AST an dessen Fortbestand deutlich überwogen. Die Vergabe-kammer verkennt nicht, dass die AST nach eigenem Bekunden mehr als 460 Mitarbeiter hat und ihr Interesse am Fortbestand des Dienstverhältnisses daher Gewicht hat. Der AST musste aber nach den Vorkommnisse am 10.11.2016 und der daraufhin durch die VST am 11.11.2016 ausgesprochenen Androhung einer außerordentlichen Kündigung klar gewesen sein, dass sie jedenfalls bei einer erneuten schweren Vertragspflichtverletzung mit einer außerordentlichen Kündigung durch die VST zu rechnen hatte. Die AST mag auch nach-vollziehbar gehandelt haben, als sie am 08.03.2017 nach dem ihr bekannt gewordenen Ausfall von Frau xxx die Firma QQQ veranlasst hat, die Bewachung der Erst-aufnahmeeinrichtung xxx kurzfristig personell anderweitig abzusichern, und man mag sich auch fragen, ob der VST am 08.03.2017 überhaupt so kurzfristig eine Überprüfung und Zustimmung zu dem von der AST veranlassten Nachunternehmereinsatz in der von der AST dargelegten personellen Notsituation möglich gewesen wäre. Der AST war jedenfalls die eigenmächtige und intransparente Beauftragung eines Nachunternehmers gerade nicht erlaubt. Sie hätte sich kurzfristig um die Erteilung einer Zustimmung der VST zu dem ge-planten Nachunternehmereinsatz bemühen müssen. Sie hätte ggf. vorrangig mit ihren eigenen und der VST gemeldeten Sicherheitsmitarbeitern die Bewachung der Erstauf-nahmeeinrichtung xxx absichern oder im Falle eines Unvermögens dies der VST an-zeigen müssen. Nach Auffassung der Vergabekammer begründet die Zusage der AST in ihrer E-Mail vom 09.03.2017, 13:56 Uhr, nunmehr die Dienste und Dienstbesetzung durch den Teamleiter Herrn xxx täglich kontrollieren zu lassen, für die VST nicht die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit der AST und damit die Unwirksamkeit der am 09.03.2017 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. Die Vergabekammer geht davon aus, dass eine effektive und regelkonforme Personalplanung bei einem (Sicher-heits-) Unternehmen der Regelfall ist. Mit Blick auf den bereits wiederholt vorgekommenen unberechtigten Nachunternehmereinsatz sieht die Vergabekammer in dieser bloß verbalen Zusage der AST nicht den Nachweis einer personellen Selbstreinigungsmaßnahme im Sinne von § 125 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 GWB, die geeignet ist, ein weiteres Fehlverhalten der AST zu vermeiden (vgl. hierzu auch unten). Nach Auffassung der Vergabekammer kann die AST insbesondere mit Blick auf die Vorstrafe des am 08.03.2017 unter anderem in der Erstaufnahmeeinrichtung xxx angetroffenen Herrn xxx von der VST auch nicht die nachträgliche Genehmigung zu dem am 08.03.2017 erfolgten Nachunternehmereinsatz verlangen, so dass die Berufung auf die außerordentliche Kündigung vom 09.03.2017 seitens der VST auch nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist (vgl. hierzu auch Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB Teile A und B, 20. Aufl., 2017, § 8 Absatz 3 VOB/B, Rdn. 15 f.). Sofern der Verfahrensbevollmächtigte der AST unter dem 07.07.2017 bestritten hat, dass es sich bei Herrn xxx um einen einschlägig vorbestraften und kurz zuvor aus dem Justizvollzug entlassenen Sicherheitsmitarbeiter handelt, ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich des Protokolls der VST vom 09.03.2017 durch einen der an-wesenden Polizeibeamten am 08.03.2017 festgestellt worden ist, dass Herr xxx vorbestraft sei und er vor kurzem noch im Gefängnis gesessen habe, da er eine Geldbuße nicht gezahlt habe.

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    Nach Auffassung der Vergabekammer sind allerdings die in der außerordentlichen Kündigungserklärung vom 09.03.2017 genannten geringfügigeren Vertragspflichtver-letzungen -insbesondere der Umstand, dass die beiden Sicherheitsmitarbeiter zum Teil keine Dienstkleidung getragen haben und keine Dienstausweise vorweisen konnten- alleine nicht geeignet eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 626 BGB zu rechtfertigen; insofern hätte allenfalls Anlass für eine Abmahnung bestanden. Der außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 ist eine Abmahnung der AST durch die VST am 11.11.2016 vorausgegangen. Dem Schreiben und der E-Mail der VST vom jeweils 11.11.2016 ist insofern zu entnehmen, dass die VST lediglich die Abwesenheit eines der beiden für die Erstaufnahmeeinrichtung xxx vorgesehenen Sicherheitsmitarbeiter -Herrn xxx- beanstandet und gefordert hat, dass dieser nicht mehr zum Einsatz kommt. Der VST war zu dieser Zeit der unberechtigte Nachunternehmereinsatz durch die AST nicht be-wusst, da sie irrig davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem angetroffenen Sicherheits-mitarbeiter -Herr xxx- und dem zeitweilig abwesend gewesenen Sicherheitsmitarbeiter -Herr xxx- um Mitarbeiter der AST handele. Die VST hat jedenfalls unter dem 11.11.2016 im Kern die Abwesenheit eines (vermeintlich) zur Bewachung befugten Sicher-heitsmitarbeiters der AST abgemahnt und für den Fall einer wiederholten Vertragsver-letzung die außerordentliche Kündigung angedroht. Am 08.03.2017 ist es neben anderen weniger gravierenden Vertragspflichtverletzungen erneut zu einem unberechtigten Nach-unternehmereinsatz gekommen, der unter anderem Anlass für die am 09.03.2017 ausge-sprochene außerordentliche Kündigung war. Die VST hat in ihrer außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 im Kern wiederum die Abwesenheit eines zur Bewachung be-fugten Sicherheitsmitarbeiters beanstandet. Die Vorwürfe der VST in der Abmahnung/An-drohung der außerordentlichen Kündigung vom 11.11.2016 und in der außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 lassen sich insofern unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt -Abwesenheit eines zur Bewachung befugten Sicherheitsmitarbeiters- zusammenfassen; sie sind insofern gleichartig, so dass das in der Abmahnung/Androhung einer außerordent-lichen Kündigung vom 11.11.2016 gerügte Verhalten in diesem Sinne identisch mit dem zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung vom 09.03.2017 angeführten Verhalten der AST ist, so dass die unter dem 11.11.2016 erfolgte Abmahnung der AST entgegen der Auffassung der AST als einschlägig zu bewerten ist (vgl. hierzu auch Münchener Kommentar, BGB, Band 4, §§ 611-704, KSchG, 4. Aufl., 2005, § 1 KSchG, Rdn. 216 m.w.N.). Im Übrigen musste der AST nach den Vorkommnissen am 10.11.2016 und nach der am 11.11.2016 ebenfalls durch die VST ausgesprochenen Abmahnung/Androhung einer außerordentlichen Kündigung klar gewesen sein, dass sie zumindest im Falle einer er-neuten schweren Pflichtverletzung mit einer außerordentlichen Kündigung durch die VST zu rechnen hatte, so dass nach Auffassung der Vergabekammer vorliegend eine Ab-mahnung auch entbehrlich gewesen sein dürfte (vgl. BAG, a.a.O.; weitergehend Hoyningen-Huene, RdA 1990, 193, 201 f.). Die VST hat im Übrigen auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Absatz 2 BGB eingehalten, so dass nach alledem die Rechtmäßigkeit der am 09.03.2017 durch die VST ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung als plausibel und nachweislich im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des OLG Celle anzusehen ist. Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 124 Absatz 1 Nr. 7 GWB aus den vor-stehenden Gründen vorliegen, war die am 07.06.2017 erfolgte Entscheidung der VST, die AST infolge der am 09.03.2017 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung von der Teilnahme an dem das Los 5 betreffenden Vergabeverfahren auszuschließen, nicht zu be-anstanden. Nach ganz herrschender Meinung ist bei der zu treffenden Ermessensentscheidung durch den öffentlichen Auftraggeber eine Prognoseentscheidung zu treffen, ob von dem Bieter trotz der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den nunmehr zu vergebenden öf