Verhungern und Verdursten am Lebensende 4.10.2014 ... · • Dr.Heil, Essen und Trinken am...

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Verhungern und Verdursten Verhungern und Verdursten Verhungern und Verdursten Verhungern und Verdursten am Lebensende ? am Lebensende ? Albrecht Dix Albrecht Dix 4.10.2014

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Verhungern und VerdurstenVerhungern und VerdurstenVerhungern und Verdursten Verhungern und Verdursten am Lebensende ?am Lebensende ?

Albrecht DixAlbrecht Dix4.10.2014

ErnährungErnährung

E hält L ib d S l “• „Essen hält Leib und Seele zusammen“• „Liebe geht durch den Magen“„ g g• „Du musst was essen“• Wer nicht isst der stirbt“• „Wer nicht isst, der stirbt

• Biologische Notwendigkeit ist unbestritten• Sozial: gemeinsames Essen wichtig fürSozial: gemeinsames Essen wichtig für

Kommunikation

aberbei Krankheit

A titl i k it h hä fiAppetitlosigkeit sehr häufig • hormonell und durch Akute Phase Proteine

htverursacht• Alarmzustand mit Abbau von Reserven• „Kampf mit der Krankheit “• Verhindern von Hungergefühl, schnelle

Sättigung• Muskelschwund, Fettabbau• bei chronischer Krankheit vollständige

Auszehrung möglich (Kachexie)

bei chronischer Krankheitbei chronischer Krankheit

ät li h E h t d hzusätzlich: Essen erschwert durch• Schwäche, Bettlägerigkeit, g g• Schluckbeschwerden• Mundtrockenheit• Mundtrockenheit• Geschmackstörung, Ekel• Verstopfung• DepressionDepressionFolge Verhungern ?

AbhilfeAbhilfe

• viele Kalorien in möglichst kleinem Volumen (Säfte, Speiseeis, Erdnüsse, Schololade, Kakao)

• häufige Mahlzeiten, 6-8x, jederzeit• hochkalorisch angereicherte Nahrungsmittelhochkalorisch angereicherte Nahrungsmittel• ggf. Trinknahrung

massvoll Alkohol• massvoll Alkohol• leckere Häppchen, Naschen erlaubt

S thf dSmoothfoodmit Schaum und Geleevon Herbert Thill, Koch und Geriater

FingerfoodFingerfood

AbhilfeAbhilfe

• viele Kalorien in möglichst kleinem Volumen (Säfte, Speiseeis, Erdnüsse, Schololade, Kakao)

• häufige Mahlzeiten, 6-8x, jederzeit• hochkalorisch angereicherte Nahrungsmittelhochkalorisch angereicherte Nahrungsmittel• ggf. Trinknahrung

massvoll Alkohol• massvoll Alkohol• leckere Häppchen, Naschen erlaubt• nicht „gesund“ essen, sondern mit Freude

Medikamentös ?Medikamentös ?

• Dexamethason 4-8mg • Megestrol 160mgMegestrol 160mg• Metoclopramid treibt Verdauung an• Cannabis (Dronabinol)

Sondenernährungmanchmal hilfreich

bei organischer Schluckstörung• Bestrahlung eines HalstumorsBestrahlung eines Halstumors • Operation Speiseröhrenkrebs • neurologischer Ursache Schlaganfall

ErnährungssondePEG

ti Ei iff• operativer Eingriff• zustimmungspflichtig• endoskopisch mit

örtlicher Betäubung• Einlage einer Sonde

in den Magen oder in d Dü dden Dünndarm

• Medikamentengabe d E ähund Ernährung

möglich über Jahre

PEGProbleme

I f kti• Infektion• Dislokation• Verlegung• Erbrechen mit• Erbrechen mit

Aspirationf f• professionelle Pflege

erforderlich• kein Duschen /

Baden möglichg

Sondenernährungmanchmal hilfreich

bei organischer Schluckstörung• Bestrahlung eines HalstumorsBestrahlung eines Halstumors • Operation Speiseröhrenkrebs • neurologischer Ursache Schlaganfall

nicht sinnvoll in der Endphase eines Tumorleidens mit Kachexie

Parenterale ErnährungInfusion

V ilk ül i A f d• Venenverweilkanüle • wenig Aufwand• aber:• ärztliche Tätigkeit• hohe

Komplikationsrate• kurze Haltbarkeit• vollständige

Ernährung nicht möglich

• nur stationär

Parenterale ErnährungInfusion

• Implantierter Venenkatheter• operativ eingebrachter PORToperativ eingebrachter PORT

PORT

PORTPORT

PORTPORT

PORTPORT

• zustimmungspflichtiger Eingriff• ambulante Op in Lokalanästhesieambulante Op in Lokalanästhesie

• vollständige Ernährung möglich• auch nur nachts möglich• auch nur nachts möglich

aberaber

• Gefahr Infektion • Gefahr ThromboseGefahr Thrombose• Gefahr der Überernährung, Nährstoffe

d i ht t twerden nicht verwertet• Gefahr der Überwässerung mit Ge a de Übe ässe u g t

ÖdemneigungEinschränk ng der Be eg ngsfreiheit• Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Maschinengeräusch in der Nacht

PORTProblem

• Anlage oft auf Wunsch der Angehörigen aus Sorge und Verzweiflungg g

• Bei Leber- oder Niereninsuffizienz überwiegt Schadenüberwiegt Schaden

• Fette führen oft zu Übelkeit und Erbrechen• sorgfältige Bilanz erforderlich

iel Über ach ng nd Pflege• viel Überwachung und Pflege• viel Unruhe

PORTPORTi llnur sinnvoll

• in der Rehabilitationsphase (mobil, >3 m)• auf Wunsch des Patienten• auf Wunsch des Patienten• nach Operationen• bei Chemo- oder Bestrahlungstherapie• bei Chemo- oder Bestrahlungstherapie• bei toxischer Diarrhoe, Kurzdarmsyndrom,• DarmstenoseDarmstenose

• Verzicht ist keine unterlassene Hilfeleistung• Abbruch jederzeit möglich

künstliche Ernährung ?ü s c e ä u gklärendes Gespräch

H t d P ti t H ?• Hat der Patient Hunger ? • Was soll gelindert werden ?g• Was will der Patient ?• Welche Lebenserwartung besteht ?• Welche Lebenserwartung besteht ?

Grundumsatz benötigt nur 90g Fett/d

• nach ausführlicher Aufklärungnach ausführlicher Aufklärung • meist Entscheidung für orale Kost

FlüssigkeitsgabeFlüssigkeitsgabe

• Müssen Menschen am Lebensende trinken ?• Wie viel ?• Muss man künstlich Wasser zuführen ? • Darf man jemanden verdursten lassen ?• Darf man jemanden verdursten lassen ?• Lasse ich den Menschen im Stich ?

• hochemotionelle Fragen • lösen schwere Schuldgefühle aus

Akuter FlüssigkeitsverlustAkuter Flüssigkeitsverlust

b i h Bl tbei schwerer Blutungbei schwerem Brechdurchfallbei starkem Schwitzen Hitze / Sport /Sauna

• akut lebensbedrohlich und qualvoll

• behandlungsbedürftig noch in derbehandlungsbedürftig, noch in der Palliativ-Phase

PalliativmedizinPalliativmedizin

• Rehabilitationsphaseunheilbare und fortschreitende Erkrankung, aber noch selbständig, hohe Lebensqualität oft noch palliative TherapieLebensqualität, oft noch palliative Therapie

• Terminalphaseh h i li h Ei t itt d T d i h lb T hwahrscheinlicher Eintritt des Todes innerhalb von Tagen, nur noch

symptomorientierte Therapie sinnvoll

• SterbephaseSterbephasedie letzten Stunden mit Bewußtseinstrübung und Rasselatmung

FlüssigkeitsgabeFlüssigkeitsgabe

• Studie an Schwerkranken:• Essen und Trinken freiwillig nach BedarfEssen und Trinken freiwillig nach Bedarf

• ohne Zufuhr k e i n Leid• kein Hunger oder Durstgefühl• kein Hunger oder Durstgefühl• meist friedliches Sterben nach 2-3

Wochen

• 85 % Tod innerhalb von 15 Tagen• friedlicher Tod (Skala von 0-9): Median 8

Arch Int Med, 2005

• Erfassung nach Leidensskala (DS-DAT)K ti i li h Ab h h B d• Kontinuierliche Abnahme nach Beenden von Ernährung/Flüssigkeitszufuhr

Symptome derterminalen Dehydratation

• Absinken von Blutdruck• verminderte Hautdurchblutung• verminderte Hautdurchblutung• weniger Liegegeschwüre (Dekubitus)• weniger Urin Katheter nicht mehr nötig• weniger Urin, Katheter nicht mehr nötig• weniger Ödeme, Ergüsse – weniger Atemnot• geringeres Schmerzempfinden durch Endorphinegeringeres Schmerzempfinden durch Endorphine• weniger Darmaktivität, weniger Übelkeit • Mineralstoffmangel Entspannung, manchmal Krämpfeg p g, p• Schläfrigkeit, manchmal Verwirrtheit

Versuch der RehydratationVersuch der Rehydratation W ?Wann ?• Delir, Verwirrung

M skelkrämpfe• Muskelkrämpfe• Durstgefühl

akuter Flüssigkeitsverlust bei sonst guter• akuter Flüssigkeitsverlust bei sonst guter Lebensqualität

Wie ?• oral oder• oral oder • subkutane Infusion 500ml 1x

Subkutane InfusionSubkutane Infusion

Butterfly-Nadel

Fixieren am Bauch

Subkutane InfusionSubkutane Infusion

• Einlegen einer sc-Nadel „Butterfly“• an Oberschenkel Bauch Oberarmenan Oberschenkel, Bauch, Oberarmen• durch Pflegepersonal• Fixieren mit durchsichtigem Pflaster • Gabe von Flüssigkeit bis zu 1 000ml/d• Gabe von Flüssigkeit bis zu 1.000ml/d• auch Medikamentengabe möglich

Argumente gegen Flüssigkeitszufuhr

• weniger Erbrechen• weniger Husteng• keine Toilette, keine Katheter• natürliche Endorphinproduktion• natürliche Endorphinproduktion• Infusion schränkt Beweglichkeit ein• mehr persönliche Zuwendung durch Essen,

Trinken und Mundpflege bei Mundtrockenheit

Symptomkontrolle 12.438 Palliativpatienten

70 3 % S h• 70,3 % Schmerzen• 67,5 % Mundtrockenheit• 60 9 % Anorexie• 60,9 % Anorexie• 46,8 % Schwäche• 44 7 % Verstopfung• 44,7 % Verstopfung• 42,3 % Luftnot• 36 2 % Übelkeit36,2 % Übelkeit• 34,2 % Schlaflosigkeit• 25,3 % Schwitzen,• 23,2 % Schluckbeschwerden

Symptomkontrolle 12.438 Palliativpatienten

70 3 % S h• 70,3 % Schmerzen• 67,5 % Mundtrockenheit• 60 9 % Anorexie• 60,9 % Anorexie• 46,8 % Schwäche• 44 7 % Verstopfung• 44,7 % Verstopfung• 42,3 % Luftnot• 36 2 % Übelkeit36,2 % Übelkeit• 34,2 % Schlaflosigkeit• 25,3 % Schwitzen,• 23,2 % Schluckbeschwerden

Hunger und Durst nicht unter den Top Ten

Symptomkontrolle 12.438 Palliativpatienten

70 3 % S h• 70,3 % Schmerzen• 67,5 % Mundtrockenheit• 60 9 % Anorexie• 60,9 % Anorexie• 46,8 % Schwäche• 44 7 % Verstopfung• 44,7 % Verstopfung• 42,3 % Luftnot• 36 2 % Übelkeit36,2 % Übelkeit• 34,2 % Schlaflosigkeit• 25,3 % Schwitzen,• 23,2 % Schluckbeschwerden

Hunger und Durst nicht unter den Top Ten

Mundtrockenheitnicht Durst

sehr häufig in der Terminalphase• durch eingeschränktes Kauen wenigerdurch eingeschränktes Kauen, weniger

Speicheld h M dik t• durch Medikamente:Morphine, Antidepressive, Neuroleptika, o p e, t dep ess e, eu o ept a,SchlafmittelAngst die Sp cke bleibt eg“• Angst „die Spucke bleibt weg“

MundtrockenheitMundtrockenheit

F lFolgen• erschwertes Schlucken• erschwertes Kauen • Mundinfektionen• Mundinfektionen• Mundgeruch• erschwertes Sprechen• reduzierte Kommunikationreduzierte Kommunikation• Abhängigkeit

MundtrockenheitMundtrockenheitAbhilfeAbhilfe• Mundpflege, so oft wie möglich• Kamille, HagebuttenteeKamille, Hagebuttentee• weiche Zahnbürste• Speichelspray• Bepanthenlösung• Teebaumöl• Butter• Butter• Eiswürfel Ananas, Sekt, Wein• DenTips MundstäbchenDenTips Mundstäbchen • Pagavit: Glycerin- und Lemonsäurestäbchen

MundtrockenheitMundtrockenheitAbhilfeAbhilfe• Mundpflege, so oft wie möglich• Kamille, HagebuttenteeKamille, Hagebuttentee• weiche Zahnbürste• Speichelspray• Bepanthenlösung• Teebaumöl• Butter• Butter• Eiswürfel Ananas, Sekt, Wein• DenTips MundstäbchenDenTips Mundstäbchen • Pagavit: Glycerin- und Lemonsäurestäbchen• meist nicht behebbar durch Infusionen

Leitlinien zur ErnähurungDGEM und ESPEN

Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin und europ. Society for Nutrition and Metabolism

rechtliche Grundlagenrechtliche Grundlagen

willensfähiger Patient

der geäußerte Wille zB. Behandlungsabbruch

BehandlungsverzichtBehandlungsverzicht ist absolut bindend

Voraussetzung ist ein vollständig aufgeklärter Patient

rechtliche Grundlagenrechtliche Grundlagen

willensunfähiger Patient

Arzt ist verpflichtet, den aktuellenmutmaßlichen Willen zu eruieren

Patientenverfügung ?

eine Patientenverfügung ist…

• rechtlich verbindlich, wenn sie auf die kt ll Sit ti t ifftaktuelle Situation zutrifft

• umso verbindlicher, je zeitnaher und u so e b d c e , je e t a e u dkonkreter sie formuliert ist

keine Patientenverfügungkeine Patientenverfügung

• Ermittlung des „mutmaßlichen Willens“anhand

f üh Ä ß• früherer Äußerungen• ethisch-religiöser Überzeugunget sc e g öse Übe eugu g• Einschätzung naher Angehöriger

Wille nicht ermittelbarWille nicht ermittelbar

• Arzt soll indizierte Maßnahmen ergreifen• In Zweifelsfällen für LebenserhaltungIn Zweifelsfällen für Lebenserhaltung

entscheiden.

(Grundsätze der Bundesärztekammer zur (G u dsät e de u desä te a e uärztlichen Sterbebegleitung 2004)

PatientenwilleMaßstab ärztlichenHandelns

hilfreichhilfreichF ili k f• Familienkonferenz

• Arzt-Patient-Familiengespräch• Einbeziehen des Hausarztes• Einbeziehen des Hausarztes

für Hilfsmittel, Unterstützung• Brückenpflege• Brückenpflege• Psychoonkologische Begleitung• Pflegekräfte Aufbau SAPVPflegekräfte, Aufbau SAPV• Sozialer Beratungsdienst• Seelsorgeg• Hospiz• Palliativstation

Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen SterbebegleitungSterbebegleitung18.2.11 Dt.Ärzteblatt, Jg.108,Heft 7

FazitFazit

Verzicht auf künstliche Ernährung und Flüssigkeitsgabeg g

FazitFazit

Verzicht auf künstliche Ernährung und Flüssigkeitsgabeg g

i t l btist erlaubtundu d

meistens auch sinnvoll

SchlusssatzSchlusssatz

„Da sein“ Sprechen Vorlesen Streicheln BetenSprechen, Vorlesen, Streicheln, Beten…

viel wichtiger als Aktionismus mit belastenden Maßnahmenbe aste de aß a e

es geht um das Wiederentdeckendes natürlichen Todes

Vielen DankVielen Dank

Nachweise LiteraturNachweise, Literatur

• Bundesärztekammer Grundsätze zur Sterbebegleitung Dt Ärzteblatt• Bundesärztekammer, Grundsätze zur Sterbebegleitung Dt.Ärzteblatt Jg.108, Heft 7, 18.2.11

• Aulbert, Lehrbuch der Palliativmedizin, Schattauer Verlag• Bausewein Leitfaden der Palliativmedizin: Urban+Fischer München• Bausewein, Leitfaden der Palliativmedizin: Urban+Fischer, München• Kloke, Grundwissen Palliativmedizin, Dt.Ärzteverlag• Kaiser, Essen und Trinken am Lebensende. Ratgeber für Patienten

und Angehörige Schriftenreihe Hospiz Güterslohund Angehörige, Schriftenreihe Hospiz Gütersloh• Dr.Heil, Essen und Trinken am Lebensende, Leitfaden des

Bayerischen Landespflegeausschusses• Roth Brons Handbuch Hospizarbeit und Palliativmedizin mmi Der• Roth-Brons, Handbuch Hospizarbeit und Palliativmedizin, mmi Der

Wissensverlag• Prof.Borasio, Palliativmedizin Uniklinik München: Ernährung und

Flüssigkeit in der PalliativmedizinFlüssigkeit in der Palliativmedizin• De Ridder, Michael, Dt.Verlagsanstalt: Wie wollen wir sterben ?