Versuch 4 Kernquadrupolwechselwirkungen in der NMR ... · Aufgrund einer Paritätsregel besitzen...

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Versuch 4 Kernquadrupolwechselwirkungen in der NMR-Spektroskopie Die theoretischen Grundlagen der NMR-Spektroskopie und die Besonderheiten der NMR- Spektroskopie an Festkörpern sind bereits in den Einführungstexten zu den Aufgaben Nr. 1-3 beschrieben worden. Auf die dort zitierte Literatur wird besonders hingewiesen. Das vorlie- gende Skript geht näher auf elektrische Wechselwirkungen zwischen Kernquadrupolmomenten und elektrischen Feldgradienten am Kernort ein, die einen maßgeblichen Einfluß auf die Fest- körper-NMR-Spektren besitzen. Die elektrischen Feldgradienten spiegeln die lokale elektroni- sche Umgebung (Bindungs- und Koordinationsverhältnisse) des Meßkerns wider und erlauben somit wichtige strukturelle Rückschlüsse. In den Experimenten geht es darum, die Koordinati- onszahl des Bors in einigen Gläsern und Kristallen zu bestimmen und Aussagen über die Struktur von Alkaliboratgläsern zu erhalten. 1. Kernquadrupolmoment In Atomkernen ist die Ladung immer rotationssymmetrisch um die Kerndrehimpulsachse ver- teilt. Aufgrund einer Paritätsregel besitzen Atomkerne grundsätzlich kein elektrisches Dipol- moment, wohl aber ein elektrisches Quadrupolmoment, wenn I > ½ ist. In Analogie zum Di- polmoment (Ladung mal Abstand) wird das Quadrupolmoment durch das Produkt q r 2 (La- dung mal Fläche) symbolisiert und im folgenden als eQ bezeichnet. Für die Anwendungen kön- nen die für einen bestimmten Atomkern charakteristischen Quadrupolmomente als bekannt angenommen werden.

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Versuch 4

Kernquadrupolwechselwirkungen inder NMR-Spektroskopie

Die theoretischen Grundlagen der NMR-Spektroskopie und die Besonderheiten der NMR-

Spektroskopie an Festkörpern sind bereits in den Einführungstexten zu den Aufgaben Nr. 1-3

beschrieben worden. Auf die dort zitierte Literatur wird besonders hingewiesen. Das vorlie-

gende Skript geht näher auf elektrische Wechselwirkungen zwischen Kernquadrupolmomenten

und elektrischen Feldgradienten am Kernort ein, die einen maßgeblichen Einfluß auf die Fest-

körper-NMR-Spektren besitzen. Die elektrischen Feldgradienten spiegeln die lokale elektroni-

sche Umgebung (Bindungs- und Koordinationsverhältnisse) des Meßkerns wider und erlauben

somit wichtige strukturelle Rückschlüsse. In den Experimenten geht es darum, die Koordinati-

onszahl des Bors in einigen Gläsern und Kristallen zu bestimmen und Aussagen über die

Struktur von Alkaliboratgläsern zu erhalten.

1. Kernquadrupolmoment

In Atomkernen ist die Ladung immer rotationssymmetrisch um die Kerndrehimpulsachse ver-

teilt. Aufgrund einer Paritätsregel besitzen Atomkerne grundsätzlich kein elektrisches Dipol-

moment, wohl aber ein elektrisches Quadrupolmoment, wenn I > ½ ist. In Analogie zum Di-

polmoment (Ladung mal Abstand) wird das Quadrupolmoment durch das Produkt q ⋅ r2 (La-

dung mal Fläche) symbolisiert und im folgenden als eQ bezeichnet. Für die Anwendungen kön-

nen die für einen bestimmten Atomkern charakteristischen Quadrupolmomente als bekannt

angenommen werden.

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Abb. 1: Schematische Darstellung eines Quadrupols

Q besitzt die Größenordnung von 1 barn = 10-28m2. Je nach Vorzeichen ist die Ladung des

Atomkerns „zigarrenförmig“ (Abb. 2C) oder „diskusförmig“ (Abb. 2D) um die Kerndrehim-

pulsachse verteilt. Dies bedeutet, daß die Ladung im Kern nicht kugelsymmetrisch verteilt ist.

Wie in Abb. 1 veranschaulicht, kann diese Abweichung von der Kugelsymmetrie durch ein

zweidimensionales Gebilde von vier Punktladungen repräsentiert werden.

A B C D

I = 0 I = 1/2 >=I 1 ; eQ > 0 >=I 1 ; eQ < 0

Abb. 2: Ladungsverteilung in Atomkernen mit unterschiedlichen Kernspins I

Kerne mit positivem eQ sind (Q in barn): 2H (2.8 ⋅ 10-3), 11B (4 ⋅ 10-2), 14N (1.9 ⋅ 10-2), 23Na

(0.11), 27Al(0.15). Beispiele für negative Kernquadrupolmomente sind 7Li (-4 ⋅ 10-2), 17O(-2.6

⋅10-2) und 35Cl(-8.2 ⋅ 10-2).

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2. Elektrische Wechselwirkung

Klassisch läßt sich die elektrische Wechselwirkungsenergie Eel einer Kernladungsverteilung der

Dichte ρ mit einem elektrischen Potential V, das durch die elektrische Umgebung des Kerns

hervorgerufen wird, wie folgt beschreiben:

( ) ( ) τρ drVrEel

rr

∫= (1)

Da der Verlauf des Potentials am Kernort unbekannt ist, entwickelt man das Potential ( )V rr

in

eine Taylor’sche Reihe um das Massenzentrum des Kerns als Koordinatenursprung:

( ) ( )orßß

ß

rxx

Vxx

x

VxVrV

==

+

+= ∑∑

ααα

α αα ∂

∂∂∂ 2

,0!2

10

r

(2)

wobei xα(α= 1,2,3) für x, y und z steht. Mit den Definitionen

0

2

,

0

=

=

r

r

xx

VV

x

VV

βαβα

αα

∂∂∂

∂∂

Kartesische Komponenten des elektrischen Feldes

(3)

Kartesische Komponenten des elektrischen Feldgradienten

ergibt sich für die Wechselwirkungsenergie laut Gl. 1

( ) ∑ ∫∫ ∑ ∫ +++=βα

βαβαα

αα τρτρτρ,

,0 ........!2

1dxxVdxVdVEel

(4)

Der erste Summand in Gl. 4 beschreibt die elektrostatische Energie des Kerns als Punktladung

(Monopol) im elektrischen Potential. Im zweiten Term taucht im Integral ein elektrisches Di-

polmoment auf, das mit dem elektrischen Feld in Wechselwirkung tritt. Nach der bereits er-

wähnten Paritätsregel besitzen Atomkerne kein elektrisches Dipolmoment, weshalb dieser

Energiebeitrag entfällt. Das nächste Glied ist das Produkt aus elektrischem Kernquadrupolmo-

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ment (Fläche x Ladungsdichte) und dem umgebenden elektrischen Feldgradienten. Weitere

Terme höherer Ordnung der Multipolentwicklung kann man vernachlässigen, da die entspre-

chenden Energien sehr klein sind.

2. Elektrische Feldgradienten (EFG) am Kernort

Man kann leicht einsehen, daß keine Kräfte auftreten, wenn das Quadrupolmoment in ein ho-

mogenes elektrisches Feld gebracht wird (Abb. 3a). Die auf die einzelnen Monopole (die das

Quadrupolmoment darstellen) wirkenden Coulombkräfte kompensieren sich. Hingegen tritt in

einem inhomogenen elektrischen Feld (Abb. 3b)

-

-

-

-

a b

Abb. 3: Darstellung der elektrischen Kraftwirkung auf einen schematischen Quadrupol a) im homogenen und

b) im inhomogenen elektrischen Feld.

eine resultierende Kraft auf, durch die der Quadrupol ein Drehmoment erfährt. Wie andere

richtungsabhängige Größen, z.B. die chemische Verschiebung (Versuch 1), lassen sich die

Komponenten Vα,β (Gl. 3) des elektrischen Feldgradienten ∇ Eαβ in einem beliebigen Koordi-

natensystem als Tensor zusammenfassen:

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=∇

zzzyzx

yzyyyz

xzxyxx

VVV

VVV

VVV

E βα , (5)

Wählt man ein der Symmetrie des EFG angepaßtes Koordinatensystem (x’, y’, z’) („systemei-

genes Hauptachsensystem“), so reduziert sich die Zahl der zu spezifizierenden EFG-Parameter

auf Vx’x’, Vy’y’, Vz’z’, wobei zusätzlich die Laplace-Gleichung Vx’x’ + Vy’y’ + Vz’z’ = 0 gilt. Es ist

üblich, die Hauptachsen so zu wählen, daß Vz’z’≥ Vy’y’≥ Vx’x’ gilt. Weiterhin gibt man

als die zwei voneinander unabhängigen EFG-Parameter im Hauptachsensystem an:

’’zzVeq ≡ (größte Komponente)

(6)

’’

’’’’

zz

xxyy

V

VV −≡η (Asymmetrieparameter)

Für axialsymmetrische Feldgradienten liegen die EFG Hauptachsen entlang und senkrecht zu

einer n-zähligen Rotationsachse (n ≥ 3), während im Falle niederer Symmetrie die Lage des

Hauptachsensystems relativ zu Molekül- bzw. Kristallachsen durch Euler Winkel α, β , γ spe-

zifiziert sind, welche durch Messungen an Einkristallen experimentell bestimmt werden müs-

sen. Wegen der Abstandsabhängigkeit(Vzz ∼ r-3) zeichnen sich die durch Punktladungen er-

zeugten lokalen elektrischen Felder durch kurze Reichweiten aus. Der EFG am Kernort wird

daher vorwiegend durch die nächste Umgebung erzeugt, vor allem durch die Elektronenver-

teilung im betrachteten Atom. Dabei tragen s-Elektronen und abgeschlossene Schalen wegen

der kugelsymmetrischen Ladungsverteilung, und d- und f- Elektronen wegen ihres größeren

Abstandes vom Kern in erster Näherung nicht bei. Der EFG wird vor allem durch p-Elektronen

erzeugt. Ein Beispiel ist der EFG am Orte des Kerns 35Cl in verschiedenen Chlorverbindungen.

In Cl2 ist eq besonders groß und η = 0. Die EFG Hauptachse z’ liegt in Richtung der Mole-

külachse. Bei HCl mit ca. 50% Ionencharakter fehlt nicht ein, sondern nur etwa ein halbes p-

Elektron an der voll aufgefüllten Elektronenschale, und der EFG ist entsprechend schwächer.

Der EFG verschwindet nahezu für KCl; denn für die reine Ionenbindung ist die Ladungsver-

teilung im Cl- Ion kugelsymmetrisch. In Ionenkristallen mit kubischem System ist eq = 0; der

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EFG wächst entsprechend, je niedriger die Symmetrie, bzw. je verzerrter die Nahumgebung ist.

In kristallinen und glasartigen Borverbindungen kann man aufgrund des EFG deutlich zwischen

tetraedrischer und trigonal-planarer Umgebung des Bors unterscheiden.

4. Hamiltonoperator der Kernquadrupolwechselwirkung

Nicht nur der elektrische Feldgradient, sondern auch das Quadrupolmoment läßt sich mathe-

matisch als Tensor beschreiben, dessen Komponenten Qα,β durch folgende Gleichung definiert

sind:

( )∫ −= τρδαββααβ drxxQ 23 (7)

Umgeformt zu:

( )∫ ∫+= τρδτρ αβαββα drQdxx 2

3

1 (8)

und eingesetzt in Gl. (4) ergibt sich für die klassische elektrische Quadrupolwechselwirkungse-

nergie:

( )∑ ∫

∫∑

+=

=

αβαβαβαβαβ

βααβ

αβ

τρδ

τρ

drVQV

dxxVEQ

2

6

1

2

1 (9)

Aufgrund der Laplace´schen Gleichung und der Bedingung δαβ = 0 für α≠β und 1 für α=β ver-

schwindet der rechte Ausdruck in der Klammer, so daß wir

∑=βα

αβαβ,6

1QVEQ

(10)

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erhalten.

Die Transformation der klassischen Wechselwirkungsenergie in den quantenmechanischen

Hamiltonoperator erfolgt mit Hilfe des Wigner-Eckart Theorems, das uns erlaubt, den Qua-

drupoltensor (Gl. 7) auch in Spin-Koordinaten auszudrücken:

)12(ˆ

2

)ˆˆˆˆ(3ˆ 2

−⋅

+=

II

eQI

IIIIQ αβ

αββααβ δ

(11)

Man erkennt, daß sich die Symmetrieeigenschaften der räumlichen Koordinaten von Gl. 7 in

den Spinkoordinaten von Gl. 11 widerspiegeln. Der zweite Faktor von Gl. 11 enthält die phy-

sikalische Information in Form der Stärke des skalaren Quadrupolmoments eQ und der Kern-

spinquantenzahl. Setzt man Gl. 11 in Gl. 10 ein und formuliert den so gewonnenen Hamilto-

noperator $H Q im Hauptachsensystem des EFG, dann ergibt sich

( ) ( )[ ]2’

2’

22’

2ˆˆˆˆ3

)12(4ˆ

xyzQ IIIIII

qQeH −+−

−= η

(12)

Diese Gleichung legt die möglichen Kernspinorientierungen im EFG-Hauptachsensystem fest.

Aus diesem Grund beziehen sich die Komponenten des Kernspinoperators $I in dieser Darstel-

lung auf das (moleküleigene) Hauptachsensystem des EFG-Tensors. Häufig geht man als Nä-

herung von Rotationssymmetrie um die z’-Achse aus (η = 0). e2qQ in Energieeinheiten oder

e2qQ/h ≡ νQ in Frequenzeinheiten bezeichnet man als Kernquadrupolkopplungskonstante.

Bei der NMR setzt sich der Gesamtenergieoperator aus $H 0 (Zeeman-Wechselwirkungsenergie

der isolierten Kernspins im Magnetfeld) und $H Q (und eventuell weiteren Wechselwirkungen)

zusammen:

QHHH ˆˆˆ0 += (13)

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Bei der vorliegenden Diskussion vernachlässigen wir zunächst die Dipol-Dipol Wechselwir-

kung. Wenn die Quadrupolenergie wesentlich kleiner als die Zeemanenergie ist, was sich in

einem genügend starken Magnetfeld realisieren läßt, stellt wie üblich das Magnetfeld die Vor-

zugsrichtung des Laborkoordinatensystems dar, entlang dessen die Orientierungen der Kern-

spins gequantelt sind.

$H Q muß also von dem EFG-Hauptachsensystem (x’,y’,z’) (Gl. 12) in das Laborkoordinaten-

system (Gl. 13) transformiert werden. Abb. 4 veranschaulicht den Zusammenhang beider Ko-

ordinatensysteme.

z

x

x

z’

z’z

θ

θ

θ

θ

sin

c o s

Î

Î

Î

x'

Îz

Abb. 4: Darstellung der Koordinatentransformation vom Hauptachsensystem (gestrichene Symbole) ins Labor-

system.

Es gilt:

θθ sinˆcosˆˆ’ xzz III += (14)

Daraus ergibt sich für Gl. 13 bei axialsymmetrischem Feldgradienten (η = 0):

[

( ) ]2

22222

ˆcossinˆˆˆˆ3

sinˆ3cosˆ3)12(4

ˆˆ

IIIII

IIII

qQeIBH

zxxz

xzzo

−++

+−

+−=

θθ

θθγh(15)

Die zu Gl. 15 gehörigen Energieeigenwerte Em lassen sich nun mit Hilfe der Störungstheorie

berechnen.

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In I. Ordnung gilt:

⟩⟨+= mHmEE Qmmˆ)0()1( (16)

Die Energieeigenwerte E m( )0 des Zeeman-Terms sind uns bereits bekannt. Im zweiten Sum-

manden von Gl. (16) tauchen die folgenden Matrixelemente auf,

)1(ˆ

0ˆˆˆˆ

ˆ

2

2

22

=

+=

=+

=

mIm

IImIm

mIIIIm

mmIm

x

zxxz

z

von denen das letzte noch genauer betrachtet werden muß:

mImmImmIIm

IIII

yxz

yxz

2222

2222

ˆˆˆˆ

ˆˆˆˆ

+=−

⇒++=

Mit der Einführung der Hebe- u. Senkoperatoren ( )−+ IundI ˆˆ gilt:

( ) ( )

( ) ( )22412

21

22412

21

ˆˆˆˆˆˆˆˆˆˆ

ˆˆˆˆˆˆˆˆˆˆ

−+−−++−+

−+−−++−+

+−−−=⇒−=

+++=⇒+=

IIIIIIIIII

IIIIIIIIII

yiy

xx

Da die Matrixelemente der quadratischen Hebe- und Senkoperatoren in den rechten Klam-

merausdrücken 0 ergeben, folgt:

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( ) )1(ˆ

)1(ˆ2ˆˆ

2212

2222

mIImIm

mIImImmIIm

x

xz

−+=

−+==−

Für mHm Qˆ ergibt sich demnach:

[ ])1(sinsin)1(cos3)12(4

ˆ 22232

2322

2

+−−++−

= IImIImII

qQemHm Q θθθ

(17)

Zusammenfassen des Klammerausdrucks unter Berücksichtigung von sin2θ = 1-cos2θ und Ein-

setzen in Gl. 16 führt schließlich zur Gesamtenergie E m( )1

[ ]2

1cos3)1(3

)12(4

22

2)1( −+−

−+−= θγ IIm

II

qQeBmE om h

(18)

Soll ein Übergang von (m-1) --> m angeregt werden, so muß eine Energiedifferenz von

[ ]

−−−

−=−− 2

1cos312

)12(4

3 2

01

θνγ m

II

hBEE Q

mm h

(19)

überwunden werden.

Für Einkristalle besteht das Spektrum nach Gl.18 aus 2I-Linien im Energieabstand von

⋅−−

)12(4

1cos33

2

IIhQ

θν

Abb. 5 zeigt als Beispiel einer solchen Aufspaltung I = 3/2 für θ = 0°. In Flüssigkeiten und Lö-

sungen mittelt die rasche und unregelmäßige Bewegung der Moleküle (in schneller zeitlicher

Folge treten beliebige Orientierungen θ auf) die Wechselwirkungen aus. Quadrupolwechsel-

wirkungen führen hier zu einer Verkürzung der Relaxationszeiten.

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-1/2

-3/2

1/2

3/2

E

n + 1/2 n

n - 1/2 nQ

0

0

0

Q

n

n0

Abb. 5a: Aufspaltung der Zeemanenergieniveaus (links) durch Quadrupolwechselwirkung 1. Ordnung für I =

3/2 und θ = 00.

-1/2

-3/2

1/2

3/2

E

n0n0

n0

n0

νQ

νQ

- 1/4

+ 1/4

Abb. 5b: Aufspaltung der Zeemanenergieniveaus (links) durch Quadrupolwechselwirkung 1. Ordnung für I =

3/2 und θ = 900.

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4. Form der Spektren in polykristallinem Material, Pulverproben und Gläser

Bei polykristallinen Stoffen oder Kristallpulvern treten in der Probe statistisch verteilt alle

möglichen Orientierungen der EFG-Hauptachsen auf. Durch Integration über alle Raumwinkel

in Gl. (15) erhält man ein kontinuierliches Spektrum. Die gestrichelte Kurve von Abb. 6 zeigt

ein Beispiel: Für I = 3/2 besteht das Spektrum aus einer Zentralresonanz bei der Frequenz

ν0 = (γ/2π)B0 und Satelliten im Abstand

± =ν νQ Q114 .

n n n Q1 1Q- +0

Abb. 6: NMR-Pulverspektrum mit Quadrupolwechselwirkung 1. Ordnung für I = 3/2 (gestrichelt). Durch

überlagerte Dipolverbreiterung entstehen Spektren nach Art der durchgezogenen Kurve.

Aus Gl.19 erkennt man weiterhin, daß der Zentralübergang E E+ −←→12

12

winkelunabhängig

ist, da für m=1/2 der Term (2m-1) zu Null wird. In der Praxis werden die Übergänge als Folge

von gleichzeitig vorhandenen Dipol-Dipol-Wechselwirkungen verbreitert. Es resultiert in der

Regel ein Spektrum, wie es die durchgezogene Kurve von Abb. 6 wiedergibt.

Auch lassen sich Spektren mit η≠0 berechnen und in günstigen Fällen beobachten, vgl. Abb. 7

als Beispiel.

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1 +

1 −1 / 2

1 / 2

(

( )

)Q

Q

Qn

n

n

n h

h

0

Abb. 7: Wie Abb. 6 aber mit Asymmetrieparameter η≠ 0.

Starke elektrische Feldgradienten können die zu Gl. 18 führenden Voraussetzungen verletzen.

In diesem Fall muß eine „Störungsrechnung 2. Ordnung“ durchgeführt werden. Dafür charak-

teristisch ist, daß sich auch die (in der beim Spektrum 1. Ordnung unveränderte) Zentralreso-

nanz verschiebt, und zwar für Einkristalle um:

( )( ).1cos9cos116

4/3)1(

)12(2

322

0

2

)2( −−−+

−=∆ θθν

νν II

IIQ

(20)

Für polykristalline Stoffe ergibt sich bei entsprechender Integration über alle Richtungen für

die Zentralresonanz ein Spektrum nach Art von Abb. 8. Die Kernquadrupolkopplungskon-

stante läßt sich für η=0 aus dem Abstand der relativen Maxima entnehmen:

)12(4

32

64

252

0

2

2 −+=II

IQQ ν

νν

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ν2Q

Abb. 8: NMR-Pulverspektrum mit Quadrupolwechselwirkung 2. Ordnung (gestrichelt) und dipolarer Verbreite-

rung (durchgezogene Kurve) für halbzahlige I (Zentralübergang).

Bei Spektren 2. Ordnung sieht man gewöhnlich nur die Zentralresonanz wie in Abb. 8. Die

Satelliten sind über so große Frequenzbereiche verschmiert, daß sie sich häufig der Beobach-

tung im Experiment entziehen.

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5. Zusammenfassung

a b

c

ωω

ω

Abb. 9: In c) ist die Überlagerung der NMR-Spektren a) mit Quadrupolwechselwirkung 1. Ordnung und b) mit

Quadrupolwechselwirkung 2. Ordnung für I = 3/2 dargestellt, wie man sie für 11B z. B. in Alkaliboratgläsern

finden kann.

Eine tetraedrische Sauerstoffumgebung des Bors führt zu Spektrentyp a), während eine trigonal planare Sauer-

stoffkoordination durch Spekrum b) charakterisiert wird. Kommen beide Koordinationspolyeder vor , erhält

man Spektrentyp c).

6. Aufgaben

1. Messung der 11B-NMR Spektren von NaBF4-Pulver und glasigem B2O3.Diskussion der

Spektren und Bestimmung der Kernquadrupolkopplungskonstanten.

2. Messung der 11B-NMR Spektren von Natriumboratgläsern mit 10, 16 und 25 mol %

Na2O.

Diskussion der beobachteten Kurvenformen, Vergleich mit den unter 1. gemessenen

Spektren und Ermittlung der Kopplungskonstanten.

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3. Näherungsweise Bestimmung der Intensitäten I3 und I4 aus den Signalen. Hierbei steht I4

für die Peakhöhe, die aus dem Anteil des tetraedrisch koordinierten Bors resultiert. I3 steht

hier für die Summe der Peakhöhen, die aus dem Anteil des trigonal planar koordinierten

Bors resultieren. Auftragen der Beziehung I4/(I3+I4) gegen R = mol % Na2O/mol % B2O3

und Deutung des Ergebnisses.

7. Literatur

• Texte: „Grundlagen“ und „Festkörper-NMR“ und die dort aufgeführte Literatur.

• Übersichtsartikel W. Müller-Warmuth und H. Eckert, Physics Reports 88, 91-149 (1982).

• H. Eckert, Progress in NMR Spectroscopy 24, 159-293 (1992).