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(Beilage.) Versuch einer Lebensbeschreibung des K. B. Regierungsrathes Johann Heinrich Thomas v. Bösner, von Herrn Ghristian Ludwig Bösner, quiesc. k. GrKnzoberkontroleur in Regeusburg. Immerdar ist sie gerecht, die Alles ausgleichende Göttin! Laß dich nicht irren des Augenblicks widrigen Schein; Was dich heute verletzt, verschwindet im Gang des Jahr- hunderts, Und des Einzelnen Tod dienet dem Ganzen zum Keim, Denn das Weltgericht ist der Menschheit große Geschichte! Völker entstehen und blühen und gehen hinüber; Aber früh oder spät wird Unterdrückung gerächt! :e. Diese Strophen, einem schönen, in A>o. 62 der wö- chentlichen Unterhaltungen der Regensburger Zeitung vom Jahre 1832 abgedruckten und ohne Zweifel aus der Feder des Mannes geflossenen Gedichte entnommen, dessen vielbe- wegtes, in die ereignißvollsten Epochen des verflossenen und des jetzigen Jahrhunderts fallendes Leben hier mit einer nur zu unfähigen Hand in schwachen Umrissen geschildert werden soll, stehen gewiß mit Recht am Eingange dieser Darstel- lung, weil sie so ganz und gar aus der innersten Seele die- Universitätsbibliothek Regensburg urn:nbn:de:bvb:355-ubr01802-0369-2

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(Beilage.)

Versuch einer Lebensbeschreibungdes

K. B. Regierungsrathes

Johann Heinrich Thomas v. Bösner,v o n

Herrn Ghristian Ludwig Bösner,quiesc. k. GrKnzoberkontroleur in Regeusburg.

Immerdar ist sie gerecht, die Alles ausgleichende Göttin!Laß dich nicht irren des Augenblicks widrigen Schein;Was dich heute verletzt, verschwindet im Gang des Jahr-

hunderts,Und des Einzelnen Tod dienet dem Ganzen zum Keim,Denn das Weltgericht ist der Menschheit große Geschichte!Völker entstehen und blühen und gehen hinüber;Aber früh oder spät wird Unterdrückung gerächt! :e.

Diese Strophen, einem schönen, in A>o. 62 der wö-chentlichen Unterhaltungen der Regensburger Zeitung vomJahre 1832 abgedruckten und ohne Zweifel aus der Federdes Mannes geflossenen Gedichte entnommen, dessen vielbe-wegtes, in die ereignißvollsten Epochen des verflossenen unddes jetzigen Jahrhunderts fallendes Leben hier mit einer nurzu unfähigen Hand in schwachen Umrissen geschildert werdensoll, stehen gewiß mit Recht am Eingange dieser Darstel-lung, weil sie so ganz und gar aus der innersten Seele die-

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ses Mannes hervorgegangen sind. Seinen Genius und dieErfahrungen, auf die sich seine Weisheit gründete, gebendiese Verse getreu wieder. Denn das Studium der Geschichtewar ihm nach heißer Tagesarbeit nicht nur Erholung, son-dern auch die nie versiegende Quelle seiner Thattraft, seinerWillensstärke und der unerschöpflichen Liebe, mit der er Allesin seinen Wirkungskreis Fallende umfaßte und welche so vie-len Segen verbreitete. Aber nur wer mit Aufmerksamkeitrückwärts blickt, vermag in die Zukunft zu sehen, und somöge das prophetische Wort seines Gedichtes zur beglücken-den Wahrheit werden. Die Zei t , in die das Leben diesesfür Regensburg gewiß merkwürdigen Mannes fällt, warüberreich an den nachdrücklichsten Lehren für die Völker, wiefür den Einzelnen, und wer, wie der Verstorbene, so mäch-tig in den allgemeinen Strudel gerissen wurde, konnte vonGlück sagen, wenn er nicht untersank. Aber ihm gelang es,unter den bedenklichsten Verhältnissen sich oben zu erhalten,seine Kraft zu stahlen, zu üben und damit segenvoll zuwirken. Sein Andenken lebt, obgleich fast alle seine Zeit-genossen ihm in's Land des Friedens voraus gingen, dochnoch in seinen Werken und in manchem Herzen An dieseist insbesondere diese Schilderung gerichtet; möge sie beitra-gen, die Erinnerung an ihn zu befestigen.

Johann Heinrich Thomas von Vösner wurde zu Re-gensburg am 24. August 1766 geboren. Er stammt auseiner alten, ursprünglich in Würtemberg, zu Ursbach, Göp-pinger Amts, ansäßigen Familie, deren bis jetzt bekannterStammvater, Gallus Besner, im Jahre 1586 zu Kolmar,in Elsaß, wohin er ausgewandert war, verstarb. Von des-sen Nachkommen war Johann Ulrich Besner der Erste,welcher in der freien Reichsstadt Regensburg seinen standi-gen Wohnsitz aufschlug und daselbst, mit der höchsten Würde

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dieses Freistaats bekleidet, als Stadtkammerer im Jahre1739 starb. Von diesem stammte Regierungsrath Bösnerin gerader Linie ab.. Aus welchem Grunde die damaligeSchreibart Besner sich in die jetzt übliche: Bösner verwan-delte, ist unbekannt. Die Familie breitete sich hier und inElsaß aus, sendete sogar Zweige nach Holland und Ame-rika, und zeichnete sich durch Rechtschaffcnheit aus und —wie des Verstorbenen Vater berichtete: „durch denGebrauch der von Gott verliehenen Fähigkeiten unddargebotenen Gelegenheiten, sich in erhabene Stellun-gen, Würden und Vermögen zu setzen; wie er denn nie-mals einen Verwandten seines Namens gekannt habe, dernicht seine Pflicht gegen Gott und Nebenmenschen redlich er-füllt habe."

Dieser merkwürdige Mann war :Siegmund Georg Ulrich Bösner,

geboren zu Regensburg am 11. Juni 1726,gestorben daselbst am 5. September 1800,

vermählt mitKatharina geborne Gumpelzhaimer

von Regensburg,gestorben den 6. September 1766.

Da zwischen diesem Vater und seinem Sohne eine un-gemeine geistige Ähnlichkeit bestand, und die Grundsatze, nachdenen Jener die Erziehung und Ausbildung dieses Sohnesleitete, so Helles Licht über das Leben des Letzteren verbrei-ten, so sei es erlaubt, eine kleine Weile bei dem Andenkendieses würdigen Vaters anzuhalten.

„Der Konfession nach Protestant, aller pictistischmGleißnerei, wie der mächtig einreißenden Freigeisterei und I r -religiosität gleich abhold, fteisinnig und aufgeklärt in seinenGlaubensansichten, festhaltend an den Grundsätzen ächterLhristuslehre und einer kernhaften M o r a l , ausgezeichnetdurch eine, trotz der Aermlichkeit stadtischer Erziehungsanstal-

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ten seine Umgebung weit überspringende Bi ldung, durchStrenge gegen sich selbst, durch unerschütterliche Energie,durch geschärften Verstand, logisches Denken, unbestechlicheRedlichkeit, aufopfernden Bürgersinn, gefallige Umgangs-form und dauernde Freundschaft — war es nicht überra-schend, daß ihm die höchste Würde des kleinen Freistaatesübertragen wurde. Dieses Amt bekleidete er vom Jahre1774 bis gegen Ende des Jahrhunderts und verband damitnoch mehrere andere auszeichnende Bedienstungen. Hochver-dient um vielfache und namhafte Verbesserungen im hiesigenGemeinwesen, wohlthätig einwirkend während der Hungers-noth der Jahre 1771 und 1773, durch Herstellung der imJahre 1779 ihm vom damaligen Fürsten von Thurn undTans übertragenen Errichtung der noch bestehenden schönenAllee um die Stadt, ward ihm noch die besondere Auszeich-nung zu Theil, daß der Churfürst von Pfalzbayern seine beidem großen Brande zu Straubing im Jahre 1780 geleiste-ten wichtigen Dienste mit einer großen goldenen Medaillebelohnte.

War er als öffentlicher Beamter hervorragend, so warer als Gatte und Vater gleich ehrwürdig. Seine eigenenWorte sprechen für ihn in jener Denkschrift, die er an sei-nen Sohn richtete:

„—Diese Erfahrung hat die Folge gehabt, daß mein Va-ter seine Kinder mit Waffer aufziehen ließ, eine Methode,der auch ich bei deiner Erziehung folgte, und eben diese Er-innerung hat gemacht, daß ich bei deinen jugendlichen Feh-lern den strengsten Ernst anwendete, um dich zu überzeugen,daß die vielleicht nur allzu gewöhnliche Nachsicht gegen eine i n z i g e s Kind über mich nichts vermag. Ich litt nicht,daß man deine Fragen, so ungeschickt sie auch seyn mochten,ganz unbeantwortet abwies, um deine Wißbegierde nicht zuersticken, noch weniger, daß man dir etwas weiß machte;man durfte nicht kindisch mit dir sprechen, und daher kam

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es, daß du beinahe mit dem ersten Laute die Worte wie einErwachsener aussprachst und nachhin mit ungemeiner Fertig-keit in deiner allerersten Jugend lesen konntest. Sobald esmöglich war , gab ich dir Gellerts geistliche Oden, um dasLesen daraus zu lernen, deinen Geschmack frühzeitig zumSchönen zu gewöhnen und dir einen Begriff deiner künfti-gen Schuldigkeiten beizubringen :c. Ich ließ mir angelegenseyn, dir das Spioniren zu verleiden, und dir von Jeder-mann eine gute Mejnung beizubringen. Daher kam es, daßdu die Leute vergnügt anblicktest und wieder mit Vergnügengesehen wurdest; man scheute sich vor deiner Gegenwartnicht :c. Deine Gesichtsbildung, das Mitleiden über deinenmutterlosen Waisenstand, die Unschuld deiner Munterkeit,der geschickte Gebrauch deiner Gliedmaßen :c. hatte dir die'Vorliebe deiner Verwandten auf einen Grad zugewendet,daß du gewiß verzärtelt, versäumt und in die gefahrlichstenUnarten gerathen wärest, wenn ich nicht meinen Ernst dirin Zeiten fürchterlich zu machen gesucht hatte 2c. Daß deinejugendlichen Anwandlungen ohne Schaden für dich gebliebensind, dem Geringen seine Ehre zu geben gelernt hast, gernevornehmen Kindern zur Gesellschaft gegeben wurdest, kannstdu sicherlich dem Segen deiner frommen Mutter zuschreiben.Ich mache dir diese Erzählung, weil sie dir in Zukunft zurErmunterung und zugleich zum Zeugniß dienen kann,

daß du ein gutes Kind gewesen bist."Ein M a n n , der seine innige Vaterliebe seinen Grund-

sätzen so glücklich unterzuordnen wußte, war gewiß auch einedler Gatte. Dieß erhellt aus seinem selbst beschriebenen Le-benslauf.

„ Ich hatte — sagt er — den Ehestand durch Beispielenach seinem ganzen Werthe kennen lernen. Nicht nur dieunbeschreibliche Anmuth, welche deine schöne Mutter überAlleS, was sie that und sagte, zu verbreiten wußte, nicht

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blos die sanfte Munterkeit ihres Umganges, ihr redendesAuge hatten mir eine Neigung zu ihr beigebracht. Die Er-füllung aller ihrer Pflichten als Tochter, Schwester, Freun-din, Gehilfin :c. waren es, die in mir die Ueberzeugung er-weckten, daß ich ihr meine Wohlfahrt anvertrauen undHilfe im Unglücke erwarten konnte. Ich würde diesen En-gel noch um mich haben, wenn ich ihrer würdiger gewesenwäre. Noch am Abend vor ihrem Ende ließ sie dich zu ihrbringen, betete in der Stille, und dieß.war ihr Segen, densie innerlich über dich ergoß. Gott laße ihn dauern! —

Von diesem Augenblicke war alle Ruhe und Freudig-keit von mir gewichen. Ich fand keine Linderung als inanhaltender Arbeitsamkeit und in der Sorge um dich, die siemir allein überlassen hatte."

Konnte es nun fehlen, daß bei solchen Grundsähen,bei so reifer Vernunft, bei so zarter Gesinnung, so innigerEmpfindung, so zärtlichem Herzen die Erziehung des Ver-lebten nur schöne Früchte trug? bei Anlagen und Fähig-keiten, die seine Kommilitonen weit überflügelten, bei socia-len Verhaltnissen und Beziehungen, bei der Eigenthümlich-keit der damaligen Zustände, deren wohlthätige Einflüße sei-ner Ausbildung nicht fremd bleiben konnten? Der MutterSegen ruhte wirklich und sichtbar auf ihm.

Das protestantische Gymnasium, die ehemalige Poeten-schule, besaß damals tüchtige Lehrer; ein klassischer Unter-richt ließ klassische Bildung zurück. Diese feurige Kapacitätfaßte leicht, aber gründlich auf; ein treues Gedächtniß be-wahrte jeden Eindruck.

I n diese Zeit seiner ersten Studien fällt eine im Jahre1782 mit seinem Vater durch Würtemberg nach Straßburgund Kolmar unternommene Reise, in deren Beschreibung ereine Probe seiner Auffassungsgabe niederlegte.

Ausgerüstet mit allem für eine Bildungsanstalt Nöthi-gen, versorgt mit einem Schatzkästlein väterlicher Erfahrung

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und Weisheit, geübt in der französischen Sprache, bezog derVerlebte am 23. M a i 1786 die Universität Leipzig und am22. Oktober 1787 die Hochschule zu Marburg. Unter denberühmten Lehrern dieser Anstalten erweiterte sich der Kreisseiner Kenntnisse nach größerem Maßstabe. Eifriges Stu-dium der philosophischen, kameralistischen und Rechtswissen- .schaften legte nachhaltigen Grund theoretischer Ausbildungfür den künftigen Beruf. Dabei blieb die Wege der schö-nen Wissenschaften nicht im Hintergrund, und angebornerS inn für Poesie, Geschmack an guter Literatur, Lektüre undKenntniß der beßten Schriftsteller und Dichter alter undneuer Zeit (Horaz blieb bis zum Grab sein treuer Beglei-ter) waren ihm eine Quelle hoher Genüße und ein Spornzum Bund mit den Musen, der bis zum letzten Hauch ihnmit dem wissenschaftlichen Fortschritte der Zeit immer aufgleicher Höhe hielt.

I n diese Epoche des akademischen Lebens fallen Freund-schaftsbündnisse mit den edelsten Jünglingen, die nur derTod oder Beruf trennte. Insbesondere war das Verhält-niß zum nachherigen Reichshofrath Grafen Degenfeld-Schom-berg ein sehr inniges, und mit so manchem Andern, derspäter Ruhm und Namen errang, knüpften sich Verbindun-gen. Unter den drohenden Gewittern am politischen Him-mel gingen die Universitätsjahre vorüber; auf sie folgte diedamals übliche Prans beim Reichskammergerichte zu Wetz-lar, dann ein erholender und erquickender Ausflug nachDresden, in die sächsische Schweiz, nach dem Nheingau,der Pfalz und nach Franken, als ihn am 18. September1789 die Vaterstadt an die Stelle eines Syndikus berief.Hier begann nun der erste öffentliche und selbstständige Wir-kungskreis. Er füllte seinen Posten aus; deß sind Zeugedie noch vorhandenen Akten und das bekannte Vertrauenseiner Obern in den verschiedensten, verwickeltften und be-denklichsten Angelegenheiten der Republik. War der Lohn

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für seine Dienste karg (er diente Anfangs unentgeltlich undnachhin für die spärliche Besoldung von ein paar hundertGulden), so ehrte ihn sein Ruf in öffentlichen Geschäften.Unbestrittener Gewandtheit und Geschicklichkeit verdankte erspater die Komitialgesandtschaften der Reichsstädte Heilbronn,Schweinfurt, Nördlingen und Lübeck am Reichstage, dieBeiordnung zum Direktorium des reichsstadtischen Kollegiumsund im Jahre 1797 die Ernennung zum Konsulenten undRath des reichsgraflich O r t e n d u rg ischen Hauses, andessen Spitze eine durch Verstand, hohe Bildung und Her-zensgüte ausgezeichnete Frau, Christiane von Ortenburg,stand.

I n diesen Zeitraum fällt ein Theil seiner literarischenThätigkeit. Aller Augen waren damals in Teutschland aufdie einzige hohe Warte des verfallenden Reichs unter denWettern, die vom linken Rheinufer herüber zogen, auf dieReichsversammlung in Regensburg, gerichtet. Seine Kom-mittenten versah Bösner in den damals üblichen Komitial-berichten mit Notizen über die Reichstagsverhandlungen undalle sonstigen Vorkommnisse, die theils in den sogenanntenKomitialblattern, theils im Reichsanzeiger zur Oeffentlich-keit gelangten, mit großer Begierde gelesen wurden undschöne Beweise seiner Kenntnisse, Geschäftskunde, geläuter-ten Schreibart und seines Eifers liefern. I n dieser Sphäreblieb er bis zum Jahre 1802, wohin seine Wahl als Mi t -glied der besonders niedergesetzten Kommission »ä re» politl-ea» gehört.

Die Bedrängnisse des kleinen Staats, dem er diente,kennt man, sie sind mit der Geschichte der Zeit und desReiches innigst verwebt und die Folgen jener erschüttern-den Stöße, die die bestehende Ordnung zu zerstören drohtenund zum Theil auch vernichtet haben. I n allen Schwan-kungen und Bewegungen stand der Verstorbene, des in derFamilie herkömmlichen Wahlspruches: „noo temere, nee t l -

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" eingedenk, ungebeugt, wohlgesichert durch ein gutesGewissen, das Bewußtseyn der eigenen Kraft, durch Dien-stestreue, Eifer und'die immer blühenden und grünendenEigenschaften seines Herzens. Der unerschrockene Muth sei-ner Seele, gemäßigt durch Erfahrung und gründliches Wis-sen, lenkte die Aufmerksamkeit in einer Zeit auf ihn , da esdarauf ankam, harte Schicksalsschlägc abzuwenden, oder zulindern. Der Krieg war mit allen seinen Furien hereinge-brochen über Teutschland. Sieger wie Besiegte stellten ge-bieterische Forderungen, und diese berührten gar oft das Un-mögliche in einer Stadt, in der damals bei einer Zahl v Mhöchstens achthundert "bürgerlichen Familienvätern die kielen,im höchsten Grade pkivilegirten Stände, Klöster und Stiftezum Nachbheil dev Gewerbe und des gemeinen SäckM (demalle Staatslästen zufielen) öhne a l l e n B e i t r a g ttlir dieVortheile des Gemeinwesens davon trugen. Die vertrags-und rechtswidrigen Gewerbe der Geistlichkeit hatten die A Mder bürgerlichen Gewerbe feit hundert Jähren um ein Dri t-tel vermindert, der Ausfall in den Aerarialeinkünften mußtet h M durch erhöhte Steuern, theils durch Aufnahme votiKapitalien erfetzt werden. Die Bestreitung der Kosten fürdie Garnison, die Unterhaltung des Straßenpstaster!s> diekostspieligen Reparaturen der Brückendämme und Donauge-stade — Alles das lag schwer auf der geschwächten Staats-kasse. Und dazu kamen die Opfer für einen Krieg, der beiseinem Ende der armen Stadt mehr als 3 0 0 M 0 Guldenentzogen hatte! Da war es wohl ein Veldienst, wennstch Männer fanden, die mit Hintansetzung aller und WerRüGchten muthig gegen den Strom kämpften.

Syndikus Bösner fMdte man im SMember 1796 anden K. K. FeldmarscWll-Lieutenatrt v/ Lilien nach Straü-bing, AM wegen MgMeMner M P ^ r l H i g e r Garnison tzuMwhandeM, ^ o w r c h dM-MiMändelt einer ü b e r M ß i MUnd vrdnUngswidlrGen EickMttimng borgtzbßW würbe

Verhandlungen d. histor. Vereins, Vd. XU. 2 3

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erwünschte Zweck ward erreicht. I M Jul i 1800 ward ihmwegen Annäherung eines bedeutenden französtfchen Corps dieRekognoscirung der Gegend bis Abensberg und Nemftad'tübertragen. I m Januar 1804, als die französischen Tmppenin der nächsten Nähe der Stadt lagerten, sandte matz ihnin das feindliche Lager bei Kumpslnühl Mit Gefahr seinesLebens, ilchem ein Schuß des ersten französischen Piquetshart an ihm und seinen Begleitern vorüber ging; die Un-terhandlung mit dem General Souham, sowie mit dem chm-bayerischen General Nogmollit hatte Erfolg, denn er trugwesentlich dazu bei, daß die Stkdt nur eine geringe Ein-ffuartirung erhielt, ein kurzer Waffenstiltsiand geschlossen unddie Neutralisimng der Mücke trclktjrt wurde. Freilich wa-ren neue Opfer unvermeidlich, denn nach den unahweM-chen und schamlosesten Bedingungen eylpfingen General Sylt-ham 500 Lonisd'ors, Genercrl Levaffeur 250, General Ha-melinaye 70 Md der General-Adjutant Guichard 400.

Zu derselben Zelt beehrte ihn der Magistrat mit einerSendung In das HaWtqWrtier des Obergenerstls MBrem>übn Passau nach Salzburg, von d m er die Ermäßigungdex ungeheueren Kriegskontribution Doi^ 406,000 Frcs. Mssdie Vumme vou 25,000 Frcs. erwirkte.

Erwägt man, daß die verarmte Reichsstadt von 4792bis 1801 eine Summe von 218,322 Mann fremder Trup-pen in Quartier und Verpflegung hatte, so war Aösner'serfolgreiches Streben gewiß dankenswerth und rühmlich.Nicht unpassend dürfte hier eines Zuges von Strenge er-wähnt werden, wozu der Verstorbene ganz absichWos denAnlaß gegeben haben mag. General Grenter^ den RegeM-burgern wohl bekannt durch Güte zmh Freundlichkeit, hrücktein Passau seinen Unwillen aus über hie von eiNM gewissen

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ftanzöfischen Gefangenen zu Regmsburg erfahren haben sol-len. Elfteres entschuldigte Bösner mit der unbezwingbaren'Unvernunft des Verfassers und der Protektion der österreichi-schen Truppen; den letzteren Vorwurf lehnte er glaubwürdigab. Disß geschah am 49. Januar 1801. Die Sache schienVergessen. Da las man am 3. Februar 1801 in Xro. 39der Augsburger Ordmari-Postzeitung eine Veröffentlichungdes Gskadrons-Chef, Karl Lefevre, mit einer Erklärung desgenannten PaoU,

„wonach er als Herausgeber des l>Ie^euro universelbekannte: dafür, daß er in den Numern vom 1. bis17. Dezember 1W0 die Franzosen belogen und ver-läumdet, 50 Stockstreiche wohlverdientermaßen erhal-ten- zu haben" —

Die magistrattschen Syndikatsgeschafte und die Angele-genheiten seiner Komitialgesandtschaften am Reichstage er-laubten dem Gerstorbenen noch nebenbei den ehrenvollen Auf-trägen zu entsprechen, die ihm rücksichilich der Gntschädi-gMgsaNsprüche verschiedener, durch KnegsunMck und be-soudere politische KottjuMuren um Land und Unterthanengekommener Fürsten, Grafen und Herrn des tentschen Rei-ches bei der im Jahre 1803 bestehenden Reichsfriedensdepu-tatiolt in Regensburg zu Theil wurden. Hierunter gehörendie Häuser: Bentheim-Teklenburg, Rheda, Wittgenstein-Ver-leburg, Sayn-Wittgenftein, Stollberg, Salm-Grumbach, Lei-ningen, Solms-Laubach 3c. Vorzüglich interessant ist die insolcher Angelegenheit geführte Korrespondenz mit der Unglück^lichen Wrst in von Wisd zu Meu-Wicd, einer Frau, in ihrerhohen Stellung als Fürstin, Gattin und Mutter durch aus-gezeiGleie Geistesbildung und die schönsten Eigenschaften desHerzens verehrttngswürdig. Sie war dem Verlebten mitpersiMcher Achtung und Freundschaft Mgethän^ ^aber wichtig warenMe^ UNtechandlMgen> benen

des Herzogs vött Modena bei der g e n a M M33*

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ordentlichen Reichsfriedensdeputation unterzog. Die Korres-pondenz ward in Französischer Sprache mit dem Erzher-zoge F e r d i n a n h von Oesterreich geführt. Der Er-folg entsprach den Erwartungen dieses Hauses und den wirk-lich ausgezeichneten Bemühungen Bösners, Denn für diedem Herzoge von Modena von den französischen Waffen ent-rissenen Lande in Italien ward ihm das Breisgau als Ent-schädigung. Es liegt nicht ein Erlaß vor, der nicht mit denVersicherungen der tiefgefühltesten Dankbarkeit und Anerken-nung schloß, und rdie sehr dieß dem Erzherzoge Ernst war,bewahrt, außer andern Gratifikationen, eine Anweisung von10,000 Gulden, deren Verwendung dem Ermessen des Ver-lebten überlassen hlieb.

Ebenso eifrig vertheidigte er die Ansprüche der Erzher-zogin von Oesterreich Este, als Herzogin von Maffa-Carrara.

Wahrend dessen war ein für die Stadt Regensbmgewig denkwürdiger Zeitpunkt eingetreten. Die Stadt hörteim Jahre 1802 auf, eine freie Reichsstadt zu seyn, und ge-langte unter die Hoheit des Chur ̂ Grzkanzlers, nachhenMFürsten Primas und. Großherzogs von Frankfurt, C A r lv o n D a l b e r g .

Welch schöne Erinnerungen knüpfen sich nicht an dasAndenken dieses edlen Fürsten? Welche nachhaltige Wohl-thaten ergoß nicht die Hand des hochherzigen Mannes wah-rend des kurzen Zeitraumes von acht Jährest über hie un-glückliche Stadt? Sein W alten war segenreich. Er zeich-nete den Syndikus Bösner bald nach seinem Regierungsan-tritte dadurch aus, daß er ihn zum D o l i z e i d i r e k t o r undL a n d e s k o m m i s s a r i a t s - R a t h ernannte, dann späterzum S t a d t k o m m i s s a r , L a n d e s d i r e k t i o y s r a t h undVors tand des Protestant ischen C o n s j f t o r i u m s be-Mherte, ihm die Geschäfte einesMfnsachen, im Zuchthaus-,tirnngs^, Lonscriptions? uyh

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zugleich die Stelle eines B ü r g e r m i l i t ä r - K o m m a n d a n ^t e n , eines Censors und K o n s u l e n t e n der evange-l ischen K o l l e k t e n - K a s s e n Übertrag.

Da ward dem Verlebten ein weiter nnd schöner Wir-kungskreis, der nur im Jahre 1804 durch eine Reise nachParis in Familienangelegenheiten eine kurze Unterbrechungerlitt. Er wohnte dort der Kaiser-Krönung bei.

Noch bluten die Wunden jener harten Zeit; wie vielgab es nicht da zu schlichten, zu ordnen, zu lindern, zu ver-bessern, zu beseitigen? Des Landesherrn unbedingtes Ver-trauen war da ein fester Anker in den'Stürmen der Zeit;aber nur zu bald sollte erprobt werden, wer dauere im Au-genblicke der Gefahr. Seit dem 4 April 1809 war dieStadt von französischen Truppen besetzt. Der Ausbruch desKrieges mit Österreich und Frankreich machte Regensburgzum Hauptpunkte des Kriegstheaters; Einquartirungen ohneEnde, tägliche Gefechte waren nur unbedeutende Vorgängeder fürchterlichen Katastrophe, die kurz darauf die geängsteteStadt treffen sollten. Die französische Besahung von 2000Mann unter dem braven Oberst Goutard wich der Ueber-macht am 20. Apr i l , die Oesterreicher zogen ein, aber schonam 22. Abends begann der Rückzug der 40,000 Mann star-ken Armee. Der 23ste brach an; ordnungslose Flucht, Ver-wirrung an allen Punkten; eine furchtbare Kanonade ausden französischen Batterieen an der Südseite der Stadt eröff-nete bis Abends 6 Uhr eine Breche, wo der Feind ein-drang; in allen Straßen Gefecht und Kampf, Blut undTod, es war entsetzlich, herzzerreißend! Manches kühneHerz sank unter den Schrecken des Tages. Vösner hieltaus, da andere zagten und vergingen; Hand in Hand wir-kend mit dem damaligen würdigen Polizeidirektor v. Wein-rich, seinem nachherigen Schwiegersohn, erblickte man ihnan allen Orten, wo Gefahr drohte; die ungewöhnliche gründ-liche Kenntniß und Uebung der französischen Sprache ver-

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schaffte ihm fast immer Gehör beim siegenden Feinde. DieEreignisse jener Schreckenstage sind bekannt: die Stadt ge-plündert, der Wuth und den Freveln einer zügellosen Sol>dateska preis gegeben,.von einer furchtbaren Feuersdrunstheimgesucht (es lagen da 150 Häuser in Asche), über 3000Bürger verarmt, durch eine wahrend weniger Wochen ge-tragene Einqumtirung von 200,000 Mann erschöpft unddurch die Aufhebung der Reichstage um die vorzüglichsteQuelle ihres Wohlstandes gebracht, um vielleicht 1,000,000Gulden fremden Geldes, das dem öffentlichen Verkehre ent-zogen war.

Wie sehr war damals Bösner's ganze Thä'tigkeit m An-spruch genommen?! Eine schwere Nervenkrankheit folgteseinen Anstrengungen. — Das Jahr 1810 brachte neuenWechsel; die Stadt ward nach sechshundertjähriger Tren-nung wieder mit Bayern vereinigt. Bösner war disponi-bel. Nach Abfluß von zwei Jahren, nachdem er im Kolle-gium des General-Kreiskommissariats verwendet worden, ludihn der regierende Herzog von Anhalt-Köthen ein, sich inder Eigenschaft als Staatsrath mit an die Spitze der Re-gierung sgeschäfte, insbesondere bei Einführung des OoäoNapoleou zu stellen. Diesen ehrenvollen Ruf lehnte Bös-ner aus triftigen Gründen ab. Er betrieb seine Neaetivi-rung angelegentlich; am 16. Juni 1812 ernannte ihn Kö-nig Mar zum vierten Kreisrath in Regensburg, im Jahre1817 bei der Kreisregierung daselbst, Kammer des Innern,zum vierten Regierungsrath; am 3< Ju l i 1826 trat er alsRegierungsrath in die erste Dienstesklasse, und endlich durchallerhöchste Verfügung vom 8. Ju l i 1841 nach fünfzig-jährigen, bis in das Alter von vierundsiebzig Lebensjahrenfortgesetzten, treuen und eifrigen Diensten vom 1. August1841 an für immer in den wohlverdienten Ruhestand.

Neben seinem Beruf als KMgia l ra th war BösnerMitglied der schon unter dem Fürsten Primas creirten Per-

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schönerungs- beziehungsweise Beaufsichtigungskommisston derhlesigen Promenaden und Anlagen, und vom Jahre 4818 bisan feinen Tod im Jahre 1845 Vorstand derselben.

Was er in dieser Eigenschaft geleistet und gefördert,das sprechen diese Anlagen, diese stillen Zeugen seiner Wirk-samkeit unaufgefordert aus. Sein Ruf als Freund undKenner der Natur bestimmte die hiesige botanische Gesellschaft,ihn am 16. August 1816 zum Ehrenmitglied zu ernennen;später am 10. Februar 1836 gesellte er sich dem landwirth-schaftlichen Verein für den Regenkreis zu, und trat dem Ver-eine für Blumiftik und Gartenbau zu Weimar am 1. Au-gust 1837 bei.

Bösner war Mitbegründer des historischen Vereins desRegenkteises (nunmehr von Oberpfalz und Regensburg) am20. November 1831 und bis zu feinem Ende einer der le-bendigsten Theilnehmer an dessen Bemühungen.

Noch ist zu bemerken, daß Bösner den landständischenVerhältnissen nicht fremd blieb. Das Vertrauen seiner M i t -bürger lenkte die Wahl der Städte des ehemaligen Regen-kreises für die Landtage von 1825 und 1828 auf ihn. M i tEinsicht, Unbefangenheit und Freimuth wußte er die Inte-ressen der Krone, wie seiner Kommittenten bestens zu verei-nigen, was besonders aus seinen Referaten über die Gesetz-entwürfe über Ansäßigmachung und Ergänzung des Heereshervorleuchtet. —

M i t Heiterkeit, Zufriedenheit und Nuhe blickte der ehr-würdige Mann am Abend seines Lebens auf die lange Bahnzurück, die er unter den schwierigsten Verhaltnissen des ab-gelaufenen Jahrhunderts begonnen, muthig unter dem Ka-nonendonner des beginnenden Säkulums fortgesetzt und un-ter den Segnungen der Friedenszeit vollendet hatte. Gin schö-ner Lohn lgg ihm neben dem eigenen Bewußtseyn in derAnerkennung und Achtung seiner Zeitgenossen und Mitbür-ger, kein geringerer aber in dem Wohlwollen seines Königs.

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Von I h m empfing er im Jahre l833 das R i t t e r-kreuz des C i v i l - V e r d i e n s t - O r d e n s der bayerischenKrone und im Jahre 1840 das des Königl. L u d w i g s -O r d e n s . * )

Seine Dienste waren d r e i e n Regierungen, jeder mitTreue, Eifer und Hingebung gewidmet, sein Rath , seineHi l fe , sein Wohlwollen jedem Bedürftigen, sein Bestrebender Wohlfahrt seiner Mitbürger, denen er insbesondere durchansehnlichen Grundbesitz angehörte. Friedfertigkeit und Ver-träglichkeit, als Grundzüge seines Charakters, halfen ihmaus den schwierigsten Lagen, und wendeten ihm die Liebeseiner Oberen und Genossen zu; Gefmnungstüchtigkeit, Kennt-nißreickthum machten seinen Umgang belehrend und Humorseine Gesellschaft angenehm. War ihm nun das Loos ei-nes zufriedenen und glücklichen Alters beschieden, so trugenungestörte Gesundheit und schöne hausliche Verhältnisse nichtwenig dazu bei, dicß Glück zu erhöhen und die letzten Jahremit Heiterkeit zu schmücken. Aus einer vierzigjährigen Ehe,die der Tod am 14. Januar 1831 trennte, gingen ihm 10Kinder hervor, von denen drei vor i tM starben. Fast allesah er glücklich versorgt. Von ihnen erlebte er 26 Enkelund acht Urenkel.

Vom Zeitpunkte seiner Quiescirung, die er als freund-liches Geschenk königlicher Gnade empfing, wendete er sichmit inniger Liebe dem Dienste im Tempel der Natur zu,deren eifriger Priester er war und blieb. Der Göttin Se-gen blieb nicht aus. Noch grünen alljährlich seine Flurenund Bäume, die alle Schöpfungen und Andenken von ihmsind. I n ihrem Schatten war er glücklich und ließ gerne dieschöne Erinnerung an eine große Zeit an sich vorübergehen.

S. die Rede des k. Regierungspräsidenten v. Schenk bei derfeierlichen Überreichung des Ludwigsordens an Vlösner am15. Oktober 1840, Regensburg, Brenk'sche Buchbruckerei.

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Er war allein von ihr noch übrig und sah furchtlos demMomente entgegen, der ihn vom Schauplätze seines Wir-kens abrufen werde. Am 20. Februar 1845, im neunund-stebzigsten Jahre seines Lebens, machte diesem ein Schlag-fiuß bei beßter Gesundheit ein Ende und damit war einerseiner eifrigsten Wünsche erfüllt; denn der ernste Engel wargütig und löste schmerzlos des Lebens Bande. Der guteHumor verließ ihn fast bis zum letzten Athemzuge nicht undein gutmüthiger Scherz über die Arzneiwissenschaft, die seinVertrauen nie ganz genoß, lebt noch im Oedachtniß derHinterbliebenen.

Einem Ingenmm von so heißem Drange nach Lichtund Wahrheit blieb literarische Thätigkeit nicht fremd. Diesorglosen Tage seiner späteren Jahre gaben hinreichendeMuße zu wissenschaftlichen Studien, und die von ihm be-kannt gewordenen historischen Forschungen sind deren tüchtigeZeugen. Hiezu gehören insbesondere:

1) Negensburg unter K. Ludwig dem Bayer. Aus undnach Gemeiners Reichsstadt Regensburgischer Chronik.Sulzbach, 182S. 8.

2) Eine im Jahre 1829 herausgekommene, in den Num-mern 16, 28 , 35 , 40 und 41 der wöchentlichen Un-terhaltungen der Regensburger Zeitung enthaltene Ab-handlung: „Etwas über die Gestalt der alten eastraReßin» Klo."

3) Ein Aufsatz:Beitrag zur Sittengeschichte der vormaligen ReichsstadtNegensburg, in A>o. 24 der wöchentlichen Unterhal-tung vom Jahre 1829.

4) Die steinerne Donaubrücke zu Regeneburg. Sulzbach,1830. 8.

5) Fragmente einer Geschichte des Domes zu Negensburg.Regensburg, 1833. 8.

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6) Sulzbach 1834, 8. u.2te vermehrte Aussage. 1838. ( S . Verhandlungen d<shistorWey Vereins, IV . Jahrgang, 4tes Heft S . 4.46.)

7) Ueber RölVerftraßen im Allgemeinen, vorgettagen imhistouschen Verein 1834. (S . dessen VechaMutMN! I l . Jahrgang 1. 5 M . Seite 66.)

8) Worte bei Enthüllung des Standbildes Kaisers Ottol V , gestochen am i5 . Vktpber 18M.AVße,r MMchw abgerissenen Nychen fmdm sich noch

olgende heme«kenswerthe Aufsätze:a) Ueber einen im November 1829 bei Rainhausen gefun-

denen Backenzahn, eines Elephanten.b) Der Freihafen an der Donan. 27. Februar 1830.0) Etwas M r . die vormalige und jetzige Geldcirculation'

in Regensburg.ä) Ueber zwei zwischen Salern und Regensburg gefundene

goldene Brakteaten. 6. April 183?.«) Aufforderung an den historischen Verein: Pie Haute-

lisstn im Rathhause zu Regensburg. 8. November 1834.t) Der Kaiserftuhl zu Regensburg. Novemher 1842. (Ne-

gensburger Unterhaltungsblatt von 1842. Num. 65.)ß) Einige Bemerkungen über Gumpelzhaimer/s Regensbur-

ger Geschichte. 1830.K) Die Schottenlirche mit dem Pprigle.1) Note über eine alte Abbildung der Stadt Negensburg.

21. Februar 1842.Außerdem finden sich noch folgende Aufsähe:

1) Nehenbemerkungen zu den Bemerkungen über das bay.Heeresergänzungsgeseh von 1826.

2) Fortgesetzte Beleuchtung der Bemerkungen. (InlandNro. 72. 13. März 183l.)

3) Beobachtung des Halley'schen Kometen W Monat De-zember 1831. (Wöchentliche Unterhaltungen Num. 65vom Jahre 1835.)

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Und nun, am Schluße dieser Skizze sey es noch ver-gönnt, einen Blick auf die gemüthlichen Endworte seiner klei-nen Abhandlung „der Prebrunn" zu werfen:

„Wer seinen Namen auf die Nachkommen bringen wi l l ,muß entweder Bücher schreiben, oder Kinder zeugen, oderBaume pflanzen."

Wir haben den Beweis dieser Behauptungen in seinenSchöpfungen gesehen, die noch und theilweise für kommendeTage seinen Namen tragen. Wenn wir auch darin kein„Manumentum aero pel-euniulz" erblicken, so bleibt doch dieErinnerung an unseren Verlebten immer ein theueres An-denken für seine Nachkommenschaft und so Manchen, der ihnkannte und in die Strömungen seines wohlwollenden Her-zens kam. Möge der Schatten seiner Bäume Jeden erqui-cken, der dort rastet, möge ihn dort jene dichterische Begei-sterung ergreifen, der sich der liebenswürdige Greis so gernehingab, und möchte Jeder, wenn ihn die Erinnerung mahnt,mit dem Verfasser von ihm denken:

„er war ein teutscher Mann,von achtem Schrot und Korn."

I m März 1847.

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