Versuche an der quergestreiften Darmmuskulatur

2
-- 141 -- kung wird naeh dem oben Gesagten niebt unmittelbar durch das Gift, sondern auf dem Umwege tiber einen ver~nderteu Stoffwechsel hervorgerufen. Der Muskel aber offenbart sieh uns be] dieser, nut dureh die Funktion diktierten Auf- fassung als ein Indikator ftir die MSgliehkeit noch weiterer Systemauffassungen. l%ey (Rostock): Versuche an der quergestreiften Darmmuskulatur. Die Kombination yon glatter und quergestreifter ]~uskulatur in einem Objekt, wie sie im Schleiendarm vorliegt, hat yon physio]ogiseher Seite schon Beachtung gefunden, pharmakologische Untersuehungen sind abet noeh nicht angestellt worden, his auf die Feststellung von lV[ahnl), da~ Kurare die in- direkte Reizung an dem gestreiften Ante]l, nieht abet an dem glatten un~4rk- sam macht. Man kann an einer Kurve, die ein isoliertes Darmstiick schreibt, die An- teiIe der be]den Arten der Muskulatur gut unterscheiden; es folgt auf eine schnelle hohe Zuckung der kr~ftigen quergestreiften ~uskulatur naeh km'zer Pause eine sehr viel kleinere langgestreckte der glatten und zwar auf direkten Reiz des Darmstiickes bin, wie auf Reizung des ~erven oder eines h6her ge- legenen Darmstiickes. Ieh habe nun eine Anzaht yon Giften an diesem Objekt untersucht und mSchte Ihnen dariiber kurz berichten. Alkohol und Chloralhydrat unterseheiden sich in ihrer Wirksamkeit deut- ]ich voneinander, nach Alkohol wird die erste willktirliche Zuckung gel~hmt, die zweite dagegen stark, oft enorm gefSrdert, es ]st also das erste Stadium der Alkoholwirkung an der glatten Muskulatur sehr deutlich ausgepr~gt, an der ge- streiften nicht sieher zu beobachten. Chloralhydrat hingegen lhhmt den zweiten Tel] der Zusammenziehung und zwar w~hrend ]anger Zeit und be] Weehsel der Konzentrationen.--Histamin, Adrenalin, Azetylcholin und Morphin, ebenso wie aueh Pilokarpin und Physostigmin fSrdern den zweiten yon der glatten Muskulatur herriihrenden Anteil be] gleichzeitiger Seh~digung der Thtigkeit des quergestreiften Muskels. Dabei wirkt Adrenalin auf die spontanen Bewegungen hemmend ein, die yon der glatten Muskulatur herstammen, und trotzdem sieht man am isolierten Darm auf direkten Reiz bin naeh Adrenalin eine FOrderung der Zusammenziehung. Eine Kontraktur tritt auf Azetyl- cholin nieht auf, dagegen auf Coffein. -- Papaverin und Chinin haben je nach der Konzentration, in der man sie wirken li~6t, einen verschiedenen Effekt; in niedrigen Konzentrationen li~hmen sie zuerst die zweite Zusammenziehung, die yon der innen gelegenen glatten Nuskulatur herrtihrt, in hohen Konzen- trationen dagegen die erste sehnelle Zuckung, die die aul~en liegende gestreifte Muskulatur besorgt. Es scheint wohl hier die glatte, abet geschiitzt liegende Muskulatur empfindlieher zu sein als die gul~ere gestreifte, die nut be] hohen Konzentrationen dem eindringenden Gift zu einer Zeit erliegt, wo die inhere noch nicht in vo]lem Umfange yon dem Gi~t betroffen wird. Dabei tritt in dtinnen Papaverin- and ChininlSsungen eine FOrderung der Ti~tigkeit beider Muskelarten ein.- Veratrin lgl]t den zweiten Anteil der Zusammenziehung deutlich in den Vordergrund treten, wi~hrend die erste schnelle Zuckung all- 1) Mahn, Untersuchungen fiber das physiologisehe Verhalten des Sehleien- darms. Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1898, Bd. 72, S. 273.

Transcript of Versuche an der quergestreiften Darmmuskulatur

Page 1: Versuche an der quergestreiften Darmmuskulatur

- - 1 4 1 - -

kung wird naeh dem oben Gesagten niebt unmittelbar durch das Gift, sondern auf dem Umwege tiber einen ver~nderteu Stoffwechsel hervorgerufen. Der Muskel aber offenbart sieh uns be] dieser, nut dureh die Funktion diktierten Auf- fassung als ein Indikator ftir die MSgliehkeit noch weiterer Systemauffassungen.

l%ey (Rostock): Versuche an der querges t re i f ten Darmmuskulatur .

Die Kombination yon glatter und quergestreifter ]~uskulatur in einem Objekt, wie sie im Schleiendarm vorliegt, hat yon physio]ogiseher Seite schon Beachtung gefunden, pharmakologische Untersuehungen sind abet noeh nicht angestellt worden, his auf die Feststellung von lV[ahnl), da~ Kurare die in- direkte Reizung an dem gestreiften Ante]l, nieht abet an dem glatten un~4rk- sam macht.

Man kann an einer Kurve, die ein isoliertes Darmstiick schreibt, die An- teiIe der be]den Arten der Muskulatur gut unterscheiden; es folgt auf eine schnelle hohe Zuckung der kr~ftigen quergestreiften ~uskulatur naeh km'zer Pause eine sehr viel kleinere langgestreckte der glatten und zwar auf direkten Reiz des Darmstiickes bin, wie auf Reizung des ~erven oder eines h6her ge- legenen Darmstiickes.

Ieh habe nun eine Anzaht yon Giften an diesem Objekt untersucht und mSchte Ihnen dariiber kurz berichten.

Alkohol und Chloralhydrat unterseheiden sich in ihrer Wirksamkeit deut- ]ich voneinander, nach Alkohol wird die erste willktirliche Zuckung gel~hmt, die zweite dagegen stark, oft enorm gefSrdert, es ]st also das erste Stadium der Alkoholwirkung an der glatten Muskulatur sehr deutlich ausgepr~gt, an der ge- streiften nicht sieher zu beobachten. Chloralhydrat hingegen lhhmt den zweiten Tel] der Zusammenziehung und zwar w~hrend ]anger Zeit und be] Weehsel der Konzentrationen.--Histamin, Adrenalin, Azetylcholin und Morphin, ebenso wie aueh Pilokarpin und Physostigmin fSrdern den zweiten yon der glatten Muskulatur herriihrenden Anteil be] gleichzeitiger Seh~digung der Thtigkeit des quergestreiften Muskels. Dabei wirkt Adrenalin auf die spontanen Bewegungen hemmend ein, die yon der glatten Muskulatur herstammen, und trotzdem sieht man am isolierten Darm auf direkten Reiz bin naeh Adrenalin eine FOrderung der Zusammenziehung. Eine Kontraktur tritt auf Azetyl- cholin nieht auf, dagegen auf Coffein. - - Papaverin und Chinin haben je nach der Konzentration, in der man sie wirken li~6t, einen verschiedenen Effekt; in niedrigen Konzentrationen li~hmen sie zuerst die zweite Zusammenziehung, die yon der innen gelegenen glatten Nuskulatur herrtihrt, in hohen Konzen- trationen dagegen die erste sehnelle Zuckung, die die aul~en liegende gestreifte Muskulatur besorgt. Es scheint wohl hier die glatte, abet geschiitzt liegende Muskulatur empfindlieher zu sein als die gul~ere gestreifte, die nut be] hohen Konzentrationen dem eindringenden Gift zu einer Zeit erliegt, wo die inhere noch nicht in vo]lem Umfange yon dem Gi~t betroffen wird. Dabei tritt in dtinnen Papaverin- and ChininlSsungen eine FOrderung der Ti~tigkeit beider Muskelarten e i n . - Veratrin lgl]t den zweiten Anteil der Zusammenziehung deutlich in den Vordergrund treten, wi~hrend die erste schnelle Zuckung all-

1) M ahn, Untersuchungen fiber das physiologisehe Verhalten des Sehleien- darms. Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1898, Bd. 72, S. 273.

Page 2: Versuche an der quergestreiften Darmmuskulatur

- - 142 - -

m~hlieh verschwindet; es scheint sich hier nicht um eine FSrderung der glatten Muskulatar zu handeln, sondern um des Auftreten der bekannten Nachzuckung der gestreiRen Muskulatur, die nut an der Stelle der sonst vom glatten Anteil herriihrenden Zusammenziehung auftritt nnd diese Zusammenziehung iiber- deckt. - - Kampfer ist ein ausgesprochenes Gift ftir den g]atten Anteil, erst sehr viel h(ihere Konzentrationen sch~digen auch den gestrefften Muskel.

Auf die spontanen wellenfSrmigen Bewegungen wirken Pilokarpin und Physostigmin fSrdernd ein, manchmal kommt es Zu einem Tonusanstieg nach Pilokarpin; Adrenalin hemmt; Atropin wirkt bei vorheriger Pilokarpinver- giftung antagonistisch.

Bei indirekter Reizung li~iR Kurare, wie schon bekannt war, am quer- gestreiften Muskel den Rel~ ~nwirksam we~-den. Dies zeigt sick a~ch bei Ver- giftung des isolierten Darmes dutch die Badfltissigkeit. Die direkte Reizung ist dabei von vollem Erfolge. l~ach Atropin wird dagegen die indirekte l%izung an der glatten Muskulatur unwirksam, whhrend die schnelle Zuckung der ge~ streiften bestehen bleibt; direkte Reizung ist aueh hier an beiden l~uskelarten wirksam. Es ist dabei g]eichgtiltig, ob man die VergiRung am ganzen Tier vorher vornimmt, oder durch die Badef]iissigkeit besorgt. Also aneh hier des erwartete Verhalten, wie es aueh KOnig 1) am 0sophagus fend.

tI. Schlossmann (Diisseldorf): Zur Frage der Blutdruckregulatioa durch die Nebennieren.

Es ist sehon lange bekannt, da~ die Adrenalinausschiittung der iNeben- nieren dutch atle mSgliehen zentra,Ien wie p~ripheren Reize ~uf vielfach erhShte Werte gegenfiber der 1Norm gebracht werden kann. Die Adrenalinsekretion, deren physiologisehe Bedeutung unter normalen Verhiiltnissen ja durchaus strittig ist, gewinnt dann unter den vera.nderten Bedingungen plStzlich eine wesentliche Bedeutung ffir den 0rganismus. C an n o n hat dies kiirzlieh in den Ergebnissen der Physiologie unter der treffenden Bezeichnung )>l~otfalls- funktionen des sympathico-adrenalen Systems(( erSrtert.

Auf dem vorletzten Kongre~ (Verhandlg. der Deutschen pharm. Gee. 1926, S. 56 und Archly f. exp. Path. u. Pharm. 121, 1927, S. 160) war berichtet worden, da~ des Blur aus der Carotis beim urethannarkotisierten Tier prak- tiseh adrenalinfrei ist, d. h., dal~ die Adrenalinkonzentration, gemessen an hoch- empfindlichen biologischen Testobjekten, geringer ist als 1:1 Billion. Dagegen war nach Zuckerstich, Strychnin- und Nikotininjektionen, wghrend der As- phyxie and naeh starken sensiblen Reizen, wie z. B. nach Erbffmmg des Peri- toneums, mehr oder weniger Adrenalin auch im peripheren Arterienblut nach- welsher.

Bei Fortsetzung dieser Untersuchungen, die sich mit dem Einflu~ der Narkose auf die Funktion der l~ebennieren beschiiRigten, wurde ein weiteres Beispiel gefunden, wie in dem Augenblick, in dem die normale Regulation des Blutdruckes versagt, die Adrenalinsekretion sower ansteigt, dafi auch im peripheren Arterienblut anf die Geflil~e des Testobjektes wirksames Adrenalin auftritt.

1) W illy K 5 n ig, Pharmakologische Untersuchungen an der Muskulatur you Kehlkopf und Osophagus. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928: Bd. 128~ S. 192.