VI. Fälligkeit des Werklohns - soldan.de · merleistungen, BauR 1972, 69; Fischer, ......

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VI. Fälligkeit des Werklohns Übersicht Rdn. 1. BGB-Bauvertrag ................. 1787 a) Grundsätzliches ............... 1787 b) Die Durchgriffsfälligkeit (§ 641 Abs. 2 BGB) .................. 1789 c) Abnahme .................... 1798 aa) Grundsätzliches ........... 1798 bb) Die Wirkungen der Abnahme 1810 cc) Die Arten der Abnahme .... 1815 (1) Die ausdrücklich erklärte Abnahme ............. 1816 (2) Die förmliche Abnahme . 1818 (3) Die schlüssige Abnahme . 1823 Rdn. (4) Abnahme durch Erteilung der Fertigstellungsbe- scheinigung ............ 1829 (5) Abnahme durch Fristab- lauf .................. 1830 (6) Teilabnahme ........... 1832 dd) Die verweigerte Abnahme. . . 1833 d) Erteilung der Rechnung ........ 1836 2. VOB-Bauvertrag ................. 1845 a) Abnahme .................... 1846 b) Prüfbare Abrechnung .......... 1861 Literatur Trapp, Abnahme der Handwerkerleistungen durch Bezug des Bauherrn? Ein Beitrag zu den §§ 640, 641 BGB, BlGBW 1972, 121; Brandt, Die Vollmacht des Architekten zur Abnahme von Unterneh- merleistungen, BauR 1972, 69; Fischer , Werklohnklage und Nachbesserungsanspruch beim Bauver- trag, BauR 1973, 210; Hochstein, Die „vergessene“ förmliche Abnahmevereinbarung und ihre Rechtsfolgen im Bauprozess, BauR 1975, 221; Bartmann, Inwiefern macht eine Abnahme den Werk- lohn fällig?, BauR 1977, 16; Böggering, Die Abnahme beim Werkvertrag, JuS 1978, 518; Pohlmann, Fälligkeit nach der Bauträgerverordnung, BauR 1978, 351; Dähne, Die „vergessene“ förmliche Ab- nahme nach § 12 Nr. 4 VOB/B, BauR 1980, 223; Keilholz, Um eine Neubewertung der Abnahme im Werkvertrags- und Baurecht, BauR 1982, 121; Kaiser , Fälligkeit und Verjährung des Vergütungs- anspruches des Bauunternehmers nach BGB und VOB/B, ZfBR 1982, 231; Jakobs, Die Abnahme beim Werkvertrag, AcP 183 (1983) 145; Schneider , Die Abnahme in der Praxis internationaler Bau- und Anlageverträge, ZfBR 1984, 101; Bühl, Die Abnahme der Bauleistungen bei der Errichtung einer Eigentumswohnanlage, BauR 1984, 237; Fischer , Die Abnahme beim Anlagengeschäft, DB 1984, 2125; Usinger , Fälligkeits- und Hinterlegungsvereinbarungen bei Bauträgerverträgen, NJW 1987, 934; Peters, Die Fälligkeit der Werklohnforderung, Festschrift für Korbion (1986), 337; Groß, Die verweigerte Abnahme, Festschrift für Locher (1990), 53; Cuypers, Die Abnahme beim Bauver- trag in Theorie und Praxis, BauR 1990, 537; Conrad, Die vollständige Fertigstellung im Bauträger- vertrag, BauR 1990, 546; Cuypers, Die Abnahme beim Bauvertrag – Versuch einer Typisierung, BauR 1991, 141; Willebrand/Detzer , Abnahmeverweigerung, BB 1992, 1801; Breyer/Bohn, § 641 Abs. 2 BGB – Durchgriffsfälligkeit oder Durchgriffszahlungspflicht?, BauR 2004, 1066; Schubert, Die Durchgriffsfälligkeit nach § 641, Abs. 2 BGB – eine wenig bekannte und unterschätzte Vor- schrift – unter besonderer Berücksichtigung des Bauträgervertrages, ZfBR 2005, 219; Gehlen, Das Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen, NZBau 2008, 612; Reichert, Kann der bezahlte Hauptunternehmer gegenüber dem Subunternehmer die Zahlung wegen Mängeln verweigern?, BauR 2008, 749; Christiansen, Werk- lohnfälligkeit ohne Abnahme – Alternativen zur Rechtsfigur des „Abrechnungsverhältnisses“ –, ZfBR 2010, 3. Zur Schlüssigkeit der Werklohnklage des Auftragnehmers gehört der Vortrag der Fälligkeit der Vergütung. Die Art des Vortrags des Unternehmers zur Fälligkeit rich- tet sich danach, ob ein VOB- oder BGB-Bauvertrag abgeschlossen ist (vgl. Rdn. 1787 ff. und 1845 ff.); insoweit ergeben sich zum Teil unterschiedliche Fällig- keitsvoraussetzungen. 1783 Fälligkeit des Werklohns Rdn. 1783 871 Werner

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VI. Fälligkeit des Werklohns

Übersicht Rdn.

1. BGB-Bauvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 1787a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . 1787b) Die Durchgriffsfälligkeit (§ 641

Abs. 2 BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . 1789c) Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1798

aa) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . 1798bb) Die Wirkungen der Abnahme 1810cc) Die Arten der Abnahme . . . . 1815

(1) Die ausdrücklich erklärteAbnahme . . . . . . . . . . . . . 1816

(2) Die förmliche Abnahme . 1818(3) Die schlüssige Abnahme . 1823

Rdn.

(4) Abnahme durch Erteilungder Fertigstellungsbe-scheinigung. . . . . . . . . . . . 1829

(5) Abnahme durch Fristab-lauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1830

(6) Teilabnahme . . . . . . . . . . . 1832dd) Die verweigerte Abnahme. . . 1833

d) Erteilung der Rechnung . . . . . . . . 18362. VOB-Bauvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . 1845

a) Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1846b) Prüfbare Abrechnung . . . . . . . . . . 1861

LiteraturTrapp, Abnahme der Handwerkerleistungen durch Bezug des Bauherrn? Ein Beitrag zu den §§ 640,641 BGB, BlGBW 1972, 121; Brandt, Die Vollmacht des Architekten zur Abnahme von Unterneh-merleistungen, BauR 1972, 69; Fischer, Werklohnklage und Nachbesserungsanspruch beim Bauver-trag, BauR 1973, 210; Hochstein, Die „vergessene“ förmliche Abnahmevereinbarung und ihreRechtsfolgen im Bauprozess, BauR 1975, 221; Bartmann, Inwiefern macht eine Abnahme den Werk-lohn fällig?, BauR 1977, 16; Böggering, Die Abnahme beim Werkvertrag, JuS 1978, 518; Pohlmann,Fälligkeit nach der Bauträgerverordnung, BauR 1978, 351; Dähne, Die „vergessene“ förmliche Ab-nahme nach § 12 Nr. 4 VOB/B, BauR 1980, 223; Keilholz, Um eine Neubewertung der Abnahme imWerkvertrags- und Baurecht, BauR 1982, 121; Kaiser, Fälligkeit und Verjährung des Vergütungs-anspruches des Bauunternehmers nach BGB und VOB/B, ZfBR 1982, 231; Jakobs, Die Abnahmebeim Werkvertrag, AcP 183 (1983) 145; Schneider, Die Abnahme in der Praxis internationalerBau- und Anlageverträge, ZfBR 1984, 101; Bühl, Die Abnahme der Bauleistungen bei der Errichtungeiner Eigentumswohnanlage, BauR 1984, 237; Fischer, Die Abnahme beim Anlagengeschäft, DB1984, 2125; Usinger, Fälligkeits- und Hinterlegungsvereinbarungen bei Bauträgerverträgen, NJW1987, 934; Peters, Die Fälligkeit der Werklohnforderung, Festschrift für Korbion (1986), 337; Groß,Die verweigerte Abnahme, Festschrift für Locher (1990), 53; Cuypers, Die Abnahme beim Bauver-trag in Theorie und Praxis, BauR 1990, 537; Conrad, Die vollständige Fertigstellung im Bauträger-vertrag, BauR 1990, 546; Cuypers, Die Abnahme beim Bauvertrag – Versuch einer Typisierung,BauR 1991, 141; Willebrand/Detzer, Abnahmeverweigerung, BB 1992, 1801; Breyer/Bohn, § 641Abs. 2 BGB – Durchgriffsfälligkeit oder Durchgriffszahlungspflicht?, BauR 2004, 1066; Schubert,Die Durchgriffsfälligkeit nach § 641, Abs. 2 BGB – eine wenig bekannte und unterschätzte Vor-schrift – unter besonderer Berücksichtigung des Bauträgervertrages, ZfBR 2005, 219; Gehlen, DasGesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung vonForderungen, NZBau 2008, 612; Reichert, Kann der bezahlte Hauptunternehmer gegenüber demSubunternehmer die Zahlung wegen Mängeln verweigern?, BauR 2008, 749; Christiansen, Werk-lohnfälligkeit ohne Abnahme – Alternativen zur Rechtsfigur des „Abrechnungsverhältnisses“ –,ZfBR 2010, 3.

Zur Schlüssigkeit der Werklohnklage des Auftragnehmers gehört der Vortrag derFälligkeit der Vergütung. Die Art des Vortrags des Unternehmers zur Fälligkeit rich-tet sich danach, ob ein VOB- oder BGB-Bauvertrag abgeschlossen ist (vgl.Rdn. 1787 ff. und 1845 ff.); insoweit ergeben sich zum Teil unterschiedliche Fällig-keitsvoraussetzungen.

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Fälligkeit des Werklohns Rdn. 1783

871Werner

Satz-Offizin Hümmer Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. Daten Revision

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Häufig wird die Fälligkeit des Werklohnanspruches von dem Eintritt eines bestimmten, zusätz-lichen „Ereignisses“ abhängig gemacht; tritt dieses nicht ein, wird der Anspruch nach den Grund-sätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) fällig, sofern ein längerer Zeitraumverstrichen, keine Chance für den Ereigniseintritt mehr gegeben und nach dem Willen der Parteiendavon auszugehen ist, dass die Tätigkeit des Unternehmers bei dieser Fallgestaltung nicht „unent-geltlich“ sein soll.1) Dasselbe gilt, wenn der Bauherr den Eintritt der weiteren Fälligkeitsvorausset-zung durch sein eigenes pflichtwidriges Fehlverhalten wider Treu und Glauben vereitelt.2)

Nicht selten finden sich in Bauverträgen auch Werkvertragsklauseln über das Zahlungsziel. In die-sem Zusammenhang hat das OLG Köln3) entschieden, dass ein Zahlungsziel von 90 Tagen in den All-gemeinen Geschäftsbedingungen eines unternehmerischen Auftraggebers einer Werkleistung eineunangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers darstellt und unwirksam ist.

In manchen Bauverträgen wird die Fälligkeit des Werklohnanspruches auch vonanderen (weiteren) Voraussetzungen abhängig gemacht, die weder nach denBestimmungen des BGB noch der VOB gefordert werden; werden diese in AGBdes Auftraggebers festgelegt, sind sie an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu mes-sen. Sie scheitern dann regelmäßig an §§ 308, 309 BGB; so ist es insbesondere unzu-lässig, die Fälligkeit des Werklohns in AGB des Auftraggebers von folgendenUmständen abhängig zu machen:

* Gesamtfertigstellung des Bauvorhabens, wenn dem Auftragnehmer nur ein Teil-gewerk in Auftrag gegeben wird4) (Rdn. 1803 ff.)

* Vorlage von Mängelfreiheitsbescheinigungen Dritter (Rdn. 1803 ff.)* öffentlich-rechtliche Gebrauchsabnahme (Rdn. 1803)* Vorlage des Bautagebuches5)

* Zahlung des Auftraggebers an den Generalunternehmer für die Fälligkeit desWerklohnanspruches des Subunternehmers – sog. „Pay-when-paid“ Klausel –(vgl. näher Rdn. 1413).Liegen die Fälligkeitsvoraussetzungen des BGB, der VOB oder der besonderen

vertraglichen Abrede nicht vor, ist die Werklohnklage als derzeit unbegründetabzuweisen.6) Allerdings kann es den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspre-chen, „wenn sich der Auftraggeber auf ihm formal zustehende Fälligkeitseinwendun-gen auch dann noch beruft, wenn endgültig feststeht, dass nur noch eine Gesamt-abrechnung des Vertrages vorzunehmen ist“.7)

Ist eine Werklohnklage im Vorprozess wegen mangelnder Fälligkeit (z. B. mangels prüffähigerRechnung) als zurzeit unbegründet abgewiesen worden, ist § 269 Abs. 6 ZPO im Folgeprozess nichtanwendbar: Hat also der Kläger die entsprechende Fälligkeitsvoraussetzung geschaffen (z. B. durchÜbersendung einer prüffähigen Rechnung), kann der Beklagte im Folgeprozess die Einlassung aufdie nunmehr schlüssige Klage nicht bis zur Erstattung der Kosten des Vorprozesses verweigern.8)

1) Vgl. hierzu OLG Oldenburg, NJW-RR 1997, 785 (für einen Architektenvertrag).2) OLG Frankfurt, OLGR 1996, 195 (fehlende Überprüfung durch städtisches Revisionsamt des

Bauherrn).3) NJW-RR 2006, 670.4) OLG München, BauR 1987, 554 = NJW-RR 1987, 661.5) LG Koblenz, BauR 1995, 138 (LS).6) Zur Rechtskraftwirkung einer Klageabweisung als zurzeit unbegründet: vgl. Heinrich, BauR

1999, 17 sowie Deckers, BauR 1999, 987.7) OLG Karlsruhe, OLGR 1998, 17; auch OLG Celle, BauR 1996, 264 (fehlendes Aufmaß).8) MDR 1998, 61.

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Rdn. 1784–1786 Werklohn des Bauunternehmers

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1. BGB-Bauvertrag

a) Grundsätzliches

Soweit lediglich das BGB Anwendung findet, beurteilt sich die Fälligkeit der Ver-gütung des Unternehmers grundsätzlich nach § 641 BGB, wenn zwischen den Par-teien keine Sonderregelungen getroffen worden sind. Der Unternehmer kann seinenWerklohn somit nach Abnahme der Bauleistung fordern. Nach der ständigenRechtsprechung des BGH gibt es hiervon Ausnahmen:

* Einer Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohnanspruch bedarf esnicht, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung des Vertrages, sondern z. B.Minderung verlangt oder Gegenansprüche geltend macht, weil damit das Ver-tragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt wird.9) Nach OLGBrandenburg10) wird allerdings die Werklohnforderung nicht unabhängig vonder Abnahme dadurch fällig, dass der Auftraggeber primär das Fehlen derAbnahme und sekundär eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen einwen-det; die Aufrechnung begründet in diesem Falle kein Abrechnungsverhältnis.

* Dasselbe gilt für alle Fälle, in denen der Auftraggeber wegen Mängeln nur nochAnsprüche geltend macht, die auf Zahlung gerichtet sind (z. B. Schadensersatz),weil auch in diesen Fällen der Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis umgestaltetwird.11)

* Die Vergütung wird auch ohne Abnahme fällig, wenn sich der Auftraggeber mit derEntgegennahme der Leistung in Annahmeverzug befindet.12)

* Ohne Abnahme werden auch Werklohnansprüche des Unternehmers fällig, wenndieser die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht verweigert.

* Eine Abnahme des Werks ist auch dann nicht erforderlich, wenn der Auftraggeberdie Abnahme ernsthaft und endgültig ablehnt und damit zu verstehen gibt, dasser die Leistungen des Auftragnehmers nicht mehr annehmen will und das Vertrags-verhältnis als endgültig beendet ansieht.13)

Grundsätzlich gehört damit zum Vortrag des Unternehmers im Rahmen seinerWerklohnklage, dass seine vertragliche Bauleistung erbracht und diese abgenom-men oder die Abnahme zu Unrecht verweigert worden ist (vgl. im EinzelnenRdn. 1798 ff.). Wird das Vertragsverhältnis vorzeitig, also vor Fertigstellung der

9) BGH, BauR 2006, 1294 = NJW 2006, 2475; BauR 2005, 1913 = NJW 2005, 3574; BauR 2003, 88 =NJW 2003, 288 = ZfIR 2002, 974; BauR 2002, 1399 = NJW 2002, 3019. OLG Saarbrücken,NZBau 2012, 113; OLG Brandenburg, IBR 2010, 315 – Seibel sowie IBR 2012, 445 – Vogel.Vgl. hierzu Hildebrandt, Kapitel 16, Rdn. 105 ff. sowie Koeble, BauR 2012, 1153 ff.

10) NZBau 2012, 292.11) BGH, BauR 2005, 1913; BauR 2003, 88 = NJW 2003, 288 = ZfIR 2002, 974; BauR 2002, 1399 =

NJW 2002, 3019; BauR 2000, 98 = NJW 1999, 3710 = NZBau 2000, 23 = MDR 1999, 1500 = IBR2000, 6 – Schick; OLG Hamm, NJW-RR 2011, 672 = IBR 2011, 252 – Bolz; vgl. hierzu auchKniffka/Koeble, 5. Teil, Rdn. 126 ff. m. w. N. sowie Christiansen, ZfBR 2010, 3.

12) Kleine-Möller/Merl, § 10, Rdn. 72.13) BGH, BauR 2006, 1294, 1296 mit Hinweis auf BGH, NJW-RR 1998, 1027 (vgl. hierzu Thode,

ZfBR 2006, 638). Ferner Brandenburgisches OLG, NZBau 2006, 713. Vgl. hierzu auch Hilde-brandt, Kapitel 16, Rdn. 97ff. sowie Koeble, BauR 2012, 1155 f.

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BGB-Bauvertrag Rdn. 1787–1788

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geschuldeten Bauleistung, aufgelöst oder gekündigt, hat der Auftragnehmer einenAnspruch gegen den Auftraggeber auf Abnahme.14)

Das Recht auf Abschlagszahlungen ergibt sich auch § 632a BGB (vgl. hierzu näherRdn. 1585 ff.) Die Fälligkeit von Abschlagszahlungen hängt nicht von einerAbnahme der Bauleistung ab.15) Der Auftragnehmer ist nach § 641 BGB vorleis-tungspflichtig; daher sind auch Klauseln in AGB unwirksam, die auf eine Vorleis-tungspflicht des Auftraggebers hinauslaufen.16)

Vereinbaren die Vertragsparteien als Sicherheitsleistung zunächst den Einbehaltvon Werklohn, der dann wiederum durch Bürgschaft abgelöst werden kann, und ver-langt der Unternehmer die Auszahlung des einbehaltenen Werklohns, so hat erzunächst die vereinbarte Gewährleistungsbürgschaft (als weitere Fälligkeitsvoraus-setzung) zu stellen (vgl. Rdn. 1642 ff.).

b) Die Durchgriffsfälligkeit (§ 641 Abs. 2 BGB)

LiteraturDingler/Langwieser, Probleme im Rahmen des § 641 Abs. 2 Satz 2 BGB, BauR 2010, 1650.

Mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, das am 1.5.2000 in Kraftgetreten ist, ist eine weitere wesentliche Neuerung hinsichtlich der Fälligkeit von For-derungen in das BGB gelangt, das vor allem für Bauträger- und Generalüberneh-merverträge sowie alle Dreiecksbeziehungen Bauherr/Hauptunternehmer/Sub-unternehmer von großer Bedeutung ist. Nach dem neu geschaffenen § 641 Abs. 2BGB wird die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung derAuftraggeber einem Dritten versprochen hat, spätestens fällig, „wenn und soweitder Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellungseine Vergütung oder Teile davon erhalten hat. Hat der Besteller dem Dritten wegenmöglicher Mängel des Werkes Sicherheit geleistet, gilt dies nur, wenn der Unterneh-mer dem Besteller Sicherheit in entsprechender Höhe leistet“. Mit dieser gesetzlichenBestimmung wurde eine so genannte „Durchgriffsfälligkeit“ geschaffen.17)

Das Forderungssicherungsgesetz, das am 01.01.2009 in Kraft getreten ist, hat dieVorschrift des § 641 Abs. 2 BGB nunmehr erweitert und damit die Durchgriffsfällig-keit – nach entsprechender Kritik in der Literatur18) – verbessert: Danach greift dieDurchgriffsfälligkeit nicht nur ein, wenn der Generalunternehmer bereits Zahlun-gen erhalten hat. Vielmehr reicht es schon aus, dass die Leistung von dem Dritten(Bauherrn) abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt. Ferner wird derWerklohnanspruch des Auftraggebers im Rahmen der Durchgriffsfälligkeit auch fäl-lig, wenn der Unternehmer dem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zurAuskunft über eine erfolgte Zahlung und/oder Abnahme bestimmt hat. Mit Letzte-

14) Vgl. hierzu näher Rdn. 1340.15) BGH, NJW 1979, 650, 651 = BauR 1979, 159, 161 = ZfBR 1979, 66.16) BGH, NJW 1986, 3199 = BauR 1986, 694; OVG Bremen, NJW-RR 1987, 600; OLG Hamm,

NJW-RR 1989, 274.17) Vgl. hierzu insbesondere Motzke, in: Englert/Motzke/Wirth (Hrsg.), § 641 BGB, Rdn. 66 ff.

sowie Schubert, ZfBR 2005, 219 ff.; Breyer/Bohn, BauR 2004, 1066 ff. sowie Gehlen, NZBau2008, 612, 615.

18) Vgl. hierzu Peters, NZBau 2000, 169, 172 f. sowie NZBau 2002, 1, 7 sowie NZBau 2007, 1, 6, FN30.

1789

Rdn. 1789 Werklohn des Bauunternehmers

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rem wird dem berechtigten Interesse des Unternehmers Rechnung getragen, in Erfah-rung zu bringen, ob eine Zahlung oder Abnahme erfolgt ist. In der Regel erfährt derUnternehmer nämlich nichts über Zahlungen des Dritten an den Auftraggeber übereine erfolgte oder fiktive Abnahme. Daher hat der Unternehmer gegenüber dem Auf-traggeber einen berechtigten Auskunftsanspruch, den ihm nunmehr § 641 Abs. 2Ziffer 3 BGB gibt, wobei die Verweigerung der mit angemessener Frist gefordertenAuskunft zur Durchgriffsfälligkeit führt. Gibt der Auftraggeber trotz Abnahmekeine klare oder eine falsche Auskunft, ist diese einer verweigerten Auskunft gleich-zusetzen.19)

Ziel dieser neuen Regelungen ist es, der immer wieder beobachteten Praxis ent-gegenzuwirken, dass der Bauträger/Generalübernehmer/Hauptunternehmer nachHerstellung der einzelnen Gewerke die Raten von seinem Auftraggeber/Erwerbereinfordert und auch erhält, aber nicht an den Unternehmer weiterleitet, der dasWerk tatsächlich hergestellt hat. Mit Eingang der für das jeweilige Gewerk anfallen-den Vergütung/Raten beim Bauträger/Generalübernehmer/Hauptunternehmer wirdnunmehr auch die Vergütung des Unternehmers fällig, der die Werkleistung erbrachthat. Der Unternehmer (Subunternehmer) hat allerdings keinen uneingeschränktenZahlungsanspruch, wenn sein Auftraggeber (Bauträger/Generalübernehmer/Haupt-unternehmer) Zahlung nur gegen Sicherheit erhalten hat. Dann kann er die Vergütungnur fordern, wenn er selbst in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Durchgriffsfälligkeit hat folgende Voraussetzungen:

* Der Unternehmer hat für seinen Auftraggeber Bauleistungen erbracht, die diesereinem Dritten schuldet. Es muss also Leistungsidentität in beiden Schuldverhält-nissen bestehen.20) Die Leistungsverpflichtung des Auftraggebers gegenüber demDritten muss damit an den Unternehmer „durchgestellt“ worden sein.21)

* Die Leistungen müssen vom Unternehmer fertig gestellt sein. Das ist der Begrün-dung zum Regierungsentwurf zu entnehmen.22) Die Regelung betrifft damit nurden Anspruch des Unternehmers auf die abschließende Zahlung. Sie gilt nichtfür Forderungen auf Abschlagszahlungen.23)

* Der Auftraggeber des Unternehmers muss von dem Dritten bereits Zahlungenfür denselben Leistungsbereich erhalten habenoderdas Werk des Auftraggebers wurde von dem Dritten abgenommen oder es gilt alsabgenommen

19) Leinemann 2008, 3745, 3748; Otto/Spiller, ZfIR 2009, 1, 4; a. A.: Palandt/Sprau, § 641 BGB,Rdn. 8 sowie Halfmeier/Leupertz, in: Prütting/Wegen/Weinreich § 641 BGB, Rdn. 13 (nurSchadensersatzansprüche an § 280 BGB), der dennoch bezüglich des Auskunftsanspruch voneinem „scharfen Schwert“ spricht.

20) Niemöller, S. 42; Kniffka, ZfBR 2000, 227, 231.21) Schubert, ZfBR 2005, 219, 220, bejaht die Leistungsidentität auch dann, wenn der Hauptunter-

nehmer sich vom Nachunternehmer für das Werk höhere Standards versprechen lässt als er selbstim Vertrag mit dem Dritten vereinbart hat; darüber hinaus soll die Vorschrift des § 641 Abs. 2BGB auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Hauptunternehmer das Objekt erstnach seiner Errichtung verkauft („Nachzüglerfall“).

22) BT-Drucksache 14/1246, S. 7; Niemöller, a. a. O.; Kniffka, a. a. O., 231; Oehme, BauR 2001, 525,534.

23) H. M. für viele Motzke, in: Englert/Motzke/Wirth (Hrsg.), § 641 BGB, Rdn. 71 f.; A. A.: Schu-bert, ZfBR 2005, 219, 211 (differenzierend) und Peters, NZBau 2000, 169, 172.

1790

Fälligkeit des Werklohns/BGB Rdn. 1790

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oderder Unternehmer hat dem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zurAuskunft über die erfolgte Zahlung oder Abnahme bestimmt.

* Hat der Auftraggeber dem Dritten wegen möglicher Mängel der Bauleistungeneine Sicherheit geleistet, tritt die Durchgriffsfälligkeit, wie bereits erwähnt, nurein, wenn der Unternehmer seinerseits seinem Auftraggeber Sicherheit in entspre-chender Höhe leistet (§ 641 Abs. 2 Satz 2 BGB).Damit muss der entsprechende Werklohn, den der Auftraggeber erhalten hat, die

Leistungen des Unternehmers betreffen (sog. Leistungsidentität). Ist eine solcheZuordnung möglich, ist es unerheblich, ob der Auftraggeber insoweit den vollenWerklohn für die fertig gestellte Leistung oder nur einen Teil erhalten hat; im letzte-ren Fall hat der Unternehmer einen fälligen Anspruch auf die von dem Drittenerfolgte Teilzahlung,24) soweit Leistungsidentität gegeben ist.

In der Baupraxis wird aber zum einen die Feststellung der Leistungsidentität indem Dreiecksverhältnis vielfach auf Schwierigkeiten stoßen; insoweit trägt derUnternehmer die Darlegungs- und Beweislast. Darüber hinaus wird es auch demUnternehmer häufig schwer fallen nachzuweisen, dass die an seinen Auftraggebergezahlte Vergütung seinen Leistungsbereich betrifft.25) Schwierigkeiten wird es indiesem Zusammenhang auch immer dann geben, wenn mehrere Subunternehmeran einem Gewerk für den Auftraggeber gearbeitet haben und der Dritte an den Gene-ralunternehmer eine Pauschalvergütung gezahlt hat.26)

Ist die Fälligkeit des Werklohns des Unternehmers (z. B. durch Abnahme) vor Zah-lung des Dritten eingetreten, gilt dieser Zeitpunkt unabhängig von der Regelung des§ 641 Abs. 2 BGB. Die Abnahme ist keine Voraussetzung für die neu geschaffeneDurchgriffsfälligkeit.27) Haben allerdings die Parteien besondere Fälligkeitsvoraus-setzungen vereinbart, sind diese einzuhalten: Das gilt insbesondere hinsichtlich derVereinbarung einer prüfbaren Abrechnung. Liegt eine entsprechende Fälligkeits-voraussetzung nicht vor, kann der Auftraggeber die Zahlung verweigern.28)

Ist die Leistung des Unternehmers mit (möglicherweise erheblichen) Mängelnbehaftet, hat der Auftraggeber aber den vollen Werklohn erhalten, kann dieser dieZahlung nicht mit dem Hinweis auf sein Recht der Abnahmeverweigerung gemäߧ 640 BGB ablehnen. Vielmehr kann er – im Rahmen seines Zurückbehaltungs-rechts – nur bezüglich der Mängel einen entsprechenden Einbehalt – nach der Fällig-keit der Zahlung – vornehmen.29) Der Höhe nach richtet sich dieser nach § 641 Abs. 3

24) So auch Kniffka, ZfBR 2000, 227, 231; Bamberger/Roth/Voit, § 641 BGB, Rdn. 20.25) Zur Durchsetzung des Anspruchs aus § 641 Abs. 2 BGB und den entsprechenden prozessualen

Fragen vgl. im Einzelnen Schubert, ZfBR 2005, 219, 225 f.26) So zu Recht Gehlen, NZBau 2008, 612, 615, der darauf hinweist, dass dem Unternehmer in

einem solchen Fall auch über einen Auskunftsanspruch nicht geholfen wird, sodass § 641 Abs. 2BGB keine praktische Bedeutung erlangen wird.

27) LG Lübeck, BauR 2003, 1423.28) Bamberger/Roth/Voit, § 641 BGB, Rdn. 25.29) Vgl. OLG Nürnberg, BauR 2004, 516 (Leistungsverweigerungsrecht trotz Durchgriffsfälligkeit)

= NJW-RR 2003, 1526 = OLGR 2003, 336 = NZBau 2004, 47 = IBR 2003, 531 – Schmitz; ebensoOLG Bamberg, BauR 2009, 113; Bamberger/Roth/Voit, § 641, BGB, Rdn. 24 mit ausführlicherBegründung; a. A.: Kniffka, ZfBR 2000, 227, 232; Palandt/Sprau, § 641, Rdn. 8. Vgl. zum Mei-nungsstand Schubert, ZfBR 2005, 719, 723.

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Rdn. 1791–1793 Werklohn des Bauunternehmers

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BGB (also ggf. mit Druckzuschlag), weil auch der Auftraggeber des Unternehmersein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Unternehmer die Mängel schnell undumfassend beseitigt.30) Als angemessenen Druckzuschlag sieht die vorerwähnteVorschrift in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforder-lichen Kosten an. Allerdings kann auch ein höherer Betrag gerechtfertigt sein, eingeringerer nur in besonders gelagerten Einzelfällen.31)

Wann der Auftraggeber seinem Dritten eine Sicherheit für mögliche Mängelgestellt hat, ist unerheblich. Als solche kommt eine während des Bauablaufs gestellteSicherheit wie auch eine schon von vornherein (z. B. nach Abschluss des Bauvertra-ges) gestellte Sicherheit (Vertragserfüllungsbürgschaft/Gewährleistungsbürgschaft)in Betracht.32) Die Sicherheit, die der Unternehmer zu stellen hat, muss nicht identischsein mit der Sicherheit, die der Auftraggeber dem Dritten gegenüber gestellt hat.33)

Die vom Unternehmer nach § 641 Abs. 2 Satz 2 BGB ggf. zu stellende Sicherheitrichtet sich nach den §§ 232 ff. BGB, weil eine andere oder spezielle Form der Sicher-heit in der Vorschrift nicht festgelegt wurde. Im Übrigen ist dort auch nicht geregelt,in welcher Höhe der Unternehmer Sicherheit zu leisten hat. Diese kann sich nur aufdie vom Unternehmer zu erbringende Leistung beziehen, da von dem Unternehmernicht verlangt werden kann, eine Sicherheit zu stellen, die der Auftraggeber seiner-seits dem Dritten z. B. für die Gesamtwerkleistung gegeben hat.34)

Da die Durchgriffsfälligkeit unabhängig von der Abnahme eintritt, können die Fäl-ligkeit des Werklohns einerseits und der Beginn der Gewährleistungsfrist andererseitsauseinander fallen. Das ist aber hinzunehmen.

Die neue Durchgriffsfälligkeit hat gesetzgeberische Leitbildfunktion und kannzwar in Individualabreden, nicht aber in AGB abbedungen werden.35)

Aufgrund des Gesetzes gilt für die so genannte Durchgriffsfälligkeit folgende Ein-schränkung nach § 641 Abs. 2 S. 2 BGB: Hat der Auftraggeber (Bauträger/General-unternehmer/Hauptunternehmer) des Unternehmers dem Dritten wegen möglicherMängel des Werkes Sicherheit geleistet, ist die so genannte Durchgriffsfälligkeitdavon abhängig, dass der Unternehmer seinerseits seinem Auftraggeber Sicherheitin entsprechender Höhe leistet. Auch insoweit soll das Forderungssicherungsgesetzeine Änderung bringen: Danach hat der Unternehmer bei der vorerwähnten Fall-gestaltung seinem Auftraggeber eine „entsprechende“ Sicherheit zu leisten. Mit die-ser neuen Formulierung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht nur dieHöhe, sondern auch die Art der Sicherheit derjenigen entsprechen soll, die der Auf-traggeber des Unternehmers dem Dritten geleistet hat.

30) Kniffka, a. a. O., 232; Siegburg, Rdn. 537.31) So Halfmeier/Leupertz, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 641 BGB, Rdn. 21.32) Niemöller, S. 43; Kniffka, a. a. O., 232.33) Schubert, ZfBR 2005, 219, 221.34) Wie hier Otto/Spiker, ZfIR 2009, 1, 4; Palandt/Sprau, § 641 BGB, Rdn. 8; Kniffka, a. a. O., 232,

hält eine solche Forderung aber nicht für ausgeschlossen, weil der Hauptunternehmer ein Inte-resse daran hat, „dass Sicherheit in der Höhe geleistet wird, die er dem Auftraggeber gegeben hat.Denn er muss damit rechnen, dass er wegen eines vom Nachunternehmer produzierten Mangelsaus dieser Sicherheit voll in Anspruch genommen wird“.

35) So auch Kniffka, a. a. O., 232; Palandt/Sprau, § 641, BGB, Rdn. 9. A. A.: Schubert, ZfBR 2005,719, 725.

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Fälligkeit des Werklohns/BGB Rdn. 1794–1797

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c) Abnahme

LiteraturHildebrandt, Die Abnahme von Bauleistungen, 2. Auflage, 2012.

von Craushaar, Fertigstellung statt Abnahme des Werkes – Kritische Anmerkungen zu dem von derSchuldrechtskommission vorgelegten Entwurf zur Schuldrechtsreform, Festschrift für Heiermann,1995, 17; Dähne, Die „vergessene“ förmliche VOB-Abnahme – eine überflüssige Rechtskonstruk-tion?, Festschrift für Heiermann (1995), 23; Grauvogl, Besonderheiten bei der Abnahme von Tief-bauleistungen, BauR 1997, 54; Schmidt, Abnahme im Bauträgervertrag und MaBV, BauR 1997,216; Kniffka, Abnahme und Gewährleistung nach Kündigung des Werkvertrages, Festschrift für v.Craushaar (1997), 359; Marbach/Wolter, Die Auswirkung bei der förmlichen Abnahme erklärterMängelvorbehalte auf die Beweislast, BauR 1998, 36; Kniffka, Abnahme und Abnahmewirkungennach der Kündigung des Bauvertrages – Zur Abwicklung des Bauvertrages nach der Kündigung un-ter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes –, ZfBR 1998, 113;Marbach, Besonders abzunehmende Leistungsteile, Anforderungen der Praxis, insbesondere beimehrstufigen Vertragsverhältnissen, Jahrbuch Baurecht 1999, 92; Siegburg, Zur Klage auf Abnahmeeiner Bauleistung, ZfBR 2000, 507; Siegburg, Zur Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung beim Werk-lohnanspruch, ZfIR 2000, 841 u. 941; Rester, Kann der Unternehmer die Inbesitznahme der Werk-leistung durch den die Abnahme verweigernden Besteller verhindern?, BauR 2001, 1819; Basty,Die Abnahme beim Bauträgervertrag, BTR 2002, 12; Hildebrandt, Die Abnahme des Gemein-schaftseigentums vom Bauträger nach der Schuldrechtsreform, BTR 2003, 211; Henkel, Die Pflichtdes Bestellers zur Abnahme des unwesentlich unfertigen Werks, MDR 2004, 361; Schmid, Die „Ab-nahme des Gemeinschaftseigentums“ oder: Der einzelne und die anderen Erwerber – Teil 1, BTR2004, 150 u. Teil 2, BTR 2004, 217; Hildebrandt, Aufgedrängte Abnahme – Keine Abnahme gegenden Willen des Auftragnehmers vor Fertigstellung des Werks, BauR 2005, 788; Leineweber, Die iso-lierte Klage auf Abnahme oder Feststellung des Eintritts der Abnahmewirkungen, Festschrift fürWerner (2005), 177; Oppler, Die Folgen der rechtswidrigen Nichtabnahme einer Bauleistung, Fest-schrift für Werner (2005), 185; Meier-Stüting, „Baubehelf“ „Bauhilfsgewerk“ und „Hilfsbauwerk“:Die Diskussion geht weiter, BauR 2005, 316; Hartmann, Das Ende der Fälligkeit des Werklohn-anspruches ohne Abnahme? – Ausblick zum Urteil des BGH vom 11.5.2006, VII ZR 146/04,ZfBR 6/2006, S. 561 ff. –, ZfBR 2006, 737; Hartung, Die Abnahme im Baurecht, NJW 2007, 1099;Messerschmidt, Die Abnahme von Bauleistungen nach vorzeitiger Beendigung des Bauvertrages –Kritische Anmerkungen zur neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Festschritt für Kapell-mann (2007), 309; Lotz, Die Abnahme und das WEG – die Besonderheiten, BauR 2008, 740; Hahne,Fehlende förmliche Abnahme – Befreiung von der Bürgschaftsschuld?, BauR 2007, 1840; Lliou/Schmidt, Die Vorabnahme im Anlagenbauvertrag – Versuch einer Begriffsbestimmung, BauR 2007,1660; Sass, Der hindernisreiche Weg zur Abnahme, Jahrbuch Baurecht 2008, 23; Sonntag, Die Ab-nahme im Bauvertrag, NJW 2009, 3084. Christiansen, Werklohn fällig ohne Abnahme – Alternativenzur Rechtsfigur des „Abrechnungsverhältnisses“ –, ZfBR 2010, 3; Joussen, Die Fälligkeit des Werk-lohnanspruchs nach der Abnahme – Ein weithin ungelöstes Problem? Festschrift für Koeble (2010),S. 15; Illies, Der Abnahmeprozess im Anlagenbau, BauR 2011, 421; Koeble, Abnahmesurrogate,BauR 2012, 1153; Sterner, Teilabnahmen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum im Bauträgerver-trag, BauR 2012, 1160.

aa) Grundsätzliches

Die Abnahme ist eine Hauptpflicht des Auftraggebers (§ 640 BGB), auf die „iso-liert“ geklagt werden kann.36) Die Abnahme ist in der Entgegennahme der Werk-leistung und ihrer Billigung als in der Hauptsache vertragsgerecht zu sehen (sog.

36) BGH, BauR 1996, 386 = NJW-RR 1996, 1749; vgl. hierzu im Einzelnen: Siegburg, ZfBR 2000,507 ff. sowie Hildebrandt, Rdn. 211 ff.

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Rdn. 1798 Werklohn des Bauunternehmers

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zweigliedriger Abnahmebegriff);37) sie hat als Willenserklärung rechtsgeschäftlichenCharakter.38) Die Abnahme setzt voraus, dass die Bauleistung im Wesentlichen(bis auf geringfügige, also unwesentliche Mängel39) (vgl. Rdn. 1833 f.) oder Restar-beiten40)) erbracht ist.41) Mit der Abnahme der Bauleistung durch den Bauherrn fälltgemäß § 641 BGB die Vorleistungspflicht des Unternehmers weg; sie entfällt nichtnur bei Abnahme eines mangelfreien Werks, denn die Abnahme einer Leistungbedeutet nur die Anerkennung des Werks als eine der Hauptsache nach vertrags-gemäße Erfüllung.42) Daher schließen das Vorhandensein und selbst die Rüge vonMängeln grundsätzlich die Abnahme nicht aus.43) Eine Abnahme unter einer Bedin-gung erfüllt nicht die Verpflichtung des Auftraggebers zur Abnahme. Der Unterneh-mer kann eine unbedingte Abnahme verlangen.44) Im Übrigen ist der Auftraggebernicht berechtigt, die Abnahme vor der Fertigstellung des Werkes gegen den Willendes Auftragnehmers zu erteilen; das gilt sowohl für den VOB- als auch den BGB-Bauvertrag.45)

Soweit sich der Auftragnehmer auf eine Abnahme stützt, reicht ein entsprechenderHinweis nicht aus; vielmehr hat der Auftragnehmer die Tatsachen vorzutragen, ausdenen sich die Abnahme durch den Auftraggeber ergibt.46) Hat eine Partei im Prozesszugestanden, dass die Bauleistung abgenommen worden ist, ist dies als Geständnisim Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO anzusehen.47) Bietet ein Auftraggeber die Abnahme,z. B. durch ein von ihm vorbereitetes Protokoll an, ist er hieran gebunden; er kann sichspäter nicht auf eine angeblich fehlende Abnahmefähigkeit berufen.48) Erfolgt eineAbnahme in Verbindung mit einem Abnahmeprotokoll, in dem Mängel aufgeführtsind, stellt dies eine Abnahme unter Vorbehalt der aufgeführten Mängel dar.49)

Die Abnahme kann wegen Irrtum oder arglistiger Täuschung grundsätzlichnicht angefochten werden, jedenfalls soweit es die Abnahme in Bezug auf Mängelund damit insoweit deren Wirkungen betrifft, weil das Werkvertragsrecht insoweitim Erfüllungs- und Gewährleistungsbereich Spezialregelungen vorsieht.50) Andersverhält es sich mit Sachverhalten, die außerhalb des Erfüllungs- oder Mängelhaf-

37) Vgl. hierzu: OLG Hamm, IBR 2009, 133 – Karczewski, sowie Siegburg, ZfIR 2000, 841 u. 941.38) Bamberger/Roth/Voit, § 640, Rdn. 5; Havers, in: Kapellmann/Messerschmidt, § 12/B, Rdn. 28.39) Das OLG Hamm, IBR 2009, 510, sieht eine fehlende Übergabe von Revisionsplänen und ein

unzureichendes Bodengefälle in zahlreichen Bädern eines Gebäudes als wesentliche Mängel an.40) Ebenso Henkel, NZBau 2004, 361, mit einer Übersicht zum Meinungsstand hinsichtlich der

Abgrenzung zwischen Mängeln und Restarbeiten.41) BGH, BauR 1970, 48; 1971, 60; 1972, 251, 252.42) BGHZ 48, 262; 50, 160, 162; WM 1970, 288; BauR 1974, 67, 68 = NJW 1974, 95.43) BGHZ 54, 352, 354 = VersR 1971, 135; VersR 1972, 640; WM 1970, 1522; WM 1973, 995.44) So richtig Bamberger/Roth/Voit, § 640, Rdn. 14.45) Vgl. hierzu Hildebrandt, BauR 2005, 788 ff.46) Siegburg, ZfIR 2000, 941, 948.47) OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, 530 = OLGR 1994, 20.48) OLG Hamburg, IBR 2003, 528 – Buscher.49) OLG Schleswig, BauR 2008, 360; OLG Hamm, IBR 2008, 321 – Graf.50) Oppler, in: Ingenstau/Korbion, § 12/B, Rdn. 19; Nicklisch/Weick, § 12/B, Rdn. 34; Hilde-

brandt, Rdn. 131; Groß, Festschrift für Locher, S. 53, 64; Havers, in: Kapellmann/Messer-schmidt, § 12/B, Rdn. 28; Bamberger/Roth/Voit, § 640, Rdn. 15.

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Fälligkeit des Werklohns/BGB Rdn. 1799–1800

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tungsbereichs liegen.51) Eine Abnahmeerklärung kann auch nicht wegen Irrtums überdie fehlende Abnahmereife angefochten werden, wenn ein Auftraggeber eineAbnahme trotz fehlender Abnahmereife ausdrücklich erklärt.52)

Das gemeinsame Aufmaß (vgl. Rdn. 2542) stellt grundsätzlich keine Abnahmedar. Auch der Prüfvermerk des Bauherrn oder seines Architekten unter der Schluss-rechnung des Unternehmers ist keine Abnahme der Leistung des Unternehmers.Solange der Auftragnehmer das Werk ganz oder in besonders abnahmefähigen Teilen– entsprechend der vertraglichen Absprache – noch nicht übergeben hat, hat der Auf-traggeber es auch noch nicht abgenommen.53) Eine Abnahme ist auch dann zu vernei-nen, wenn das Abnahmeprotokoll die Formulierung enthält, dass die Abnahme erteiltwird, wenn genau beschriebene Mengen beseitigt werden.54)

Lehnt der Bauherr grundlos die Abnahme ab,55) so kann der Bauunternehmer denBauherrn auf Abnahme und Zahlung des Werklohns verklagen; dabei reicht einZahlungsantrag aus, da mit ihm konkludent die Abnahme der Bauleistung begehrtwird. Klagt der Unternehmer mit der Behauptung, er habe die geschuldete Werkleis-tung vertragsgemäß erbracht, bedarf es auch keines ergänzenden Vortrags zur „Ab-nahmefähigkeit“, solange der Bauherr keinen Sachvortrag vorträgt, der dem ent-gegensteht.56) Denkbar ist allerdings auch eine – wenn auch in der Praxis nicht übliche– isolierte Klage auf Abnahme.57)

Grundsätzlich trägt der Bauherr die Kosten der Abnahme (z. B. eines Sachverstän-digen).58) Stellt sich allerdings bei der Abnahme heraus, dass der Bauunternehmer sei-ner Leistungspflicht nur unzureichend nachgekommen und die Leistung nichtabnahmereif ist, kann der Bauherr die Kosten aus dem Gesichtspunkt der vertrag-lichen Pflichtverletzung vom Bauunternehmer verlangen.59) Änderungswünschedes Auftraggebers berechtigen den Unternehmer eines BGB-Werkvertrages nicht,die bisher geleistete Arbeit vor Abnahme des Werks abzurechnen.60)

Im Anlagenbau ist zu berücksichtigen, dass mit der Abnahme gemäß § 640 BGBin der Regel die Betriebstauglichkeit (Funktionstauglichkeit) der Anlage (noch) nichtfestgestellt werden kann. Das ist vor allem bei größeren Anlagen – wie die Erfahrungzeigt – meist erst nach einem mehrmonatigen Probebetrieb möglich. Daher empfiehlt

51) Oppler, in: Ingenstau/Korbion, a. a. O.; s. im Übrigen: BGH, NJW 1983, 384 = BauR 1983, 77 =WM 1983, 90.

52) OLG München, BauR 2012, 813 = IBR 2012, 138 – Wagner.53) BGH, SFH, Nr. 10 zu § 640 BGB; anders: Hochstein in Anm., der übersieht, dass eine Übergabe

in dem betreffenden Fall ausdrücklich vereinbart war und daher eine schlüssige Abnahme durchInbesitznahme i. S. einer „Billigung“ ausschied.

54) OLG Saarbrücken, IBR 2005, 419 – Büchner.55) Vgl. Groß, Festschrift für Locher, S. 53, 56; Willebrand/Detzer, BB 1992, 1801 ff.; OLG Hamm,

NJW-RR 1994, 474.56) BGH, BauR 1996, 386 = NJW 1996, 1749 = MDR 1996, 893; OLG Hamm, BauR 1993, 741 =

ZfBR 1993, 289.57) Zu Zulässigkeit einer isolierten Abnahmeklage s. BGH, BauR 1996, 386. Vgl. hierzu im Einzel-

nen Leineweber, Festschrift für Werner, S. 177, die im Einzelfall eine isolierte Klage aufAbnahme oder Feststellung des Eintritts der Abnahmewirkungen empfiehlt.

58) OLG München, NZBau 2012, 38, 42; LG Konstanz, NJW-RR 1997, 722 (Kostentragungspflichtdes Unternehmers für Mängelprüfung nach Abnahme).

59) Nicklich/Weick, § 12/B, Rdn. 46.60) OLG Hamm, NJW-RR 1995, 313.

1801

1802

Rdn. 1801–1802 Werklohn des Bauunternehmers

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Illies61) eine mehrstufige Überprüfung im Sinne eines dreiteiligen Abnahmevor-gangs: Montageendbegehung – Inbetriebnahme – Probebetrieb. Eine Endabnahmeist dann erst nach einem erfolgreichen Probebetrieb anzunehmen, wobei die Vertrags-parteien auch den Zeitraum des Probebetriebs einvernehmlich festzulegen hätten.

Wird das Vertragsverhältnis vorzeitig, also vor Fertigstellung der geschuldetenBauleistung, aufgelöst oder gekündigt, ist eine Abnahme der erbrachten Leistungmöglich;62) sie kann förmlich, aber auch konkludent, jedoch nicht fiktiv erfolgen (vgl.näher 1815).63) Bei vorzeitiger Auflösung/Kündigung des Vertragsverhältnisses stelltsich aber die Frage, ob eine Abnahme des unvollendet gebliebenen Teilwerkes für dieFälligkeit des Werklohnanspruches grundsätzlich erforderlich ist. Das ist bislang vonder herrschenden Rechtsauffassung verneint worden.64) Nach anfänglichem Zögern65)

hat der BGH66) nunmehr seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden,dass nach Kündigung eines Bauvertrages die Werklohnforderung grundsätzlicherst mit der Abnahme der bis dahin erbrachten Werkleistung fällig wird. Das gilt– so der BGH – nicht für die Ausnahmefälle, in denen nicht mehr Erfüllung desVertrages, sondern Minderung oder Schadensersatz verlangt oder die Abnahmedes Werkes ernsthaft und endgültig abgelehnt wird. (vgl. Rdn. 1787 ff.)

Gibt der Auftraggeber ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis hinsichtlich derZahlung einer Restvergütung nach gestellter Schlussrechnung ab, wird damit einemöglicherweise fehlende Abnahme der Bauleistung ersetzt.67)

Kann der Bauherr nach erfolgter Abnahme die Beseitigung von Mängeln verlan-gen, so hat er gegenüber dem fälligen Vergütungsanspruch des Bauunternehmersein Leistungs-verweigerungsrecht gemäß § 641 Abs. 3 BGB mit der Folge, dass derBauherr nur zur Zahlung der Vergütung „Zug um Zug gegen Beseitigung der Män-gel“ verurteilt werden kann; der Bauunternehmer kann daher die Vergütung nur ver-langen und aus einem erwirkten Zahlungstitel vollstrecken, wenn er die erfolgteNachbesserung nachweist.68)

Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 640 Abs. 1, 271 Abs. 1 BGB hat dieAbnahme sofort zu erfolgen.69) Im Gegensatz zu § 12 Abs. 1 VOB/B kennt dasBGB keine Abnahmefrist. Wird der Zeitpunkt der Abnahme in Bauverträgen ver-

61) BauR 2011, 421. Vgl. hierzu auch Lliou/Schmidt, BauR 2007, 1660 sowie Hilgers/Buscher, DerAnlagenbauvertrag, Rdn. 189 f.

62) Beck’scher VOB-Komm/Motzke, § 8 Nr. 6, Rdn. 29 ff.; Kniffka, ZfBR 1998, 113 ff.; a. A.: OLGDüsseldorf, BauR 1978, 404.

63) Vgl. hierzu insbesondere Kniffka, ZfBR 1998, 113 ff.64) BGH, BauR 1993, 469 = ZfBR 1993, 189; OLG Hamm, BauR 1981, 376; OLG Düsseldorf, BauR

1980, 276 u. BauR 1978, 404; OLG München, ZfBR 1982, 167, 168.65) BauR 2005, 1913 = IBR 2005, 663 – Schmitz.66) BauR 2006, 1294 m. abl. Anm. Buscher = IBR 2006, 432 – Schmitz = NJW 2006, 2475 = NZBau

2006, 569; ablehnend auch Peters, NZBau 2006, 559; vgl. hierzu auch Jansen, BauR 2011, 371; Tho-de, ZfBR 2006, 638; Hartmann, ZfBR 2006, 737; Knychalla, Jahrbuch Baurecht 2007, 1. Für dasVerjährungsrecht ebenso schon BGH, BauR 2003, 689 (Abnahme beendet erst das Erfüllungssta-dium des gekündigten Vertrages) = NJW 2003, 1450 = NZBau 2003, 265; vgl. hierzu Brügmann/Kenter, NJW 2003, 2121; ferner Acker/Roskosny, BauR 2003, 1279 sowie Motzke, BTR 2007, 2.

67) KG, BauR 2002, 1567.68) BGH, NJW 1973, 1792 = BauR 1973, 313 = WM 1973, 995; BGH, BauR 1980, 357.69) Vgl. Bartsch, ZfBR 1984, 1, 4.

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Fälligkeit des Werklohns/BGB Rdn. 1803–1805

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