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Vilma Lwoff-Parlaghy (1863-1923): Nikola Teslas berühmtes „Blaues Porträt“. Tesla tauchte Lwoff-Parlaghys Atelier dafür in von ihm selbst erzeugtes blaues Licht; deshalb ging das Bild als "Blue Portrait" in die Geschichte ein. Nach dem Tod der Malerin 1923 erwarb Ludwig Nissen (1855-1924) das Bildnis. Es wurde Teil der Sammlung Nissen im heutigen Nordseemuseum, geriet in Vergessenheit bis 2006 und wurde in Teslas 150. Geburtsjahr wiederentdeckt. 1

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Vilma Lwoff-Parlaghy (1863-1923): Nikola Teslas berühmtes „Blaues Porträt“.

Tesla tauchte Lwoff-Parlaghys Atelier dafür in von ihmselbst erzeugtes blaues Licht; deshalb ging das Bild als"Blue Portrait" in die Geschichte ein. Nach dem Tod derMalerin 1923 erwarb Ludwig Nissen (1855-1924) das

Bildnis. Es wurde Teil der Sammlung Nissen im heutigenNordseemuseum, geriet in Vergessenheit bis 2006 und

wurde in Teslas 150. Geburtsjahr wiederentdeckt.

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„Wenn Denken nicht als Arbeit zählt, dann bin ich der faulste Mensch der Welt.

Aber wenn Denken als Arbeit zählt, dann bin ich der fleißigste. “

NIKOLA TESLA

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Vorwort

Wenn wir das Licht unserer Leselampe anschalten, istTesla anwesend. Er hat den Wechselstrom erfunden undich schreib hier kein Fachbuch für Physiker, sondern er-zähle Nikola Teslas Lebensgeschichte kurz und knapp alsGeschichte für Menschen wie dich und mich. Wir lesen,„damit unsere Seelen nicht so knarren“ (Pawel Florenski).Nach diesem Vorwort kommt jetzt das Hauptwort undnach dem Hauptwort ein Nachwort, übernommen vonHerrn Dr. Zvonko Plepelić.

Hermann Syzygos, Berlin, 2016.

Hauptwort

1856 Smiljan

Nikola Tesla wird am 10. Juli 1856 als Sohn des aus Ser-bien stammenden, orthodoxen Geistlichen Milutin undseiner Ehefrau Djouka im Pfarrhaus von Smiljan/Kroatiengeboren, um Mitternacht, während draußen ein Sommer-gewitter blitzt und donnert. Die Hebamme sagt: „Er ist einKind des Donners.“ ― Seine Mutter antwortet: „Nein, erwird ein Sohn des Blitzes.“

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Vater Milutin beendete 1845 das Priesterseminar als Klas-senbester. Durch seine Predigten und Schriften machte er

sich schon während seiner Ausbildung einen Namen beiden Intellektuellen in der Krajina. So hieß diese damalige,in erster Linie von Serben besiedelte militärische Sicher-heitsgürtel Österreichs gegen die Türken.

Milutin Teslas allseits bestätigte Begabung half ihm dabei,dass er 1846 eine hübsche Braut aus gutem Hause heira-ten konnte, nämlich Georgina-Duka, genannt Djuka, ausder verhältnismäßig wohlhabenden und einflussreichenFamilie Mandić.

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Bildmitte: Teslas Geburtshaus in Smiljan im heutigen Kroatien.

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In seinem dritten Lebensjahr lernt Nikola durch die Haus-katze Mačak zum ersten Mal Elektrizität kennen. Als er siestreichelt, bekommt er einen statischen Schock von derAufladung, die so stark ist, dass man Funken an den Kat-zenhaaren sieht und im ganzen Pfarrhaus ein Knisternhören kann: „Der Schlag, der mich durch Mačak traf,wirkte wie etwas Wunderbares, das ich unbedingt ver-stehen wollte. Mein Vater erklärte mir etwas hilflos, dabeihandele es sich um die gleiche Kraft und Energie wie beijenem Blitz, der neulich in die Eiche am Waldrand ein-schlug. ― Da fing ich an nachzudenken und mich zu fragen,ob die Natur vielleicht nichts anderes als eine riesengroßeKatze war, der Gott ab und an den Rücken kraulte, um esmal wieder ordentlich blitzen und donnern zu lassen.“

1861

Nikola baut an dem Bach, der über das Grundstück fließt,ein Wasserrad, das erste Modell seiner „Tesla-Turbine“.

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Bruder Daniel („Dane“) stirbt bei einem tragischen Unfall.Familie Tesla besaß einen heißblütigen Araberhengst, dervor irgend etwas scheute und durchging. Dabei wurde der12jährige Dane so schwer verletzt, dass er in der darauffolgenden Nacht starb. Nikola gibt sich lebenslang die Mit-schuld daran. Er glaubt, das Pferd unbewusst erschrecktzu haben.

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Tesla-Turbine. - Bild von KVDP.

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Vater Milutin Tesla (1819-1879) mit dem „GoldenenVerdienstkreuz“, 1873 verliehen von Kaiser Franz

Joseph.

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Nikolas Mutter Djuka, geborene Mandić (1822-1892).

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1862 Gospić

Smiljan war ein überschaubarer Ort, der auchheute noch keine 500 Einwohner hat. Dienächsten Nachbarn wohnten fünf Kilometerweit weg von der Kirche. Mutter Tesla konntezwar weder lesen noch schreiben, doch siekannte jede Menge Lieder und wusste vieleserbische Märchen, Sagen und Heldengedich-te auswendig.

Nun zieht Familie Tesla um ins nahegelegene StädtchenGospić. Ein Grund war vielleicht auch, dass sie Danes Grabnicht mehr jeden Tag sehen wollten. In Gospić besuchtNikola die Volksschule.

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Wappenvon Gospić.

Blick auf Gospić im heutigen Kroatien.

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1866 wechselt Nikola Tesla zur Realschule in Gospić. VieleFreunde hat er nicht, geschweige denn eine Freundin —dazu ist er viel zu schüchtern. Bücher sagen ihm mehr zuals seine Mitmenschen. Deshalb studiert er jetzt sehrgründlich die Bibliothek des Vaters und ist nächtelang mitLesen beschäftigt, bis ihm die Eltern mit Rücksicht auf sei-ne Gesundheit ein Leseverbot erteilen. Weil Nikola sichnicht daran hält, nimmt ihm Vater Milutin schließlichsämtliche Bücher weg und sorgt für ein kerzenfreies Zim-mer. Andere Leselampen als Kerzen kannte man damals inGospić nicht.

1870 Karlovac

1870 schicken ihn die Eltern zum „Hö-heren Realgymnasium“ in Karlovac(Karlstadt). Dort wohnt er bei TanteStanka und Onkel Dane Branković, ei-nem pensionierten Oberst, der ständigso stramm und militärisch daherredet,als sei er letzten Sonntag noch an ir-gendeiner Front gewesen.

Die ganze Gegend wird alljährlich vomFluss Korana mindestens einmal überschwemmt. Nikolawohnt in der Rakovac-Straße gleich am sumpfigen Ufer.Die Wohnung kann gar nicht richtig geheizt werden. Dafürgibt es richtige Ratten auf der Flucht vor den Wasserflutenund eines Tages bekommt Nikola eine richtige Malaria.Die wird mit Chinin bekämpft, das ihm fast noch mehrzusetzt als die Krankheit selber.

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Wappen.

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In diesen Zeiten trainiert er seine Fähigkeit zum Denkenin laufenden Bildern. Er erfand zwar nicht das Rad neu,aber er entwarf neu im Geiste immerhin ein riesengroßesunsichtbares Rad rings um die Erde als System zurweltweiten Übertragung von Nachrichten und Energie.Diese Idee wurde fix und hat ihn nicht mehr losgelassen.

Als nun 14jähriger besucht er während der Ferien seineCousine Milica in Tomingaj, dem Geburtsort seiner Mutter.Milica mag ihn sehr. Das nimmt er zwar wahr, bleibt aberselber von solchen Gefühlen anscheinend zeitlebens völligunberührt oder lässt sie gar nicht erst an sich heran.

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Wiese an der Korana bei Karlovac. - Bild von Modzzak.

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Tesla bekam immer wieder die besten Schulnoten, aller-dings nicht regelmäßig, sondern mal hier, mal da: mal inSprachen, mal in Religion, mal in Mathematik, mal in Na-turkunde und mal in Geschichte. Trotz der Täler zwischenseinen Höhen schaffte er das Gymnasium mit Auszeich-nungen im Schnelldurchlauf und bekam seine „Matura“schon im Juli 1873, ein Jahr früher als laut Lehrplan vor-gesehen.

Weil Sohn Dane nicht mehr da war, fing Milutin Tesla imnächsten Brief wieder damit an, dass Nikola doch gefäl-ligst serbisch-orthodoxer Priester werden solle, wie es Fa-milientradition war. Und er warnte Nikola: Er dürfe aufkeinen Fall gleich nach Gospić zurückkehren, weil dort dieCholera ausgebrochen war.

Der Sohn kümmerte sich weder um den Berufswunschdes Vaters noch um die Cholera und fuhr frohgemut nachGospić, der Krankheit direkt in die Arme. Neun Monatelang schwebte er zwischen Leben und Tod, bis er demVater klarmachte: Das einzige, was ihn retten und wiederauf die Beine bringen könne, sei ein Ingenieurstudium.

Der Vater gab klein bei, verlangte aber, dass Nikola erstnach völliger Genesung sein Studium aufnahm.

Über das Jahr 1874 wissen wir überhaupt nichts, weilTesla sich versteckt hielt, um seiner Einberufung zumMilitärdienst zu entgehen ― jedenfalls fürs erste.

Wir finden ihn erst als Studenten in Graz wieder.

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1875 Graz

Trotz seiner Drückebergerei 1875startete Tesla an der TechnischenHochschule in Graz mit einem Stipen-dium des „k.k. General Commando“ inZagreb (Agram). Dieses Stipendiumhatte er vermutlich den Beziehungenund guten Worten der Familie Mandiċzu verdanken. Es war mit 420 Guldenjährlich fast so hoch wie das Priester-gehalt seines Vaters. Dafür sollte Ni-kola dann nach seinem Studium mindestens acht Jahrelang Militärdienst tun.

Voll Eifer und Selbstvertrauen begann der wissbegierige,hochbegabte junge Mann sein Studium in allen erreich-baren Fächern und absolvierte dieses „Studium Generale“1875/76 mit hervorragenden Ergebnissen.

Besonders begeisterten ihn die physikalischen Lehrver-anstaltungen des Professors Jakob Pöschl, der seine Stu-denten durch praktische Experimente auf den neuestenStand der Wissenschaft brachte. O-Ton Tesla: „ProfessorPöschl war ein methodisch arbeitender und durch unddurch geerdeter Deutscher. Er hatte enorme Füße undHände wie Bärentatzen, doch alle seine Experimente führteer fehlerlos und mit bewundernswerter Präzision durch.“

Als Pöschl die neue sogenannte „Gramme-Maschine“ vorden Augen seiner Studentenschaft ins Laufen brachte, risser damit alle von den Stühlen. Eine derart leistungsstarkeErfindung hatte noch niemand vorher kennengelernt.

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Grazer Wappen.

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Die Gramme-Maschine als elektrischer Generator(Dynamo), Zeichnung von 1873.

Die Gramme-Maschine als Elektromotor (1880).