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ARBEITSGEMEINSCHAFT FOR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

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ARBEITSGEMEINSCHAFT FOR FORSCHUNG

DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

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ARBEITSGEMEINSCHAFT FOR FORSCHUNG

DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

HEFT 53a

ABHANDLUNG

Giovanni Lampariello

Von Galilei zu Einstein

Eine historisch-kritische Betrachtung des Weges

der klassischen Physik zur Relativitatstheorie

SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH

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ISBN 978-3-322-98326-8 ISBN 978-3-322-99053-2 (eBook)

DOI 10.1007/978-3-322-99053-2

Diese Abhandlung wurde auf der Sitzung

der Arbeitsgemeinschaft fiir Forschung am 21. September 1955

von Herrn Prof. Dr. Walt .. r Weizel, Bonn, vorgelegt

Copyright 1956 by Springer Fachmedien Wiesbaden

UrsprUnglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Kiiln und Opladen in 1965

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VORWORT

Der Verfasser dieser Arbeit, Professor Lampariello, ist im Kreise der Arbeitsgemeinschaft fur Forschung kein Unbekannter, nachdem er am 2. Juni 1954 in Dusseldorf einen Vortrag uber das Leben und Werk von Heinrich Hertz gehalten hat.

Herr Lampariello selbst bearbeitet zwei Gebiete: Geschichte der Physik und Relativitatstheorie. Kein Wunder also, daB ihn der 50. Jahrestag von Einsteins folgenschweren Untersuchungen im Jahre 1905 zu einer kritisch­historischen Betrachtung uber die physikalischen Ideen anregte, welche schlieBlich zur Relativitatstheorie fuhrten. Ich mochte aber erklaren, warum er diese Arbeit unserer Arbeitsgemeinschaft widmen will. Hier durfen wir einen Pluspunkt fur uns verbuchen. Bei seinem Besuch in Deutschland haben die Institutionen, die Organisation und die Arbeitsweise unserer Arbeitsgemeinschaft fur Forschung auf Herrn Lampariello einen tiefen Eindruck gemacht. Dies und der Gedanke, daB Albert Einstein eben doch ein deutscher Physiker ist, haben ihn zu der Meinung gebracht, daB die Arbeitsgemeinschaft fur Forschung die geeignete Institution sei, heute, nach dem unerwarteten Tode Einsteins, die Patenschaft fur diese Schrift zu seinem Gedenken zu ubernehmen. Es kommt noch etwas hinzu. Herr Lam­pariello ist ein Freund unseres Landes und der deutschen Kultur und gluck­lich uber den Kontakt, den er mit der deutschen Wissenschaft gefunden hat und den er gern vertiefen will.

Walter Weizei

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Von Galilei zu Einstein Eine historisch-kritische Betrachtung des Weges der klassischen Physik

zur Relativitatstheorie

Von Professor Dr. Giovanni Lampariello, Rom

Es ist ein halbes Jahrhundert her, seit Albert Einstein in den Annalen der Physik die Abhandlung "Zur Elektrodynamik bewegter Karper" publi­zierte, welche dazu fiihrte, daB sich die ganze Physik nach neuen und sehr weiten Rorizonten orientierte. Die kuhnen Ideen, die in jener Schrift ent­halten waren, erwiesen sich sehr schnell als ungemein fruchtbar, zumal der beriihmte Physiker im gleichen Jahre 1905 eine Konsequenz zog, deren Bedeutung damals nahezu unbemerkt blieb, deren Bedeutung sich aber 30 Jahre spater enthullte. Es war das allgemeine Prinzip der Tragheit der Energie, welches heute eine der Grundlagen der modernen Kernphysik ist. So wie es immer den groBen Ideen der Geistesgeschichte geschah, wurden die neuen Prinzipien von einigen mit Begeisterung, von anderen mit aul3erster V orsicht, wieder von anderen mit der allergraBten Kuhle aufgenommen, und man kann sagen, daB jenes denkwurdige Jahr 1905 ungezahlte Diskussionen der neuen Prinzipien eingeleitet hat.

Reute weill man, daB die unter dem Namen der Relativitatstheorie bekannte Lehre Einsteins eine neue und tiefschurfende Theorie des physi­kalischen Universums ist, welche aIle anderen Zweige des menschlichen Wissens befruchtet hat, vor aHem die Mathematik und die Philosophic. Man darf sagen, daB ebenso, wie der Newtonschen Physik eine Newtonsche Mathematik entspricht, der neuen Einsteinschen Physik eine neue Mathe­matik zugehart, die mit den Namen von Riemann, Christoffel, Hilbert, Minkowski, Ricci, Levi-Civita und Weyl verbunden ist.

Dem Namen von Einstein gesellten sich jene von Minkowski, Weyl, von Laue, Born, Pauli und Eddington bei, um nur einige unter den graB ten Physikern und Mathematikern zu nennen, welche die theoretischen Aspekte der Physik vorangetrieben haben.

Einstein hat nach 1905 noch zahlreiche andere Schriften publiziert und die beiden Bucher tiber die spezielle und die allgemeine Relativitatstheorie bzw. "The meaning of relativity" geschrieben. Das erste von beiden wurde

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beinahe in aIle bedeutenden Sprachen der Welt ubersetzt und ist deshalb bei allen zivilisierten Volkem bekannt.

Die Gedanken der Relativitatstheorie werden fur die Weiterentwicklung der modemen Forschung in jeder Richtung immer wichtiger, weil eine physikalische Theorie, die dem Relativitatsprinzip noch nicht Rechnung getragen hat, mit dem Ziele neu uberarbeitet werden muB, sich ihr anzu­gleichen.

Die axiomatische Begriindung einer Theorie befriedigt sicherlich den menschllchen Geist durch die ihr innewohnende Konsequenz, mit der sie ihre Aussagen aus logischen Schlussen herleitet. Auf diesem Wege sind in der Vergangenheit groBe Werke entstanden, z. B. die Elemente des Euklid. In seinen mathematischen Prinzipien der Naturphilosophie ist Newton dem Stil EukIids gefolgt, aber eine axiomatische Grundlegung einer physika­Iischen Theorie ist urn so befriedigender, je groBer ihr Gehalt an Erfahrung ist und je eingehender die Grundgedanken analysiert werden, welche zur Einfiihrung ihrer Grundbegriffe und Grundgesetze gefuhrt haben.

Newton hat nicht im einzelnen auseinandergesetzt, wie er von dem Bilde der physikaIischen Welt, welches von seinen V organgem und Zeitgenossen geschaffen worden war, zu der Einfuhrung von universellen Begriffen und Grundgesetzen gelangt ist. Auch wenn man Einsteins Buch "Die Meinung der Relativitatstheorie" Iiest, fiihlt man, daB jene Betrachtungen fehlen, welche dazu zwingen, die alten Modelle zu verlassen und ein neues Modell zu schaffen, welches umfassender ist und ein getreueres Abbild der auBeren realen Welt.

Das Bedurfnis, die Notwendigkeit der neuen Theorie einzusehen, empfin­det man noch mehr, wenn man die Geschichte der physikalischen Wissen­schaft als ein wirksames Instrument ansieht, urn zum wahren Verstandnis eben der Physik vorzudringen.

Zum SOjahrigen Jubilaum der VeroffentIichung der fundamentalen Arbeiten von Einstein ist es interessant, wenigstens die wichtigsten Linien der Entwicklung zu umreillen, welche die Ideen der klassischen Physik genommen haben, und auch die kritischen Gesichtspunkte ans TagesIicht zu ziehen, welche man als die Ausgangspunkte der Prinzipien der relativisti­schen Physik betrachten kann.

Unter dem Gesichtspunkt der Relativitatstheorie kann man die Entwick­lung der Physik in drei Epochen einteilen.

Fur die erste, die geometrische Epoche, ist kennzeichnend, daB das Uni­versum rein geometrisch beschrieben wird. Diese Epoche ist beherrscht von

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phllosophlsch-religiOsen V orstellungen von der Welt, welche auf die griechlsche Antike zurUckgehen.

Die dynamische Epoche, welche mit Kopernikus beginnt und im Gebiet der Mechanik mit dem Werk von Kepler, Galilei und Newton endet, ist beherrscht von der mechanischen Vorstellung der Welt. Sie umfaBt nicht allein die Mechanik, sondern auch einen betrachtlichen Teil der Theorie des Lichtes. In der Tat, auch nachdem man die korpuskulare Theorie des Lichtes von Newton verlassen hatte, und sogar noch nach der Wellentheorie von Huygens, kommt der mechanische Gesichtspunkt wieder in der Wellen­theorie von Young und Fresnel zum Vorschein.

Die dritte Epoche ist jene, in welcher die Vorstellung des Feldes als einer physikalischen Realitat geboren wird, nicht in der von Maxwell geschaffenen Form, sondern in einer Gestalt, die durch die Arbeiten von Hertz und von Einstein sozusagen gereinigt ist und in der der Ather von seinen substan­tiellen Eigenschaften befreit war.

Die Einsteinsche Feldvorstellung ist die Grundlage der relativistischen Theorie des Raumes und der Zeit und ist die fundamentale V oraussetzung fur die Konzeption der Einsteinschen Lehre.

Es ist interessant, daB in den fortgeschrittensten Phasen der Einsteinschen Theorie sich eine Ruckkehr zur geometrischen Epoche vollzieht, wobei jedoch das mathematische Instrumentarium bemerkenswert kompliziert wird. Die Kompliziertheit des mathematischen Handwerkszeuges der Relativitatstheorie ist ein Faktum, welches sich zwangslaufig mit der auBersten Allgemeinheit der physikalischen Prinzipien verbinden muB, welche die Phanomene des gesamten Universums beherrschen.

I. Das Werk von Galilei

Wer den Begriff des Ortes eines Korpers ausdrucken will, macht sich augenblicklich klar, daB dieser als eine Beziehung definierbar ist, die eben diesen Korper mit anderen Korpern seiner Umgebung verbindet. Wir sagen, der Ortsbegriff sei relativ. Diese Tatsache hat Aristoteles in seiner Physik erkannt und sie wurde Gegenstand einer tiefgreifenden kritischen Analyse vom Standpunkt der Erkenntnistheorie im Werke von Locke "Enquiry concerning Human Understanding".

Natiirlich zieht die Relativitat des Ortsbegriffes die Relativitat des Bewegungsbegriffes in der Bedeutung nach sich, daB es nur Sinn hat, von der Bewegung eines Korpers relativ zu anderen Korpern zu sprechen. -Es sollte also so aussehen, als ob man von der Bewegung nur in diesem

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relativen Sinne sprechen kenne. Wir sehen aber, daB sich in der Entwick­lung der Naturwissenschaft auch andere Deutungen des Begriffs der Be­wegung zeigen. Das kommt daher, daB mit dem Begriff des Ortes der Begriff des Raumes wesentlich verbunden ist, und von ihm hat der mensch­liche Geist verschiedene Interpretationen konstruiert.

Flir den Augenblick ist es interessant herauszustellen, daB im Ursprung der Deutung der V organge in der physikalischen Welt die Vorstellung eines Kerpers und eines Systems von Bezugskerpern steht. Die Vorstellung vom Bezugssystem ist in der Physik, wie librigens auch in vielen mathematischen Theorien, wesentlich, und es ist wichtig, ihre Wandlungen zu verfolgen. Wir werden erkennen, daB ihre Bedeutung stets gewachsen ist. In den ersten Phasen der Entwicklung der physikalischen Wissenschaft war ihre Aufgabe fast unbemerkt geblieben.

Das Weltbild, welches den Namen Ptolemaus' tragt, nimmt die unbeweg­liche Erde als Zentrum des Universums an. Das Bezugssystem ist gegeben durch die Erde.

Dieses war aber nicht die einzige VorsteUung, die sich dem Geiste der antiken Denker darbot. Anaxagoras gelang es, die exakte gegenseitige Lage von Erde, Sonne, Mond und Sternen zu bestimmen, indem er die Ekliptik und die Phasen des Mondes beobachtete. Die Pythagoraer und spater Aristarchos von Samos gelangten dazu, eine Bewegung der Erde zu be­haupten. 1m bewuBten Gegensatz zu den Pythagoraern und zum Geiste der platonischen Schule halt dagegen Aristoteles an der geozentrischen Vor­stellung fest.

1m ptolemiiischen System existierte nichts jenseits der Sphare des Fix­sternhimmels mit der Erde im Zentrum, und es hatte nicht einmal Sinn, von dem Raum an sich zu sprechen. So war der Raum der aristotelisch-ptole­miiischen Welt in eine Kugel eingeschlossen, die sich urn ein Zentrum drehte, eine Idee, die im absoluten Gegensatz zu dem unendlichen Raum im Sinne des Mathematikers Euklid stand.

1m Bereiche der naturphilosophischen Erkenntnis soUte es Giordano Bruno sein, der liber die Weltkonstruktion, die man Kopernikus verdankt, noch hlnausging und des sen machtiger VorsteUungskraft es gelang, den unendllchen Raum als Grundlage flir seine Lehre von der unendlichen Viel­heit der Welten aufzufassen.

Das kopernikanische System stellt sich die Sphare der Fixsterne in Ruhe vor, jenseits von der nichts mehr existieren soIl, und es schreibt der Erde nicht allein die tagliche Rotation zu, reziprok zum ptolemiiischen System,

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sondern auch eine Bewegung um die Sonne herum, welche nunmehr zum Zentrum des Universums erklart wird.

So wird es einleuchtend, wie gewagt der Schritt war, den Bruno vollzog, der die Unvorsichtigkeit beging, aus der besagten gewaltigen naturwissen­schaftlichen Vorstellung Folgerungen von religiosem Charakter zu ziehen, die ihn das Leben kosteten.

Fur unsere Aufgabe ist es wichtig hervorzuheben, wie aus der Brunoschen Vorstellung die Re1ativitat der Begriffe der Ruhe, der Bewegung usw. noch verstarkt hervorgingen, zumal Bruno ja an die Existenz von unendlich vie1en Welten glaubte, die verschiedene Zentren besiiBen.

Wahrenddas Weltsystem von Kopernikus - Bruno sichauf astronomischem Gebiet vornehmlich durch die Arbeiten von Kepler rechtfertigte, wurden der kopernikanischen Idee neue und folgenschwere Beitrage von Galilei hinzugefugt, der von Rechts wegen nicht nur als der Begrunder der wissen­schaftlichen Mechanik betrachtet wird, sondern auch der theoretischen Physik im modernen Sinne des Wortes tiberhaupt. Zur 300jahrigen Wieder­kehr der Veroffentlichung seiner "Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove Scienze" (1638) sagte Laue, daB dieses Werk das erste Lehrbuch der Physik sei. Ich mochte bemerken, daB die "Dis corsi" nicht getrennt werden konnen yom "Dialogo sopra i due mas simi sistemi del mondo", der im Jahre 1632 publiziert wurde. Die beiden Werke zusammen bilden das erste Lehrbuch, wei! im "Dialogo" Feststellungen von funda­mentaler Wichtigkeit fur die gesamte Physik enthalten sind, die in den "Dis corsi" nicht weiter kommentiert und angewandt wurden, aus dem ein­fachen Grunde, wei! das Werk der Zen sur unterworfen wurde und wei! Galilei yom heiligen Offizium verdammt wurde. Gali!ei stellt die beiden Werke in der Form eines Wechselgesprachs zwischen drei Personen dar. Salviati verkorpert Galilei se1bst, wahrend Simplicio der Name eines Kommentators von Aristote1es bedeutet und des sen Ideen verteidigt. Salviati vertritt die neuen Prinzipien gegenuber Simplicio und verteidigt hauptsachlich im Dialogo die Hypothesen des Kopernikus. In Padua hatte Galilei lange uber die Schaffung eines Werkes tiber das System und die Zu­sammensetzung des Universums nachgedacht: "Ein Entwurf von unge­heuerer GroBe und voll von Philosophie, Astronomie und Geometrie". Es sind dies die eigenen Worte Galileis. Die Kirche hatte zwar im Jahre 1543 die Veroffentlichung der Werke des Kopernikus auf Betreiben des Nurn­berger Ge1ehrten Osiander, der die Lehre als eine reine Hypothese hin­gestellt hatte, zuge1assen; die nachfolgenden Entwicklungen derselben

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Theorie stieBen aber auf eine vol1ige Starre der religiosen Autoritaten, und Galilei, aus Furcht, vom Inquisitionstribunal verfolgt zu werden, entschloB sich, sein Werk im Jahre 1624 unter dem Titel "Das Flutphanomen", d. h. uber die Gezeiten, erscheinen zu lassen. Aus verschiedenen Grunden aber wurde das Werk in Wirklichkeit erst 1632 verofi"entlicht.

Galilei schlug vor, die Gezeiten durch die Relativbewegung der Flussig­keitsteilchen auf der Erdoberflache zu erklaren, und brachte auf diese Weise ein wichtiges Argument zugunsten der kopernikanischen Lehre bei.

In dem bedeutenden Werk von Ernst Mach, Die Mechanik in ihrer Ent­wicklung historisch-kritisch dargestellt, findet sich eine kritische Analyse der irrtumlichen Gedanken, mit denen Galilei das grandiose Phiinomen zu erklaren gedachte.

Hier wollen wir feststellen, daB gerade bei der Untersuchung der Gezeiten von Galilei der Versuch gemacht wurde, als Bezugssystem den Fixstern­himmel an Stelle der Erde anzuwenden. Galilei hatte die Notwendigkeit ein­gesehen, sich von einem irdischen System zu befreien, um die Losung jener groBen mechanischen Frage zu finden, aber es gelang ihm nicht, die Auf­gabe vol1ig zu losen.

Bei Druck des Werkes im Februar 1632 befahl der Papst Urban VIII., den urspriinglich vorgesehenen Titel zu andern, damit Gegenstand und Titel nur "eine ausschlieBlich mathematische Behandlung bezuglich einer Be­wegung der Erde" betrafen.

1m "Dialogo" kam nicht zum Ausdruck, daB Galilei zugesteht, daB er das kopernikanische System als wahrheitsgemaBer als das ptolemaische vor­truge. Jedoch die Feinde Galileis flusterten Urban VIII. mit Erfolg ein, daB er selbst im "Dialogo" die Rolle des Simplicio spiele, well namlich Simpli­cio die Argumente wiederhole, mit welchen der Papst, als er noch Kar­dinal war, die Ideen des Galilei bekampft hatte. Galilei wurde vor das heilige Ofi"izium in Rom gerufen, welches ihn anklagte, er hatte in seinem "Dialogo" die V orschrift des J ahres 1616 uberschritten, des J ahres, in dem ihm Kardinal Bellarmino auferlegte, die kopernikanische Theorie weder aufrechtzuerhalten, noch zu verteidigen, noch in irgend einer Weise zu lehren.

Galilei verteidigte sich, indem er bestritt, die Hypothesen des Kopernikus aufrechtzuhalten, und sagte, den Verweis des Jahres 1616 nicht so ver­standen zu haben, daB er ihm verbiete, das neue System einfach als eine Hypothese zu lehren, wie er es im Dialog getan habe. Der ProzeB gegen Galilei endete mit einer formalen Verurteilung zum Kerker, eine Strafe, die

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nachher in eine Verbannung in die Nahe von Siena und spater nach Arcetri nahe Florenz umgewandelt wurde.

Ftir den Satz "Und sie bewegt sich doch", den Galilei nach der Ab­schworung ausgesprochen haben solI, findet sich kein Beleg.

1m wesentlichen kann man sagen, daB die Auseinandersetzung zwischen Galilei und seinen Gegnern daraus geboren wurde, daB Galilei den Ver­such machte, zur Vertiefung der kopernikanischen Theorie die Notwendig­keit nachzuweisen, das irdische Bezugssystem durch ein Bezugssystem zu ersetzen, welches zur Beschreibung der Bewegung der Himmelskorper ge­eigneter war. Die Resultate seiner denkwtirdigen Untersuchungen tiber die Bewegung der schweren Korper, die schon in den ersten Jahren des 17. Jahr­hunderts, als er in Padua lehrte, zur Reife gelangt waren, verwendete er zu seinen genialen Ansatzen und konnte vollkommen klar die beiden physika­lischen Grundprinzipien erfassen, die sich im "Dialogo" ausgesprochen finden: Das Prinzip der Tragheit und das Prinzip der Relativitat, in der Form, wie es heute als Galileisches Relativitatsprinzip bekannt ist.

Mach glaubt, daB Galilei zur V orstellung des Tragheitsprinzips durch seine Untersuchungen tiber die Bewegung schwerer Korper auf der schiefen Ebene gelangt sei, und dieselbe Meinung wird im ersten Band der Vor­lesung tiber theoretische Physik von Sommerfeld wiederholt. In Wirklich­keit spricht Galilei im "Dialogo" das Tragheitsprinzip fUr den Fall der Gravitationskriifte in derselben Form wie Newton aus.

1m gleichen "Dialogo" beobachtete Galilei, daB es unmoglich sei, aus mechanischen Beobachtungen, die im lnnern eines gleichformig und nicht beschleunigt bewegten Schiffes angestellt werden, zu beurteilen, ob das Schiff sich in Ruhe oder Bewegung befinde, d. h. wie groB die Geschwindig­keit des Schiffes sei.

Diese grundlegende Beobachtung enthiilt, sobald man sie in einer voll­kommeneren Form ausdruckt, das Galileische Relativitatsprinzip. Mit Hilfe dieses Prinzips konnte Galilei die Einwande der Aristoteliker gegen die Bewegung der Erde widerlegen.

Es ist nunmehr interessant, daB es Galilei gelang, das Bewegungsgesetz der geworfenen Korper zu entdecken, indem er das Tragheitsprinzip mit dem Relativitatsprinzip kombinierte.

Das Gesetz der Wurfbewegung stellt einen der Hauptbeitrage Galileis zur Mechanik dar. Vor Galilei war das Problem der Wurfbewegung von den Gelehrten vergeblich untersucht worden und auch Galilei selbst gelang es in einer Jugendarbeit "Uber die Bewegung", die ungefahr im Jahre 1600

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veraffentlicht wurde, noch nicht, den richtigen Weg zu seiner Lasung zu finden. Er verstand damals die Virtus Motiva als eineAufhebung der Schwer­kraft und nahm an, daB sie sich vermindere, wenn sich das WurfgeschoB von dem Werfenden entferne, bis schlieBlich die Schwere ihre Herrschaft wieder iibernehme.

Die gereiften Gedanken Galileis zu diesem Problem sind in dem zweiten Teil des "Dialogo" und in dem vierten Tag der "Dis corsi" enthalten. Dort wird der Begriff der Kraft in klarer Weise als die Ursache der Beschleunigung definiert. Dieser grundlegende Gedanke sollte spater der Ausgangspunkt des zweiten beriihmten Bewegungsgesetzes von Newton werden. Aber dies ist nicht der Punkt, der in unserem Zusammenhang interessiert. Am vierten Tag der "Dis corsi" erlautert Galilei die Vorstellung, daB wahrend der Wurfbewegung die Wirkung der Schwere, die sich zwischen einem Zeit­punkt t und einem anderen Zeitpunkt t + ~ t auswirkt, unabhangig von der Geschwindigkeit ist, die der Karper im Zeitpunkt t besitzt. Das bedeutet, wie wir es heute ausdriicken, daB die Geschwindigkeit im Zeitpunkt t + ~ t gleich ist der geometrischen Summe der Geschwindigkeiten im Zeitpunkt t und derjenigen Geschwindigkeit, die der Karper im Zeitpunkt t + ~ t hatte, wenn er im Zeitpunkt t durch die Wirkung der Schwere aus dem Ruhezustand in Bewegung gesetzt worden ware. Diese Behauptung wird allgemein als die erstmalige Einfiihrung der Vorstellung von der zusam­mengesetzten Bewegung in die Dynamik angesehen, im Gegensatz zu der kinematischen V orstellung der zusammengesetzten Bewegung, welche von Aristoteles in seinen Quaestiones Mechanicae behandelt wurde.

Ich glaube aber nicht, daB diese Auslegung dem Denken Galileis wirklich gerecht wird, wenn er auch in seinen Discorsi in klarer Weise von zusam­mengesetzten Bewegungen gesprochen hat. Wegen der Zensur, der der "Dialogo" unterworfen wurde, wiihrend Galilei in der Verbannung die Discorsi schrieb, konnte er keinen Gebrauch von den Dberlegungen machen, die er im Dialogo auseinandergesetzt hatte. Er konnte deshalb insbesondere nicht sagen, daB man das Gesetz der Wurfbewegung erhalten kanne, wenn man das Gesetz der Fallbewegung mit dem Prinzip der Relativitat verbinde.

Aus dem, was Galilei in seinen Discorsi schrieb, geht aber eindeutig folgendes hervor: wenn ein Karper mit einer Geschwindigkeit v relativ zur Erde geworfen wird, die selbst ein Bezugssystem S darstellt, taUt er frei beziiglich eines Bezugssystems S', welches sich beziiglich Sin einer gerad­linigen gleichfarmigen translatorischen Bewegung mit der Geschwindigkeitv befindet. DemgemaB enahrt die Schwerkraft keine Veranderung; ob sie nun

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auf das System S' oder auf S bezogen wird, und Galilei war bereits im Be­sitze des Gesetzes fUr den freien Fall. Aus der Kombination des Fallgesetzes mit dem Prinzip der Relativitat leitet sich dann das Gesetz der Bewegung def geworfenen Korper abo Dies ist die erste Anwendung, die von dem Rela­tivitatsprinzip gemacht worden ist.

Laue erinnert in seiner Arbeit "Tragheit und Energie" an die Beitrage, welche Wallis, Wren und Huygens zu der Untersuchung der StoBe zwischen Korpern beigetragen haben, die von der Koniglichen Gesellschaft in London 1668 angeregt worden waren. In der Arbeit von Huygens "De motu corporum ex percussione", die im Jahre 1703 in den Opuscula posthuma des groBen hollandischen Physikers veroffentlicht wurde, findet sich eine neue Anwendung des Galileischen Relativitatsprinzips. Urn das Gesetz zu verallgemeinern, nach welchem zwei elastische Balle von entgegengesetzt gleicher Geschwindigkeit ihre Geschwindigkeiten nach dem StoBe austauschen, nimmt Huygens an, daB der StoB auf einem Schiff stattfinde, welches sich mit geradliniger gleichformiger Bewegung bewege und daB der Vorgang yom Badestrand aus beobachtet werde. Es handelt sich hier urn eine neue Anwendung der Transformation, welche von einem mit dem SchiffverbundenenBezugssystem S' zu einemmit der Erde verbundenen Bezugssystem S iibergeht.

Galileis Relativit:itsprinzip setzt auseinander, warum der Zustand der Ruhe und der Zustand der geradlinigen gleichformigen Bewegung eines materiellen Punktes gleichwertig ist, wie es von dem beriihmten Tr:igheits­prinzip verlangt wird. Es stellt ein wichtiges Instrument dar, urn einen Um­stand klarzumachen, den die Anhanger der kopernikanischen Lehre vor Galilei nicht aufkl:iren konnten. Wenn man einen Stein von der Hohe eines Turmes herabfallen !aBt, so schlagt der Stein am FuBe des Turmes auf und nicht an einem art etwas westlicher davon, obwohl die Erde, wenn sie rotiert, sich w:ihrend des Falls des Steines ein wenig gedreht haben muB.

Die Klarstellung besteht darin, daB der Stein in dem Augenblick, in dem er losgelassen wird, dieselbe Geschwindigkeit wie die Erde besitzt. In Wirklichkeit f:inde man sogar, wenn der Turm nur hoch genug ware, einen Effekt, der gerade entgegengesetzt demjenigen ist, den die Gegner des Kopernikus erwarteten, wei! die Spitze des Turmes sich schneller bewegt als der FuB des Turmes. Der Stein miiBte deshalb ein wenig ostlich yom FuBe des Turmes niederkommen. Dieser Effekt ist jedoch nur mit Schwie­rigkeiten meBbar, weil er sehr klein ist. Nach diesem Gedankengang muB man also beachten, daB das Galileische Relativitatsprinzip streng genommen

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gar nicht auf ein mit der Erde verbundenes System anwendbar ist. Ein analoges Beispiel hatte man, wenn man einen schweren Korper von der Spitze des Mastbaumes fallen lieBe, wenn sich das Schiff selbst gleich­formig und geradlinig bezuglich des Festlandes bewegt.

Galilei gelangt nicht dazu, seine Dynamik der irdischen Bewegungen so weit auszudehnen, um damit die Bewegung der Himmelskorper bezuglich der Sonne zu verstehen. Er stellt in seinem Werk keine einzige Betrachtung uber die Keplerschen Gesetze an, welche doch so ein gewaltiges Werkzeug im Werke Newtons sind.

1m "Dialogo" erlautert Galilei die Relativitat der Bewegung an dem Beispiel der Spitze einer Schreibfeder, die sich auf einem Schiff wahrend der Fahrt von Venedig nach Alexandria befindet. Wenn die Moglichkeit be­stiinde, ein sichtbares Zeichen der ganzen Reise zu hinterlassen, welche Linie hatte die Feder hinterlassen? Galilei liiBt Sagredo, die dritte Person des "Dialogo", sagen, daB die wahre Bewegung, die wirklich wahre Be­wegung jener FederspitzeeinKreisbogen sein miiBte, nachdem die Bewegung des Schiffes, hervorgerufen durch die Schwankungen der Wellen, wieder glatt und ruhig geworden sei. Fur Galilei bedeutet hier die wirkliche Be­wegung die Bewegung bezuglich der Erde. Das, was ein Zustand der Ruhe bezuglich des Schiffes ist, ist eine ganz bestimmte Bewegung bezuglich derErde.

Ich mochte nun an einige Stellen in den Discorsi erinnem, die besonders denkwurdig sind. Um das Gesetz des freien Falls zu finden, nimmt Galilei zuerst an, daB die erreichte Geschwindigkeit dem zUrUckgelegten Weg proportional sei. Ais aber die Folgerungen aus dieser Hypothese von der Erfahrung nicht bestatigt wurden, setzt er voraus, daB die erreichte Ge­schwindigkeit der Bewegungsdauer proportional sei. In Wahrheit ist jedoch die Dberlegung, welche Galilei veranlaBt, die erste Hypothese zu verlassen, nicht korrekt. Er argumentiert namlich so, als ob der yom Korper zuruck­gelegte Weg proportional zur Zeit ware, was unvertraglich mit dieser Hypothese ist. In Wirklichkeit folgt stattdessen aus dieser Hypothese, daB der Korper in seiner Anfangslage bleiben musse, weil der Ruhestand ja der Ausgangszustand ist, und das ist natiirlich mit der Erfahrung ebenso un­vertraglich. Diese Folgerung kann aber nur mit der Kenntnis der Infinitesi­malrechnung gezogen werden, die man in den ersten Jahren des 17. Jahr­hunderts noch nicht zur Verfugung hatte. Es war deshalb ein groBes Gluck fUr die Naturwissenschaft, daB sich Galilei dazu entschloB, die zweite Hypo­these zu diskutieren und der Kontrolle der Erfahrung zu unterwerfen.

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Diese Methode, ununterbrochen Erfahrung und Mathematik zu kom­binieren, die man ganz unrichtig als experimentelle Methode bezeichnet und die man besser die Methode des experimentellen Rationalismus nennen konnte, stellt das gewaltigste Hilfsmittel dar, welches der menschliche Geist erdacht hat, urn die Gesetze der Natur zu entschleiern.

Nachdem er die Hypothese der Proportionalitat von Geschwindigkeit und Zeit eingefiihrt hatte, leitete Galilei das Gesetz des Weges abo Hier trat die Schwierigkeit auf, das gefundene Gesetz experimentell zu bestatigen, weil sich der freie Fall zu schnell abwickelt und deshalb keine beliebigen Beobachtungen zulaBt. Urn diese Schwierigkeit zu uberwinden, machte sich Galilei klar, daB dasselbe Proportionalitatsgesetz auch fur den Fall entlang einer schiefen Ebene gelten musse, und er fand durch quantitative Uber­legungen heraus, daB der Proportionalitatsfaktor sich genau in dem Ver­haltnis von Hohe zu Lange der schiefen Ebene vermindere.

Zu dieser Idee kam Galilei uber die geniale Beobachtung, daB die Be­wegungen eines Korpers umkehrbar sind, wenigstens immer dann, wenn die Reibungswiderstande beseitigt sind. Das bedeutet z. B., daB ein Korper, den man von A aus fallen laBt, in emit der gleichen Geschwindigkeit an­kommt, mit der man ihn von C aus in die Hohe werfen muB, damit er genau wieder A erreicht. Dann behauptet Galilei, daB der Korper langs der schie­fen Ebene in B mit derselben Geschwindigkeit ankommen musse, die er auch wahrend des freien Falles nach C erreichte, damit das Prinzip der Um­kehrbarkeit gewahrt wird. Die tiefere Bedeutung dieses Prinzips entging Galilei nicht, konnte aber doch nicht voll von ihm verstanden werden, weil hierzu ein Grundbegriff der Physik notig ist, dessen Bedeutung zu Zeiten Galileis noch nicht erkannt war. Erst durch die Bemuhungen von Huygens und Leibniz und die mathematische Behandlung der Mechanik im 18. Jahrhundert durch Lagrange, Euler und Laplace wurde das Prinzip von der Erhaltung der Energie in der Mechanik wirklich verstanden.

In Anlehnung an die Untersuchung der Bewegung auf der schiefen Ebene gelang es Galilei, wenn auch nicht das genaue Gesetz, so doch die Abhangigkeit der Schwingungszeit eines Pendels von der Pendellange und der Fallbeschleunigung aufzufinden. Dieses Gesetz wurde spater von Huygens vervollstandigt.

Diese denkwurdigen dynamischen Untersuchungen Galileis enthalten noch einen bedeutenden Fortschritt der physikalischen Erkenntnis. Es handelt sich urn die Vervollkommnung des Zeitbegriffes in der Physik. Galilei hat als erster erkannt, daB die Zeitmessung eine bemerkenswerte

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Bedingung erfullen muI3, welche die Grundlage der Deutung unserer Welt sein muB. Die Erscheinungen der Natur mussen sich namlich in einfachster Form ausdrucken. Um zu dies em Ziel zu gelangen, ist es notwendig, einige Erscheinungen als Standarderscheinungen festzusetzen, um mit ihrer Hilfe mathematisch das auszudrucken, was wir intuitiv die Zeit nennen. Das Stan­dardphanomen stellt dann die Einrichtung dar, die wir eine Uhr nennen.

Vor Galilei waren die Uhren entweder Sonnenuhren, Sand- oder Wasser­uhren. Diese Gerate zeigten die Unannehmlichkeit, daB sie durch etwas Kunstliches in Funktion gesetzt wurden, und dies beeinfluBte sichtbar die Messung. Die Untersuchungen Galileis uber die Pendelbewegungen, bei denen fur kleine Schwingungen Periodizitat besteht, und deren Schwin­gungsdauer von der Amplitude unabhangig war, brachten einen ent­scheidenden Fortschritt. Bei Schwingungen von endlicher Amplitude be­steht die Periodizitat immer noch, die Schwingungsdauer hangt jedoch von der Amplitude ab, im Gegensatz zur Ansicht Galileis. Es sieht so aus, als ob Galilei am Ende seines Lebens auch daran gedacht hatte, die sogenannte Ruckkoppelung ,auszufuhren, die spater im Werke Huygens' eine so groBe Bedeutung fUr den Fortschritt der Zeitmessung erlangte.

Wenn wir die grundlegenden dynamischen Erkenntnisse Galileis zu­sammenfassen, kannen wir sagen, daB die Gesetze des freien Falls, die Gesetze der schiefen Ebene, die Wurfgesetze und die Gesetze der Pendel­schwingungen nicht beeintrachtigt werden, wenn man die Versuche Galileis in einer Umgebung wiederholt, die sich in einer gleichfarmig-gerad­linigen Bewegung bezuglich der Erde befindet.

Dies ist noch keine befriedigende und vollstandige Formulierung des Galileischen Relativitatsprinzips. Die Wissenschaft hatte noch einen langen Weg zu gehen, bis sie dieses Prinzip exakt aussprechen konnte.

Uns ist interessant festzustellen, daB es Galilei, wenn er alle Umstande hatte berucksichtigen mussen, welche in Wirklichkeit die Bewegung der schweren Karper komplizieren, vielleicht nicht gelungen ware, jenen Ein­blick in das Bewegungsphanomen zu gewinnen, "der die Spur zeichnete, auf der das Geheimnis der Physik entschleiert werden konnte," um ein ausdruckvolles Bild aus Einsteins und Infelds Buch "Die Evolution der Physik" zu verwenden. Was sich hier in der Physik ereignete, geschah in derselben Epoche auch in der Differentialrechnung. Von der Zeit Newtons bis in die erste Halfte des 19. Jahrhunderts hat niemals jemand daran ge­zweifelt, daB die stetigen Funktionen auch ableitbar sind. Wenn man sich von Anfang an dessen bewuBt gewesen ware, daB eine Ableitbarkeit im

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allgemeinen nieht besteht, ware wahrscheinlich die Differentialrechnung niemals geboren worden.

Wenn man dabei bleibt, als Bezugssystem die Erde anzunehmen, fuhrt dies am Ende dazu, daB man auBerstande ist, gewisse dynamische Er­scheinungen zu studieren, welche im 18. Jahrhundert Gegenstand von Untersuchungen waren und im 19. Jahrhundert systematisch erforscht wurden. Ich denke hier an die Pendeluntersuchungen von Foucault und an die giroskopischen Erscheinungen.

Die von Galilei vorgeschlagenen Prinzipien waren wirklich grund­legend, und es dauerte nieht lange, bis sie sieh als wesentlich fur eine Me­chanik erwiesen, die auch die nieht terrestrischen mechanischen Er­scheinungen beherrschte. Diese Erweiterung war das Werk des groBen Physikers Newton.

Die Analyse einiger Gesiehtspunkte dieses Werkes ist wiehtig, urn zu verstehen, in welcher Lage sieh die Mechanik zur Zeit Newtons wirklich befand und welches die tatsachliche Situation nach der Aufstellung der Theorie von der Relativitat der Bewegung war.

Worin besteht dann noch die wahre Bedeutung des Streites zwischen den Ptolemaern und den Kopernikanern? Haben wir nicht gesagt, daB der Be­griff der Bewegung relativ sei? Wenn die Sonne sieh, wie die Ptolemaer glaubten, urn die Erde bewegt, so ist es doch ebenso wahr, daB die Erde sieh urn die Sonne bewegt. Der grundlegende Beitrag, den Kepler der kopernikanischen Lehre hinzufugte, besteht also darin, daB er mit Hilfe von Beobachtungen und der mathematischen Ubersetzung astronomischer Beobachtungsergebnisse bewies, daB die Bewegung der Planeten sieh quantitativ in einfacherer Form ausdruckt, wenn man die Sonne an Stelle der Erde als Bezugssystem nimmt.

Fourier bezeiehnet es geradezu als Aufgabe der Naturphilosophie, nach einfachen und unveranderlichen Gesetzen zu suchen, denen die ersten Ur­sachen unterworfen sind, welche im Weltall wirken.

Dieses Bedurfnis nach Einfachheit, welches in der Vergangenheit oft als okonomisches Prinzip dargestellt wurde, ist sieher ein grundlegendes Prinzip und muE in der Physik beachtet werden. Aber die Einfachheit darf nicht nur als Bequemlichkeit angesehen werden, sondern vielleicht als Instrument der Forschung. Es scheint, daB man das erste groBartige Bei­spiel der Verwendung des Prinzips der Einfachheit vor sieh hatte, als es Newton gelang, die allgemeinen Bewegungsgesetze zu entdecken, indem er namlich seinen Untersuchungen die dynamischen Prinzipien Galileis und die

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Keplerschen Gesetze zugrunde legte. Es war also diesmal die Astronomie, die einen entscheidenden Schritt uber das Werk Galileis hinaus ermaglichte.

Wenn es auch zulassig ware, ein geozentrisches Bezugssystem anzu­nehmen, ware doch die Bewegung der anderen Planeten mathematisch sehr vie1 verwickelter, als wenn man stattdessen ein heliozentrisches Bezugs­system verwendet. Die Einfuhrung des heliozentrischen Systems hat der Wissenschaft erlaubt, einen entscheidenden Fortschritt zu erzie1en.

II. Das Werk von Newton

Die Grundlagen der dynamischen Untersuchungen von Newton finden sich in seinem Werk "Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie", welches in London im Jahre 1687 veraffentlicht wurde.

Dieses Werk besteht aus drei Buchern, denen eine Einleitung vorangeht, und enthalt 8 Definitionen, ein Scolium, die drei Bewegungsgesetze, die den NamenNewtons tragen, und 6 Korollare. In den Definitionen pragtNewton die Begriffe der Masse, der BewegungsgraBe und der Kraft. Er setzt zuerst die Grundidee der Masse oder der Menge der Materie als das grundlegende Kennzeichen fest, mit des sen Hilfe die Materie in die mathematische Dar­stellung der Bewegungserscheinungen eingeht. Diese Newtonsche De­finition der Masse hat sich aber angesichts der Kritik der Prinzipien als schwach erwiesen. Man versteht unter der Masse spater allmahlich ein MaB fur die Eigenschaft der Karper, den Einwirkungen zu widerstehen, welche sie aus dem naturlichen Zustand der Ruhe oder der gleichfarmig gerad­linigen Bewegung ablenken. In diesem Sinne ist es gemeint, wenn man die Masse als ein MaB fur die Tragheit der Materie bezeichnet und wenn man deshalb von trager Masse spricht.

Neben den Begriff der Masse setzt Newton den Begriff der Bewegungs­graBe eines Karpers als Produkt seiner Masse und der Geschwindigkeit. Dann definiert Newton die auf einen Karper einwirkende Kraft als die­jenige Ursache, welche seinen naturlichen Zustand verandert.

Nachdem er einige weniger bekannte Begriffe erlautert hat, fugt Newton hinzu, daB er noch einige andere Begriffe scharfer erfassen wolle, z. B. jene des Raumes, der Zeit, des Ortes und der Bewegung, welche zwar im allge­meinen bekannt sind, die aber, urn Irrtumer zu vermeiden, geklart werden muBten. Dies sei deshalb erforderlich, weil sie gewahnlich nicht so aufgefaBt werden, wie es erforderlich ist, urn die in seinem Werk auseinander­gesetzten Prinzipien zu verstehen.

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Diese Begriffe werden unter Bezugnahme auf Karper eingefuhrt, man muB deshalb zwischen dem absoluten Raum und dem relativen Raum,der absoluten Zeit und der relativen Zeit, dem absoluten Ort und dem rela­tiven Ort und der absoluten und relativen Bewegung unterscheiden.

"Die absolute Zeit lauft in der Wirklichkeit und mathematisch aus sich selbst und vermage ihrer Natur gleichfarmig ab ohne Beziehung zu irgend einem auBeren Gegenstand. Sie wird auch Dauer genannt. Die relative Zeit ist ein wahrnehmbares und auBeres MaB (sei es nun genau oder ungenau) der Dauer, das von der Bewegung abstrahiert wird. Sie wird gewahnlich an Stelle der wirklichen Zeit verwendet, so z. B. eine Stunde, ein Tag, ein Monat, ein Jahr.

Der absolute Raum bleibt seiner eigenen Natur nach, ohne Beziehung zu irgend einem auBeren Gegenstand, immer homogen und unbeweglich. Der relative Raum ist ein MaB des absoluten Raumes, welches unsere Sinne aus der Lage zu Karpern bestimmen und welches gewahnlich mit dem absoluten Raum durcheinandergeworfen wird. "

Newton sagt, daB ein Teil unserer Atmosphare, welche bezogen auf die Erde immer dieselbe bleibe, in verschiedenen Zeitpunkten infolge der absoluten Bewegung der Erde verschiedene Teile des wirklichen Raumes einnehme.

Der absolute art oder der relative art ist der Teil des absoluten oder rela­tiven Raumes, der von einem Karper eingenommen wird. Die absolute Bewegung ist die Reihe der absoluten Orte, die ein Karper nacheinander einnimmt, und die relative Bewegung die Reihe der relativen Orte. Ab­solute oder relative Ruhe ist das dauernde Verharren des Karpers an dem gleichen absoluten oder relativen art.

Die Ursachen, durch welche sich die wahren und relativen Bewegungen voneinander unterscheiden, sind die auf die Karper wirkenden Krafte, welche die Bewegung erzeugen. Eine wahre Bewegung kann weder er­zeugt noch geandert werden, auBer durch Krafte auf den Karper selbst, wahrend eine relative Bewegung erzeugt oder geandert werden kann, ohne daB Krafte auf den Karper selbst einwirken.

Die Wirkungen, welche die absolute von den relativen Bewegungen unterscheiden, sind die Zentrifugalkriifte. Solche Kriifte treten nicht in einer rein relativen Rotationsbewegung auf, wahrend sie sich bei einer absoluten Rotation mehr oder weniger zwangslaufig aus der Bewegungs­graBe ergeben.

Newton sagt: "Wenn ein Eimer an einem langen Faden aufgehiingt ist und vielmals um den Faden gedreht wird, bis schlieBlich der Faden ganz

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steif ist, wenn er dann mit Wasser gefullt und zusammen mit dem Wasser in Ruhe gehalten wird, und wenn er dann platzlich von einer anderen Kraft in entgegengesetztem Sinn in Drehung versetzt wird, und wenn der Eimer fur einige Zeit wegen der Torsion des Fadens diese Bewegung bei­behalt, wird die Oberflache des \Vassers in der ersten Zeit eben sein, gerade wie vor dem Beginn der Bewegung des Eimers, aber nachdem der Eimer allmahlich seine Bewegung auf das Wasser ubertragen hat, kommt es dazu, daB das Wasser ganz mit rotiert und sich allmahlich von der Achse entfernt und an den Wanden des Eimers emporsteigt, wobei es eine konkave Ober­flache bildet (was ich ausprobiert habe)." Je schneller die Bewegung ist, desto haher steigt das Wasser, bis es schlieBlich seine Rotation der des Eimers angleicht und in einen Zustand der relativen Ruhe zum Eimer kommt. Jener Anstieg des Wassers beweist ein Bestreben, sich von der Drehacbse zu entfernen. Die absolute Rotationsbewegung des Wassers macht sich ganz im Gegensatz zu der relativen Bewegung bemerkbar und laBt sich durch das genannte Bestreben messen.

1m Anfang, als die Relativbewegung des Wassers zum Eimer am graBten war, veranlaBte sie keinerlei Bestreben, sich von der Achse zu entfernen, das Wasser zeigte keinerlei Streben zur Peripherie, noch irgendeinen An­stieg an den GefaBwanden, sondern behielt seine ebene Oberflache. Seine absolute Rotationsbewegung hatte noch nicht begonnen. Aber spater, als die Relativbewegung des Wassers schon begonnen hatte sich zu verlang­samen, machte der Anstieg des Wassers an den Wanden des GefaBes das Bestreben sichtbar, sich von der Achse zuruckzuziehen, und dieses Be­streben bewies die absolute Rotationsbewegung des Wassers, welche gleich­maBig bis zur Erreichung des Maximums anstieg, wahrend des sen das Wasser gerade in Ruhe bezuglich des GefaBes war. Deshalb hangt dieses Bestreben nicht mit irgendeiner auf das Wasser von den Karpern seiner Umgebung ubertragenen Einwirkung ab, und noch weniger kann die ab­solute Rotationsbewegung durch eine derartige Wechselbeziehung definiert werden. Es gibt nur eine einzige wirkliche Rotationsbewegung eines be­liebigen rotierenden Karpers, namlich diejenige, die seinem Bestreben entspricht, sich von der Rotationsachse zu entfernen, worin die zur ab­soluten Rotation geharige und ihr eigentumliche Wirkung besteht. Es gibt hingegen unzahlige relative Bewegungen desselben Karpers entsprechend den verschiedenartigen Lagebeziehungen zu auGeren Karpern, und jene anderen Lagebeziehungen sind ganzlich auGerstande, irgendeinen realen Effekt hervorzurufen, abgesehen von solchen Effekten, die vielleicht

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mit den Wirkungen der einzigen wahren absoluten Bewegung iiber­einstimmen.

Spater gibt Newton das Beispiel zweier durch einen Faden verbundener Kugeln, welche um eine Achse senkrecht zu dem Faden in dessen Mittel­punkt rotieren. Die Spannung des Fadens zeigt das Vorhandensein der Rotation an und macht es maglich, die Drehgeschwindigkeit zu messen.

Newton wirft allgemein das Problem auf, die absolute Bewegung der Karper aus der Relativbewegung und den Kraften zu bestimmen, die bei ihnen auftreten, und er fiigt hinzu, daB es das Ziel seiner Arbeit sei, dieses Problem zu lasen.

Hunc enim in finem tractatum sequentem composui. Newton hat also einen Unterschied zwischen den Begriffen der Zeit, des

Raumes und der Bewegung im absoluten und relativen Sinn gemacht, wahrend man schon seit Aristoteles bemerkt hatte, daB man sinnvoll nur von den relativen Begriffen sprechen kann.

Kann man nun erklaren, weshalb Newton dazu gefiihrt wurde, jene ab­soluten Begriffe neben den relativen zu bilden?

Wenn wir von den Bewegungen eines Schiffes sprechen, brauchen wir uns iiber das Bezugssystem nicht weiter auszulassen, da es sich von selbst versteht, daB dieses nur die Erde sein kann. Es handelt sich also um eine Bewegung relativ zur Erde. Aber es hat auch Sinn, von der Bewegung des Schiffes relativ zur Sonne zu sprechen, nachdem man Kenntnis von der Bewegung der Erde beziiglich der Sonne gewonnen hat. In einem fort­geschritteneren Stadium der Erkenntnis merkt man, daB auch die Sonne sich beziiglich anderer Sterne bewegt, und gelangt schlieBlich zu der Ent­deckung, daB die Sterne in der Nahe der Sonne sich gegeniiber den weit entfernten Nebeln bewegen.

Man kann also entweder annehmen, daB die Folge der Bezugssysteme unendlich sei oder daB ein letztes Bezugssystem existiert. Newton hat die zweite Hypothese gewahlt, sein absoluter Raum ist genau das letzte Bezugs­system, des sen reale Existenz er voraussetzt. Es ist nicht leicht, Newton in diesem wesentlichen Punkt seiner Lehre von Raum und Zeit zu folgen, aber man darf ohne Fehler sagen, daB sein ganzes Werk von theologischen Ideen beeinfluBt worden ist. Dies IaBt sich nicht nur den Vorstellungen ent­nehmen, die Newton am Ende seines Werkes iiber die Prinzipien zu der Existenz eines Schapfers des Universums zum Ausdruck bringt, sondern auch den analogen Betrachtungen, die er in seinem anderen grundlegenden Werk iiber die Optik auseinandersetzt. In diesem Werk identifiziert Newton

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den unendlichen Raum als Sinnesorgan des lebendigen, verkorperten, ver­nunftbegabten und allgegenwiirtigen Schopfers.

1m gegenwiirtigen Zustand der Naturwissenschaft konnte eine iihnliche Idee nicht ausgesprochen werden. Galilei und Einstein, welche V orstel­lungen sie sich auch von der Existenz eines allmiichtigen und allgegen­wartigen Schopfers geblldet haben mogen, haben einen Unterschied zwi­schen Naturwissenschaft und Religion gemacht.

Von Newton wird also die Natur der Welt einer metaphysischen Idee a priori untergeordnet.

Das Programm, welches Newton im scolium seiner Prinzipien aufgestellt hat, besteht darin, die Phiinomene durch ihre realen und beobachtbaren Wirkungen zu erfassen. Seine Lehre erreicht dieses Ziel jedoch nicht voll­standig, und zwar eigentlich deswegen, well er Elemente in die Theorie ein­fiihrt, die der Erfahrung vollkommen fremd sind.

Die Konzession eines absoluten Raumes hiingt mit der Hypothese zu­sammen, daB ein festes Zentrum des Universums existiere, wie es im dritten Buch der Prinzipien behauptet wird. Dort kann man lesen, daB kraft der Gesetze der Mechanik der Massenmittelpunkt eines Systems von Korpem, die keinen iiuBeren Kriiften unterworfen sind, sich gleichformig auf gerad­liniger Bahn bewege, wie es flir das Sonnensystem zutreffe. Wlirde aber dieses Zentrum sich bewegen, dann mliBte sich auch das Zentrum des Universums bewegen entgegen der Hypothese. Newton gibt keinerlei Rechtfertigung dafur, daB der Massenmittelpunkt des Sonnensystems mit dem hypothetischen Zentrum des Universums zusammenfalle. Es gelingt ihm, eine dynamische Abtrennung der Triigheitsbewegung der Korper von den anderen Bewegungen durchzuflihren, es gellngt ihm aber nicht, den Zu­stand der Ruhe von dem Zustand der gleichformigen geradlinigen Be­wegung zu unterscheiden. Die Unmoglichkeit der Unterscheidung dieser beiden natiirlichen Zustande ist aber gerade der Inhalt des Galileischen Relativitiitsprinzips. Die Newtonsche Vorstellung von absolutem Raum und absoluter Zeit und die Hypothese, daB ein festes Zentrum des Uni­versums existiere, stehen in augenscheinlichem Gegensatz zum Galileischen Relativitiitsprinzip.

Es scheint unmoglich, sich zu erkliiren, daB Newton niemals in irgend­einer Weise auf diese grundlegende Erkenntnis Bezug nimmt, die man Galilei verdankt, und die er auch selbst in seinem Werke liber die Prin­zipien als flinftes Korollar ausspricht. Es war das Ziel Newtons, die Prinzi­pien Galileis liber die irdische Dynamik auszudehnen, um eine kosmische

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Dynamik zu schaffen, und so ergab sich das Suchen nach einem Bezugs­system, welches weniger speziell als das der Erde war. Angesichts der oben besprochenen Alternative hat Newton, von theologischen Ideen beeinfhillt, vorgezogen, die Existenz eines universellen und unbeweglichen Bezugs­systems zugrunde zu legen, welches er den absoluten Raum nannte.Aber er hat dem Umstand keine Aufmerksamkeit geschenkt, daB sein Raum­begriff von dem Galileischen Relativitatsprinzip eingeschrankt wurde. Es ist infolgedessen vallig unbegrundet, das Relativitatsprinzip Newton zuzuschreiben, wie es in Cajoris moderner englischer Ausgabe der Newton­schen Prinzipien in der Weise geschieht, daB eine Newtonsche Transfor­mation der Lorentzschen Transformation gegenubergestellt wird, uber die wir in der Folge nochsprechen mussen.Die Bedeutung einerTransformation mit dem Namen Newtons kannte nun darin bestehen, daB sie einen Uber­gang eines im absoluten Raum ruhenden Bezugssystems S, in ein anderes Bezugssystem S' vornimmt, welches sich bezuglich S in einer unbeschleu­nigten Translation verschiebt. Nun glaube ich, daB eine solche Formulierung im Widerspruch zum Geiste der Galileischen V orstellung von der Dynamik steht, welche hauptsachlich auf die Erfahrung gegrundet war.

Die grandiose Konstruktion Newtons bleibt trotzdem immer bewunde­rungswurdig. Obwohl in den Prinzipien nicht explizit behauptet wird, daB irgend ein wirkliches Bezugssystem existiere, bezuglich des sen die Be­wegungsgesetze gultig seien, gibt es tatsachlich ein solches Bezugssystem, namlich dasjenige, welches Painleve in seinem Buch "Kritische PrUfungen der mechanischen Axiome" als kopernikanisches Bezugssystem bezeichnet.

Der Ursprung dieses Bezugssystems liegt im Massenmittelpunkt des Sonnensystems und die Achsenrichtungen werden durch die Fixsterne festgelegt. Die Messung der Zeit wird auf die Hypothese gegrundet, daB die Erde taglich gleichformig um ihre Achse rotiere. Vom praktischen Gesichtspunkt aus betrachtet ist die Newtonsche Mechanik in sehr guter Naherung bezuglich des kopernikanischen Bezugssystems gultig.

Der wesentliche Fortschritt den Newton erreichte, besteht darin, daB er die drei Bewegungsgesetze bezuglich eines Bezugssystems aussprach, wel­ches weniger speziell als die Erde war. Zur Untersuchung eines solchen Systems gelangte auch Galilei beim Studium der Bewegungen der schweren Karper durch die Beobachtung, daB ein frei fallender Karper wegen der Rotation der Erde von der Vertikalen abweicht.

Was die Begriffe des absoluten Raumes und der absoluten Zeit betrifft, ist es denkbar, daB Newton ihrer Realitat nicht sicher war. Er schreibt in

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seinem Werke namlich, es kanne sich ergeben, daB sich im Universum kein einziger Karper in Ruhe befinde, auf den die Orte und Bewegungen der anderen Karper bezogen werden kannen. Er schreibt aber auch, daB die relativen GraBen nicht die wahren GraBen seien, von denen sie ihren Namen tragen, sondern daB sie die wahrnehmbaren MaBe jener seien (genaue oder irrtiimliche MaBe) und daB man gewahnlich diese MaBe verwende an Stelle der wirklichen GraBen.

Das zweite Bewegungsgesetz Newtons wird gewahnlich als Gesetz von der Proportionalitat zwischen Kraft und Beschleunigung ausgelegt. Es ist aber sicher, daB diese Auslegung nicht den Gedankengangen Newtons ent­spricht. Statt das Gesetz als ein Mittel zur Definition der Masse anzusehen, ist es vielleicht interessanter, es als eine Beziehung zwischen Kraft und Impuls zu betrachten, der als Gegebenheit die BewegungsgraBe ersetzt, und die Kraft als die Veranderung des Impulses eines materiellen Punktes auf­zufassen. Diese Deutung kommt, wie wir sehen werden, den Prinzipien Einsteins naher.

Eine solche Auslegung findet eine Stiitze in dem Umstand, daB die drei Bewegungsgesetze bei Newton ausgesprochen werden, ohne daB die Masse ausdriicklich erwahnt wird. Das bedeutet, daB man zum Begriff des Impulses auch unabhangig von der Masse und der Geschwindigkeit gelangen kann, und die moderne Physik lehrt, daB das zweite Gesetz der Bewegung dieser Verallgemeinerung fahig ist. Vom Gesichtspunkt der Quantentheorie aus betrachtet behalt es seine Bedeutung im Bereich der elektromagnetischen Strahlung bei. Somit kannen die Prinzipien aufTeilchen ausgedehnt werden, die sich anders verhalten als die materiellen Punkte im gewahnlichen Sinne, welche man Newtonsche Teilchen nennen kannte.

Betrachtungen iiber den Strahlungsdruck, der theoretisch von Bartoli und Maxwell vorausgesehen war und experimentell von Lebedeff, Nicols, Hull und anderen bestatigt wurde, fiihren dazu, den Lichtquanten mit Hilfe des in diesem Sinne verallgemeinerten zweiten Bewegungsgesetzes eine Masse zuzuschreiben, die sich als das Verhaltnis ihrer Energie zu dem Quadrate der Geschwindigkeit des Lichtes im Vakuum darstellt. In diesem Falle ist die Masse keine GrundgraBe im Sinne Newtons, sondern sie wird yom Begriff des Impulses und der Energie abgeleitet.

Aus Newtons Buch iiber die Prinzipien geht nicht hervor, durch welche Betrachtungen es ihm gelang, jenes groBe Gesetz des Impulses zu er­kennen, welches die ganze Darstellung der dynamischen Erscheinungen beherrscht.

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Die Grundvorstellung von den Bewegungserscheinungen hat bei New­ton differentiellen Charakter. In jedem elementaren Zeitintervall verandern die Krafte den Impuls eines Teilchens in einer solchen Weise, daB die Abanderung des Impulses gleich der Resultante der Krafte multipliziert mit jenem Zeitintervall ist.

Die Prinzipien Newtons sollten einen ungeheueren Einflui3 auf die spatere wissenschaftliche Gedankenwelt ausuben, indem sie die Grundlage fur eine rein mecharustische Vorstellung von der Welt legten. Die Newton­sche Lehre feierte groBe Triumphe durch die groBartigen Beitrage, die man hauptsachlich Laplace, aber auch anderen theoretischen Physikern verdankt, nicht nur auf dem Gebiete der Astronomie. Das mecharustische Modell der Welt erreichte schlieBlich seinen Hohepunkt zur Zeit Helm­holtz', als die Energetik sich zur Theorie konstituierte.

Es geschah aber auch in derselben Epoche, daB allmahlich, haupt­sachlich durch die Arbeiten der deutschen Schule, eine kritische Analyse der Prinzipien Newtons in die Wege geleitet wurde.

Seit dem Jahre 1883, in dem Machs Buch uber die Mechanik veroffent­licht wurde, waren die Prinzipien Gegenstand leidenschaftlicher Diskussio­nen. Die Strome der Gedanken, die daraus entsprangen, begegneten sich mit anderen Gedankengangen, die sich von ganz anderen Bildern herleite­ten, von denen wir noch sprechen mussen, und in diesem Zusammenprall von Vorstellungen lag der Ursprung der Theorie Einsteins.

Bevor wir uns mit der Kritik der Prinzipien von Newton befassen, ist es zweckmaBig, noch einmal zu der Erfahrung mit dem rotierenden Eimer zuruckzukehren und den V organg unter dem Gesichtspunkt des Bezugs­systems und des Prinzips von der Einfachheit der Naturgesetze zu beurteilen.

Die Beschreibung des Experiments durch Newton setzt voraus, daB das Bezugssystem die Erde sei. Von der freien Oberflache des Wassers im Ge­faB behaupten wir, daB sie eben sei, wenn das Wasser nicht rotiere und die Form eines Paraboloids habe, wenn das Wasser rotiere. Der Bewegungszu­stand des GefaBes hat selbst keinen EinfluB auf die Form der freien Ober­flache. Nun wollen wir die Erscheinungen in einem Bezugssystem be­urteilen, welches bezuglich der Erde mit einer konstanten Drehgeschwindig­keit rotiert, die der groBten Drehgeschwindigkeit des GefaBes gleich­kommt. Nunmehr rotieren in der ersten Phase der Bewegung Faden, Ge­faB und Wasser bezuglich des neuen Bezugssystems mit einer gewissen Drehgeschwindigkeit, und die Oberflache des Wassers ist eben. Dann halt der Faden und anschlieBend das GefaB an, wahrend die freie Oberflache

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sich in ein Paraboloid verwandelt. Nachdem das Wasser den Zustand vollkommener Ruhe erreicht hat, ist seine Oberflache noch ein Paraboloid, der Faden und dann das GefaB geraten in eine Rotationsbewegung relativ zu unserem Bezugssystem (was bedeutet, daB sie in Ruhe bezuglich der Erde sind). Das Wasser beginnt allmahllch an der Rotation teilzu­nehmen, wenn seine Oberflache sich einebnet. Am SchluB rotiert der ganze Apparat mit der ursprunglichen Winkelgeschwindigkeit, und die Oberflache des Wassers ist wieder eben.

Bezuglich des betrachteten Bezugssystems wickelt sich die Erscheinung folgendermaBen abo Die Oberflache des Wassers ist nur eben, wenn es mit einer ganz bestimmten Winkelgeschwindigkeit rotiert. Die Abweichung von der ebenen Oberflache millt, wieviel der Bewegungszustand von jener Winkelgeschwindigkeit abweicht. 1m Zustand der Ruhe ist die freie Oberflache ein Paraboloid. Auch jetzt ist die Rotation des GefaBes selbst nicht von Bedeutung. Die vorangehenden Oberlegungen, die man P. G. Bergmann verdankt, setzen die Rolle eines passenden Bezugssystems in gutes Licht.

Um die Naturgesetze auszudrucken, konnen wir das System nach Gut­dunken auswahlen, aber es kann Bezugssysteme geben, bezuglich derer die mathematische Darstellung der Gesetze eine besonders einfache Form an­nimmt. Es wird also nunmehr eine Aufgabe der physikalischen Wissen­schaft, nicht nur die Gesetze des Universums zu untersuchen, sondern auch jene Bezugssysteme, beziiglich derer die Gesetze die einfachste Form an­nehmen. Wenn man im FaIle von Newtons Versuch das mit einer bestimm­ten Winkelgeschwindigkeit rotierende GefaB als Bezugssystem annimmt, erfordert die mathematische Darstellung des Phiinomens die Verwendung eines Elements, namlich der Geschwindigkeit des GefaBes bezuglich eines anderen geeigneteren Bezugssystems, Z. B. desjenigen der Erde. Die Wahl des rotierenden GefaBes als Bezugssystem ist deshalb nicht geeignet.

Ich habe bereits gesagt, daB die ZweckmaBigkeit der kopernikanischen Lehre daraus erhellt, daB bezuglich eines irdischen Bezugssystems die Be­wegungen der anderen Planeten und der Sonne sichin verwickelteren Glei­chungen ausdrucken muBten, als wenn die Bewegungen auf das kopernikani­sche Bezugssystem bezogen werden.

Das Suchen nach einem Bezugssystem, welches pas sender als ein irdisches Bezugssystem war, wurde im Werke Newtons durch den Erfolg gekront, der groBartig erscheint, obwohl er sich mit der metaphysischen Idee eines absoluten Raumes und einer absoluten Zeit verknupft und trotzdem in

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iiberraschender Weise in Ubereinstimmung mit den groBen Phanomenen der kosmischen Dynamik kommt.

Der Umstand jedoch, daB die Lehre Newtons solche Wurze1n hatte, daB sie vom logischen Standpunkt aus nicht ganz zufriedenstellend ist, konnte nicht immer iibersehen werden. Eine vertiefte Untersuchung der Prinzipien Newtons war erforderlich, und sie wurde von der deutschen Schule in der zweiten Halfte des vergangenen Jahrhunderts durchgefiihrt.

III. Die deutsche Kritik der Prinzipien Newtons

Mach schreibt in seinem bereits genannten Buch, ihm scheine, daB Newton beim Aussprechen seiner Vorstellungen vom absoluten Raum und absoluter Zeit unter dem EinfluB der mitte1alterlichen Philosophie ge­standen habe und daB er dem Programm nicht treu geblieben sei, welches er zur Erforschung der Wirklichkeit aufgestellt habe.

DaB ein bestimmter Gegenstand A mit der Zeit variiert, hat folgende Bedeutung. Die Umstande, die mit A zusammenhangen, hangen von Um­standen ab, die mit einem anderen Gegenstand B verkniipft sind. Die Schwingungen eines Pendels spie1en sich in der Zeit ab, und das bedeutet, daB der Pende1ausschlag von der Lage der Erde abhangt. Indessen, wir brauchen uns diese Abhangigkeit von der Lage der Erde nicht immer gegen­wartig zu halten. Wir konnen statt dessen auch ganz beliebige andere Dinge einfiihren, denen wir das Pende1 gegeniiberstellen konnen, und daraus ent­steht leicht die Illusion, daB aIle diese anderen Dinge se1bst nicht wesentlich seien. Es sieht also so aus, als ob die Zeit etwas ganz Besonderes ware, von des sen Verhalten die Lage des Pendels abhangt, wohingegen die an­deren Dinge, die wir in Freier Wahl einfiihren, durch die Gegeniiberstellung nur in einen zufalligen Bezug zum Pende1 gelangten. Aber wir diirfen nicht verges sen, daB aIle Dinge miteinander zusammenhangen und daB auch wir selbst mit unseren Gedanken nur Bruchstiicke der Natur sind. Wir sind nicht imstande, die Veranderungen der Dinge wahrend "der Zeit" zu messen. Die Zeit ist nichts anderes als eine Abstraktion, zu der wir von der Veranderung der Dinge gelangen, weil uns nichts auf ein ganz bestimmtes MaB hinlenkt, nachdem aIle Veranderungen miteinander zusammenhangen.

Wir sagen, daB eine Bewegung gleichformig sei, wenn gleichen Wegen auch gleiche Wege einer anderen Bewegung entsprechen, die man der ersten Bewegung gegeniibersteIlt, wie z. B. die Erdrotation. Eine Bewegung kann wohl gleichformig sein mit Bezug auf eine andere Bewegung. Die Frage

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aber, ob eine Bewegung gleichformig an sich sein kann, hat tiberhaupt keine Bedeutung. Noch weniger konnen wir von einer absoluten Zeit sprechen, namlich von einer Zeit, unabhangig von irgendeiner Veranderung der Dinge. Diese absolute Zeit kann mit Hilfe keiner Bewegung gemessen werden, sie hat deshalb weder praktischen noch wissenschaftlichen Wert, und niemand ist berechtigt zu sagen, daB er tiber sie irgend etwas wisse. Sie ist ein miilliger, metaphysischer Begriff. Auch beztiglich des absoluten Raumes und der absoluten Bewegung kann man nicht das geringste aus­sagen, sie sind reine Konstruktionen des Geistes, die keine Beziehung zur Erfahrung haben konnen.

Die Prinzipien der Mechanik sind aile aus der Erfahrung tiber relative Lagen und Bewegungen abgeleitet. Niemand ist berechtigt, diese Prinzipien tiber die Grenzen der Erfahrung auszudehnen. Eine derartige Ausdehnung ware im tibrigen sogar vollig bedeutungslos, weil niemand imstande ware, sie auf irgend etwas anzuwenden.

Mach sagt, daB Newton viel tiber den absoluten Raum und die absolute Zeit geschrieben habe, aber daB er nirgends von diesem Begriff irgend­einen Gebrauch gemacht habe.

Die Kritik der Newtonschen Prinzipien ftihrte zu einer sicheren logischen Fundierung der Mechanik im Werke Ludwig Langes. Schon C. Neumann hatte im Jahre 1870 (in seiner Schrift tiber die Prinzipien der Galilei-New­tonschen Theorie) die Newtonschen Vorstellungen zur Diskussion ge­stellt. Er schlug ein besonderes Bezugssystem vor und nennt es einen a -Korper, beztiglich dessen die Bewegungsgesetze Newtons gtiltig sein sollen. Aber die Einfiihrung dieses Bezugssystems unter Aufrechterhaltung der Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Bewegungen lieferte keinen substantiellen Beitrag zur Klarung der allgemeinen Ideen.

Die Arbeiten von Lange, insbesondere seine Schrift mit dem Titel "Die geschichtliche Entwicklung des Bewegungsbegriffes" (veroffentlicht in Leipzig im Jahre 1886), fanden statt dessen allgemeine Anerkennung. Lange nimmt den Inhalt des Tragheitsprinzips als Hypothese an und definiert das Inertialsystem als Bezugssystem. Ein Bezugssystem ist ein Inertialsystem, wenn die Bahnen dreier Massenpunkte beziiglich dieses Systems gerade Linien sind, vorausgesetzt, daB diese drei Massenpunkte aus derselben Aus­gangslage in drei verschiedene Richtungen,die nicht in einer Ebene liegen, abgeschossen und dann sich selbst iiberlassen werden. Als empirische Feststellung folgt dann, daB auch die Bahn eines vierten Massenpunktes, der sich selbst iiberlassen bleibt, geradlinig ist.

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Ais Inertialzeit oder Inertialzeitskala deflniert man jene Zeitskala, in der ein Massenpunkt langs seiner Inertialbahn in gleichen Zeiten gleiche Wege zurucklegt. Daraus folgt, daB beiBenutzung der Inertialzeit auch jeder andere bewegliche Punkt langs seiner eigenen Inertialbahn gleiche Wege in glei­chen Zeiten zurucklegt.

Die von Lange gesetzten Deflnitionen sind freie Schopfungen des Geistes, wie ubrigens aIle Deflnitionen irgendwelcher physikalischer Begriffe. Die Zweckmiilligkeit und Nutzlichkeit der Deflnitionen enthiiIlt sich allein im Gebrauch, den man von ihnen zur Erklarung der Naturerscheinungen machen kann. Aus jenen Deflnitionen folgen Ansatze, die mit der Wirk­lichkeit ubereinstimmen, soweit sie der menschlichen Erfahrung zuganglich ist, und somit verleihen die Ansatze jenen Deflnitionen ihren Wert. Der von Lange erzielte Fortschritt ist bemerkenswert.

Die Newtonschen Vorstellungen vom absoluten Raum und der absoluten Zeit werden durch den Begriff des Inertialsystems und der Inertialzeit er­setzt. Das kopernikanische Bezugssystem ist in hoher Annaherung ein Inertialsystem, und die Inertialzeit, die sich mit diesem Inertialsystem ver­bindet, stimmt in hoher Annaherung mit jener Zeit uberein, die auf die gleichformige Rotation der Erde um ihre Achse gegrundet ist. Laue be­merkt, daB ein Inertialsystem und eine Inertialzeit keine leeren Schemen sind, wie einige Autoren glauben, sondern vielmehr physikalische Reali­taten, die sich aus der Beobachtung ergeben.

Sommerfeld schreibt im Band 1 seiner Vorlesungen uber theoretische Physik:

"Welche Forderung haben wir allgemein an das ideale Bezugssystem der Mechanik zu steIlen? Und zwar verstehen wir darunter ein raumzeitliches Gebilde, nach dem wir die Lage der Massenpunkte und den Ablauf der Zeit bestimmen konnen, also etwa ein rechtwinkliges Koordinatensystem und eine Zeitskala. Praktisch verlassen wir uns hierbei auf die Astronomie, die uns im Fixsternhlmmel hinreichend feste Achsenrichtungen und im mitt­leren Sonnentag eine hinreichend konstante Zeiteinheit liefert. Theoretisch aber sind wir leider zu einer unfreundlichen Tautologie gezwungen. Das­jenige Bezugssystem ist das richtige, in dem fur einen hinreichend krafte­freien Kotper das Galileische Tragheitsgesetz hinreichend genau gilt. Das Tragheitsgesetz wird dadurchzur formalen Identitat degradiert; als positiver, nicht formaler Inhalt desselben bleibt nur die Behauptung bestehen: Es gibt Bezugssysteme der geforderten Eigenschaft; ein solches wird nach all unserer Erfahrung approximiert durch die astronomische Orts-und Zeitbestimmung.

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1m Grunde dasselbe meint man, wenn man der Mechanik ein Inertialsystem zugrunde Iegt, d.h. ein von Tragheitsbahnen gebildetes Gedankending".

Neumanns und Langes Kritik der Prinzipien Newtons hat, wie man sieht, zu einem positiven Resultat gefuhrt, welches folgendermaBen formuliert werden kann. Verwendet man gerade die Prinzipien Newtons, so ist es maglich, zu einer Definition des Bezugssystems zu gelangen. Das von Lange erdachte Inertialsystem besitzt grundlegende Bedeutung und muB den Ausgangspunkt fUr die Grundlegung der ganzen Physik bilden.

Das Inertialsystem ist eine V orsteilung, die aus der Interpretation der Erscheinungen gewonnen ist, und nur die Erfahrung kann entscheiden, ob es zu einer exakten Darstellung der auBeren Welt fUhrt. Die Prinzipien Newtons kannen in dem Sinne zusammengefaBt werden, daB sie mit den Erfahrungen vereinbar sind, auf Grund deren man den Begriff des Inertial­systems einfUhrt. Aber es ist klar, daB die Festlegung eines Inertialsystems niemals genau sein kann. Es ist immer in dem MaBe eine Annaherung wie die Erfahrungstatsachen, die zu seiner Definition erforderlich sind.

Ernst Mach schreitet zu einem Gesiehtspunkt fort, der verschieden von jenem von Lange ist. Lange hat materielle Punkte natig, die der Wirkung von Kraften entzogen sind, urn sein System zu konstruieren. Wie ist es maglich, solche materiellen Punkte zu finden, wenn aile Karper des Welt­alls Wirkungen auf die Karper ausuben, uber die man etwas erfahren kann? Das ist nur auf die Weise maglich, daB man sieh immer mehr von jenen Karpern entfernt, urn zu vermeiden, daB sie die Erfahrung staren. Aber ist man uberhaupt dessen sieher, daB es ein Bezugssystem gibt, in welchem drei Bahnen geradlinig sind? In seinen Anfangen wurde das Tragheits­prinzip aus Erfahrungen abgeleitet, die in Bereiehen des Weltalls gemacht wurden, die in bestimmten und endlichen Abstanden von zahlreiehen und sehr groBen Massen umgeben waren, insonderheit von den Fixstern­massen. Wenn die Tragheit eine Eigenschaft der isolierten Karper ist, dann muB das Prinzip auch gultig sein in beliebig gewahlten, wenn auch gro­Ben Abstanden von diesen Karpern.

Es ist naturlich unmaglich zu beweisen, daB die Tragheit nieht von einer Wechselwirkung ailer Massen herruhrt. Die tatsachliche Erfahrung ist ungenugend. Man kann nur sagen, daB die Prinzipien Newtons vom experi­mentellen Standpunkt aus wahr sind, solange die Erscheinungen auf das Bezugssystem des Kopernikus bezogen werden, welches mit einem System zusammenfallt, das man ausgehend von den Planetenbewegungen als Inertialsystem bestimmen kann.

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DaB man zu einem Inertialsystem unabhiingig von der Planetenbewegung gelangen kanne, bedeutet eine Vermutung, welche weit von aller Er­fahrung entfernt ist, die dem Menschen zuganglich ist. Die Standpunkte von Lange und Mach sind logisch zuganglich und gleichwertig, solange man im Bereiche der Erkenntnistheorie bleibt. Nur im Bereiche der Er­fahrungen und der Beobachtung kannen sich giiltige Gesichtspunkte fiir die Entscheidung zwischen Lange und Mach ergeben.

Vieles scheint fUr die Gesichtspunkte Machs zu sprechen, seit Einstein, von ihnen und von anderen grundlegenden Erwagungen angeregt, die so­genannte Relativitatstheorie geschaffen hat.

Wenn man das Fixsternsystem rotieren lassen kannte, gleichermaBen wie den rotierenden Eimer von Newton, was wiirde man dann analog zur Erfahrung von Newton erwarten ? Die Antwort ist folgende: Die freie Ober­flache des Wassers miiBte sich im Prinzip in dem MaBe kriimmen, als die Bewegung des Wassers von der Bewegung der Gesamtheit der anderen Karper sich unterscheidet, wahrend die Oberflache bestrebt sein miiBte, eben zu werden in dem MaBe, als sie an der Bewegung der Fixsterne teil­nahme, wei! das Tragheitsprinzip fiir Bewegungen gultig sein soll, die auf das Fixsternsystem bezogen sind. Nachdem man aber das Fixsternsystem nicht rotieren lassen kann, wiirde es vielleicht geniigen, wenn man sehr groBe Massen in der Nahe des Gefa13es rotieren lieBe, und man kannte daran denken, daB die Erfahrung dariiber entscheiden kannte, ob die Ge­sichtspunkte von Lange oder die von Mach richtig sind. Versuche zu die­sem Ziel wurden vorgeschlagen von Benedikt, Edmund Friedlander ("Absolute oder relative Bewegung", Berlin 1896) und von August Fappl ("Uber einen Kreiselversuch zur Messung der Umdrehungsgeschwindig­keit der Erde", Miinchener Akademie 1904, ferner "Uber absolute und relative Bewegungen", an der gleichen Stelle 1904). Keinerlei positives Er­gebnis konnte von dies en Versuchen abgeleitet werden.

Die Gedanken Machs werden heute in folgendem Prinzip ausgedriickt, welches seinen Namen tragt: Ein lokales Inertialsystem wird bestimmt durch die Verteilung der Materie im Universum.

Kraft des Prinzips von Mach ist die raumzeitliche Metrik also der Materie untergeordnet. In unserer Zeit wird dieses Prinzip in Verbindung mit neueren Versuchen diskutiert, eine einheitliche Feldtheorie zu konstruieren, in wel­cher die Materie und andere Quellen des Feldes im Felde selbst aufgehen.

Grundsatzlich muB man bedenken, daB auch die Gesichtspunkte von Lange einen bemerkenswerten Platz in der Geschichte der physikalischen

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Grundprinzipien einnehmen, weil sie den Begriff des Inertialsystems lief ern, der der ganzen Physik zugrunde liegt. Er durchdringt die spezielle Rela­tivitatstheorie.

Endlich wollen wir bemerken, daB der Begriff des Inertialsystems nur ein provisorischer Begriff ist, der sich jedoch als wesentlich erweist, um die Grundlagen der theoretischen Physik zu entwerfen. Die spatere Entwick­lung der theoretischen Physik ergibt, daB man kein Inertialsystem finden kannte, welches fur die Deutung aller Phanomene des Universums gultig ist. Man kommt aber nahezu zu der Feststellung, daB sich das Universum deuten laBt, wenn man eine Gesamtheit von infinitesimalen Inertialsystemen Zu Hilfe nimmt, die ineinander ubergehen. Dies ist in ahnlichem Sinne zu verstehen, wie man sich eine Kugelflache als eine unendliche Zahl von ebenen Facetten vorstellen kann, die aneinander anschlieBen. Ein Flachen­element der Tangentialebene an die Kugel im Beruhrungspunkt entspricht einem elementaren Inertialsystem in der mathematischen Deutung des Universums.

Obwohl Lange eine durchgreifende Kritik der Grundbegriffe von Raum und Zeit vorgenommen hat, und obwohl es ihm gelang, eine sichere Grundlage fur die Prinzipien Newtons zu finden, gelangte er nicht dazu, das wichtige Problem zu erkennen, wie die Zeitmessung von einem Punkte auf einen anderen Punkt zu ubertragen ist. Dieses entscheidende Problem hatte man auch schon vor dem beruhmten Versuch, der den Namen Michelsons tragt, herausarbeiten kannen.

Es wurde friiher gesagt, daB man Galilei die erste wissenschaftliche V or­stellung von der physikalischen Zeit verdankt, namlich als einer Gegebenheit, die mit den physikalischen Phanomenen wesentlich verbunden ist, und zwar in der ursprunglichen Deutung Galileis, verbunden mit den Bewegungen der Karper. Jetzt mussen wir uns zweckmaBig vor Augen halten, daB die Unmaglichkeit, die Geschwindigkeit des Galileischen Schiffes zu ermitteln, von dem Umstande herruhrt, daB die auf dem Schiff gemessenen GraBen dieselben Werte auch bezuglich der Erde haben und dasselbe auch fur die Zeitspannen gilt. Galilei nimmt stillschweigend an, daB es eine Eigenschaft der Langen und der Zeitspannen sei, eine absolute GraBe zu besitzen.

Aber Galilei hatte folgende Frage stellen kannen: Wird eine Uhr auf dem Schiff von der Bewegung des Schiffes beeinfluBt? Oder kann man eine Uber­einstimmung zwischen zwei Uhren herstellen, von denen eine sich auf dem Schiff befindet und die andere in Ruhe bezuglich der Erde ist? Die Uber­einstimmung muBte darin bestehen, daB fur die Dauer eines bestimmten

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Vorganges, der auf der Erde oder auch auf dem Schiffe ablaufen kann, von den beiden Uhren dieselben Werte geliefert werden.

Galilei hat einen solchen Gedanken nicht gedacht und noch viel weniger Newton, der sich ja die absolute Zeit unabhangig von den Vorgangen aus­gedacht harte.

Auch die Kritiker der Prinzipien Newtons in der 2. Halfte des 19. Jahr­hunderts haben niemals das Problem der Ubertragung der Zeit erortert. Das kann man aus der Tatsache verstehen, daB noch keine Physik des Feldes aufgestellt war. Wenn auch die Experimentalphysik immer vollkommenere Methoden erdacht hatte, um die GroBen zu messen, welche den Vorgang der Lichtfortpflanzung charakterisieren, war doch noch immer die Newton­sche Vorstellung von den Fernkraften vorherrschend, und erst am Ende des 19. Jahrhunderts begann sich die elektromagnetische Vorstellung des Lichtes von Maxwell zu behaupten. Aber auch diese war noch auf mecha­nistische Gesichtspunkte gegrundet. Ubrigens begann die Lehre Maxwells der deutschen Schule erst nach 1880 auf die Anregungen von Helmholtz und Hertz bin bekannt zu werden. Es waren eigentlich die Arbeiten der Physiker in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, welche erst die Voraussetzung schufen, auf denen die Lehre von der Relativitat auf­gebaut werden konnte.

Die Kritik der Newtonschen Prinzipien, die Deutung der optischen Beobachtungen an bewegten Korpern, der Versuch, die allgemeinen elek­trodynamischen Prinzipien von Faraday-Maxwell auf die bewegten Korper auszudehnen, waren die Unterlagen, auf welchen in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts eine neue Lehre von Raum und Zeit entstehen konnte, namlich die Relativitatstheorie.

Man kann geradezu sagen, daB eben das Problem der Ubertragung der Zeitmessung die zentraleFrage war, welche, von Einstein genial gestellt und gelost, den AnstoB zur Schaffung der neuen Theorie gegeben hat. Die Dis­kussion dieses Problems aber konnte erst durchgefiihrt werden, nachdem die allgemeinen Ideen iiber die Vorgange des Lichts durchgepriift worden waren.

Hiermit und mit den elektrischen Vorgangen werden wir uns deshalb nunmehr beschaftigen miissen. Dann erst werden wir die Losung ver­stehen konnen, die Einstein fiir dieses Problem gefunden hat.

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IV. Die Wellentheorie des Lichtes nach Fresnel

Als Newton seine Prinzipien schrieb, war man sich noch nicht bewuBt geworden, wie wichtig die Bemuhungen Galileis und der Akademiker des Cimento waren, experimentell die Endlichkeit der Geschwindigkeit des Lichtes nachzuweisen. Man verstand auch nicht die Bedeutung der gliick­licheren Untersuchung des danischen Astronomen Romer, der im Jahre 1675 in der Sternwarte von Paris durch einen endlichen Wert der Lichtgeschwin­digkeit erklarte, daB die Jupitermonde teils verspatet, teils zu friih in den Schattenkegel des Jupiter eintauchen. Bekanntlich nahm die Pariser Aka­demie der Wissenschaften die Folgerungen Romers nicht zum Druck an, und Romers Entdeckung fand daher nicht die Resonanz der wissenschaft­lichen We1t, welche sie verdient hatte.

Wahrscheinlich war dies auch der Grund, daB Newton, als er seine Prin­zipien schrieb, der groBen Entdeckung Romers keine Aufmerksamkeit schenkte und daB er auch die wichtige Entdeckung der Aberration des Fixsternlichtes nicht beachtcte, die sein Zeitgenosse Bradley in den Jahren 1725 bis 1727 machte. Newton stand in den drei letzten Jahren seines Le­bens, und er beschaftigte sich schon seit langerer Zeit nicht mehr mit wis­senschaftlichen Untersuchungen.

Man nimmt allgemein an, Newton und Huygens seien die Schopfer der beiden einander entgegengesetzten Lichttheorien, welche als Korpuskular­theorie bzw. Wellentheorie bekannt sind. Die Wahrheit ist nicht so einfach ge1agert. Newton hatte sehr wohl verstanden, welche groBen Schwierig­keiten einer Deutung der groBartigen Phiinomene des Lichtes entgegen­stehen, und er hatte vielleicht den Wellengesichtspunkt ebenso gut erfaBt wie jene, die die Wellentheorie verteidigten.

Gerade diese Alternative, die wir alle bezuglich der Erklarung des Licht­vorganges kennen, findet sich auch in den Gedankengangen Newtons. Trotzdem hat Newton vorgezogen, die Korpuskulartheorie zu wahlen, weil der Gesamtkomplex der zu seiner Zeit bestehenden Erfahrungen noch nicht ausreichend war, ihn dazu zu zwingen, der Wellenlehre eine tiefere Auf­merksamkeit zu widmen.

Ubrigens hatte schon sein Lehrer Isaac Barrow in seinen optischen Lek­tionen die Ansicht ausgesprochen, daB beide Vorstellungen auf gleich groBe Schwierigkeiten stoBen und daB deshalb das Licht aus zwei Arten von Bewegungen geboren sein musse, namlich aus korpuskularer Emission und aus kontinuierlichen Impulsen. Barrow ist schlieBlich auf den Gedanken

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gekommen, es sei zweckmaBig, einige der Wirkungen des Liehtes der einen Vorstellung zuzuordnen, und andere Wirkungen der anderen Vorstellung. Ein eigenartig modern anmutender Gedanke I

Der gleiehe Gedankengang beschaftigt auch dasDenkenNewtons, und es ist sieher, daB das Haupthindernis, die Wellenvorstellung zu akzeptieren, fur ihn in der Schwierigkeit bestand, die gradlinige Fortpflanzung des Lichtes aus der Wellenvorstellung zu erklaren.

Die Autoritat Newtons war derartig groB, daB die Korpuskulartheorie wahrend des ganzen 18. Jahrhunderts gegenuber der Wellentheorie vor­herrschend blieb, wenn es auch an Versuchen nieht fehlte, die Lage um­zukehren. Aber diese Versuche, die z. B. von Euler unternommen wurden, fuhrten uberhaupt zu niehts Fruchtbarem, weil es noch an experimentellen Beweisen fehlte, die zu einer Revision der Grundlagen der Liehttheorie ge­zwungen hatten.

Die experimentellen Erfahrungen sollten zusammen mit neuen Ideen eigentlieh erst im Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Arbeiten des englischen Physikers Young und die des zeitgenossischen nieht weniger genialen franzosischen Physikers Fresnel zutage gefordert werden. Es ware hi::ichst interessant, in eine eingehende Analyse der Gedanken einzutreten, die der Wellentheorie von Huygens und der von Young-Fresnel zugrunde liegen. Sie stimmen in der Tat nieht uberein, und die zweite Theorie stellt gegenuber der ersten naturgemaB eine bemerkenswerte Vervollkommnung dar. Man braucht deshalb nicht gleieh zu glauben, daB die Vorstellungen Youngs dem Geiste dieses genialen Autors ohne fremde Anregung entspran­gen, es ist vielmehr so, daB schon Newton mit seinen beruhmten Versuchen uber das Phanomen der Farben dunner Plattchen, die bereits mehr als ein Jahrhundert zurucklagen, Young zu dem neuen Prinzip der Interferenz an­geregt hatte, welches Youngs Ruhmestitel darstellt.

Young erkannte, daB die Teilung des Liehtstrahls bei der Liehtbrechung in einen reflektierten Strahl und in einen gebrochenen Strahl aus der Wel­lentheorie abgeleitet werden kann, jedoch von der Korpuskulartheorie nieht genugend aufgeklart worden war. 1m Jahre 1801 ubergab er der Royal Society eine Arbeit mit dem Titel "On the theory of light and colors", worin er die Interferenz von zwei Wellenzugen vorschlug, urn die Newtonschen Ringe und die Farben dunner Plattchen zu erklaren. Young kannte die Werte, die Newton fur die Dicke der Luftschichten angegeben hatte und die man braucht, urn die verschiedenen Farben zu erzeugen, und es gelang ihm, die Wellenlange zu bestimmen. Er beschrieb die Interferenzstreifen, die er

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selbst beobachtete, als er Haare oder Seidenfaden auf der V orderseite einer engen Offnung anbrachte, die er von binten mit Licht beleuchtete. Young entdeckte auch den Phasensprung bei der Reflexion und erklarte die Beugungserscheinungen mit dem Prinzip der Interferenz, und zwar dies alles quantitativ.

In der Gescbichte der Theorie des Lichtes zeigt die Epoche von Young viele Analogien zur Epoche Galileis in der Gescbichte der Mechanik.

Die Arbeiten von Young wurden als pseudowissenschaftlich beurteilt, und man schenkte ihnen nicht sehr viel Beachtung. Aber wie es durch ein gliick­liches Gescbick geschah, daB Newton das groBe Erbe von Galilei auswer­tete, so war es ein zweites giinstiges Ereignis in der Gescbichte der physi­kalischen Wissenschaft, daB der franzasische Physiker Fresnel die Prinzipien Youngs in genialer Weise bereicherte. Ihm gelang es, eine mathematische Theorie des Lichtes zu konstruieren, die es maglich machte, grundlegende Fortschritte zu erzielen, wie sie vordem niemals erzielt worden waren.

1m Zentrum der Theorie Fresnels steht die Vorstellung des Athers, der schon, allerdings mit anderen Eigenschaften, Gegenstand der Uberle­gungen von Newton,von Hooke, von Huygens und anderen Forschern gewesen war. Auch Young hatte in einer Arbeit von 1804 geschrieben, daB er beim Studium der Aberration des Lichtes der Sterne angenommen habe, daB der Lichtather die Substanz aller Karper mit wenig oder gar keinem Widerstand durchdringe. Weiter schlagt Young vor, die Verscbiedenheit des Brechungsvermagens der durchsichtigen Karper mit Hilfe der Konzen­tration des Athers zu erklaren, die im Innern jener Karper bestehe. Fresnel verscharfte die Hypothesen Youngs, indem er unterstellte, daB in einem durchsichtigen Karper die Dichte des Athers dem Quadrate des Brechungs­index dieses Karpers proportional sei. Wir werden spater sehen, zu welchem wichtigen Resultat Fresnel gelangte, indem er die Untersuchu~gen in dieser Richtung weiterfiihrte.

1m Augenblick interessiert es uns, daB Young in einem Briefe an Arago aus dem Jahre 1818 die Vorstellung von der Transversalitat des Lichtes vor­schlagt, wobei er das Licht mit den Schwingungen eines Seiles vergleicht, welches an einem Ende bin und her bewegt wird.

Arago zeigte Fresnel dies en Brief, der sofort die Richtigkeit von Youngs Idee erkannte und nunmehr das Licht als einen transversalen Schwingungs­vorgang des Athers auffaBte. Zu jener Zeit war die Theorie der Fort­pflanzung von Wellen in einem elastischen Karper noch nicht bekannt, und man deutete das Licht analog zu den Schwingungen oder Wellen des Schalls

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in der Luft, bei welchen die Fortpflanzungsrichtung der Welle mit der Richtung der Schwingungen ubereinstimmt. Es war deshalb notwendig, der neuen V orstellung eine Erlauterung hinzuzufugen. Mit genialer In­tuition sah Fresnel ein, daB die Mathematiker nur die beschleunigenden Kriifte beachtet hatten, welche von dem Unterschied von Verdichtungen und Verdunnungen in benachbarten Schichten des Mediums herruhren, in welchen die Fortpflanzung stattfindet. Wenn man bei dem Medium des Athers aber auch eine Starrheit oder einen Widerstand gegen Scherung in Betracht zieht, dann ware dieses Medium fahig, transversale Schwingungen auszufuhren.

Das Fehlen von longitudinalen Atherwellen kann nach Fresnel aus­reichend erklart werden, wenn man annimmt, daB die der Verdichtung widerstrebenden Krafte sehr viel starker sind als jene, welche der Scherung entgegenwirken, und daB die Geschwindigkeit, mit welcher dieVerdichtungen sich fortpflanzen, gegenuber der Geschwindigkeit der Lichtwellen so groB ist, daB das Gleichgewicht des Druckes immer aufrechterhalten bleibt.

Von der Transversalitat der Lichtschwingungen im Ather ausgehend, gelang es Fresnel zum ersten Mal, das Phanomen der Polarisation des Lichtes aufzuklaren, welches sowohl der Theorie von Newton wie auch der­jenigen von Huygens ein Geheimnis geblieben war. Newton hatte sich bemuht, diese Erscheinung seiner korpuskularen Theorie anzupassen, aber seine Erklarung war nicht uberzeugend. Die Erklarung von Fresnel jedoch erforderte, daB der Ather ein fester Korper ware oder daB er wenigstens eine Starrheit und eine Dichte von solcher GroBe besaBe, daB man ihm die Fahigkeit zutrauen kanne, transversale Wellen fortzupflanzen. Solche Eigen­schaften sind aber in augenscheinlichem Gegensatz zu dem Umstand, daB die Planeten bei ihrern Lauf urn die Sonne keinem merklichen Widerstand von seiten des Athers begegnen, in welchem sie sich bewegen.

Die Erklarung der Polarisation des Lichtes durch Fresnel brachte naturlich noch keine Entscheidung zuungunsten der Lichttheorie Newtons, und es bestanden noch immer Zweifel beziiglich des Dualismus Welle-Korpuskel. Mit der Zeit mehrten sich aber doch die experimentellen Beweise zugunsten der Wellentheorie, hauptsachlich durch das Verdienst von Fresnel, dem es gelang, eine Lichttheorie zu entwerfen, welche zweifellos eines der groB­artigsten Gebaude in der Geschichte der Physik ist.

Besondere Resonanz haben die experimentellen Arbeiten von Foucault und von Fizeau gefunden. Diese beiden groBen Experimentatoren be­statigten die Gesichtspunkte von Fresnel. Fizeau gelang es zum ersten Male,

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die Geschwindigkeit des Lichtes zu ermitteln, indem er eine irdische Methode anwandte, ohne sich der Betrachtungen von Ramer zu bedienen. Auf diese Weise fand die Entdeckung von Ramer, die, wie wir schon sagten, nicht allgemein anerkannt worden war, einen bemerkenswerten Anwalt.

Foucault zeigte mit seiner genialen Methode der rotierenden Spiegel, daB die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes im Wasser kleiner als in der Luft ist, wwrend in der korpuskularen Theorie von Newton die gegenteilige Auffassung vertreten worden war. Diese Tatsache wurde auch von Fizeau im gleichen Jahre 1850 bestatigt.

Fizeau konnte auch eine Folgerung experimentell bestatigen, welche Fresnel theoretisch aus seiner Theorie gezogen hatte. Es handelte sich urn folgendes: Wir gehen von der Hypothese aus. daB die Dichte des Athers in einem Karper proportional zum Quadrat seines Brechungsindex seL Der Brechungsindex selbst ist das Verhaltnis der Lichtgeschwindigkeit c im Va­kuum zur Lichtgeschwindigkeit C1 in dies em Karper. Wenn nun P und P1

die Dichten des Athers im leeren Raum und im Karper sind, gilt

PI = n 2 p.

Wenn der Karper sich bewegt, so vermutet Fresnel, daB ein Teil des im Karper enthaltenen Athers von dem Karper mitgefiihrt werde, und zwar genau jener Teil, der dem DichteiiberschuB iiber die Atherdichte im Vakuum entspricht. Somit wird eine Dichte des Athers P1- p = (nll-1) P vomKarper mitgefiihrt, wahrend ein Teil des Athers von der Dichte in Ruhe bleibt. Die mittlere Geschwindigkeit, mit der sich der Ather im Karper in der Fort­pflanzungsrichtung bewegt, ist nunmehr

n2 -1 -nY-v

wenn v die Komponente der Karpergeschwindigkeit in der Richtung der Fortpflanzung des Lichtes ist.

Wie in der Dynamik von Galilei und Newton, gilt auch in der Optik Fresnels ein Relativitatsprinzip, welches wir Fresnelsches Relativitats­prinzip nennen werden, urn es von dem Galileischen Prinzip zu unter­scheiden. Es besteht darin, daB die optischen Erscheinungen allein von den relativen Bewegungen der materiellen Karper abhangen. Es ist nicht mag­lich, die Bewegung der Karper gegen den Ather zu erkennen, indem man sich auf optische Erfahrungen erster Ordnung stiitzt, das sind solche Er­fahrungen, welche quantitativ mit der ersten Potenz des V erhaltnisses ~ der

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Karpergeschwindigkeit und der Lichtgeschwindigkeit im Ather (Aberra­tionskonstante) ausgedriickt werden kannen.

Um irgend einen optischen Effekt erster Ordnung in mathematische Form zu bringen, ist es bequem, das Hilfsmittel der Galileitransformation einzufuhren. Wir wollen mit Lange annehmen, daB Inertialsysteme als Bezugssysteme existieren. S mage ein solches System sein und t sei die zeit­liche Veranderliche, welche dazu dient, die Zeitdauern in S zu messen. Es ist dann maglich, in S orthogonale kartesische Koordinaten Oxyz ein­zufiihren, durch die jeder Punkt des Raumes beziiglich S durch drei Koordi­naten x, y, z charakterisiert ist. Wenn nun S' ein andereslnertialsystem ist, ist in ihm ein rechtwinkliges kartesisches Koordinatensystem O'x'y'z' einfiihr­bar und eine zeitliche Veranderliche t', welche dazugehart.

Der Einfachheit halber wollen wir annehmen, daB der Koordinaten­ursprung 0' sich langs der Achse Ox mit der Geschwindigkeit v bewege und daB die Achse O'x' dieselbe Richtung wie Ox besitze, ferner daB zum Zeitpunkte t = 0 der Punkt 0' mit 0 zusammenfalle. Endlich wollen wir annehmen, daB auch die y- und z-Achse im gestrichenen System parallel zu den entsprechenden Achsen im ungestrichenen System seien. Ein Punkt P, der beziiglich S die Koordinaten x, y, z hat, hat im System S' Koordinaten x', y', z', fiir welche

x' = x - vt; y' = y; z' = z gilt.

Diesen drei Gleichungen kann man noch die vierte Gleichung t'= t

hinzufiigen. Sie driickt aus, daB es maglich ist, die Zeitmessungen in S und S' in einer solchen Weise aufeinander abzustimmen, daB eine Zeitspanne den­selben Wert in S und S' hat. Vor Einstein hat sich niemals eine kritische Stimme gegen diese Maglichkeit erhoben, zumal da festzustellen ist, daB dievierteGleichung derNewtonschenldee vonder absoluten Zeitentspricht.

Diese Formeln vermitteln den Vbergang von den Variablen x, y, Z, t zu den Variablen x', y', z', t' und bilden die sogenannte Galileitrans­formation.

Demgegeniiber driicken die Formeln (g-l) x = x'+ vt'; y = y'; z = z'; t = t'. die umgekehrte Transformation aus.

Wir wollen nun annehmen, daB die Lichtfortpflanzung einer ebenen Welle auf das System der Koordinaten x, y, z, t bezogen sei. Speziell mage es sich um eine ebene periodische Welle der Frequenz v handeln, die sich im Ather

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mit der Geschwindigkeit c in der Richtung der x-Achse fortpflanzt. Wenn wir einen Wellenzug betrachten, der im Zeitpunkt t = 0 vom Koordi­natenursprung ausgeht, wollen wir die Zahl der Wellenberge zahlen, welche den Punkt P mit der Abszisse x bis zum Zeitpunkt t erreichen.

Nachdem die erste Welle den Weg von 0 nach P in der Zeit ~ zuruck­c

legt, werden von diesem Zeitpunkt bis zum Zeitpunkt t, d. h. im Zeit­intervall

imganzen

x t-­

c

Wellenberge eintreffen, weil das Licht 'V Schwingungen in der Sekunde aus­fuhrt und well zu jedem Wellenberg genau eine Schwingung gehort.

Wenn man das Phanomen der Wellen von einem Koordinatensystem x', y', z', t' aus beurteilt, in dem man mit 'V die Frequenz und mit c' die Geschwindigkeit der Fortpflanzung bezeichnet, erhalt man fur die Zahl der Wellenberge

, (, X') , ( x' ) 'V t-- ='V t--· c' c' ,

Nun ist es aber augenscheinlich, daB die Zahl der Wellenberge dieselbe sein muB, ob man sie auf das eine oder das andere Inertialsystem bezieht. Mathematisch ausgedruckt heillt das, daB die Anzahl der Wellen invariant gegenuber einer Galileitransformation ist.

Wenn die Fresnelsche Theorie richtig ist und wenn die Transformation Galileis den Ubergang von einem Inertialsystem zu einem anderen fehler­frei ausdruckt, mussen die mathematischen Ergebnisse in Ubereinstim­mung mit der Erfahrung sein.

Das Prinzip der Invarianz der Anzahl der eintreffenden Wellen fuhrt zur Aufstellung der folgenden Identitat

( X' + v t) , ( x' ) 'V t- ='V t--c c'

aus der sich z. B. die Beziehung

'V'='V(l-;) fur die Frequenz ableitet. Diese Formel druckt den klassischen Doppler­effektaus.

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Nun wollen wir aber annehmen, dan sich die Wellenfortpflanzung in einem isotropen durchsichtigen Karper abspiele, der sich in Ruhe beziiglich S I befinde. Wenn C1 und c/1 die F ortpflanzungsgeschwindigkeiten beziiglich S' und S sind, mun nunmehr

v (t _ x' ~ v t) = V I (t _ ::,) gelten. Von dieser Identitat leiten sich die beiden Gleichungen

v' = v(1- ~) (1)

v v'

CI CI' (2)

abo Aus ihrer Kombination gewinnt man

v' (V ) CI' = - CI = CI 1-- = CI - V V CI

Diese Formel ist verschieden von der Formel, welche Fresnel mit seiner Hypothese der teilweisen Mitfiihrung des Athers aufgestellt hat und die durch Experimente von Fizeau und von Hoek bestatigt wurde. Wie man sieht, fiihrt das Prinzip von der Invarianz der Anzahl der Wellen, das von absolut evidentem Charakter ist, zu einem Resultat, welches in handgreif­lichem Widerspruch mit der Erfahrung steht. Was ist nun die Ursache dieses Widerspruchs ?

Die Wissenschaft konnte diese Frage nur durch die Relativitatstheorie beantworten. Die Wellenzahl ist invariant, aber nicht beziiglich der Galilei­transformation, sondem beziiglich der Transformation von Lorentz. Mit anderen Worten, die Transformationsgleichungen Galileis geben den Obergang von einem Inertialsystem zu einem anderen Inertialsystem nicht richtig wieder.

Wie gelangte man nun zur Entdeckung der Lorentzschen Transfor­mationsgleichungen? Der Weg, der dahin fiihrte, ist sehr interessant. Er geht von einem Gedanken aus, welcher der Epoche entspringt, die viele der Ideen zutage farderte, welche in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts zur Aufstellung der neuen Theorie fiihrten. Diese Epoche war das Jahr­zehnt von 1880 bis 1890, in der neue Begriffe geschaffen und wichtige Be­obachtungen in der Physik gemacht wurden, welche sehr schnell die Struk­tur dieser Wissenschaft verandern solI ten. Es war eine Epoche einer tiefen Krise in der Physik, zu deren Oberwindung Einstein am meisten beigetragen hat.

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In dieser Epoche wurde die Lehre Newtons der Kritik unterzogen, in dieser Epoche stellte Michelson seinen beruhmten Versuch an, in dieser Zeit wurde die Faraday-Maxwellsche Theorie durch das Werk von Hertz beendet, und damals wurde auch die atomistische Struktur der Elektrizitat in den Arbeiten von Helmholtz vorausgesehen.

Bevor wir die wesentlichen Elemente der elektrodynamischen Theorie betrachten, welche wir fur unsere Absicht benotigen, mochte ich hervor­heben, daB der Theorie Fresnels die Moglichkeit fehlt, folgende Frage zu beantworten, auch wenn man sich ganz auf die Lichterscheinungen im Ather beschrankt: Gibt es eine Moglichkeit, einen EinRuB zu erkennen, den die Bewegung des ganzen Sonnensystems gegen den Ather auf die Ge­schwindigkeit der Lichtfortpflanzung im Vakuum ausubt, auf die Geschwin­digkeit namlich, die zum ersten Mal von Romer auf Grund der Beobachtung der J upitermonde berechnet wurde?

Diese Frage kommt der anderen Frage gleich, ob es moglich ist, den EinRuB zu erkennen, den die Bewegung der Erde bezuglich des Athers auf die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum ausubt, namlich derjenigen Ge­schwindigkeit, welche man mit terrestrischen Methoden, sei es nach Fizeau oder nach Foucault oder nach Michelson, erhalt. Die Methode Michelsons steht uns viel naher als die Methode seiner Vorganger. Das Problem findet sich formuliert in einer nach dem Tode von Maxwell veroffentlichten Bemerkung in den Proceedings of the Royal Society vom Jahre 1879. Sie fuhrt den Titel "On a possible mode of detecting a motion of the Solar System through the luminiferous Aether". Urn zu verstehen, wie Maxwell dazu kam, diese Frage zu stellen, muB man sich mit einigen wesentlichen Punkten seiner elektrodynamischen Theorie auseinandersetzen, und dies mussen wir jetzt tun.

V. Die elektrische Theorie von Maxwell und von Hertz

In den Jahren 1855 bis 1873 entwickelte der englische Physiker J. C. Max­well seine groBe Theorie der elektrodynamischen Erscheinungen, zu der er durch die genialen Versuche und tiefgrundigen Gedankengange von M. Faraday angeregt wurde.

Die grundlegende Idee besteht darin, daB die Wechselwirkung der elek­trischen Ladungen ein physikalischer ProzeB sei, den man nicht als eine mo­mentane Fernwirkung nach der Art der Newtonschen Krafte beschreiben konne, sondern wie eine physikalische Einwirkung, die mit einer endlichen

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Geschwindigkeit im elektromagnetischen Ather iibertragen wird, der das Universum und die Materie durchdringt.

Das dielektrische Medium, welches die Ladung umgibt, ist der Sitz einer Energie, die iiberall verteilt ist und die durch die Anwesenheit eben dieser Ladung erzeugt wird. Der Zustand dieses Mediums ist die Ursache des makroskopisch beobachtbaren Effektes, der sich global als Anziehung oder als AbstoBung der Ladungen ausdriicken !aBt.

Das Programm, eine Theorie der elektrischen und magnetischen Er­scheinungen mit Hilfe des Feldes, das als eine physikalische Realitat an­gesehen wird, zu entwickeln, wird von Maxwell durchgefiihrt. Ihm gelingt es, den ganzen Komplex der elektrodynamischen Erscheinungen in den beriihmten Gleichungen niederzulegen, die seinen Namen tragen. Aus dem groBartigen Gebiiude Maxwells ergab sich insbesondere der Wahrheitsgehalt einer Vorausschau von Riemann, die sich in seinem nachgelassenen Werk "Neue mathematische Prinzipien der Naturphilosophie" findet. Der Got­tinger mathematische Physiker hatte die Vorstellung, daB man die Vorgange des Lichtes auf eine Theorie der elektromagnetischen Vorgange zuriick­fiihren konne. Er behauptete gefunden zu haben, daB man die elektro­dynamische Wirkung der Strome erklaren konne, wenn man annahme, daB die Einwirkung einer elementaren elektrischen Ladung auf eine andere elektrische Ladung nicht momentan erfolge, sondern sich mit einer Ge­schwindigkeit fortpflanze, welche innerhalb der Versuchsfehler gleich der Lichtgeschwindigkeit sei.

Maxwell ersetzte mit seiner elektromagnetischen Theorie des Lichtes die elastische Theorie Fresnels, indem er den elektromagnetischen Ather Faradays mit dem Ather Fresnels identifizierte, wobei er ihn allerdings mit Eigenschaften ausstattete, die sehr verschieden von denjenigen waren, die Fresnel dem Ather zugeschrieben hatte.

Aus den Maxwellschen Gleichungen ergab sich der Wellencharakter der elektrodynamischen Vorgange. In dieser Hinsicht ist das bedeutsame Resultat von Hertz entscheidend, dem es gelang, experimentell die elektro­magnetischen Wellen zu erzeugen, welche die Theorie Maxwells vor­aussagte.

Wenn im elektromagnetischen Felde weder Ladungen noch Strome vor­kommen, erfiillen die GrundgroBen, welche das Feld charakterisieren, die beriihmte Wellengleichung

1 02 U Du';" ,6,u- C2 &t2 = 0

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aus der hervorgeht, daB die-elektromagnetischen Wellen isotrop sind. Dies ist so zu verstehen, daB sich die Wellen in allen Richtungen mit endlicher und konstanter Geschwindigkeit fortpflanzen. Der Parameter c in der Wel­lengleichung ist die GroBe, die diese Geschwindigkeit bedeutet.

Dieser grundlegende Umstand lieB Maxwell daran denken, daB sich die Bewegung der Erde beziiglich des Athers durch einen optischen oder elek­tromagnetischen Versuch zu erkennen geben konnte.

Die Lichtgeschwindigkeit in der Richtung der Umlaufsbewegung der Erde urn die Sonne miiBte verschieden sein von der Lichtgeschwindigkeit in der entgegengesetzten Richtung und auch verschieden von der Ge­schwindigkeit quer zu der Erdbewegung, d. h. senkrecht zu ihr. In det Tat, diese Geschwindigkeiten miissen die Werte

c - v; c + v; V~C2c-+-V--=-2

besitzen, wenn v die Geschwindigkeit der Erde ist. In der erwahntenAtbeit in den Proceedings of the Royal Societyerdachte

Maxwell einen Interferenzversuch, mit dem es moglich sein sollte, die Untet­schiede der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in verschiedenen Richtungen mit der Sonne als Lichtquelle wahrzunehmen, weil sich das Sonnensystem beziiglich des Athers bewegt.

Der in Polen geborene amerikanische Physiker Albert Michelson, ein genialer Experimentator, fiihrte den beriihmten Versuch, der seinen Namen tragt, zum ersten Mal in den Jahren 1880 und 1881 im Physikalischen Institut zu Berlin aus, wobei er, von Helmholtz geleitet, mehr darauf aus­ging, den EinfluB der Erdbewegung beziiglich des Athers zu entdecken, indem er die Fortpflanzung des Lichtes, welches von einer irdischen Licht­quelle ausgesandt wird, studierte.

Der Versuch wutde spater mit groBerer Sorgfalt von Michelson und Morley im Juli 1887 in Cleveland wiederholt. In der Folge fanden noch. viele Wiederholungen statt. Das Ergebnis war immer negativ. Die Bewe­gung der Erde gegen den Ather hat sich nicht bemerkbar gemacht, ob­gleich die Physiker aus den Daten der verwendeten Interferometer ein positives Resultat vorausberechnet hatten, das fiir eine Messung durchaus ausgereicht hiitte.

Der charakteristische Unterschied, der der Beobachtung Michelsons im Vergleich mit den optischen Erfahrungen an bewegten Korpern in der Epoche Fresnels eine ungewohnliche Bedeutung verlieh, bestand darin, daB es sich in diesem FaIle urn einen Effekt zweiter Ordnung handelte. Die Verschiebung der Interferenzstreifen, die man als Wirkung der Erd-

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bewegung gegen den Ather vorausberechnet hatte, druckt sich durch das Quadrat von

~=~ c

aus. Die Physiker befanden sich somit einer Situation gegenuber, die eine der bemerkenswertesten Situationen ist, die in der Geschichte der Natur­wissenschaften vorgekommen ist.

Der Gesichtspunkt Maxwells, daB das Licht eine elektromagnetische Er­scheinung sei, hatte glanzende Bestatigungen durch die Arbeiten von Max­well selbst, von Boltzmann, von Hertz, von Righi und anderen gefunden. Dies geschah in einem solchen MaBe, daB sich etwa um das Jahr 1890 das Problem ergab, die allgemeinen Prinzipien der Maxwellschen Elektro­dynamik auf die Bewegung der Karper gegen den Ather auszuweiten.

Es war nun naturlich, daB die Erweiterung auf einem solchen Wege ver­sucht wurde, daB das Fresnelsche Relativitatsprinzip bestatigt werden sollte. Auch die beruhmte Formel fur die Lichtgeschwindigkeit in bewegten Kar­pern von Fresnel und Fizeau wurde so verstanden, daB man damit eine Erklarung fur den negativen Ausfall des Michelsonschen Versuches ge­funden habe.

Der erste Anlauf zu einer Verallgemeinerung der Maxwellschen phano­menologischen Theorie wurde von Hertz in seiner wichtigen Arbeit des Jahres 1890 tiber die Grundgleichungen der Elektrodynamik bewegter Karperunternommen. Hertzwar sich daruber klar, daB man eineumfassende und konkrete Theorie der elektrischen Erscheinungen, welche ihre Ursache in bewegter Materie haben, nur aufstellen kanne, wenn man den Bewegungszustand des Athers vom Bewegungszustand der Materie unter­scheiden kanne. Er hielt aber den Zeitpunkt fUr verfruht, ein solches Pro­gramm zu verwirklichen, und entschloB sich daher zu der Annahme, daB es fur den Ather keinen Unterschied mache, ob die Materie sich bewege oder in Ruhe sei, das heiBt, daB die Karper den in ihnen enthaltenen Ather mitreillen. Mit dieser Annahme formulierte Hertz einen sehr bestimmten EntschluB tiber das gegenseitige Verhalten von Ather und Materie. Max­well hat eine solche Entscheidung vermieden, obwohl er sich seit 1864 mit der schwierigen Frage der Elektrodynamik bewegter Karper beschaftigte. Wenn man aber bedenkt, daB die Materie nach Maxwell gewissermaBen eine Modifikation des Athers darstellt, welche durch Dielektrizitatskonstante und Permeabilitat charakterisiert werden kann, so erscheint der EntschluB von Hertz nur als eine konsequente Weiterbildung der Maxwellschen

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Idee. Substantiell betrachtet kommt die Hertzsche Theorie einer Uber­tragung des Galileischen Relativitatsprinzips aus dem Bereich der Mechanik in den Bereich derelektromagnetischenErscheinungen gleich. Yom formalen Standpunkt aus erkennt man, daB die Hertzsche Elektrodynamik bewegter Karper sogar iiber das Galileische Relativitatsprinzip hinausgeht und daB seine Gleichungen unverandert bleiben, nicht nur, wenn sie auf ein gleich­farmiges geradlinig bewegtes Bezugssystem bezogen werden, sondern bei beliebig bewegtem Bezugssystem.

Obwohl die elektrodynamische Theorie von Hertz einige Effekte vor­hersah, welche man auch experimentell beobachtete, konnten nicht aIle aus dieser Theorie abgeleiteten Resultate durch die Erfahrung bestatigt werden.

Wir brauchen der Theorie von Hertz nicht auf den Grund zu gehen. Seine Absicht, die Giiltigkeit des Galileischen Relativitatsprinzips auch in den Bereich der elektrodynamischen Vorgange hinein zu verlangern, indem er dem Ather die Eigenschaft zuschrieb, von den Karpern voJlstandig mit­gefiihrt zu werden, konnte nicht aufrechterhalten werden. In der Optik der bewegten Karper war namlich die analoge Hypothese von Stokes schon auf uniiberwindliche Schwierigkeiten gestoBen.

Auf der anderen Seite aber muBte man sich mit der Frage auseinander­setzen, wie man das negative Ergebnis des Michelson-V ersuches erkliiren solIe. DaB Hertz niemals seine Meinung iiber dieses beriihmte Experiment geauBert hat, ist sehr sonderbar, zumal er der Assistent Helmholtz' in Berlin in der Zeit war, als Michelson diesen Versuch im Helmholtzschen Institut anstellte.

VI. Die Theorie von Lorentz und die Dynamik der Elektronen

In den Jahren 1892 bis 1895 schuf der hollandische Physiker Lorentz eine Elektrodynamik der bewegten Karper, die sozusagen von dem entgegen­gesetzten Gesichtspunkt ausging wie die Elektrodynamik von Hertz. Dieser geniale Autor hat seine Theorie spater noch bereichert, indem er Gedanken­gange aus der soeben entstehenden Dynamik der Elektronen mit heranzog. Man findet den ganzen Gegenstand in einer bekannten Schrift zusammen­gestellt, die im Band V der Encyklopadie der mathematischen Wissenschaf­ten enthalten ist. SchlieBlich hat Lorentz im Jahre 1904 noch die beriihmte Arbeit "Elektromagnetische Erscheinungen in einem System, das sich mit beliebiger, die des Lichtes nicht erreichender Geschwindigkeit bewegt".

Das Jahr 1904 war das letzte Jahr, in dem man glaubte, daB die Geschwin­digkeit von Karpern belie big groB sein kanne und somit auch graBer als die

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Lichtgeschwindigkeit. Aus diesem Grunde erklarte Lorentz bereits im Titel seiner Arbeit, daB er sich auf die elektromagnetischen Erschei­nungen beschranke, die sich in einem Bezugssystem abspielen, welches sich mit einer kleineren Geschwindigkeit als der Lichtgeschwindigkeit bewegt.

Der Ubergang von der Theorie der ruhenden Karper Maxwells zu der Theorie von Lorentz ist fur die Frage der Relativitat analog zu dem Uber­gang von der irdischen Mechanik Galileis zur kosmischen Mechanik Newtons .

. Drei Hypothesen sind hauptsachlich in der groBartigen Konstruktion von Lorentz enthalten. Die erste Hypothese betrifft das universelle Bezugs­system, welches dem unbeweglichen Ather zugeschrieben wird. Darunter ist zu verstehen, daB Lorentz die Gultigkeit der Maxwellschen Gleichungen bezuglich eines im Ather ruhenden raumlichen Koordinatensystems an­nimmt und bezuglich ciner absoluten Zcitskala im Sinne Newtons. (Besser wurde man vielleicht sagen, einer Inertialzeit im Sinne von Lange).

Die zweite Hypothese nimmt an, daB im Innern der schweren Materie sich die Elektrizitat in elementare Ladungen teilen lasse, die er Elektronen nennt. Die Elektronen waren jedoch nicht in dem Sinne auszulegen, wie sie spater nach der Entdeckung der Elementarladung verstanden wurden. Je nach der Natur der Karper kannen sich diese Ladungen frci bewegen, wie es in den Leitern geschieht, oder Ionen bilden, indem sie sich an Atome oder Gruppen von Atomen anschlieBen, wie in den Elektrolyten. Sie kannen sich auch mit entgegengesetzten Ladungen paaren, wobei sie Dipole bilden, welche, wie im Falle der Dielektrika, verschiebbar sind, oder sie kannen rotieren, wie bei den magnetisierbaren Karpern. Diese elektrischen Ladungen sind so klein und ihre Anzahl ist so groB, daB in jedem durch Erfahrung optischer oder elektromagnetischer Natur zuganglichen Raum­element nur statistische Effekte ausgewertet werden kannen. Jeder ma­kroskopische, optische und magnetische Effekt ist das globale Ergebnis ciner ungeheuren Zahl von Beitragen, die von den elektromagnetischen Elementarfeldern der Elektronen beigesteuert werden.

Die dritte Hypothese wurde von Lorentz im Jahre 1892 und unabhiingig von ihm im gleichen Jahre auch von dem iris chen Physiker Fitzgerald auf­gestellt. Sie besteht in der Annahme, daB die elementaren.elektrischen Felder im Innern der Karper eine Kontraktion der Dimensionen dieser Karper ver­ursachen, welche in der Richtung ihrer Bewegung bezuglich des Athers liegt. Die GraBe der Kontraktion muB genau den negativen Ausgang des

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Michelsonschen Versuches erklaren konnen. Hieraus ergibt sich eIne relative Kontraktion der Dimensionen von

in der Bewegungsrichtung. Lorentz gelang es, mit seiner Theorie alle optischen und elektromagneti­

schen makroskopischen Erscheinungen zu erklaren, welche man kannte. Er fand natiirlich die Resultate von Fresnel wieder. Es ist wichtig, an dieser Stelle daran zu erinnern, daB die Formel von Fresnel und Fizeau fur die Lichtgeschwindigkeit in einem Korper die V orstellung erforderte, daB der Ather teilweise mitgefuhrt werde. Lorentz hingegen gelangte zu derselben Formel, indem er annahm, daB der Ather vollig unbeweglich sei. Aber Lorentz ging iiber Fresnel noch hinaus, weil er eine Dispersionstheorie auf­stellte, mit der es ihm unter anderem gelang, die Fresnel-Fizeausche Formel zu vervollkommnen, indem er auch die Abhangigkeit der Geschwindigkeit von der Wellenlange der elektromagnetischen Strahlung berucksichtigte. Diese beriihmte Formel wurde durch genaue Versuche von Zeeman be­statigt, so daB man des sen sicher sein konnte, daB der von Lorentz ein­geschlagene Weg der Weg der Wahrheit ware.

Es war aber nunmehr notwendig, ein entseheidendes Werkzeug zu finden, um den wirklichen Ursprung der Formel fur die Lichtgesehwindigkeit (oder auch irgend einer elektromagnetischen Strahlung) zu verstehen, und vor allem war es notig, das allgemeine Prinzip zu entdecken, aus dem dieses Werkzeug genommen werden konnte. Gegen Ende des vergangenen Jahr­hunderts setzten die bekannten Untersuchungen uber Kathodenstrahlen die Existenz der elementaren Ladung in Evidenz, welche man als Elektronen bezeiehnet, und dies drangte dazu, Untersuchungen anzustellen, um das Verhalten der bewegten Elektronen zu dem Felde zu deuten, das sie selbst erzeugen.

Dieses wichtige meehanisch-elektrische Problem enthielt fruchtbare Keime fur neue Gesichtspunkte, welche dazu bestimmt sein sollten, die Grundlage flir neue mathematische Prinzipien der Naturphilosophie abzu­geben. leh meine jene neuen Prinzipien, welche der prophetische Geist Riemanns fast geahnt hatte, aber die noeh einer langen intellektuellen Be­arbeitung und einer viel fortgesehritteneren experimentellen Kenntnis bedurften.

Fast ein halbes Jahrhundert sollte vergehen, seit die groBen mathemati­schen Physiker in Gottingen, GauB, Weber und Riemann erfaBt hatten, und

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zwar schon bevor sich die Kritik der Newtonschen Lehre erhob, daB die elektrodynamischen Erscheinungen nicht auf der Grundlage des Newton­schen Modells dargestellt werden konnten.

Maxwell hatte in seinem groBen Treatise vorausgesehen, daB ein Korper, wenn er einen Lichtstrahl absorbiert, einem Druck in der Richtung des Strahles ausgesetzt ist, und zu der gleichen Voraussicht wurde der italienische Physiker Bartoli durch die thermodynamischen Grundgesetze gefiihrt. Die Starke des Druckes sollte gleich dem Verhaltnis der Energiestromdichte zur Lichtgeschwindigkeit sein. Diese Voraussage wurde viel spater zurn ;ersten Mal von dem russischen Physiker Lebedeff im Jahre 1901 experimentell bestatigt.

Hiervon ausgehend kombinierte Poincare (und vielleicht vor ihm ineiner anderen Form J. J. Thomson) das mechanische Prinzip von der Erhaltung des Impulses mit der elektromagnetischen Lichttheorie. Gegen das Jahr 1900 sah er sich veranlaBt, einen neuen Grundbegriff des elektromagnetischen Feldes einzufiihren: die Impulsdichte, definiert als das Verhaltnis der Ener­giestromdichte zum Quadrate der Lichtgeschwindigkeit. Diese Vor­stellung hat es Abraham ermoglicht zu beweisen, daB bei Emissions- und Absorptionsprozessen von elektromagnetischer Strahlung fiir den Impuls ein Erhaltungssatz giiltig bleibt, wenn man in die Bilanz sowohl die mecha­nischen wie auch die elektromagnetischen Impulse aufnimmt.

Die gleiche Vorstellung hat iiberdies zu einer Folgerung von hochster Wichtigkeit gefiihrt. Stellen wir uns einen elektrisch geladenen Korper vor, der sich in Bewegung befindet. Die Bewegung verursacht ein elektroma­gnetisches Feld und daher einen Energie- und Impulsstrom. Wenn dasbe­wegte System von Ladungstragern gewissen Symmetriebewegungen geniigt, z. B. eine Kugelschale darstellt, dann haben beide GroBen die Rich­tung der Korpergeschwindigkeit. Hier tritt zum ersten Male der Begriff der Tragheit der elektromagnetischen Energie auf, weil der Gesamtimpuls des Feldes sich am Ende als eine zusatzliche Masse des bewegten Systemes aus­wirkt.

Wenn es sich urn ein makroskopisches System handelt, ist die zusatzliche Masse, welche vom elektromagnetischen Felde herriihrt, vernachliissigbar, selbst bei den groBten Ladungen, die sich in Versuchen realisieren lassen. Wenn man aber das Elektron als eine Kugel mit einem Radius von der GroBenordnung 10-13 em betrachtet, ist es nicht schwierig festzustellen, daB die zusatzliche Masse von der gleichen GroBenordnung wie die Masse ist, die man bei den klassischen Versuchen nach J. ]. Thomsonbeobachtet.

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Man gelangt auf diese Weise zu der Annahme, daB die gesamte Masse des Elektrons elektromagnetischen Ursprungs seL

Diese Hypothese wurde im Jahre 1903 von Abraham einer sorgfliltigen Analyse unterzogen. Seine Untersuchung flihrte zu dem Ergebnis, daB der elektromagnetische 1mpuls nur bei kleinen Geschwindigkeiten (im Ver­gleich zur Lichtgeschwindigkeit) der Geschwindigkeit des Elektrons pro­portional ist. Die Abweichungen vom Proportionalitatsgesetz werden urn so fiihlbarer, je groBer die Geschwindigkeit wird. 1m Laufe seiner Unter­suchungen machte Abraham einen Unterschied zwischen der longitudinalen Masse in der Richtung der Bewegung und der transversalen Masse senk­recht zur Bewegung des Elektrons.

Die Theorie Abrahams regte experimentelle Untersuchungen an. Bei genaueren Beobachtungen trat zwar ein neuer Effekt zweiter Ordnung auf, und das bedeutet eine Veranderlichkeit der Masse des Elektrons als Funk­tion der Geschwindigkeit. Eine quantitative Vbereinstimmung mit der Theorie Abrahams konnte aber nicht erzielt werden. 1m Gegensatz zur Theorie Abrahams, in der das Elektron als vollig starr betrachtet wurde, dehnt Lorentz seine Kontraktionshypothese auf das Elektron aus, und es gelingt ihm. das Abhangigkeitsgesetz der Masse von der Geschwindigkeit in Vbereinstimmung mit dem experimentellen Befund zu finden. Es gilt

wo mo die sogenannte Ruhemasse ist. Wenn man jetzt die Masse des Elek­trons als Funktion seiner elektrostatischen Energie U ausdriickt, findet man die Formel

4 U m = --

o 3 CZ

Dieser SchluBfolgerung gesellt sich ein Ergebnis des osterreichischen Physikers Hasenohrl zu, der den Vorschlag macht, die Theorie Plancks flir die Strahlung in einem ruhenden Hohlraum auf einen bewegten Hohlraum zu verallgemeinern. Wahrend in einem ruhenden Hohlraum samtliche Strah­len die gleiche 1ntensitat besitzen, sind in einem bewegten Hohlraum diejenigen Strahlen intensiver, welche einen spitzen Winkel mit der Bewegungsrichtung bilden, und auf diese Weise entsteht eine 1mpuls­komponente in dieser Richtung, welche mit der Geschwindigkeit noch schneller wachst, als es in dem Gesetze Abrahams von der Veranderlich­keit der Masse ausgedriickt wird.

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Aus analogen Betrachtungen zu den vorangegangenen ging schlieBlich ein neuer Effekt zweiter Ordnung hervor, welcher den Namen von Trouton und Noble tragt. Es ist nicht gesagt, daB der Impuls immer dieselbe Rich­tung wie die Bewegung habe. Auch wenn die Bewegung translatorischer Natur ist, wird der Drehimpuls des von den Ladungen erzeugten elektro­magnetischen Feldes einen mechanischen Drehimpuls darstellen und daher auf das bewegte Ladungssystem mit einem Kraftepaar wirken. So muBte man erwarten, daB ein geladener Kondensator, so aufgehangt, daB er sich frei drehen kann, eine bestimmte Orientierung relativ zur Bewegungs­richtung der Erde annehmen wiirde, namlich jene, in welcher der Dreh­impuls verschwindet. Diese SchluBfolgerung ist mit den allgemeinen Prinzipien der Mechanik in Dbereinstimmung. Immer vorausgesetzt war dabei, daB man sich auf den Standpunkt des absolut ruhenden Lorentz­schen Athers stellte.

Die Ausfiihrung dieses Versuches gab jedoch ein negatives Ergebnis, obwohl der Versuch mit Sorgfalt und Genauigkeit durchgefiihrt und viel­mals wiederholt wurde und obwohl die Daten der verwendeten Versuchs­anordnung ein gut meBbares positives Ergebnis errechnen lieBen.

Zur Zeit der zweiten Theorie von Lorentz im Jahre 1904 bestand fol­gende Situation.

Der experimentelle Befund zweiter Ordnung, enthalten in den Ver­suchen von Michelson, Trouton und Noble und in der Verander­lichkeit der Elektronenmasse, stand im Widerspruch zu der Lorentz­schen Hypothese des absolut ruhenden Athers. Es gelang aber Lorentz, mit der Kontraktionshypothese den beobachteten Erscheinungen Rechnung zu tragen.

Das grundlegend Neue, welches die Amsterdamer Arbeit von 1904 gegen­iiber den friiherenArbeiten brachte, war daswesentliche Werkzeug, von dem ich vorhin sprach, namlich der wahre Ausgangspunkt der exakten Inter­pretation der elektromagnetischen Erscheinungen. Dieses mathematische Werkzeug miissen wir jetzt untersuchen. Wir unterstellen, daB die Gleichun­gen des elektromagnetischen Feldes im Vakuum, z. B. eines Elektrons oder auch eines makroskopischen materiellen Systems, in der Maxwellschen Form oder auch in der etwas davon verschiedenen Lorentzschen Form be­ziiglich eines Bezugssystems gelten, welches im Ather ruht und beziiglich einer Inertialzeitskala. Dann hangen die FeldgroBen von vier unabhangigen Variablen x, y, z, tab. Lorentz entdeckt nun, daB die Feldgleichungen die­selbe Form annehmen, wenn man an Stelle von x, y, z und t vier andere

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Variablen x', y', z' und t' einfuhrt, welche mit den ersteren durch die Formeln

I

X = x-vt, I I

---- ; y = y; z = z; t = V1- ~2

zusammenhangen. Die Feldgleichungen im Vakuum gestatten die Losungs­gleichungen fur Wellen

1 /)2U LlU----=O

c2 0 t 2

Man kann auch sagen, daB diese Gleichung invariant gegenuber der Transformation sei, welche die Variablen x, y, z, t in die Variablen x', y', z', t' uberfuhrt.

Zu der eben genannten Transformation kam im Jahre 1905 auf einem anderen Wege als Lorentz auch Poincare in einer beruhmten Schrift mit dem Titel "Sur la dynamique de l'electron". In dieser Schrift schlagt Poincare vor, den Namen von Lorentz mit dieser Transformation zu verbinden, welche jetzt uberall als Lorentztransformation bekannt ist. Wir werden uns mit ihr noch ausfuhrlich beschaftigen.

1m Augenblick interessiert es aber, die Deutung richtig herauszuheben, die Lorentz selbst mit seiner Transformation verband. Lorentz glaubt an die absolute Zeit, und sie ist fur ihn die wahre Zeit wie fur Newton.

Wenn man die Transformation ausfiihrt, findet man eine andere zeitliche Veranderliche t', die nicht nur von der Geschwindigkeit des neuen Systems abhangt, so ahnlich, wie bei einem starren, gegen den Ather bewegten System, sondern die auch von der Variablen x des im Ather ruhenden Systems abhiingt. Lorentz sagt, daB diese Zeit t' eine RechengroBe sei, nam­lich eine GroBe, die fur die Berechnungen nutzlich, aber keine physika­lische GroBe sei.

Immerhin, neben dem im Ather ruhenden System entdeckt Lorentz, daB es unendlich viele andere raum-zeitliche Bezugssysteme gibt, bezuglich derer die elektromagnetischen Erfahrungstatsachen sich mathematisch genau so ausdrucken, als ob das System im Ather ruhen wurde.

VII. Die Gedanken Poincares und die neuen Prinzipien Einsteins

Bevor ich die neuen Gesichtspunkte Einsteins fur die Elektrodynamik bewegter Korper auseinandersetze, mochte ich einiges uber die Arbeiten Poincares sagen.

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Whittaker schreibt im 2. Band seiner "Geschichte der Theorien des Athers und der Elektrizitat" 1953, daB Poincare, den man allgemein als Mathematiker betrachtet, uns ein physikalisches Prinzip, namlich das Rela­tivitatsprinzip gegeben habe, wahrend Lorentz, ein theoretischer Physiker, uns ein mathematisches Werkzeug geliefert habe.

In einer Vorlesungsreihe iiber Elektrizitat und Optik, von der ein Neu­druck im Jahre 1954 veroffentlicht wurde, machte Poincare im Jahre 1899 eine kritische Gegeniiberstellung der verschiedenen optischen und elektro­dynamischen Theorien. Nachdem er die Hypothese der Lorentzkontraktion angefiihrt hatte, um den negativen Ausgang des Michelsonversuchs zu erklaren, sagt er auf Seite 536 seines Buches, daB diese sonderbare Eigen­schaft ihm als ein wahrer Trick (coup de pouce) der Natur erschiene, um zu vermeiden, daB man die absolute Bewegung der Erde an den optischen Pha.nomenen nachweis en konne. "Das kann mich nicht befriedigen", sagt er "und ich muB an dieser Stelle meine Meinung aussprechen: Ich halte es fur sehr wahrscheinlich, daB die optischen Erscheinungen nur von den relativen Bewegungen der materiellen Korper abhangen, namlich von den Lichtquellen und optischen Geraten, und zwar nicht nur, wenn man von quadratischen und hoheren Gliedern in ~ absieht, sondern ganz streng.

In dem MaBe, als die Versuche genauer werden, wird sich dieses Prinzip mit groBerer Genauigkeit bewahrheiten. Oder sollte es vielleicht einen neuen Trick, eine neue Hypothese in jeder Naherung geben? Augenschein­lich nein! Eine gute Theorie sollte es erlauben, das Relativitatsprinzip auf einen Schlag in aller Strenge darzutun. Die Theorie von Lorentz tut das noch nicht. Unter allen vorgeschlagenen Theorien kommt sie aber dem am nachsten. Man kann also hoffen, daB sie sich in dieser Hinsicht vollig zu­friedenstellend ausgestalten laBt, ohne sie grundlegend zu verandern." Wie man sieht, ging Poincare im Jahre 1899 iiber Fresnel hinaus, indem er ein Relativitatsprinzip aufstellte, welches das Fresnelsche Prinzip verallgemei­nerte. Es kann nach dem V orschlag von Whittaker das Poincaresche Relativitatsprinzip genannt werden. Ich mochte aber hier feststellen, daB es mich iiberrascht, daB Whittaker in seinem Buch die Relativitatstheorie Poincare und Lorentz zuschreibt, denn das strenge Relativitatsprinzip wird in Wirklichkeit nur zu einem wirksamen Werkzeug, wenn man es mit dem Prinzip von der Invarianz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum kombiniert, das ausgesprochen zu haben, der groBte Ruhmestitel Einsteins ist.

Poincare ist also zum Relativitatsprinzip zuriickgekehrt. Auf dem inter­nationalen PhysikerkongreB von 1900 in Paris erhob Poincare Zweifel an

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der Existenz des Athers und bestand auf der Ansicht, daB nur relative Gro­Ben beobachtbar sind. Er stellt auBerdem zum ersten Male einen Vergleich an zwischen der Unmoglichkeit, in der Natur eine absolute Geschwindig­keit zu messen, z. B. die der Erde gegen den Ather, und dem zweiten Haupt­satz der Thermodynamik, welcher ebenfalls die Unmoglichkeit eines Vor­ganges ausspricht.

SchlieBlich bezeichnet Poincare im Jahre 1904 auf einem KongreB in USA sein Prinzip als "Relativitatsprinzip" und sagt, daB kraft dieses Prin­zips die physikalischen Gesetze fur einen festen Beobachter dieselben sein muBten wie fur einen Beobachter, der sich gleichformig und unbeschleu­nigt bewegt. Deshalb haben wir kein Hilfsmittel, um zu entscheiden, ob wir uns selbst in einer solchen Bewegung befinden.

Poincare fiigt hinzu, daB sich aus diesem Prinzip eine neue Dynamik ab­leite, die dadurch gekennzeichnet sei, daB es in ihr keine groBere Geschwin­digkeit als die Lichtgeschwindigkeit geben konne.

Kurz nachdem Einstein am 30. Juni 1905 der Redaktion der Annalen der Physik seine beruhmte Arbeit "Zur Elektrodynamik bewegter Korper" ubergeben hatte, iibergab Poincare am 23. Juli 1905 der Redaktion des "Circolo matematico di Palermo" seine Arbeit "Sur la dynamique de l'electron". In ihr zeigt Poincare, daB ihm die Schrift von Lorentz aus dem Jahre 1904 bekannt ist, bestatigt ihre hauptsachlichen Resultate und zieht aus der Lorentztransformation hochst wichtige Folgerungen, z. B. das Additionsgesetz der Geschwindigkeiten, welches auch von Einstein ge­funden wurde.

Poincare beweist, daB die Gesamtheit der Lorentztransformationen eine Gruppe bilden und daB diese Eigenschaft notwendig ist, um die Unmog­lichkeit einer absoluten Bewegung auszudrucken, d. h. das Relativitats­prinzip fur gleichformige Bewegungen aufrechtzuerhalten.

AuBerdem hatten Poincare und kurz nach ihm der italienische Physiker Roberto Marcolongo (1906) die Idee, die zeitliche Veranderliche als eine vierte Koordinate in einem vierdimensionalen Raum darzustellen. Mit dieser Idee waren sie V orlaufer des Mathematikers Minkowski, der so viel zu der Entwicklung der Lehre Einsteins beigetragen hat.

Obwohl die Gesichtspunkte von Lorentz und Poincare auBerordentlich nahe an die Grundlagen der neuen Theorie herankamen, die Einstein auf der sicheren Basis der experimentellen Erfahrung errichtete, kann man doch nicht von einer Relativitatstheorie von Poincare und Lorentz sprechen, wie es Whittaker tut.

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1m Geiste dieser beiden groBen Forscher bleibt immer die Vorstellung von der Zeit und dem Raum im absoluten Sinne Newtons erhalten. Dies ist der Grund, weshalb ich das Relativitatsprinzip von Poincare nicht mit demjenigen gleichstellen mochte, das im Jahre 1905 von Einstein auf­gestellt wurde. Die Relativitatsprinzipien von Fresnel und Poincare mussen noch von der Verbindung mit der Idee des ruhenden Athers und der New­tonschen V orstellung des absoluten Raumes und der absoluten Zeit, die sich auf den Ather ubertragen, gelost werden.

Soweit es das Galileische Relativitatsprinzip betrifft, ist die Situation in dieser Hinsicht eine andere, weil, wenn man die Begriffe Langes einfuhrt, ihm eine Form gegeben werden kann, die sich der Kritik entzieht, die man an den Prinzipien Fresnels und Poincares uben muE.

Die Arbeiten Poincan!s haben keine weitere Verbreitung gefunden und sind im allgemeinen unbekannt geblieben, aber sie wurden von W. Pauli in seinem bekannten Bericht uber die Relativitatstheorie in der Enzyklopadie der mathematischen Wissenschaften und von Kottler in Wien in das richtige Licht gesetzt.

Damit scheint nunmehr der Zeitpunkt gekommen zu sein, von der Arbeit Einsteins aus dem Jahre 1905 "Zur Elektrodynamik bewegter Korper" zu sprechenl

VIII. Die neuen Prinzipien von Einstein

In der wichtigen Schrift "Autobiographisches" von Einstein, die man im Bande "Albert Einstein, Philosoph und Wissenschaftler", veroffentlicht im Jahre 1949 von P. A. Schilpp, findet, sind die ursprunglichen Ideen dar­gestellt, welche den groBen Physiker dazu fuhrten, die neuen Prinzipien auf­zustellen. Wir konnen nichts besseres tun, als uns so eng wie moglich an Einsteins eigene Aussagen halten, um zu vermeiden, von seinen Gedanken­gangen abzuweichen.

Einstein sagt, daB er nach langen Dberlegungen dazu gekommen sei, uber ein Paradoxon nachzudenken, auf das er schon im Alter von 16 Jahren ge­stoBen sei: Einem Beobachter, der sich mit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum bewegen konne, musse ein Lichtstrahl wie ein raumlich schwingen­des elektromagnetisches Feld fur einen ruhenden Beobachter vorkommen. Dies scheint jedoch nicht zuzutreffen, weder nach der Erfahrung, noch gemaB den Maxwellschen Gleichungen.

Es schien Einstein klar, daB der Ablauf der V organge der gleiche sein musse, sowohl fur jenen Beobachter wie auch fur einen Beobachter auf der

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Erde, denn wie kanne sonst der erste Beobachter in der Lage sein festzu­stellen, daB er sich in einer schnellen gleichfarmigen Bewegung befindet. Man sieht, daB in diesem Paradoxon die Keime der speziellen Relativitats­theorie enthalten sind. Jedermann weill heute, daB der Versuch, dieses Paradoxon zu erklaren, ein Fehlschlag sein muB, solange das Axiom yom absoluten Charakter der Zeit oder, wenn man will, von der Gleichzeitigkeit in unserem BewuBtsein eingewurzelt ist. Den willkurlichen Charakter dieses Axioms zu erkennen, bedeutet andererseits bereits, die Lasung des Problems in der Hand zu haben.

Es ist notwendig, ganz klar zu verstehen, welche Bedeutung in der Physik eine Lange und eine Zeitspanne hat. Die physikalischeDefinition einer Lange und damit der raumlichen Koordinaten erfordert die Betrachtung eines Bezugssystems, und wir wollen annehmen, daB es ein Inertialsystem im Sinne von Lange sei. Aber Lange kam nicht dazu, sich klarzumachen, wie es uns Einstein gelehrt hat, daB die raumlichen Koordinaten Ergebnisse eines MeBvorgangs sind, der mit starren MaBstaben ausgefuhrt wird. Von diesem Gesichtspunkt aus setzt der Begriff der raumlichen Koordinaten die Existenz starrer Bezugskarper voraus, deren Annahme grundsatzlich will­kurlich erfolgt. Die Frage der Gultigkeit der euklidischen Geometrie wird zu einem Problem der Physik.

Wenn man in analoger Weise die Zeit zu interpretieren versucht, oder besser noch die Dauer eines Ereignisses, wird es notwendig, einen perio­dischen ProzeB, d. h. eine Uhr zu benutzen, die in einem Inertialsystem S ruht. Aber an dies em Punkt erhebt sich die Frage: wenn A und B zwei in S ruhende Uhren sind, die sich jedoch an verschiedenen Orten befinden, wie ist es dann maglich, die beiden Uhren so abzustimmen, daB die Dauer eines Ereignisses fur die Uhr A und die Uhr B dieselbe ist ?

Um diese Frage zu diskutieren, ist es notwendig, daB ein Beobachter bei der Uhr A und ein Beobachter bei der Uhr B Signale austauschen. Diese Signale mussen notwendigerweise Lichtsignale sein, wei! nur sie allein sich auch durch das Vakuum hindurch ubermitteln.

Nehmen wir an, daB A im Zeitpunkte tA seiner Uhr ein Signal aus­sendet und daB dieses im Zeitpunkte tB der Uhr B an der Stelle B empfangen werde. Nach Reflexion wird das Signal von neuem A erreichen, und zwar in einem Zeitpunkt t~, den wir auf Grund eines elementaren logischen Bedurfnisses bei der Zeitmessung spater als tB betrachten, so daB also

t'A > tA

ist.

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Nun kannen wir uns die Frage stellen, welcher Zeitpunkt t: der Uhr A dem Zeitpunkt tB des Beobachters bei der Uhr B entspricht. Es scheint natlirlich darauf die Antwort zu geben zu sein, daB t: das arithmetische Mittel von tA und t~ sei, aber wenn man ein wenig nachdenkt, erfaBt man, daB diese Antwort nur richtig ist, wenn man weiB, daB die Fortpflanzungsgeschwin­digkeit des Lichtes bei der Vbertragung des Signals von A nach B dieselbe ist, wie bei dem VbertragungsprozeB nach der Reflexion von B nach A.

Auf der anderen Seite muE man bereits ein Mittel zur Zeitmessung be­sitzen, um festzustellen, daB diese beiden Geschwindigkeiten gleich sind. Es ist somit augenscheinlich, daB man in einen ZirkelschluB verfallt, und um liber die Schwierigkeit hinwegzukommen, ist es notwendig, ein Postulat einzufiihren. Einstein hat das Prinzip aufgestellt, daB die Lichtgeschwindig­keit dieselbe sei, nicht nur flir die beiden entgegengesetzten Fortpflanzungs­richtungen von einer punktfarmigen Lichtquelle nach beiden Seiten, sondern hat hinzugefligt, daB die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes liber­haupt nicht von der Fortpflanzungsrichtung abhiinge und auch nicht von dem jeweiligen Inertialsystem, auf welches man den V organg bezieht.

Dies bedeutet folgendes : Nimmt man grundsatzlich die Existenz starrer MaBstabe flir die Langen­

messung und die Existenz von Uhren flir die Messung von Zeitdauern an, so zieht dies nach sich, daB eine Abhiingigkeit zwischen der Messung raum­licher GraBen und der Messung zeitlicher GraBen besteht.

Das Paradoxon, das sich dem Geiste des jugendlichen Einstein auf­drangte, besteht in der Erkenntnis der UnvertragIichkeit der beiden folgen­den Behauptungen: 1. Die Lichtgeschwindigkeit ist die gleiche, unabhangig vom gewahlten

Inertialsystem. 2. Die physikaIischen Gesetze sind ebenfalls von der Wahl des Inertial-

systems unabhiingig. Andererseits kann man beobachten, daB sich jede der beiden Behauptungen unabhangig von der anderen auf Erfahrung grlindet. In der Tat, die Kon­stanz der Lichtgeschwindigkeit ist eine Konsequenz aus dem Michelson­versuch.

Die Erkenntnis, welche grundlegend flir die spezielle Relativitatstheorie ist, hesteht nunmehr darin, daB die heiden Behauptungen miteinander ver­tragIich sind, wenn man annimmt, daB die Transformation, welche den Vhergang von einem Inertialsystem in ein anderes vermittelt, die Lorentz­formation und nicht die Galileische Transformation sei.

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Die physikalische Deutung, die Einstein den raumlichen und zeitlichen Variabeln gibt, indem er annimmt, daB sie sich mit der Lorentztransforma­tion transformieren, bedeutet in Wirklichkeit nicht eine einfache Konven­tion, sondem enthiilt Hypothesen uber das Verhalten der MeBvorrichtungen fur Raum und Zeit, welche der experimentellen Priifung unterworfen werden mussen.

Das universelleGrundgesetz der speziellenRelativitatstheorie ist in folgen­der Forderung enthalten: Die physikalischen Gesetze sind invariant gegenuber einer Lorentz­transformation.

Diese Forderung muB in dem gleichen Sinn verstanden werden, wie in der Thermodynamik das Prinzip der Nichtexistenz eines Perpetuum mobile erster und zweiter Ordnung zu verstehen ist.

Mit der Entdeckung, daB das Prinzip der konstanten Lichtgeschwindig­keit und das Prinzip der Relativitat vereinbar sind, hat Einstein die Rang­ordnung der Grundbegriffe umgekehrt, indem er nicht mehr die Zeit als eine elementare GroBe ansah, da sie ja der Geschwindigkeit des Lichtes untergeordnet ist. Unabhangig von Lorentz, dessen Arbeit aus dem Jahre 1904 er noch nicht kannte, als er seine eigene Arbeit im Jahre 1905 schrieb, findet auch Einstein die Lorentztransformation, allerdings von seinem vollig neuen Gesichtspunkte ausgehend. 1m Gegensatz zu der Auffassung von Lorentz besteht der neue Gesichtspunkt darin, daB die Lorentztransforma­tion als der mathematische Ausdruck des Dbergangs von einem Inertial­system und einer Inertialzeitskala zu einem beliebigen anderen Inertial­system und einer zugehorigen Inertialzeitskala aufgefaBt wird, welcher so beschafl"en sein moB, daB die Lichtgeschwindigkeit invariant bleibt, an­statt der Langen und der Zeitspannen in der vorrelativistischen Theorie.

Die groBe Entdeckung, die die Naturwissenschaft Einstein verdankt, besteht somit darin, daB er die Vertraglichkeit des Relativitatsprinzips mit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erkannt hat, und diese Erkenntnis ist wirklich neu. In keiner Arbeit seiner groBen Vorganger findet sich von ihr auch nur eine Spur.

Niemals vor Einstein hat jemand daran gedacht, das Problem der Vber­tragung von ZeitmaBstaben aufzuwerfen. Niemals vor Einstein hat jemand eine kritische Analyse des Raum- und Zeitbegriffes durchgefuhrt, welche auf Grund der tatsachHchen Erfahrungen oder der begrifflichen Moglich­keiten endgultig jene Vorurteile, jene metaphysis chen und philosophischen Betrachtungen fallen gelassen hatte, welche durch Jahrhunderte hindurch

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verhindert haben, den Begriff der physikalischen Zeit auf eine sichere Grund­lage zu stellen.

Ich machte sogar sagen, daB nur bei Einstein der wahre Sinn des Relativi­tatsprinzips herauskommt, denn nur wenn man dieses Prinzip im Sinne Ein­steins versteht, d. h. wenn man es mit der Konstanz der Lichtgeschwindig­keit kombiniert, werden aus der Lange, der Zeitdauer und der Masse relative GraBen bezuglich des jeweils eingefuhrten Inertialsystems.

Ich machte es unterstreichen, daB der Ausdruck Relativitatsprinzip in zweierlei Sinn verstanden werden kann. Einmal kann man ihn in dem Sinne verstehen, daB die Erscheinungen und Vorgange nur von der Relativbewe­gung der Karper abhiingen. Wenn man das Relativitatsprinzip in dieser Weise interpretiert, ist es gerechtfertigt, die Prinzipien von Galilei, von Fresnel, von Poincare und schlieBlich das Prinzip von Einstein als Rela­tivitatsprinzip zu bezeichnen. Wenn man hingegen die Tatsache ausdrucken will, daB aus dem Relativitatsprinzip sich der relative Charakter der Grund­graBen ergeben musse, vermittels derer sich nachher die anderen fur die mathematische Darstellung der physikalischen Vorgange erforderlichen GraBen ausdrucken, dann verdient allein das Prinzip Einsteins den Namen eines Relativitatsprinzips.

Wenn ich einmal davon absehe, ob die Bezeichnung "Relativitats­prinzip" oder "Relativitatstheorie" glucklich gewahlt ist, machte ich noch einen Umstand unterstreichen, der nicht so gut bekannt ist, wie er es verdient.

Bevor wir die verschiedenartigen Folgerungen der Lorentztransformation vertiefen, will ich bemerken, daB man bei optisch-elektromagnetischen Erscheinungen nur zu empirisch bestatigten Folgerungen kommt, wenn man die Invarianz der Anzahl der Wellenberge mit der Lorentztransforma­tion ausdruckt.

Erinnem wir uns daran, daB man flir die Geschwindigkeit des Lichtes cl ' in einem bewegten durchsichtigen Karper die Formel

c CI = - +v n

erhalt, welche von der Erfahrung nicht bestatigt wird, wenn man die In­varianz bezuglich der Galileitransformation verlangt. Wir haben oben ge­sagt, daB Fresnel und spater Hoek auf Grund von Beobachtungen die Formel

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gefunden haben. Nun ist es sehr interessant, daB sich gerade diese Forme! ergibt, wenn man die Lorentztransformation anwendet. Tatsachlich existierte zur Zeit Fresne!s noch keine Theorie oder besser kein allgemeines Prinzip, welches zur richtigen Forme! gefuhrt hatte. Die Beziehung

v (t - ~l) = v' (t'- ~',) druckt die Invarianz der Zahl der Wellenberge aus. Wenn man die Lorentz­transformation anwendet, erhalt man nunmehr

v (t- :) = av' (t-; x _ x~,vt) wobei

gilt. Nachdem diese Gleichheit eine Identitat in t, x sein muB, folgt

~=av,(~+_l_) CI c2 CI'

V = a v' (1 + c:' )

Durch Division der zweiten durch die erste Gleichung erhalt man v

1+~

Setzt man in dieser Forme!

CI'

c c'=~

n und vernachlassigt die GraBen haherer Ordnung, so hat man genau die Formel von Fresnel.

An dieser Stelle mochte ich zwei Zeitpunkte der Geschichte der Physik vergleichen, die mir wirklich wichtig erscheinen. Die Prinzipien Galileis und die Keplerschen Bewegungsgesetze der Planeten veranlassen Newton zu der Frage, ob sie nicht aus einem allgemeinen Gesetz abgeleitet werden kannten. Newton entdeckte so die Grundlagen fur eine mathematische Darstellung des physikalischen Universums im allgemeinen.

Das Werk von Fresnel und Lorentz ist mit dem vorlaufigen Werk von Galilei und Kepler vergleichbar. Einstein hat die allgemeinen Prinzipien entdeckt, sei es auch in einer vorlaufigen Form, aus denen die Resultate von Fresnel und Lorentz abgeleitet werden kannen.

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Ein wirklicher Fortschritt der Physik tritt nur ein, wenn man zur Formu­lierung von Prinzipien gelangt, welche liber den Bereich der Erkenntnisse hinausgehen, aus dem eben diese Prinzipien abgeleitet wurden. Ich meine deshalb, daB einer der besten Beweise flir die Gliltigkeit der Einsteinschen Prinzipien in der Tatsache besteht, daB sich aus ihnen auBerst wichtige Folgerungen gerade in einem Zweig der Physik, namlich der Mechanik, ableiten lassen, der dem Gebiete vollkommen fremd ist, aus dem diese Prinzipien hervorgingen. Die Prinzipien Einsteins sind in der Tat aus Untersuchungen liber das elektromagnetische Feld entsprungen.

Es ist ohne Zweifel ein groBer Schritt zu einer vertieften Erkenntnis der Natur, wenn man ausgesprochen hat, daB die physikalischen Gesetze invariant bezliglich einer Lorentztransformation sein mlissen.

Das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit beherrscht die Physik unseres Jahrhunderts und scheint ein glOBes Gesetz der Natur­wissenschaft zu sein. Es besteht nun ein starkes Bedlirfnis danach, seine wahre Bedeutung zu verstehen, wenigstens insoweit, als es flir den mensch­lichen Geist begreiflich ist. Sein Ursprung liegt auBer jedem Zweifel im Verhalten der Maxwellschen Gleichungen und es findet seine experimen­telle Grundlage in dem beriihmten Versuch Michelsons.

Vielleicht begehen wir einen Irrtum, wenn wir jenen Parameter, den wir die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum nennen und der mehr oder weniger direkt in der Formulierung der elektromagnetischen Erscheinungen auf­tritt, zu sehr wie eine Geschwindigkeit im mechanischen Sinne auffassen. Es gibt Autoren, die behaupten mochten, daB diese Geschwindigkeit saku­laren Veranderungen unterliege, andere haben Zweifel liber den negativen Ausgangdes Michelson-Versuchs erhoben. Dieser Versuch wird allgemein als der glOBe Pfeiler betrachtet, auf dem die ganze Theorie von Einstein er­richtet ist.

In Wirklichkeit kann man behaupten, daB allein das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im gegenwartigen Zustand der physikalischen Erkenntnis flir die Formulierung einer mathematischen Theorie geeignet ist. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daB die Theorie auch auf Postulate anderer Natur gegriindet werden kann.

In dem interessanten Band von W. H. MacCrea, Relativity Physics, lese ich folgende Stelle: "Our conviction of the validity of this theory then results from the plausibility of the axioms and from the whole body of expe­rimental evidence, combined with intuitive judgments concerning simplicity ~nd fitness. Such is the strength of the conviction that, were future repetitions

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of the Michelson-Morley experiment to give different results, we should feel bound to seek an explanation not inconsistent with special relativity theory so far as it would apply."

Urn das Relativitatsprinzip, aber nicht das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu beriicksichtigen, hat der groBe Schweizer Physiker Walter Ritz eine elektrodynamische Theorie entwickelt, die viel­fach als eine ballistische Theorie bezeichnet wird und die von dem so­genanntenPrinzip von Ritz beherrschtwird. Dieses Prinzip besagt folgendes: Die Geschwindigkeit des Lichtes setzt sich mit der Geschwindigkeit der Lichtquelle nach der Galileischen Regel der Addition von Geschwindig­keiten zusammen.

In der Elektrodynamik von Ritz werden die Vorgange von Integral­gleichungen statt von Differentialgleichungen beherrscht, und wie G. Giorgi im Jahre 1927 auf dem internationalen PhysikerkongreB in Como heraus­gestellt hat, hat dies zur Folge, daB die elektrodynamischen Wirkungen die Zeit iiberspringen konnen.

Es konnte namlich passieren, daB eine Ursache, welche gestern gewirkt hat, morgen eine Wirkung hervorbringen konnte, ohne das dazwischen­liegende Heute zu durchlaufen. Das ist zwar nicht absurd, aber es lauft noch mehr als die Prinzipien Einsteins den V orstellungen zuwider, die dem menschlichen Geist fiir das Verstandnis der Natur direkt zuganglich sind.

Yom physikalischen Gesichtspunkt ist deshalb die Elektrodynamik von Ritz nicht mehr befriedigend, wahrend man vom mathematischen Ge­sichtspunkt aus g<;:gen sie keine Einwendungen erheben kann. Eine end­giiltige Analyse, welche dariiber ein unumstoBliches Urteil abgeben konnte, ist noch nicht durchgefiihrt worden und ware sicher wiinschens­wert.

1m ganzen kann man sagen, daB eine Theorie wie die Einsteins, der es nicht nur gelingt, alle bekannten physikalischen Vorgange einzubauen, sondern aus der man auch neue Effekte vorhersehen kann, die dann spater von der Erfahrung, wenn auch nur wenig auBerhalb der experimentellen Fehlerquellen bestatigt werden, eine universelle Beachtung verlangt und als ein Fortschritt in der physikalischen Erkenntnis anzusehen ist.

Urn dies zu erlautern, beschranke ich mich darauf, an eine Erscheinung zu erinnern, die durch die Relativitatstheorie entdeckt worden ist. Aus einfachen Dberlegungen, die ein wenig allgemeiner als die Ableitung des Fresnel-Fizeauschen Effekts mit der Lorentztransformation sind, kann man eine Formel gewinnen, welche die Frequenz veiner ebenen periodischen

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elektromagnetischen Welle relativ zu einem System S, t durch die Frequenz v' bezogen auf ein bewegtes Koordinatensystem S', t' ausdriickt. Man erhalt

V1_~2 V = v' .,-----:::---'--7

1-~cos,'}

wo ,'} der Winkel ist, den die Fortpflanzungsrichtung im System S, t mit der Bewegung von S' t' bildet.

Die Wurzel V1- ~I driickt einen typischen relativistischen Effekt aus, der in einer zeitlichen Dehnung durch die Bewegung besteht und der alle Vorgange betrifft. Eine Frequenz v reduziert sich wegen der Bewegung auf den Wert

v'V1- ~2

In den vorrelativistischen Theorien hat man immer als selbstverstandlich angenommen, daB die Bewegung die Frequenz nicht verandere.

Das Ergebnis, daB die Zeit gedehnt wird, war eines der Hauptargumente der Angriffe auf die Prinzipien Einsteins, die von seinen Gegnern gefiihrt wurden.

Wenn wir die Wellenlange an Stelle der Frequenz einfiihren, geht die obige Formel in

A = }.' 1- ~ cos,'} = A' (1 _ ~ cos,') +! ~2) V1- ~2 2

iiber. Die entsprechende Formel der Theorie von Fresnel oder von Lorentzist

A = A' (1- ~ cos,'})

Man sieht aus dem Vergleich, daB das Glied kleinster Ordnung in ~, in dem sich die Werte der Wellenlange in der klassischen und in der relativistischen Theorie unterscheiden, das Glied

ist. Nun haben die Versuche von Ives und Stilwell aus dem Jahre 1938 und

von Otting aus dem Jahre 1939 eine Obereinstimmung mit der relativisti­schen Formel ergeben. Genau beschrieben haben Ives und Stilwell Kanal­strahlen von sehr homogener Geschwindigkeit und genau festgelegter Richtung untersucht und haben gleichzeitig die Dopplereffekte der Licht­strahlen von zwei Kanalstrahlen in entgegengesetzter Richtung beobachtet,

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so daB cos.,'] entgegengesetzte Werte hat. Wenn A + und A - die gemessenen Wellenlangen sind, erhiilt man fiir den Mittelwert

1 A' (1 + 21 ~2) relativistisch Z(A++A-)=

A' klassisch Die Messung bestatigt den relativistischen Wert und somit die Realitat der relativistischen Zeitdehnung. In der Arbeit von Otting hat ~ den Wert 4,63 x 10-3 und demgemaB ~2 den Wert 2,15 x 10-5•

Ieh habe die Entdeekung dieses Effektes nur deshalb erwahnt, weil sich Ives erst nach der Entdeckung des quadratischen Dopplereffektes von der Richtigkeit der Einsteinschen Prinzipien iiberzeugt hat. Es sind aber natiir­lich auch andere Effekte gefunden worden, welche die Dehnung der Zeit beweisen, z. B. die Lebensdauer der Mesonen, welche durch die Primar­teilchen der kosmischen Strahlen mit Sauerstoffkernen und Stiekstoff­kernen der Luft bei ZusammenstCiBen erzeugt werden. MiBt man beziiglich eines irdischen Bezugssystems, so kommt eine Lebensdauer heraus, die etwa 1000mal so groB ist als jene Lebensdauer, die man in einem System berechnet, in welchem das Meson ruht.

Die Kontraktion der Lange und die Dehnung der Zeitspannen, welche die unmittelbare Konsequenz der Lorentztransformation sind, bilden die Grundlage fiir ein tiefer eindringendes Verstandnis in die physikalischen V organge. Die gegenseitige Beeinflussung raumzeitlicher Messungen, welche einer Lorentztransformation unterliegen, bietet sich dem Geiste Minkowskis unter einem neuen Gesichtspunkt dar.

Dieser Mathematiker, der der Lehrer Einsteins in Ziirich war, behauptete auf einer beriihmten in Knln im Jahre 1908 abgehaltenen Tagung, daB der Raum und die Zeit einzeln betrachtet Begriffsbildungen seien, die dazu be­stimmt seien, im Dunkeln zu bleiben. Eine neue V orstellung, die die beiden zusammenfaBt, ist dazu bestimmt, sie zu ersetzen. Mit den V orstellungen von Einstein ist die V orstellung von der Vierdimensionalitat des physi­kalisehen Weltkontinuums aufs engste verbunden, aber ich fiige hinzu, um mit Einstein selbst zu sprechen, daB es ein weit verbreiteter Irrtum sei zu glauben, daB die V orstellung von der Vierdimensionalitat nur aus der Relativitatstheorie geboren sei.

Auch die klassische Physik ist auf das vierdimensionale Kontinuum von Raum und Zeit gegriindet. In der klassischen Theorie besitzen aber die Unterraume, in denen die Zeit einen konstanten Wert hat, eine absolute Realitat, welche yom Bezugssystem unabhangig ist. Aus diesem Grunde

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spaltet sich das vierdimensionale klassische Kontinuum in ein dreidimen­sionales und ein zweites von nur einer Dimension. Dies aber geschieht in einer Weise, die nicht notwendig geschehen muB.

Die Relativitatstheorie stellt eine formale Abhingigkeit zwischen den Formen her, in denen die raumlichen und die zeitlichen Koordinaten in den Ausdruck der Naturgesetze eingehen miissen.

Man fragt sich oft, ob dieses alles wirklich eine physikalische Bedeutung habe, ob wirklich die Prinzipien Einsteins Prinzipien einer physikalischen Theorie oder nur einer mathematischen Theorie seien. Einige, auch viele -Physiker, besonders solche der alteren Generation, haben sich urn die neuen Prinzipien nicht viel gekiimmert, weil sie glaubten, daB die Relativitats­theorie keine physikalische Theorie sei, sondern nur etwas rein Formales, was durch neue genial ausgedachte Erfahrungen und durch bessere Durch­fiihrung der Theorie wieder zerstOrt werden kanne.

Ich glaube, daB dies ein eider Traum ist. Die Einsteinsche Theorie ist eine physikalische Theorie in dem gleichen Sinn, in dem die Theorie Newtons eine physikalische Theorie ist, und ich fiige hinzu, daB die kritische Priifung der Prinzipien Newtons zu der Feststellung fuhrt, daB sie vom experimentellen Gesichtspunkt beurteilt weniger befriedigend ist als die Prinzipien Einsteins.

Was den formalen Ausdruck der Prinzipien betrifft, mage es geniigen, wenn ich an die Gesichtspunkte Hertz' erinnere, die sich in dem beriihmten Satz ausdriicken: "Die elektrodynamische Theorie von Maxwell ist die Theorie der Maxwellschen Gleichungen".

Hertz schreibt: "Durch zufallige Beobachtungen und absichtliche Unter­suchungen legen wir die friihere Erfahrung als Grund fiir die Lasung des Problems der Naturerkenntnis. Wir machen uns Scheinbilder oder Symbole der auBeren Gegenstande, so daB die denknotwendigen Folgen unserer Scheinbilder immer den naturnotwendigen Folgen der abgebildeten Gegen­stande entsprechen. Damit so etwas maglich ist, miissen gewisse Uberein­stimmungen zwischen der Natur und unserem Geist vorhanden sein, und man muB zugeben, daB diese Ausnahme auf keine Widerspriiche staBt. Die Gesamtheit der Bilder, welche wir uns machen, ergibt das, was Hertz ein Modell nennt.

Damit ein Modell fruchtbar sein kann, miissen die Bilder, aus welchem es besteht, gewisse Grundbedingungen erfiillen. Hertz faBt sie mit den Worten Zulassigkeit, Richtigkeit, ZweckmiiBigkeit zusammen. Er sagt, daB die Bilder unsere eigenen Schapfungen urn die Dinge sind. Wir wissen weiter

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nichts iiber die Beziehungen zwischen denBildern oder ihrenmathematischen Symbolen auBer denjenigen Beziehungen, welche die mathematischen Ge­setze sind, in denen wir Beobachtungen und Versuche ausdriicken. Wenn man jedoch nach der realen Bedeutung der Symbole fragt, miissen wir ant­worten, daB wir sie nicht kennen und daB es auch nicht notig ist, die Be­deutung der Symbole naher zu kennen, um die physikalischen Erscheinun­gen zu verstehen.

Natiirlich ware es ein Irrtum zu glauben, daB die Prinzipien Einsteins etwas Endgiiltiges fiir die Deutung der physikalischen Welt darstellten. Sie be­deuten statt dessen nur eine fortgeschrittenere Station auf dem richtigen Weg. den der menschliche Geist verfolgt, um die Geheimnisse der Natur zu ent­hiillen.

IX. Einstein und Minkowski,. die Relativitatstheorie

Vor den denkwiirdigen Untersuchungen Minkowskis war es notwendig, die Lorentztransformation an einem physikalischen Gesetz zu dem Ziele auszufiihren, dessen Invarianz beziiglich einer derartigen Transformation zu priifen. So ist Einstein im Jahre 1905 vorgegangen, als er die relativisti­sche Invarianz der Maxwellschen Gleichungen nachwies.

Nunmehr gelang es Minkowski, einen solchen Formalismus zu verwen­den, daB die mathematische Form des Gesetzes selbst seine relativistische Invarianz garantiert. Indem er den vierdimensionalen Tensorkalkiil eio­fuhrte, hat er einen analogen Fortschritt erzielt, wie ihn der gewohnliche Vektorkalkiil im dreidimensionalen Raum ergibt.

Minkowskis Deutung der Lorentztransformation als eine Drehung des Koordinatensystems in einem vierdimensionalen Raum ist ein sehr niitz­lieber Gedanke beim Gebrauch der Lorentztransformation und macht es moglich, die wichtigsten Resultate der Theorie sehr schnell in die Hand zu bekommen. Der Gedanke, Raum und Zeit zu einer Einheit zusammenzu­schlieBen, ist schon vor Minkowski aufgetaucht, allerdings aus philo­sophischen Gesichtspunkten, z. B. bei Gioberti und bei Wells.

V. Gioberti schrieb in seiner Protologia (1857): "Wenn man von der kon­kreten Raumzeit spricht, so von der Zeit aus dem Denken, wie yom Raum aus der Ausdehnung der Materie und von der Synthese beider, d. h. der Raumzeit aus der Bewegung. "

H. G. Wells schrieb in "The Time Machine" 1894: "Es gibt keinen Unter­schied zwischen der Zeit und irgendeiner der drei Dimensionen des Raumes,

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auBer dem, daB unser BewuBtsein ihr entlanglauft. Minkowski wendet die allgemeine Raumvorstellung Riemanns oder die metrische Mannigfaltigkeit an.CC

Aus den Prinzipien Einsteins ergibt sich, daB die Messung der Langen und Zeitspannen relative GraBen bezogen auf ein raumzeitliches Inertialsystem sind. Man kann einen Raum von vier Dimensionen in folgender Weise definieren: S, t sei ein Inertialsystem. Die Gesamtheit von vier Werten x, y, z, t stellt einen Punkt dar, durch welchen der Ort im System S, ausgedruckt durch die kartesischen Koordinaten x, y, z, und der Augenblick, in dem der Ort in S betrachtet wird, zusammengefaBt sind. Man bezeichnet dies als ein Geschehnis oder Ergebnis. Die Gesamtheit aller maglichen Wertequadrupel der Variablen x, y, Z, t, d. h. aller Punkte im vierdimensionalen Sinn, stellt eine Raumzeit dar, aus der ein vierdimensionaler Raum oder eine metrische Gesamtheit nur dann wird, wenn man das Gesetz des Abstandes zweier Punkte in infinitesimaler Nachbarschaft angibt.

Minkowski setzt als Quadrat des Abstandes zweier Punkte x, y, Z, t und x + dx, y + dy, z + dz, t + dt folgende differentielle quadratische Form an: ds2 = dz2 + dy2 + dz2 - c2dt2 Haufig verwendet man, urn die Rechnung zu vereinfachen und zu symme~ trisieren, an Stelle der Variablen t die Variable

x,,=ict wo i die imaginare Einheit ist. Wenn man noch die Buchstaben Xl' x2, X3

an Stelle von x, y, z verwendet, nimmt der Ausdruck ds2 die euklidische Form

ds2 = dxi + dx~ + dx; + dx! an. Ein anderes Inertialsystem S', t' zu verwenden, bedeutet, ein anderes Koordinatensystem in der Minkowskischen Raumzeit einzufiihren. Diese Raumzeit ist somit in gewissem Sinne etwas Absolutes, dem alle mag1i~ eben raumzeitlichen Bezugssysteme untergeordnet sind.

Die Lorentztransformationen, bei denen dem Wert 0 der Koordinaten x, y, z, t wieder die Werte 0 der Koordinaten x', y', z', t' entsprechen, sind die orthogonalen linearen Transformationen der Minkowskischen Raumzeit, welche den Kootdinatenutsprung unverandett lassen, d. h. die Rotationen urn den Utsptung det Raumzeit.

Wenn man im besondeten jene Rotationen bettachtet, bei denen zwei Kootdinaten, z. B. X2 = y, X3 = z ungeandett bleiben, ethalt man die sogenannten speziellen Lotentzttansfotmationen, die wit bishet ver­wendet haben.

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In der Tat, wenn man einer linearen Transformation

Xl' = an Xl + a l4 X4 ; X4' = a4l Xl + a44 X4 die Bedingungen der Orthogonalitat

'2. '2 2 2 Xl -t X4 = Xl + X4

auferlegt, findet man

wobei Xl' = Xl cos y + X4 sin y; x,,' = - xl sin y + X4 cos Y

.v tg r = i ~ = l-C

bedeutet. Es ergibt sich dann die klassische spezielle Transformation v

t--2 x x-vt C

x' = V1~f32 sy' = Y; z' = z; t' = 11 1_p2

Zwei Punkte der Minkowskischen Raumzeit seien durch Xl' YI' Zl' tl und X2, Y2' Z2' t2

gegeben. Das Quadrat ihres Abstandes ist definitionsgemaB S2 = (X2 - X1)2 + (Y2 - YI? + (Z2 - ZI)2 - c2 (t2 - tl)2

Diese GroBe kann positiv, Null oder negativ sein. Nun folgt aus den Prinzipien Einsteins, daB es keine Geschwindigkeiten groBer als c gibt und daraus ergibt sich, daB ein Ausdruck wie der vorstehende niemals positiv seinkann.

Man sieht, wie verschieden die Struktur der Minkowskischen Raurnzeit von der eines euklidischen Raumes ist. Urn die Sache ein wenig grundlicher zu untersuchen, betrachten wir einen Punkt xo, Yo, zo, to der Minkow­skischen Raumzeit und die Gleichung

(x - XO)2 + (y - YO)2+ (z - zo)% - c2 (t - to)2 = 0 Dies ist die Gleichung einer dreidimensionalen Mannigfaltigkeit von kegel­formiger Gestalt, deren Symmetrieachse eine Gerade parallel zur Zeitachse ist, welche durch den Punkt Xo, Yo, Zo, to geht. Man nennt ihn den Min­kowskischen Lichtkegel, des sen Spitze in dem Punkte Xo, Yo, zo, to liegt.

Urn sich eine Vorstellung von dem Sachverhalt zu machen, ist es bequem, nur zwei raumliche Variablen x, Y zusammen mit der Zeit zu betrachten. Man hat dann eine dreidimensionale. Minkowskische Raumzeit und einen zweidimensionalen Lichtkegel mit der Spitze xo, Yo' to' Dieser Kegel teilt den ganzen Raum in drei Bereiche.

Der Bereich 1liegt fruher als der Lichtkegel und besteht aus all denjenigen Ereignissen, die auf das Ereignis Xo, Yo' to EinfluB nehmen konnen. Der Be-

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reich 2 Iiegt nach dem Lichtkegel und enthiilt aIle zukiinftigen Ereignisse. AIle Punkte des Bereiches 3 sind mit der Spitze des Kegels iiberhaupt nicht kausal verkniipft. Jeder Punkt des Lichtkegels hat von seiner Spitze den Abstand Null.

Jede beIiebige Gerade innerhalb des Kegels durch die Spitze Null stellt eine gleichformige Bewegung eines Punktes dar, der in einem Inertial­system mit den Koordinaten x, y beschrieben wird und der die Lage xo' Yo im Zeitpunkt t = 0 einnimmt. Das Bild einer Lichtausbreitung ist eine Erzeugende des Kegels.

Wie in der Newtonschen Physik die Langen und Zeitspannen zwei ver~ schiedene Invarianten sind, so ist in der Einsteinschen Physik das raum­zeitliche Intervall im oben definierten Sinn invariant. Jede Obedegung, die man iiber das raumzeitIiche Intervall anstellen kann, ob sie nun physika~ Iische Bedeutung oder wenigstens formale mathematische Bedeutung habe oder nicht, kann ohne Veranderung auf Langen und Zeitspannen der New­tonschen Physik iibertragen werden. So wie man immer eine Zeitdauer als eine objektive ReaIitat betrachtet hat, so konnen wir ein Raum-Zeit-Inter-' vall heute als objektive ReaIitat betrachten. Man kann vielleicht sagen, daB die Minkowskische Raumzeit (Welt) die Rolle des Athers iibernommen habe. Wir stellen nun diese interessante V orstellung Minkowskis dar, indem wir H. Weyl folgen.

Jeder Punkt 0 der Raumzeit kennzeichnet einen Lichtkegel, und die kausale Struktur der Welt ist durch ihn beschrieben. Die beiden Teile'des Kegels grenzen nicht zwischenraumlos aneinander. Mit dem Zwischen­gebiet ist 0 kausal iiberhaupt nicht verbunden. Die Darstellung derWelt durch einen Zahlenraum ist in sich volIig willkiirIich und dient nur dazu, den Weltpunkten einen Namen zu geben.

Diese Darstellung griindet sich wesentIich auf das Phanomen der Licht­fortpflanzung und die Inertialbewegung materieller Punkte.

Die grundlegende Hypothese, auf der die spezielle Relativitatstheorie aufgebaut ist, besteht in der Annahme, daB es Bezugssysteme gibt, in denen die genannten Vorgange sich in volIig determinierter Form darstellen lassen. In dieser Hinsicht ist das Phiinomen des Lichtes, namIich der Licht­kegel mit dem Scheitel 0 als der Ort der Punkte, die von einem Lichtsignal in 0 erreicht werden, unwiderruflich bestimmt, unabhangig yom Zustand der Lichtquelle.

Weyl bemerkt, daB diese Aussage das Prinzip der Konstanz der Licht­geschwindigkeit besser formuIiert.

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In dieser Hinsicht befolgen die Inertialbewegungen eines materiellen Punktes folgendes Gesetz: die von einem materiellen Punkt durchlaufene geodatische Linie ist unwiderruflich bestimmt durch einen Punkt und eine Richtung in der Welt. Das Koordinatensystem in der Raumzeit Minkowskis ist bis auf eine Lorentztransformation bestimmt. Die Gruppe dieser Trans­formationen besteht aus allen Darstellungen der Raumzeit, welche gerade Linien in gerade Linien und Lichtkegel in Lichtkegel iiberfiihren. Die Mathematik bestimmt diese Gruppe vollstandig.

Das Grundprinzip der speziellen Relativitatstheorie besteht darin, daB es mit Hilfe eines jeden Naturvorganges objektiv moglich ist, eine bestimmte Wahl unter allen Koordinatensystemen der Minkowskischen Raumzeit zu treffen. Unter allen moglichen Lorentztransformationen gibt es solche, welche den Punkt 0 unverandert lassen und die die Zeitachse in eine belie­bige Gerade durch 0 innerhalb des Lichtkegels mit der Spitze 0 iiberfuhren.

Minkowski erkannte, daB die Gruppe der Lorentztransformationen mit der Gruppe der euklidischen Ahnlichkeitstransformationen zusammen­fallt, wenn man an Stelle der reellen Variablen t die imaginare Variable X 4

einfiihrt. Das Bild einer beliebigen Bewegung in der Raumzeit ist eine Kurve, die

so beschaffen ist, daB das Linienelement durch einen jeden ihrer Punkte im Innern des Lichtkegels liegt, der seine Spitze in diesem Punkt hat. Diese Kurve nennt man eine Weltlinie. Die Begriffe des Vektors und des Tensors werden in Analogie zu den Definitionen erweitert, die im dreidimensionalen Raume gelten. Wie ich schon gesagt habe, ist es oft bequem, die Koordi­naten Xl' X2' X3 und X4 zu benutzen.

Wenn man mit aik die Koeffizienten einer Lorentztransformation be­zeichnet, wird ein Vektor durch die Gesamtheit von vier Zahlen AK be­stimmt, die sich nach dem Gesetz

A'.=~a·kAk 1 K 1

transformieren. Ein Tensor zweiter Stufe ist folglich eine Gesamtheit von 16 Zahlen, die in einer quadratischen Matrix A angeordnet sind und die sich nach dem Gesetz

A. = ~ a .. ak A'k )e iK 1) e 1

transformieren. In dieser Weise konstruiert man einen Tensorkalkiil der Raumzeit, dessen

Grundlagen man hauptsachlich den Arbeiten von Minkowski und Sommer­feld (1908 bis 1910) verdankt.

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Einen Vektor im Punkte 0 nennt man zeitlieh oder raumlieh, je naehdem ob er im Innern oder auBerhalb des Lichtkegels mit der Spitze 0 liegt.

Fur den Aufbau der Einstein-Minkowskisehen Dynamik ist der Begriff der Eigenzeit eharakteristiseh.

Wir haben bemerkt, daB die Variable t keine relativistisehe Invariante ist, aber daB das Intervall d s in der Minkowskisehen Raumzeit diese Besehaffenheit zeigt.

Nun hat Minkowski den Ausdruek

dr = ~s = Vdt2- dx2+ dy2+ dz2 = dtV1-~ Ie c2 c2

die elementare Eigenzeit genannt. Wenn wir noch das Verhaltnis :!.-, der c

Geschwindigkeit eines Punktes oder eines Teilchens zur Lichtgesehwindig­keit c mit p bezeichnen, wird die elementare Eigenzeit durch

dr = dt V1- ~2 gegeben. Sie ist eine relative GroBe bezuglich eines Bezugssystems S', das sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie der betrachtete Punkt bewegt und beziiglich dessen sich dieser Punkt also in Ruhe befindet.

Langs einer Weltlinie konnen die Koordinaten Xi aIs Funktionen von T

betraehtet werden, wobei t

T = f V1- ~2 dt o

gilt. Es ist eine elementare Feststellung, daB die Ableitungen der Xi be­zuglich r einen Vektor kennzeichnen, welche man die Vierergesehwindig­keit V nennt. Das Quadrat des Moduls einer beliebigen Vierergesehwindig­keit ist immer konstant und gleieh -c2•

Die zweiten Ableitungen der Xi bezuglieh T definieren den Vektor der Viererbesehleunigung, der aus diesem Grunde immer orthogonal zur Vierer­gesehwindigkeit ist.

Diese V oraussetzungen sind nunmehr ausreichend, urn die Verallgemei­nerung des Newtonsehen Prinzips des Impulses auszudrucken, die man Minkowski verdankt.

Man definiert einen Vektor,

( dXl dX4) moV= mo dr' "', mo dr

indem man die Ruhmasse mo eines Teilchens, die eine relativistische In­variante ist, mit dem Vektor der Vierergesehwindigkeit multipliziert. Indem

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er eine VektorgroBe F einfiihrt, deren raumliche Komponenten, zweck­maBig modifiziert, sich als Komponenten einer Kraft im Newtonschen Sinne interpretieren lassen, faBt Minkowski das Grundgesetz der relativistischen Dynamik in folgender Gleichung zusammen:

d crr (moV) = F.

Diese vierdimensionale Vektorgleichung spaltet sich in eine dreidimensio­nale Gleichung, die im FaIle groBer Geschwindigkeiten fiir die Newtonsche Gleichung relativistische Korrektionen ergibt, und in eine vierte Gleichung, die dem Energieprinzip der Newtonschen Mechanik entspricht.

Das Energieprinzip in relativistischer Form liefert die beriihmte Konse­quenz der Tragheit der Energie, welche Einstein im Jahre 1905 in einer Arbeit mit dem Titel: ,,1st die Tragheit eines Korpers von seinem Energie­inhalt abhangig ?" abgeleitet hat.

Einstein schreibt: "Die Masse eines Korpers ist einMaB fiir seinen Energie­inhalt. Wenn die Energie sich um A E verandert, verandert sich seine Masse um

AE "C2.

Es ist nicht ausgeschlossen, daB bei Korpern, bei denen der Energie­inhalt in groBerem Umfang geandert wird (z. B. bei Radiumsalzen),. diese Theorie gepriift werden kann." -

Diese Priifung wurde gegen Ende des Jahres 1938 von dem deutschen Chemiker o. Hahn in ganz durchschlagender Weise bei der Spaltung des Urans 235 vorgenommen.

Bei einer Veranderung derMasse um 1/10 Grammerhaltman eine Energie, welche gleich

0,1 c2 = 9.1012 Erg ist, und deshalb hat man in einem Kilogramm Uran eine Energie von der GroBe

38.1012 Erg = 1012 Cal. Wenn man beachtet, daB die thermischen molekularen Prozesse gewohn­lich Energien von der GroBenordnung zwischen 100 und 1000 Kalorien um­setzen, erkennt man, daB die Kernprozesse Energien von millionenfacher GroBe freimachen bzw. erfordern.

Die Prinzipien Einsteins haben zu grundlegenden Ergebnissen gefiihrt, welche auf die Entwicklung der Physik einen tiefgreifenden EinfluB aus­geiibt haben.

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Ich will nach Einstein die beiden Folgerungen zusammenfassen, die das groBte Interesse beanspruchen. 1. Es gibt keine Gleichzeitigkeit von zwei Ereignissen, die an verschiedenen

Orten stattfinden, und demgemiill hat es keinen Sinn, von Fernwirkungen zu sprechen, welche im Sinne der Newtonschen Physik unmittelbar und momentan sind. Wenn man auch in der neuen Theorie noch an Fernwirkungen denken konnte, die sich mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen, erscheint das nicht natiirlich, well es schwierig ware, einen vernunftigen Ansatz fur das Energieprinzip auszusprechen. Es scheint deshalb unvermeidlich, daB die physikalische Wirklichkeit durch kontinuierliche Raumfunktionen beschrieben wird. Der materielle Punkt durfte deshalb als Grundbegriff der Theorie nicht mehr in Betracht kommen.

2. Die Prinzipien der Erhaltung des Impulses und der Erhaltung der Energie sind in ein einziges Prinzip verschmolzen. Die trage Masse eines ab­geschlossenen Systems ist identisch mit seiner Energie, und die Masse scheidet damit als unabhangiger Begriff aus der Betrachtung aus. Die Lichtgeschwindigkeit c ist eine GroBe, die in die physikalischen Glei­chungen als eine universelle Konstante eingeht. Wenn man jedoch als Einheit der Zeit diejenige Zeit annimmt, in der das Licht einen Zenti~ meter zuriicklegt, tritt der Parameter c nicht mehr in den Gleichungen auf, und deshalb ist c nur eine scheinbare universelle Konstante. Nachdem wir an dies em Punkte angelangt sind, ist folgende grundlegende

Frage zu stellen. Wenn die Vorstellung von einer momentanen Fernwirkung keinen Sinn hat, welche Bedeutung hat dann noch das Newtonsche Gra­vitationsgesetz? Die Antwort besteht darin, daB die spezielle Relativi­tiitstheorie nicht imstande ist, den Sinn dieses Gesetzes aufzufinden, und daB sie deshalb nur als erster Schritt einer notwendigen Entwicklung betrachtet werden kann.

Es ware natiirlich schwierig, in dieser Studie die Gedanken ausfuhrlich auseinanderzusetzen, die Einstein dazu gefuhrt haben, eine zweite Relativi­tiitstheorie aufzustellen, welche unter dem Namen "allgemeine Relativitiits­theorie" bekannt ist. Es ist nur moglich, einige Andeutungen zu geben, die es verstehen lassen, auf welchem Wege die Begriindung einer neuen Theorie gelingt.

In der Newtonschen Theorie wird das Gravitationsfeld durch eine einzige skalare GroBe, das Potential, charakterisiert. Es ist nicht schwe1." =1

erreichen, daB diese GroBe invariant zu einer LorentztransformatioLl1st.

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Nun stel1t man das Programm auf, in eine einheitliche Theorie das ge­samte physikalische Feld einzubauen, welches aus dem skalaren Feld der Gravitation und aus dem vektoriellen elektromagnetischen Feld besteht. Weitere Erkenntnisse konnen zur Entdeckung anderer Felder fiihren.

Es schien Einstein, daB die Moglichkeit, dieses Programm durchzuftihren, aus folgenden zwei Grunden zweifelhaft sei. 1. Nach der speziellen Theorie nimmt die trage Masse eines physikalischen

Systems mit der Gesamtenergie zu. 2. Aus sehr genauen Beobachtungen, z. B. denen von Eotvos, geht hervor,

daB die schwere Masse eines Korpers gleich seiner tragen Masse ist. Hieraus folgt, daB das Gewicht eines Systems in vollkommen definierter

Weise von seiner Gesamtenergie abhangt. Eine Theorie, die dies em U mstand nicht Rechnung tragt, mtiBte verworfen werden. Diese Bedingung kann in folgender Weise ausgedruckt werden: Die Beschleunigung eines Systems, welches in einem gegebenen Gravitationsfelde frei fillt, ist unabhangig von der Natur des fallenden Systems, speziell unabhangig von der GroBe seiner Energie.

Nun kann diese Bedingung auch in anderer Weise ausgedruckt werden, namlich folgendermaBen: In einem Gravitationsfeld von geringer raum­licher Ausdehnung spielen sich die Erscheinungen genau so ab, wie in einem gravitationsfreien Raum, wenn man sie auf ein beschleunigtes Be­zugssystem bezieht statt auf ein Inertialsystem. Wenn man also annimmt, daB das Verhalten der Korper gegen ein beschleunigtes System von einem realen Gravitationsfeld verursacht sei, das jedoch nicht in Erscheinung tritt, ist es moglich, auch das beschleunigte System mit dem gleichen Rechte als ein Inertialsystem zu betrachten. Wenn wir also Gravitations­Felder willktirlicher Art ftir moglich halten, so wird die V orstellung eines Inertialsystems vollkommen leer. Der Begriff der Beschleunigung gegen­tiber dem Raum verliert jegliche Bedeutung und mit ihm das Tragheits­prinzip.

Die Tatsache der Ubereinstimmung der tragen und der schweren Masse ftihrt auf narurliche Weise zu der Erkenntnis, daB die Grundforderungen der speziellen Relativitatstheorie zu eng sind.

Die physikalischen Gesetze mtissen auch invariant gegentiber nicht­linearen Koordinatentransformationen im vierdimensionalen Kontinuum sein. Diese Formulierung des Problems tritt schon im Jahre 1908 auf, 'Iud erst sieben Jahre spater, im Jahre 1915, kann Einstein die Entdeckung der Glw-_hungen des Gravitationsfeldes mitteilen, die das Gravitations-

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gesetz von Newton ersetzen. Die Vorstellung von Minkowski wird durch die Konstruktion einer Raumzeit verallgemeinert, die nicht mehr pseudo:­euklidisch ist. Die Metrik der Einsteinschen Raumzeit moB die Bedingung erfiillen, daB man in der Umgebung eines jeden Punktes eine Minkowski­sche Metrik errichten kann.

Die beherrschende V orstellung der Theorie besteht darin, daB die Kriimmung der Raumzeit aus der Metrik durch mathematische Operationen abgeleitet werden konne, die auf GauB und Riemann zurUckgehen. Ich kann aber leider diese Vorstellung nicht vollstiindig herausarbeiten, weil sie eine lange mathematische Vorbereitung erfordern wiirde, und ver­weise hierfiir auf die klassischen Arbeiten von Weyl, Pauli, Laue, Edding­ton, Tolman, Levi-Civita, Hilbert und anderen.

Hilbert erkannte im Jahre 1915, daB aIle physikalischen Gesetze, wie sie in der allgemeinen Relativitatstheorie formuliert sind, aus einer universellen Weltfunktion mit Hilfe eines Variationsprinzips gewinnbar sind. Der Bei­trag der Gravitation zur Weltfunktion ist die Kriimmung des raumzeitlichen Kontinuums.

Die Gravitation wirkt sich so aus, daB die gesamte Kriimmung ein Minimum ist. Man kann das Prinzip auch so ausdriicken, daB die Gravi­tation eine Tendenz des Universums, sich auszudehnen, verursacht.

In der allgemeinen Relativitatstheorie findet das Problem der Lokalisation der Gravitationsenergie seine Losung. Ein analoges Problem tauchte be­ziiglich der elektromagnetischen Energie auf, weil die Theorie den Ge­dankengangen der iilteren Physik wegen der Tatsache nichts hinzufiigen konnte, daB immer die Vorstellung einer mechanischen Kraft benotigt wurde, die von einem elektrischen Feld auf einen geladenen Korper aus­geiibt wird.

Es handelte sich also darum, auch die elektromagnetischen Krafte zu geometrisieren, in Anlehnung an eine einheitliche Vorstellung, die schon auf M. Faraday zuriickgeht. Dieser groBe Physiker stellte in der Tat schon das Programm auf, eine Physik zu entwickeln, in der aIle Krafte der Natur der Ausdruck einer einzigen Urerscheinung seien.

Es ist unmoglich, hier von den genialen Versuchen zu sprechen, die nach dem Jahre 1917 unternommen wurden, die gesamte Physik zu geometri­sieren, um niimlich aIle physikalischen Gesetze als Eigenschaften eines passenden raumzeitlichen Kontinuums auszudriicken.

Ich will nur sagen, daB eines der wichtigsten mathematischen Hilfsmittel, welches zu diesem Ziele angewendet wurde, die Vorstellung der Parallelltat

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einer gekriimmten Mannigfaltigkeit ist, die man dem italienischen mathe­matischen Physiker T. Levi-Civita (1917) verdankt. Spatere noch wichti­gere Beitrage stammen von Weyl und Eddington, die iiber diejenigen von Einstein und Kaluza hinausgehen. In der neuesten Zeit haben Einstein und seine Mitarbeiter, Schrodinger und andere, von neuem versucht, eine einheitliche relativistische Theorie zu konstruieren. Eine der Untersuchun­gen, die dem Programm Faradays am nachsten kommen, verdankt man Schrodinger, und sie griindet sich auf den Gedanken einer affinen Geo­metrie, aus der man die Gleichungen des Gravitationsfeldes und des elektromagnetischen Feldes ableiten kann. Aber auch diese Theorie Schr5-dingers behandelt nur die makroskopische Physik.

Die Beitrage· Einsteins zu diesem groBen Problem sind in seinem Buch (Die Bedeutung der Relativitat) in der Ausgabe nach 1950 und in seinen letzten Schriften enthalten.

Natiirlich wird das Problem ungeheuer schwierig, wenn man in die ein':' heitliche Theorie alle die physikalischen Wirkungen mikrokosmischer Art einschlieBen will, welche von den Prinzipien der Quantenphysik beherrscht werden.

Die Bemiihungen um eine Verschmelzung der beiden groBen Doktrineri unseres Jahrhunderts, der Relativitatstheorie und der Quantentheorie, sind bisher noch nicht von Erfolg gekront worden. Faradays Programm ist noch nicht verwirklicht. Es bleibt aber eine grundlegende Erkenntnis, daB die Konstruktion Einsteins einen groBen Fortschritt in der Erkenntnis det physikalischen Welt darstellt, der iiber die Aussagen hinausgeht, die die Menschheit dem Werk von Galilei und Newton verdankt.

In seiner Schrift "Autobiographisches" schreibt Einstein: "Newton, ver..: zeih mir, Du fandest den einzigen Weg, der zu Deiner Zeit rur einen· Menschen von hochster Denk- und Gestaltungskraft eben noch moglich war. Die Begriffe, die Du schufst, sind auch jetzt noch fiihrend in unserem physikalischen Denken, obwoh] wir nun wissen, daB sie durch andere, der Sphiire der unmittelbaren Erfahrung femer stehende ersetzt werden miissen, wenn wir em tieferes Begreifen der Zusammenhiinge anstreben."

x. Zusammenfassung

Einsteins Theorie, welche man vielleicht ungerechtfertigterweise als Relativitatstheorie bezeichnet, hat ein einzigartiges Ziel, namlich eine ein­heitliche Beschreibung aller physikalischen Phiinomene zu erreichen.

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Wenn auch Newton das grandiose Programm aufgestellt hat, alle zu seiner Zeit bekannten dynamischen Erscheinungen des Universums in eine einheitliche Theorie einzubauen, so konnte er doch nicht daran denken, die gesamte physikalische Erkenntnis mit einer einheitlichen Theorie zu er­fassen, obwohl sich bei ihm <las Bestreben zeigt, dies zu tun. Dies beweist ausreichend die Tatsache, daB die Spuren seines unsterblichen Genius sich in einer theoretischen Konstruktion iiber die Lichterscheinungen linden, die nicht weniger tiefschiirfend als die Prinzipien der Dynamik ist.

Die mechanische Leere des Universums, welche Newton auf die be­griffliche Basis des absoluten Raurnes und der absoluten Zeit gegriindet hat, war durch zwei J ahrhunderte allgemein anerkannt. Ihr grundlegendes V orurteiI besteht darin, daB die beiden Graf3en Raurn und Zeit, welche dem menschllchen Geist gegeben sind, um eine quantitative Bedeutung der physikalischen Erscheinungen zu erzielen, ganzlich unabhangig von der VerteiIung der im Universum existierenden Materie und von allen phy­sikalischen Vorgangen sein sollten.

Raum und Zeit stellen sich dem Geiste Newtons als etwas dar, das man als Attribut eines allwissenden, allgegenwartigen und allmachtigen Welts chap­fers verstehen kann, wenn auch Newton nicht versaumt hat, diese seine Vor­stellung mit genialen physikalischen Betrachtungen zu untermauern.

In seinem beriihmten Versuch mit dem rotierenden Eimer, den Newton in den Prinzipien beschreibt und erklart, erIautert er den Unterschied zwi­schen relativen und absoluten Bewegungen und setzt auseinander, daB sie sich dutch das Auftreten der sog. Zentrifugalkrafte unterscheiden. An­dererseits sind diese Krafte sicherlich nicht verantwortlich fUr die relative Rotation des Wassers gegen den Eimer.

Kannte es sich ergeben, daB die Ursache in grof3en Massen gesucht werden kannte, die den Eimer urngeben? Andere Erscheinungen, wie die Abplattung der Erde, die kleinere Schwere am Aquator, der Foucaultsche Pendelversuch, zeigen jedoch, daB man die Ursache auBerhalb der Erde suchen muB.

In der Bewegung der Satelliten urn die Planeten und dieser selbst urn die Sonne konnte man das wesentliche Spiel der Zentrifugalkrafte wieder er­kennen, und man kann deshalb· begreifen, wie das universelle Auftreten dieser Krafte Newton zu dem Glauben fiihrte, daB der absolute Raum die urspriingliche Ursache dieser Krafte sei.

Was die absolute Zeit betrifft, ist es noch schwieriger, die Newtonsche Vorstellung durch irgend etwas Beobachtbares zu stiitzen. Newton sagt,

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daB die absolute Zeit gleichmaBig und unabhangig von den Ereignissen verlaufe. Er erkannte in dieser V orstellung etwas, was cine tiefe Verwandt­schaft zu unserem Bewufitsein aufweist und was in einer vollkommenen Weise ein Attribut des Schopfers darstellen miiBte, von dem wir uns in unvollkommener Weise ableiten.

Es handelt sich augenscheinlich um eine theologisch-metaphysische Vor­stellung, welche dem wissenschaftlichen Standpunkt zum Problem der Naturerkenntnis, dessen genaue Formulierung das unsterbliche Verdienst Galileis ist, vollkommen fremd ist. Es stimmt zwar, daB jeder von uns in seinem eigenen Bewufitsein etwas spiirt, welches uns erlaubt, die beob­achteten Phanomene in eine Reihe zu ordnen, und daB jeder von uns den Eindruck hat, daB er durch Kombinieren dieses Gefiihles mit den strengen Gesetzen der Logik zur Definition von etwas gelangen konne wie der absoluten Zeit. Es handelt sich aber um eine reine Illusion. Einstein hat uns gelehrt, uns den Raum und die Zeit richtig vorzustellen. Es gibt nur eine Weise, diese Begriffe zu verstehen, und daher auch nur eine Weise, die physikalischen Erscheinungen exakt zu deuten. Sie besteht darin, sie eben von den Erscheinungen abzuleiten, indem man sie mit denselben Opera­tionen definiert, mit welchen man sie miBt. Die definierenden Operationen entstammen experimenteHen Tatsachen, die streng gesichert sind.

Natiirlich kann Newton kein Vorwurf treffen, wei! er seine "Prinzipien" auf jene absoluten GroBen gegriindet hat. Es geniigt, daran zu denken, daB auch heute einige Physiker (zum Gluck wenige!) in ihrem Geiste die Idee einer objektiven von den Ereignissen unabhangigen Zeit hegen. Auch einige neuere Veroffentlichungen lassen den Gedanken durchblicken, daB das Werk Minkowskis einen iibertriebenen Einflufi auf die Auslegung von Einsteins Relativitatstheorie ausgeiibt habe und daB es deshalb angezeigt sei nachzupriifen, ob es nicht tunlich sei, die Zeit als eine vom Raum un"' abhangige Realitat zu betrachten.

Der gleiche Lorentz, der sich gezwungen sieht, in seinen beriihmten elektrodynamischen Untersuchungen den Begriff der lokalen Zeit einzu­fiihren, der er jedoch nur eine rein formale Deutung gibt (im Gegensatz zu dem, was in einer neueren Festschrift zum SOjahrigen Bestehen der Relativi­tatstheorie behauptet wird), bleibt der absoluten Zeit treu, sogar dann noch, als die Relativitatstheorie die allgemeine Beachtung erlangt.

Die erste groBe Erkenntnis, die man nach Einstein auf dem Weg der Vereinheitlichung der physikalischen Theorien erlangt, ist die Vereinigung von Raum und Zeit. Sie zieht eine theoretische Beschreibung aller phy-

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sikalischen Erscheinungen nach sich, welche anerkannt tiefgrundiger ist, als man sie auf Grund klassischer V orstellungen geben kann.

Diese Vereinigung leitet sich nicht aus der Kritik der mechanischen Be­griffe ab, sondern aus einer eindringlichen Analyse der elektromagnetischen Phanomene, die, indem man den Gedanken Faradays und Maxwells folgt, durchgefuhrt wird.

Es ist kein Zufall, daB Einstein den Spuren der beiden genialen englischen Physiker folgt. Es ist in der Tat bekannt, daB Faraday vielleicht der erste war, der die Moglichkeit ahnte, die Kriifte der Natur einheitlich zu be­schreiben.

Einstein hat zuerst gesehen, daB in den Maxwellschen Gleichungen des elektromagnetischen Vakuumfeldes ein Parameter eine uberragende Rolle spielt, der als Lichtgeschwindigkeit bekannt ist und der gewisse Invarianz­eigenschaften besitzt. Diese Feststellung hat ihn veranlaBt zu behaupten, daB die Ausbreitung elektromagnetischer Wirkungen im Vakuum nicht von der Inertialbewegung der Quelle abhange. Diese Aussage ist in der zunachst unvollkommenen Terminologie als das Prinzip von der Kon­stanz der Lichtgeschwindigkeit bekannt. 1m gegenwartigen Stand der Physik kann man behaupten, daB kein Raum fur einen Zweifel an der Wahrheit dieses charakteristischen Einsteinschen Prinzips ist, welches viel­mehr eines der wichtigsten physikalischen Gesetze unseres Jahrhunderts darstellt, nachdem es seinerseits zu den sensationellsten Entdeckungen aller Zeiten gefuhrt hat.

Wenn auch die unerwartete Vereinigung von Raum und Zeit ihre Geburt dies em Prinzip verdankt, ist doch das Gebilde, welches hierbei entsteht und das von Minkowski rein formal als vierdimensionaler pseudoeukli­discher Raum deflniert wurde, noch immer unabhangig von der Verteilung der im Universum existierenden Massen.

Die beiden Newtonschen Invarianten der Lange und der Zeitspanne werden somit durch eine einzige Invariante ersetzt, niimlich das raum­zeitliche Intervall zweier Ereignisse, dem jedoch die gleichen Mangel an­haften wie den Newtonschen Begriffen. Diese Konstruktion ist sozusagen das Einsteinsche Absolute, d. h. ein Gebilde unabhiingig von der Massen­anordnung im Universum.

Urn zu verstehen, wie Einstein diese mit dem ursprunglichen Relativitiits­prinzip (von ihm selbst spezielle Relativitiitstheorie genannt) verknupften Schwierigkeiten uberwunden hat, muB man sich in die zweite Hiilfte des vergangenen Jahrhunderts zuruckversetzen, in die Zeit, als die deutsche

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Schule zum ersten Mal das brennende Problem aufwirft, die Mechanik und Physik auf gefestigtere Grundlagen zu grunden, als es bei Newton geschah.

Die groBen Triumphe der Newtonschen Lehre wiihrend zweier Jahr­hunderte bewiesen hinreichend, daB diese Lehre nicht weit von der physi­kaIischen Wahrheit entfernt sein konnte. Es handelte sich also darum, ihre Fundamente zu iiberarbeiten, urn alles auszumerzen, was nicht auf Er­fahrungen und Beobachtungen basierte.

Der bekannte positivistische Denker Mach widmet sich der schwierigen Aufgabe der Oberarbeitung. Bemerkenswert ist der Beitrag von Lange zur KIarung der Begriffe. In der Ga1ilei-Newtonschen Dynamik sticht das be­ruhmte Tragheitsprinzip unmittelbar in die Augen. Nach Newton gilt dieses Prinzip, wenn es auf seine absoluten GroBen bezogen wird. Warum sollte man das ausgezeichnete Bezugssystem der ganzen Theorie nicht eben mit Hi1fe des Tragheitsprinzipes definieren? Lange definiert so die Inertial­systeme und die Inertialzeit. Aber man muB die Existenz solcher Systeme beweisen oder verifizieren.

In der Natur gibt es Bezugssysteme und Zeitskalen, die man in guter Niiherung als Inertialsysteme bezeichnen kann. Lange nimmt also an, daB wenigstens ein Inertialsystem und eine Inertialzeit existiere, und daraus folgt die Existenz von unendIich vielen derartigen Systemen. Dies konnte man das Langesche Prinzip nennen.

In den Inertialsystemen sind Raum und Zeit voneinander unabhiingig. Zur Zeit Langes war die deutsche Schule noch nicht zu einer reifen Deu­tung der Maxwell-Faradayschen Theorie durchgedrungen.

1m Licht der speziellen Relativitatstheorie spricht sich das Langesche Prinzip folgendermaBen aus: Es gibt im Universum wenigstens ein Inertial­system, in welchem die Metrik der Welt eine pseudoeukIidische Minkow­skische Metrik ist. Aber die Ideen Machs, in den Bereich der allgemeinen Vorstellungen Einsteins verIangert, IieBen es verstehen, in welchem Sinn und welchem MaB das Relativitatsprinzip Langes giiltig bleiben konne.

Den Geist Machs beherrscht statt dessen die Idee, daB die Materie ihre Tragheitseigenschaften im wesentIichen der VerteiIung der Materie im Universum selbst verdanke. Den Gesichtspunkt Machs kann man vielleicht in folgender Weise klarmachen: Man stelle sich aIle Materie mit Ausnahme eines einzigen materiellen TeiIchens verschwunden vor. Konnte dieses TeiIchen Tragheit besitzen? Nein, sagt Mach.

Diese Antwort geht davon aus, daB die Tragheit der Korper urn so groBer ist, je nilier sie sich bei groBen Massen befinden. Der Ursprung der Tragheit

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liegt in der Materie selbst. Wie Faraday sieht Mach in der Natur ein Prinzip der Einheitlichkeit der physikalischen Erscheinungen, das sich Einstein als Richtschnur nimmt, um den Weg zur Vereinheitlichung zu beschreiten.

Die Kritik der deutschen Schule in der zweiten Halfte des vorigen Jahr­hunderts hat die Substanz der Prinzipien Newtons nicht verandert, aber sie sate den Keirn zu einer gewaltigen Umwalzung, die von Einstein durch­gefiihrt wurde. Es war notwendig, die Dbergangsphase der speziellen Relativitatstheorie zu durchlaufen, die man als Kronung der Faraday­Maxwellschen Theorie betrachten kann, die schon von Hertz und Lorentz vervollkommnet worden war. Nachdem er das Galileische Relativitats­prinzip auf alle physikalischen V organge ausgedehnt hatte, entdeckt Ein­stein die iiberraschende Beziehung zwischen trager Masse und Energie und erfaBt, daB diese Beziehung immer giiltig ist, um welche Form der Energie es sich auch handele. (Dieses allgemeine Prinzip wurde auch von Planck und Lorentz gefunden, aber es stellt im Denken dieser Physiker nicht den machtigen Hebel dar wie im Werke Einsteins.) Ausgehend von der em­pirischen Tatsache, die sich mit steigender Genauigkeit bestatigte, daB die schwere Masse und die gravitationserzeugende Masse proportional oder aquivalent sind, enthiillt Einstein die Proportionalitat oder Aquivalenz von Gravitationsmasse und Energie, eine aufsehenerregende Entdeckung, die einen weiteren denkwiirdigen Schritt auf dem Wege zur Vereinheitlichung verwirklicht. Diese Aquivalenzprinzipien, die es begreiflich machen, wie ein Gravitationsfeld physikalisch zu deuten ist, weisen dem Geiste Einsteins den Weg, sich von den Prinzipien der speziellen Relativitats­theorie zu befreien, und fiihren ihn zu einer Relativitatstheorie des Gravitationsfeldes, die auf das Prinzip der allgemeinen Kovarianz gegriindet ist.

Die mathematischen Aspekte dieser physikalischen Vorstellung sind faszinierend. Es ist aber unmoglich, hier dariiber zu sprechen, wenn auch die Versuchung groB ist, die Entwicklung einer neuen mathematischen Sprache zu verfolgen, deren Alphabet von GauB und Riemann entworfen wurde, und die zu einem der wichtigsten Zweige der Mathematik durch die Arbeiten von Ricci, Levi-Civita, Weyl, Hilbert, Cartan und anderen geworden ist.

Soweit, diinkt mich, habe ich den ungemeinen physikalischen Gehalt der Einsteinschen Theorie geniigend dargetan. In dieser Lehre wurde eine Verallgemeinerung nie durchgefiihrt, welche nicht aus streng gepriiften ex­perirnentellen Tatsachen hervorgewachsen ist.

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Es ist deshalb uberraschend, daB einige Physiker beharrlich versuchen, die Grundlagen der Einsteinschen Theorie zu zerstoren, ebenso wie es uberraschend ist, daB man in dem Glauben beharrt, Einsteins Theorie sei ein Zweig der Mathematik und sei deshalb rein formaler Verallgemeinerung fiihig, wohingegen sie in Wirklichkeit einen endgultigen Charakter besitzt. In dies en Verallgemeinerungen wird man vergeblich physikalische Deu­tungen suchen, da in ihnen von Anfang an keine V oraussetzungen stecken, die physikalischen Sinn haben.

Wer wirklich verfolgt und versteht, wie Einsteins Geist ununterbrochen darum gerungen hat, zur Vereinheitlichung der physikalischen Theorie zu gelangen, kann diese Irrwege nicht bewundern, welche sicherlich nur ein Hindernis fiir die physikalische Erkenntnis sind.

Die groBe Aufgabe der Physik der Zukunft ist vorgezeichnet: Die Ver­schmelzung der beiden groBen Theorien Relativitiit und Quanten.

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VEROFFENTLICHUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FUR FORSCHUNG

DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

NATUR WISSENSCHAFTEN

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1951, 52 Seiten, 15 Abb., kartoniert, DM 4,25

HEFT 2 Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Riezler, Bonn Probleme der Kernphysik Prof. Dr. Fritz Micheel, Munster Isotope als Forschungsmittel in der Chemie und Biochemie

1951,40 Seiten, 10 Abb., kartoniert, DM 3,20

HEFT 3 Prof. Dr. Emil Lehnartz, Munster Der Chemismus der Muskelmaschine Prof. Dr. Gunther Lehmann, Dortmund Physiologische Forschung als Voraussetzung der Bestgestaltung der menschlichen Arbeit Prof. Dr. Heinrich Kraut, Dortmund Ernahrung und Leistungsfahigkeit

1951, 60 Seiten, 35 Abb., kartoniert, DM 5,-

HEFT 4 Prof. Dr. Franz Wever, Dusseldorf Aufgaben der Eisenforschung Prof. Dr.-Ing. Hermann Schenck, Aachen Entwicklungslinien des deutsdIen Eisenhiittenwesens Prof. Dr.-Ing. Max Haas, Aachen Wirtschaftliche Bedeutung der Leichtmetalle und ihre Entwicklungsmoglichkeiten

1952, 60 Seiten, 20 Abb., kartoniert, DM 6,-

HEFT 5 Prof. Dr. Walter Kikuth, Dusseldorf Virusforschung Prof. Dr. Rolf Danneel, Bonn Fortschritte der Krebsforschung Prof. Dr. Dr. Werner Schulemann, Bonn Wirtschaftliche und organisatorische Gesichts­punkte fUr die Verbesserung unserer Hochschul­forschung

1952, 50 Seiten, 2 Abb., kartoniert, DM 4,-

HEFT 6 Prof. Dr. Walter Weizel, Bonn Die gegenwartige Situation der Grundlagenfor­schung in der Physik Prof. Dr. Siegfried Strugger, Munster Das Duplikantenproblem in der Biologie Direktor Dr. Fritz Gummert, Essen Oberlegungen zu den Faktoren Raum und Zeit im biologischen Geschehen und Moglichkeiten einer Nutzanwendung

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HEFT 7 Prof. Dr.-Ing. August Gotte, Aachen Steinkohle als Rohstoff und Energiequelle Prof. Dr. Dr. E. h. Karl Ziegler, Mulheim (Ruhr) Ober Arbeiten des Max-Planck-Institutes fiir Koh­lenforschung

1953, 66 Seiten, 4 Abb., kartoniert, DM 4,75

HEFT 8 Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Fucks, Aachen Die Naturwissenschaft, die Technik und der Mensch Prof. Dr. Walther Hoffmann, Munster Wirtschaftliche und soziologische Probleme des tedlnisc:hen Fortsc:hritts

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HEFT 9 Prof. Dr.-Inf' Franz Bol/mrath, Aachen Zur Entwick ung warm fester Werkstoffe Prof. Dr. Heinrich Kaiser, Dortmund Stand spektralanalytischer Priifverfahren und Fol­gerung fUr deutsme Verhaltnisse

1952, 100 Seiten, 62 Abb., kartoniert, DM 7,50

HEFT 10 Prof. Dr. Hans Braun, Bonn Moglichkeiten und Grenzen der Resistenzziichtung Prof. Dr.-Ing. Carl Heinrich Dencker, Bonn Der Weg der Landwirtschaft von der Energie­autarkie zur Fremdenergie

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HEFT 12 Dr. Hermann Rathert, Wuppertal-Elberfeld Entwiddung auf dem Gebiet der Chemiefaser­Herstellung Prof. Dr. Wilhelm Weltzion, Krefeld Rohstoff und Veredlung in der Textilwirtschaft

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HEFT 14 Prof. Dr. Burckhardt Helferich, Bonn Stand der Enzymchemie und ihre Bedeutung Prof. Dr. Hugo Wilhelm Knipping, Koln Ausschnitt aus der klinischen Carcinomforschung am Beispiel des Lungenkrebses

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HEFT 15 Prof. Dr. Abraham Esa .. t, Aachen Ortung mit elektrischen und Ultraschallwellen in Technik und Natur Prof. Dr.-Ing. Eu¥en Flegler, Aachen Die ferromagnetlSchen Werkstoffe der Elektro­technik und ihre neueste Entwicklung

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HEFT 16 Prof. Dr. Rudolf Seyffert, Koln Die Problematik der Distribution Prof. Dr. Theodor Beste, Koln Der Leistungslohn

1912, 70 Seiten, 1 Abb., kartoniert, DM 4,50

HEFT 17 Prof. Dr.-Ing. Friedrich Seewald, Aachen Luftfahrtforschung in Deutschland und ihre Be­deutung fur die allgemeine Technik Prof. Dr.-Ing. Edouard Houdremont, Essen Art und Organisation der Forschung in einem Industrieforschungsinstitut der Eisenindustrie

1953, 90 Seiten. 4 Abb., kartoniert, DM 5,50

HEFT 18 Prof. Dr. Dr. Werner Schulemann, Bonn Theorie und Praxis pharmakologischer Forschung Prof. Dr. Wilhelm Groth, Bonn Technische Verfahren zur Isotopentrennung

19$3, 72 Seiten, 17 Abb., kartoniert, DM ',-

HEFT 19 Dipl.-Ing. Kurt Traenckner, Essen Entwicklungstendenzen der Gaserzeugung

1953, 26 Seiten, 12 Abb., kartoniert, DM 2,50

HEFT 20 M. Zvegintzow, London Wissenschaftliche Forschung und die Auswertung ihrer Ergebnisse Ziel und Tatigkeit der National Research Development Corporation Dr. Alexander Kin¥, London Wissenschaft und mternationale Beziehungen

1954, 88 Seiten, kartoni.,t, DM 4,60

HEFT 21 Prof. Dr. Robert Schwarz, Aachen Wesen und Bedeutung der Silicium-Chemie Prof. Dr. Dr. h. c. Kurt Alder, Koln Fortschritte in der Synthese von Kohlenstoff­verbindungen

1954,76 Seiten, 49 Abb.;kartoniert, DM ',20

HEFT 21a Prof. Dr. Dr. h. c. Otto Hahn, Gottingen Die Bedeutung der Grundlagenforschung fiir die Wirtschaft Prof. Dr. Siegfried Strugger, Munster Die Erforschung des Wasser- und Nahrsalztrans­portes im Pflanzenkorper mit Hilfe der fluoreszenz­mikroskopischen Kinematographie

19$3, 74 Seiten, 26 Abb., kartoni.,t, DM 5,80

HEFT 22 Prof. Dr. Johannes von Allesch, G6ttingen Die Bedeutung der Psychologie im offentlichen Leben Prof. Dr. Otto Graf, Dortmund Triebfedern mensdilicher Leistung

19'3, 80 Seiten, 19 Abb., kartoniert, DM 4,80

HEFT 23 Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Kuske, K61n Zur Problematik der wirtschaftswissenschaftlichen Raumforschung Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Stephan Prager, Dilsseldorl Stadtebau und Landesplanung

1954, 84 Seiten, kartoniert, DM 4,-HEFT 24 Prof. Dr. Rolf Danneel, Bonn Uber die Wirkungsweise der Erbfaktoren Prof. Dr. Kurt Herzog, Krofeld Bewegungsbedarf der menschlichen Gliedmallen­geleoke bei der Berufsarbeit

1953, 76 Seiten, 18 Abb., kartoniert, DM. 4,80

HEFT 25 Prof. Dr. Otto Haxel, Heidelberg Energiegewinnung aus Kernprozessen Dr.-Ing. Dr. Max Wolf, Dilsseldor/ Gegenwartsprobleme del energlewirtschaftlichen Forschung

1953, 98 Seiten, 27 Abb., kartoniort, DM 6,2'

HEFT 26 Prof. Dr. Friedrich Becker, Bonn Ultrakurzwellenstrahlung aus dem Weltraum Dr. Hans Strapl, Bonn Bemerkenswerte Doppelsterne und das Problem der Sternentwicklung

19'4, 70 Seiten, 8 Abb., kartoniert, DM 4,-

HEFT 27 Prof. Dr. Heinrich Behnke, M ilmtor. Der Strukturwandel der Mathematik in der ersten Halfte des 20. J ahrhunderts Prof. Dr. Emanuel Sperner, Hamburg Eine mathematische Analyse der Luftdruckvertei­lungen in grollen Gebieten 1956,96 Seiten, 12 Abb., , T "b., k",toniort, DM 6,80

HEFT 28 Prof. Dr. Oska, Niemczyk, Aachen Die Problematik gebirgsmechanischer Vorgange im Steinkohlenbergbau

Prof. Dr. Wilhelm Ahrons, Krefeld Die Bedeutung geologischer Forschung fiir die Wirtschaft, besonders in Nordrhein-Westfalen

1955, 96 Seiten, 12 Abb., kartoniert, DM 6.40

Page 85: Von Galilei zu Einstein ||

HEFT 29 Prof. Dr. Bernhard Ron,,:h. Munster Das Problem der Residuen bei Lernleistungen Prof. Dr. Hermann Fink. Koln Uber Lebersmaden bei der Bestimmung des bio­logismen Wertes versmiedener EiweiBe von Mikro­organismen

1954. 96 Seiten. 23 Abb .• kartoniert. DM 6.-

HEFT 30 Prof. Dr.-Ing. Friedrich Seewald. Aachen Forsmungen auf dem Gebiete der Aerodynamik Pro!. Dr.-Ing. Karl Leist. Aach.n Eimge Forsmungsarbeiten aus der Gasturbinen­temnik

1955. 98 Seiten. 45 Abb .• kartoniert. DM 8.80

HEFT 31 Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Fritz Mietzsch. Wuppertal Chemie und wirtsmaftlime Bedeutung der Sulfon­amide Prof. Dr. Dr. h. c. Gerhard Domagk. Wuppertal Die experimentellen Grundlagen der bakteriellen Infektionen

1954. 82 Seiten. 2 Abb .• kartoniert. DM 5.25

HEFT 32 Prof. Dr. Hans Braun. Bonn Die Versmleppung von Pflanzenkrankheiten nnd -smadigungen iiber die Welt Prof. Dr. Wilhelm Rudorf. Voldagsen Der Beitrag von Genetik und Ziimtung zur Be­kampfung von Viruskrankheiten der NutZpflanzen

1953. 88 Seiten. 36 Abb .• kartoniert. DM 6.75

HEFT 33 Prof. Dr.-Ing. Volker Aschoff. Aachen Prohleme der elektroakustismen Einkanaliibertra­gung Prof. Dr.-Ing. Herbert Doring. Aachen Erzeugung und Verstarkung von Mikrowellen

1954. 74 Seiten. 23 Abb •• kartoniert. DM 4.50

HEFT 34 Geheimrat Prof. Dr. Dr. Rudolf Sch.nck. Aachen Bedingungen und Gang der Kohlenhydratsynthese im Limt Prof. Dr. Emil Lehnartz. Munster Die Endstufen des Stoffabbaues im Organismus

1954.80 Seiten. 11 Abb •• kartoniert. DM 5.50

HEFT 35 Prof. Dr.-Ing. Hermann Schonck. Aachen Gegenwartsprobleme der Eisenindustrie in Deutsm­land Prof. Dr.-Ing. Eugen Piwowarsky t. Aachon Geloste und ungelOste Probleme im Giellereiwesen

1954.110 Seiten. 67 Abb .• kartoniert. DM 9.-

HEFT 36 Pr0t, •. Dr. Wolfgang Riezler. Bonn Tei menbesmleuniger Prof. Dr. Gerhard Schubert, Hambur; Anwendung neuer Strahlenquellen In der Krebs­therapie

1954. 104 Seiten. 43 Abb .• kartoniert. DM 8.20

HEFT 37 Prof. Dr. Franz Lotze. Munster Probleme der Gebirgsbildung Bergwerksdirektor BergalSelSor a.D. G.Rau,chenbach. Ess.n Die Erhaltung der Forderungskapazitat des Ruhr­bergbaues auf lange Simt

in Vorbereitung

HEFT 38 Dr. E. Colin Cherry. London Kybernetik Prof. Dr. Erich Pietsch. Clau,thal-Zellerfeld Dokumentation und memanismes Gedamtnis zur Frage der Okonomie der geistigen Arbeit

1954.108 Seiten. 31 Abb •• kartoniert. DM 7.20

HEFT 39 Dr. Heinz Haase. Hamburg Infrarot und seine temnismen Anwendungen Prof. Dr. Abraham E,au t. Aachon Ultrasmall und seine tedmismen Anwendungen

1955.80 Seiten, 25 Abb .• kartoniert. DM 6.20

HEFT 40 BergalSessor Fritz Lange. Bochum-Hordel Die wirtsmaftlime und soziale Bedeutung der Silikose im Bergbau Prof. Dr. Walter Kikuth. Dusseldorf Die Entstehung der Silikose und ihre Verhiitungs­mallnahmen

1954. 120 Soiten. 40 Abb •• kartoniert. DM 9,50

HEFT 40a Prof. Dr. Eberhard Gross. Bonn Berufskrebs und Krebsforsmung Prof. Dr. Hugo Wilhelm Knipping. Koln Die Situation der Krebsforsmung vom Standpunkt der Klinik

1955. 88 Seiten. 31 Abb .• kartoniert. DM 6.70

HEFT 41 Direktor Dr.-Ing. Gustav-Victor Lachmann. London An einer neuen Entwiddungssmwelle im Flugzeugbau Direktor Dr.-Ing. A. Gerber. Zurich-Oerlikon Stand der Entwicklung der Raketen- und Lenk­temnik

1955. 88 Seiten. 44 Abb .• kartoniert. DM 8.40

HEFT 42 Prof. Dr. Theodor Kraus. Koln Lokalisationsphanomene und Raumordnung vom Standpunkt der geographismen Wissensmaft Direkto, D,. F,itz Gummert. Essen Yom Ernahrungsversumsfeld der Kohlenstoffbio­logismen Forsmungsstation Essen

in Vo,bereitung

HEFT 42a P,of. Dr. Dr. h. c. Gerhard Domagk. Wuppertal Fortsmritte auf dem Gebiet der experimentellen Krebsforsmung

1954. 46 Seiten. kartoniert. DM 2.60

HEFT 43 Prof. Giovanni Lampariello. Rom Cber Leben und Werk von Heinrim Hertz Prof. Dr. Walter Weizel. Bonn Ober das Problem der Kausalitat in der Physik

1955. 76 Seiten. kartoniert. DM 4.40

HEFT 43a Prof. Dr.!osi Ma Albareda. Madrid Die Entwlcklung der Forsmung in Spanien

in Vorbereitung

HEFT 44 Prof. Dr. Burckhardt Helferich. Bonn Qber Glykoside Prof. Dr. Fritz Micheel. Munster Kohlenhydrat-Eiweill-Verbindungen memisme Bedeutung

und ihre bio-

in Vorbereitun,

Page 86: Von Galilei zu Einstein ||

HEFT 45 Prof. Dr. John von Neumann, Princeton, USA Entwicklung uDd Ausnutzung neuerer mathemati­scher Maschinen Prof. Dr. E. Stiefel, Zurich Recnenautomaten im Dienste der Technik mit Bei­spielen aus dem ZUricher Institut fUr angewandte Mathematik

1955, 74 Seiten, 6 Abb., kartoniert, DM 4,80

HEFT 46 Prof. Dr. Wilhelm Weltzien, KTefeld Ausblick auf die Entwicklung synthetischer Fasern Prof. Dr. Walther Hoffmann, Munster Wachstumsformen der Industriewirtschaft

in Vorbereitung

HEFT 47 Staatssekretar Prof. Leo Brandt, Dusseldorf Die praktische Forderung der Forschung in Nord­rhein-Westfalen Prof. Dr. Ludwig Raiser, Bad Godesberg Die Forderung der angewandten Forschung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft

in Vorbereitung

HEFT 48 Dr. Hermann Tromp, Rom Bestandsaufnahme der Walder der Welt als inter­nationale und wissenschaftliche Aufgabe Prof. Dr. Franz Heske, SchioP Reinbek Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes als inter­nationales Problem

in Vorbereitung HEFT 49 Prasident Dr. G. Bahneeke, Hamburg Zeitfragcn der Ozeanographie Reg.-Direktor Dr. H. Gabler, Hamburg Nautische Technik und Schiffssicherheit

1955, 120 Seiten, 49 Abb., kartoniert, DM 10,20

HEFT 50 Prof. Dr.-Ing. Friedrich A. F. Schmidt, Aachen Probleme der Selbstziindung und Verbrennung bei der Entwicklung der Hocbleistungskraftmaschinen Prof. Dr.-Ing. A. W. Quiek, Aachen Ein Verfahren zur UntersudlUng des Austausmvor­ganges in verwirbelten Stromungen hinter Korpern mit abgeloster Stromung

in Vorbereitung HEFT 51 Prof. Dr. Siegfried Strugger, Munster Struktur, Entwicklungsgeschichte und Physiologie der Chloroplasten Direktor Dr. J. Patzold, Erlangen Therapeutische Anwendung mechanischer und elek­trismer Energie .

in Vorbereitung

HEFT 52 Mr. Patmore, London Lufttuchtigkeit und temnisme Prufung der Flug­zeuge in England Prof. A. D. Young, Cranfield Die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses auf dem Luftfahrtgebiet in England

in Vorbereitung

JAHRESFEIER 1955 Prof. Dr. Josef Pieper, Munster Ober den Philosoph ie-Beg riff Platons Prof. Dr. Walter Weizel, Bonn Die Mathematik und die physikalische Realitat

1955. 62 Seiten, kartoniert, DM 4,40

HEFT 52a Dr. D. C. Martin, London Geschichte und Organisation der Royal Society Dr. Raux, Sudafrika Probleme der wissenschaftlichen Forschung in der Siidafrikanischen Union

in Vorbereitung

HEFT 53 Prof. Dr.-Ing. Georg Schnadel, Hamburg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Festig­keitsprobleme im Schiffsbau Prof. Dipl.-Ing. Wilhelm Sturtzel, Duisburg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Wider­standsprobleme im Schiffsbau

HEFT 53a Prof. Giovanni Lampariello, Rom Von Galilei zu Einstein

HEFT 54

in Vorbereitung

Prof. Dr. Julius Bartels, Gottingen Sonne un Erde - das Thema des internationalen geophysikalischen J ahres DiTektor Dr. Walter Dieminger, Lindau/Harz Ionosphare und drahtloser Weitverkehr

in Vorbereitung

HEFT 54a Sir John Coekcroft, London Die friedliche Anwendung der Kernenergie

in Vorbereitung

HEFT 55 Prof. Dr.-Ing. Fritz Schultz-Grunow, Aachen Das Kriechen und Fliellen hochzaher und plastischer Stoffe Prof. Dr.-Ing. Hans Ebner, Aachen Wege und Ziele der Festigkeitsforschung besonders im Hinblick auf den Leichtbau

in Vorbereitung

HEFT 56 Prof. Dr. Ernst Derra, Dusseldorf Der Entwicklungsstand der Herzchirurgie Prof. Dr. Gunther Lehmann, Dortmund Muskelarbeit und Muskelermiidung in Theorie und Praxis i

in Vorbereitung

HEFT 57 Prof. Dr. Theodor von Karman, Pasadena Freiheit und Organisation in der Luftfahrtfor­schung

in V orbereitung

HEFT 58 Prof. Dr. Fritz Schrater, Ulm Neue Forschungs- und Entwicklungsrichtungen im Fernsehen Prof. Dr. Albert Narath, Berlin Der gegenwartige Stand der Filmtechnik

in Vorbereitung

HEFT 59 Prof. Dr. Richard Courant, New York Die Bedeutung der modernen mathematischen Rechenmaschinen fur mathematische Probleme der Hydrodynamik und Reaktortechnik Prof. Dr. Ernst Peschl, Bonn Die Rolle der komplexen Zahlen in der Mathe­matik und die Bedeutung der komplexen Analysis

in Vorbereitung

Page 87: Von Galilei zu Einstein ||

GEISTESWISSENSCHAFTEN

HEFTI Prof. Dr. Werner Rit:hter, Bonn Die Bedeutung der Geisteswissenschaften fur die Bildung unserer Zeit Prof. Dr. Joat:him Ritter, Munster Die aristotelische Lehre Yom Ursprung und Sinn der Theorie

1953, 64 Seiten, kartoni.rt, DM 3,'0

HEFT 2 Prof. Dr. Josef Kroll, Koln Elysium Prof. Dr. Gunther Jat:hmann, Koln Die vierte Ekloge Vergils

1953, 72 Seittn, kartoniert, DM 3,7J

HEFT 3 Prof. Dr. Hans Erit:h Stier, Munster Die klassische Demokratie

1954, 100 Seiten, kartoniert, DM 6,-

HEFT 4 Prof. Dr. Werner Caskel, Koln Lihyan und Lihyanisch. Sprache und Kultur eines friiharabischen Kanigreiches

19'4,168 Seiten, 6 Abb., kartoniert, DM 11,-

HEFTS Prof. Dr. Thomas Ohm, Munster Stammesreligionen im siidlichen Tanganyika­Territorium

1953, 80 Seittn, 2' Abb., kartoniert, DM 11,'0

HEFT 6 Pralat Prof. Dr. Dr. h. c. Georg St:h,.iber, Munster Deutsche Wissenschaftspolitik von Bismarck bis zum Atomwissenschaftler Otto Hahn

1914,102 Seittn, 7 Bilder, kartoniert, DM 6,2'

HEFT 7 Prof. Dr. Walter Holtzmann, Bonn Das mittelalterliche Imperium und die werdenden Nationen

1953, 28 Seittn, kartoniert, DM 2,'0

HEFTS Prof. Dr. Werner Caskel, Koln Die Bedeutung der Beduinen in der Geschichte der Araber

1914,44 Seiten, kartoniert, DM 2,7'

HEFT 9 Pralat Prof. Dr. Dr. h. c. Georg St:hreiber, Munster lr1and im deutsdten und abendl1indisdten Sakral-raum

in Vorbereitllng

HEFT 10 Prof. Dr. Pettr Rassow, Koln Forsdtungen zur Reidtsidee im 16. und 17. Jahr­hundert

19",32 Seiten, kartoniert, DM 1,90

HEFT II Prof. Dr. Hans Erit:h Stier, Munster Roms Aufstieg zur Weltherrsdtaft

in Vorbereitllng

HEFT 12 Prof. D. Karl Heinrit:h Rengstorf, Munster Mann und Frau im Urchristentum Prof. Dr. Hermann Conrad, Bonn Grundprobleme einer Reform des Familienredtts

1954, 106 Seiten, kartoniert, DM 6,-

HEFT 13 Prof. Dr. Max Braubat:h, Bonn Der Weg zum 20. Juli 1944

19'3, 48 Seiten, kartoniert, DM 3,2'

HEFT 14 Prof. Dr. Paul Hubinger, Munster Das deutsch - franzasische Verhaltnis und mittelalterlichen Grundlagen

seine

in Vorbereitung

HEFT 15 Prof. Dr. Franz Steinbat:h, Bonn Der geschidttlidte Weg des wirtschaftenden Men­schen in die soziale Freiheit und politische Ver-antwortung

1954, 76 Seiten, kartoniert, DM 3,80

HEFT 16 Prof. Dr. Josef Kot:h, Koln Die Ars coniecturalis des Nikolaus von Cues

19'6, '6 Seiten, 2 Abb., kartoniert, DM 3,80

HEFT 17 Prof. Dr. James Conant, US-Hot:hkommissar fur Deutst:hland Staats burger und Wissenschaftler Prof. D. Karl Heinrit:h Rengstorf, Munster Antike und Christen tum

1953, 48 Seiten, 2 Abh., kartoni.,t, DM 3,50

HEFT 18 Prof. Dr. Rit:hard Alewyn, Koln Klopstocks Publikum

HEFT 19 Prof. Dr. Fritz St:halk, Koln

in Vorbereitung

Das Lacherliche in der franzosischen Literatur des Ancien R~gime

1954, 42 Seiten, kartoniert, DM 2,2'

HEFT 20 Prof. Dr. Ludwig Raiser, Bad Godesberg Rechtsfragen der Mitbestimmung

19'4, 48 Seiten, kartoniert, DM 2,'0

HEFT 21 Prof. D. Martin Noth, Bonn Das GeschichtsverStandnis der alttestamentlichen Apokalyptik

1953, 36 Seiten, kartoniert, DM 2,20

Page 88: Von Galilei zu Einstein ||

HEFT 22 P,of. D,. W.lt., F. Schi,me" Bonn Gluck und Ende des Konige in Shakespeares Historien

1954,32 Seiten, k.,toni.,t, DM 1,60

HEFT 23 P,of. D,. Gunthe, Jachmann, Kaln Der homerische Schiffskatalog und die Ilia.

in Vo,be,eit,,,,g

HEFT 24 P,of. Dr. Theodor Klauser, Bonn Die romischen Petrustraditionen im Lichte der neuen Ausgrabungen unter der Peterskirche

in Vorbereitung

HEFT 25 Prof. Dr. Hans Peters, Kaln Die Gewaltentrennung in moderner Sicht

1955, 48 Seiten, kartoniert, DM 3,10

HEFT 26 Prof. Dr. Fritz Schalk, Kaln Calderon und die Mythologie

HEFT 27 Prof. Dr. Josef Kroll, Kaln Vom Leben geflugelter Worte

HEFT 28 Prof. Dr. Thomas Ohm, Munste, Die Religionen in Asien

in Vorbereitung

in Vorbe,eitung

1954, 50 Seiten, 4 Abb., kartoniert, DM 7,-

HEFT 29 Prof. Dr. Johann Leo Weisgerber, Bonn Die Ordnung der Sprache im personlichen und offentlichen Leben

1955, 64 Seiten, kartoniert, DM 3,50

HEFT 30 Prof. Dr. Werner Caskc/, Kaln Entdeckungen in Arabien

1954, 44 Seiten, kartoniert, DM 3,20

HEFT 31 Prof. Dr. Ma" Braubach, Bonn Entstehung und Entwicklung der landesgeschicht­lichen Bestrebungen und historischen Vereine im Rheinland

1955, 32 Seit ... , kartoniert, DM 2.20

HEFT 32 Prof. Dr. Fritz Schalk, Kaln Somnium und verwandte Worter in den romani­schen Sprachen

1955, 48 Seiten, 3 Abb .. , kartoniert, DM 3,60

HEFT 33 Prof. Dr. Friedrich Dessauer, Frankfu,t a. M. Erbe und Zukunft des Abendlandes

HEFT 34 Prof. Dr. Thomas Ohm, Munste, Ruhe und Frommigkeit

in Vorbercitung

1955, 128 Seit ... , 30 Abb., kartonie,t, DM 10,70

HEFT 35 Prof. Dr. Hermann Conrad, Bonn Die mittelalterliche Besiedlung de. deutschen Ostens und das Deutsche Recht

1955, 40 Seit ... , ka,toniert, DM 2,80

HEFT 36 Prof. Dr. Hans Sckommoda .. , Kaln Die religiosen Dichtungen Margaretes von Navarra

1955, 172 Seit ... , kartoniert, DM 9,60

HEFT 37 Prof. Dr. Herbert von Einem, Bonn Der Mainzer Kopf mit der Binde

1955, 88 Seiten, 40 Abb., kartoniert, DM 9,20

HEFT 38 Prof. Dr. Joseph Haffner, Munster Statik und Dynamik in der scholastischen Wirt­schaftsethik

1955, 48 Seiten, kartoniert, DM 2,85

HEFT 39 Prof. Dr. Fritz Schalk, Kaln Diderots Essai uber Claudius und Nero

in Vorbereitung

HEFT 40 Prof. Dr. Gerhard Kegel, Kaln Probleme des internationalen Enteignungs- und Wahrungsrechts

in Vorbertitung HEFT 41 Prof. Dr. Johann Leo Weisgerber, Bonn Die Grenzen der Schrift - Der Kern der Recht­schreibreform

1955, 72 Seiten, kartoniert, DM 4,80

HEFT 42 Prof. Dr. Richard Alewyn, Kaln Von der Empfindsamkeit zur Romantik

in VorbereitHng

HEFT 43 Prof. Dr. Theodor Schi.d." Kaln Die Probleme des Rapallo-Vertrages 1922

HEFT 44 Prof. Dr. Andreas Rumpf, Kaln Stilphasen der spitantiken Kunst

HEFT 45 Dr. Ulrich Luck, Munst.,

in VorbertitHng

in Vo,bereitung

Kerygma und Tradition in der Hermeneutik Adolf Schlatters

1955, 136 Seiten, kartoniert, DM 9,-

HEFT 46 Prof. Dr. Walther Holtzmann, Rom Das Deutsche Historische Institut in Rom Prof. Dr. Graf Wolff Metternich, Rom Die Bibliotheca Hertziana und der Palazzo Zuccari

1955, 68 Seiten, 7 Abb., kartoniert, DM 5,-

JAHRESFEIER 1955 Prof. D,.Josef Pieper, Munster Uber den Philosophie-Begriff Platons Prof. Dr. Walter Weizel, Bonn Die Mathematik und die physikalische Realitit

1955, 62 Seiten, kartoniert, DM 4,40

Page 89: Von Galilei zu Einstein ||

HEFT 47 Prof. Dr. Harry Westermann. Munster Person und Personlidtkeit im Zivilredtt

in Vorbereilung HEFT 48 Prof. Dr. Johann Leo Weisgerber. Bonn Die Namen der Ubier

in Vorbereilung

HEFT 49 Prof. Dr. Friedrich Karl Schumann. Munster Mythos und Tedtnik in Vorbereilung

HEFT 50 Prof. Dr. Wolfgang Schone. Hamburg Raffaels Sixtinisdte Madonna

in Vorbereilun:

HEFT 51 Pralat Prof. Dr. Dr. h. c. Georg Schreiber. Munster Der Bergbau in Gesdtidtte. Ethos und Sakralkultur

in Vorbereilunt

HEFT 52 Prof. Dr. Hans J. Wolff. Munster Die Redttsgestalt der Universitit

in Vorbereilung

HEFT 53 Prof. Dr. Heinrich Vogt. Bonn Sdtadenersatzprobleme im Verhaltnis von Haftungs­grund und Sdtaden

in Vorbereillln,

HEFT 54 Prof. Dr. Max Braubach. Bonn Der Einmarsdt der deutsdten Truppen in die ent­militarisierte Zone am Rhein im Mirz 1936. Ein Beitrag zur Vorgesdtidtte des zweiten Weltkrieges

in Vorbereitung HEFT 55 Prof. Dr. Herbert von Einem. Bonn Die Mensdtwerdung Christi des Isenheirner Altars

HEFT 56 Prof. Dr. E. J. Cohn. London Der englisdte Geridttstag

HEFT 57

in Vorbereitung

in Vorbereitllng

Dr. Alberl Woopen. Aachen Die Zivilehe und der Grundsatz der Unaufl6slidt­keit der Ehe in der Entwiddung des italienisdten Zivilredtts

19'6. 88 Seilen. karloniert