Von nun an ging’s treppab – die Geschichte im Überblick

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9 8 Von nun an ging’s treppab die Geschichte im Überblick Der »Urkeller« auf der Marktstraße Hans-Josef »Jupp« Dillmann auf dem Weg nach oben nem Keller, und zwar im Hinterhof des Hauses Marktstraße 61 – 63, zwi- schen Breite Straße und Westwall. Diese historische Stätte wird seit- dem Urkeller genannt. Der damali- ge Student Hans-Josef »Jupp« Dill- mann war Inhaber und Wirt. Der eher kleine Raum wurde zünf- tig mit leeren Fässern möbliert und auch bereits fantasievoll ausgemalt. Den Mississippi-Dampfer kann man noch heute auf einem alten Foto bewundern. Man benötigte einen Mitgliedsaus- weis, um dort ein und ausgehen zu dürfen, trank zumeist Rhenania Alt, es gab eine kleine Bühne mit Klavier, und Ecky Odenthal, der Stammvater der regionalen Dixie- land-Szene, spielte dort schon auf seiner Trompete. Bei aller Gemütlichkeit war der Keller aber mit einem entscheiden- den Mangel behaftet: Er bekam kei- ne Luft. Und dadurch bedingt war er auch so feucht, dass es fließend Wasser manchmal direkt von den Wänden gab. Jupp Dillmann pfleg- te abends erst mal allein mit einer brennenden Kerze in den Keller zu gehen. Blieb sie an, durfte die »High Jupp und die »High Society« chon 1956, dem Jahr, in dem die Zusatzzahl das Licht des deutschen Samstagsglücks erblickte, gab es in Krefeld einen Kreis junger Leute, deren Ohren zwar nicht in die gewienerten Hal- len des klassischen Konzert- und Opernbetriebes strebten, aber ge- messen an den damals sonst popu- lären musikähnlichen Darbietun- gen wie dem »Radetzky-Marsch«, dem »Brunnen vor dem Tore« und den »Beinen von Dolores« durchaus nach Höherem. Deshalb nannte sich das Klübchen auch »High Society«, lieh seinen Na- men alsbald großzügig einem US- Spielfilm mit Louis Armstrong, Grace Kelly und Bing Crosby und schuf sich einen ersten Treffpunkt nicht ganz konsequent in ei- Society« einrücken, erlosch das Flämmchen aus Sauerstoffmangel, musste der Keller für diesen Abend geschlossen bleiben. So konnte es natürlich nicht weitergehen, und schweren Herzens gab man die Räumlichkeiten Mitte 1957 wieder auf. Auf der Suche nach einem neuen Zuhause konnte der bisherige Ver- mieter, ein Herr Pollen, nicht hel- S

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Von nun an ging’s treppab –die Geschichte im Überblick

Der »Urkeller« auf der Marktstraße

Hans-Josef »Jupp« Dillmannauf dem Weg nach oben

nem Keller, und zwar im Hinterhofdes Hauses Marktstraße 61 – 63, zwi-schen Breite Straße und Westwall.Diese historische Stätte wird seit-dem Urkeller genannt. Der damali-ge Student Hans-Josef »Jupp« Dill-mann war Inhaber und Wirt.Der eher kleine Raum wurde zünf-tig mit leeren Fässern möbliert undauch bereits fantasievoll ausgemalt.Den Mississippi-Dampfer kannman noch heute auf einem altenFoto bewundern.Man benötigte einen Mitgliedsaus-weis, um dort ein und ausgehen zudürfen, trank zumeist RhenaniaAlt, es gab eine kleine Bühne mitKlavier, und Ecky Odenthal, derStammvater der regionalen Dixie-land-Szene, spielte dort schon aufseiner Trompete.Bei aller Gemütlichkeit war derKeller aber mit einem entscheiden-den Mangel behaftet: Er bekam kei-ne Luft. Und dadurch bedingt warer auch so feucht, dass es fließendWasser manchmal direkt von denWänden gab. Jupp Dillmann pfleg-te abends erst mal allein mit einerbrennenden Kerze in den Keller zugehen. Blieb sie an, durfte die »High

Jupp und die »High Society«

chon 1956, dem Jahr, in demdie Zusatzzahl das Licht desdeutschen Samstagsglücks

erblickte, gab es in Krefeld einenKreis junger Leute, deren Ohrenzwar nicht in die gewienerten Hal-len des klassischen Konzert- undOpernbetriebes strebten, aber ge-messen an den damals sonst popu-lären musikähnlichen Darbietun-gen wie dem »Radetzky-Marsch«,dem »Brunnen vor dem Tore« undden »Beinen von Dolores« durchausnach Höherem.Deshalb nannte sich das Klübchenauch »High Society«, lieh seinen Na-men alsbald großzügig einem US-Spielfilm mit Louis Armstrong,Grace Kelly und Bing Crosby undschuf sich einen ersten Treffpunkt– nicht ganz konsequent – in ei-

Society« einrücken, erlosch dasFlämmchen aus Sauerstoffmangel,musste der Keller für diesen Abendgeschlossen bleiben. So konnte esnatürlich nicht weitergehen, undschweren Herzens gab man dieRäumlichkeiten Mitte 1957 wiederauf.Auf der Suche nach einem neuenZuhause konnte der bisherige Ver-mieter, ein Herr Pollen, nicht hel-

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fen. Dafür wurde Jupp Dillmann beiAdolf Reinhold fündig, der sich zwar– zumindest damals – noch nicht fürJazz interessierte, aber gerade einenNeubau in Arbeit hatte und die Kre-felder Jazz-Fans bis heute beherbergt.

Nach kurzer, absolut unerträglicherkellerloser Phase eröffnete der Club»High Society« also am 10. April 1958sein zweites und bislang dauerhaftesDomizil in der Lohstraße 92 (am 9. Julioffiziell konzessioniert), und zwar wie-derum unterirdisch. Dies mag dazubeigetragen haben, dass die Rheini-

Artikel über die Eröffnungdes heutigen Jazzkellers auf derLohstraße (WZ 11. 4. 1958)

Mitgliedsausweis vonEcki Heier (1959)

Gralf Edzard Habben und Peter Goossens schufen die erstenWandbemalungen

sche Post den Jazz noch gegen denVorwurf verteidigen musste, er sei»artfremde Kunst«, ja »eigentlichgar keine Kunst«, sondern eher eine»Verführung zum Primitiven«.Dr. Ernst Klusen, damals Jugend-pfleger in Krefeld, assistierte be-herzt und bemühte Igor Strawinski,Antonin Dvorak und Bela Bartok,um solchen Vorurteilen den Windaus den Segeln zu nehmen. Dennschließlich hatten sich auch dieseals seriös geltenden Komponistenvom Jazz fasziniert gezeigt und in-tensiv mit ihm beschäftigt.Es dauerte aber noch eine ganzeWeile, bis sich die letzten diesbezüg-lichen Sorgen bestimmter Samt-und Seidenstädter endlich ver-flüchtigt hatten, denn noch im Sep-tember 1961 erschien eine Wahl-kampf-Anzeige mit dem fetten Ti-tel »Kein Jazz« und dem Slogan »Nurbewährte Kräfte sichern unsereFreiheit«.

In diese Atmosphäre hinein also be-richtete die Krefelder Tagespresseam 11. April von der Eröffnung des»Studenten-Jazzkellers«, und wirvermerken freudig und anerken-nend, dass sie ihn seitdem – voneinigen enthaltsamen Phasen abge-sehen – mit nach und nach zuneh-mender Regelmäßigkeit kommen-tierend begleitet hat. Aber zurückzum Ort des Geschehens.

Am Fuße der Treppe gab es einenmit Vorhang abgetrennten Raumfür denjenigen, der die stets ge-schlossene Tür auf Klingelzeichenper Knopfdruck öffnete, die Mit-gliedsausweise kontrollierte undden Eintritt kassierte. Dort konnteman auch seine Garderobe aufhän-gen, allerdings nur während derersten 16 Jahre. Dann nämlich hat-ten endgültig sämtliche einst vor-

handenen Garderobenhaken ihrenPlatz als Souvenirs in den Privat-wohnungen der Gäste gefunden,und dieser Teil des Spaßes war vor-über. Wandte man sich dort scharflinks der Stirnwand zu, also in denheutigen Thekenraum, so befandsich ebenda der Platz für die Bands.Ein Podium gab es nicht.

Schaute man vom Eingang in dieTiefe des Schlauchs, waren die lan-gen Wände mit bunter abstrakterMalerei gestaltet, und die rechteWand stärkte einem relativ kurzenTresen den Rücken, an dem eineFlasche Bier 80 Pfennige kostete.Diese Erstbemalung stammte vonPeter Goossens, einem Sohn des inKrefeld bekannten Laurenz Goos-sens, und dem später als Bühnen-bildner bekannten Gralf-EdzardHabben, wobei die beiden sich heu-te selbst uneins darüber sind, werdamals was gemalt hat.Die Decke zeigte sich anfänglichnoch als nackte Betonschicht mitden Abdrücken der Bretterver-schalung, denn die »High Society«hatte den Keller ja in jungfräuli-chem Zustand übernommen.

Die älteren Jazz-Stile bis hin zumSwing, ganz besonders aber derOldtime-Jazz, erfreuten sich damalsboom-artiger Beliebtheit. So wurdeder Keller in kürzester Zeit zumheißen Treffpunkt der Jazz-Musikerund gleichermaßen des jazz-begei-sterten Publikums, und sein Rufverbreitete sich im Nu über Kre-felds Stadtgrenzen hinaus.So waren es schon in den frühenTagen nicht nur die Lokal- undRegionalgrößen, die hier ihre In-strumente spielten. Auch solche,die damals bereits bundesweit Auf-merksamkeit und Interesse genos-sen, auf Gastspielreisen gingen undsich später Weltruhm erspielten,machten in der Lohstraße Station,wenn sie Gelegenheit dazu hatten,und stiegen oft genug spontan indie Sessions der niederrheinischenJazzer ein.Den Anfang machte kein Geringe-rer als der Klarinettist Fatty Georgealias Franz Georg Pressler aus demfernen Wien. Im Offiziersklub derAmerikaner an der Donau mit demJazz-Fieber infiziert, war er mit sei-ner erweiterten Interpretation desSwing der erste deutschsprachige

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Jazzer, der überregionale Bedeu-tung erlangte. Dann kam der Nie-derländer Jack van Poll, der damalsnoch gern Saxophon spielte undspäter als Pianist Größen wie BenWebster und Johnny Griffin beglei-

tete. George und Jack trugen dieKunde vom tollen Jazzkeller amNiederrhein weiter, und bald schau-ten auch Klaus Doldinger und Man-fred Schoof herein.

Die prallen 60er Jahre

ur Mitte 1959 gab Dillmanndie Geschäftsführung anGralf-Edzard Habbben,

blieb aber Inhaber, kümmerte sichweiterhin um das Programm undorganisierte zum Karneval 1960 dasKostümfest »Zahn um Zahn«, zudem Rüdiger Tiefers – später be-kannt durch seine Bühnenbilderund Buchillustrationen für die»Krieewelsche Pappköpp« – die De-koration schuf.Dies war die erste einer ganzen Rei-he von Karnevals-Parties, die bisheute als legendär gerühmt wer-den, obwohl sich angeblich nie-mand mehr an Details erinnert, dieman hier erzählen könnte. Wir ver-muten vorsichtig, dass die Beteilig-ten ihre Gründe dafür haben. Abertoll müssen sie gewesen sein.Und überhaupt: Wer damals zumprogressiven Teil der Bevölkerung

gehören wollte, verkehrte auchdann im Jazzkeller, wenn er nichtunbedingt Jazz-Fan war – oder we-nigstens noch nicht.Intellektuelle unterschiedlichsterPrägung drängelten sich in demschmalen Schlauch, einige warendamals schon ein bisschen promi-nent, andere wurden es erst später,dafür aber um so heftiger.So mischten sich zahlreiche bilden-de Künstler, Literaten und Theater-leute unter die Musikfreunde, dar-unter Herbert Zangs, bewunderterKünstler und Enfant Terrible zu-gleich, der nicht zuletzt als MalerLankes in der »Blechtrommel« vonGünter Grass unsterblich wurde,sein Kollege Will Cassel, immernoch voller Schaffenskraft, sowieFritz Huhnen, als Theaterkulissen-maler gefragt und als Autor desBuchs »Gute, Böse und Krefelder«

bis heute präsent. Außerdem Mi-chael Badura, der wenig später alserster deutscher Künstler Öko-The-men in seinen Werken aufgriff undauch mehrere Kunstpreise errang.Ferner der renommierte Autor undRegisseur Hans Neuenfels – undnatürlich Hans-Georg »Willibald«Koch, der im Keller Boogie Woogiespielte und von dort zum gefragtenTheatermusiker und –komponistenaufstieg.Ebenfalls gesichtet wurde Jil San-der, die einige Jahre als Modeschü-lerin in Krefeld weilte und hierauch ihr Examen ablegte, undSportskanonen wie Jochen Neer-pasch (Auto/Motor), der RennradlerKlemens Grossimlinghaus und dasspätere Eishockey-Idol Uli Jansensuchten und fanden hier den kul-turellen Ausgleich. Uli Jansen übri-gens verkaufte damals nicht nurBrillen, sondern auch unsere Mit-gliedsausweise in seinem Optik-Geschäft.Schließlich waren auch solche, diepolitisch Karriere machen sollten,nicht selten Gäste in der Lohstraße,wie z. B. der spätere Krefelder OBDieter Pützhofen. Manfred Lahn-stein, der unter Bundeskanzler Hel-mut Schmidt als Staatssekretär undBundesminister für Finanzen am-tierte, war sogar Posaunist bei den»Feetwarmers« und wirkte in dieserZeit oft bei Keller-Sessions mit.1960 etablierte sich jene über vieleJahre lebendige Sitte, die bis heutezu den großen Meilensteinen desJazzkellers zählt. Jeden 1. Sonntagim Monat traf man sich morgensum 11.00 Uhr zum Dixieland-Früh-schoppen. Fest engagiert war im-mer nur eine Band, aber alle Musi-ker kamen und jammten, bis dasBier alle war. Und das konnte dau-ern.

1961 zog sich Habben aus persönli-chen Gründen von der Geschäfts-führung zurück, die dann eine Wei-le lang in kurzen Intervallen vonHand zu Hand ging. Unter denNachfolgern waren in nicht mehrzu rekonstruierender ReihenfolgeKlaus Bitterlich, Willi Hummenund Uli Tegeler. Vermutlich fälltauch der Ausschank durch RudiBrass in diese Phase. Brass hatteschon als Amateur viele Fotos imKeller gemacht, wurde später Pres-sefotograf, erst für die NRZ, dannlange Jahre für die Rheinische Post,und kümmerte sich eben einigeZeit auch als Wirt um die Gäste.

Nicht nur durch die etwas unsteteBewirtung, auch anderweitig wa-ren die 1960er Jahre für den Kellernicht so ganz einfach. Zum einenbeförderte Vater Staat so manchesmusikalische Kellerkind wieder ansTageslicht, allerdings auch nichtviel höher, denn es musste nun imSchlamm des Exerzierplatzes Liege-stütze üben.Damit wurden die Möglichkeitenfür Live-Musik schon mal deutlicheingeschränkt. Das ging soweit,dass man irgendwann sogar eineJuke-Box aufstellte, die aber selbst-verständlich mit Jazz-Scheiben be-schickt wurde. »Do Lord«, eine Auf-nahme des heute fast vergessenenTrompeters Teddy Buckner, soll derSpitzen-Hit gewesen sein. Zum an-

In die Programmgestaltung desKellers mischte sich zu jener Zeitzunehmend ein gewisser GünterHolthoff ein, der die Hinwendungzu neueren Spielformen des Jazzentscheidend vorantrieb. Auf sei-nem Plattenkoffer trug er einenAufkleber der Zeitschrift »Fongi –der wilde Jazzgeist« mit sich herum.Dieses Blatt wurde eine Zeitlangvon Leuten wie Ernst E. Mutterer,Dieter Süverkrüp, Klaus Doldinger,

Horst »Flötchen« Geldmacher und– man staune – Günter Grass ge-macht. Der Titel ging auf Mutterer,den Pianisten bei Doldingers »Feet-warmers«, zurück und ist als säch-selnde Improvisation über das ame-rikanische Wort „»funky« zu verste-hen. Einige Krefelder müssen indem wilden Jazzgeist irgendwieGünter Holthoff wiedererkannthaben, jedenfalls wurde auch erbald nur noch mit »Fongi« ange-sprochen, und daran sowie an demUmstand, dass er der Programmge-staltung kontinuierlich wichtigeImpulse gab, hat sich bis auf denheutigen Tag nichts geändert.

Auch eine erste größere Reno-vierungsaktion ist in diese Zeit-spanne gefallen. Die Decke wurde1963 mit Dämmplatten verkleidet,und ein großer gebrauchter Metz-ger-Kühlschrank wurde ange-schafft. Volker Rossenbach ließ demunterirdischen Tempel eine Ge-samtbemalung in überwiegend rotund blau gehaltener Ornamentikangedeihen, die einen rundum

Recht gut zu erkennen:Der Raddampfer von Uli Tegeler. Im Vordergrunddas Häns’che Weiss Quintett mit Titi Winterstein.

Zeitschrift für geschaffte Leute

fahrenden »Chattanooga Chu Chu«darstellte. Uli Tegeler hatte vorherschon links von der heutigen Büh-ne auch wieder einen großenSchaufelraddampfer an die Wandgemalt, der aber ein wenig andersaussah als der im Urkeller, denn erwar aus geometrischen Formen zu-sammengesetzt.

Wandmalerei von Volker Rossenbach

deren kam mehr oder wenigergleichzeitig neue Bewegung in dieMusiker-Szene selbst. Nicht nur dieBeat-Musik als neue Jugend-Wellebrach sich Bahn, auch innerhalbdes Jazz etablierten sich neben denTraditionalisten nach und nach dieModernisten. Einige vollzogen gardie Entwicklungsgeschichte desJazz am eigenen Leibe nach undwechselten sozusagen die »Lager«.

Der erste international bekannteMusiker im Jazzkeller (RP 25. 5. 58)

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Und zeitgleich dazu – so hat es zu-mindest den Anschein – kamenauch jene Porträts an die Rückwandder heutigen Bühne, die dort langeZeit an die ersten Helden des Jazz-kellers erinnerten. Charly Wiers-pecker malte Jupp Dillmann mitMephisto-Gesicht, den aus Spanienstammenden, langjährigen KellnerKim, die Aktivisten Gralf-EdzardHabben und Uli Tegeler und sichselbst, später auch noch den WirtHeinrich Pricken direkt auf denPutz. Es soll sogar noch ein siebtesPorträt in dieser Galerie gegebenhaben, aber wer darauf zu sehenwar, lässt sich nicht mehr ermitteln,denn auf den alten Fotos hängtfrech eine Lampe davor.

1964 beendete Ralf Schmitz-Mancy die Reihe der schnellenWechsel in der Geschäftsleitungund hielt die Stellung etwa drei Jah-re lang. Allerdings ist über ihn we-nig bekannt. Fest steht nur, dass erextrem lange Nächte ermöglichte,

Charly Wierspeckers Portrait-Wand.Zu erkennen von links:Charly Wierspecker, Kim, HeinrichPricken, etwas verdeckt JuppDillmann.Im Vordergrund Michael Sag-meister, g, und Michael Küttner, d.

Klaus Doldinger als 23-jährigerim Jazzkeller (1959)

Ralf Schmitz-Mancy, etwas ver-deckt ist unter seinem PortraitJupp Dillmann zu erkennen

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man auch nicht Eingeweihte besserauf den rechten Weg locken und indie Tiefe des Krefelder Kulturlebenseinführen konnte.

In früheren Festschriften wurdeder Eindruck vermittelt, als hätteder Keller nach einigen wenigenJahren schönster und wildester Blü-te nach und nach an Attraktivitätverloren und streckenweise kaumnoch Bemerkenswertes geboten.Das mag sich in der Erinnerung ei-niger Leute durchaus so darstellen.

der Wahrnehmung der Menschen.Außerdem waren die ersten Jahrewirklich so sensationell, dass einegewisse Normalisierung danachnoch nicht unbedingt ein Abgleitenbedeutet.Unsere Recherchen haben jeden-falls ergeben, dass man unter derLohstraße auch zwischen 1961 und1967 Konzerte erlebte, um die wiruns heute noch selbst beneidendürfen. Immer wieder war der Pia-nist George Maycock mit Big Flet-chit Campbell am Schlagzeug undAli Haurand am Bass zu hören. Re-gelmäßig spielte Klaus Doldingermit seinem »Oscar’s Trio« in Form

»öffentlicher Proben«. Außerdemgastierten – Fongi’s Einfluss wur-de spürbar – das Gunter HampelQuintett, das Quintett des Trompe-ters Manfred Schoof in wahrlich zu-kunftsweisender Besetzung mitAlexander von Schlippenbach (p),Gert Dudek (sax), Buschi Nieberg-all (b) und Jacky Liebezeit (dr), fer-ner das Walter Strerath Trio mitdem Leader am Piano, DieterPetereit (b) und Peter A. Schmidt(dr, pc), sowie die Sängerin IngeBrandenburg – laut Presse-Kritik»sehr tief, sehr rau, sehr heiß, sehrdifferenziert« – mit Gunter Ham-pel (vb, fl, b-cl), Bobo Stenson (p),Victor Kaihato (b) und Pierre Cour-bois (dr).Die damals noch in Düsseldorf an-sässige Sängerin Karin Mast, heuteVorsitzende des Jazzklubs Krefeld,tauchte bereits mit der Band Cli-max auf. 1966 eröffnete Eddie Boyddie lange Reihe legendärer Blues-Musiker, die im Keller zu Gast wa-ren, und schließlich saß gelegent-lich ein schmächtiges Jüngelchenhinter dem Schlagzeug, das damalsals Page im Hotel BreidenbacherHof in Düsseldorf seine Brötchenverdiente, aber unter seiner engenUniform bereits den freiheitlichenHerzschlag der Musik spürte.Das war, bevor er bei Klaus Dol-dinger trommelte, sich dann inHamburg den City Preachers an-schloss und schließlich zum Sprech-singmeister, zum Panik-Chef unddamit zur Deutsch-Rock-Ikone avan-cierte. Die Rede ist – jaja – natür-lich von Udo Lindenberg.

Selbstverständlich hatten gleich-zeitig auch die Aktiven und die Fansdes guten alten Dixieland-Jazz wei-terhin ihr Zuhause im Jazzkeller.Ein entweder oder gab es dort ei-gentlich nie. Der »Zickenjazz«, wie

Sorgten für die richtige Stimmungam Eröffnungsabend :Die Silk Town Stompers

Karl-Heinz Uhlig spielte ebenfallsam ersten Tag, dem 10. April 1958,und nach genau 50 Jahrenam 10. April 2008 war er beimJubiläumskonzert auch wiederdabei mit seinem Klezmer-Chor»Scherele«.

man ihn am Niederrhein auch zärt-lich nennt, wobei man das WortJazz ganz deutsch mit »J« wie »Ju-bel«, »a« wie »Altbier« und »zz« wie»Tzaziki« aussprechen muss, wardurch heimische und anreisendeBands präsent.Außer der Schmackes Brass Bandjazzten die Leathertown Jazzmenaus Offenbach mit dem KrefelderTrompeter Günter Sellenath undalle nur denkbaren Gruppen undBands aus Krefeld und der gesam-ten Niederrhein-Region, von Düs-seldorf an stromabwärts bis inklu-sive der Niederlande.Es stimmt allerdings, dass die Be-gegnungen zwischen alt und neunicht immer ganz harmonisch ver-

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obwohl er vom Jazz selbst wenigAhnung hatte, vom Free Jazz schongar keine. Zu dieser Zeit ging demKeller aber oberirdisch ein Lichtauf, denn es wurde eine elektrischeAußenreklame angebracht, damit

Aber es ist ja immer so, dass sichder Reiz des Neuen mit der Zeit einwenig abnutzt – wenn auch nur in

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liefen. Mitunter fühlten sich dieTraditionalisten doch ganz schönverschaukelt, wenn’s auf der »Büh-ne« so richtig schön avantgardis-tisch zuging.Exemplarisch sei hier das Konzertvon Albert Mangelsdorff erwähnt,bei dem der schon erwähnte RalfSchmitz-Mancy plötzlich ausrastete,lautstark ein blechernes Kellner-tablett mit dem Hammer bearbei-tete und dazu schrie: »Ist die Katzeschon tot, ist die Katze schon tot?«Damit wollte er demonstrieren, aufwelcher kulturgeschichtlichen Ent-wicklungsstufe er ganz persönlichdie mangelsdorffsche Darbietungeinordnete, und demonstriertedoch etwas ganz anderes. Dasmüsste 1966 gewesen sein. DieserEklat blieb in seiner extremen Aus-formung zwar ein Einzelfall,Unwillenskundgebungen verbalerArt kamen aber durchaus öfter vor,auch mal eine Abstimmung mitden Füßen, bis sich dann doch dieErkenntnis durchsetzte, dass dieälteren und die neueren Spiel-formen des Jazz als gleichermaßenlegitim gelten und durchaus neben-einander existieren konnten. Unddie Schmackes Brass Band um denschon erwähnten Ecky Odenthalhält dem Jazzkeller schließlich bisheute die Treue und hat hier ihrer-seits ebenso treue Fans.

Auch das Kabarett war schon Mitteder 1960er Jahre im Jazzkellerzuhause, denn dort wuchsenschließlich Monika Reichmann,Kay Herbst, Gerd Rudolph, PeterMechlen und Wolfgang Heier zur»Trampelmuse« zusammen. Musi-kalisch wurden sie von keinem Ge-ringeren als Hans-Georg »Willibald«Koch unterstützt, der in diesemZusammenhang unter dem Pseud-onym »Czok« firmierte. Das kleine

kleine Ensemble ging recht eigen-ständige Wege in seinem Genre,wurde schnell bekannt und erhieltsogar eine Einladung zu den Esse-ner Kabarett-Tagen 1966. Schade,dass es sich später wieder auflöste.

Die Ära des»dicken Heinrich«

m 1. Mai 1967 nahm dannHeinrich Pricken als Ge-schäftsführer den Platz

hinterm Tresen ein und sollte der-jenige werden, der dieses Amt amlängsten innehatte und deshalb dieGeschicke des Kellers auch nachhal-tig mitbestimmte.1968 feierte man den 10. Geburts-tag des Kellers mit dem legendärgewordenen Konzert des britischenTrompeters und Sängers KenColyer.Als Heinrich nach dem Karneval1970 in Urlaub weilte, kam esnachts zum ersten Brand im Keller.Eine vergessene Kerze am Eingangmachte zum Glück nur die Fast-nachts-Deko und das Klavier un-brauchbar. Trotzdem musste wenigspäter auf Anordnung des Bau-ordnungsamts feuerschutztech-nisch nachgerüstet werden. Ein ver-heerender Brand in einem franzö-sischen Tanzlokal hatte auch diehiesigen Behörden aufgeschreckt.Und weil die Auflagen in der groß-zügig gesetzten Frist nach amtli-cher Auffassung nicht zufrieden-stellend erfüllt worden waren, wur-de der Jazzkeller vorübergehendgeschlossen, was zu einem äußersthektischen Hin und Her mit Krefel-der und sogar Düsseldorfer Amts-trägern führte, um wenigstens einlange vorbereitetes Gastspiel vonAlbert Mangelsdorff noch retten zu

Heinrichs Portrait auf der Wand imBühnenbereich, gezeichnet vonWerner Coelen

Pressebericht über die Schließungund Wiedereröffnung des Kellers1971 (WZ 20. 10. 1971)

können. Doch es half nichts, der Gigmusste kurzfristig in das ebenfallsJupp Dillmann gehörende »Dakota«verlegt werden. Das war 1971.

Zwischen 1971 und 1973 wirkte AliHaurand tatkräftig an der Pro-grammgestaltung mit, und 1973wurde der Keller auch wieder malrenoviert. Über die dabei vorge-nommenen Neuerungen lässt sichallerdings nichts mehr feststellen.Dummerweise entdeckten zu die-ser Zeit die Brauereikneipen denDixieland-Jazz wieder neu, undzwar als Durst fördernde Unterhal-tungsmusik für ein breites Publi-kum.Während das Tun der Brauereienansonsten hochlöblich ist, locktendiese Kneipen dem Keller nun dieTraditionalisten unter den Musi-kern mit doppelten Gagen und dieNostalgiker unter den Gästen mitfreiem Eintritt weg. Das machte dasWirtschaften im Gral des KrefelderJazz-Lebens nicht einfacher. Undauch Heinrich hatte seine Mucken.So mochte er keine Langhaarigen

und ließ es sie auch spüren, was zujener Zeit doch eine ganze Reihevon Leuten betraf. Und werUnalkoholisches zu bestellen ver-suchte, musste sich gelegentlichanranzen lassen: »Ich kann Dirauch zeigen, wo in Krefeld derMilchhof ist.«Schon vorstellbar, dass auf dieseWeise mancher Gast vergrault wur-de. Andererseits wahrte Heinrich

Pricken die Kontinuität, als JuppDillmann, gastronomisch längstauch in anderen Läden aktiv, hin-ter den Kulissen aber immer nochKellerinhaber, ihn verkaufen woll-te.Heinrich übernahm zum 13. 11.1975 und möbelte sein Reich bau-lich neu auf. Die ausgetretenenTreppenstufen wurden erneuert,ebenso der Fußboden. Hinter demTresen wurden richtige Regale ge-baut, der Tresen selbst wurde ver-längert und bekam statt der Mosaik-platte aus Steinchen eine Deck-platte aus Holz, und erstmals wur-den fünf richtige Tische aufgestellt.Auch aus dieser Ära ist eine stolzeReihe von Gastspielen belegt.So konnten sich die Traditional-Fans nicht nur an einheimischenBands, sondern auch an MontySunshine aus England, derStoryville Jazzband aus Amsterdamund der Old Metropolitan JazzBand aus Krakau, den Top-Stars derhochentwickelten Oldtime-SzenePolens, erfreuen.Die Freunde des Modern Jazz durf-ten nicht nur weiter regelmäßig dasGeorge Maycock Trio genießen, son-dern auch den »Frog« am Tenor-saxophon Ben Webster, die GunterHampel Group, das Marion Brown

Karnevalsstimmung mitGeorge Maycock und Ali Haurand

Quintet mit Gunter Hampel (vb),Ambrose Jackson (tp) und SteveMcCall (dr), das Jan Huydts Trio,das Albert Mangelsdorff Quartett,

die US-Sängerin Stella Banks sowieden niederländischen Hexenmei-ster an Keyboards und KlavierJasper van’t Hof. Und der KrefelderKeyboarder Ralf Hütter betrieb imJazzkeller ausführliche Grundla-genforschung für sein später inter-national erfolgreiches »Kraftwerk«.

Schon früh begannen einige Keller-kinder auch damit, gemeinsameUnternehmungen außerhalb desKellers, mitunter sogar – horribiledictu – außerhalb des Musikge-schehens zu veranstalten. Karnevalfeierte man z. B. nicht nur im Kel-ler, wovor übrigens auch Musikerwie George Maycock und Ali Hau-

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rand nicht zurückschreckten, son-dern etliche Kellerkinder nahmensamt Dixie-Kapelle 1959 und 1960auf eigenem Wagen am KrefelderRosenmontagszug teil.Ein noch eigentümlicheres Verhal-ten entwickelte eine kleine Scharvon Kellerkindern vermutlich 1973.Der Herbst brachte urplötzlich einnie zuvor gekanntes Verlangennach Glühwein mit sich, und derdurfte natürlich keineswegs im Kel-ler genossen werden. Also unter-nahmen die Freunde, ausgerüstetmit je einer Flasche Chianti, Fleischund Würstchen, am 1. Novembereine Wanderung zum Wolfsberg.Dort wurde in einem großen Kes-sel Glühwein angesetzt und dasFleisch an Reisigstöckchen überdem Feuer gegrillt. Bis ins gegen-wärtige Jahr hat sich dieser jour fix

Jazzkeller-Karnevalswagen 1959

Seltener Besuch im Jazzkeller oder: Ein Kamel kommt selten allein

Fußballspiel »Kellergeier« gegen » FC Linke Socke«

Glühweinwanderung zum WolfsbergAusflug nach Brouwershaven

gehalten, und inzwischen erfreuensich über 100 Leute – mittlerweilezwei Generationen Kellerkinderund deren Kinder – an dieser Wan-derung und Labsal.Einige erinnern sich auch an einpaar Ausflüge zu einem künstle-risch bewohnten und gestaltetenBauernhof in Anrath, dem soge-nannten Malbauern, dessen Hof lei-der irgendwann abbrannte. Wir le-gen aber Wert auf die Feststellung,dass zu diesem Zeitpunkt kein Kel-lerkind dort war.Zum sportlichen Ausgleich für dieanstrengenden Jazz- und Bieraben-de im Keller verlegte sich eine gan-ze Reihe von Stammgästen aufsFußballspielen. Auf der Stadtwald-wiese wurden die Begegnungenzwischen »Kellergeiern« und »Lin-ken Socken« unter den gestrengen

Schiri-Augen des aus Griechenlandstammenden Kellerkellners Lamboausgetragen.Dann gab es etliche hochgradig ver-gnügliche Ausflüge ins holländi-sche Brouwershaven, an denenMusiker wie die Schmackes BrassBand, die Jackpot Blues Band undKrefelds schottischer Blues-ImportMaurice Fingland teilnahmen. Die-ser konstruktiv-feuchte Beitrag zurVölkerverständigung funktionierteso prächtig, dass sich einmal diehalbe Bevölkerung von Brouwers-haven, eine Busladung von 40 Per-sonen an der Zahl, zu einem Gegen-besuch im Jazzkeller einfand, wasdem Pils- und Genever-Verbrauchin der Seidenstadt einen nie wiedererreichten Höhepunkt bescherte.Diese Ausflüge gingen später in dieregelmäßige Teilnahme vieler Kel-

lerkinder an der Sommer-Jazz-Fahrradtour bei Groningen überund finden in dieser Form bis heu-te statt.

Besonders heitere Schlagzeilenmachte der Keller 1976. Durch dieunvorsichtige Äußerung eines nör-gelnden Gastes, dass inzwischenjedes Kamel in den Keller komme,fühlte sich ein anderer, nämlich dervollbärtige Ernst Plegge, herausge-fordert: »Wenn hier mal ein Kamelreinkommt, dann spendiere ich ei-nen Hektoliter Bier!«, verkündete erbündig.Sowas muss man gestandenenNiederrheinern nicht zweimal sa-gen. Eine pfiffige Crew brachte esfertig, von einem in der Nähe ga-stierenden Wanderzirkus für einpaar Stunden ein echtes und leben-diges Kamel auszuleihen – genau-er gesagt: ein Dromedar – und mitallerlei Freundlichkeiten die langeTreppe hinab zu locken. Natürlichgab es unten ein großes Hallo, und

wie die Beweisfotos eindeutig zei-gen, amüsierte sich am Tresen auchdas Kamel ganz prächtig. Tier-schützer mussten sich jedenfallskeine Sorgen machen, denn dasDromedar wusste durchaus seineeigenen Entscheidungen zu treffen.Als ihm der Rückweg über die Trep-pe am Ende zu langsam ging, risses mit einem Satz aus der Tür sei-ne beiden Führer fast um, ver-schreckte den vor dem Eingang be-reitstehenden Pressefotografen zu-tiefst und ermöglichte so einem völ-lig unbeteiligten Passanten einenSchnappschuss, der bis heute zuden großen Zeugnissen der Krefel-der Stadtgeschichte zählt.Nun war es natürlich an ErnstPlegge, das versprochene Fass rol-len zu lassen, und so kam es zu je-ner Féte am Rheinufer, die bis heu-te auch als Kamel-Féte erinnertwird. Dafür wurde übrigens extraein Motorroller-Shuttle-Servicezum Zielpunkt eingerichtet, dennder befand sich in einem Land-

schaftsschutzgebiet, in das mannicht mit dem Auto hineinfahrendurfte.

Der Keller verlor also auch in jenenJahren keineswegs an Attraktivitätund Niveau. Allerdings wurden dieZeiträume zwischen den Konzert-Highlights nach und nach länger,und irgendwann blieben sogar diefrüher regelmäßigen gedrucktenProgramme aus.

Schließlich wollte auch Heinrichnicht mehr. Der Keller sollte wiederverkauft werden, und einigen un-entwegt treuen Stammgästen standdie Schreckensvision von einerPommes-Bude in der Lohstraße 92schon überdeutlich vor Augen, ob-wohl eine solche in einem Kellerlo-kal doch ziemlich unwahrschein-lich gewesen wäre.

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Das Triumvirat(von links: Karl-Heinz Boves, GeorgNichzienski, Michael Laumen)

ächtens daheim in ihrenBetten zwischen Panik undHeldenmut auf und ab ge-

hend, erwogen sie die unterschied-lichsten Auswege aus dem Dilem-ma und fanden sich – jeweils vonden anderen nichts ahnend – inzwei Gruppen zusammen. NähereEinzelheiten zu den Tatvorbe-reitungen seitens der beiden Ver-schwörertrupps sind nicht mehrpräzise nachweisbar.Jedenfalls war es schließlich das so-genannte Triumvirat aus Karl-Heinz Boves, Michael Laumen undGeorg Nichzienski, organisiert alsGmbH, das den Keller zum01.11.1976 erwarb und in kollekti-ver Anstrengung wieder in günsti-geres Fahrwasser bugsierte.Vermutlich waren diese drei auchdie ersten, die sich Kellergeiernannten. Ab Karneval 1977 tauchtjedenfalls die Zeichnung des Keller-geiers, so wie wir ihn bis heute vonBühne, Eingang und Aufkleber desJazzkellers kennen, auf denProgrammblättern auf. Sie ist eineSchöpfung von Karl-Heinz Boves,die später von Werner Coelen inComic-Strips wieder aufgegriffenwurde.

NDas Triumvirat der Kellergeier

Das neue Symbol des Jazzkellers,gezeichnet von Karl-Heinz Boves

Johnny Griffin

Diesmal setzte man den Hebel alserstes bei der Musik selbst an. Zu-nächst machte man vor allem denregionalen Gruppen klar, was aufdem Spiel stand, und lockte sie zu-rück auf den tiefen Boden im neu-en Zeichen des Geiers. Und mit ei-nem Info-Blatt namens „Jazette“verbesserte man die Kommunika-tion mit der Öffentlichkeit.So gelang bereits im März 1977 mitdem Gastspiel des Johnny Griffin

Quartetts wieder einer jener bisheute unvergessenen Höhepunkte,und im April 1977 mussten Dutzen-de von Leuten mit dem oberirdi-schen Teil der Lohstraße vorliebnehmen, während unten am Kla-vier Blind John Davis vor berstendvollem Haus den Blues sang.

Dabei ging dem Keller auch unterden Gästen die Prominenz bzw. dieProminenz in spe nicht aus: UweLyko, erst als Punk-Rocker, dann alsRuhrpott-Kabarettist Herbert Kne-bel bekannt, kommt heute noch insSchwärmen, wenn er sich an dasKonzert von Chet Baker erinnert.Der heute weltweit geschätzte Foto-graf Peter Lindbergh brauchte imKeller weder Models noch Kamera,und die späteren Krefelder Ober-bürgermeister Willi Wahl und Gre-gor Kathstede kamen auch mal aufein Bier herunter.

Zu trinken gab es nämlich nach wievor fast nur Altbier, und zwar ausden sonst am Niederrhein kaumüblichen Halbliter-Henkelkrügen.Die waren eine Spezialität des Kel-lers. Wer mochte, kippte dazu Kur-ze wie Korn oder Stuffkamp. Eine

Flasche Whisky dagegen hielt ewig,wenn nicht zufällig ein amerikani-scher Musiker sie niedermachte,und sonstiges gab’s nix.Früheren Chroniken zufolge solldas Triumvirat der Kellergeier üb-rigens unweit ihres unterirdischenTempels auch mal dem Herrn Jesusvon Nazareth begegnet sein. Als die-ser sie fragte: »Wer seid Ihr und wo-hin geht Ihr?«, antworteten sie ihm:»Wir sind das Triumvirat und ge-hen in den Jazzkeller, um den tota-len Jazz zu verkünden.« Daraufhinsoll sich Jesus traurig abgewandthaben. Über die wahren Ursachendafür kursiert allerdings seit 25 Jah-ren ein grobes Missverständnis. Dieunerfahrenen jungen Geier hattenden Mann nämlich für einen Absti-nenzler oder gar für einen Abge-sandten des Finanzamts gehalten.Tatsächlich aber hatte der Wande-rer bemerkt, dass es Wasser damals

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im Keller nur zum Zwecke des Spü-lens von Bier- und Schnapsgläserngab, nicht aber zum Trinken, unddass sich darüber hinaus auch kei-ne Freunde des Weins im Publikumfanden (wenn man vom einmal

jährlichen Ausrutscher der Glüh-weinwanderung einmal absieht).So sah der Nazarener keine Mög-lichkeit, sein beliebtestes Wunderin der Krefelder Lohstraße nocheinmal zu wirken, und wandte sichdeshalb so tief traurig zum Gehen.Genau das aber machte ihn kurzeZeit später nur noch viel trauriger,weil er nämlich auf diese Weise un

jährlichen Ausrutscher der Glüh-weinwanderung einmal absieht).So sah der Nazarener keine Mög-lichkeit, sein beliebtestes Wunderin der Krefelder Lohstraße nocheinmal zu wirken, und wandte sichdeshalb so tief traurig zum Gehen.Genau das aber machte ihn kurzeZeit später nur noch viel trauriger,weil er nämlich auf diese Weise un-gezählte grandiose Konzerte ver-säumte. Und die kann bekanntlichniemand mehr nachholen, dernicht beizeiten selbst dabei gewe-sen ist.

Denn Georg Nichzienski sorgte nunfür die bis dahin spektakulärstenKonzertbuchungen. Der großeTenorsaxophonist Bud Freeman,der Trompeter Benny Bailey mit SalNistico (sax), Isla Eckinger (b) undBilly Brooks (dr), das in mehrfacherHinsicht wirklich einzigartige Kon-zert von Chet Baker, die FrederikRabold Crew mit der coolen Sänge-rin Lauren Newton, die gemäßigteFree Jazz Formation »Lejimda« ausSan Francisco, Super-DrummerPete York, Pianist Abdullah Ibrahimalias Dollar Brand, ein wenn auchetwas angesäuerter, belgischer Sa-xophonist namens Jacques Pelzerund das Trevor Richards Trio sei-en als Highlights aus dem interna-tionalen Pool genannt.Außerdem der Gitarrist Attila Zol-ler, das Häns’che Weiss Quintett,Titi Winterstein und Markus Stock-hausen als überragende Größenaus Deutschland, ferner der hierzu-lande ungeheuer populäre briti-sche Folk-Musiker Colin Wilkie unddas schwarze Schaf vom Nieder-rhein Hanns Dieter Hüsch ziertendas Programm in ehedem unge-kannter Dichte.Auch trat ein noch völlig unbekann-ter Helge Schneider als Jazz-Musi-

Chet Baker

Cartoon von Werner Coelen

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Der neue Dixieland-Zug

ker im Trio auf, bevor er seine clow-neske Ader entdeckte, und natür-lich blieben auch die Krefelder Mu-siker präsent. Drummer WaldoKarpenkiel zum Beispiel beehrteden Keller mit seiner »Super-session« und mit der treffend be-nannten Formation »Glatter Wahn-sinn«.

Den passenden optischen Rahmenfür dieses extra starke Programmerhielt der Keller 1978. WernerCoelen und Frank Schäfer zauber-ten in knackigen Pop-Farben denberühmten Dixieland-Zug hintenan die lange rechte Wand, der nichtmit Rossenbachs früherem Zug-Bild verwechselt werden darf. Aufder linken Wand, zwischen heuti-gem Tresen und heutiger Bühne,prangte alsbald ein ebenso farben-frohes »Schriftbild« mit all denwunderbaren ZauberwortenSwing, Free Jazz, New Orleans,Blues, Ragtime, Boogie, Dixieland,Cool Jazz, Gospel, Bop und JazzRock.Auch auf den Rest der linken Wand,also gegenüber vom Dixieland-Zug,wurden knallige Musikmotive auf-gemalt. Außerdem rückte man denTresen an seinen jetzigen Standortund schuf den Bandstand an den

beiden Säulen, baute eine neueLüftung ein und warf auch endlichden Flipper-Automaten hinaus, dersich irgendwann – natürlich weißwieder keiner mehr, wann – ausniederen kommerziellen Beweg-gründen die Kellertreppe hinab inden Kulturtempel eingeschlichenund seitdem auch immer wiederGäste dazu verführt hatte, in stören-der Weise an ihm herumzuspielen,während die Hohepriester des Jazzihren Göttern huldigten.

Speziell das Jahr 1978 wurde übri-gens auch zu einem goldenen Jahrfür die Blues-Freunde in der Sei-denstadt. Allein in diesem Jahr tra-ten zwölf großartige amerikanischeBlues-Künstler auf, unter ihnen BigTime Sarah, Big Joe Duskin, Sun-nyland Slim, Johnny Shines undLittle Willie Littlefield.

Die spektakulären Gigs hatten aller-dings ihren Preis, und das ist ganzwörtlich zu verstehen. Zwar war esdamals wie heute so, dass die Keller-macher manch einen Act für eineGage verpflichten konnten, für dieer anderswo nicht zu haben gewe-sen wäre. Dabei half und hilft ih-nen der gute Ruf des Kellers, der andieser Stelle seiner Geschichte im-

merhin schon zwei runde Jahr-zehnte auf dem Buckel hatte. Trotz-dem überstiegen die Programm-kosten mitunter die Möglichkeitendes kleinen Hauses, und da kam dieIdee auf, einen Verein zu gründen.Ein eingetragener und als gemein-nützig anerkannter Verein genießtSteuervorteile und kann Zuschüs-se nicht nur von privaten Sponso-ren, sondern auch aus diversen öf-fentlichen Händen einwerben. Daswürde helfen.Gesagt, getan. Am 9. Februar 1979gründeten Ekkehard und Ute Heier,Günter Fongi Holthoff, Ute Kusch-ner, Michael Laumen, Harald Muer-mann, Georg Nichzienski, BarbaraPaul, Rainer Schürcks und diehochkompetente und kellertreueMusikkritikerin Dita von Szad-kowski den Jazzklub Krefeld JKKe.V. Damit wurde ein ganz entschei-dender Schritt getan, um den Jazz-keller und die ganze Stadt Krefeldals artgerechten Lebensraum fürden Jazz, seine Musiker und seineLiebhaber zu erhalten und in dieZukunft hinein zu sichern.

Fortan also gab es zwei Veranstal-ter in Sachen Jazz in Krefeld, dieaber eng miteinander verbandeltwaren und sind, was bis heute auchimmer mal wieder für kleinereoder größere Verwirrung sorgte.Zum einen gibt es nach wie vor denJazzkeller, der von seinem Pächterbewirtschaftet wird und eigene Ver-anstaltungen durchführt.Zum anderen gibt es den Jazzklub,der etliche Konzerte im Jazzkeller,aber auch andere größere Events ananderen Stätten in Krefeld auf dieBühne bringt – nicht zuletzt diewunderbaren Festivals »Jazz an ei-

nem Sommerabend“ auf BurgLinn. Zu Anfang gab es ein festge-legtes, wiederkehrendes Termin-Splitting pro Woche für die Spiel-stätte Jazzkeller: 2 Tage für denJazzkellerwirt als Veranstalter, 1Tag für den Jazzklub und 1 Tag fürMitglieder der Krefelder Musiker-initiative KMI, die sich später in derKulturfabrik KuFa ihr eigenes Fo-

rum schufen. An den übrigen dreiTagen war konzertfreier Betrieb.Natürlich wurde dieses Splittingjeweils den sich verändernden Si-tuationen angepasst, aber bis heu-te sind Jazzklub und Jazzkeller zweieigenständige organisatorischeSchultern unter ein und demselbenKopf, dem Jazz in Krefeld.

Anni und Günter übernehmenden Keller

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Günter mit beiden Hälften

»Die Jazzetten«, die Vorfahren der»Krieewelsche Pappköpp«

arallel zu dieser Entwicklunghatte auch die Bewirtung imKeller selbst gewechselt.

Auch Triumvirate halten – die Ge-schichte lehrt es schon – nichtewig, und deshalb bedeutete dasKürzel GmbH ab sofort: »Güntermit beiden Hälften«, denn Günterund Anni Kirchmeyer übernahmenden Zapfhahn 1978, während derJazzklub weiterhin das Musikpro-gramm betreute.

Zehn Jahre und fünf Monate führ-ten die Kirchmeyers den Jazzkeller,wenn auch anfangs mit wenig Ah-nung von Musik. Besonders Annimusste da harte Erfahrungen ma-chen, über die sie später selbst herz-lich gewitzelt hat. Vergeblich warenauch ihre vorübergehenden Versu-che, dem Kellerpublikum die fei-nen Manieren edler gastronomi-scher Etablissements beizubringen.Solche Einschränkungen ihrer Ge-mütlichkeit wollten sich die Keller-kinder natürlich nicht auferlegenlassen.Und 1981 gelang ihr auch der Alp-traum jedes Veranstalters, eineDoppelbuchung, wobei man aller-dings mildernd hinzufügen muss,dass auch der Jazzklub daran nichtunschuldig war. So erschienen das

P Martin Müller Trio mit brasiliani-schem Gitarren-Jazz und dasWütrio, eigentlich ein Quartett ausWürzburg, zum gleichen Abend,und da keiner von beiden von sei-nem Vertrag zurücktreten wollte,mussten sie sich den Gig notge-drungen teilen. Dita vonSzadkowski berichtete dann in derWestdeutschen Zeitung, dass gera-de dieser Umstand besonders reiz-voll gewesen sei. 1983 gab es auchnoch mal ein Feuer im Jazzkeller,zum Glück jedoch wieder ohneernsthafte Schäden. Wie sonst hät-

te es dazu kommen können, dasssich ein besonders eifriger undreinlicher Gast daran versucht ha-ben soll, die Bierdeckel vom Ruß zureinigen.

Pleiten, Pech und Pannen warenaber keineswegs das hervorstechen-de Merkmal der Ära Kirchmeyer.Gleich das Jahr 1978 ragt mit einembesonders schönen Ereignis her-aus. Karl-Heinz Boves, der vom Tri-umvirat, und sein Freund RolfKochann brüteten – vermutlich zutraditionell-jazzigen Klängen – einneues Theater-Ei aus, das schonbald unter dem Namen Krieewel-sche Pappköpp Furore machen soll-te. Dabei schuf Boves als eine derersten Marionetten auch einen Kel-lergeier nach seiner bis heute un-sterblichen Zeichnung.Jedenfalls fanden im Juni 1979 zweiauf ganz eigene Weise denkwürdi-ge Abende im Jazzkeller statt: DieKrieewelsche Pappköpp gaben ihreerste große Vorstellung im unterir-dischen Nest des Geiers und sind

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seitdem aus der Seidenstadt nichtmehr wegzudenken, und im selbenMonat fand dort eine Versteigerungvon Jazz-Memorabilien zugunstendes lungenkranken SaxophonistenBobby Jones statt.

Zwei putzige Kuriositäten bescher-te das Jahr 1980. Im Juli wieherteerst mal heftig der Amtsschimmel.Eigentlich ging es nur um eine sim-ple Konzessionsverlängerung, dochbesagtes Pferd forderte einer plötz-lichen Inspiration folgend dazu auf,eine Erlaubnis einzuholen, »ge-werbsmäßig Tanzvorführungen(Ballet, Kostüm- und Schönheits-tänze, Striptease), Schaustellungenvon Personen (Artistik, Komik) undGesangsdarbietungen zu veranstal-ten, ohne dass dabei ein höheresInteresse der Kunst oder Wissen-schaft vorliegt.«Nicht nur den Beamten unter denKellerkindern – und solche gab undgibt es durchaus – blieb schleier-haft, welche bewusstseinszerrei-ßende Substanz die Amtspersonwohl zu sich genommen habenkönnte, bevor sie diese Aufforde-rung auf den Weg brachte. In jedenFall beflügelte das Papier auch dieRheinische Post zu satirischenÜberlegungen, wie das Programmdes Jazzkellers zukünftig wohl aus-fallen und beim Publikum ankom-men könnte. Von ganz anderemKaliber war da ein Inserat im Stadt-anzeiger aus dem August. Da freu-ten sich die Stammgäste über dieGeburt von Jessica, dem Töchter-chen des schon erwähnten MauriceFingland und seiner Doro, und ver-kündeten – wie zur Antwort anden Amtsschimmel – die Absicht,das Baby im Jazzkeller zu taufen,mit Altbier versteht sich.

»Jazz meets Striptease«(RP 29. 7. 1980)

Und musikalisch? Auch in dieserHinsicht bescherte die Ära Kirch-meyer, natürlich stark vom Jazz-klub mitgeprägt, dem Publikumviel Freude.Lajos Dudas, das ungarische Klari-netten-Wunder mit Wohnsitz inNeuss, der schon in jungen Jahrensehr erfolgreiche Pianist ChristophSpendel mit seinem Quartett, derDüsseldorfer Gitarrist Ali Claudimit seinen New Four und seineKollegen John Scofield, Jan Acker-

John Scofield im Jazzkeller

mann und Michael Sagmeister mitihren Trios boten tolle Konzerte.Die Blues- und Boogie-Helden BigJoe Duskin und Champion JackDupree und ihre großartige Kolle-gin Katie Webster ließen’s nicht nuram Piano rollen und Eddie Harris,der Mr. Funk an diversen Blasin-strumenten, wurde an den Tastenzwar nicht von Les McCann, dafüraber von Ron Williams begleitet.Star-Posaunist Ray Anderson kamzum ersten Mal, mit der GruppeBassDrumBone, außerdem sorgtenwieder Jasper van’t Hof, der großeCharlie Mariano, das Milan Svo-boda Quartett aus Prag, die engli-schen Top-Vokalistinnen MaggieNichols & Julie Driscoll mit demPianisten Keith Tippet und nochein Gitarrist, nämlich PhilipCatherine, für Klangerlebnisse, dieim Gedächtnis blieben.Gleich zweimal, nämlich 1981 und1984, ließ auch Bireli Lagrene imKeller sämtliche Münder weit offenstehen. Gerade 14 Jahre war derWundergeiger beim ersten Mal altund schien doch schon alles in denSchatten stellen zu wollen, was bisdahin Sinti-Swing gefiedelt hatte.

Die Kellerhexen Bärbel und Karin

N atürlich wurden auch der25. Geburtstag 1983 undder 30. Geburtstag 1988 ge-

bührend gefeiert, doch dann hattevor allem Anni den Wunsch, denUnter-Tage-Betrieb wieder gegeneine oberirdisch angelegte Gastro-nomie einzutauschen. Und da sieihre Schwester Bärbel Zimmer-mann, heute Sukatsch, und derenFreundin Karin Walter, heute Lett-mann, bereits vorausschauend ein-gearbeitet hatte, vollzog sich derÜbergang diesmal mit geradezu lo-gischer Selbstverständlichkeit.Es hatte schon immer zu den her-vorstechenden Eigenschaften derJazzkeller-Atmosphäre gehört, dassFrauen, auch wenn sie ohne Beglei-tung kamen, hier keine ungebete-ne Anmache zu befürchten hatten.So rief auch der Übergang des Kel-lers in weibliche Leitung keinerleiunschöne Reaktionen hervor.Die beiden Kellerhexen, wie sie sichselbst nannten, konnten gleich anihrem ersten Abend einen tollen Er-folg für sich verbuchen. Obwohl imSeidenweberhaus immerhin dieDubliners spielten, im Keller dage-gen die völlig unbekannte BandAbakuya (nicht zu verwechseln mitder gleichnamigen afrikanischenPercussion-Band von heute), warder Keller rappelvoll, und es wur-de eine lange und stimmungsvolleNacht.Überhaupt kam es öfter vor, dassdas Stichfass eigentlich schon abge-räumt war und dann doch nochmal auf den Tresen gestellt werdenmusste, weil späte Gäste den Abendsozusagen noch mal von vorne be-gannen. Und wenn man von einpaar Verirrten absieht, die sich un-mittelbar nach dem Mauerfall nochnicht zurechtfanden und den Unter-

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Dave Holland

grund der Lohstraße für einen Orthielten, an dem sie schlechte Manie-ren üben konnten, so herrschte beiBärbel und Karin stets Wohlfühl-Klima. Es gab sogar eine treue Trup-pe Düsseldorfer Flüchtlinge, diejahrelang ihren Rosenmontag lie-ber im Jazzkeller Krefeld verbrach-te als in der Landeshauptstadt.Besonders Bärbel wurde zeitweiligso etwas wie die Mutter der Kom-panie, bei der vor allem die jünge-ren Gäste mitunter auch mal ihrHerz ausschütteten, und Bärbel ließsich auch für die Kinder der Keller-kinder etwas einfallen. Die erste Ak-tion war eine Aufführung des Mär-chens »Schneewittchen« mit denKindern für die Kinder, die wegendes großen Erfolgs sogar wiederholtwerden musste. Es folgten Kasper-le-Spiele, und sogar die Geschichtevon Asterix & Kleopatra brachtendie Kids auf die Kellerbühne.Ihr Programm bestritten Bärbelund Karin gern mit regionalen odernoch nicht so bekannten Künstlernund gönnten sich und dem Publi-kum die Besinnung darauf, dassnicht nur große Namen tolle Kon-

zerte bescheren. Trotzdem gab esauch in ihrer Ära – und immer imTandem mit dem Jazzklub – Starsund Stars in spe im Keller, die mannicht vergisst. So begeisterte derGitarrenvirtuose Uwe Kropinskiaus der DDR mit seiner aus Klassikund Jazz gespeisten Kunst. DieHamburger Blues-Sängerin Susan-ne Eisen räumte mit ihrer BandPhonus Balonus ab. Das kanadischeFrauenquartett »Wondeur Brass«wurde männlicher- und weiblicher-seits zwar als recht aggressiv, aberauch als interessant empfunden.Der Jazzklub feierte sein 10. Jubilä-um mit dem israelischen Klarinet-tisten Harold Rubin, dem indiani-schen Saxophonisten Jim Pepperund Christoph Spendel. Das Klee-blatt Jim Snidero (sax), Tom Harrel(tp), Reggie Johnson (b) und LouisHayes (dr) brachte Hard Bop ausNew York, unterstützt von dem Pia-nisten Roberto Di Gioia, und dreijunge Krefelder, nämlich PabloParedes (p), Fritz Roppel (b) undHans Georg Leven (dr), bewährtensich als Sidemen für die Saxophon-Legende Cecil Payne. Als Al Grey,der große alte Mann der Posaune,die Seidenstadt beehrte, drängeltensich die Fans wieder mal bis auf dieTreppe, und auch das Duo Schorn& Puntin sowie die »Pata Horns«hinterließen Eindruck. Das Konzertvon Dave Holland im Dezember1995, ganz allein an seinem Bass,gilt vielen Zeitzeugen bis heute alseins der besten, die der Keller inseiner gesamten Geschichte je er-lebt hat.

Bärbel – Mutter der Kompanie

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Zu Zeiten von Bärbel und Karinnahm auch ein für den Keller neu-es Phänomen seinen Anfang. Zwarhatte es kleinere Konzertreihenschon insofern gegeben, als dassman mehrere Konzerte unter eineninhaltlichen Oberbegriff gestellthatte, einen Schwerpunkt mit Sän-gerinnen zum Beispiel. Kontinuier-liche Reihen über Jahre hinwegaber hatte es seit den legendären Di-xieland-Frühschoppen-Sessionsnicht mehr gegeben. Sessions abersind integraler Bestandteil einesJazzlokals. Und so rief der Jazzklubim Mai 1991 die einmal monatlichstattfindende »Jazz-Session« ins Le-ben. Sie soll vor allem jüngerenMusikern ein Forum bieten, aufdem sie, Seite an Seite mit Älteren,Erfahrungen im gemeinsamen Im-provisieren sammeln können. Ab1994 kam einmal pro Jahr die »Kre-felder Jazznacht« hinzu, in der sichKrefelder Gruppen mit besonde-rem Profil präsentieren. 1996 hobMartin Engelien im Keller die Rei-he »Go Music« aus der Taufe, umvor allem dem jungen Publikumauch namhafte Pop-Künstler mal sohautnah zu bringen, wie sonst nir-gendwo. Ähnliches tut seit demsel-ben Jahr Michael Mertens mit sei-ner »Funk Aua«, nur, dass er sichnicht auf die Rock- und Pop-Musikallgemein bezieht, sondern nur Mu-siker einlädt, die sein funky feelingmithalten können.

Seit 1997 leiten Axel Fischbacherund Stefan Rademacher ihr Projekt»Jazzattack«, im Düsseldorfer»Downtown« kreiert und in denJazzkeller umgesiedelt, als Labora-torium für Improvisatoren des zeit-genössischen Jazz. All diese Reihensind auch heute noch fester undlebendiger Bestandteil des Musik-Programms in der Lohstraße.

Jazzattack, die ursprüngliche Besetzung mitFrank Kirchner, Axel Fischbacher, Stefan Rademacher und Kurt Billker

Aber auch der Zeitraum, den zwei»Hexen« wie Bärbel und Karin un-ter Tage aushalten, ist begrenzt.Vielleicht liegt es auch nicht an denRäumlichkeiten, sondern daran,dass Jazz eben kein Tralala ist, son-dern mitunter recht anstrengendwerden kann. Und die Jazz-Fanserst! Mehr noch als andere Musik-publikümer fühlen sie sich irgend-wie auch selbst als Künstler undsind es oft genug auch, wie die lan-ge Reihe aktiver und unvergessenerKellerkinder beweist. Unsere bei-den Wirtinnen aber begründetenihren Rückzug sowohl sehr weib-lich als auch sehr diplomatisch.Nachdem Karin Mutter eines süßenTöchterchens geworden war undBärbel nicht alleine weitermachenwollte, zogen sich beide aus ihremReich hinter der Theke zurück undreichten die Stafette weiter.

o schlug im Mai 1995 dieStunde von Douglas Willcox,und er übernahm das Geier-

nest mit viel Respekt vor dessen lan-ger Geschichte einerseits und vie-len neuen Ideen eines jungen Man-nes andererseits.

Wie wohlbegründet sein Respektwar, konnte er besonders zum 40.Kellergeburtstag erleben, der auchnoch vom darauffolgenden 20. Ju-biläum des Jazzklubs verstärkt wur-de. Kein Geringerer als AlbertMangelsdorff gab sich da mit sei-nem Percussion Orchestra die Ehre,und unter dem Band-Namen»BassDrumBone« flog in den Perso-nen von Ray Anderson (tb), Mark

Douglas kommtaus dem Takt

S

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Helias (b) und Gerry Hemingway(dr) wieder einmal New Yorker Jazz-Adel ein. Auch die Charlie MarianoGroup und das Jasper van’t HofTrio ließen es sich nicht nehmen,im Rahmen der Festkonzertserieaufzutreten.Ebenfalls dabei: Jazzattack, die Kre-felder Blues-Gruppe Spoonfull unddie Creinfeld All Stars. Bei späterenGelegenheiten verzauberte JiriStivin wieder einmal das staunen-de Publikum auf seinem uner-schöpflichen Arsenal von Flöten,

und „Autofab“ profilierten sich lautund experimentell. Unter dem Na-men »Zabriskie Point« boten RupertStamm, der mit vier Klöppeln aufzwei Vibraphonen spielte, JohannesGunkel (b) und Jochen Krämer (dr)einen bejubelten Abend vollerspannender Gegensätze. Das Berli-ner Quartett »Yakou Tribe«, wieder-um mit Gunkel am Bass, improvi-sierte über eingängige Melodien,aber entschlossen gegen den Strich,und auch das New Yorker KleeblattMichael Jefry Stevens (p), Herb Ro-

bertson (tp), Joe Fonda (b) undHarvey Sorgen (dr) begeisterte dasPublikum. Außerdem bildeten diezwischen 1991 und 1997 ins Lebengerufenen Reihen weiterhin festeSäulen der Programmgestaltung.

Wenn man auf das Konzertangebotder Jahre 1995 bis 2006 zurück-schaut, sollte man übrigens nichtvergessen, dass die von der Bundes-regierung Kohl 1996 eingeführtesogenannte Ausländersteuer einHindernis für Live-Musik-Veranstal-ter geschaffen hatte, das zu Verwer-fungen im gesamten Jazz-, Blues-,Folk-, Rock- und Pop-Musikgesche-hen in Deutschland geführt hat.Die kleinen Veranstalter waren na-türlich besonders hart betroffenen,aber auch große wie Marcel Avramstolperten über diesen Fallstrick,der besonders in seiner Verzah-nung mit der Mehrwertsteuer eineso komplexe Lage schuf, dass selbstSteuerfachleute nicht mehr zuver-lässig durchblickten. Und spätereÄnderungen an diesem Gesetz,nicht zuletzt von der EuropäischenUnion eingefordert, haben die Si-tuation kaum erleichtert.Die Konzertlandschaft in Deutsch-land, soweit sie ausländische Actsbetraf, wurde dadurch spürbar är-mer. Und zusätzlich ließen die At-tentate vom 11. September 2001 dieBereitschaft amerikanischer Künst-ler, ein Flugzeug zu besteigen undgar über den großen Teich nachEuropa zu fliegen, für einige Jahrenoch einmal deutlich sinken.

Darüber hinaus aber zeigte auchWillcox selbst in manchen Dingeneine unglückliche Hand. Vor allemmit seinen Disco-Abenden vergraul-te er gutes Publikum und zog statt-dessen Gestalten an, die kaum aufGegenliebe stießen. Und damit ging

Bärbel übergibtan Douglas (WZ 3. 5. 95)

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natürlich ein atmosphärischer Ver-lust einher, der nach und nach aufden Keller als Institution abfärbte.Schließlich ging sein Konzept auchfinanziell nicht mehr auf, und ermusste den Jazzkeller 2006 schlie-ßen.Das war nun in der Tat ein Novumin der Geschichte des Gemäuers,und für die Kellerkinder, die teilsvon der ersten Stunde an, teils seitden 1960ern, in jedem Fall aberschon etliche Jährchen dabei gewe-sen waren, ein schmerzhafter Ein-schnitt.

Aber die Götter und Göttinnen desJazz – jawohl, es gibt sie! – hattenwenig Lust, sich ihren traditionsrei-chen Tempel am Niederrhein, ihrenheiligen Gral in der Seidenstadt somir nichts, dir nichts aus den Hän-den gleiten zu lassen. Und außer-dem: Wofür hatten sie schließlichihren Ritterorden, den Jazzklub?!

Die Neuen: Jeanette und Bernard

o begab es sich also im Au-gust 2006, dass Bernard Bosilund Jeanette Wolff, nur we-

nige Wochen nach der Schließung,als neue Wirtsleute den Jazzkellerwieder aufschlossen. Die beidenwussten genau, was sie taten, kann-ten sie doch den Keller schon seitvielen Jahren. Bewandert auf meh-reren Feldern der Musik und so-wohl gastronomisch als auch kauf-männisch vollwertig ausgebildetund bereits sturmerprobt, fühltesich Bernard auch bestens vorberei-tet, und mit Jeanette wusste er eineFrau an seiner Seite, die nicht nurherzhaft zupacken und bei den Gä-sten den richtigen Ton treffen kann,sondern ihrerseits viel Erfahrungaus Gastronomie mit Live-Musikmitbrachte. So machten sich die bei-den frisch ans Werk und holten erst

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SNeustart mit BmW: Bosil mit Wolff

mal nach, was in den letzten Jahrenversäumt worden war. Eine gründ-liche Entrümpelung und Reinigungder Räumlichkeiten war erstes Ge-bot. Die Erneuerung der Lüftungs-und Heizungsvorrichtung, die Sa-nierung der Toilettenräume undder Einbau eines neuen Sound-Equipments mit zeitgemäß gutemKlang waren weitere Schritte.Aus dem Raum rechts hinter derBühne wurde eine richtige kleineMusikergarderobe, und der Bühneselbst spendierten sie – wenn aucherst nach längerem Hin und Her –eine neue Beleuchtung.Bei soviel Eifer ließ sich auch derJazzklub nicht lumpen und sorgtevermittels einiger Fundraising-Kon-zerte und dank guter Kontakte zuSponsoren dafür, dass auf der Säu-le, die immer den Blick aus demvorderen Raum auf die Bühne ver-stellt hatte, ein großer Flachbild-schirm angebracht werden konnte.Zwei kleine Videokameras sendennun ihre Aufnahmen dort hinein,sodass man auch von Eingang undTheke aus den Musikern auf demBandstand zuschauen kann.

Doch das sind nur die großen undsichtbaren Veränderungen. Auchdas Angebot am Tresen wurde ver-bessert und viele andere Kleinigkei-ten, die erst mal viel Arbeit erfor-dern, aber dann in der Summe vielausmachen für das Wohlbefindender Gäste. Sogar für den hungrigenMagen ist jetzt gesorgt.

Und siehe da, es sprach sich herum,dass in dem geliebten und wehmü-tig vermissten Kellerschlauch unterder Lohstraße wieder ein guterGeist weht und fleißige Hände wir-ken. Die alten Stammgäste kehrten

nach und nach zurück und die jün-geren auch. Und es gab ja auch wie-der tolle Konzerte. Das Tribute ToGerry Mulligan z. B. und viele ge-lungene Sessions des Jazzattack, ge-krönt vom grandiosen Konzert zum10. Geburtstag dieses Projekts.Gleich zweimal binnen wenigerTage gastierte der Super-DrummerWill Calhoun im Keller, einmal imAll-Star-Trio mit David Gilmore (g)und Victor Bailey (b) und einmalmit seiner Band »Native Lands«, dieviele noch viel toller fanden. Hinzukamen die lebhaften Nächte der »GoMusic« und der »Funk Aua« sowieder Dauerbrenner »Turlitawa Shut-ka«. Und auch Krefelds Kabarett-und Comedy-König Volker Diefesmachte sich heimisch in der Loh-straße mit seinem Programm »Ho-tel Mama« und dem von ihm initi-ierten »Comedy Club«.

Und weil es den Göttern ein Wohl-gefallen war, sorgten sie auch dafür,dass der Neustart des Kellers unterdem günstigen Stern eines generel-len Auftriebs für die Live-Musikstand und steht. Die CD als Ein-kommensfaktor der Musiker nimmtab, schon deshalb gehen sie wiederöfter auf die Bühne, und auch dasPublikum, besonders das junge,entdeckt wieder den prickelndenReiz, wenn die Musik ganz konkretdirekt vor ihren Augen gemachtwird.

Seit Bernards und Jeanettes Über-nahme erlebte der Jazzkeller auchnoch die Geburt dreier neuerKonzertreihen: Ende 2006 begann»Andy Pilger’s Funky Friday«, eineReihe, in der Rock- und Pop-Musi-ker improvisieren. 2007 starteteAxel Fischbacher »Guitars Only«,um sich einmal im Monat vor Zeu-gen mit einem Gitarrenkollegen zu

Volker Diefes

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duellieren, und der Jazzklub rief die»Beginners’ Session« unter der Lei-tung von Isolde Schmalbach insLeben, die in ihrer Konzeption der»Jazz-Session« sozusagen vorgeschal-tet ist, denn hier soll der Nachwuchsüberhaupt erst mal auf die Bühnegelockt werden, bevor er sich an diegroße Herausforderung des Impro-visierens wagt.

Ein ausverkaufter, mit Menschen inHochstimmung drängelig vollerKeller war bis zum Ende des Jahreswieder eine Erfahrung, die man re-gelmäßig machen konnte, und sowaren die Macher bestens gerüstet,um aus dem 50. Geburtstag des Jazz-kellers nicht nur ein Jubiläum, son-dern ein ganzes prächtiges Jubel-jahr zu machen. Für den Jazz imengeren Sinne hatte man sich vor-genommen, einige internationaleStars noch einmal einzuladen, dieschon in früheren Jahren die Loh-straße zum Ort regelrechter musi-kalischer Offenbarungen gemachthatten. Und tatsächlich folgten diegroßen Namen gern noch einmal

dem Ruf der Kellerkinder. Im Janu-ar kam der Saxophonist AbrahamBurton, ein legitimer Erbe der un-sterblichen Bepob- und Hard-Bop-Heroen. Nur einen Tag nach derbombastischen Geburtstagsféte mitvielen Krefelder Künstlern wie derSchmackes Brass Band, Karl-HeinzUhlig mit »Scherele«, Elfi Coenders,Karin Mast, Jochen Grässel, WaldoKarpenkiel und zahllosen Session-Musikern kam Klaus Doldinger (ts)mit Manfred Schoof (tp), WolfgangSchmid (b) und Obi Jenne (dr) undbrachte sogar den Pianisten undKeyboarder Wolfgang Dauner mit,der damit in seiner und des Jazzkel-lers Geschichte eine Lücke schloss.Denn bis zu jener Nacht war Daunerder einzige deutsche Jazzmusikerseiner Größenordnung, der tatsäch-lich noch nie in der Lohstraße auf-getreten war.Es folgten der Tastenvirtuose Jaspervan’t Hof, der hier schon zur »Fami-lie« gehört, und Star-Posaunist RayAnderson mit Lonnie Plaxico (b),Bobby Previte (dr) und dem Trom-peter Lew Soloff, der seinerseitsauch schon mal im Keller gastierthatte. Diese Vier begeisterten mitihrer genialen Verzahnung von NewOrleans, Bebop und Free. DieSchmackes Brass Band und dieKrieewelschen Pappköpp begossennoch einmal gemeinsam die Ge-burtsstätte von Matthes & Co., undauch zu dieser Veranstaltung konn-te wieder einmal nur mit größterMühe verhindert werden, dass dasGerangel um Eintrittskarten zu Aus-schreitungen führte.

Ergänzend zu den Jubiläums-High-lights waren so herausragendeBands wie das Frederik KösterQuartett und die Purple Sex Headszu genießen, und während dieseZeilen geschrieben werden, freuen

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sich die Kellerkinder noch auf dieFestkonzerte mit OREXIS Rebirthim September, Jiri Stivin & Ali Hau-rand im Oktober, Uwe Kropinski,David Friesen und Günter »Baby«Sommer im November und auf dieRückkehr des alten KellerkindesSiggi Busch im Dezember. EinenTag nach Nikolaus wird Siggi BuschWilhelm Busch singen und außer-dem mit dem Gitarristen ManfredDierkes im Duett konzertieren.

Was für ein Jubeljahr! Was für einhalbes Jahrhundert! Und da nie-derrheinische Kellerkinder be-kanntlich keine halben Sachen ma-chen, haben sie die ersten Pläne fürdie zweite Hälfte bereits in Angriffgenommen. Denn immerhin wirdder Jazzklub Krefeld anno 2009auch schon 30 Jahre alt.

Hier auf einer letzten Seite zudiesem Kapitel Fotos mit Musikernaller Festkonzerte einschl. derer, dieab September bis Dezember nochstattfinden?Fotos haben Mojo und ich.

Würde m. E. gut zu dem Satz“ Was für ein Jubeljahr!“ passen..

Von oben links nach rechts: Klaus Doldinger, Abraham BurtonJasper van’t Hof, Ray Anderson, Al Foster