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Klaus Donndorf – Vorlesungsnotizen Vorlesung: Von Stadtstaaten , Bünden und großen Reichen – Prof. Dr. Peter Funke 59 Die Notizen zur 7. Sitzung hat mir wieder Herr Duibjohann freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Von Stadtstaaten, Bünden und großen Reichen Peter Funke 7. Sitzung – 09.12.2009 -- Notizen III. 4.1. Der Kriegszug des Xerxes Im Jahr 481 v. Cr. waren die Vorbereitungen des Xerxes für seinen Feldzug gegen die griechischen Poleis (die „Griechen“) abgeschlossen. Der Athoskanal war fertig gestellt, die Vorratslager für das Landheer in Thrakien und Makedonien angelegt und das Landheer konnte über die Brücke zwischen Abydos und Sestos den Hellespont überqueren. Bei realistischer Einschätzung der Lage hatten die Griechen wenige Chancen, sich gegen das riesige persische Landheer und die Übermacht der persischen Flotte zu behaupten; sie waren den Persern zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Die griechische Taktik gegen die Übermacht bestand ausschließlich darin, eine Möglichkeit zu finden, das Riesenaufgebot der Perser zu Lande und zu Wasser aufzuhalten; nur – an welcher Stelle? Die erste Idee war, die Perser im Tempe-Tal aufzuhalten; dieses Tal ist an seiner engsten Stelle nicht einmal einhundert Meter breit und die strategisch wichtigste Verbindung von Makedonien in die Thessalische Tiefebene. Diesen Plan gaben die Griechen jedoch bald wieder auf, da es zwar der wichtigste, aber nicht der einzige Zugang nach Thessalien war und damit umgangen werden konnte. Die Griechen besetzten dann die Thermopylen, den Engpass zwischen dem Kallidromos Gebirge und dem Golf von Mali. Die Situation hier war strategisch noch günstiger, da es für die Perser einen doppelten Engpass auf dem Weg nach Attika gab 1. für das Landheer die Thermopylen 2. für die Flotte die Meerenge am Kap Artemision an der Nordspitze von Euböa

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Die Notizen zur 7. Sitzung hat mir wieder Herr Duibjohann freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von Stadtstaaten, Bünden und großen Reichen

Peter Funke

7. Sitzung – 09.12.2009 -- Notizen III. 4.1. Der Kriegszug des Xerxes Im Jahr 481 v. Cr. waren die Vorbereitungen des Xerxes für seinen Feldzug gegen die griechischen Poleis (die „Griechen“) abgeschlossen. Der Athoskanal war fertig gestellt, die Vorratslager für das Landheer in Thrakien und Makedonien angelegt und das Landheer konnte über die Brücke zwischen Abydos und Sestos den Hellespont überqueren. Bei realistischer Einschätzung der Lage hatten die Griechen wenige Chancen, sich gegen das riesige persische Landheer und die Übermacht der persischen Flotte zu behaupten; sie waren den Persern zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Die griechische Taktik gegen die Übermacht bestand ausschließlich darin, eine Möglichkeit zu finden, das Riesenaufgebot der Perser zu Lande und zu Wasser aufzuhalten; nur – an welcher Stelle? Die erste Idee war, die Perser im Tempe-Tal aufzuhalten; dieses Tal ist an seiner engsten Stelle nicht einmal einhundert Meter breit und die strategisch wichtigste Verbindung von Makedonien in die Thessalische Tiefebene. Diesen Plan gaben die Griechen jedoch bald wieder auf, da es zwar der wichtigste, aber nicht der einzige Zugang nach Thessalien war und damit umgangen werden konnte. Die Griechen besetzten dann die Thermopylen, den Engpass zwischen dem Kallidromos Gebirge und dem Golf von Mali. Die Situation hier war strategisch noch günstiger, da es für die Perser einen doppelten Engpass auf dem Weg nach Attika gab

1. für das Landheer die Thermopylen 2. für die Flotte die Meerenge am Kap Artemision an der Nordspitze von

Euböa

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Thermopylen Diese Engstelle wurde von den Spartanern unter ihrem König Leonidas besetzt und verteidigt. Durch den Verrat des Ephialtes von Trachis konnten die Perser den Pass umgehen und die Griechen von hinten angreifen. Die Griechen gerieten so zwischen die Fronten, und nach Herodot fielen in der Schlacht viertausend Griechen, darunter dreihundert Spartaner mit ihrem König Leonidas.

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Für die Verteidiger wurde ein Denkmal errichtet; es trug nach der Überlieferung eine Inschrift, die Friedrich Schiller wie folgt übertrug:

„Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.“

Kap Artemision Die Schiffsroute von Norden nach Attika und Athen verlief in der damaligen Zeit wegen der schwierigen Navigation und gefährlichen Wetterbedingungen nicht östlich an Euböa vorbei, sondern westlich der Insel durch den Golf von Euböa ( auch heute noch nehmen Segler lieber die „innen“ liegende Route). An der Nordspitze von Euböa, am Kap Artemision (das seinen Namen einem oben auf dem Berg errichteten Artemistempel verdankt), hatte sich die griechische Flotte versammelt. Die persische Flotte lag gegenüber, östlich der Halbinsel Magnesia. Auf dem Weg vom Kap Artemision nach Süden lag eine gefährliche Engstelle bei Chalcis, eine „Mausefalle“. An dieser Stelle war es möglich, den Seeweg völlig zu sperren. Bei einem schnellen Vormarsch der Perser und einer langsamen Fahrt der griechischen Flotte hätten die Perser hier den Griechen den Rückweg abschneiden können.

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Doch die Schlacht bei den Thermopylen dauerte so lange, dass die griechische Flotte ihren Stützpunkt am Kap Artemision noch rechtzeitig verlassen und sich durch den Golf von Euböa nach Salamis, gegenüber von Athen, zurückziehen konnte. Durch den Sieg bei den Thermopylen war für das persische Landheer der Weg nach Mittelgriechenland und Athen offen. Die Athener verließen ihre Stadt und flüchteten nach Ägina und nach Troizen auf der Peloponnes. Zentrale Orte in der Phokis werden zerstört, ebenso Teile Attikas. Im Winter und im folgenden Jahr werden die Akropolis und das von ihren Bewohnern verlassene Athen völlig zerstört. Ex.: Reste des zerstörten Athenatempels verbauten die Athener später in der Nordmauer der Akropolis als Mahnmal für die Perserkriege; es war ein Teil der in der Klassik beginnenden Ideologie der Perserkriege. Der „Perserschutt“ bedeutete eine Wende in der griechischen Geschichte; hier setzt man den Beginn der klassischen Zeit an.

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Salamis

Nach der Niederlage bei den Thermopylen und der Besetzung Attikas und Athens durch die Perser gab es unter den Griechen eine kontroverse Debatte über das weitere Vorgehen; die Spartaner wollten an den Isthmos bei Korinth zurückkehren, um die Perser spätestens dort vor einem Einmarsch auf die Peloponnes aufzuhalten; Der Athener Themistokles suchte die Entscheidung in einer Seeschlacht bei Salamis; er vertraute auf die Stärke der griechischen Trieren. Herodot berichtet ausführlich über die Schlacht – Kurzfassung:

Die Griechen erringen einen überzeugenden Sieg gegen die Perser. Teile der persischen Flotte ziehen sich zurück an die kleinasiatische Küste bei Mykale. Das persische Landheer zieht nach Böotien, wo es den Winter verbrachte. Zu Lande stehen sich jetzt zwei in etwa gleich starke Kontingente gegenüber. Im Sommer 479 kommt es zur entscheidenden Schlacht bei Plataiai; die Perser unter Mardonios werden von den Griechen/Spartanern unter Pausanias (Helenenbund) entscheidend geschlagen und ziehen sich zurück nach Persien.

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Zeitgleich verfolgte die griechische Flotte die Perser – erst nur bis Delos - und besiegte die persische Restflotte bei Mykale. Dieser Vorstoß über die Ägäis hinweg markiert einen Wendepunkt in der Politik des Helenenbundes – man war von der Defensive in die Offensive übergegangen. Die politische Zielsetzung des Hellenbundes wird hinterfragt; die griechischen Poleis auf den Ägäisinseln drängen nun in den Bund, wollen hier Sicherheit (nachdem sie bisher persisch orientiert waren); es gibt innerhalb des Bundes eine Zerreißprobe, denn – will man diese Erweiterung? Auf der anschließenden Samos – Konferenz zeigten sich ganz unterschiedliche Auffassungen der Bündnispartner. Sparta war gegen ein weiteres militärisches Engagement, die jonischen Griechen sollten ins Mutterland zurückkehren. Athen dagegen trat energisch für den Erhalt der jonischen Griechenstädte ein IV. Die Pentekontaëtie (479 – 431 v. Chr.)

1. Die Neuformierung der Mächtekonstellation in der griechischen

Staatenwelt in 70er und 60er Jahren

Die Siege der Griechen bei Plataiai und Salamis sind nicht das Ende der Perserkriege; die Auseinandersetzungen mit der persischen Großmacht bleiben ein Thema während des gesamten 5. Jahrhunderts. In der griechischen Politik gibt wohl eine Zäsur, aber keinen völligen Neubeginn; jetzt gibt es eine offene Situation. Nach der Schlacht bei Salamis treffen sich die Griechen am Isthmos, und es geht um das weitere Vorgehen. Es sind nur noch 110 Trieren versam-melt, und es besteht noch Unsicherheit, ob man die Perser verfolgen und an-greifen soll. Man fährt zunächst bis Delos; hier liegt die Grenze des persi-schen Einflussbereichs.

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Man diskutiert über neue Ziele, z. B.: sollen die Poleis in Kleinasien befreit werden? Eher nicht, denn es gab noch keinen Panhellenismus (viele Griechen in Kleinasien stehen auf Seiten der Perser), es geht um schlichte Machtfragen.

Nach der Schlacht bei Mykale geht man zögerlich auf die Bitten von Samos und Chios um Aufnahme in den Hellenbund ein; aber es gibt viele weitere Bitten um Aufnahme. In der „Samos - Konferenz“ wird über die Aufnahmeanträge beraten. Die Spartaner sind strikt dagegen; sie haben auf der Peloponnes erhebliche Probleme und wollen erst zuhause ihr Macht sichern. Athen ist für die Aufnahme der Kleinasiaten. Von Herodot wird die Diskussion wie folgt überliefert:

Es wird ein Kompromiss gefunden: die Inseln werden aufgenommen, die Städte in Kleinasien nicht, hier bleibt die Frage der Aufnahme offen. Evtl. wurde den Städten von Athen Schutz angeboten.

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Die „Kleinasienfrage“ bleibt ungelöst, und sie bleibt es für Jahrhunderte. Hier zeichnet sich aber erstmals ein Interessenkonflikt zwischen Sparta und

Athen ab, der die Geschichte lange Zeit bestimmen wird. Nach der Konferenz fahren die Spartaner zurück, die Athener und die Anderen fahren nach Gallipoli; sie wollen die persischen Brücken zwischen Abydos und Sestos zerstören – diese sind aber bereits abgebrochen.

Für die Politik Athens gibt es für die Zukunft zwei Optionen:

Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich in den nächsten zwei Jahrhunderten die Politik Athens und Spartas.

Prof. Funke in „Athen in Klassischer Zeit“ (Seite 45) „Die Athener wollten sich mit dieser Lösung nicht zufrieden geben und boten sich daher den kleinasiatischen Poleis als Schutzmacht an. Bis dahin hatten sie sich stets dem Oberbefehl der Spartaner unterstellt, obgleich sie die Hauptlast der Perserkriege getragen hatten… Jetzt aber beschritten sie eigene Wege. Während Leotychidas mit den peloponnesichen Schiffsverbänden nach Griechenland zurückkehrte, belagerten die Athener im Winter 479/78 v. Chr. mit Unterstützung ionischer und hellespontischer Griechen erfolgreich die persische Garnison Sestos. Mit dieser Aktion legten sie den Keim, aus dem sich nur ein Jahr später ein umfassendes Bündnissystem entwickelte, das die Grundlage der athenischen Macht im 5. Jahrhundert v. Chr. bilden sollte.“ (Zitat Ende)

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8. Sitzung vom 06.01.2010

IV. Die Pentekontaëtie (Forts.)

1. Die Mächtekonstellation in der griechischen Staatenwelt Durch die Erfolge in den Perserkriegen war das athenische Selbstbewusstsein stark gefestigt worden und ihr Ansehen bei den übrigen Helenen war ebenso stark gestiegen. Es war aber auch nicht zu übersehen, dass der Antagonismus (die Gegnerschaft) zwischen Sparta und Athen ebenso zugenommen hatte. Athen nutzte nun „die Gunst der Stunde“, um sich gegenüber seinem Widersacher Sparta stärker zu emanzipieren und so einen größeren Handlungsspielraum zu bekommen. Dabei war die athenische Politik nicht ausschließlich antisparta-nisch, wenn auch die Stärkung der eigenen Position den Athenern extrem wichtig war. Das Beispiel der Belagerung von Sestos zeigt, das „das Eine das Andere nicht ausschließt“ – so Prof. Funke. Sparta seinerseits befürchtete, dass Athen durch die beiden großen Siege über die Perser neben dem bereits vorhandenen kulturellen Übergewicht nun auch noch das militärische bekommen könnte. Die Athener schienen andererseits zu ahnen, was auf sie in den nächsten Jahren zukommen würde und so bauten sie 479/78 v. Chr. – gleich nach der Vertreibung der Perser – unter Themistokles um ihre Stadt und den Hafen Piräus eine Mauer und schufen so ein festes Bollwerk gegen evtl. Gegner. Sparta hatte aber gefordert, dass alle städtischen Befestigungsanlagen geschleift bzw. nicht wieder aufgebaut werden sollten. Insofern belastete der Mauerbau die gegenseitigen Beziehungen, wenn er auch nicht alleine ausschlaggebend war.

Athen, seine Häfen und die „Langen Mauern“ Dieser „Korridor“ ermöglichte eine direkte Verbindung zwischen beiden Plätzen

auch bei einer Belagerung Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

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Diese Bilder zeigen links den Aufbau der Mauer, wobei in der besprochenen Zeit der Themistokleische Sockel aktuell war

(478 v. Chr.). Das Bild oben rechts vermittelt einen Eindruck von der Höhe der Mauer im

Endzustand. Unten ist ein Querschnitt durch die

einzelnen Bauphasen zu sehen Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Athen entsendet eine Gesandtschaft nach Sparta, um in Sachen Mauerbau zu vermitteln – diese wird hingehalten. Athen verfährt mit einer spartanischen Gesandtschaft ebenso und währenddessen geht der Mauerbau weiter. So werden die protestierenden Spartaner vor vollendete Tatsachen gestellt, zu einem offenen Bruch kommt es aber nicht. Der athenische Historiker Thukydides (um 460- zw. 399 u. 396 v. Chr.) schreibt in seinem Werk über den Peloponnesischen Krieg im 1. Buch / 92-1 (she. auch Kasten auf Seiten 70 und 71):

„…doch im Geheimen grollten sie wegen des Scheiterns ihrer Absicht“.

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Teil der athenischen Stadtmauer im Kerameikos

Im Kerameikos liegt der bedeutendste antike Friedhof in Athen. Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Die Mauer ist also nicht nur als eine Maßnahme zu sehen, die aus den Erfahrungen in den Perserkriegen resultierte, sie sollte durchaus auch dem Schutz Athens und seines Hafens gegen Sparta dienen. Es geht also um eine machtpolitische Kontrolle, die Athen weiteren politischen Spielraum geben würde. „Pragmatisch gesehen, dient die Mauer Athen zunächst als Schutz, sie ist aber auch Sinnbild der Athener Herrschaftspolitik und Sparta beugt sich – zunächst – den gegebenen Verhältnissen“ – so Prof. Funke.

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Thukydides / Der Peloponnesische Krieg / 1. Buch (90 / 3) Die Athener verabschiedeten auf den Rat des Themistokles eilig die Lakedaimonier, die das vorgeschlagen hatten, mit dem Bemerken, sie würden in dieser Angelegenheit Gesandte zu ihnen schicken. Ihn selbst aber, verlangte Themistokles, sollten sie möglichst schnell nach Sparta entsenden, andere ihm hinzugezählte Gesandte aber nicht gleich abgehen lassen, sondern solange zurückhalten, bis sie die Mauer ausreichend aufgebaut hätten, um von der (zur Verteidigung) unbedingt nötigen Höhe aus kämpfen zu können…. (4) Er gab ihnen diesen Rat, fügte noch hinzu, er werde die Angelegenheit dort (in Sparta) selbst regeln, und reiste sodann ab. (5) Nach seiner Ankunft in Sparta wandte er sich nicht gleich an die Regierung, sondern gebrauchte Verzögerungen und Ausflüchte, und jedes Mal, wenn ihn einer von den obersten Beamten fragte, warum er nicht vor den Staatsbehörden erscheine, antwortete er, er erwarte seine Mitgesandten, wegen irgendeiner Verhinderung seien diese aber zurückgeblieben, er vermute aber, sie würden in Kürze kommen, und er wundere sich selbst, dass sie noch nicht da seien… (91 / 1) ….Als aber andere ankamen und ganz bestimmt aussagten, an der Stadtmauer werde gebaut und sie erreiche schon eine beachtliche Höhe, konnten (die Spartaner) nicht umhin, ihnen zu glauben. (2) Als jener das merkte, riet er ihnen, sich nicht so sehr durch Gerüchte verleiten zu lassen, sondern aus ihrer eigenen Mitte Männer zu schicken, die verlässlich seien und getreu berichten würden, was sie gesehen hätten. (3) So taten sie, und Themistokles übermittelte den Athenern heimlich den Auftrag, diese Gesandten möglichst unauffällig zurückzuhalten und nicht eher abreisen zu lassen, bevor sie selbst zurückgekommen wären...Er fürchtete nämlich, die Lakedaimonier würden sie, sobald sie sichere Kunde erhalten hätten, nicht mehr abreisen lassen. (4) Die Athener hielten also die Gesandten auftragsgemäß zurück. Themistokles aber wandte sich an die Lakedaimonier und erklärte nun endlich offen, die Stadt sei bereits befestigt… (92 / 1) Die Lakedaimonier zeigten auf diese Nachricht hin zwar nicht offenen Zorn gegen die Athener – denn nicht zur Verhinderung (des Mauerbaues), sondern um einen Vorschlag zum gemeinsamen Besten vorzubringen, hatten sie die Gesandtschaft abgeschickt; zugleich waren sie ihnen damals wegen des in den Perserkriegen gezeigten Einsatzes auch überaus wohlgesinnt -,

doch im Geheimen grollten sie wegen des Scheiterns ihrer Absicht.

Und so kehrten die Gesandten beider Staaten ohne gegenseitige Vorwürfe nach hause zurück.

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(93 / 1-8) Auf diese Art befestigten die Athener ihre Stadt in kurzer Zeit, und man sieht es dem Mauerwerk heute noch an, dass es in der Eile entstand. Denn die Steine des Unterbaus sind bunt zusammengewürfelt, stellenweise nicht einmal passend zugehauen, sondern wie jeder grade gebracht wurde, und viele Denksteine von Gräbern und bearbeitete Blöcke wurden eingefügt. Zur Vergrößerung wurde nämlich auch der Mauerring um die Stadt nach allen Seiten hinausgeschoben, und darum holten sie in der Hast alles, was sie fanden. Themistokles bestimmte sie auch, am Piräus den Rest aufzubauen - angefangen war dort schon früher unter seiner Leitung, zu der er Jahr um Jahr in Athen gewählt wurde -, denn er meinte, der Platz sei vorzüglich mit seinen drei natürlichen Häfen und werde ihnen, da sie nun Seefahrer geworden seien, zu großem Machtgewinn verhelfen (denn er gab zuerst den kühnen Rat, sich ganz aufs Meer zu verlegen); so war er von Anfang an dabei, den Grund zum Attischen Reiche zu legen. Nach seinem Vorschlag bauten sie auch die Mauer so dick, wie sie heute noch zu sehen ist am Piräus; denn zwei Karren in entgegengesetzter Richtung führten die Blöcke zu, und dazwischen war weder Bruchstein noch Lehm, sondern große, rechtwinklig geschnittene Quadern wurden durchgeschichtet und von außen durch Eisen und Blei miteinander verklammert. In der Höhe wurde etwa halb soviel erreicht, wie beabsichtigt war. Er wollte nämlich durch die Größe und Dicke den Feinden die Lust zum Angriff nehmen, und zum Schutz, meinte er, würden dann wenige Menschen, die untauglichsten genug sein, und die übrigen könnten zur See dienen. An der Flotte war ihm alles gelegen, nachdem er gesehen, vermute ich, wie der Großkönig sein Heer auf Schiffen so viel leichter an den Feind gebracht hatte als auf dem Lande. So schien ihm auch der Piräus nützlicher als die obere Stadt, so dass er den Athenern oft empfahl, wenn sie je zu Land der Gewalt erliegen sollten, müssten sie dort hinabziehen und mit der Flotte aller Welt widerstehen. So kam Athen zu seiner Mauer und den übrigen Anlagen gleich nach dem Rückzug der Perser.

2mal Thukydides

1.) Thukydides (* um 460 v. Chr.; † zwischen 399 und 396 v. Chr.)

war ein Athener Stratege und antiker Historiker. Dichter des Werkes über den Peloponnesischen Krieg

2.) Thukydides, ein Athener Politiker und Feldherr.

Seine genauen Lebensdaten sind nicht bekannt, er war aber ein Zeitgenosse und entschiedener Gegner des Perikles (um 490 - 429 v. Chr.). Thukydides gehörte

zur Aristokratie Athens und stammte aus dem Demos Alopeke. 444 v. Chr. wurde Thukydides durch das Scherbengericht verbannt (ostrakisiert) und

musste ins Ausland gehen.

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Thukydides – Büste des Thukydides Der Peloponnesische Krieg

Athen in der Antike Ob es wirklich eine innere Mauer (rot) gegeben hat, ist absolut ungewiss. Die

archäologischen Funde geben keine genaue Auskunft. Der äußere, blaue Mauerring und die parallel verlaufenden Mauern in Richtung

Piräus haben dagegen mit Sicherheit bestanden. Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

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Byzanz und Zypern –

die beiden Ziele der Flottenexpedition des Helenenbundes 478 v. Chr. unter Pausanias, Aristeides und Kimon. Das Perserreich sollte an zwei Flanken gleichzeitig angegriffen werden, um seinen Einfluss zurückzudrängen.

Das Zerwürfnis mit Pausanias und der Kommandowechsel in Byzanz sollten weit reichende Folgen für den Hellenenbund in der näheren Zukunft haben.

Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Zyprische Herrschaftszentren in archaischer Zeit Zypern war damals „ein eigener kleiner Kosmos“ mit 12 Königreichen.

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Im Frühjahr des Jahres 478 v. Chr. startet ein aus athenischen, spartanischen, attischen und jonischen Schiffen bestehendes Flottenkontingent des Hellenenbundes unter der Führung des Pausanias – des Siegers von Plataiai - eine Unternehmung gegen Persien. Aber auch die Athener Aristeides und Kimon – Sohn des Miltiades (um 550-489 v. Chr.) – waren dabei. Das Unternehmen hatte zwei Hauptziele:

� die Befreiung der griechischen Städte auf Zypern und den Schutz gegen die phönizische Flotte der Perser zu erhöhen und � das Gebiet der Dardanellen und damit Byzantion (Byzanz) einzunehmen. Beides gelingt, die Flotte überwintert am Bosporus.

Beide Ziele entsprachen durchaus den Zielen des Hellenenbundes – der persische Einfluss in der Region sollte zurückgedrängt werden. Weshalb „die Aktion Sinn machte“ (Funke). Man muss aber auch bedenken, dass es auf Zypern damals 12 Königreiche gab. Es gab also nicht nur eine Frontstellung, nicht nur ein Spannungsfeld. Bemerkenswert ist, dass es auch jetzt wieder ein offensives Verhalten des Hellenenbundes, gegenüber dem eigentlich verfolgten defensiven Verhalten.

Und in Thrakien ist Persien immer noch präsent!

Das Winterhalbjahr 478/77 v. Chr. markiert eine „machtpolitische Wende“. Anlass war das ruhmsüchtige, selbstherrliche Verhalten des Pausanias. Er benutzte die Ruhe der Kampfpause, um seine eigene machtpolitische Stellung zu stärken und führte sich selbst wie ein persischer Despot auf. Er wurde sogar des Medismos – also der Konspiration mit den Persern - beschuldigt, dieser Vorwurf steht bei allen Aussagen mit im Vordergrund. Wenn diese Aussagen auch – möglicherweise – das wirkliche Geschehen „überzeichnen, kennzeichnen sie doch die Ziele des Pausanias“ – so Prof. Funke. Auch Herodot (5.32 / Kasten unten) hat nur 40 Jahre später schon Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen; Thukydides (1.128 / Kasten auf Seite 75) dagegen bestätigt - fast zeitgleich - diese Aussagen!

Hdt. 5.32 Zu deren Befehlshaber ernannte er [= Dareios] den Megabates, einen Perser aus dem Haus der Achaimeniden, seinen und Dareios' Vetter, eben den, mit dessen Tochter - das heißt, falls die Geschichte wirklich wahr ist - lange Zeit nach diesen Ereignissen Pausanias, Kleombrotos` Sohn, der Lakedaimonier, verlobt war, als der Verlangen bekam, Herr über Hellas zu werden.

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Thuk. 1.128 - 130

« Pausanias, Führer von Sparta, sendet dir, um dir gefällig zu sein, diese Kriegsgefangenen zurück, und ich tue dir den Vorschlag, wenn es dir auch recht ist, deine Tochter zu heiraten und dir Sparta und das übrige Hellas untertan zu machen. Ich glaube dazu imstande zu sein, wenn wir uns gemeinsam beraten. Sagt dir etwas zu von diesen Dingen, so sende einen zuverlässigen Mann an die Küste, durch den wir künftig miteinander reden können.» Soviel besagte das Schreiben. Xerxes freute sich über den Brief und sandte Artabazos Pharnakes' Sohn an die Küste, mit der Weisung, die Satrapie von Daskyleion zu übernehmen und Megabates, der sie bisher verwaltete, abzulösen, und gab ihm für Pausanias einen Antwortbrief mit, den er baldigst nach Byzanz bestellen solle unter Vorzeigung des Siegels, und wenn ihm Pausanias Aufträge gebe in Sachen des Königs, solle er sie aufs beste und treueste erfüllen. Wie nun Artabazos hinkam, tat er alles, wie ihm gesagt war, und übersandte den Brief. Darin stand folgende Antwort:«So spricht König Xerxes zu Pausanias: Wegen der Männer, die du mir übers Meer aus Byzanz gerettet hast, soll dir die Wohltat in unserem Hause für immer zu Dank verzeichnet sein, und was du mir schriebest, sagt mir zu. Nicht Nacht noch Tag soll dich hemmen, dass du säumest zu tun, was du mir versprichst; kein Bedarf an Gold und Silber darf dich hindern, noch an Kriegsvolk, wenn du es irgendwo zur Stelle brauchst, sondern mit dem edlen Artabazos, den ich dir schicke, betreibe du unbedenklich meine und deine Dinge, wie es sich für uns beide am schönsten und besten fügt.» Als Pausanias dies Schreiben empfangen hatte, er, der schon vorher bei den Hellenen hoch angesehen war wegen seiner Führerschaft bei Plataia, da stieg sein Stolz noch viel höher; er konnte nicht mehr in der herkömmlichen Weise leben, sondern trug, als er Byzanz verließ, persische Tracht, umgab sich auf seinem Weg durch Thrakien mit einer persischen und ägyptischen Leibwache, ließ sich persische Mahlzeiten auftischen und konnte seine Gesinnung nicht verbergen, sondern gab durch kleine Züge seines Handelns zu erkennen, was sein Geist für später zu vollführen gedachte. Er erschwerte den Zugang zu sich und war so aufbrausend gegen alle ohne Unterschied, dass niemand ihm zu nahen wagte; das war ja auch ein Hauptgrund, warum die Verbündeten zu Athen übergingen.

Thuk. 1.132

(2) ….Auch sein sonstiges Verhalten überprüften sie, ob er etwa von den geltenden Bräuchen abgewichen sei, und vor allem, dass er einst auf den Dreifuß in Delphi, den die Griechen als Ehrengabe aus der Perserbeute aufgestellt hatten, selbst aus eigenem Ermessen folgende Inschrift hatte anbringen lassen:

Herr der Hellenen im Feld, Vernichter des persischen Heeres,

stellt Pausanias hier, Phoibos (Apollon), das Mahnmal dir auf. Diesen Zweizeiler hatten die Spartaner gleich damals von

dem Dreifuß weggefeilt und dafür die Namen aller Städte aufgeschrieben, die zusammen den Barbaren geschlagen und das Weihgeschenk

errichtet hatten.

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Das Gebaren des Pausanias (she. Seite 74) bewirkt jedenfalls bei den ionischen Griechen, die auch einen entscheidenden Anteil am Erfolg dieser letzten Unternehmung hatten, einen Stimmungsumschwung. Schon während der Samos – Konferenz ein Jahr vorher war das geringe Interesse Spartas am Schicksal dieser ionischen Griechen deutlich geworden. Die im Helenenbund vereinigten Verbündeten - allen voran die Inseln Chios und Samos, beides mächtige Staaten, stellen sich auf die Seite Athens und erzwingen, dass der Oberbefehl über die Flotte auf den Athener Aristeides (um 550 – 467 v. Chr.) übergeht. Sie wollen nicht mehr mit Pausanias zusammenarbeiten.

„Hintergrundmusik“ für die kommenden Ereignisse!

Dieser Aristeides war in den 480er Jahren ostrakisiert worden, im Zuge einer Amnestie aber im Jahr 480 v. Chr. nach Athen zurückgekehrt und hatte sich am Kampf gegen die Perser beteiligt. Er sollte - „die Gunst der Stunde nutzend“ – Gründer eines gänzlich neuartigen Bündnissystems werden, welches wesentlich festere Organisationsstrukturen hatte, als z.B. der Hellenenbund.

Der Attische Seebund auch Delisch – Attischer Seebund, weil das Verwaltungszentrum auf der Insel Delos etabliert war.

Jedes Mitglied hatte einen Beitrag zu leisten, entweder eine Flotte zu stellen oder Geld zu bezahlen. Das Geld – 460 Talente, was fast 12.000 kg Silber

entsprach - floss in eine Bundeskasse, die von 10 athenischen Schatzmeistern verwaltet wurde und im Apollonheiligtum auf Delos etabliert

war. Dieser Beitrag war aber immer noch geringer, als die persischen Satrapien in Kleinasien an den Großkönig zu zahlen hatten.

Bildquelle: Dtv - Atlas Weltgeschichte / Band 1

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9. Sitzung vom 06.01.2010

V. Die Pentekontaëtie (Forts.)

1. Die Neuformierung der Mächtekonstellation in der griechischen Staatenwelt

1.1 Die Gründung des Delisch – Attischen Seebundes Die ionischen Griechen erzwingen – wie gehört – vor Byzanz durch die Absetzung des Pausanias einen Machtwechsel hin zu Aristeides und Kimon. Die Ionier „setzen jetzt ganz auf Athen“, Athen ist hier also „auf ganzer Linie der Gewinner“ (Prof. Funke). Wie überhaupt die Jahre zwischen 478 und 431 ganz im Zeichen des Erstarkens Athens standen! Die Absetzung des Pausanias in Byzanz bleibt natürlich in Sparta nicht unbemerkt und er wird jetzt ganz offiziell ab- und nach Sparta zurückberufen. Für ihn schickt Sparta den Dorkis als „Ersatzmann“, der sich aber nicht lange hält und zusammen mit den peloponnesichen Truppenkontingenten Byzanz verlässt. Da ein Verfahren gegen Pausanias zu dessen Gunsten ausfiel, wird er 477 v. Chr. wieder nach Byzanz geschickt, wo er bis 472 oder 471 bleibt. Da er schnell wieder seine alte Machtstellung erreicht, ist anzunehmen, dass er einen „Strohmann“ in Byzanz gehabt haben muss. Nur agiert er jetzt nicht mehr für Sparta, son- Büste des Pausanias dern versucht, eine eigene Herrschaft für sich auf- zubauen. Was vermuten lässt, dass er in Byzanz durchaus noch Anhänger hatte. Solche eigenen Herrschaften außerhalb einer Polis aufzubauen, war zu dieser Zeit möglich.

Aber dieses Gastspiel dauert nur kurze Zeit, denn schon 472 oder 471 v. Chr. wurde er von dem Athener Kimon wieder vertrieben und etablierte sich in dem Ort Kolonai. Die erneute Rückkehr nach Sparta, eine mögliche Verschwörung mit den Heloten, seine Flucht in den Tempel der Athena Chalkioikos – dessen Eingänge man zumauerte – und sein anschließender Tod durch Verhungern (um 467 v. Chr.) zeigt das unrühmliche Ende einer entscheidenden Persönlichkeit auf griechischer Seite während der Perserkriege. Athene Chalkioikos (Bronzehaus) ist die antike volkstüm-

Büste des Cornelius Nepos liche Bezeichnung für die Stadtgöttin von Sparta. (ca. 100 - 28 v. Chr.)

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Cornelius Nepos

ein römischer Historiker und Biograph / ca. 100 - 28 v. Chr. schreibt (Zitat)

Übersetzung nach J. Siebelis bearbeitet von E. Gottwein

Nach Sparta wollte er nicht zurückkehren, sondern hatte sich nach dem Flecken Kolonai im Gebiet von Troja begeben, wo er nicht minder für das Vaterland, als für sich selbst verderbliche Pläne schmiedete. Als dies die Lakedaimonier erfuhren, schickten sie ihm Boten mit dem Stab, worauf nach üblicher Weise geschrieben stand: wenn er nicht heimkehre, werde er zum Tode verurteilt. Auf diese Botschaft hin kehrte er in der Hoffnung, auch jetzt noch mit seinem Geld und seinem Einfluss die drohende Gefahr abwenden zu können, in die Heimat zurück, wurde aber, sobald er dort ankam, von den Ephoren (Aufseher, gewählte Jahresbeamte) in das Staatsgefängnis geworfen. Denn nach den spartanischen Gesetzen kann das jeder Ephor an dem König tun. Doch verhalf er sich wieder zur Freiheit, blieb aber nichts desto weniger im Verdacht, da sich die Ansicht erhielt, er stehe mit dem König (der Perser) in Verbindung. Es gibt eine Gruppe Leute, die Heloten heißen, von denen eine große Menge die Ländereien der Lakedaimonier bebaut und Sklavendienste verrichtet. Auch diese, argwöhnte man, wiegle er durch das Versprechen der Freiheit auf. Da aber in diesen Dingen keine offene Beschuldigung vorlag, die man ihm hätte vorwerfen können, glaubte man, über einen so bedeutenden und berühmte Mann nicht nach Verdachtsgründen urteilen zu dürfen, sondern abwarten zu müssen, bis die Sache von selbst an den Tag käme…. Daher entfloh er seinen Verfolgern um wenige Schritte voraus in das Heiligtum der Athena mit dem Beinamen Chalkioikos. Um sein Entkommen von da zu verhindern, ließen die Ephoren sogleich die Türen des Tempels verrammeln und das Dach abdecken, damit er unter freiem Himmel desto schneller sterbe. Man erzählt, die Mutter des Pausanias habe damals noch gelebt und schon hochbetagt habe sie, von den Verbrechen ihres Sohnes unterrichtet, unter den ersten einen Stein zur Einmauerung ihres Sohnes zum Tempel gebracht. So befleckte Pausanias seinen hohen Kriegsruhm durch ein schimpfliches Ende. Als man ihn halb tot aus dem Tempel trug, hauchte er sogleich sein Leben aus (473). Der Leichnam des Toten, behaupteten einige, müsse eben dahin geschafft werden, wohin man die zum Tod Verdammten stürze; die meisten jedoch waren dagegen und man scharrte ihn in einiger Entfernung von dem Platz ein, wo er gestorben war. Von dort wurde er später auf Befehl des delphischen Gottes wieder ausgegraben und an derselben Stelle bestattet, wo er sein Leben geendet hatte.

(Quelle: Internet)

Ein späterer Orakelspruch verurteilte dieses Vorgehen als Unrecht, welches gesühnt werden musste. Als Sühneakt wurden an der Bestattungsstelle später

zwei Statuen aufgestellt.

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Heloten ( „die Eroberten“, „die Gefangenen“)

nannte man die Angehörigen einer sozialen Schicht von Menschen im Staat Lakedaimon (Sparta), die zwar im Staat sesshaft, aber keine Bürger waren. Sie waren „an die Scholle gebunden“ und wurden als zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe der „öffentlichen Sklaven“ angesehen.

Sie waren für jedermann an ihrer Kleidung erkennbar. (nach Wikipedia)

Brennpunkte politischer Konflikte im Machtbereich Spartas auf der

Peloponnes in den 470er Jahren Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Nach der Beendigung der Perserkriege revoltierten 464 v. Chr. erst die Heloten gegen Sparta (sog. 3. Messenischer Krieg). Gleichzeitig geriet Sparta in Schwierigkeiten, weil es ihm nicht gelang, die Peloponnes unter seiner Führung zu vereinen. Nicht nur das seit eh und je feindliche gesinnte Argos – es erstarkt in dieser Zeit - , auch einige Verbündete im Peloponnesischen Bund, die Städte Elis, Mantinea und Tegea bereiteten Sparta Probleme. Orchomenos, Tiryns und Mykene ebenso. Synoikismos (die geplante Zusammenlegung mehrerer Dörfer zu einer Stadt) macht das Erstarken dieser Poleis möglich.

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Die Polis Elis im Nordwesten der Peloponnes erstarkt durch einen Synoikismos, durch den ein starker urbaner Stadtkern entsteht. Das antike Elis hatte in klassischer Zeit die Aufsicht über die Olympischen Spiele. Sparta wurde u.a. wegen Nichtzahlung eines Strafgeldes von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Später wurde Elis wieder in das Bündnis mit Sparta gezwungen. Auch Tegea entstand in der archaischen Epoche durch Synoikismos. Zwar scheiterte ein Versuch, die Abhängigkeit von Sparta ganz abzuschütteln, Tegea blieb im Bund, erreichte aber mehr Selbständigkeit. Mantinea war von Anfang an Rivalin mit dem nördlich gelegenen Tegea um die Kontrolle der fruchtbaren arkadischen Hochebene. Auch diese Polis konnte eine stärkere Selbständigkeit und damit größeren Einfluss gegenüber Sparta im Bund erreichen. Orchomenos, Tiryns, Argos und Mykene erleben eine ähnliche Entwicklung, auch ihre Selbständigkeit und damit ihr Einfluss vergrößern sich gegenüber Sparta. Durch die Bildung dieser „Substrukturen“ im Peloponnesischen Bund fühlte Sparta sich bedrängt und büsste viel von seiner Stellung und seinem Ansehen in Griechenland ein. Zwar konnte es durch einen Sieg in der Schlacht von Tegea (um 470 v. Chr.) die Lage etwas stabilisieren, der Peloponnesische Bund droht aber trotzdem zu zerfallen.

476 v. Chr. unternimmt Leotychidas einen Sühnefeldzug

gegen die thessalische Stadt Larisa (she. Seite 81) Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

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Wegen der Probleme, die Sparta mit den o.g. Verbündeten auf der Peloponnes hatte, versucht es, in Attika wieder Einfluss zu gewinnen und startet 476 v. Chr. einen Sühnefeldzug unter dem König Leotychidas (um 545-466/469 v. Chr.) gegen die thessalische Stadt Larisa, weil sich die hier ansässige Familie der Aleuaden während der Perserkriege des Medismos schuldig gemacht hatte. Dafür sollte diese jetzt bestraft werden. Da Leotychidas aber unverrichteter Dinge zurückkehrte, wurde er in Sparta wegen einer vermuteten Bestechung angeklagt und flüchtete vor seiner Bestrafung ins Asyl nach Tegea, wo er einige Jahre später starb.

Das Ziel dieser Strafexpedition sollte sein - neben der Bestrafung der Aleuaden – in Thessalien ein Gegengewicht zu bilden neben der unsicheren Situation auf der Peloponnes. Im südlichen Thessalien war das Orakel von Delphi angesiedelt (delphische Amphiktyonie), ein „mächtiges Instrument in der damaligen politischen Welt“ (she. Seite 14). Delphis Ansehen war so groß, dass es entscheidend war, wer dort „das Sagen hatte“. Das Unternehmen des Leotychidas scheitert also, denn auch Athen legte Einspruch ein, hatten doch beide Staaten – Athen und Sparta – die propersischen Staaten verurteilt.

Die delphische Amphyktionie und der thessalische Einfluss im 5. Jahrhundert v. Chr.

Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Aristot. AP 23.5

Deshalb war er (= Aristeides) es auch, der die ersten Beiträge für die Bundesstädte im dritten Jahre nach der Schlacht bei Salamis, unter dem Archonten Timosthenes (478/7 v. Chr.), festsetzte; er leistete auch den Ioniern die Eide, dass es dieselben Feinde und dieselben Freunde geben solle; zur Bekräftigung dessen versenkten sie die Eisengewichte im Meer.

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All dies bisherige Geschehen liegt immer noch im Rahmen des Hellenenbundes. Aber im Jahr 478/77 v. Chr. wird durch Aristeides etwas geschaffen, was heute allgemein bezeichnet wird als

Attischer Seebund oder Delisch - Attischer Seebund.

Dieser Attische Seebund (she. Karte Seite 76) bestand aus zeitlich unbegrenzten, bilateralen Verträgen, die Athen mit Poleis auf dem griechischen Festland, in Westkleinasien und in Thrakien sowie zahlreichen ägäischen Inseln, abschloss. Er war eine direkte Folge der Ereignisse der Perserkriege, die 480 v. Chr. vorentschieden worden waren (Sieg in der Seeschlacht bei Salamis) und sollte die Perser künftig von der Ägäis fernhalten, sowie wichtige Seehan-delswege schützen. Fraglich ist bis heute, ob mit dieser Seebundgründung der Hellenenbund aufgelöst wurde oder ob dieser noch bis 461 v. Chr. weiter bestand, als es zum endgültigen Bruch zwischen Athen und Sparta kam (Diskussion Giovannini/Gottlieb versus Steinbrecher). Allerdings scheint ein Weiterbestand des Hellenenbundes neben dem Attischen Seebund – sogar mit Doppelmitgliedschaften - bis 461 v. Chr. als wahrscheinlicher (Funke).

Wenn dieser Bund auch zunächst gegen das Perserreich gerichtet war, ließ die Zielsetzung der „Anerkennung der selben Freunde und derselben Feinde“ (she. Kasten Seite 81) doch auch andere Ziele grundsätzlich offen. Sicher war aber, dass Athen den militärischen Oberbefehl bekam – und zwar zu Wasser und zu Lande. Athen bekam so ein wichtiges Herrschaftsinstrument in die Hand, das es im Zuge seiner inneren demokratischen Umgestaltung zu einer erdrückenden Vormachtstellung ausbaute. Die dementsprechende Originalbezeichnung dieser Hegemonieellen Symmachie lautete:

Die Athener und ihre Bundesgenossen“ „Hoi Athenaíoi kai hoi sýmmachoi“

Beim Attischen Seebund handelte es sich um ein neuartiges Bündnissystem mit festeren Organisationsformen, als sie z.B. der Hellenenbund besaß. Den Kern bildeten Mitgliedsbeiträge, die in eine Bundeskasse flossen, die auf der Insel Delos – dem Zentrum aller ionischen Griechen - im Apollonheiligtum deponiert war und von 10 athenischen Schatzmeistern verwaltet wurde. Dort tagte auch die Bundesversammlung. Wer wie die größeren Inseln Thasos, Naxos, Lesbos, Chios oder Samos kein Schiffskontingent stellen konnte, musste einen jährlichen Beitrag von 460 Talenten zahlen; das entsprach fast 12.000 kg Silber oder mehr als 5 Millionen Tageslöhnen eines athenischen Handwerkers. War aber immer noch weniger, als die persischen Satrapien in Kleinasien an den Großkönig zu zahlen hatte (she. auch Seite 76). Das Versenken von Eisengewichten im Meer symbolisiert, dass das Bündnis auf Dauer gelten soll (she. Kasten Seite 81).

Trotzdem werden diese enormen Beträge als Phoros, also mehr als Tribut denn als Beitrag von den Mitgliedern empfunden. Sie sind ein Beispiel dafür, wie sehr Athen seine Vormachtstellung im Bund ausnutzt, indem es seine Mitglieder regelrecht „aussaugt“. So ist der Bund Kern der machtpolitischen Ambitionen Athens, der den Mitgliedern andererseits aber auch Vorteile bietet, z.B. im Flottenverbund. Insofern „sind sie hier sogar besser aufgehoben, als irgendwo anders“ – so Prof. Funke.

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Thuk. 1.96

Auf diese Weise bekamen die Athener die Führung, mit Zustimmung der Verbündeten, weil Pausanias verhasst war, und setzten nun fest, welche Städte Geld gegen den Barbaren beisteuern sollten und welche Schiffe - denn das Vorgeben war:

Vergeltung erlittener Unbill durch Verwüstungen des königlichen Landes. Damals setzten die Athener zuerst die Behörde der

Schatzmeister von Hellas ein, den Beitrag zu empfangen (so nannte man die Geld-Beisteuer).

Der erste Beitrag, der umgelegt wurde, betrug vierhundertsechzig Talente; als Schatzhaus wählten sie Delos, und dort im Heiligtum waren auch ihre Versammlungen.

Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Text aus „Der Peloponnesische Krieg“ von Thukydides 1. Buch / Vers 96

Strukturelement des Delisch - Attischen Seebundes

in der Frühphase (bis 454 v. Chr.)

� Bilaterale Verträge zwischen Athen und seinen Bündnern � unbegrenzte Dauer: „auf ewige Zeit“ (?) [Aristot. AP 23,5] � Vertragsklausel: „ die gleichen Freunde und Feinde haben“ � Athen erhält den militärischen Oberbefehl zu Wasser + zu Lande � Einführung regelmäßiger Beitragszahlungen („Phoros“) � Das Apollonheiligtum in Delos (= ionisches Amphiktyonie- und

Kultzentrum wird Zentralort des Bundes (Bundesversammlung + Bundeskasse)

� Athen stellt die 10 obersten Finanzbeamten („Hellenotamiai“) in der Bundesversammlung.

� In der Bundesversammlung verfügt jedes Mitglied über 1 Stimme

Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

Im weiteren Verlauf der Geschehnisse sollte der Seebund neue Strukturelemente bekommen (454 v. Chr.) und zum (Athener) Seereich

werden.

Dann heißt es: Athen und seine Untergebenen.

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1.2. Die Kimonische Ära (cá. 478/77 – 462/61 v. Chr.)

In den 70er und 60er Jahren wird Athens Außenpolitik stark von einem Mann geprägt, der dieser Epoche ihren Namen gegeben hat – von Kimon (um 500-449 v. Chr.), ein athenischer Politiker und Feldherr, Sohn des Miltiades, des Siegers der Schlacht bei Marathon. So spricht man von der Kimonischen Ära. Es ist in vielerlei Hinsicht ein entscheidender Zeitabschnitt, geprägt von wachsendem Selbstbewusstsein zahlreicher Poleis.

In dieser Zeit ist die Politik Athens stark ver-bunden mit diesem Kimon, während Aristeides in der Wahrnehmung nach 474 zurücktritt. Ebenso Themistokles (Bild rechts), der schon seit 478 außenpolitisch nur noch wenig in Erscheinung getreten ist, bevor er 471 ostrakisiert wurde – solange war er auf jeden Büste des Themistokles Fall präsent - und zu den Persern floh. Er war ca. 478 v. Chr. Pylagoras im delphischen Amphiktyonenrat (she. Kasten Seite 85). Und die untenstehenden Textfragmente sagen aus, das Themistokles 476 v. Chr. an den Olympischen Spielen als Athenischer Gesandter teilgenommen haben muss:

Plut.Them.5: Themistokles wetteifert bei den Olympischen Spielen mit Kimon in der Prachtentfaltung (Charakterisierung

als besonders ehrgeiziger Emporkömmling);

Plut.Kim.17: Zeitpunkt = die auf Salamissieg folgenden Olympischen Spiele: 476 v.Chr.;

Plut.Kim.25: Themistokles agierte während der Olymp. Spiele

angeblich gegen sizilischen Tyrannen Hieron;

Pausan. VIII 50,3: Besucher in Olympia ehrten den Philopoimen ebenso wie ehemals den Themistokles, zu dessen Ehren

sich alle erhoben.

Aristot.EE 1233b: Festgesandtschaft, die Themistokles nach Olympia unternahm, habe sich für ihn nicht geziemt wegen der

ihm von früher her anhaftenden Niedrigkeit, wohl aber hätte sie sich für Kimon geziemt.

Bildquelle: Arbeitsmaterial zur Vorlesung

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Dieser ab 1981 von Peter Siewert gefundene und übersetzte Text könnte

mit Themistokles zusammenhängen.

Amphyktionie Eine Amphiktyonie ist ein kultisch – politischer Verband von Nachbarstaaten oder –stämmen auf religiös – kultureller Basis mit gemeinsamem Heiligtum im Griechenland der Antike. Diese Verbände bildeten sich zunächst um ein Heiligtum, um es zu schützen und zu verwalten. Wann und wo eine Amphiktyonie das erste mal auftrat, ist unbekannt Das Wort selbst wird gebildet aus griech. κτίζω, ktízō = gründen, bauen,

wohnen und ἀµφί, amphi- = „um… herum“ → das Wohnen um etwas herum.

Pylagoroi hießen die sog. Pfortenredner, welche den Landfrieden zu erhalten hatten.