Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test....

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Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Verkehrstechnik Heft V 181 ISSN 0943-9331 ISBN 978-3-86509-886-3 Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten Stau- und Reisezeitinformationen Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft V 181

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Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen

Verkehrstechnik Heft V 181

ISSN 0943-9331ISBN 978-3-86509-886-3

Voraussetzungen fürdynamische Wegweisungmit integrierten Stau- und

Reisezeitinformationen

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von

Uwe Hülsemann

SSP Consult, Beratende Ingenieure GmbHBergisch Gladbach

Josef F. KremsMatthias J. Henning

Ulrike Thiemer

Technische Universität ChemnitzInstitut für Psychologie

Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen

Voraussetzungen fürdynamische Wegweisungmit integrierten Stau- und

Reisezeitinformationen

Verkehrstechnik Heft V 181

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Die Bundesanstalt für Straßenwesenveröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs-ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihebesteht aus folgenden Unterreihen:

A -AllgemeinesB -Brücken- und IngenieurbauF -FahrzeugtechnikM-Mensch und SicherheitS -StraßenbauV -Verkehrstechnik

Es wird darauf hingewiesen, dass die unterdem Namen der Verfasser veröffentlichtenBerichte nicht in jedem Fall die Ansicht desHerausgebers wiedergeben.

Nachdruck und photomechanische Wieder-gabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmi-gung der Bundesanstalt für Straßenwesen,Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Hefte der Schriftenreihe Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen könnendirekt beim Wirtschaftsverlag NW,Verlag für neue Wissenschaft GmbH,Bgm.-Smidt-Str. 74-76,D-27568 Bremerhaven,Telefon: (04 71) 9 45 44 - 0, bezogen werden.

Über die Forschungsergebnisse und ihreVeröffentlichungen wird in Kurzform imInformationsdienst BASt-Info berichtet.Dieser Dienst wird kostenlos abgegeben;Interessenten wenden sich bitte an dieBundesanstalt für Straßenwesen,Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

V 181

Impressum

Bericht zum Forschungsprojekt 03.392/2005/IGB:Voraussetzungen und Möglichkeiten zur Anzeige vonReisezeitinformationen in neuen AnzeigesystemendWiSta auf Bundesautobahnen

ProjektbetreuungSylvia Piszczek

HerausgeberBundesanstalt für StraßenwesenBrüderstraße 53, D-51427 Bergisch GladbachTelefon: (0 22 04) 43 - 0Telefax: (0 22 04) 43 - 674

RedaktionStabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Druck und VerlagWirtschaftsverlag NWVerlag für neue Wissenschaft GmbHPostfach 10 11 10, D-27511 BremerhavenTelefon: (04 71) 9 45 44 - 0Telefax: (04 71) 9 45 44 77Email: [email protected]: www.nw-verlag.de

ISSN 0943-9331ISBN 978-3-86509-886-3

Bergisch Gladbach, Juli 2009

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Kurzfassung – Abstract

Voraussetzungen für dynamische Wegweisungmit integrierten Stau- und Reisezeitinformatio-nen

Zur Unterstützung der in „dynamischen Wegwei-sern mit integrierten Stauinformationen“ (dWiSta)gegebenen Umleitungsempfehlungen können, er-gänzend oder alternativ zur Angabe der StaulängeReisezeitinformationen angezeigt werden. Das For-schungsvorhaben untersucht, ob geeignete Verfah-ren zur Berechnung/Erhebung von Fahrtzeiten aufAutobahnen vorhanden sind, und entwickelt für denVerkehrsteilnehmer verständliche Darstellungsfor-men der Reisezeitinformationen in den dWiSta.

Es wurden vier, bereits eingesetzte Verfahren zurBerechnung bzw. Messung von Fahrtzeiten und eineigener Ansatz untersucht. Vier Verfahren nutzenals wesentliche Eingangsgrößen die von der sta-tionären Datenerfassung an den Autobahnen be-reitgestellten Verkehrskenngrößen. Ein Verfahrenerkennt die Fahrzeuge an zwei Messquerschnittenwieder und berechnet die Fahrtzeit auf demStreckenabschnitt als Differenz der Uhrzeiten beider Überfahrt der Messquerschnitte.

Die Verfahren wurden hinsichtlich ihrer Eignung ineinem zweiwöchigen Testzeitraum auf drei ausge-wählten Teststrecken überprüft. Der Vergleich derper Kontrollmessung erhobenen Fahrtzeiten mitden berechneten der einzelnen Verfahren zeigt beigünstigen Randbedingungen gute Übereinstim-mungen. Günstige Randbedingungen liegen im All-gemeinen dann vor, wenn die Messquerschnittsab-stände etwa bis zu 2 km auseinander liegen und dieVerkehrsstörung, die eine Fahrtzeitverlängerungbewirkt, sich in den Verkehrskenngrößen wider-spiegelt.

Bei einem freien sowie dichten Verkehrsfluss betra-gen dann die Unterschiede, bezogen auf eine 10 km lange Bezugsstrecke, in der Regel wenigerals eine Minute.

Für die Verkehrsstufen „zähfließend“ und „gestaut“ist die Datengrundlage für eine Beurteilung der Be-rechnungsverfahren nicht ausreichend.

Im wahrnehmungspsychologischen Teilprojekt wer-den aus zehn Vorschlägen möglicher Anzeigefor-men u. a. durch eine Befragung von Kraftfahrerndrei Varianten sowie die Regellösung (ohne Reise-

zeitinformation) in einer experimental-psychologi-schen Laboruntersuchung getestet. Der Test be-steht aus Entscheidungsaufgaben unter vorgege-benen Kriterien, der vollständigen Informationsauf-nahme aller Schildinhalte unter Zeitdruck sowieeiner subjektiven Einschätzung der Varianten aufden Dimensionen Lesbarkeit, Verständlichkeit undAkzeptanz.

Keine der getesteten Varianten überschreitet denverfügbaren zeitlichen Rahmen, der sich durch daszweimalige Darbieten des Schildes bei einer Fahrtmit 100 km/h auf der Autobahn ergibt. Die Zeit-spanne für die Informationsaufnahme und -verar-beitung und die Entscheidung bleibt in den Labor-befunden weitestgehend innerhalb dieser Grenzen.

Aus Sicht der Verkehrsteilnehmer bietet die Varian-te, die nur die Information über einen möglichenReisezeitgewinn durch die Nutzung der Umfahrungexplizit anzeigt, die optimale Anzeigeform. Sie ver-eint eine schnelle Informationsaufnahme durchmöglichst wenig zusätzliche Informationen mit einerguten Verständlichkeit.

Im weiteren Verlauf des Forschungsvorhabens wirdauf technische und betriebliche Randbedingungeneingegangen, die bei der Berechnung und der An-zeige von Reisezeitinformationen in dWiSta zu be-achten sind. Die Notwendigkeit automatisierterSteuerungsmodule zur Empfehlung/Schaltungeiner Alternativroute im Störungsfall wird aufge-zeigt, aber im Rahmen dieses Forschungsvorha-bens nicht näher untersucht.

Requirements on dynamic route signs with integrated traffic jam and travel time information

Up to now, dynamic signs with integratedinformation about traffic congestion (dWiSta,“dynamische Wegweiser mit integriertenStauinformationen“) give detour recommendationsto the driver when there is a traffic jam, and displayits length. The idea of this project is to display traveltime information additionally or alternatively tosupport the existing dynamic signs. The currentstudy examines if there are any suitable methodsfor calculating and collecting travel times on

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motorways. It also develops some formats tointegrate travel time information in the dWiSta,which are understandable and comprehensible forthe driver.

Four methods to measure and calculate traveltimes, which are available on the market, and anown approach were examined. Four methods makeuse of the traffic parameters from static datacollection at the motorways. One methodrecognises the car at two measuring points andcomputes the travel time on the route section as thedifference between the time codes when passingthe measuring points.

The applicability of these methods was tested fortwo weeks on three selected test routes. The traveltimes of a control measurement were compared tothe computed ones of each method. The resultshows a high correspondence between thesevalues dependent on the boundary conditions.Favourable boundary conditions are generallygiven, when the measuring points are up to 2 kmaway from each other and when the traffic incidentcausing longer travel times is reflected by the trafficparameters.

On a route section of 10 km, the values differ lessthan one minute during a free or dense flow oftraffic.

To evalute calculated travel times by differentmethods in tough flow of traffic or traffic congestionthe database is too short.

In a psychological laboratory test, 3 possibledisplay formats out of 10 proposals and the generalsolution (without travel time information) areexamined, among others by a survey amongdrivers. This test consists of decision tasks withgiven criteria, the whole assimilation of informationof the contents of a sign under time pressure andthe subjective evaluation of the different signvariations with regard to readability,comprehensibility and acceptance.

None of the tested sign versions exceeds theavailable time frame, which results from thepresentation of the sign two times during driving onthe motorway at a speed of 100 km/h. The timespan for perceiving and processing the informationand for making decisions mainly stays within theselimits in the laboratory test.

The optimal sign variation from the drivers’perspective is the one, which only shows the

information about the possible travel time gained byusing the recommended detour. It combines a fastassimilation of information due to less additionalinformation as far as possible with a goodcomprehensibility.

Furthermore, some technical and operationalconstraints are investigated, that are to be followedwhen calculating travel times and showing traveltime information on dWiSta signs. The necessity ofautomated control devices for the recommendationof alternative routes in the case of incidents ispointed out. This aspect is however not regarded indetail in the context of this investigation.

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Inhalt

1 Ausgangssituation/Aufgaben-stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.1 Ausgangssituation/Problem-stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.2 Aufgabenstellung und methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2 Literatur- und Datenrecherche . . . . . 10

2.1 Einleitung Reisezeitberechnungen . . . . 10

2.2 Reisezeitberechnungen mittels Verkehrskenngrößen . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2.2 Reisezeitinformationen in den USA . . . 12

2.2.3 Reisezeitinformationen in Australien . . 13

2.2.4 Reisezeitinformationen in Europa . . . . . 14

2.2.5 Deutsche Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.2.6 Verfahren OLSIM . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.2.7 Verfahren ddg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.2.8 Störfallerkennungsprogramm ASDA/FOTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.2.9 Verfahren „EINFACHER ANSATZ“ . . . . 24

2.3 Direkte Messung von Reisezeiten . . . . 25

2.3.1 Unterteilung der Verfahren . . . . . . . . . . 25

2.3.2 Floating Car Data . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2.3.3 Mustererkennung mittels Video . . . . . . 26

2.3.4 Mustererkennung mittels Induktiv-schleifen – Verfahren MAVE-S . . . . . . . 28

2.3.5 Wiedererkennung über Mautdaten . . . . 29

2.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse der Recherche zum Thema Reise-zeitberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2.3.7 Ausgewählte Verfahren für den Praxistest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.4 Wahrnehmungspsychologische Aspekte der Schildergestaltung . . . . . . 31

2.4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.4.2 Erkenntnisse aus wahrnehmungs-psychologischen Untersuchungen zur Schildergestaltung . . . . . . . . . . . . . 32

2.4.3 Entscheidungsaspekte bei Reise-zeitangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.4.4 Akzeptanz von Reisezeitangaben . . . . 34

2.4.5 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3 Bewertung der Eignung ausge-wählter Verfahren zur Reisezeit-berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.1 Eingangsgrößen und Ergebnisse der in den Praxistest einbezogenen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.2 Auswahl und Beschreibung der Teststrecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.2.1 Ablauf Praxistest . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.2.2 Gewählte Teststrecken . . . . . . . . . . . . . 37

3.2.3 Teststrecke A 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3.2.4 Teststrecke A 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3.2.5 Teststrecke A 42 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.3 Kontrollerhebungen mittels Kenn-zeichenerfassung per Video . . . . . . . . 44

3.3.1 Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3.3.2 Ableitung der Pkw-Reisegeschwin-digkeit aus den Kontrollmessungen, Kontrollstrecke A 5 . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.3.3 Ableitung der Pkw-Reisegeschwin-digkeit aus den Kontrollmessungen, Kontrollstrecke A 8 . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.3.4 Ableitung der Pkw-Reisegeschwin-digkeit aus den Kontrollmessungen, Kontrollstrecke A 42 . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.4 Kontrollfahrten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.5 Einschätzung der Verfahren anhand der videobasierten Fahrtzeitmes-sungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.5.1 Differenzierung nach Verkehrs-stufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.5.2 Beurteilungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.5.3 Verfahren OLSIM . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3.5.4 Verfahren ddg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3.5.5 Verfahren ASDA/FOTO . . . . . . . . . . . . . 53

3.5.6 Verfahren EINFACHER ANSATZ . . . . . 55

3.5.7 Verfahren MAVE-S . . . . . . . . . . . . . . . . 57

3.5.8 Zusammenfassende Einschätzung . . . 59

3.6 Einschätzung der Verfahren anhand ausgewählter Zeitbereiche . . . . . . . . . . 60

3.6.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

3.6.2 Teststrecke A 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

3.6.3 Teststrecke A 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

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3.6.4 Teststrecke A 42 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

3.7 Fahrtzeitangaben bei gestautem Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

3.8 Datenausfälle stationärer Messstellen und Datenersatzverfahren . . . . . . . . . . 74

3.9 Prognosefähigkeit der Verfahren . . . . . 76

3.10 Zusammenfassende Einschätzung . . . 77

4 Betriebliche und technische Rand-bedingungen bei der Anzeige von Reisezeitinfomationen . . . . . . . . . . . . 77

4.1 Technische Infrastruktur . . . . . . . . . . . . 77

4.1.1 Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

4.1.2 Zweckmäßige Messstellendichte . . . . . 78

4.1.3 Bereitstellung der berechneten Fahrtzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

4.2 Betriebliche Randbedingungen . . . . . . 81

4.2.1 Hinweise zu Schaltungen von Reise-zeitinformationen in dWiSta . . . . . . . . . 81

4.2.2 Schwellenwerte, ab denen Alternativ-routen angezeigt werden (sollten) . . . . 81

4.3 Entwicklungspotenziale der Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . 82

4.4 Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5 Wahrnehmungspsychologische Aspekte der Einbettung von Reisezeitinformationen . . . . . . . . . . . 84

5.1 Entwurf der Anzeigekonzepte undVorauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

5.2 Vorbefragung zur Auswahl der Anzeigekonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5.2.1 Anforderungen an die Interview-gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5.2.2 Die Interviewvarianten . . . . . . . . . . . . . 88

5.2.3 Orte und Zeitraum der Befragung . . . . 91

5.2.4 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

5.2.5 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

5.2.6 Fehlerhafte Interpretationen des Gesamtschildes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

5.2.7 Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5.2.8 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5.3 Wahrnehmungspsychologisches Laborexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

5.3.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

5.3.2 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

5.3.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

5.3.4 Abschließende Bewertung der Ergebnisse und Empfehlung . . . . . . . . 114

6 Ergebnisse und Empfehlungen . . . . . 116

6.1 Reisezeitberechnung . . . . . . . . . . . . . . 116

6.2 Anzeigeinhalte und -formen für Reisezeitinformationen . . . . . . . . . . . . . 117

6.3 Praktische Anwendung . . . . . . . . . . . . . 117

6.4 Weiterer Forschungsbedarf . . . . . . . . . 119

7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

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Glossar

AD Autobahndreieck

AK Autobahnkreuz

AS Anschlussstelle

ASDA/FOTO ASDA

Automatische Staudynamikana-lyse FOTO Forecasting Of TrafficObjects Verfahren zur Störfall-erkennungs- und Verkehrsvor-hersage (Verkehrszustände undFahrtzeiten). Das System wirdvon der Firma PTV vertrieben.

ASF Autoroutes du Sud de la France

BMVBS Bundesministerium für Verkehr,Bau- und Stadtentwicklung

CMS Changable Message Sign →VMS

ddg Gesellschaft für VerkehrsdatenmbH

Im Rahmen dieses Forschungs-vorhaben wird das von der Firmaddg entwickelte und gepflegteVerfahren zur Verkehrsvorhersa-ge auf Basis von Verkehrsmodell-rechnungen der Einfachheit hal-ber als „Verfahren ddg“ bezeich-net.

DMS Dynamic Message Sign → VMS

dWiSta Dynamische Wegweiser mit inte-grierter Stauinformation

EFC Electronic Fee Collection System

FCD Floating Car Data

GPRS General Packet Radio Service

GPS Global Positioning System

GSM Global System for Mobile Com-munications

Kontrollfahrt Im Rahmen dieses Forschungs-vorhabens: Fahrt über die →Teststrecke mit einem Fahrzeug,das mit einem GPS-Tracker aus-gestattet ist, der ein Geschwin-digkeitsprofil der Fahrt weg- undzeitbezogen aufzeichnet.

Kontrollmessung Im Rahmen dieses Forschungs-vorhabens: Gemeint ist immerdie videobasierte Fahrtzeitmes-sung auf der → Kontrollstrecke.

Kontrollstrecke Im Rahmen dieses Forschungs-vorhabens: Teilabschnitt einer →Teststrecke, auf der mittels Kenn-zeichenerfassung per VideoFahrtzeiten von Pkw direkt ge-messen wurden.

LMS Landesmeldestelle

MARZ Merkblatt für die Ausstattung vonVerkehrsrechnerzentralen undUnterzentralen

MAVE-S Verfahren zur Messung vonFahrtzeiten mittels schleifenba-sierter Wiedererkennung vonFahrzeugen. Das System wirdvon der Firma ave Verkehrs- undInformationstechnik GmbH ver-trieben.

MQ Messquerschnitt

NMS Nationale Meldestelle

NRW Nordrhein-Westfalen

OLSIM Online Simulation Verkehrssimulationsverfahren,basierend auf dem Prinzip desZellularautomaten. Berechnetwerden aktuelle und prognosti-sche Verkehrszustände undFahrtzeiten ausgewählter Stre-ckenabschnitte für das nordrhein-westfälische Autobahnnetz. DasModell wird von der UniversitätDuisburg entwickelt und gepflegt.

Q Querschnittsbezogene Fahr-zeugmenge je Zeiteinheit

q Fahrstreifenbezogene Fahrzeug-menge je Zeiteinheit

RDS Radio Data Service

SAPRR Societé des Autoroutes Paris-Rhin-Rhône

SES Stationäres Erfassungs-System– wird vom Verfahren ddg ge-nutzt

SMS Short Message Service

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Teststrecke Im Rahmen dieses Forschungsvorha-bens:Ein über mehrere Anschlussstellen rei-chender Autobahnabschnitt, für densowohl die Verkehrskenngrößen derstationären Messquerschnitte vorlie-gen, als auch die von den dort im Ein-satz befindlichen Verfahren berechne-ten Fahrtzeiten.

TIC Traffic Information Center

TMC Traffic Message Channel

TRIM Traffic Informatics on Motorways (Dä-nemark)

TROPIC Traffic Optimisation by the Integrationof Information and Control. EU-Projektzur Wahrnehmung variabler Informa-tionstafeln

UMTS Universal Mobile TelecommunicationsSystem

V Querschnittsbezogene Geschwindig-keit

v Fahrstreifenbezogene Geschwindig-keit

VIZ Verkehrsinformationszentrale

VMS Variable Message Sign – (meist) freiprogrammierbare Verkehrsinforma-tionstafel

VRZ Verkehrsrechnerzentrale

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1 Ausgangssituation/Aufgaben-stellung

1.1 Ausgangssituation/Problem-stellung

Im Hinblick auf Informationen bezüglich des aktuel-len Verkehrszustands während der Fahrt, sind Ver-kehrsteilnehmer meist auf Verkehrsmeldungen imfrei zugänglichen Rundfunk, dem Radio Data Service (Traffic Message Channel) RDS – TMCoder speziellen Anbietern von (meist kostenpflichti-gen) Verkehrsinformationen angewiesen.

Die statische Wegweisung gibt dem Verkehrsteil-nehmer keinerlei Informationen über die aktuelleVerkehrssituation auf seiner Route. Eine Weiterent-wicklung der statischen Wegweisung erfolgte durchdie Einführung der substitutiven und additivenWechselwegweisung. Aber auch bei der dynami-schen, früher meist in Prismentechnik ausgelegtenWechselwegweisung erhalten Verkehrsteilnehmerin der Regel keine Begründung für die aktuell aus-geschilderte Wegweisung. Dies führt einerseits zuAkzeptanzeinbußen bei den Verkehrsteilnehmern,andererseits können durch die beschränkte Anzahlvon Zielen auf einem Wegweiser, je nach Situation,auch Verkehrsströme umgeleitet werden, für die dieUmleitung nicht oder nur bedingt vorteilhaft ist.

In den letzten Jahren wurden „dynamische Weg-weiser mit integrierten Stauinformationen“ (dWiSta)neu entwickelt. Sie eröffnen durch die freie Pro-grammierbarkeit der Textzeilen neue und verbes-serte Möglichkeiten zur Information der Verkehrs-teilnehmer, insbesondere im Fall von Verkehrs-störungen. Grund und Ausmaß der Störung könnenin einem dWiSta mit angegeben werden. Das Aus-maß der Störung kann beispielsweise als Staulän-ge oder als Reisezeit(verlängerung) angegebenwerden.

Die grundsätzliche Gestaltung der dWiSta wurde,unter Einbeziehung der Ergebnisse des For-schungsvorhabens zu „Dynamischen Verkehrsin-formationstafeln“ [21] bundesweit abgestimmt undist in den Hinweisen für die einheitliche Gestaltungund Anwendung an Bundesfernstraßen [11] be-schrieben. Demnach werden Staulängen, aberkeine Reisezeiten bzw. Fahrtzeiten1 angezeigt.

Die Reisezeit ist für den Verkehrsteilnehmer einezentrale Größe und wird direkt wahrgenommen. Sieist bei alternativen Routen oder Verkehrsmitteln

häufig eine wichtige oder sogar entscheidendeGrundlage für die Wahl der Route bzw. des Ver-kehrsmittels. Von daher ist es nahe liegend, Reise-zeitinformationen auch verstärkt im Rahmen derWegweisung einzusetzen. Es wird dadurch eineverbesserte Akzeptanz der Befolgung erwartet.

Zur Berechnung von Reisezeiten bzw. Reisezeit-verlängerungen stehen, je nach Anwendungsfallund Datengrundlagen, verschiedene Verfahren zurVerfügung. Es gibt allerdings keine verbindlichenEmpfehlungen, Vorschriften oder Ähnliches zur Be-rechnung von Reisezeiten bzw. Fahrtzeitverlänge-rungen. Ebenso wenig gibt es anwendungsfallbe-zogene Empfehlungen für oder gegen den Einsatzbestimmter Rechenalgorithmen.

Die zunehmende Verdichtung der Verkehrsdatener-fassung verbessert die Grundlagen für Reisezeitbe-rechnungen. Weiterentwicklungen der Berech-nungsverfahren und der Informationsdarstellungenwerden in vielen Ländern betrieben, u. a. im Rah-men des von der EU geförderten euroregionalenProgramms SERTI.

Im Ausland werden Reisezeitinformationen bereitsseit mehreren Jahren in vielfältiger Form angezeigt.Die dort gemachten Erfahrungen mit der Anzeigevon Reisezeitinformationen werden durchweg posi-tiv eingeschätzt. Die Angabe von Reisezeiten bzw.Reisezeitverlängerungen als integraler Bestandteilder Wegweisung ist in Deutschland derzeit noch dieAusnahme. Aufgrund ihrer Flexibilität bieten sichdie dWiSta als geeignetes Anzeigemedium dafüran.

Gesicherte Erkenntnisse im Hinblick auf die Gestal-tung der Reisezeitinformation in dWiSta und derenAkzeptanz durch die Verkehrsteilnehmer liegennicht vor. Schwerpunkte dieses Forschungsvorha-ben bilden die beiden nachfolgend genannten Pro-blemstellungen:

• Auswahl geeigneter Verfahren zur Bestimmungvon Reisezeiten bzw. Reisezeitverlängerungensowie

• Bestimmung geeigneter Anzeigeinhalte und -for-men.

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1 Reisezeit und Fahrtzeit werden in diesem Bericht als syno-nyme Begriffe verwendet und beziehen sich immer auf einenAutobahnabschnitt.

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Die Aufstellung von dWiSta erfolgt vorrangig imBundesautobahnnetz an Knotenpunkten, d. h. Au-tobahndreiecken oder -kreuzen, an denen die Mög-lichkeit zum Ausweichen auf Alternativrouten gege-ben ist. Von daher fokussiert sich diese Untersu-chung auf die Reisezeitermittlung auf Autobahnen.Die Ermittlung und Anzeige von Reisezeitinforma-tionen auf innerstädtischen Hauptverkehrsstraßenspielten im Rahmen dieser Studie keine Rolle.

1.2 Aufgabenstellung und methodi-sches Vorgehen

Wesentliche Ziele der Untersuchung sind, geeigne-te Verfahren für die Ermittlung von Fahrtzeiten aufbundesdeutschen Autobahnen vorzuschlagen undfür den Verkehrsteilnehmer verständliche Darstel-lungsformen für die Integration von Reisezeitinfor-mationen in die dynamische Wegweisung zu ent-wickeln. Beide Arbeitspakete, Ermittlung von Reise-zeiten und die Entwicklung einer optimalen Anzei-geform, können weitgehend unabhängig voneinan-der bearbeitet werden.

Im ersten Arbeitspaket werden im Einsatz befindli-che Berechnungsverfahren aufgezeigt, beschrie-ben und hinsichtlich eines Einsatzes auf bundes-deutschen Autobahnen beurteilt. Die als „grund-sätzlich geeignet“ eingestuften Verfahren werdenanschließend in einem Praxistest erprobt. Die vonden einbezogenen Verfahren berechneten Fahrt-zeiten werden mit den Ergebnissen eigens hierfürdurchgeführter Fahrtzeitmessungen und Kontroll-fahrten verglichen. Ergänzend dazu werden spezi-fische Charakteristika der Verfahren und – soweitvorhanden – relevante Unterschiede zwischen denVerfahren aufgezeigt. Ziel des Vergleichs ist es, zubeurteilen, ob und gegebenenfalls unter welchenRandbedingungen die Verfahren geeignet sind,ausreichend zuverlässige und genaue Fahrtzeitenfür die Anzeige in dWiSta zu berechnen.

Aus Sicht des Verkehrsteilnehmers kommt nebender Verlässlichkeit der Begreifbarkeit der angezeig-ten Informationen große Bedeutung zu. Die Be-greifbarkeit bzw. Verständlichkeit der Information istabhängig von dem eigentlichen Anzeigeinhalt undder Schildergestaltung. Sie stehen im Fokus derwahrnehmungspsychologischen Untersuchung,dem zweiten Arbeitspaket.

Zunächst werden die generellen Rahmenbedingun-gen aufgezeigt und mögliche Anzeigekonzepte ent-wickelt. Alle Konzepte berücksichtigen die Gestal-

tungshinweise für dWiSta [11]. Die Grundform derdWiSta mit ihrer Einteilung in Symbol- und Textfel-der bleibt in allen Fällen erhalten, sodass keinetechnischen Änderungen an den Schildern notwen-dig werden.

In einem weiteren Arbeitsschritt werden Schilder-konzepte von Experten vorausgewählt. Anschlie-ßend werden Autobahnnutzer nach ihrer Meinungzu den Schilderinhalten und deren Verständlichkeitbefragt. Im Ergebnis der Expertendiskussion undder Befragung von Verkehrsteilnehmern werden dieals „am besten“ eingestuften Schilder in einemwahrnehmungspsychologischen Test detailliert un-tersucht. Die Ergebnisse dieses Tests fließen inkonkrete Vorschläge zur Gestaltung von dWiSta mitReisezeitinformationen ein.

Im Ergebnis der Gesamtuntersuchung liegen dannEmpfehlungen für geeignete Verfahren zur Berech-nung von Reisezeiten und deren Anzeige in dWiStavor. Bei den Vorschlägen werden, neben der Ver-ständlichkeit und Begreifbarkeit der Schilder für denVerkehrsteilnehmer, auch betriebliche und wirt-schaftliche Aspekte berücksichtigt.

Nicht Gegenstand dieses Forschungsvorhabens istdie Einschätzung oder Entwicklung von Steue-rungsverfahren zur dynamischen Ausweisung vonAlternativrouten. Die Reisezeit ist hierbei ein wichti-ges Kriterium, als alleiniger Entscheidungsparame-ter reicht sie allerdings nicht aus. Bei einer Alterna-tivroutenempfehlung sind beispielsweise auch dievoraussichtliche Störungsdauer und die veränderteVerkehrssituation, die sich durch Verlagerungen aufdie Alternativroute einstellt, mit zu berücksichtigen.

2 Literatur- und Datenrecherche

2.1 Einleitung Reisezeitberechnungen

Die Verfahren zur Berechnung der Reisezeit lassensich drei Gruppen zuordnen:

1. Berechnung über feste, streckentypbezogeneGeschwindigkeiten,

2. Berechnung mittels Verkehrskenngrößen,

3. direkte Messung der Reisezeiten einzelner odermehrerer Fahrzeuge.

Die einfachste Methode ist die Berechnung vonReisezeiten anhand von streckentypischen, meistmittleren Geschwindigkeiten. Bei diesen Verfahren

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Page 12: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

(Gruppe 1) werden den einzelnen Streckenab-schnitten Geschwindigkeiten fest zugewiesen, z. B.einem Autobahnabschnitt 120 km/h für Pkw oderdie zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Ab-schnitt. Die Fahrtzeit auf einem Abschnitt ergibt sichdann aus der Division der Streckenlänge durch diezugewiesene Abschnittsgeschwindigkeit. Verläuftdie Route über mehrere Streckenabschnitte mit un-terschiedlicher Geschwindigkeit wird jeder Ab-schnitt einzeln berechnet und anschließend die Ge-samtreisezeit durch Summation der Einzelabschnit-te bestimmt. Diese Verfahren werden z. B. sehr oftbei Routenplanern eingesetzt.

Sie haben den gravierenden Nachteil, dass der ak-tuelle Verkehrszustand, der die tatsächliche Ge-schwindigkeit maßgeblich beeinflusst, nicht berück-sichtigt wird. Es wird unabhängig vom Verkehrszu-stand immer die gleiche Fahrtzeit ermittelt. Eine dy-namische, alternative Routenempfehlung lässt sichdamit nicht begründen. Im Rahmen dieses For-schungsvorhabens wird auf diese sehr einfachenVerfahren deshalb nicht näher eingegangen.

Eine Verfeinerung des oben genannten Berech-nungsprinzips ließe sich erreichen, wenn einemStreckenabschnitt nicht nur ein fester Geschwindig-keitswert, sondern mehrere, zeitbezogene (gangli-nienbezogene) Geschwindigkeiten zugewiesenwerden. Aber auch in diesem Fall kann mit der ver-besserten Reisezeitberechnung keine Routenemp-fehlung erfolgen, die die momentane Verkehrssi-tuation, insbesondere bei einem gestörten Ver-kehrsablauf, berücksichtigt. Aufgrund dessen wer-den diese Verfahren ebenfalls nicht berücksichtigt.

Häufig werden aktuell ermittelte Verkehrskenn-größen zur Reisezeitberechnung verwendet (Grup-pe 2), z. B. Verkehrsstärken, -dichten, lokale Ge-schwindigkeiten, oft auch in Kombinationen. Dieeingesetzten Verfahren können mehr oder wenigerkomplex sein. Sie reichen von einfachen Ge-schwindigkeitsfunktionen (z. B. q-v-Funktionen) biszu komplexen Verkehrsmodellen. Für den Gültig-keitsbereich (Streckenabschnitt) der Verkehrskenn-größen werden mittlere Geschwindigkeiten errech-net, anhand derer die Fahrtzeiten auf dem Ab-schnitt bestimmt werden. Reisezeiten für mehrereAbschnitte ergeben sich aus der Summation derEinzelabschnitte.

Eine Untergruppe in der Gruppe 2 bilden Störfaller-kennungsverfahren, die zunächst anstelle einer ge-samten Fahrtzeit verkehrsbedingte Fahrtzeitverlän-gerungen, z. B. infolge eines Verkehrsstaus ermit-

teln. Diese Fahrtzeitverlängerungen (Verlustzeiten)werden dann auf die Normfahrtzeit addiert.

Die Verfahren der zweiten Gruppe lassen sich inVerkehrsmodelle einpflegen. Damit bestehtgrundsätzlich die Möglichkeit, Reisezeiten auchunter Berücksichtigung von Verkehrsverlagerungs-effekten und/oder prognostisch zu berechnen.

Die Genauigkeit der berechneten Ergebnisse stehtin engem Zusammenhang mit der Dichte und Qua-lität der Datenerfassung sowie den verwendetenGeschwindigkeitsfunktionen. Alle Verfahren sind,da sie die momentane Verkehrssituation auf Haupt-und Alternativroute berücksichtigen, grundsätzlichfür dynamische Routenempfehlungen geeignet undwerden nachfolgend näher betrachtet.

Die direkte Messung von Reisezeiten (Gruppe 3)wird bislang relativ selten angewendet. In vielenFällen dient sie der Verifizierung/Eichung von Er-gebnissen, die mit Verfahren der Gruppe 2 berech-net wurden. Bei der direkten Messung von Reise-zeiten sind alle die Geschwindigkeit beeinflussen-den Faktoren implizit enthalten.

Von daher gilt auch für die Verfahren der Gruppe 3,dass sie grundsätzlich für dynamische Routenemp-fehlungen geeignet sind und mit betrachtet werden.

Im Folgenden werden wesentliche Ergebnisse derLiteratur- und Datenrecherche zum Thema „Reise-zeitberechnung“ beschrieben. Anhand ausgewähl-ter Praxisbeispiele werden derzeit gebräuchlicheVerfahren erläutert. Bereits an dieser Stelle wirddarauf hingewiesen, dass – mit wenigen Ausnah-men – die in der Literatur- und Datenrecherche ge-fundenen Beschreibungen meist grundsätzlicherNatur sind. Genauere oder gar detaillierte Aussa-gen zu den eingesetzten Rechenalgorithmen, zutechnischen Voraussetzungen der Verfahrenund/oder zur Genauigkeit der berechneten Fahrt-zeiten sind – mit wenigen Ausnahmen – nicht ver-fügbar. Dies hängt auch damit zusammen, dass essich bei den Berechnungsverfahren häufig um fir-mengebundenes Know-how handelt.

2.2 Reisezeitberechnungen mittelsVerkehrskenngrößen

2.2.1 Überblick

Reisezeitberechnungen selbst sind nicht neu undwurden anfangs meist zu planerischen Zweckendurchgeführt. Mit der rasanten Entwicklung des In-

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ternets und frei programmierbarer Informationsta-feln kommt der Reisezeitberechnung neue Bedeu-tung zu. Einerseits wird der (potenzielle) Verkehrs-teilnehmer über seine voraussichtliche Reisedauerinformiert, andererseits trägt die Information dazubei, den Zeitpunkt der Fahrt und/oder die Routen-wahl zu beeinflussen. Beide Aufgaben setzenglaubwürdige und richtige Reisezeitinformationenvoraus. Die Mehrzahl der Berechnungsverfahrenstützt sich dabei auf Verkehrskenngrößen.

Verkehrskenngrößen sind lokal gemessene oderaus Messungen abgeleitete Werte, die den Ver-kehrsfluss beschreiben. Die wesentlichen Ver-kehrskenngrößen im Zusammenhang mit der Rei-sezeitberechnung sind;

• lokale Geschwindigkeit (differenziert nach Pkwund Lkw),

• Verkehrsstärke (differenziert nach Pkw undLkw),

• Verkehrsdichte,

• Belegung und

• Zeitlücken.

Diese Werte werden üblicherweise durch ortsfeste,fahrstreifenbezogene Detektoren ermittelt. ZumEinsatz kommen unterschiedliche Detektoren. Indie Fahrbahn eingelassene Induktivschleifen sinddie am meisten verbreiteten Detektoren. Zuneh-mend gewinnen auch Videodetektoren an Bedeu-tung. Im Zusammenhang mit der Reisezeitberech-nung spielt die Bauweise des Detektors im Allge-meinen keine Rolle (Ausnahme: Verfahren MAVE-S, siehe Kapitel 2.3.4), zumal nicht die Roh-daten der Detektoren, sondern aggregierte Datenzeitbezogen bereitgestellt werden. In Deutschlandsind die Anforderungen an Detektoren in den Tech-nischen Lieferbedingungen für Streckenstationen(TLS), Stand 2002 [12] beschrieben. Das Zeitinter-vall für die Datenaggregation beträgt üblicherweiseeine Minute.

Die Abstände der Datenerfassung variieren ineinem großen Bereich und können von wenigenHundert Metern bis zu mehreren Kilometern rei-chen. Es gibt auch Netzabschnitte auf deutschenAutobahnen, auf denen keine, für Reisezeitberech-nungen nutzbare Datenerfassung vorhanden ist.Diese Abschnitte sind meist nur gering belastet undhäufig auch für Umleitungsempfehlungen nicht ge-eignet, da akzeptable Alternativrouten fehlen.

dWiSta werden an solchen Abschnitten nicht auf-gestellt.

Im europäischen wie auch im außereuropäischenAusland stellt sich die Situation der Datenerfassungähnlich wie in Deutschland dar. Am dichtesten istdie Datenerfassung in den verkehrlich hoch belas-teten Metropolregionen. Hier finden sich auch ver-stärkt an den Straßen aufgestellte Anzeigesysteme,auf denen dem Kraftfahrer Reisezeitinformationenangezeigt werden. Dies können Reisezeiten zueinem bestimmten Zielpunkt sein, aber auch Ver-lustzeiten, d. h. Fahrtzeiten, die aufgrund von hohenVerkehrsbelastungen und/oder Verkehrsstörungenüber einem durchschnittlichen Wert liegen.

2.2.2 Reisezeitinformationen in den USA

Überblick USA

Reisezeitberechnungen und eine diesbezüglicheInformation des Kraftfahrers durch an der Straßemontierte Anzeigesysteme sind in den USA seit vie-len Jahren üblich. Mit Stand 2005 waren sie in min-destens 17 Bundesstaaten in Gebrauch, in weite-ren 18 Bundesstaaten in Vorbereitung [50]. Zustän-dig ist das jeweilige State Department of Trans-portation (DOT). Von daher gibt es keine für alleBundesstaaten einheitliche Regelung, sowohl hin-sichtlich der Berechnung der Reisezeit als auchhinsichtlich der Informationsvermittlung.

Der Kraftfahrer wird über Variable Messages Signs(VMS) unterrichtet, die an den Straßen in Seiten-oder Überkopfaufstellung montiert sind. Die Anzei-ge besteht in der Regel aus einem dreizeiligen, freiprogrammierbaren Textfeld. Bis 2002 waren in denUSA bereits 4.500 VMS im Einsatz.

Angezeigt werden üblicherweise Reisezeiten zueinem bestimmten Ziel (siehe Bild 2.1). Die Anzei-gen werden darüber hinaus auch für allgemeineHinweise und Warnungen genutzt.

Reisezeiten werden meist nur für kürzere oder mitt-lere Streckenlängen (< 50 km) ermittelt. Als Grundhierfür wird eine mit wachsender Streckenlänge zu-nehmende Unschärfe der Aussage angeführt.

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Bild 2.1: Typische Reisezeitanzeige in den USA

Bildquelle: http://www.transguide.dot.state.tx.us/TravelTimes

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Hinsichtlich der Berechnungsverfahren gehen dieverantwortlichen Stellen eher pragmatisch als wis-senschaftlich genau vor. Der Kraftfahrer soll in erster Linie informiert werden, Alternativrouten wer-den üblicherweise nicht angezeigt. In einigen Bun-desstaaten werden aktuell berechnete Reisezeit-spannen angezeigt, in anderen wird die Angabe derkonkret berechneten Fahrtzeit bevorzugt.

Die Eingangsdaten der Rechenalgorithmen stam-men in der Regel von Schleifen-, Video- und/oderRadardetektoren. Sie umfassen die klassischenVerkehrskenngrößen Geschwindigkeit, Verkehrs-stärke und Belegung. Die Abstände der Detektorenliegen bei etwa 500 m in städtischen Gebieten undkönnen in ländlicheren Gebieten auf über 3 km an-wachsen.

Die Algorithmen selbst sind häufig relativ einfach.So werden beispielsweise im System der Stadt Milwaukee die gemessenen Geschwindigkeitenaller Fahrstreifen eines Querschnitts direkt zu einermittleren Geschwindigkeit zusammengefasst, an-hand derer dann die Fahrtzeit für diesen Abschnittberechnet wird.

Fahrtzeit =Abschnittslänge

Mittlere Geschwindigkeit

Die Gesamtreisezeit für eine Punkt-zu-Punkt-Ver-bindung ergibt sich aus der Summation der Fahrt-zeiten auf den Einzelabschnitten.

Erfahrungen bezüglich Reisezeitinformationen wer-den sowohl von den zuständigen Stellen als auchden Verkehrsteilnehmern durchweg positiv einge-schätzt.

Beispiel PeMS

Das Freeway Performance Measurment System(PeMS) ist ein gemeinsames Projekt zwischenPATH (Partner for Advance Transit an Highways)und CALTRANS (California Department of Trans-portation) aus dem Forschungsbereich Traffic Operations Research und wird seit September2002 in Kalifornien genutzt [16].

Mit Hilfe von Schleifendetektoren werden Datenüber Verkehrsfluss, Verkehrsdichte, Auslastung,Geschwindigkeit und Staus von Highways gesam-melt. Die Datenerfassung erfolgt im 30-s-Takt. DieDaten werden in einem Bezirksrechner und ineinem bezirksübergreifenden Hauptrechner gespei-chert und weiterverarbeitet.

Aus den aktuellen Verkehrskenngrößen wird diemomentane Verkehrslage erzeugt. Unter Einbezie-hung historischer Verkehrsdaten, die mit der aktu-ellen Verkehrssituation abgeglichen werden, wer-den Verkehrsbehinderungen, Engpässe u. Ä. prog-nostiziert.

Die aktuelle Verkehrssituation auf den einzelnenStreckenabschnitten wird mittels sechs Geschwin-digkeitsklassen (< 35 mph, 35 – 39 mph, 40 – 44mph, 45 – 49 mph, 50 – 54 mph, > 55 mph) charak-terisiert. Parallel dazu besteht auch die Möglichkeit,sich anstelle der Geschwindigkeit die Belegung derjeweiligen Streckenabschnitte anzeigen zu lassen.Der Verkehrsteilnehmer kann sich vor Fahrtbeginnim Internet (pems.eecs.berkeley.edu) über die Ver-kehrslage auf seiner Route informieren. Dazu gibtes entsprechend farbige Karten des Autobahnnet-zes; Aktualisierungen erfolgen im 5-Minuteninter-vall. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, sich ak-tuelle Fahrtzeiten ausgewählter Routen anzeigen zulassen. Die Reisezeiten werden sekundengenauangegeben. Eine Nutzung des Systems währendder Fahrt ist über ein webfähiges Handy möglich.

PeMS bietet die Möglichkeit, sich die Zuverlässig-keit der Datenerfassung anzusehen. Ebenfalls insechs Stufen wird die Ausfallrate einzelner Detek-toren in Prozent dargestellt. Darüber hinaus kannsich der interessierte Nutzer auch über den Verlaufeinzelner Verkehrskenngrößen informieren.

Umfangreiche Informationen zum PeMS könnenunter der oben genannten Internetadresse abgeru-fen werden.

2.2.3 Reisezeitinformationen in Australien

Im Raum Melbourne werden Reisezeitinformatio-nen auf strategisch wichtigen Stadtautobahnenüber hierfür eigens aufgestellte Schilder gegeben.Angezeigt wird ein Zielpunkt, z. B. eine stromab-wärts gelegene Straße, und die zugehörige Fahrt-zeit. Die Fahrtzeit wird auf den Schildern ausdrück-lich als „geschätzt“ bezeichnet.

Ein erstes Berechnungsverfahren (Cell SpeedModel) nutzte einen sehr einfachen Ansatz. Die aneinem stationären Messquerschnitt mittels einer In-duktivschleife erhobene punktuelle Geschwindig-keit wurde als repräsentativ für den folgenden Ab-schnitt bis zum nächsten Messquerschnitt angese-hen. Die Reisezeit für eine bestimmte Route be-rechnet sich dann als Summe der Fahrtzeiten aufden einzelnen Messabschnitten.

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Diese Vorgehensweise zeigte insbesondere zu Ver-kehrsspitzenzeiten Schwächen. Das war der An-lass für die Entwicklung eines „Recursive Cell Processing“-Algorithmus, der auf der makroskopi-schen Verkehrsflusstheorie und einer deterministi-schen Fahrzeugfolgetheorie (deterministic queuingtheory) basiert. In das Modell fließen über Schleifengewonnene Verkehrskenngrößen (v und q) ein,wobei in Melbourne der Schleifenabstand mit maxi-mal 500 m sehr kurz ist. Der Zu- und Abfluss an An-schlussstellen wird im Modell berücksichtigt.

Durchgeführte Kontrollmessungen (über Kennzei-chenerfassung) ergaben für einen 15 km langenStreckenabschnitt eine mittlere minütliche Abwei-chung der berechneten von der gemessenen Fahrt-zeit von 1,1 Minuten [40].

2.2.4 Reisezeitinformationen in Europa

Überblick

Die EU fördert innerhalb verschiedener Projekte (z.B. ARTS, SERTI, VIKING, CENTRICO) u. a. Vorha-ben, die sich mit Reisezeitermittlung und -vorhersa-ge beschäftigen. Die überwiegende Mehrzahl der indiesem Rahmen durchgeführten bzw. noch laufen-den Projekte nutzt Verkehrskenngrößen zur Be-rechnung der Reisezeit. Es werden aber auch Ver-fahren getestet, in denen die Reisezeit gemessenwird (siehe Kapitel 2.3).

Viele Projekte sind in Ballungsgebieten angesie-delt, z. B. Barcelona, Paris, Kopenhagen, und be-treffen die Haupteinfallstraßen. Reisezeiten werdenaber auch für Autobahnen außerhalb von Ballungs-räumen ermittelt. Insbesondere die französischenAutobahngesellschaften sind auf diesem Gebietsehr aktiv.

Nachfolgend werden einige Projekte kurz vorge-stellt. Die Informationen stützen sich im Wesentli-chen auf Vorträge im Rahmen eines europäischenWorkshops [45]. Soweit neuere Informationen ver-fügbar waren, sind diese eingeflossen.

Beispiel Valencia

Reisezeitinformationen werden auf einer 16 km lan-gen Hauptroute zwischen der A 7 und dem Hafenüber fünf frei programmierbare Informationstafelngegeben (siehe Bild 2.2). Die Hauptroute ist übermehrere Ein- und Ausfahrten mit dem nachgeord-neten Netz verbunden. Die Datenerfassung erfolgtmittels Schleifen, die Verkehrsstärken und Ge-

schwindigkeiten im 1-Minutenintervall erfassen. Er-gänzend werden Kameras und Wetterstationen ein-gesetzt.

Der Streckenzug ist in gleichartige Abschnitte unter-teilt. Ein Abschnitt enthält mindestens einen Mess-querschnitt, an dem die lokale Geschwindigkeit er-fasst wird. Die Reisegeschwindigkeit auf einem Ab-schnitt errechnet sich in einem ersten Schritt alsmittlere Geschwindigkeit aller Messquerschnitte indiesem Abschnitt. In einem zweiten Schritt erfolgtein Abgleich der Geschwindigkeit am Übergangzum nächsten Abschnitt mit dessen mittlerer Ge-schwindigkeit, um zu große Geschwindigkeitsdiffe-renzen zwischen zwei aufeinander folgenden Ab-schnitten zu verhindern. Die Fahrtzeit auf einem Ab-schnitt ergibt sich dann als Division der Strecken-länge durch die zugehörige, abgeglichene Ge-schwindigkeit. Die Gesamtreisezeit ergibt sich alsSummenbildung der Fahrtzeiten auf allen Strecken-abschnitten. Das System wird in regelmäßigen Ab-ständen kalibriert, u. a. auch mit Floating Car Data.

Zwischenzeitlich wird die Verkehrslage auf denHauptstraßen im gesamten Innenstadtbereich vonValencia erfasst und im Internet in einer dreistufi-gen Skala (flüssig, dicht und gestaut) angezeigt.Neben weiteren Informationen auf dieser Seite wer-den auch historische Verkehrsstärken angeboten(www.valencia.es/ayuntamiento2/ndprincipal.nsf/frtraficoc?openframeset).

Beispiel Barcelona

Von Osten her auf der A 19 kommend, bieten sichzwei Korridore an, um das Zentrum von Barcelona

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Bild 2.2: Reisezeitanzeige in Valencia

Bildquelle:http://www.valencia.es/ayuntamiento2/ndprincipal.nsf/

Page 16: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

zu erreichen. Die Verkehrsdaten werden mit Schlei-fen, die zwischen 750 m und 2.000 m auseinanderliegen, erfasst. Es werden Verkehrsstärken und Ge-schwindigkeiten erhoben. Zur Berechnung der Rei-sezeit werden die Messdaten zunächst auf Plausi-bilität geprüft, geglättet (Mittelwert eines 5-Minu-tenintervalls) und in Abhängigkeit der Messquer-schnitte gewichtet. Die Fahrtzeit auf einemStreckenabschnitt berechnet sich aus der Divisionder Streckenlänge und der zugehörigen gewichte-ten Geschwindigkeit. Die Reisezeit für den Ge-samtabschnitt ergibt sich dann als Summe der Ein-zelabschnitte. Auf den frei programmierbaren Infor-mationstafeln werden immer die Zeiten für beideRouten angezeigt (siehe Bild 2.3). Empfehlungenfür eine Route werden nicht gegeben. Die frei pro-grammierbaren Informationstafeln werden auch fürdie Anzeige anderer Informationen (z. B. Baustelle,Unfall) eingesetzt. Diese Anzeigen können auch mitReisezeitinformationen kombiniert werden.

In Abhängigkeit der Größe des Zeitvorteils wech-seln bis zu 50 % der Fahrer auf die zeitgünstigereAlternativroute. Minimal sind es immer noch 20 %.

Reisezeitinformationen über frei programmierbareInformationstafeln werden mittlerweile auch auf an-deren Autobahnen im Großraum Barcelona gege-ben (http://www.gencat.net/transit).

Beispiel Kopenhagen

1997 wurde im Großraum Kopenhagen, um das zu-nehmende Verkehrsaufkommen besser abwickelnzu können, das internetbasierte Informations-system TRIM (Traffic Informatics on Motorways,www.vk.de/trim) eingeführt. Es umfasste damals

rund 110 km Autobahnen. Die Verkehrskennwertewerden überwiegend mittels Induktivschleifen erho-ben, deren mittlerer Abstand bei etwa 1,5 km liegt.Sie sind häufig in der Nähe von Ein- und Ausfahr-ten platziert. Es kommen auch Radardetektorenzum Einsatz. Eingangsgrößen für die Berechnungsind die üblichen Verkehrskenngrößen Verkehrs-stärken und Geschwindigkeiten, jeweils differen-ziert nach Pkw und Lkw. Die Informationen werdenzu Verkehrslageberichten aufbereitet und im Inter-net über drei Verkehrszustandsstufen:

• normaler Verkehr (V > 80 km/h),

• dichter Verkehr (40 < V < 80 km/h) und

• gestauter Verkehr (V < 40 km/h)

dargestellt. Die Aktualisierung der Daten erfolgtminütlich. Die Informationen wurden zusätzlichauch über Verkehrsmeldungen lokaler Radiostatio-nen und im Fernsehen verbreitet.

Mittlerweile wurden die Datenerfassung und die In-formationsausgabe auch auf weitere dänischeStädte und Regionen ausgedehnt. Für die in Ko-penhagen in Nord-Süd-Richtung verlaufendeHauptachse M 3 werden auf dem etwa 16 km langen Abschnitt zwischen der M 21 und der M 201die Fahrtzeiten zwischen den einzelnen Anschluss-stellen angegeben. Reisezeitinformationen für dieM 3 werden auch über zweizeilige VMS und stati-sche Schilder mit frei programmierbarem Textfeldfür die Fahrtzeitinformation (vergl. Bild 2.4) unmit-telbar an den Verkehrsteilnehmer auf der Straßeübertragen.

Für die rund 100 km langen Autobahnen E 20 undE 45 in der Region Kolding – Vejle – Odense kön-nen sich Internet-Nutzer die aktuellen Fahrtzeitenfür frei wählbare Streckenabschnitte berechnen las-sen.

Bei einem Vergleich von berechneten Fahrtzeitenund FCD-Fahrtzeiten stellte sich heraus, dass die

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Bild 2.3: Reisezeitanzeige in Barcelona

Bildquelle: http://www.gencat.net/transit

Bild 2.4: Reisezeitanzeige in Kopenhagen

Bildquelle: http://www.trafikken.dk

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berechneten Fahrtzeiten höher lagen als die ge-messenen FCD-Fahrtzeiten. Eine mögliche Ursa-che hierfür wird darin vermutet, dass die in die Be-rechnungen eingeschlossene, lokal gemesseneGeschwindigkeit im Vergleich zur mittleren Ge-schwindigkeit auf dem Streckenabschnitt zu hochist. Ob und in welchem Umfang die Berechnungs-verfahren mittlerweile entsprechend angepasstworden sind, ist nicht bekannt.

Beispiel Autobahnen in Frankreich

Fahrtzeiten werden auf französischen Autobahnenseit etwa 1996 ermittelt. Dazu haben u. a. die bei-den großen Autobahngesellschaften Autoroutes duSud de la France (ASF) und Societé des Auto-routes Paris-Rhin-Rhône (SAPRR) im Rahmen desForschungsvorhabens SERTI differenzierte Verfah-ren entwickelt. Mittlerweile stehen Angaben zur ak-tuellen Verkehrslage, Baustellen, Unfällen, Stre-ckensperrungen u. Ä. für alle bemauteten Auto-bahnstrecken im Internet zur Verfügung (z. B.www.asf.fr). Die Verkehrslage wird in den drei Stu-fen

• flüssig,

• dicht und

• gesättigt

angegeben. Auf Streckensperrungen wird geson-dert hingewiesen. Vorhersagen über den erwarte-ten Verkehrszustand sind für acht Monate im Vo-raus möglich. Die Vorhersagen gelten jeweilsimmer für eine volle Zeitstunde.

Darüber hinaus werden Reisezeitinformationen ins-besondere bei Fahrtzeitverlängerungen, über die inFrankreich weit verbreiteten, frei programmierbarenAnzeigesysteme verbreitet. Fahrtzeitangaben erfol-gen auch im Zusammenhang mit Umleitungsemp-fehlungen.

Die Entwicklung entsprechender Algorithmen zurBerechnung von Fahrtzeiten auf Autobahnen musste die vergleichsweise großen Abstände zwi-schen den einzelnen Messquerschnitten (ca. 5 km)berücksichtigen. An den Messquerschnitten wer-den die üblichen Verkehrskenngrößen (vgl. Kapitel2.2.1) erhoben. Die einfache Verwendung einerlokal gemessenen Geschwindigkeit als repräsenta-tive Geschwindigkeit für den gesamten Streckenab-schnitt stellte sich bei Kontrollmessungen als nichtzuverlässig genug heraus.

Die Fahrtzeitermittlung beim Verfahren der ASF er-folgt in zwei Schritten. Zunächst wird wegen dergroßen Messquerschnittsabstände der realeStreckenabschnitt in ca. 1 km lange Unterabschnit-te unterteilt. Für jeden Unterabschnitt werden, unterVerwendung der Daten des nächstgelegenenstromaufwärtigen und -abwärtigen Messquer-schnitts, die zugehörigen Geschwindigkeiten unterVerwendung einer linearen Interpolation bestimmt.Die hierfür verwendeten Eingangsdaten basierenauf zwei aufeinander folgenden Zeitintervallen mitjeweils sechs Minuten Länge und spiegeln damitdas zurückliegende Verkehrsgeschehen der letztenzwölf Minuten wider. Im zweiten Schritt wird dieFahrtzeit auf dem Streckenabschnitt über eine mul-tiple, lineare Regression ermittelt, in die die zuvorberechneten Geschwindigkeiten der Unterabschnit-te, der mittlere Verkehrsfluss, die mittlere Ge-schwindigkeit und die mittlere Belegung des Ab-schnitts einfließen.

Das von der SAPRR entwickelte Verfahren zurFahrtzeitermittlung ist in einem Verkehrsmanage-mentsystem eingebunden und umfasst zwei unter-schiedliche Berechnungsmethoden, die „Stock Method“ und die „Speed Method“. Die „Stock Method“ wird bei längeren Messquerschnittsab-ständen (> 5 km) eingesetzt und stützt sich u. a. aufim Verkehrsmanagementsystem gespeicherte his-torischen Daten. Voraussetzungen für die Anwen-dung der Methode sind ferner, dass der Stau zwi-schen den Messquerschnitten auftritt und der Ver-kehrsfluss an den angrenzenden Messquerschnit-ten bekannt ist. Die „Speed Method“ wird bei kür-zeren Messquerschnittsabständen angewendetund bedingt, dass die Verkehrsstörung sich direkt inden erhobenen Messquerschnittsdaten widerspie-gelt.

Über die Genauigkeit der berechneten Fahrtzeitenauf den französischen Autobahnen liegen keinenäheren Angaben vor. Die Verfahren wurde in denvergangenen Jahren kontinuierlich weiterent-wickelt.

Beispiel Niederlande

In den Niederlanden werden Reisezeitinformatio-nen als ein Lösungsansatz für die Reduzierung vonVerkehrsstörungen angesehen. Die Reisezeitbe-rechnungen sind deshalb in ein komplexes Ver-kehrsmanagementsystem eingebettet. Die Ein-gangsdaten für die Reisezeitberechnungen werdenüber Induktivschleifen gewonnen, die u. a. Fahr-

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zeugtyp und -anzahl sowie die Geschwindigkeitenerfassen.

Die Daten werden minütlich an die Verkehrszentra-le übertragen. Die Messquerschnittsabstände aufden Autobahnen liegen zwischen 0,5 km und 4 km,im Mittel betragen sie etwa 1 km. Die Messstellen-dichte in den Niederlanden ist damit sehr hoch.

Bevor die Fahrtzeiten im „Monibas-System“ (MONI-toring BASis applicaties) [51], einem Modul des nie-derländischen Verkehrsmanagementsystems, be-rechnet werden, durchlaufen sie umfangreichePlausibilitätsprüfungen. Neben der Fahrtzeit wird,wenn vorhanden, die Staulänge berechnet. Auf-grund der sehr geringen Messstellenabstände wirdein einfacher Ansatz zur Fahrtzeitberechnung ver-wendet. Die Fahrtzeit zwischen zwei Messquer-schnitten ergibt sich wie folgt:

Die so berechnete Fahrtzeit wird weiteren Plausibi-litätskontrollen unterzogen, bevor sie für weitereAnwendungen freigegeben wird.

Eine direkte Anzeige der berechneten Fahrtzeitenan Autobahnen erfolgt nicht. Im Internet können fürdie einzelnen Autobahnen die aktuelle Verkehrsla-ge und die in 5, 15 oder 30 Minuten erwartete Ver-kehrslage als Pre-Trip-Information abgerufen wer-den (www.vid.nl). Dabei werden drei Verkehrsla-gestufen dargestellt, die immer von Anschlussstellezu Anschlussstelle gelten:

• keine Fahrtzeitverlängerung,

• Fahrtzeitverlängerungen von 2 bis 10 Minutenund

• Fahrtzeitverlängerungen über 10 Minuten.

Darüber hinaus werden in den Niederlanden auchFahrtzeitmessungen über längere Streckenab-schnitte mittels Kennzeichenerfassung und -wie-dererkennung per Video durchgeführt. Die Fahrtzeitergibt sich direkt aus dem Zeitunterschied beimÜberfahren der Messquerschnitte. Diese Messun-gen werden von der Polizei durchgeführt und die-nen der Überwachung der Einhaltung der zulässi-gen Höchstgeschwindigkeit. Nähere Einzelheitenhierzu sind nicht bekannt.

2.2.5 Deutsche Projekte

Einleitung

Deutsche Projekte, in denen Reise- und/oder Verlustzeiten ermittelt und diese der Allgemeinheitzugänglich gemacht wurden/werden, waren bis vorwenigen Jahren relativ selten. Vorreiter waren hierprivate Telematikdienstleister, die beispielsweiseVerlustzeiten infolge von Verkehrsstörungen be-rechneten und diese über gebührenpflichtige Tele-fonnummern allgemein zur Verfügung stellten. EinBeispiel hierfür ist der mittlerweile eingestelltePASSO-Verkehrsdienst, der seine Informationenvom Unternehmen ddg, Gesellschaft für Verkehrs-daten mbH, bezog. Die ddg als Telematikdienst-leister entwickelt ihr Verfahren2 kontinuierlich wei-ter. Reisezeiten werden mit Hilfe eines komplexenVerkehrsmodells ermittelt.

Mittlerweile werden auch von Straßenbauverwal-tungen bzw. in deren Auftrag Reise- bzw. Verlust-zeiten ermittelt und öffentlich bekannt gegeben.Hier sind das im Auftrag der StraßenbauverwaltungNordrhein-Westfalen seit 1999 von der UniversitätDuisburg entwickelte Simulationsmodell OLSIM [5]und das von der Straßenbauverwaltung Hesseneingesetzte Störfallerkennungsprogramm ASDA/FOTO [33] zu nennen.

Die drei genannten sowie weitere Verfahren wer-den nachfolgend näher erläutert.

2.2.6 Verfahren OLSIM

Einleitung

Das Verfahren OLSIM (Online Simulation) stütztsich auf eine Verkehrsflusssimulation mit der derVerkehrsfluss auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen nachgebildet und beurteilt wird. Diegrundlegende Modellentwicklung begann Anfangder 90er Jahre. Seit 1999 entwickelt die UniversitätDuisburg-Essen das Modell im Auftrag der Straßen-bauverwaltung NRW kontinuierlich weiter. Es wurdeim März 2003 erfolgreich in Betrieb genommen. Einbundesweiter Einsatz von OLSIM ist derzeit nichtabsehbar.

Die Verkehrsqualität auf den einzelnen Netzab-schnitten wird mittels der vier Klassen

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2 Der Einfachheit halber wird im Rahmen dieses Forschungs-vorhabens die Bezeichnung „Verfahren ddg“ verwendet.

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• frei,

• dicht,

• zähfließend und

• gestaut

beschrieben. Zusätzlich werden für ausgewählteQuell-/Zielpunkte, für die es alternative Routen gibt,die Fahrtzeiten ermittelt.

Das Simulationsmodell spiegelt die derzeitige Ver-kehrsituation wider und bietet darüber hinaus so-wohl für die Verkehrslage als auch für die Fahrtzei-ten zwei Kurzzeitprognosen (1/2 Stunde und 1 Stun-de) an.

Die Verkehrslage wird im Internet unter „www.autobahn.nrw.de“ netzbezogen dargestellt. Die Reise-zeiten werden tabellarisch ausgegeben. Die Infor-mationen sind für jedermann frei zugänglich.

Eingangsdaten

Das Simulationsmodell speist sich aus zwei großenDatenquellen. Zum einen werden aktuelle Ver-kehrsdaten (fahrstreifenbezogene Geschwindigkei-ten und Verkehrsstärken) aus rund 4.000 Mess-querschnitten von den beiden Verkehrsrechnerzen-tralen in Nordrhein-Westfalen (Leverkusen undRecklinghausen) kontinuierlich übernommen unddirekt in das System eingespeist. Diese Daten wer-den ergänzt um aktuelle RDS/TMC-Meldungen. In-formationen zu Tagesbaustellen werden täglich, zuLangzeitbaustellen in einem zweiwöchentlichenRhythmus, aktualisiert und auf der Internetseitenetzbezogen dargestellt. Diese Informationenhaben zurzeit „nur“ informativen Charakter undfließen (noch) nicht in das Simulationsmodell ein.

Die zweite wesentliche Datenquelle bilden histori-sche Ganglinien, die aus den aktuellen Daten per-manent gebildet und fortgeschrieben werden.Diese Ganglinien liegen in einer sehr differenzier-ten Aufteilung vor (z. B. tageweise, werktäglich, Ur-laubsreisezeit, fahrstreifenbezogen, bei Verkehrs-störungen) und werden zum Abgleich der Berech-nungen herangezogen. Ebenfalls gespeichert wer-den die Fahrtrichtungsverteilungen an den Knoten-punkten und an den Anschlussstellen.

Verfahren

Das Simulationsmodell arbeitet nach dem Prinzipeines Zellularautomaten. Ein Zellularautomat zeich-net sich durch feste und gleiche Regeln (Regelsatz

Update-Regeln) für alle Fahrzeuge aus. Dadurchwird es möglich, große Netze mit vielen Fahrzeu-gen in Echtzeit zu simulieren. Die wichtigsten Re-geln/Eigenschaften sind:

• Jedes Fahrzeug strebt an, mit seiner Höchstge-schwindigkeit (Pkw ca. 130 km/h, Lkw 80 km/h)zu fahren,

• wenn der Abstand zum vorausfahrenden Fahr-zeug zu klein wird, dann wird die Geschwindig-keit entsprechend reduziert (Kollisionsfreiheit),

• die Fahrzeuge bewegen sich mit der errechne-ten Geschwindigkeit vorwärts,

• die Geschwindigkeit fahrender Autos wird mit-tels eines „Trödelfaktors“ reduziert, um

- ein Nicht-Ausnutzen der maximalen Be-schleunigung,

- die Fluktuation im oberen Geschwindigkeits-bereich sowie

- ein Überreagieren beim Bremsen („Stausaus dem Nichts“) mit einzubeziehen,

• es werden unterschiedliche Fahrmanöverberücksichtigt, Bremsen, Beschleunigen, Spur-wechselvorgänge (Einfahren),

• die Zellgröße beträgt 1,5 m, d. h., ein Fahrzeugbelegt immer mehrere Zellen,

• die Beschleunigung beträgt 1,5 m/s2,

• der Sicherheitsabstand beträgt mindestens 7 Zellen = 10,50 m und die Zeitschrittweite ist 1 sec.

Bei Spurwechselvorgängen muss auf dem Überhol-fahrstreifen eine höhere Geschwindigkeit als aufdem eigenen Fahrstreifen möglich sein. Die Lückeauf dem Überholfahrstreifen muss ferner so großsein, dass ein dort befindliches Fahrzeug noch sobeschleunigen kann, wie es das ohnehin getanhätte. Lkw-Überholen wird im Modell nicht simuliert.

Das Fahrverhalten eines vorausfahrenden Fahr-zeugs im nächsten Zeitschritt wird mit einbezogen(Antizipation). Der „Blick im Voraus“ ist allerdingsauf sechs Sekunden begrenzt.

Das Simulationsmodell OLSIM unterscheidet sichvon anderen Simulationsverfahren deutlich. Eingravierender Unterschied liegt beispielsweisedarin, dass die im System bewegten Fahrzeuge

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keine direkte Quelle und kein direktes Ziel haben.Die Fahrtrichtungsverteilungen an Anschlussstellenund an Knotenpunkten (Aus-, Ein- und Durchfahrer)erfolgen zunächst auf Basis der historischen Gang-linien. In einem zweiten Schritt werden dann die je-weiligen Verkehrsstärken mit den aktuellen Wertender entsprechenden Messstationen verglichen.

Bei Überschreitung von definierten Toleranzgren-zen werden die Vorgaben der historischen Gangli-nien entsprechend modifiziert, um ein möglichstrealitätsnahes Simulationsergebnis zu erhalten.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin,dass die Simulation fortlaufend anhand der konti-nuierlich eingehenden Messwerte der Streckensta-tionen überprüft und daran neu ausgerichtet wird.Dies kann dazu führen, dass beispielsweise Fahr-zeuge auf Abschnitten mit einer unzureichendenÜbereinstimmung aus der laufenden Simulationherausgenommen oder zusätzlich eingeführt wer-den.

Die Verkehrslage und die Fahrtzeiten werdenminütlich neu errechnet und im Internet dargestellt.Die Berechnung der Pkw-Fahrtzeiten erfolgt in zweiSchritten. Im ersten werden die momentanen Ge-schwindigkeiten aller auf einem definierten Ab-schnitt befindlichen Pkw, d. h. die Geschwindigkei-ten im Sekundenschritt, gemittelt. Die mittlerensekündlichen Geschwindigkeitswerte werdenanschließend exponentiell geglättet und zu Minu-tenwerten aggregiert. Die Fahrtzeit auf einem Ab-schnitt ergibt sich aus der Division Streckenlängedurch mittlere Geschwindigkeit.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

Die mit dem Simulationsmodell OLSIM ermitteltenVerkehrslagen und Fahrtzeiten, so eine mittelsMessfahrten durchgeführte Überprüfung [5], gebenim Allgemeinen die realen Bedingungen gut wieder,wobei die Fahrtzeiten in Störsituationen eher über-als unterschätzt werden. Die Überprüfung attestiertdem Modell, insbesondere bei einem freien Ver-kehrsfluss, gute Ergebnisse.

Auf Basis der Literatur- und Datenrecherche wirddas Verfahren OLSIM als geeignet eingestuft, umFahrtzeiten zu berechnen, die die Grundlage derReisezeitinformation in den dWiSta sein können.

Es ist ferner im Einzelfall zu prüfen, ob die im Si-mulationsmodell OLSIM mit Fahrtzeiten versorgten

Fahrtbeziehungen den Anforderungen an konkretedWiSta-Standorte genügen. Die Aufnahme zusätz-licher Fahrtbeziehungen ist einfach realisierbar.

2.2.7 Verfahren ddg

Einleitung

Die ddg beschäftigt sich seit Jahren mit der Erfas-sung und Aufbereitung von Verkehrsdaten zuZwecken der Erstellung von Verkehrszustandsbe-richten. Sie ist privatwirtschaftlich organisiert undarbeitet u. a. für Automobilhersteller, für Herstellervon Navigationsgeräten und für öffentliche Stellen.Im Rahmen der Datenaufbereitung werden u. a.Geschwindigkeiten und Fahrtzeiten ermittelt. DieVerkehrszustandsberichte werden, unter Verwen-dung eines komplexen, mehrschichtigen Verkehrs-modells, praktisch in Realzeit berechnet unddecken das gesamte bundesdeutsche Autobahn-netz ab.

Die Ergebnisse werden in Verkehrsdatenbankengespeichert, auf die die Kunden dann zugreifenkönnen. Die von der ddg errechneten Verkehrsda-ten werden darüber hinaus auch von Navigations-geräten verwendet, um bei Verkehrsstörungen eineAlternativroute zu berechnen.

Eingangsdaten

Das Verfahren ddg stützt sich auf Verkehrskenn-größen aus drei unterschiedlichen Datenquellensowie auf verbale Verkehrsmeldungen und Infor-mationen:

• Stationäres Erfassungs-System (SES) – festmontierte Sensoren an der Autobahn zur Mes-sung des Verkehrsflusses,

• Verkehrskenngrößen der Verkehrsinformations-bzw. der Verkehrsrechnerzentralen (VRZ) derBundesländer,

• Floating Car Data (FCD) Telematikendgeräte inFahrzeugen liefern als mobile Sensoren aktuel-le Daten zum Verkehrsgeschehen,

• Verkehrsmeldungen der Nationalen Meldestelle

• Baustelleninformationen vom Bundesministeri-um für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung(BMVBS),

• Informationen zu Geschwindigkeitsbeschrän-kungen und Richtgeschwindigkeiten auf Auto-bahnen.

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Stationäres Erfassungs-System (SES)

Das Stationäre Erfassungs-System wurde von derddg selbst aufgebaut und umfasst bundesweit der-zeit rund 4.000 feste Sensoren. Sie erfassen mittelsInfrarottechnik den Verkehrsfluss (Menge) und diemittlere Geschwindigkeit und unterscheiden zwi-schen Pkw und Lkw.

Die SES-Sensoren sind in der Regel an Brücken in-stalliert und erfassen nur den linken Fahrstreifen.Die Verkehrsparameter des rechten Fahrstreifensbei zweistreifigen Autobahnen bzw. des mittlerenund des rechten Fahrstreifens bei dreistreifigen Au-tobahnen werden anhand bekannter Vergleichskur-ven, unter Zugrundelegung der erfassten Sensor-daten, abgeleitet.

Die Datenübertragung vom SES-Sensor erfolgtüber den Mobilfunkstandard GSM (Global Systemfor Mobile Communications). Dabei gilt die Beson-derheit, dass die Daten nicht regelmäßig, z. B. infesten Zeitintervallen, sondern ereignisbezogen, d.h. bei wesentlichen Änderungen der Verkehrslage(starker Einbruch der Geschwindigkeit oder desVerkehrsflusses) übertragen werden. Die Ereignis-se und damit die Anzahl der Meldungen können freidefiniert werden. Die ereignisbezogene Datenüber-tragung dient vor allem der Kosteneinsparung.

Jeder Meldung wird eine Historie zugefügt, sodassrückblickend auch Informationen zu vergangenenVerkehrszuständen vorliegen.

Verkehrskenngrößen der VRZ

Als weitere wesentliche Datenquelle nutzt die ddgaktuelle Verkehrsdaten der Verkehrsrechnerzentra-len. Dabei handelt es sich um einen kontinuierli-chen Datenstrom, der überwiegend mittels in derFahrbahn eingelassener Induktivschleifen ermitteltwird. Die ddg stützt sich bundesweit auf etwa 5.500fahrtrichtungsbezogene Messquerschnitte3. Die auf1-Minutenintervalle aggregierten Daten umfassenfolgende fahrstreifenbezogene Größen:

• vPkw und vLkw,

• qPkw und qLkw,

• Zeitlücken,

• Belegung.

Floating Car Data (FCD)

Floating Car Data liefern aktuelle, ortsbezogeneGeschwindigkeitsverläufe, Fahrtzeiten sowie weite-re Daten. FCD liefern ein sehr genaues Bild derVerkehrssituation, dieses gilt aber nur für das sen-dende Fahrzeug. Eine Verallgemeinerung der Ver-kehrslage setzt eine hohe Anzahl entsprechendausgestatteter Fahrzeuge voraus.

Die ddg, als größte bundesweite Zentrale für dieAufnahme von Floating Car Data, konnte im Jahr2004 auf einen Pool von rund 40.000 Fahrzeugenzurückgreifen. Die genaue Anzahl entsprechendausgestatteter Fahrzeuge wächst weiter. Die ddgschätzt, dass mittlerweile (Stand 2007) bereits50.000 Fahrzeuge als FCD fungieren können. Diegenaue Anzahl ist jedoch nicht bekannt, da dieFahrzeuge nicht zentral erfasst sind und anonymsenden.

Will man verlässliche Aussagen erhalten, wird einevergleichsweise große Zahl entsprechend ausge-statteter Fahrzeuge benötigt. Sollte die gesamteVerkehrsdatenerfassung auf deutschen Autobahnenauf FCD basieren, schätzt die ddg, dass rund100.000 Fahrzeuge entsprechend ausgestattet seinmüssten. Die ddg erwartet, dass dann etwa 95 %der Verkehrsstörungen innerhalb von zehn Minutenerkannt werden können. Für eine flächenhafte Ab-deckung des übrigen und wesentlich längeren Fern-straßennetzes nimmt die ddg an, dass etwa viermalmehr FCD-Fahrzeuge benötigt werden [22].

Die im Einsatz befindlichen Fahrzeuge mit FCD rei-chen aber für eine umfassende Beschreibung derVerkehrssituation noch nicht aus. FCD werden vonder ddg deshalb und aus Kostengründen derzeitnur „gedämpft“ genutzt. Sie werden vor allem ein-gesetzt, um die übrigen Daten auf Plausibilität zuprüfen und zu verfeinern. Nach Aussagen der ddgsendet jedes Fahrzeug im Mittel weniger als ein Te-legramm pro Tag. Die Anzahl der verarbeitetenFCD-Meldungen entspricht deshalb einer effektivenAnzahl von rund 10.000 Fahrzeugen.

Weitere Ausführungen zu FCD enthält das Kapitel2.3.2.

Verkehrsmeldungen der Nationalen Meldestelle(TIC NMS)

Die Nationale Meldestelle ist beim Innenministeri-um des Landes Nordrhein-Westfalen angesiedelt,sammelt alle Meldungen über Verkehrsstörungen

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3 Ein Messquerschnitt umfasst die Schleifen der zugehörigenFahrstreifen und gegebenenfalls auch zugehörige Schleifenvon Aus- und Einfahrten.

Page 22: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

auf Bundesautobahnen und leitet diese an die Lan-desmeldestellen weiter. Die bereitgestellten Ver-kehrsmeldungen beschreiben die Verkehrslagemeist qualitativ, z. B. durch die Angabe einerStaulänge oder Beschreibung des Verkehrsflusses(z. B. stockend). Numerische Verkehrskenngrößen,entsprechend den von den VRZ bereitgestellten,sind über die NMS nicht verfügbar.

Diese Daten fließen nicht direkt in die Verkehrsmo-dellrechnung ein, sondern werden als Default-größen herangezogen, wenn die Verkehrsmodell-rechnung für die entsprechenden Abschnitte keineoder nicht plausible Daten ergibt. Dies kann z. B.dann der Fall sein, wenn der Abstand zwischenzwei Messstellen infolge eines Sensorausfalls zugroß ist, um gesicherte Fahrtzeiten beziehungswei-se Geschwindigkeiten berechnen zu können.

Weitere Quellen

Neben den aktuellen Verkehrsdaten werden darü-ber hinaus weitere Daten bei der Berechnung derVerkehrslage berücksichtigt. Dies sind beispiels-weise Informationen zum Autobahnnetz selbst, wiedie zulässige Höchstgeschwindigkeit, Richtge-schwindigkeiten, Baustelleninformationen. Baustel-leninformationen sind auch deshalb von Bedeu-tung, da bei verschwenkten Fahrbahnen die SESunter Umständen einen „falschen“ Verkehrsstrombeobachtet, der eine unzutreffende Verkehrssituati-on widerspiegelt. Vergleichbares gilt auch für In-duktivschleifen.

Ebenfalls gesondert berücksichtigt werden Zeitenmit einem überdurchschnittlich hohen Verkehrsauf-kommen, z. B. publikumsintensiver Veranstaltungs-verkehr. Diesbezüglich kann die ddg auf eine um-fangreiche Sammlung historischer Daten zurück-greifen.

Verfahren

Alle eingehenden Daten werden zunächst einerPlausibilitätskontrolle unterzogen. Nicht plausibleDaten können durch historische Daten ersetzt wer-den oder sie werden als fehlerhaft ausgesondert. Ineinem zweiten Schritt besteht die Notwendigkeit,die unterschiedlichen Datenstrukturen von SES,FCD (beide ereignisorientiert und damit zeitlich va-riabel) und Daten aus den Verkehrsrechnerzentra-len (kontinuierlicher Datenfluss) so aufzubereiten,dass sie im Verkehrsmodell weiterverarbeitet wer-den können.

Die Gewichtung der Datenquellen ist unterschied-lich. Sind beispielsweise viele Schleifendaten vor-handen, liegt die Dominanz bei diesen Daten, an-sonsten eher bei den SES. Die FCD haben bei derVerkehrsmodellrechnung weniger Bedeutung, al-lein schon deshalb, weil deren Datendichte deutlichgeringer ist als bei den vorgenannten Quellen.

Das Autobahnnetz ist fahrstreifenscharf, ein-schließlich aller Knotenpunkte und Anschlussstel-len, abgebildet und in Abschnitte von 200 m Längeunterteilt.

Zur Ermittlung der Fahrtzeiten wird ein mehrstufi-ges Verfahren angewendet. Die Berechnungenwerden im Minutenraster durchgeführt. Zunächstwerden aus den numerischen Daten (SES, VIZ undFCD) ein Geschwindigkeits- und Verkehrsdichtefeldermittelt. Hierfür stehen mehrere Verfahren zur Ver-fügung, deren Anwendung situationsabhängig ist.Neben dem verkehrstechnischen Interpolationsver-fahren von HELBING und TREIBER („Adaptive smoothing method“) werden auch makroskopischeVerkehrsflussmodelle verwendet.

Das so ermittelte Geschwindigkeits- und Verkehrs-dichtefeld kann, je nach Datengrundlage lückenhaftsein. In der zweiten Stufe wird deshalb geprüft, obeventuell vorhandene Lücken durch Meldungen dernationalen Meldestellen gefüllt werden können. InAbhängigkeit des in der Meldung beschriebenenVerkehrszustands (dichter, stockender oder ge-stauter Verkehr) wird für die betroffenen Strecken-abschnitte eine Geschwindigkeit zugewiesen.

Auch nach der zweiten Stufe ist noch nicht sicher-gestellt, dass allen Streckenabschnitten eine Ge-schwindigkeit zugewiesen werden konnte. Es wirddeshalb in einer dritten Stufe geprüft, ob Streckenohne Geschwindigkeitszuweisung in einem Bau-stellenbereich liegen. In einem solchen Fall wird er-satzweise eine Geschwindigkeit von 80 km/h ange-nommen.

Sollte auch nach der Stufe 3 ein Streckenabschnittohne Geschwindigkeitszuweisung vorhanden sein,wird überprüft, ob für diesen eine zulässige Richt-geschwindigkeit oder eine Höchstgeschwindigkeitvorliegt. Ansonsten wird mit einer Bezugsgeschwin-digkeit von 120 km/h gerechnet.

Die resultierenden Fahrtzeiten ergeben sich dannals Division der Streckenlänge durch die nach obi-ger Vorgehensweise ermittelten Geschwindigkeit.Die Reisezeiten für längere Streckenabschnitte er-geben sich als Summe der Fahrtzeiten der zu-gehörigen Einzelabschnitte.

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Das Verfahren ddg berücksichtigt verkehrsregelndeMaßnahmen nur bedingt, Überholverbote für Last-kraftwagen werden beispielsweise nicht direktberücksichtigt. Ebenso bleiben topografische Ein-flüsse, z. B. Strecken mit hohen Längsneigungen,bei der Netzabbildung unberücksichtigt. Beide Fak-toren beeinflussen die Pkw-Geschwindigkeit indurchaus nennenswertem Umfang. Sie spiegelnsich jedoch in den numerischen Verkehrsdaten un-mittelbar wider, sodass sie bei der Netz- und Ver-kehrsflussmodellierung nicht gesondert berücksich-tigt werden müssen. Darüber hinaus gilt, dass sichsolche Einflussfaktoren vor allem bei einem freienVerkehrsfluss auswirken; bei einem gestörten Ver-kehrsfluss sind sie weniger von Bedeutung.

Neuralgische Punkte im Straßennetz, z. B. Ab-schnitte mit einer Fahrstreifenreduzierung, sinddem System aufgrund der fahrstreifenscharfenNetzabbildung bekannt. Eine entsprechende Beob-achtung dieser Bereiche ermöglicht ein frühzeitigesErkennen von Staubildungen und die Generierungzugehöriger Frühwarnungen. Speziell für solcheBereiche gibt es Algorithmen, um sich abzeichnen-de Verkehrsstörungen frühzeitig zu erkennen.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

Das Verfahren ddg stützt sich auf ein komplexesVerkehrsmodell. Es wird seit mehreren Jahren an-gewendet und läuft stabil. Auf Basis bekannterGanglinien können prognostische Aussagen zumVerkehrsgeschehen gemacht werden. An der Im-plementierung entsprechender Module wird derzeitgearbeitet. Zukünftig ist beabsichtigt, fahrstreifen-bezogene Fahrtzeiten zu ermitteln, um die Aussa-gegenauigkeit zu verbessern.

Die Reisezeitberechnungen erfolgen flächen-deckend für das Autobahnnetz in Deutschland.

Auf Basis der Literatur- und Datenrecherche wirddas Verfahren ddg als geeignet eingestuft, umFahrtzeiten zu berechnen, die die Grundlage derReisezeitinformation in den dWiSta sein können.

2.2.8 StörfallerkennungsprogrammASDA/FOTO

Einleitung

Das Störfallerkennungsprogramm ASDA/FOTO be-steht aus den beiden Modulen:

ASDA Automatische Staudynamikanalyse,

FOTO Forecasting Of Traffic Objects.

Beide Module sind voneinander unabhängig undanalysieren verschiedene Verkehrszustände.

Anders als bei den vorgenanten Verfahren werdenim Verfahren ASDA/FOTO Verlustzeiten, das heißtFahrtzeiten, die über einer Normfahrtzeit liegen, er-mittelt. Auf Strecken mit einem ungestörten Ver-kehrsfluss erfolgt keine Berechnung. Hier werdendie Fahrtzeiten anhand von Referenzgeschwindig-keiten ermittelt. Verlustzeiten werden dann berech-net, wenn an einem oder mehreren Messquer-schnitten die dort ermittelten Verkehrskenngrößendefinierte Schwellenwerte unterschreiten.

Das Verfahren ASDA/FOTO wurde wesentlich vonKERNER und REHBORN entwickelt und ist 1998als „Verfahren zur Verkehrszustandsüberwachungund Fahrzeugflusssteuerung in einem Straßennetz“als Patent angemeldet worden [33].

Das Verfahren ASDA/FOTO wird heute von derFirma PTV kommerziell vertrieben. Es wird von derhessischen Straßenbauverwaltung auf der A 3 imAbschnitt zwischen dem Dreieck Mönchhof unddem Seligenstädter Dreieck sowie auf der A 5 imAbschnitt von der AS Friedberg bis zum FrankfurterKreuz eingesetzt.

Die Verlustzeiten auf der A 3 und A 5 können im In-ternet unter www.vz.hessen.de/reisezeit/reise.swffür die einzelnen Streckenabschnitte abgerufenwerden und werden den Verkehrsteilnehmern fer-ner über frei programmierbare (nicht dWiSta-kon-forme) Informationstafeln an Autobahnknotenpunk-ten unmittelbar mitgeteilt.

Auch die beiden bayerischen Autobahndirektionennutzen das System, um damit die aktuelle Ver-kehrslage in den drei Verkehrszustandsstufen flüs-sig, dicht und gestaut darstellen zu können. Die ak-tuelle Verkehrslage wird im Internet für alle frei zu-gänglich unter www.bayerninfo.de dargestellt.

Eingangsdaten

Die Eingangsdaten sind für beide Module identischund basieren auf üblichen Verkehrsdaten, die anden Messquerschnitten erhoben werden. Dabeihandelt es sich um die nach Pkw und Lkw differen-zierten und fahrstreifenbezogenen Verkehrsstärkenund Geschwindigkeiten, die kontinuierlich bereitge-stellt werden müssen. Diese Daten müssen um not-wendige Infrastrukturinformationen, wie beispiels-weise Fahrstreifenanzahl, Abschnittslängen, Lage

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von Ein- und Ausfahrten und Knotenpunkte, er-gänzt werden.

Verfahren

Dem Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dasssich der Verkehrsfluss durch drei charakteristischePhasen beschreiben lässt:

1. „Freier Verkehr“,

2. „Synchronisierter Verkehr“,

3. „Sich bewegende breite Staus“.

Freier Verkehr ist durch freie Überholmöglichkeitenund geringe oder keine gegenseitigen Beeinträchti-gungen der Verkehrsteilnehmer gekennzeichnet.

Bei synchronisiertem Verkehr sind die Überholmög-lichkeiten sehr eingeschränkt. Synchronisierter Ver-kehr entsteht häufig aus dem freien Verkehr anEngstellen oder an Zufahrten. Die stromabwärtigeFront des synchronisierten Verkehrs ist ortsfest.Aus verkehrstechnischer Sicht existiert für diesenZustand kein eindeutiges Fundamentaldiagrammmehr. Die Abflussstärke aus dem synchronisiertenVerkehr ist abhängig von der Zuflussmenge.

Sich bewegende breite Staus sind dadurch ge-kennzeichnet, dass sich die beiden Staufrontengegen die Fahrtrichtung fortpflanzen. An der strom-aufwärts gelegenen Staufront bremsen die Fahr-zeuge stark ab, an der stromabwärts gelegenenmüssen sie dagegen praktisch vom Stillstand ausbeschleunigen. Anders als beim synchronisiertenVerkehr ist die Abflussmenge unabhängig vom Zu-fluss. Die Größe des Zuflusses ist maßgebend fürdie Breite (Länge) des Staus.

Die Phasenübergänge zwischen den einzelnen Zu-ständen sind durch eine sprungartige Reduzierungder Geschwindigkeit und einen Hystereseeffekt ge-kennzeichnet.

Das Modul ASDA analysiert den Verkehrszustand„Sich bewegender breiter Stau“ und das ModulFOTO den Verkehrszustand „Synchronisierter Ver-kehr“.

Ein sich bewegender breiter Stau wird durch dreiParameter charakterisiert:

• die Geschwindigkeit der stromabwärtigen Front,

• die Abflussmenge und

• die Verkehrsdichte im Stau.

Die Geschwindigkeit der stromabwärtigen Frontlässt sich aus der Zeitdifferenz des Staudurch-gangs zweier benachbarter Detektoren berechnenoder mit Hilfe von FCD bestimmen. Die Abfluss-menge wird über die stationäre Verkehrsdatener-fassung direkt gemessen. Mit diesen beiden Wer-ten sowie einer angenommen maximalen fahrstrei-fenbezogenen Verkehrsdichte (abhängig vom Lkw-Anteil) können Aussagen zur Verkehrsdichte imStau getroffen werden.

Im Ergebnis der Analyse stehen folgende Größenzur Verfügung:

• Position der stromabwärtigen und stromaufwär-tigen Staufront,

• Staulänge,

• Geschwindigkeiten beider Staufronten,

• Kurzzeitprognose der Stauposition,

• Berechnung der Verlustzeit anhand von Refe-renzzeiten,

• Vorhersage der Fahrtzeit auf einem Streckenab-schnitt sowie

• Vorhersage der Stauauflösung.

Das Verfahren FOTO identifiziert den Verkehrszu-stand anhand der Charakteristika der Phasenüber-gänge zwischen den drei Verkehrszuständen. In-nerhalb des Verkehrszustandes „synchronisierterVerkehr“ werden weitere Unterzustände betrachtet,z. B. so genannte „pinch regions“, in den sich be-wegende, enge Staus entstehen. Sie unterschei-den sich von breiten Staus dadurch, dass der Ab-fluss aus dem Stau vom Zufluss abhängt. Das Ver-fahren erkennt und analysiert die Verkehrszuständeund schätzt die Entwicklung des synchronisiertenVerkehrs ab. Dabei wird davon ausgegangen, dassdie stromabwärtige Front des synchronisierten Ver-kehrs ortsfest ist und die stromaufwärtige Frontvom Zufluss beeinflusst wird.

Im Zusammenspiel mit dem Verfahren ASDA ste-hen letztendlich die folgenden Verkehrskenngrößenzur Verfügung. Als verkehrliche Objekte werden dieräumlich abgegrenzten Verkehrszustände

• Stau,

• Stop-and-Go-Verkehr und

• synchronisierter Verkehr

bezeichnet. Die räumliche Auflösung erfolgte ur-sprünglich in 100-m-Schritten. Mittlerweile ist auch

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eine Abschnittsbildung auf Basis von NAVTEQ-Strecken oder TMC-Abschnitten möglich. Damitsind auch die Bereiche mit freiem Verkehr eindeu-tig definiert. Die Berechnung erfolgt minütlich. DieGeschwindigkeiten der verkehrlichen Objekte wer-den auf 1 km/h genau berechnet. Für Abschnitte miteinem vergleichbaren Verkehrszustand werden dieeinzelnen Geschwindigkeiten zu einer mittleren Ge-schwindigkeit zusammengefasst.

Bei einem stehenden Stau, z. B. infolge eines Un-falls, wird eine feste, frei wählbare Staugeschwin-digkeit eingesetzt.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

Nach den Erfahrungen der StraßenbauverwaltungHessen stimmen die vom Verfahren ermittelten Ver-lustzeiten mit denen, die vor Ort beobachtet wer-den, gut überein. Das Verfahren lässt sich einfachin die vorhandene Verkehrsdatenerfassung inte-grieren. Erforderlich ist ein Anschluss an die Ver-kehrsrechnerzentrale(n), um die Messdaten konti-nuierlich zu erhalten. Bei den weiteren Arbeitenhandelt es sich im Wesentlichen um die Eingabevon Daten zur Beschreibung der Infrastruktur (z. B.Abschnittslängen, Fahrstreifenanzahl, Versorgungder Detektorstandorte und -bezeichnungen imRechnerprogramm). Damit ist eine Einbeziehungneuer Streckenabschnitte leicht möglich.

Auf Basis der Literatur- und Datenrecherche wirddas Verfahren ASDA/FOTO als geeignet eingestuft,um Fahrtzeiten zu berechnen, die die Grundlageder Reisezeitinformation in den dWiSta sein kön-nen.

2.2.9 Verfahren „EINFACHER ANSATZ“

Um zu prüfen, ob eventuell auch mit einem sehreinfachen Algorithmus, unter Verwendung der Da-tenbasis der vorhandenen stationären Messquer-schnitte, Reisezeiten zuverlässig berechnet werdenkönnen, wird ein weiteres Verfahren, nachfolgendals Verfahren „EINFACHER ANSATZ“ bezeichnet,mit untersucht. In der Praxis wird kein vergleichba-res Verfahren angewendet.

Die Grundidee des Verfahrens beruht darauf, dassbei einem ausreichend dichten Messstellennetz diean den stationären Messquerschnitten ermittelten,minütlichen Geschwindigkeiten direkt für die Reise-zeitberechnung verwendet werden können. Die

lokal bestimmte Geschwindigkeit wird bis zumnächsten stationären Messquerschnitt als konstantangenommen. Damit entspricht das Verfahren vomGrundsatz her der niederländischen Vorgehenswei-se (siehe Kapitel 2.2.4).

Die Berechnung stützt sich auf die Pkw-Geschwin-digkeiten, da nur sie für die Anzeige in den dWiStavon Interesse sind. Die an den stationären Mess-querschnitten erhobenen Lkw-Geschwindigkeitenwerden nicht berücksichtigt. Sie werden aber indi-rekt mit einbezogen, weil die erzielbare Pkw-Ge-schwindigkeit auch vom Fahrverhalten der Lkw-Fahrer mitbestimmt wird.

Die an einem Messquerschnitt erhobenen Ge-schwindigkeiten liegen fahrstreifenscharf vor undmüssen zunächst zu einer mittleren Geschwindig-keit zusammengefasst werden. Dies erfolgt, unterBeachtung der jeweiligen Pkw-Verkehrsstärken,durch Bildung des harmonischen Mittelwertesgemäß nachfolgender Formel:

mit:

VPkw = mittlere Pkw-Geschwindigkeit auf demAbschnitt [km/h]

qPkw_i = Anzahl Pkw auf Fahrstreifen i (i = 1 bis n,N = Anzahl der Fahrstreifen) [Pkw/min]

vPkw_i = Geschwindigkeit der Pkw auf Fahrstreifeni [km/h] i = 1 bis n, n = Anzahl der Fahr-streifen

Die mittlere Fahrtzeit auf einem Messabschnitt wirdermittelt durch Division der Länge des Messab-schnitts durch die gemäß vorstehender Formel be-rechnete mittlere Pkw-Geschwindigkeit.

mit:

TFz-Pkw = mittlere Pkw-Fahrtzeit auf dem Abschnitt

LMessabschnitt = Länge des Messabschnitts

Die Reisezeit auf beliebigen Streckenabschnittenergibt sich als Summation der Fahrtzeiten auf deneinzelnen Messabschnitten.

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Es war zunächst vorgesehen, das Verfahren EIN-FACHER ANSATZ dadurch zu verbessern, dass imStreckenabschnitt auftretende Störungen berück-sichtigt werden. Sie sollten durch einen Vergleich(Subtraktion) der Verkehrsstärken an zwei hinter-einanderliegenden Messquerschnitten erkannt wer-den. Eine Störung liegt dann vor, wenn sich die An-zahl der den Messquerschnitt 1 passierenden Fahr-zeuge deutlich von der Anzahl der passierendenFahrzeuge am Messquerschnitt 2 unterscheidet.Die Größe einer Störung lässt sich anhand der An-zahl der Fahrzeuge (Summe der Differenzen amMessquerschnitt 1 und 2) ableiten. Im Fall einerStörung sollte ein von der Störungsgröße abhängi-ger Zeitzuschlag zur berechneten Fahrtzeit erfol-gen.

In praktischen Versuchen zeigte sich, dass die nor-malen Schwankungen in den minütlichen Verkehrs-stärken an einem Messquerschnitt so groß sind,dass mit dem oben genannten, sehr einfachen Ver-fahren Störungen nicht zuverlässig zu erkennensind. Auf eine Einbeziehung der Verbesserungwurde deshalb verzichtet.

2.3 Direkte Messung von Reisezeiten

2.3.1 Unterteilung der Verfahren

Verfahren, die die Reisezeit direkt messen, lassensich in die Gruppen

• Floating Car Data (FCD) und

• Wiedererkennung von Fahrzeugen

einteilen.

Mit Hilfe des Verfahrens FCD werden über Posi-tionsbestimmung von Fahrzeugen deren Reisezeitund/oder Reisegeschwindigkeit ermittelt. Das Ver-fahren kann grundsätzlich auch weitere Daten, wiebeispielsweise Momentangeschwindigkeit, Schei-benwischer an/aus, Licht an/aus, übertragen. Diezusätzlichen Informationen können bei der Fahrt-zeitermittlung von Interesse sein, um geschwindig-keitsbestimmende Einflüsse, z. B. trockene odernasse Fahrbahn, abgeleitet von einem aus- odereingeschaltetem Scheibenwischer, mit einzubezie-hen.

Bei dem auf die Wiedererkennung von Fahrzeugenbasierenden Verfahren sind mindestens zwei festeMessquerschnitte erforderlich. Wird ein Fahrzeugam zweiten Messquerschnitt eindeutig wieder er-kannt, errechnet sich die Fahrtzeit auf dem Ab-

schnitt als Differenz zwischen dem Zeitpunkt derÜberfahrt des ersten und des zweiten Messquer-schnitts. Für die Wiedererkennung von Fahrzeugenstehen video- und schleifenbasierte Verfahren zurVerfügung.

2.3.2 Floating Car Data

Verfahren

FCD werden aus Fahrzeugen gewonnen, die imVerkehrsstrom „mitschwimmen“ und mit speziellenDatenerfassungs- und -übertragungseinrichtungenausgestattet sind. Sie speichern Daten wie Ge-schwindigkeit und Fahrtrichtung sowie die Positionmit einem Zeitstempel versehen und leiten sie pe-riodisch oder ereignisorientiert an eine Zentraleweiter. Die Fahrtzeit auf einem Streckenabschnittentspricht der Zeitdifferenz zwischen dem Eintrittund Austritt auf diesem Abschnitt. Durch Zusam-menfügen mehrerer Abschnitte können Fahrtzeitenfür längere Streckenzüge ermittelt werden.

Die Positionsbestimmung erfolgt in der Regel mitdem Global Positioning System (GPS). Dazu kön-nen auch im Fahrzeug eingebaute Navigations-geräte genutzt werden. Bakengestützte Systemewurden früher in städtischen Bereichen verwendet,spielen jedoch im Zusammenhang mit Reisezeiter-mittlungen auf Autobahnen keine Rolle.

Die Kommunikation zur Zentrale erfolgt über Funk,in vielen Fällen über den Mobilfunkstandard GSMper SMS-Nachricht. Um dem Datenschutz zu genü-gen, können die Meldungen anonym, das heißtohne Mitsendung der Telefonnummer des Senders,übertragen werden.

Die Daten können streckenorientiert oder punkt-bzw. ereignisorientiert übertragen werden. Beistreckenorientierten Daten werden die Fahrtzeitenfür definierte Abschnitte übertragen. Im anderenFall werden in erster Linie signifikante Geschwin-digkeitssprünge, z. B. starkes Abbremsen oder Be-schleunigen auf die Wunschgeschwindigkeit, ge-meldet.

Ein ständiges Senden von FCD ist aus mehrerenGründen nicht sinnvoll. Einerseits wären die Aufbe-reitung der Daten und deren Weiterverwendung inAlgorithmen zur Reisezeitberechnung und/oderVerkehrsmodellen mit einem vertretbaren Aufwandnicht mehr zu bewältigen, zumal häufig gleich blei-bende Informationen, d. h. keine neuen Informatio-nen, gesendet werden würden. Dieses Problem

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wird dadurch gemildert, dass die Daten bereits imFahrzeug durch entsprechende Algorithmen starkverdichtet werden. Andererseits entstehen mit jederDatenübertragung Kosten. Gerade der Kostenfak-tor zwingt dazu, die Datenübertragung zu minimie-ren. Von daher werden FCD weniger zu Zweckenvon Reisezeitmessungen eingesetzt, sondern viel-mehr ereignisorientiert, z. B. Einfahrt in einen Stau.

FCD werden sowohl im innerstädtischen Bereichals auch im außerörtlichen Netz gewonnen. Im in-nerstädtischen Bereich sind häufig Taxiflotten ent-sprechend ausgestattet, die einerseits viel im Netzfahren und andererseits den Vorteil haben, für dieDatenübertragung das taxieigene Kommunikations-system nutzen zu können, sodass praktisch keineoder nur minimale Kosten für die Datenübertragunganfallen. Dies erlaubt auch kurze Zeitabstände zwi-schen den einzelnen Datentelegrammen.

Für die Beschreibung der Verkehrssituation imAußerortsbereich, und besonders auf Autobahnen,sind Taxiflotten nicht geeignet. Die Ausstattung vonLast- und Sattelzügen mit entsprechenden Gerätenist wegen der zulässigen Höchstgeschwindigkeitvon 80 km/h und anderer betrieblicher Regelungen,z. B. Lkw-Überholverbote auf Autobahnen, für dieErfassung einer umfassenden Verkehrslage nichtzielführend.

Bei den Floating Cars handelt es sich meist um Pri-vatfahrzeuge, deren Fahrer zudem häufig als Stau-melder agieren und hohe Jahresfahrleistungen auf-weisen (zur Anzahl von FCD-Fahrzeugen sieheauch Kapitel 2.2.7).

Eine Erweiterung des klassischen FCD stellt das sogenannte Extended Floating Car Data (XFCD) dar.Hier werden neben den klassischen Verkehrskenn-größen weitere Daten, die im Fahrzeug ohnehinvorliegen, erfasst. Dies sind beispielsweise:

• Außentemperatur (Glatteiswarnungen),

• Nässedaten (ermittelt über Regensensoren oderaktive Scheibenwischer),

• Lichtverhältnisse (ein-/ausgeschaltete Schein-werfer),

• Warnblinker (ein-/ausgeschaltet) oder

• elektronische Hilfsprogramme (ABS, EBS, Ab-standsmessungen).

Durch eine intelligente Auswertung dieser zusätzli-chen Informationen können Rückschlüsse auf die

Verkehrssituation und Wetterlage gewonnen undbei der Berechnung von Verkehrslagen, Fahrtzeitenu. Ä. berücksichtigt werden.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

FCD sind grundsätzlich geeignet, Reisezeiten zumessen. Es besteht die Möglichkeit, den Fahrzeu-gen über die Zentrale einen oder mehrere Stre-ckenabschnitt(e) vorzugeben, auf dem/denen die Reisezeit zu messen ist. Im Fall einer dynami-schen Routenempfehlung könnte gezielt auf die re-levanten Streckenabschnitte Bezug genommenwerden.

Allerdings ist diese Vorgehensweise als alleinigeMethode, Fahrtzeiten zu ermitteln, zumindest aufabsehbare Zeit nicht geeignet. Es kann im Hinblickauf die derzeitigen Ausstattungsquoten nicht si-chergestellt werden, dass im betrachteten Zeitraumüber die relevanten Abschnitte eine ausreichendgroße Anzahl Floating Cars fährt, um gesicherteAussagen im Hinblick auf die Fahrtzeit treffen zukönnen. Unter Einbeziehung der hohen Datenüber-tragungskosten muss eine solche Vorgehensweisenoch kritischer gesehen werden.

Insgesamt gesehen wird mit Blick auf die eigentli-che Aufgabe, in dWiSta Reisezeitinformationen an-zuzeigen, deren Ermittlung nur per FCD als nichtzielführend eingestuft. Davon unbenommen wer-den FCD, als Ergänzung zu den stationär erfasstenVerkehrsdaten, auch weiterhin in Rechenalgorith-men und/oder Verkehrsmodellen eingehen.

2.3.3 Mustererkennung mittels Video

Verfahren

Bei der Mustererkennung mittels Videotechnik4

wird nicht das Fahrzeug als solches, sondern meistnur das Kennzeichen erfasst und mit Hilfe von Text-erkennungssoftware (OCR – Optical CharacterRecognition) als Buchstaben-Zahlen-Kombinationzeitbezogen abgespeichert. Moderne Verfahrenverschlüsseln automatisch das Kennzeichen, so-dass es für eine Person nicht mehr als Kennzei-chen lesbar ist. Damit wird den Ansprüchen an denDatenschutz Genüge getan.

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4 Im Englischen als Automatic Vehicle Identifikation (AVI) be-zeichnet

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Die Schwierigkeit bei der Kennzeichenerfassungliegt darin, das Kennzeichen als solches zu erken-nen und nicht mit anderen am Fahrzeug befindli-chen Beschriftungen zu verwechseln. Hierfür gibtes mehrere Lösungen. Eine Möglichkeit ist, die re-flektierenden Eigenschaften des Kennzeichens zunutzen, um dieses als Kennzeichen zu identifizie-ren. Eine andere Lösung vergleicht die aufgenom-menen Buchstaben-Zahlen-Kombinationen mit vor-definierten Musterkennzeichen5. Bei einer entspre-chenden Übereinstimmung wird die Aufnahme alsKennzeichen gespeichert. Bei diesem Verfahren isteine direkte Zuordnung des Fahrzeugs zum Her-kunftsland möglich, was aber im Hinblick auf die Er-mittlung von Fahrtzeiten weniger von Interesse ist.

In allen Fällen werden hohe Anforderungen an dieKameraoptik gestellt, da die Kennzeichen relativklein sind und gleichzeitig die Kameraposition rela-tiv weit entfernt von der Fahrbahn sein kann. Darü-ber hinaus ist zu beachten, dass die Fahrzeuge mithohen Geschwindigkeiten an der Kamera vorbei-fahren. Es kommen deshalb in der Regel nur Spe-zialkameras zum Einsatz.

Die modernen Verfahren arbeiten praktisch vollau-tomatisch, d. h.

• Aufnahme und Identifikation des Kennzeichens(an beiden Standorten),

• Umwandlung des Kennzeichens in eine Buch-staben-Zahlen-Kombination und zeitbezogeneAbspeicherung der Daten sowie

• Abgleich der gespeicherten Kennzeichen beiderStandorte und Suchen identischer Kennzei-chenpaare, Berechnen der zugehörigen Zeitdif-ferenz.

Problematisch ist, dass bei dem oben genanntenVorgehen anhand des Kennzeichens nicht auf denFahrzeugtyp (Pkw, Lastwagen, Lastzug u. a.) ge-schlossen werden kann. Dadurch werden die imHinblick auf Fahrtzeitermittlung besonders interes-santen Pkw-Geschwindigkeiten möglicherweise zuniedrig ermittelt. Eine nachträgliche manuelle Zu-ordnung wäre viel zu aufwändig (personal-, zeit-und kostenintensiv) und auch gar nicht mehr mög-lich, zumal die Videoaufnahmen als Bild nicht ab-gespeichert werden.

Die Fahrzeugtypendifferenzierung muss gleichzei-tig mit der Kennzeichenerfassung erfolgen undbeide Informationen müssen miteinander verknüpftwerden. Ein entsprechendes System wurde mittler-

weile von der TU München, Lehrstuhl für Verkehrs-technik, bis zur Einsatzreife entwickelt.

Die o. g. Verfahren „beschränken“ sich in der Regeldarauf, das Kennzeichen und gegebenenfalls dieSilhouette zu erkennen und abzuspeichern. Die lo-kale Geschwindigkeit am Aufnahmeort wird nichterfasst.

Im Rahmen des zunehmenden Einsatzes und derWeiterentwicklung von Videotechnik zur Detektionvon Verkehrszuständen ist ein entsprechendes Ka-merasystem6 mit zugehöriger Software auf demMarkt verfügbar. Dieses kann neben dem Kennzei-chen, Fahrzeugklasse (5 + 1) und Zeitstempel auchdie lokale Geschwindigkeit über virtuelle Schleifenim Kamerabild bestimmen. Das System wurde nichtvorrangig für Reisezeitmessungen entwickelt, kannaber in Verbindung mit einem zweiten System zurFahrtzeitmessung eingesetzt werden, da die Auf-nahmezeit abgespeichert ist. Eine für Fahrtzeiter-mittlungen erforderliche Auswertungssoftware istaber bislang nicht entwickelt worden.

Europäische Projekte

Im Rahmen des Projekts „STREETWISE“ wurde inSchottland ein Verfahren zur Wiedererkennung vonFahrzeugen anhand des Nummernschildes er-probt. Der Einsatz erfolgt vorrangig, um die Genau-igkeit der mittels Verkehrskenngrößen berechnetenReisezeiten zu verbessern. Dabei standen Ver-kehrsstörungen im Bereich von Baustellen imFokus, da sich hier die Reisezeitvorhersagen alsbesonders schwierig erwiesen haben. Eingesetztwurde ein mobiles System. Die Verkehrsteilnehmerwurden über mobile, frei programmierbare Informa-tionstafeln über die Größe der Verzögerung unter-richtet.

Reisezeitvorhersagen mittels Nummernschilder-kennung wurden in Finnland im Sommer 2000 aufeinem 28 km langen Abschnitt der Hauptstraße zwi-schen Heinola und Lahti erprobt. Der Streckenab-schnitt war in vier Abschnitte unterteilt, deren An-fangs- bzw. Endpunkt mit entsprechenden Kame-ras überwacht wurden. Die Gesamtreisezeit wurdeals Summe der Einzelzeiten berechnet und um einekonstante Zeit ergänzt, die die Reisezeit auf nicht

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5 Wird angewendet im Verfahren „traffic scan“ der Firma VMTDüssel, Essen

6 Weiss-Elektronik GmbH, LPR Kamera, VCI700

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überwachten Abschnitten widerspiegeln sollte. EineVorhersage der Reisezeit für den Gesamtabschnitt,nur auf Basis der Reisezeiten wieder erkannterFahrzeuge auf Teilabschnitten der Gesamtstrecke,führt zu sehr schwankenden Reisezeiten. In demspeziellen Fall wurde es deshalb als notwendig er-achtet, die Daten der Videomessung anhand vonVerkehrskenngrößen (Induktivschleifen) sowie be-kannten Ganglinien abzugleichen.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

Die Messung von Reisezeiten mittels Videoauf-zeichnung und Mustererkennung (Nummernschild-erkennung) ergibt für den betreffenden Abschnitt inder Regel sehr genaue Werte. Die finnischen Un-tersuchungsergebnisse werden als nicht repräsen-tativ eingestuft. Die Wiedererkennungsrate derKennzeichen liegt nach glaubwürdigen Hersteller-angaben bei über 90 %. Dabei sind allerdings inBezug auf die Messaufgabe optimale Kamera-standorte unterstellt; dies wird im praktischen Be-trieb nicht immer möglich sein. Witterungsbedingte,negative Einflüsse auf das Messergebnis sind vorallem bei Schneefall möglich.

Die Erhebung von Reisezeiten mittels Videotechnikwird unter technischen Gesichtspunkten grundsätz-lich als geeignetes Verfahren angesehen, weil es,dies belegen die meisten Anwendungen, sehr zu-verlässige Fahrtzeiten in hoher Anzahl liefert. Aller-dings ist bei dem Verfahren Folgendes zu beach-ten:

Die Investitionskosten für ein solches System sind sehr hoch. Für jeden Fahrstreifen ist nach dem derzeitigen Stand der Technik eine eigene Kamera erforderlich, deren Kosten mehrere 1.000 €betragen. Hinzu kommen Kosten für Montage-vorrichtungen und Auswerteeinheiten. Ein linienhaf-ter Einsatz dieser Technik auf Autobahnen istwegen hoher Investitionskosten praktisch nichtmöglich.

Es muss ferner sichergestellt sein, dass die Mess-ergebnisse sehr zeitnah bereitgestellt werden, sol-len sie eine Grundlage für dynamische Routen-empfehlungen bilden. Dazu wird, wegen der de-zentralen Kamerastandorte, voraussichtlich eineDatenübertragung per Funk (z. B. GPRS oderUMTS) notwendig werden, wodurch Gebührendauerhaft anfallen. Zur Reduzierung der Daten-übertragungskosten sollte die Auswertung weitge-

hend direkt am Kamerastandort erfolgen, damit dieDatenmenge minimiert wird.

Insgesamt betrachtet wird der Einsatz von Reise-zeitmessungen per Videotechnik zu Zwecken derdynamischen Routenempfehlungen als „nicht wirt-schaftlich“ eingestuft. Einsatzgebiete dieser Tech-nik werden mehr in speziellen, kleinräumigen Messaufgaben, wie beispielsweise Kontrollmes-sungen, gesehen. Diese Aussage gilt umso mehr,da die Systeme häufig auch mobil eingesetzt, d. h.leicht umgesetzt, werden können.

2.3.4 Mustererkennung mittels Induktiv-schleifen – Verfahren MAVE-S

Verfahren

Die Wiedererkennung von Fahrzeugen anhand ty-pischer Verstimmungskurven von Induktivschleifenwird derzeit vergleichsweise selten eingesetzt. EinSystem umfasst mindestens zwei miteinander ver-bundene Messquerschnitte und die zugehörigeAuswertehard- und -software. Ein komplettes aufdiesem Verfahren beruhendes Messsystem wirdvon der Firma ave Verkehrs- und Informationstech-nik GmbH unter der Bezeichnung „MAVE-S“ ange-boten. Weitere Anbieter mit einem vergleichbarenVerfahren sind nicht bekannt.

Eine detaillierte Beschreibung des Systems findetsich in Dokumentationen des Unternehmens aveVerkehrs- und Informationstechnik GmbH [2, 3].Nachfolgend werden deshalb nur die Grundzügedes Verfahrens dargestellt.

Die Datenerfassung erfolgt mit TLS7-konformenfahrstreifenbezogenen Induktivschleifen. DieseSchleifen liefern die üblichen Verkehrskenngrößen(Geschwindigkeiten und Verkehrsstärken, differen-ziert nach Pkw und Lkw, Nettozeitlücke und Bele-gung). Zusätzlich wird die bei der Überfahrt erzeug-te Verstimmungskurve aufgezeichnet und digitali-siert. Die Verstimmungskurven werden in einenMerkmalsvektor überführt, der das Fahrzeug bzw.ein Fahrzeugkollektiv beschreibt. Diese Daten wer-den in Listen gespeichert.

Die Listen zweier benachbarter Messquerschnittewerden mit einem mehrstufigen adaptiven Korrela-tionsalgorithmus verglichen, um identische Fahrzeu-

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7 TLS – Technische Lieferbedingungen für Streckenstationen,Stand 2002 [12]

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ge zu identifizieren. Dabei werden die Listen der bei-den Messquerschnitte während des Vergleichsmehrfach gegeneinander verschoben, um auf derStrecke stattgefundene Vermischungen erkennen zukönnen.

Die im System implementierte Entscheidungsregel,wann Fahrzeuge identisch sind, wurde empirischermittelt.

In der ersten Stufe erfolgt ein Einzelvergleich vonFahrzeugen am Messquerschnitt 1 und 2. Wennkeine Übereinstimmung ermittelt wird, erfolgt in derStufe 2 ein Vergleich von Fahrzeuggruppen. InStufe 3 findet eine Plausibilisierung der ermitteltenIdentifikationen statt. Bei einer erkannten Pseudo-übereinstimmung werden die entsprechendenPaare eliminiert.

Die Fahrtzeit zwischen zwei Messquerschnittenentspricht genau der Zeitdifferenz des Passierensdes ersten und zweiten Messquerschnitts. Mit Hilfeder ermittelten Paare lassen sich weitere Verkehrs-kenngrößen, wie Vermischungs- und Überholver-halten, Verkehrsdichten u. Ä. berechnen.

Das Verfahren ist wegen der benötigten Verstim-mungskurve zwingend auf Induktivschleifen ange-wiesen. Will man nicht eine doppelte Datenerfas-sung in Kauf nehmen, scheiden Streckenabschnit-te mit vorhandenen Video- oder Infrarotdetektorengenerell aus.

Nach Aussagen des Herstellers funktioniert das System, wenn mindestens 50 % der über dem Messquerschnitt 1 gefahrenen Fahrzeuge auchden Messquerschnitt 2 passieren. Als weitereRandbedingungen ist zu beachten, dass das Sys-tem nur dann funktioniert, wenn eine Mindestge-schwindigkeit, die etwa zwischen 10 und 15 km/hliegt, nicht unterschritten wird.

Das System besteht aus autark arbeitenden Stre-ckenstationen (je Messquerschnitt eine), die einer-seits die TLS-konformen Verkehrskenngrößen undandererseits die digitalisierten Muster der passie-renden Fahrzeuge/Fahrzeuggruppen erzeugen.Benachbarte Streckenstationen sind über einenDatenbus miteinander verbunden. Zusätzlich sinddie Streckenstationen an eine übergeordnete(Unter-)Zentrale angebunden, in der die Auswer-tungen durchgeführt und die Daten gespeichertwerden. Die Weitergabe der Daten an eine Ver-kehrsleitzentrale zu Überwachung- und Steue-rungszwecken ist möglich.

MAVE-S wurde erstmals 1988 eingesetzt. Derzeitist es auf dem etwa 25 km langen Abschnitt der A 8zwischen der AS Hohenstadt und dem AK Ulmsowie in der Schweiz auf der N 1 im Raum Bern imEinsatz.

Das Messverfahren wird in Köln auf einer inner-städtischen Hauptverkehrsstraße (AachenerStraße) eingesetzt.

Erkennen von Verkehrsstörungen

Das System ermöglicht, Verkehrsstörungen auchdann zu erkennen, wenn an den stationären Mess-querschnitten ein noch ungestörter Verkehrsflussherrscht. Eine längere als die vordefinierte Sollfahrt-zeit deutet auf eine Verkehrsstörung hin, die miteiner Fahrtzeitverlängerung verbunden ist. Damitwerden größere Messquerschnittsabstände möglich.

Dies ist auch bei der Wiedererkennung per Videomöglich. Verfahren, die sich nur auf die Verkehrs-kenngrößen der stationären Messquerschnitte stüt-zen, können Verkehrsstörungen erst dann erken-nen, wenn diese von den erwarteten Kenngrößenabweichen.

Einschätzung des Verfahrens im Hinblick auf dieBereitstellung von Fahrtzeiten für dWiSta

Reisezeitmessungen anhand von Mustererkennun-gen mittels Induktivschleifen werden als geeigneteingestuft.

Die erforderliche Hard- und Software für das Sys-tem MAVE-S ist wegen der speziellen Auswerteein-heit teurer als für herkömmliche Streckenstationen.Mehrkosten könnten allerdings durch größere Messquerschnitte teilweise kompensiert werden.

2.3.5 Wiedererkennung über Mautdaten

Die Bestimmung von Fahrtzeiten über den Ver-gleich des Zeitstempels beim Eintritt in eine be-mautete Strecke und beim Austritt aus einer be-mauteten Strecke (Electronic Fee Collection Sys-tem – EFC) ist unter technischen Gesichtspunkteneinfach realisierbar. Entsprechende Fahrtzeiterfas-sungen werden auf vielen bemauteten Autobahnenaußerhalb von Deutschland durchgeführt. Sie er-lauben entsprechend den vorgegebenen Mautklas-sen eine einfache Differenzierung der Fahrtzeitenfür einzelne Fahrzeugtypen. Diese Methode bietetferner die Vorteile, dass alle Fahrzeuge erfasst wer-

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den (Mautpflicht) und das System praktisch ausfall-sicher ist.

Dennoch dürfte dieses System allein nicht ausrei-chen, um Fahrtzeitverlängerungen sicher und an-gemessen schnell zu erfassen und in dynamischeRoutenempfehlungen einzubinden. Ein Grunddafür ist, dass zwischen Einfahrt und Ausfahrt indie/aus der Mautstrecke häufig sehr lange Fahrt-zeiten, oft mehrere Stunden, auftreten. Gerade beilangen Fahrtzeiten, die über einer Normfahrtzeitliegen, können viele Faktoren die Fahrtzeit beein-flussen. Der Fahrer kann mit einer unterdurch-schnittlich niedrigen Geschwindigkeit gefahrensein, er kann zwischenzeitlich eine Pause einge-legt haben oder aber durch eine Verkehrsstörungaufgehalten worden sein. Lange Fahrtzeiten sindim Hinblick auf das Erkennen von Fahrtzeitverlän-gerungen auch deshalb problematisch, weil beimAustritt aus der Mautstrecke, erst hier wird Fahrt-zeitverlängerung erkannt, eine mögliche Verkehrs-störung als Ursache der Fahrtzeitverlängerungschon nicht mehr existent sein kann.

Von daher sind EFC-Fahrtzeiten aussagekräftiger,je kürzer die Fahrtstrecke ist. Am günstigsten wäreeine Fahrt nur von einer Anschlussstelle zur nächs-ten. Aber auch in einem solchen Fall ist mit ver-gleichsweise langen Fahrtzeiten zu rechnen, weildie Anschlussstellenabstände bei bemautetenStrecken häufig relativ groß sind. Auch dürfte dieAnzahl der Fahrzeuge, die von einer Anschlussstel-le nur bis zur nächsten oder zur übernächsten fah-ren, relativ gering sein. Insbesondere in verkehrs-schwächeren Zeiten müsste geprüft werden, obeine ausreichende Datenbasis erreicht werdenkann.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass in Bal-lungsgebieten Autobahnen teilweise mautfrei sind.Damit könnte es vorkommen, dass gerade für be-sonders wichtige Netzabschnitte keine Daten vor-liegen.

Auf bundesdeutschen Autobahnen ist dieses Sys-tem generell nicht einsetzbar, da für Pkw keineMautpflicht besteht. Entsprechende Fahrtzeitenwären gar nicht zu erheben.

Mautpflicht schwerer Lkw

Grundsätzlich denkbar ist die Nutzung von Daten,die im Rahmen der Mautpflicht schwerer Lkw ge-sammelt werden. Die überwiegende Mehrzahl die-ser Informationen liegt, weil die Datenerfassung

elektronisch über das GPS-System erfolgt, weg-und zeitbezogen vor. Die Ableitung von streckenbe-zogenen Fahrtzeiten ist deshalb grundsätzlichmöglich, auch für kürzere Streckenabschnitte.

Allerdings dürfen Daten der Mauterfassung nachden gesetzlichen Bestimmungen ausschließlich fürZwecke der Mautberechnung verwendet werden.Auch wenn für die Fahrtzeitermittlung keine Lkw-bezogenen Daten notwendig sind, wäre eine recht-liche Prüfung einer solchen Vorgehensweise anzu-raten.

Die so ermittelten Fahrtzeiten gelten nur für denschweren Lkw-Verkehr. Es besteht deshalb die Not-wendigkeit, von den Fahrtzeiten des Lkw-Verkehrsauf die des Pkw-Verkehrs zu schließen. Entspre-chende Algorithmen sind nach Kenntnis des Gut-achters bislang nicht entwickelt worden, werdenaber prinzipiell als machbar eingeschätzt. Ein kurz-oder auch mittelfristiger Einsatz von Daten zurMauterfassung, um daraus Fahrtzeiten abzuleiten,ist aber nicht wahrscheinlich. Auf eine Einbezie-hung einer Fahrtzeitermittlung mittels Mautdatenschwerer Lkw wird deshalb im Rahmen dieser Stu-die verzichtet.

2.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse derRecherche zum Thema Reisezeitberech-nung

Die Literatur- und Datenrecherche macht deutlich,dass dem Thema Reisezeitberechnung und der zu-gehörigen Information der Verkehrsteilnehmer welt-weit große Beachtung zukommt. In vielen Ländernsind entsprechende Systeme bereits seit längeremim Einsatz. Es wird aber auch deutlich, dass die An-sprüche und die Zielsetzungen solcher Systemesehr unterschiedlich definiert werden.

Von daher verwundert es nicht, dass die realisiertenSysteme sehr projektspezifisch ausgerichtet sind.Dies betrifft gleichermaßen die Verfahren zur Er-mittlung der Reisezeit wie auch die Informations-vermittlung (Schildergestaltung). Eine einfacheÜbertragung der Verfahren zur Reisezeitberech-nung auf deutsche Verhältnisse ist wegen der star-ken Projektbindung kaum möglich. Hinzu kommt,dass die eigentlichen Algorithmen meistens nichtfrei verfügbar sind, da sie Firmen-Know-how dar-stellen.

Die überwiegende Mehrzahl der realisierten Sys-teme nutzt die Datenerfassung mit ortsfesten Sen-soren. Direkte Reisezeitmessungen sind selten

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und dienen vor allem der Plausibilitätsprüfung be-rechneter Daten. Eine diesbezügliche Ausnahmebilden Reisezeitmessungen mit dem ElectronicFee Collection System (EFC). Ein solches Systemist aber in Deutschland nicht möglich, da die Auto-bahnen für Pkw mautfrei sind.

Die direkte Messung von Fahrtzeiten erlaubt auchAussagen in Hinblick auf die Verkehrszuständeauf den Abschnitten zwischen den ortsfestenMessstationen. Von daher sind entsprechendeVerfahren für Fahrtzeitermittlungen grundsätzlichgut geeignet. Allerdings sind die technischen Er-fordernisse aufwändiger als die heute meist ange-wendete Verkehrsdatenerfassung mittels Induk-tivschleifen.

Der potenzielle Vorteil der direkten Reisezeitmes-sung relativiert sich etwas, weil auch Verfahren zurStörfallerkennung weiterentwickelt und verfeinertwerden. Dies gilt sowohl für die eigenständigen,speziell auf die Störungserkennung ausgelegtenVerfahren als auch für modellgestützte Verfahren.Im Verfahren ddg sind beispielsweise entspre-chende Algorithmen integriert, die besondersstöranfällige Abschnitte (z. B. Bereiche mit einerFahrstreifeneinziehung) speziell auf mögliche undabsehbare Verkehrsstörungen hin untersuchen.

Viele der Verfahren sind (grundsätzlich) in derLage, anhand von historischen Ganglinien auchprognostische Aussagen zur Verkehrssituationund damit auch zu den erwarteten Fahrtzeiten aufden Streckenabschnitten zu treffen. Die Problema-tik historischer Ganglinien ist aber, dass sie einenfür einen definierten Verkehrszustand durch-schnittlichen Verkehrsablauf beschreiben. Zufälli-ge Einflüsse auf das Verkehrsgeschehen, z. B.außergewöhnlich hoher Lkw-Anteil oder Fahrtzeit-verlängerungen infolge eines auf dem Standstrei-fen abgestellten Fahrzeugs, bleiben unberücksich-tigt. Trotz dieser Problematik ist im Hinblick auf diedynamische Routenempfehlung die Möglichkeitprognostischer Aussagen von Berechnungsver-fahren nicht zu unterschätzen.

Die Wirkungen von Verkehrsverlagerungen (Ver-änderungen der Verkehrsstärke) infolge dynami-scher Routenempfehlung berücksichtigt keinesder betrachteten Projekte/Verfahren.

Die ermittelten Fahrtzeiten werden in der überwie-genden Mehrzahl als „gut“ bezeichnet, wobeidiese Einstufung häufig vom Entwickler oder Be-treiber eines System vorgenommen wurde. Von

Dritten durchgeführte Kontrollen/Überprüfungenkommen häufig zu einem ähnlichen Ergebnis.Dies lässt den Schluss zu, dass Reisezeiten unterVerwendung üblicher Messwerte, z. B. Geschwin-digkeit, Verkehrsstärke, Zeitlücken, mit einer hin-reichenden Genauigkeit berechnet werden kön-nen, um sie in Informationssystemen anzeigen zukönnen. Die in der Literatur gefundenen Reaktio-nen von Verkehrsteilnehmern auf entsprechendeSysteme waren durchweg positiv.

2.3.7 Ausgewählte Verfahren für den Praxis-test

Aufgrund der Erkenntnisse der durchgeführten Lite-ratur- und Datenrecherche werden die nachfolgen-den vier Verfahren als generell geeignet eingestuftund in den Praxistest einbezogen. Die Verfahren 1bis 4 werden auf deutschen Autobahnen angewen-det, Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres me-thodischen Ansatzes voneinander.

1. Reisezeitberechnung mit Hilfe von Verkehrsmo-dellrechnungen (Verfahren ddg),

2. Reisezeitberechnung mit Hilfe von Verkehrssi-mulation (Verfahren OLSIM ),

3. Reisezeitberechnung mit Störfallerkennungsal-gorithmus (Verfahren ASDA/FOTO),

4. Reisezeitberechnung anhand von Reisezeit-messungen (Verfahren MAVE-S),

5. Reisezeitberechnung anhand lokaler Geschwin-digkeiten (Verfahren EINFACHER ANSATZ).

2.4 WahrnehmungspsychologischeAspekte der Schildergestaltung

2.4.1 Einführung

Frei programmierbare Informationstafeln, die Infor-mationen über Reisezeiten, aber auch andere In-formationen, z. B. Hinweise auf Verkehrsstörungen,beinhalten können, sind international schon seitlängerem im Einsatz. Auf deutschen Autobahnenwerden vergleichbare Schilder nur im Rahmen derdWiSta eingesetzt. Es gibt auf europäischer EbeneBestrebungen, die Darstellung auf diesen Tafeln zuvereinheitlichen, bislang unterscheiden sich die ein-gesetzten VMS in Form und Inhalt jedoch erheblich.Die Bilder 2.5 bis 2.7 zeigen Beispiele aus Frank-reich, den USA und Österreich. Weitere Beispieleenthalten die Kapitel 2.2.2 bis 2.2.4.

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Im Folgenden werden einige Merkmale dieser ein-gesetzten VMS zusammengetragen, die vor allemdie Anzeige von Reisezeitinformationen betreffen[10, 20]:

• Dargestellte Reisezeiten beziehen sich meistauf ein bestimmtes Ziel (eine Stadt, eine An-schlussstelle etc.),

• oft erfolgt nur eine Information über die Stan-dardroute, Informationen über die Alternativrou-te fehlen,

• es werden oft nur kürzere Reisezeiten ange-zeigt, meist nicht mehr als 30 min,

• in einigen Fällen in den USA wird empfohlen,Reisezeiten als Zeitspanne (z. B. „8-12 min“) an-zuzeigen,

• zum Teil wird auch der Zeitpunkt der Messungangezeigt, um Informationen über die Verläss-lichkeit zu liefern,

• einige Systeme sind immer eingeschaltet, d. h.,sie zeigen auch die aktuelle Reisezeit für einebestimmte Route an, wenn keine Verzögerun-gen auftreten,

• es gibt zum Teil farbige Kodierungen der Reise-zeiten (z. B. rot/grün) und

• in manchen Fällen werden Pfeil-Symbole füreine tendenzielle Zunahme oder Abnahme derReisezeit angezeigt.

Die Recherche der aktuellen Literatur zu wahrneh-mungspsychologischen Aspekten der Anzeigen-oder Schildergestaltung mit dem Fokus auf Reise-zeitangaben zeigte, dass Studien in diesem spezi-ellen Bereich eher selten zu finden sind. Die Quel-lenangaben beschränken sich häufig auf techni-sche Aspekte der Informationstafeln bzw. auf dieBerechnung der Reisezeiten.

Neben den wahrnehmungspsychologischen Aspek-ten der Schildergestaltung wurden in die Literatur-recherche auch Untersuchungen zu Aspekten derRoutenwahl einbezogen, die auf der Grundlage vonReisezeitinformationen auf frei programmierbarenInformationstafeln getroffen wurden. Abschließendwird auf die Wirkungen von Reisezeitinformationenin Form von Akzeptanzuntersuchungen eingegan-gen.

2.4.2 Erkenntnisse aus wahrnehmungspsycho-logischen Untersuchungen zur Schilder-gestaltung

Eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der„Hinweise zur Gestaltung von dynamischen Weg-weisern mit integrierten Stauinformationen (dWi-Sta)“ in Deutschland [11] bilden die wahrneh-mungspsychologischen Erkenntnisse aus der Un-tersuchung von FÄRBER et al. zu dynamischenVerkehrsinformationstafeln [21]. Im Teil 2 des Be-richtes „Nutzerbedürfnisse und wahrnehmungspsy-chologische Gestaltung“ erarbeiten FÄRBER et al.Vorschläge zur Gestaltung von dWiSta-Tafeln. Diewichtigsten Erkenntnisse und Vorschläge mit Rele-vanz für das Forschungsvorhaben sind:

• Es gibt zwei dreizeilige Textblöcke,

• weiße Schrift auf schwarzem Grund,

• die Schreibweise ist linksbündig,

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Bild 2.5: Variable Message Sign (VMS) in der Region île deFrance, Frankreich

Bildquelle: http://www.sytadin.equipement.gouv.fr/ PMV_sytadin/

Bild 2.6: VMS in den USA

Bildquelle: http://ops.fhwa.dot.gov/publications/travel_time_study/houston/houston_ttm.htm

Bild 2.7: Verkehrsbeeinflussungsanlage im Raum Vorarlberg,Österreich

Bildquelle: http://www.momatec.de/fileadmin/documents/news/Praesentation_Deweis.pdf

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• es gibt Groß- und Kleinschreibung,

• es sollte eine sparsame Verwendung von Textgeben und

• das Schild sollte „eine Geschichte erzählen“.

Weitere Aspekte sind aus dem EU-Projekt „TrafficOptimisation by the Integration of Information andControl“ (TROPIC) hervorgegangen. Dort wurdeempfohlen, dass der Inhalt von variablen Informati-onstafeln aus nicht mehr als sieben Wörter (incl.Symbolen) bestehen sollte, von denen maximalzwei Zahlen sind.

Einen direkten Bezug zur Wahrnehmung von Rei-sezeitinformationen auf Autobahnen untersuchtenFÄRBER et al. in einer Befragung, die Bestandteildes o. g. Gesamtprojektes war. Probanden wurdenEntwürfe von dynamischen Wegweisern mit inte-grierten Stauinformationen gezeigt, die unter ande-rem auch Reisezeitinformationen enthielten. Dabeiwurde zwischen einer absolut frei programmierba-ren Überkopfvariante des Schildes und einer seitli-chen Variante mit zwei Textblöcken und einemPfeilgerüst variiert, welche der derzeit empfohlenenForm der dWiSta ähnelte. Aufgrund der Ähnlichkeitzur jetzigen Variante wird nur auf die Ergebnisseder seitlichen Blockvariante eingegangen.

Es wurden zwei Darstellungsarten für Reisezeitenbetrachtet. Eine Variante beinhaltete absolute Rei-sezeiten:

• „[Stausymbol] – Ohmenstetten via Hausen A 6 –90 min“,

• „Ohmenstetten via A 7/A 8 – 60 min“.

Bei beiden Anzeigeformen beträgt der Prozentsatzan Probanden, die diese Informationen richtig deu-teten, zwischen 60 % (60-min-Information) und 70 % (90-min-Angabe).

Die zweite Variante zeigte eine Verlustzeit, d. h. diezeitliche Differenz zu einer ungestörten Fahrt. DieAnzeige enthielt:

• „[Stausymbol] – Stau hinter Löwenstein – + 20 min“.

Hier lag der Anteil der richtigen Interpretation mit 93 % deutlich höher.

2.4.3 Entscheidungsaspekte bei Reisezeit-angaben

Die in den dWiSta dargestellten Informationen sol-len den Verkehrsteilnehmer über den stromabwärti-

gen Verkehrszustand informieren, ihn dadurch inseiner Routenwahl beeinflussen und so überlasteteStreckenabschnitte entlasten. Ergänzend zu denAspekten der Wahrnehmung werden deshalb auchdie Entscheidungsprozesse der Fahrer, das heißt,ob sie weiter auf der Standardroute fahren oder derAlternativroutenempfehlung folgen, betrachtet.

In „Route choice: Wayfinding in transportation networks” [9] beschreiben BOVY und STERNGründe, die zu einer bestimmten Routenwahlführen. Sie untersuchten dabei auch verschiedeneVerkehrsteilnehmer (z. B. Lkw-Fahrer, Pkw-Fahrer,Fahrradfahrer und Fußgänger) und trugen eineVielzahl möglicher Gründe zusammen, u. a.Straßenbeschaffenheit, Wetter, Vertrautheit mit derRoute, Länge der Route, Reisezeit etc. Das wich-tigste Kriterium in allen Fahrergruppen war mit Ab-stand die Reisezeit. Es sollte aber beachtet wer-den, dass sich die Angaben auf das Routenwahl-verhalten vor Antritt der Fahrt/Reise beziehen.

Für den Fall eines Staus spielen situative Informa-tionen, also Informationen über den Stau und des-sen mögliche Umfahrung, eine stärkere Rolle. FÄR-BER et al. untersuchten in ihrer Studie die Informa-tionsbedürfnisse der Fahrer im Falle eines Staus.Sie erfassten diese mit Hilfe einer Internetbefra-gung und des o. g. Interviews. Die beiden interes-santesten Kenngrößen für die Nutzer sind dabeieindeutig die Staulänge (in km) und die Stauzeit (inmin). Die Frage, welche dieser beiden die wichtige-re sei, wird allerdings ambivalent beantwortet. Sowird in der Internetbefragung die Dauer wichtigerals die Länge (56 % zu 38 %) bewertet, im Interviewjedoch die Länge wichtiger als die Dauer (52 % zu38 %). Als wichtige Informationen über die Umlei-tungsempfehlung wünschen sich rund 60 % der Be-fragten im Interview eine Information über die Zeit,die zum Fahren der Umleitung benötigt wird. DiePriorität dieser Information wurde als „zweitwichtig“bewertet. Rund 40 % wünschten auch eine Infor-mation über die zusätzlich zu fahrenden Kilometer.Hier wurde die Priorität als „drittwichtig“ eingestuft.Auf Platz eins lag die Information über den Namender Ausfahrt (87 %, Priorität „am wichtigsten“).

Um die Ergebnisse über die Wünsche zu Alternativ-routeninformationen zu bewerten, fragten FÄRBERet al. in ihrem Interview, ob eher eine kürzere Fahrt-zeit oder eine kürzere Strecke einen wichtigerenEinfluss auf die Entscheidung habe. Hierbei ging esnicht explizit um einen Stau, sondern um eine vonzwei alternativen Fahrtrouten. 83 % entscheiden

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sich in dieser Untersuchung für die Route mit derkürzeren Fahrtzeit. Von diesen 83 % gaben 18 %an, dass es sich immer lohne, die Alternativroute zuwählen, 53 % gaben an, dass es sich ab einer kür-zeren Fahrtzeit von durchschnittlich 21 min lohne,und 5 % nur wenn sie es eilig hätten.

MEIER-EISENMANN et al. [38] untersuchten Aus-wirkungen von Informationen über Stauzeit undStaulänge in einem Feldversuch. Die Ergebnissezeigen, dass bei identischen Stauzuständen Infor-mationen zur Staulänge zu mehr Ausweichverkehrführen. Als Erklärung führen die Autoren an, dassdiese Informationen schwerer abschätzbar seienund somit eine abschreckende Wirkung hätten.

Einige generelle Befunde zeigen, dass bei steigen-der angezeigter Stauzeit auf der Standardrouteauch eine Zunahme der Abweichung von der Stan-dardroute beobachtet werden kann [38, 29]. Aller-dings liegen hier keine Befunde über den genauenZusammenhang zwischen beiden Faktoren vor.

Eine weitere interessante Untersuchung zum Ent-scheidungsverhalten im Zusammenhang mit Reise-zeitinformationen wurde von KATSIKOPOULOS etal. durchgeführt [31]. Den Probanden wurden ineinem Fragebogen und in einem Fahrsimulator Rei-sezeitinformationen für zwei Routen gegeben.

Auf der Standardroute wurde eine Reisezeit ange-geben (100 min), auf der Alternativroute eine Rei-sezeitspanne (z. B. 80 bis 110 min).

Ein wichtiges Ergebnis war, dass die Hauptrouteumso häufiger verlassen wurde, je deutlicher derDurchschnitt der Zeitspanne auf der Alternativrouteunter der Reisezeit auf der Standardroute lag. ImSimulator (Entscheidung unter Zeitdruck) verhieltensich die Probanden risikofreudiger; hier nutzten siedie Alternativroute umso häufiger, je größer die dor-tige Zeitspanne war. Dies erfolgte auch bei einerdurchschnittlichen Reisezeit auf der Alternativroute,die leicht über der Reisezeit auf der Standardroutelag. Bei der Untersuchung ohne Entscheidungs-druck war dies nicht der Fall (Fragebogen).

Des Weiteren wurde auch die Dringlichkeit für dasErreichen des Reiseziels variiert. Den Probandenwurde gesagt, dass sie entweder in ihrem normalenZeitplan lägen oder 10 min früher ihr Ziel erreichenwürden. Diese Variable hatte die erwartete Wirkungauf das Entscheidungsverhalten. Bei einem ange-nommenen Zeitpuffer von 10 min wurden wenigerrisikofreudige Entscheidungen gefällt als ohne Zeit-puffer.

2.4.4 Akzeptanz von Reisezeitangaben

Ein wichtiger Aspekt von technischen Systemen bil-det die Nutzerakzeptanz. Im Jahr 2004 fand inFrankreich eine Befragung von Fahrern auf derStrecke Paris–Caen statt [10], auf der variable Hin-weistafeln und andere Stauinformationssysteme(Radio, Internet) im Betrieb sind. Ein allgemeinesErgebnis ist, dass es eine hohe Zufriedenheit beiden Nutzern der Reisezeitinformationen, die auf va-riablen Hinweistafeln angezeigt wurden, gibt. Wiedetailliertere Ergebnisse zeigen, fanden 90,9 % derNutzer die Informationen klar und verständlich. 96,8 % fanden die Information nützlich. 71,7 %gaben an, dass die Informationen über die Reise-zeiten immer angezeigt werden sollten, nicht nurwenn eine Störung auf der Route auftritt. 93,3 %stuften die Informationen auf den Anzeigen als zu-verlässig ein.

2.4.5 Resümee

Zu Reisezeitinformationen auf frei programmierba-ren Informationstafeln oder auch dWiSta-Tafeln lie-gen in Bezug auf wahrnehmungspsychologischeAspekte bisher wenige Befunde vor. Hier zeigt sichvor allem der Forschungsbedarf in Deutschlandhinsichtlich der Gestaltung und Akzeptanz derSchilder. In welcher Form Reisezeitinformationendas Routenwahlverhalten im Sinne der gegebenenUmleitungsempfehlung beeinflussen, ist nur wenigerforscht. Hier soll die vorliegende Untersuchungeinen Beitrag leisten.

Für die Untersuchung geeigneter Gestaltungen derdWiSta werden die folgenden Resultate aus der Li-teraturrecherche berücksichtigt:

• Die Einbettung der Reisezeiten in dWiSta erfolgtim Rahmen der zugehörigen „Hinweise für dieeinheitliche Gestaltung und Anwendung an Bun-desfernstraßen“,

• es sollten sowohl Staulängen in Kilometern alsauch Stauzeiten in Minuten untersucht werden,

• Reisezeiten werden tendenziell schlechter ver-standen als Reisezeitverlängerungen infolgevon Staus,

• es werden Informationen für die Reisedauer aufder Umleitungsroute gewünscht; die Priorität isthier klar als zweitwichtigste Information, hinterder Angabe über die zu benutzende Autobahn-abfahrt, gewählt worden,

34

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• Informationen über die Länge der Umfahrungsind tendenziell auch gewünscht, allerdings nurmit einer Priorität „drittwichtig“ hinter der Reise-dauer auf der Umleitung,

• es sollten möglichst wenige Zahlen eingesetztwerden, max. zwei pro Block, und

• Gestaltungsarten, wie farbige Darstellungen,Reisezeitspannen, Darstellung von Zu- oder Ab-nahme der Reisezeit, stehen schon wegen derUnvereinbarkeit mit der vorgegebenen Grund-form der dWiSta-Tafeln nicht im Fokus dieserUntersuchung.

3 Bewertung der Eignung ausge-wählter Verfahren zur Reise-zeitberechnung

3.1 Eingangsgrößen und Ergebnisseder in den Praxistest einbezoge-nen Verfahren

In Tabelle 3.1 sind die wichtigsten Eingangsgrößenund Berechnungsergebnisse der in den Test einbe-zogenen Verfahren als Übersicht zusammenge-stellt.

3.2 Auswahl und Beschreibung derTeststrecken

3.2.1 Ablauf Praxistest

Der Praxistest dient der Verifizierung der durch dieVerfahren berechneten Fahrtzeiten mittels gemes-sener Fahrtzeiten auf ausgewählten Teststrecken.Bei einer ausschließlich theoretischen Ermittlungvon „Kontrollfahrtzeiten“ würden letztendlich nur dieModellannahmen der Modelle überprüft, nicht aberder Wahrheitsgehalt der berechneten Fahrtzeit. DieVerifizierung erfolgte auf drei Autobahnen mit un-terschiedlicher Charakteristik (siehe Kapitel 3.2.2bis 3.2.5).

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wird alsTeststrecke (siehe Glossar) ein über mehrere An-schlussstellen reichender Autobahnabschnitt defi-niert. Für diesen Abschnitt liegen sowohl die Ver-kehrskenngrößen der stationären Messquerschnit-te vor als auch die von den dort im Einsatz befind-lichen Verfahren berechneten Fahrtzeiten. Über diegesamte Länge der Teststrecke wurden Kontroll-

fahrten vorgenommen. Dabei wurde ein Geschwin-digkeitsprofil der Fahrt weg- und zeitbezogen auf-gezeichnet.

Innerhalb der Teststrecke liegt die Kontrollstrecke(siehe Glossar), auf der die Kontrollfahrtzeitendurch videobasierte Kennzeichenerfassungen anzwei Querschnitten durch den Forschungsnehmererhoben werden. Die Videomessungen fanden zeit-gleich mit den Kontrollfahrten statt.

Die Kontrollmessungen und -fahrten führte der For-schungsnehmer mit eigenem Personal durch.

Während des auf zwei Wochen angelegten Praxis-tests wurden die Verkehrskenngrößen der sta-tionären Messstellen im Zuge der Teststrecken(minütliche fahrstreifenbezogene Verkehrsmengenund Geschwindigkeiten, differenziert nach Pkw undLkw) von den zuständigen Straßenbauverwaltun-gen aufgezeichnet und dem Forschungsnehmerzur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse der einbe-zogenen Verfahren zur Reisezeitberechnung liegenebenfalls für diesen Beobachtungszeitraum vor. Vi-deomessung und Kontrollfahrten fanden innerhalbdes zweiwöchigen Testzeitraums jeweils an zweiTagen pro Teststrecke statt.

Der Praxistest erfolgte in der Zeit vom 12.09.2006bis zum 25.09.2006. Aufgrund technischer Proble-me konnten die videobasierten Fahrtzeitmessun-gen auf zwei Teststrecken nicht planmäßig durch-geführt werden und mussten deshalb wiederholtwerden. Die Wiederholungsmessungen und dieparallel dazu durchgeführten Kontrollfahrten fandenEnde Oktober 2006 statt. Für die Zeiträume derWiederholungsmessungen liegen sowohl die Ver-kehrskenngrößen als auch die Ergebnisse der Rei-sezeitberechnungen der auf den Teststrecken imEinsatz befindlichen Berechnungsverfahren vor.

Die Ergebnisse der Reisezeitberechnungen wur-den im Fall der Verfahren ddg, OLSIM und MAVE-S durch die jeweiligen Entwickler sowie beim Ver-fahren ASDA/FOTO durch die VerkehrszentraleHessen (A 5) und die Firma PTV (A 42) zur Verfü-gung gestellt. Die Reisezeitberechnungen mit demVerfahren EINFACHER ANSATZ erfolgten durchden Forschungsnehmer selbst.

Die Bewertung der Genauigkeit der Verfahren er-folgt durch einen Vergleich der auf den Kontroll-strecken gemessenen Fahrtzeiten und den zeitlichzugehörigen Reisezeitberechnungen der ausge-wählten Verfahren (siehe Kapitel 3.5). In einemzweiten Arbeitsschritt (siehe Kapitel 3.6) wurden

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Tab. 3.1: Eingangsgrößen und Ergebnisse der Verfahren

Verfahren/Einsatzgebiet EingangsgrößenErgebnisse

direkt abgeleitete

OLSIM

Verkehrsflusssimulation(Zellularautomat) mitminütlichem Abgleichvon berechneten undgemessenen Daten

in Nordrhein-Westfalenverfügbar

Netzdaten

Verkehrsdaten

Sonstiges

fahrstreifenscharfe Abbildung desAutobahnnetzes in NRW in Zel-leneinheiten von 1,5 m Länge

Standorte der Messstellen

Verkehrskenngrößen stationärerMessstellen (qPkw, qLkw, vPkw, vLkw)

historische Ganglinien

topologische und linienführungsbe-dingte Einflüsse auf die Fahrtzei-ten werden im Modell nichtberücksichtigt

Die Ergebnisse werden derzeit auf der Internetseite(www.autobahn.nrw.de) mit einer minütlichen Ak-tualisierung veröffentlicht. Dargestellt ist u. a. dieVerkehrslage und die Fahrtzeit für ausgewählteNetzmaschen.

Fahrtzeit auf Streckenab-schnitt (von Anschluss-stelle zu Anschlussstelle)mit minütlicher Aktuali-sierung

intern: Fahrstreifenbele-gungen, differenziertereFahrtzeiten unterhalb derNetzabschnitte

Verkehrslage (4 Stufen)

Fahrtzeit für ausgewähl-te Netzmaschen mit ver-gleichender Angabe derFahrtzeiten alternativerRouten

ddg

komplexes Verkehrs-modell für BAB mit dif-ferenzierten Lösungs-ansätzen in Abhängig-keit unterschiedlicherVerkehrszustände

bundesweit verfügbar

Netzdaten

Verkehrsdaten

Sonstiges

bundesweit, fahrstreifenscharf, 200-m-Abschnitte, differenziertStrecken- und Knotenpunktsab-schnitte, zulässige Höchstge-schwindigkeit,

Standorte der Messstellen

Verkehrskenngrößen stationärerMessstellen (qPkw, qLkw, vPkw,vLkw), eigenes stationäres Erfas-sungssystem SES und FCD,

Verkehrsmeldungen der Nationa-len Meldestellen,

historische Ganglinien

topologische und linienführungsbe-dingte Einflüsse auf die Fahrtzei-ten werden im Modell nichtberücksichtigt

Die Ergebnisse werden kundenspezifisch (ServiceProvider) aufbereitet, z. B. als Umleitungsempfeh-lungen für Navigationsgeräte (TMCpro). DieserDienst ist gebührenpflichtig. Die Gebührenpflichtwird mit einer an das Navigationsgerät gekoppel-ten, einmaligen Lizenzgebühr abgegolten.

Fahrtzeit auf Streckenab-schnitt (von Anschluss-stelle zu Anschlussstelle)

minütliche Aktualisierung

Verkehrsanalysen, Ver-kehrslageberichte

Störungsvorhersage (fürbekannte neuralgischePunkte, z. B. Fahrstrei-feneinzug)

Umleitungsempfehlun-gen (TMCpro)

spezielle Kundenlösun-gen

ASDA/FOTO

Störfallerkennung

auf ausgewähltenStrecken in Hessenund Bayern verfügbar

Netzdaten

Verkehrsdaten

Sonstiges

fahrstreifenscharfe Abbildung derAutobahn; Anschlussstellen (Zu-und Abfahrten), Standorte derMessstellen

Verkehrskenngrößen stationärerMessstellen (qPkw, qLkw, vPkw, vLkw)

topologische und linienführungsbe-dingte Einflüsse auf die Fahrtzei-ten werden nicht berücksichtigt

Die Ergebnisse der Berechnungen auf Abschnittender A 3 und A 5 in Hessen werden derzeit auf derInternetseite (www.vzhessen.de) mit einer minütli-chen Aktualisierung veröffentlicht. Angegeben wer-den die Fahrtzeitverlängerungen (Verlustzeiten).Verlustzeiten größer fünf Minuten werden an Ent-scheidungspunkten im Netz über dWiSta ange-zeigt, ohne eine Routenempfehlung zu geben.

Staulängen, -dauer, -po-sition und -geschwindig-keiten

Verlustzeitberechnungenfür Netzabschnitte

Verkehrslage auf denNetzabschnitte

Verfahren EINFACHER ANSATZ

direkte Verwendung derlokal gemessenen Ge-schwindigkeiten

nicht im Einsatz

Netzdaten

Verkehrsdaten

Sonstiges

Länge der Netzabschnitte;

Standorte der Messstellen

Verkehrskenngrößen stationärerMessstellen (qPkw, qLkw, vPkw, vLkw)

topologische und linienführungsbe-dingte Einflüsse auf die Fahrtzei-ten werden nicht berücksichtigt

Das Verfahren ist nur im Rahmen des Forschungs-vorhabens auf den Teststrecken angewendet wor-den.

aktuelle Fahrtzeiten aufden Netzabschnitten

Verlustzeiten über Ein-beziehung von Norm-fahrtzeiten

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aus den Messquerschnittsdaten Zeitbereiche mitStörungen im Verkehrsablauf herausgefiltert. Fürdiese Zeitbereiche wurde überprüft, welche Fahrt-zeiten die Verfahren berechnen.

3.2.2 Gewählte Teststrecken

Wesentliches Kriterium für die Auswahl der Test-strecken ist, dass mindestens zwei der ausgewähl-ten Berechnungsverfahren darauf im Einsatz sind.Nach Möglichkeit sollten die Teststrecken hoch be-lastet sein, weil Verkehrsstörungen bei diesenStrecken eher auftreten als bei Strecken mit niedri-ger Verkehrsbelastung.

In Tabelle 3.2 sind die Teststrecken und die auf denjeweiligen Strecken verfügbaren Verfahren zur Rei-sezeitberechnung zusammengestellt. Nähere De-tails zu den Teststrecken, z. B. Anschlussstellenab-stände, Lage und Anzahl von Messquerschnittenusw., werden in den nachfolgenden Kapiteln darge-stellt.

In Tabelle 3.2 sind Verfahren, die auf den Test-strecken standardmäßig im Einsatz sind, mit demBegriff „Regelbetrieb“ gekennzeichnet. Die „mit un-tersuchten“ Verfahren wurden speziell für diesesForschungsvorhaben in das Testprogramm aufge-nommen. Sie werden auf den Teststrecken sonstnicht angewendet.

Die Reisezeitberechnungen der im Regelbetrieblaufenden Verfahren erfolgten während des „nor-malen“ Betriebs durch den Hersteller beziehungs-weise durch den Anlagenbetreiber. Die Ergebnissewurden dem Forschungsnehmer während odernach Abschluss des Testzeitraums übergeben.

Auf der Teststrecke A 42 wurde auf einem Teilab-schnitt speziell für dieses Forschungsvorhaben dasSystem MAVE-S installiert. Um den technischenAufwand für die beteiligte Firma ave Verkehrs- undInformationstechnik GmbH zu minimieren, wurdeauf eine Datenübertragung zwischen beiden Messquerschnitten vor ort verzichtet. Damit warauch keine Online-Ermittlung von Fahrtzeiten mög-lich. Die Rohdaten wurden durch die installierteHardware vor ort gespeichert und nach Ablauf desTestzeitraums durch die Firma ave Verkehrs- undInformationstechnik GmbH ausgelesen. Die Fahrt-zeiten wurden anschließend im „Labor“ der Firmaberechnet. Auf der A 42 wurden dem VerfahrenASDA/FOTO die notwendigen Eingangsdaten(fahrstreifenbezogene Verkehrsstärke und Ge-schwindigkeitsangaben) nach Vorlage der Ver-kehrskenndaten der stationären Messquerschnitte,das heißt nach Ablauf des Testzeitraums, überge-ben.

Um den Auswerteaufwand für die beteiligten Fir-men, deren Verfahren nicht im Regelbetrieb laufenund die ihre Technik/Verfahren kostenlos für diesesForschungsvorhaben zur Verfügung stellten, imRahmen zu halten, wurde auf eine durchgängigeAuswertung des zweiwöchigen Testzeitraums ver-zichtet. Anstelle dessen wurden, neben denZeiträumen der Kontrollmessungen, vom For-schungsnehmer interessante Zeitbereiche, z. B.Zeiten mit Verkehrsstörungen, für die Auswertungvorgegeben.

In keinem Fall war den beteiligten Firmen der Zeitpunkt der Kontrollfahrten und -messungen be-kannt.

37

Tab. 3.1: Eingangsgrößen und Ergebnisse der Verfahren – Fortsetzung –

Verfahren/Einsatzgebiet EingangsgrößenErgebnisse

direkt abgeleitete

MAVE-S

Wiedererkennung vonFahrzeugen anhandvon Verstimmungs-kurven

auf ausgewähltenStrecken in Baden-Württemberg und derSchweiz verfügbar

Netzdaten

Verkehrsdaten

Sonstiges

Länge der Netzabschnitte; Standor-te der Messstellen

Verkehrskenngrößen stationärerMessstellen (qPkw, qLkw, vPkw, vLkw)

Verstimmungskurven zur Fahrzeug-identifikation

topologische und linienführungsbe-dingte Einflüsse sind in den gemes-senen Fahrtzeiten enthalten

Verfahren setzt voraus, dass etwa50 % der einfahrenden Fahrzeugeauch den zweiten Messquerschnittpassieren

Die Ergebnisse der Fahrtzeitmessungen auf der A8 fließen in den Steuerungsalgorithmus derStreckenbeeinflussung ein. Eine Veröffentlichungder gemessenen Fahrtzeiten erfolgt nicht.

Fahrtzeiten auf demMessabschnitt

Verkehrsdichte auf demMessabschnitt

Fahrtzeiten auf Netzab-schnitten

Störfallerkennung durchVergleich der gemesse-nen Fahrtzeiten und hin-terlegten Normfahrtzei-ten

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3.2.3 Teststrecke A 5

Lage und Anschlussstellen

Die 21 km lange Teststrecke auf der A 5 liegt nörd-lich von Frankfurt und umfasst den Abschnitt vonder Anschlussstelle Friedberg bis zum FrankfurterKreuz (siehe Bild 3.1).

Sie wird unterteilt durch das Bad Homburger Kreuzund das Nordwestkreuz Frankfurt. Betrachtet wirddie Fahrtrichtung Süden. Die Strecke ist durchgän-gig dreistreifig befahrbar und darüber hinaus amNordwestkreuz Frankfurt und am Frankfurter Kreuzmit überlangen Abbiegestreifen versehen.

Verkehrsstärken

Die Verkehrsstärken auf der A 5 im dreistreifig aus-gebauten Abschnitt zwischen der AS Friedberg unddem Westkreuz Frankfurt liegen werktags zwischengut 55.000 Kfz/24h und knapp 70.000 Kfz/24h. DerLkw-Anteil liegt, bezogen auf den täglichen Ver-kehr, bei rund 13 %. Am stärksten belastet ist derAbschnitt zwischen dem AK Bad Homburg (A 5 – A 661) und dem Nordwestkreuz Frankfurt (A 5 – A 66). In der Spitzenstunde können die Verkehrs-stärken 6.000 Kfz/h übersteigen. Die angegebenenWerte gelten für die Fahrtrichtung Süden.

Auf dem Hauptfahrstreifen fahren rund 20 % derPkw-Fahrer. Der mittlere Fahrstreifen ist von etwa45 % der Pkw-Fahrer belegt und den dritten Fahr-streifen nutzen etwa 35 % der Pkw-Fahrer.

Relevante stationäre Messstellen

Die Teststrecke ist durch eine sehr dichte Folge vonstationären Messstellen gekennzeichnet. Derenmittlerer Abstand beträgt etwa einen Kilometer. Zwi-schen dem Nordwestkreuz Frankfurt und demFrankfurter Kreuz liegt er sogar bei etwa nur 500Metern. Der Verkehr im Zuge der Teststrecke wirdauf den durchgehenden Fahrstreifen an 24 Mess-querschnitten erfasst. Daneben gibt es weitere

Messquerschnitte, die den Verkehr auf den Zu- undAbflussstrecken erfassen.

Die von der VRZ bereitgestellten Messdaten bein-halten den Messzeitpunkt, die fahrstreifenbezoge-nen Verkehrsstärken (qKfz und qLkw) sowie diePkw- und Lkw-Geschwindigkeiten (vKfz und vLkw).Sie liegen als aggregierte Werte für das 1-Minu-tenintervall vor.

Neben den Messstellen der hessischen Straßen-bauverwaltung gibt es vier Sensoren des ddg-eige-nen Erfassungssystems (SES). Jeweils zwei Sen-soren sind im Abschnitt AS Friedberg – AK BadHomburg und AK Bad Homburg – NordwestkreuzFrankfurt angebracht. Im dritten Abschnitt zwischendem Nordwestkreuz Frankfurt und dem FrankfurterKreuz befinden sich keine zusätzlichen Sensoren.

38

Tab. 3.2: Zusammenstellung der Teststrecken und Zuordnung der Verfahren

BAB von nach Länge

[km]

ddg OLSIM ASDA/

FOTO

MAVE-S Einfacher

Ansatz

A 5 3-streifig AS Friedberg AK Frankfurt 21 Regel-

betrieb

nein Regel-

betrieb

nein mit

untersucht

A 8 2-streifig AS Hohenstadt AK Ulm 26 Regel-

betrieb

nein nein Regel-

betrieb

mit

untersucht

A 42 2-streifig AK Herne AK Castrop-Rauxel 12 Regel-

betrieb

Regel-

betrieb

mit

untersucht

mit

untersucht

mit

untersucht

Bild 3.1: Lage der Teststrecke A 5

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Die mittleren Abstände zwischen den Sensoren lie-gen bei etwa 4,3 km.

Kontrollstrecke – Kamerastandorte

Die 6,929 km lange Kontrollstrecke liegt zu über-wiegenden Teilen im Abschnitt Bad HomburgerKreuz – Nordwestkreuz Frankfurt. Lediglich das420 m lange Reststück fällt in den Folgeabschnitt.

Schematische Darstellung der Teststrecke A 5

Die Teststrecke, mit ihren Knotenpunkten, den sta-tionären Messstellen sowie den Kamerastandortenist schematisch in Bild 3.4 dargestellt.

3.2.4 Teststrecke A 8

Lage und Anschlussstellen

Die 38 km lange Teststrecke auf der BAB A 8 liegtwestlich von Ulm und umfasst den Abschnitt vonder Anschlussstelle Hohenstadt bis zum KreuzUlm/Elchingen (siehe Bild 3.2). Innerhalb der Test-strecke gibt es die Anschlussstellen Merklingen,Ulm-West, Ulm-Ost und Oberelchingen. Es wird dieFahrtrichtung Osten (München) betrachtet. DieStrecke ist durchgängig zweistreifig befahrbar.

Verkehrsstärken

Die Verkehrsstärken auf der A 8 im Abschnitt zwi-schen der AS Hohenstadt und dem AK Ulm/Elchingen liegen zwischen 20.000 Kfz/24h undknapp 45.000 Kfz/24h. Am stärksten belastet ist derAbschnitt zwischen der AS Merklingen und der ASUlm-West. Die Spitzenstundenbelastungen betra-gen bis zu 3.300 Kfz/h. Die Lkw-Anteile liegen, be-zogen auf den täglichen Verkehr, bei etwa 20 %.Etwas geringer belastet sind die sich westlich undöstlich anschließenden Abschnitte.

Relevante stationäre Messstellen

Die Teststrecke ist durch eine relativ dichte Folgevon Messquerschnitten gekennzeichnet. Deren Ab-stand schwankt zwischen 0,8 und 2,7 km und liegtim Mittel bei 1,5 km. Insgesamt sind im Zuge derTeststrecken 25 stationäre Messquerschnitte vor-handen, die den Verkehr auf den durchgehendenFahrstreifen in Fahrtrichtung München erfassen.

Die Messdaten beinhalten, wie auch auf der Kon-trollstrecke A 5, den Messzeitpunkt, die fahrstrei-

fenbezogenen Verkehrsstärken (qKfz und qLkw)sowie die Pkw- und Lkw-Geschwindigkeiten (vKfzund vLkw). Sie liegen als aggregierte Werte für das1-Minutenintervall vor.

Der Verkehr auf der Teststrecke wird durch eineStreckenbeeinflussungsanlage (SBA) mit insge-samt 20 Anzeigequerschnitten gesteuert. Jeweilsein weiterer Anzeigequerschnitt befindet sich öst-lich und westlich der Teststrecke. Der Steuerungs-algorithmus der SBA nutzt u. a. die Daten der obengenannten stationären Messstellen.

Auf der Teststrecke ist zusätzlich das SystemMAVE-S zur Messung von Fahrtzeiten installiert.Dieses System nutzt die an den stationären Mess-stellen aufgezeichneten Verstimmungskurven derInduktivschleifen. Allerdings werden mehrere Mess-querschnitte der stationären Erfassung für die Rei-sezeitmessungen zu längeren Abschnitten zusam-mengefasst. Deren Geltungsbereiche liegen zwi-schen 1,9 km und 6,3 km (siehe Bild 3.5).

Neben den Messstellen der baden-württembergi-schen Straßenbauverwaltung gibt es acht Senso-ren des ddg-eigenen Erfassungssystems (SES).Die Abstände der Sensoren sind unterschiedlichlang und reichen von 2 km bis zu 7,6 km. Der mitt-lere Abstand zwischen zwei Sensoren beträgt etwa4,8 km.

Kontrollstrecke – Kamerastandorte

Die 7,675 km lange Kontrollstrecke liegt vollständigzwischen den Anschlussstellen Merklingen undUlm-West. Innerhalb der Kontrollstrecke liegen dieMessquerschnitte M8, M9, M10 und M11 derStreckenbeeinflussungsanlage. Der Messquer-schnitt M12 liegt ca. 500 m östlich der Kontroll-strecke. Der mittlere Abstand zwischen den Mess-querschnitten auf der Kontrollstrecke beträgt rund 2

39

Bild 3.2: Lage der Teststrecke A 8

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km und ist damit um rund ein Drittel größer als dermittlere Abstand auf der Teststrecke. Innerhalb derKontrollstrecke befindet sich nur ein Sensor für dasVerfahren ddg.

Schematische Darstellung der Teststrecke A 8

Die Teststrecke, mit ihren Knotenpunkten und denstationären Messeinrichtungen sowie den Kamera-standorten ist schematisch in Bild 3.5 dargestellt.

3.2.5 Teststrecke A 42

Vorbemerkung

Zum Zeitpunkt der Auswahl und Abstimmung derTeststrecken gab es bei dem Verfahren OLSIM dieEinschränkung, dass Reisezeiten nur für vordefi-nierte Autobahnabschnitte verfügbar waren. Sie rei-chen von einem Autobahnkreuz beziehungsweiseAutobahndreieck zum nachfolgenden. Bei langenAutobahnabschnitten besteht die Gefahr, dassStörungen im Verkehrsfluss, die mit einer Fahrtzeit-verlängerung verbunden sind, durch höhere Ge-schwindigkeiten auf den folgenden Abschnitten teil-weise oder ganz kompensiert werden. Um diesenunerwünschten Effekt zu minimieren, wurde einmöglichst kurzer Autobahnabschnitt ausgewählt.

Im Laufe der Bearbeitung des Forschungsvorha-bens entfiel diese Einschränkung. Allerdings warein Wechsel auf eine höher belastete Teststreckenicht mehr möglich, weil für den Test des Verfah-rens MAVE-S die vorhandenen Streckenstationenhinsichtlich der Hardware umgerüstet wordenwaren.

Darüber hinaus waren auch für den Test des Ver-fahrens ASDA/FOTO auf dieser Strecke entspre-chende Vorarbeiten notwendig, die zum Zeitpunktdes Wegfalls der Einschränkung bereits abge-schlossen waren.

Lage und Anschlussstellen

Die rund 12 km lange Teststrecke A 42 liegt westlichvon Dortmund und umfasst den Abschnitt vomKreuz Herne bis zum Kreuz Castrop-Rauxel-Ost.Innerhalb der Teststrecke gibt es fünf Anschluss-stellen. Der mittlere Anschlussstellenabstand be-trägt weniger als 2 km. Die Strecke ist durchgängigzweistreifig befahrbar und über weite Strecken mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von100 km/h versehen.

Verkehrsstärken

Auf der Teststrecke A 42 liegen die Verkehrsstärkenauf der Richtungsfahrbahn Ost an Werktagen zwi-schen 35.000 Kfz/24h und knapp 45.000 Kfz/24h.Der Lkw-Anteil beträgt etwa 15 %. Die Verkehrs-stärken nehmen nach Osten hin kontinuierlich ab.Die Spitzenstundenbelastungen liegen bei etwa2.500 Kfz/24h.

Relevante stationäre Messstellen

In jedem Netzabschnitt (von Anschlussstelle zu An-schlussstelle) befindet sich etwa mittig eine sta-tionäre Messstelle. Der Abstand der Messeinrich-tungen schwankt zwischen 0,9 km und 3,1 km. Erliegt im Mittel bei 1,5 km. Insgesamt sind im Zugeder Teststrecken sechs Messquerschnitte vorhan-den, die den Verkehr auf den durchgehenden Fahr-streifen erfassen.

Die Messdaten umfassen, wie auch auf den Kon-trollstrecken A 5 und A 8, den Messzeitpunkt, diefahrstreifenbezogenen Verkehrsstärken (qKfz undqLkw) sowie die Pkw- und Lkw-Geschwindigkeiten(vKfz und vLkw). Sie liegen als aggregierte Werte fürdas 1-Minutenintervall vor.

Neben den stationären Messstellen gibt es vierSensoren des ddg-eigenen Erfassungssystems(SES). Die Abstände der Sensoren sind unter-schiedlich groß und reichen von 2 km bis zu 5,7 km.Der mittlere Abstand zwischen zwei Sensoren liegtbei etwa 2,7 km.

Kontrollstrecke – Kamerastandorte

Die 1.912 m lange Kontrollstrecke erstreckt sichüber zwei Netzabschnitte. Innerhalb der Kontroll-strecke befindet sich die Anschlussstelle Castrop-Rauxel.

40

Bild 3.3: Lage der Teststrecke A 42

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Bild 3.4: Schematische Darstellung der messtechnischen Einrichtungen auf der Teststrecke A 5

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Bild 3.5: Schematische Darstellung der messtechnischen Einrichtungen auf der Teststrecke A 8

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Bild 3.6: Schematische Darstellung der messtechnischen Einrichtungen auf der Teststrecke A 42

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Mit 865 m ist der westliche Abschnitt der Kontroll-strecke etwas kürzer als der östliche, der 1.047 mlang ist.

Der Messquerschnitt A42/0542o liegt etwa amwestlichen Beginn der Teststrecke, der Messquer-schnitt A42/0562o 100 m östlich vom Kontroll-streckenende. Innerhalb der Kontrollstrecke befin-det sich östlich der Anschlussstelle ein Sensor fürdas Verfahren ddg.

Schematische Darstellung der Teststrecke A 42

Die Teststrecke, mit ihren Knotenpunkten und denstationären Messeinrichtungen sowie den Kame-rastandorten, ist schematisch in Bild 3.6 darge-stellt.

3.3 Kontrollerhebungen mittels Kenn-zeichenerfassung per Video

3.3.1 Methodik

Eingesetzte Technik

Die Fahrtzeiten auf den Kontrollstrecken wurdenmit einem von der Technischen Universität Mün-chen, Lehrstuhl für Verkehrstechnik, entwickeltenSystem gemessen. Es basiert auf der in Kapitel2.3.3 beschriebenen Funktionsweise und ist durcheinen zusätzlichen Radardetektor in der Lage, zwi-schen Pkw und Lkw zu differenzieren. Datensätzevon Lkw werden besonders markiert. Bei der Aus-wertung wurden nur Datensätze von Pkw berück-sichtigt.

Die Kameras wurden auf Brücken positioniert underfassten bei zweistreifigen Autobahnen den Über-holfahrstreifen, bei dreistreifigen Autobahnen denmittleren Fahrstreifen. Eine Erfassung aller Fahr-streifen war nicht möglich, weil die dafür erforderli-chen Kameras und Auswerteeinheiten nicht verfüg-bar waren.

Die von den einbezogenen Verfahren berechnetenFahrtzeiten gelten dagegen immer als mittlereFahrzeit der Pkw für den Gesamtquerschnitt. Dadie mittels Video bestimmten Fahrtzeiten nur füreinen Fahrstreifen gelten, besteht die Notwendig-keit, die Video-Fahrtzeiten auf eine mittlere Fahrt-zeit für den Gesamtquerschnitt hochzurechnen.Dabei wird zwischen zwei- und dreistreifige Auto-bahnen unterschieden.

Hochrechnen der Fahrtzeiten auf zweistreifigenAutobahnen

Die an den stationären Messstellen erhobenenminütlichen Geschwindigkeiten liegen getrennt fürden Haupt- und Überholfahrstreifen vor. Zwischenbeiden Geschwindigkeiten wird ein funktionaler Zu-sammenhang abgeleitet, der anschließend auf dieKontrollmessungen übertragen wird. Als am bestengeeignet erwies sich ein polynomischer Ansatz 1.Grades.

Es werden nur Geschwindigkeiten der stationärenMessquerschnitte berücksichtigt, die in der Kon-trollstrecke der Videomessung liegen beziehungs-weise an sie angrenzen.

vFS-1 = a · vFS-2b

mit:

vFS-1 = Pkw-Geschwindigkeit auf dem Hauptfahr-streifen [km/h]

vFS-2 = Pkw-Geschwindigkeit auf dem Überhol-fahrstreifen [km/h]

a, b = streckenspezifische Faktoren [-] (als Er-gebnis der Regressionsrechnung)

Die Faktoren a und b werden für die Kontroll-strecken A 8 und A 42 in den Kapiteln 3.3.3 und3.3.4 bestimmt. Die mittlere minütliche Pkw-Ge-schwindigkeit auf der Kontrollstrecke ergibt sich alsharmonisches Mittel der gemessenen Geschwin-digkeit auf dem Überholfahrstreifen und der darausmit o.g. Ansatz abgeleiteten Geschwindigkeit fürden Hauptfahrstreifen. Die jeweiligen Pkw-Ver-kehrsstärken auf dem Haupt- und Überholfahrstrei-fen fließen als Gewichtung ein. Über die bekannteDistanz zwischen beiden Kamerastandorten lässtsich dann die mittlere Pkw-Fahrtzeit auf der Kon-trollstrecke berechnen.

Hochrechnen der Fahrtzeiten auf dreistreifige Autobahn

Die Auswertung der Daten der stationären Mess-querschnitte auf der A 5 (Geschwindigkeiten aufden drei durchgehenden Fahrstreifen) hat gezeigt,dass die Pkw-Geschwindigkeiten auf dem mittlerenFahrstreifen etwa den mittleren Pkw-Geschwindig-keiten für den Gesamt-Querschnitt entsprechen.Auf die Ermittlung eines funktionalen Zusammen-hangs zwischen den fahrstreifenbezogenen Ge-schwindigkeiten (analog der Vorgehensweise beiden beiden zweistreifigen Autobahnen) konnte des-

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halb verzichtet werden, weil bei der Videomessungder mittlere Fahrstreifen beobachtet wurde.

Am Beispiel der Messquerschnitte A5/Q49GS undA5/Q50GS ist dieser Zusammenhang beispielhaftin Tabelle 3.3 dargestellt.

Die mittleren absoluten Unterschiede zwischen denPkw-Geschwindigkeiten auf dem mittleren Fahr-streifen und für den Gesamtquerschnitt liegen imZeitraum der Videomessungen zwischen 2 km/hund 3 km/h. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h und einer 10 km langen Strecke verlän-gert beziehungsweise verkürzt sich die Fahrtzeit,bei einer Geschwindigkeitsänderung um 2 km/h,um rund 7 sec. Mit zunehmender Ausgangsge-schwindigkeit fällt der Unterschied noch kleineraus, mit abnehmender Ausgangsgeschwindigkeitsteigt er etwas an. Um eine Fahrtzeitverlängerungvon einer Minute auf der Normstrecke zu erhalten,muss bei einer Bezugsgeschwindigkeit von 100 km/h die Reisegeschwindigkeit um etwa 20 km/h fallen oder steigen.

Glättung der gemessenen Fahrtzeiten/Geschwin-digkeiten

Die mit Hilfe der Videoerfassung gemessenenFahrtzeiten und die daraus berechneten minütli-chen Pkw-Geschwindigkeiten weisen, auch beikonstanten Verkehrsverhältnissen und innerhalbkleiner Zeitabstände, eine relativ hohe Schwan-kungsbreite auf. Dabei treten, wie in Bild 3.7 bei-spielhaft dargestellt, Geschwindigkeitssprünge vonmehr als 20 km/h auf.

Die relativ großen Geschwindigkeitssprünge er-schweren und verzerren den Vergleich mit den be-rechneten Reisezeiten beziehungsweise Ge-schwindigkeiten. Es ist deshalb zweckmäßig, dieminütlich vorliegenden Ergebnisse der Videomes-sung zu glätten. Dies gilt auch deshalb, weil die Er-gebnisse mehrerer Berechnungsverfahren (z. B.die Verfahren ddg, OLSIM) geglättet und/oderdurch maximale Geschwindigkeiten (Referenzge-schwindigkeiten) nach oben begrenzt sind. AlsGlättungsansatz wird der „gleitende Mittelwert“ fürein 5-Minutenintervall gewählt.

mit:

V t + 5, g = geglättete mittlere Pkw-Geschwindigkeitzum Zeitpunkt t + 5 [km/h]

V t + i = nicht geglättete, mittlere Pkw-Geschwin-digkeit zum Zeitpunkt t + i [km/h]

Bild 3.7 zeigt am Beispiel der Kontrollstrecke A 8(15.09.2006) den Verlauf der geglätteten und nichtgeglätteten Geschwindigkeiten für einen zweistün-digen Zeitraum.

Normierung

Im Rahmen des Forschungsvorhabens stehennicht die Geschwindigkeiten, sondern Fahrtzeitenim Mittelpunkt der Betrachtungen. Im Folgendenwird deshalb vorwiegend auf sie Bezug genom-men. Des Weiteren werden, da die Kontroll-

45

Tab. 3.3: Pkw-Geschwindigkeiten an den stationären Mess-querschnitten, Kontrollstrecke A 5

MQ GewählterZeitbereich

vFS-21) V-

Mittel2)Diff_

Mittel3)Diff_Stabw.4)

[km/h] [km/h] [km/h]

QS 49

26.10.20066:00 bis 19:00

112,1 111,1 2,0 1,6

27.10.20066:00 bis 19:00

112,7 111,6 1,9 1,5

QS 50

26.10.20066:00 bis 19:00

115,7 116,5 2,8 2,2

27.10.20066:00 bis 19:00

116,3 117,3 2,4 2,0

1) Mittlere v-Pkw auf dem mittleren Fahrstreifen 2) Mittlere Pkw-Geschwindigkeit aller drei Fahrstreifen 3) Mittlere, absolute Differenz der minütlichen Vergleiche v-

FS2 – V-Mittel 4) Standardabweichung zu 3)

Bild 3.7: Vergleich geglätteter und nicht geglätteter Geschwin-digkeitswerte (Beispiel A 8)

Page 47: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

strecken alle unterschiedlich lang sind, die gemes-senen und berechneten Fahrtzeiten auf eine nor-mierte Streckenlänge von 10 km hochgerechnet.Damit wird auch ein leichter und direkter Vergleichder Ergebnisse auf den drei Autobahnen unterei-nander möglich.

mit:

FNorm = Fahrtzeit auf Normstrecke [min]

FKs = Fahrtzeit auf Kontrollstrecke [min]

In Bild 3.8 sind beispielhaft für den in Bild 3.7 ver-wendeten Abschnitt der A 8 die zugehörige Fahrt-zeiten auf der 10 km langen Normstrecke darge-stellt.

3.3.2 Ableitung der Pkw-Reisegeschwindigkeitaus den Kontrollmessungen, Kontroll-strecke A 5

Auf der Kontrollstrecke auf der A 5 wurden an bei-den Erhebungstagen knapp 8.000 Pkw-Fahrzeitenauf dem mittleren Fahrstreifen gemessen. In derweiteren Untersuchung wurden diese als mittlerePkw-Fahrtzeit des Gesamtquerschnitts definiert.Die genaue Anzahl und Verteilung der Messungenauf beide Erhebungstage sowie die daraus abgelei-teten Geschwindigkeiten sind in Tabelle 3.4 zusam-mengefasst.

3.3.3 Ableitung der Pkw-Reisegeschwindigkeitaus den Kontrollmessungen, Kontroll-strecke A 8

Die Messquerschnitte M8, M9, M10 und M11 liegeninnerhalb der Kontrollstrecke, wobei für den Mess-querschnitt M8 keine Messwerte vorlagen. Denfunktionalen Zusammenhang zwischen den Ge-schwindigkeiten auf dem Überholfahrstreifen (vFS-1) und auf dem Hauptfahrstreifen (vFS-2) zeigtbeispielhaft Bild 3.9 für den Messquerschnitt M9.Die analysierten Geschwindigkeitspaare stammenaus dem Zeitraum, in dem auch die Videomessun-gen stattgefunden haben.

Damit liegen sechs Messreihen vor. Die zugehörigeFunktionen sind in Tabelle 3.5 zusammengestellt.

In einem Folgeschritt wurden für jeden Messquer-schnitt und für den Geschwindigkeitsbereich 60 km/h bis 140 km/h unter Verwendung der gefun-denen Funktionen die Geschwindigkeiten auf demHauptfahrstreifen berechnet. Unter Berücksichti-gung der Abstände zwischen den einzelnen Mess-querschnitten wurde die mittlere Geschwindigkeitauf dem Hauptfahrstreifen der Kontrollstrecke er-mittelt. Die Einzelwerte der Messquerschnitte undder Mittelwert für die Hauptfahrstreifen der Kontroll-strecken sind in Tabelle 3.6 dargestellt.

Zur Ableitung der mittleren Pkw-Geschwindigkeitdes Gesamtquerschnitts anhand der Daten der Vi-deomessungen wurde in einem weiteren Schritt derfunktionale Zusammenhang zwischen den Ge-schwindigkeiten des Überholfahrstreifens und desHauptfahrstreifens auf den Kontrollstrecken mittelseiner Regressionsrechnung bestimmt. Er lautet

vFS-1 = 4,7711 · vFS-20,6559

46

Bild 3.8: Vergleich geglätteter und nicht geglätteter Fahrtzeiten(Beispiel A 8)

Tab. 3.4: Fahrtzeitmessungen per Kennzeichenerfassung aufder Kontrollstrecke A 5

Messtag

26.10.2006 27.10.2006

Messzeitraum 12:35 – 19:23 6:06 – 18:43

Anzahl Videomessungen 2.441 5.439

Fahrtzeit-Maximum [min] 4,3 4,3

Fahrtzeit-Mittel [min] 3,7 3,6

Fahrtzeit-Minimum [min] 2,8 3,1

V-Minimum [km/h] 97,4 96,1

V-Mittel [km/h] 112,8 116,4

V-Maximum [km/h] 147,9 136,1

Page 48: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

Die genaue Anzahl und Verteilung der Messungenauf beide Erhebungstage sowie die daraus abgelei-teten Fahrtzeiten und Geschwindigkeiten sind inTabelle 3.7 zusammengefasst.

Die mittlere minütliche Pkw-Reisegeschwindigkeitberechnet sich dann als harmonisches Mittel derGeschwindigkeiten auf beiden Fahrstreifen. Die un-terschiedlich starke Fahrstreifenbelegung fließt alsGewichtung mit ein (siehe Formel Kapitel 2.2.9).Rund zwei Drittel aller Pkw fuhren im Bereich derTeststrecke auf dem linken Fahrstreifen.

Da die gemessenen Geschwindigkeiten relativstark streuen, werden die Einzelwerte unter Ver-wendung des gleitenden Mittels (5-Minuteninter-vall) geglättet. In Tabelle 3.8 sind für 10 Minutenbeispielhaft die Einzelwerte von der Videoerfas-sung bis zur abgeleiteten mittleren Pkw-Reisege-schwindigkeit dargestellt.

47

Bild 3.9: Zusammenhang v-Pkw-Überholfahrstreifen – v-Pkw-Hauptfahrstreifen, MQ M9, 14.09.2006

Tab. 3.5: Zusammenhang Geschwindigkeit auf dem Überhol-und Hauptfahrstreifen

Tag MQ v-Pkw-Hauptfahrstreifen (vFS-1)

14.09.2006

9 5,8309 x vFS-20,6126

10 6,3532 x vFS-20,5994

11 6,2803 x vFS-20,5998

15.09.2006

9 4,0529 x vFS-20,6872

10 3,2766 x vFS-20,7359

11 3,3703 x vFS-20,7279

Tab. 3.6: Zusammenhang Geschwindigkeit auf dem Überhol-und Hauptfahrstreifen

vfs-2 Berechnete vFS-1 am Messquerschnitt

v FS

-1fü

r K

ontr

olls

trec

ke

14.09.2006 15.09.2006

9 10 11 9 10 11

[km/h]

60 72 74 73 68 67 66 70

70 79 81 80 75 75 74 77

80 85 88 87 82 82 82 84

90 92 94 93 89 90 89 91

100 98 100 99 96 97 96 98

110 104 106 105 102 104 103 104

120 110 112 111 109 111 110 110

130 115 118 116 115 118 117 116

140 120 123 122 121 124 123 122

Tab. 3.7: Fahrtzeitmessungen per Kennzeichenerfassung aufder Kontrollstrecke A 8

Messtag

14.09.2006 15.09.2006

Messzeitraum 13:02 – 19:21 6:50 – 19:21

Anzahl Videomessungen 2.961 4.651

Fahrtzeit-Maximum [min] 5,0 7,7

Fahrtzeit-Mittel [min] 4,0 4,4

Fahrtzeit-Minimum [min] 2,7 3,1

V-Minimum [km/h] 92,5 59,7

V-Mittel [km/h] 115,8 104,6

V-Maximum [km/h] 168,5 147,9

Tab. 3.8: Ableitung der Pkw-Reisegeschwindigkeit aus der Videomessung, A 8

Zeit-punkt

Videomessung vFS-11) V_Reise Pkw

Fahrt-dauer

vFS-2 nicht geglättet

geglättet

[-] [sec] [km/h] [km/h] [km/h] [km/h]

15:01 224 123 112 119 119

15:02 215 129 115 124 123

15:03 198 140 122 133 128

15:04 213 130 116 125 130

15:05 243 114 107 111 123

15:06 230 120 110 117 122

15:07 226 122 112 118 121

15:08 204 135 119 130 120

15:09 195 142 123 135 122

15:10 201 137 121 131 126

1) berechnet über den funktionalen Zusammenhang vFS-1 = 4,7711 x vFS-2

0,6559

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3.3.4 Ableitung der Pkw-Reisegeschwindigkeitaus den Kontrollmessungen, Kontroll-strecke A 42

Die Hochrechnung der videobasierten Messungenauf die Pkw-Reisegeschwindigkeit erfolgte zu-nächst analog der Vorgehensweise auf der Kon-trollstrecke A 8. Einbezogen wurden die Messquer-schnitte MQ 0542o und MQ 0562o, die die Kon-trollstrecke im Westen und Osten begrenzen. DieVorgehensweise erwies sich aber, weil eine Ver-kehrsstörung zu deutlich unterschiedlichen Ge-schwindigkeiten an beiden Messquerschnitten führ-te, als nicht mehr anwendbar.

Während der Reisezeitmessungen trat östlich derAS Castrop-Rauxel ein Stau im Bereich der Kon-trollstrecke auf. Dieser Stau behinderte allerdingsvor allem den Verkehrsfluss auf dem rechten Fahr-streifen. Er wurde durch Fahrzeuge verursacht, dieam AK Castrop-Rauxel-Ost nicht ausreichendschnell nach Süden abfahren konnten.

Da am Messquerschnitt MQ 0542o keine stau-bedingten, niedrigen Geschwindigkeiten auftra-ten, spiegelt dessen Geschwindigkeitsfunktiondeshalb ein wesentlich höheres Geschwindigkeits-niveau wider. Dies führt bei der Mittelung im unte-ren Geschwindigkeitssegment zu den zu hohenGeschwindigkeitswerten auf dem Hauptfahrstrei-fen.

Von daher wurden die Messwerte beider Messtage(20.10.2006, 23.10.2006) und beider Messquer-schnitte zusammengefasst. Sie sind in Bild 3.10 alsPunkthaufen mit integrierter Regressionskurve dar-gestellt.

Die zugehörige Regressionsgleichung für den Zu-sammenhang zwischen der Geschwindigkeit aufdem Überholfahrstreifen und dem Hauptfahrstrei-fen lautet:

vFS-1 = 0,3517 · vFS-21,1973

Der hohe Regressionskoeffizient für obige Glei-chung beträgt R2 = 0,84 und stützt die Vorgehens-weise.

Die weiteren Arbeitsschritte zur Berechnung dermittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit entsprechendenjenigen der Teststrecke A 8. Rund 60 % der Pkw fahren auf der Teststrecke A 42 auf dem Haupt-fahrstreifen. Diese starke Belegung steht in direktemZusammenhang mit der engen Anschlussstellenfol-ge.

Die genaue Anzahl und Verteilung der Messungenauf beide Erhebungstage sowie die daraus abgelei-teten Fahrtzeiten und Geschwindigkeiten sind inTabelle 3.9 zusammengefasst.

Mit fast 6.000 Einzelmessungen liegt eine gute undaussagekräftige Grundlage für den Vergleich mitden berechneten Reisezeiten vor.

3.4 Kontrollfahrten

Die Kontrollfahrten dienen vor allem der Verifizie-rung und Plausibilisierung der Ergebnisse der Be-rechnungsverfahren sowie der stichprobenhaftenÜberprüfung der per Video gemessenen Fahrtzei-ten auf der Kontrollstrecke. Sie wurden ferner dafürverwendet, um Bereiche mit gestörten Verkehrsab-läufen zu entdecken, um dann gezielt die Ergebnis-se der Berechnungsverfahren auf diesem Stre-ckenabschnitt und zu diesem Zeitpunkt zu überprü-fen.

48

Bild 3.10: Zusammenhang v-Pkw-Überholfahrstreifen und v-Pkw-Hauptfahrstreifen (beide Messtage)

Tab. 3.9: Fahrtzeitmessungen per Kennzeichenerfassung aufder Kontrollstrecke A 42

Messtag

20.10.2006 23.10.2006

Messzeitraum 6:07 – 19:05 5:46 – 18:55

Fahrtzeit-Maximum [min] 2.744 3.016

Fahrtzeit-Mittel [min] 1,3 4,7

Fahrtzeit-Minimum [min] 1,1 1,2

V-Minimum [km/h] 0,8 0,7

V-Mittel [km/h] 87,9 24,6

V-Maximum [km/h] 108,7 98,1

Anzahl Videomessungen 143,4 156,4

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Die Anzahl der durchgeführten Kontrollfahrten hingvon der Länge der Teststrecke (einschließlich derRückfahrt zum Anfangspunkt) und den jeweiligenVerkehrsstärken ab. Sie variiert deshalb auf denTeststrecken. Bedingt durch die notwendig gewor-denen Wiederholungsmessungen im Zuge der Rei-sezeitenmessung per Video wurden auf der A 5 undA 42 jeweils an vier Tagen Kontrollfahrten durchge-führt (siehe Tabelle 3.10).

Mit Hilfe eines GPS-Trackers (GSPMAP 60 CSxder Firma Garmin) werden in festen Zeitschritten(10 Sekunden) die jeweilige Position (Koordinaten),die momentane Geschwindigkeit und andere Datenaufgezeichnet.

In Bild 3.11 ist der Verlauf einer Kontrollfahrt auf derA 42 grafisch dargestellt. Ab Kilometer 10,0 kommtes im Bereich der AS Castrop-Rauxel zu einergrößeren Verkehrsstörung, die sich bis zum AK Castrop-Rauxel erstreckt. Die Geschwindigkeit fälltzeitweise bis auf 0 km/h ab.

Die für die Kontrollstrecken ermittelten Geschwin-digkeitsprofile werden durch die Videomessung be-stätigt. Dies zeigt beispielhaft das Bild 3.12.

Die Zeitachse in Bild 3.12 ist nicht linear, da dieKurve der Videomessung alle erfassten Fahrzeugewiedergibt und die Anzahl der Fahrzeuge minütlichschwankt. Die mittleren Fahrtzeitunterschiede zwi-schen Videomessung und Kontrollfahrt auf der Kon-trollstrecke A 42 liegen bei rund 5 sec, auf die 10 kmlange Normstrecke bezogen bei knapp 30 sec.

Der in Bild 3.11 ab Kilometer 10,0 erkennbare star-ke Geschwindigkeitsabfall wird durch die 6. Kon-trollfahrt (Beginn 7:58 Uhr, Geschwindigkeitsein-bruch 8:04 Uhr) mit rund 4 Minuten Dauer widerge-spiegelt.

3.5 Einschätzung der Verfahren an-hand der videobasierten Fahrtzeit-messungen

3.5.1 Differenzierung nach Verkehrsstufen

Nachfolgend werden die Ergebnisse der Berech-nungsverfahren mit denen der Kontrollmessungenverglichen. Um verkehrsstärkebedingte Einflüsseauf den Verkehrsfluss berücksichtigen zu können,wurden zunächst die Verkehrsstufen gemäß MARZ99 [25] für die Zeitbereiche der Kontrollmessungenermittelt. Die dafür erforderlichen q-/v-Werte stam-men von einem Messquerschnitt, der etwa in derMitte der Kontrollstrecke liegt. Für die Kontroll-

49

Tab. 3.10: Durchgeführte Kontrollfahrten

Teststrecke MesstageKontroll-fahrten

Kontrollzeitraum

A 5

Do, 21.09.06 5 13:00 bis 19:00

Fr, 22.09.06 15 06:00 bis 19:00

Do, 26.10.06 11 13:00 bis 19:00

Fr, 27.10.06 19 06:00 bis 19:00

A 8Do, 14.09.06 6 13:00 bis 19:00

Fr, 15.09.06 11 06:00 bis 19:00

A 42

Mo, 18.09.06 9 06:00 bis 19:00

Di, 19.09.06 9 13:00 bis 19:00

Fr, 20.10.06 31 06:00 bis 19:00

Mo, 23.10.06 32 06:00 bis 19:00

Bild 3.11: Grafische Ergebnisdarstellung einer Kontrollfahrt mitdem GPS-Tracker

Bild 3.12: Fahrtzeitmessungen mittels Kontrollfahrt und Video-messungen

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strecke A 5 wurde der Messquerschnitt Q50GS undfür die Kontrollstrecke A 8 der Messquerschnitt M11gewählt. Für die Kontrollstrecke A 42 stehen nurzwei Messquerschnitte (MQ 0542o und MQ 0562o)zur Verfügung. Gewählt wurde der MessquerschnittMQ 0562o, weil es während der Kontrollmessun-gen hier zu einem Stau kam.

Das MARZ 99 differenziert die vier in Tabelle 3.11aufgeführten Verkehrsstufen.

Die überwiegende Zahl der Kontrollmessungen fälltin die Verkehrsstufe „freier Verkehr“. Dichter Ver-kehrsfluss wurde nur auf der A 5 festgestellt. Eskommt häufiger vor, dass die q-/v-Werte im Über-gangsbereich zwischen den Verkehrsstufen „freierVerkehr“ und „dichter Verkehr liegen“, d. h., einWert liegt knapp unterhalb des Schwellenwertszum „dichten Verkehr“ und der folgende knapp überdem Schwellenwert usw.. Dauert ein solcher Zu-stand länger als fünf Minuten an, wurde im Rahmendieser Untersuchung, um eine feinere Differenzie-rung der Daten zu erreichen, eine zusätzliche Ver-kehrsstufe „freier – dichter Verkehr“ eingeführt. DieVerkehrsstufe „zähfließender Verkehr“ wurde prak-tisch nicht festgestellt. Der Stau auf der A 42 bautesich innerhalb sehr kurzer Zeit auf, sodass die An-zahl der Messwerte, die der Verkehrsstufe „zäh-fließender Verkehr“ zugeordnet werden können,sehr gering ist (neun Messwerte). Gesicherte Aus-sagen können daraus nicht abgeleitet werden. Ge-stauter Verkehr wurde während der Kontrollmes-sungen nur auf der A 42 beobachtet.

3.5.2 Beurteilungsumfang

Zur Einschätzung der Verfahren werden nachfol-gend die gemessenen mit den berechneten Fahrt-zeiten verglichen. Dazu werden beide Fahrtzeitenzunächst über den Messzeitraum grafisch darge-stellt und anschließend die minimalen, maximalensowie mittleren Abweichungen ermittelt.

Bedeutsam für die Einschätzung der Ergebnisse istdie Kenntnis darüber, von welcher Kontrollstreckedie Messwerte stammen, da die Abstände der sta-tionären Messeinrichtungen unterschiedlich sind.Die Strecken sind deshalb in den nachfolgendenTabellen benannt.

Zum besseren Vergleich der Ergebnisse werdendie Fahrtzeiten der unterschiedlich langen Kontroll-strecken auf eine normierte Fahrtstrecke von 10 kmLänge hochgerechnet.

Das vorliegende Datenmaterial ermöglicht, differen-ziert nach den Verkehrsstufen, die in Tabelle 3.12zusammengestellten Fahrtzeitanalysen.

Auf der Teststrecke A 42 kam es an beiden Kon-trolltagen am Messquerschnitt MQ 0562o zu Pro-blemen bei der Datenübertragung zur Verkehrs-rechnerzentrale. Für die online arbeitenden Verfah-ren OLSIM und ddg standen deshalb keine aktuel-len Messwerte als Eingangsgrößen von diesemMessquerschnitt zur Verfügung. Beide Verfahrenhaben für den Fall eines Datenausfalls entspre-chende Datenersatzverfahren, sodass auch hierFahrtzeiten berechnet werden können. Eine Beur-teilung der von den Verfahren OLSIM und ddg be-rechneten Fahrtzeiten im Hinblick auf deren Ge-nauigkeit ist jedoch für den Zeitraum des Daten-ausfalls (23.10.2006) nicht statthaft.

Bei den drei übrigen Verfahren, die nur im Rahmendieses Forschungsvorhabens auf der A 42 einge-setzt waren, wurden die Verkehrskenngrößen erstnach Ablauf des Praxistests zur Verfügung gestellt.Für den Zeitraum des Datenausfalls wurden, an-

50

Tab. 3.11: Verkehrsstufen gemäß MARZ 99

Verkehrs-stufe

Geschwindig-keit

Dichte bei 2 Fahrstreifen

Dichte bei 3 Fahrstreifen

[km/h] [Kfz/km] [Kfz/km]

freier Verkehr

> 80≤ 0 ≤ 30

≥ 0 ≤ 40

dichter Verkehr

> 80> 30 ≤ 60

> 40 ≤ 70

zähfließenderVerkehr

> 30 < 80

≤ 60 ≤ 70

gestauter Verkehr

< 30 > 60 > 70

Tab. 3.12: Überblick über die durchgeführten Analysen derFahrtzeitberechnungen

Verkehrs-stufe

Verfahren

OLSIM ddg ASDA/FOTO

Einf. Ansatz

MAVE-S

freier Verkehr

A 42A 5 A 8 A 42

A 5 A 42

A 5 A 8 A 42

A 8 A 42

dichter bis freierVerkehr

-A 5 A 8

A 5A 5 A 8

A 8

dichter Verkehr

- A 5 A 5 A 5 -

zähfließ.Verkehr

- - - - -

gestauter Verkehr

*) *) A 42 A 42 A 42

*) siehe Erläuterungen

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stelle der Daten der Verkehrsrechnerzentrale, die inder Streckenstation gespeicherten Daten ausgele-sen und den Verfahren als Eingangsgrößen zurVerfügung gestellt. Die berechneten Fahrtzeitender drei Verfahren für den 23.10.2007 können des-halb für die weiteren Vergleiche herangezogen wer-den.

3.5.3 Verfahren OLSIM

Für das Verfahren OLSIM sind die berechneten unddie mittels Video gemessenen Fahrtzeiten für denfreien Verkehrsfluss im Bild 3.13 (20.10.2006) gegenübergestellt und in Tabelle 3.13 quantifi-ziert. Alle Werte gelten für die 10 km lange Norm-strecke.

Die berechneten Fahrtzeiten liegen immer etwashöher als die gemessenen. Bei 87 % der Kontroll-werte sind die Unterschiede mit weniger als eineMinute aber gering. Nur bei 13 % aller Kontrollwer-te beträgt die Fahrtzeit mehr als eine Minute, wobeidie 2-Minutengrenze nicht überschritten wird.

Die mittlere Abweichung liegt bei 37 Sekunden. DerMittelwert der Kontrollmessungen entspricht einerPkw-Durchschnittsgeschwindigkeit von 103 km/hund liegt damit etwas über der zulässigen Höchst-geschwindigkeit auf der Kontrollstrecke (100 km/h).Die vom Verfahren OLSIM berechnete mittlerePkw-Geschwindigkeit auf der Normstrecke beträgt

92 km/h und liegt damit um etwa 10 km/h unter denMessergebnissen.

Eine Beurteilung des Verfahrens OLSIM bei denübrigen Verkehrsstufen ist aufgrund fehlenderDaten nicht möglich.

3.5.4 Verfahren ddg

Für das Verfahren ddg liegen von allen drei Kon-trollstrecken Fahrtzeiten vor. In den Bildern 3.14abis 3.14e sind die berechneten und die mittelsVideo gemessenen Fahrtzeiten gegenübergestellt.Alle Werte gelten für die 10 km lange Normstrecke.

Die Unterschiede der vom Verfahren ddg berech-neten und durch Videomessungen ermitteltenFahrtzeiten sind für die Verkehrsstufe „freier Ver-kehr“ in Tabelle 3.14 zusammengestellt. Auf derKontrollstrecke A 5 weichen die berechneten Pkw-Fahrtzeiten um nicht mehr als eine Minute von dengemessenen ab. In nahezu allen Fällen (94 %) lie-gen die berechneten Fahrtzeiten höher als bei denKontrollmessungen, im Mittel um 17 Sekunden.Damit kommen die berechneten Fahrtzeiten dengemessenen sehr nahe. Für die Anzeige von Rei-sezeitinformationen in dWiSta sind diese Abwei-chungen nicht relevant.

Die sehr gute Überstimmung der berechneten mitden gemessenen Fahrtzeiten steht auch im Zu-sammenhang mit der sehr dichten Folge stationärerMessquerschnitte auf der A 5, durch die kleinereund/oder kurzfristige Änderungen im Verkehrsab-lauf gut erfasst werden können. Das Verfahren ddgstützt sich, neben dem eigenen ErfassungssystemSES, auf die an den stationären Messquerschnittenerhobenen Verkehrskenngrößen (vgl. Bild 3.4).

Auf der Kontrollstrecke A 8 sind 91 % aller Fahrt-zeitunterschiede kleiner als eine Minute, wobei inrund 25 % der Fälle eine längere und in 75 % eine

51

Bild 3.13: Fahrtzeitenvergleich [min], Verfahren OLSIM – Kon-trollmessung, freier Verkehrsfluss

Tab. 3.13: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren OLSIM, freier Ver-kehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 42Prozent 87 13 - -

Häufigkeit 612 89 - -

Tab. 3.14: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ddg, freier Verkehrs-fluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 778 - - -

A 8Prozent 91 8 - -

Häufigkeit 870 81 - -

A 42Prozent 90 10 - -

Häufigkeit 630 71 - -

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kürzere Fahrtzeit berechnet wurde. Die Unterschie-de betragen im Mittel weniger als 25 sec. Bei gut 8 % der Werte liegt der Fahrtzeitunterschied zwi-schen einer und zwei Minute(n). Die mittlere Abwei-chung liegt bei 74 sec, nur wenig über der 1-Minu-tengrenze.

Bei der Einschätzung dieser Ergebnisse ist zuberücksichtigen, dass dem Verfahren ddg auf derKontrollstrecke A 8 nur Verkehrsdaten aus einemSensor seines eigenen Erfassungssystems (SES)zur Verfügung stehen. Der Sensor erfasst zudemnur das Verkehrsgeschehen auf dem Überholfahr-

52

Bild 3.14: Fahrtzeitenvergleich [min], Verfahren ddg

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streifen und überträgt die Verkehrsdaten „nur“ zuausgewählten Zeitpunkten an die Zentrale, dasheißt bei wesentlichen Änderungen des Verkehrs-flusses. Dadurch werden die Minimal- und Maxi-malwerte stärker eliminiert und das Verkehrsge-schehen insgesamt nivelliert. Trotz minimaler ak-tueller Verkehrskenngrößen als Eingangsdaten fürdas Verfahren ddg stimmen die berechneten Fahrt-zeiten auf der Kontrollstrecke A 8, bei einem freien,d. h. ungestörten, Verkehrsfluss gut mit den ge-messenen überein.

Auf der Kontrollstrecke A 42 unterscheiden sich 90 % der vom Verfahren ddg berechneten Fahrtzei-ten von den Fahrtzeiten der Kontrollmessungen umnicht mehr als eine Minute, im Mittel um 35 sec. Bei10 % der Vergleichswerte liegen die Unterschiedezwischen einer und zwei Minute(n). Die mittlere Ab-weichung liegt in dieser Gruppe bei 1,3 Minuten (80 sec). In der Verkehrsstufe „freier – dichter Ver-kehr“ zeigen sich auf den Kontrollstrecken A 5 undA 8 deutliche Unterschiede. Die zugehörigen Kenn-werte sind in Tabelle 3.15 zusammengestellt.

Zwischen den Ergebnisse des Fahrtzeitvergleichsin den Verkehrsstufen „freier Verkehr“ und „freier –dichter Verkehr“ zeigen sich auf der KontrollstreckeA 5 keine signifikanten Unterschiede (vgl. Tabelle3.14). Alle Fahrtzeitunterschiede betragen wenigerals eine Minute, die mittlere Abweichung liegt beinur 18 sec. Dieses sehr gute Ergebnis wird wiede-rum mit der dichten Folge der stationären Mess-querschnitte auf der A 5 in Verbindung gebracht.

Auf der Kontrollstrecke A 8 weist dagegen das Ver-fahren ddg in der Verkehrsstufe „freier – dichterVerkehr“ eine Zunahme der Unterschiede zwischenden berechneten und den gemessenen Fahrtzeitenauf. Fahrtzeitunterschiede von bis zu einer Minutewerden bei 57 % der Vergleichswerte ermittelt. Die-ser Anteil liegt gegenüber dem „freien Verkehrs-fluss“ (91 %) deutlich niedriger. Die übrigen vomVerfahren ddg berechneten Werte weichen um einebis zwei Minute(n) von den Fahrtzeiten der Kon-trollmessungen ab; im Mittel beträgt die Abwei-chung 82 sec. Das Verfahren ddg berechnet durch-weg kürzere Fahrtzeiten, als die Kontrollmessun-gen ausweisen.

Die deutlich größeren Fahrtzeitunterschiede ge-genüber dem Verkehrszustand „freier Verkehr“ sindim Zusammenhang mit der vom Verfahren ddg ver-fügbaren stationären Datenerfassung zu sehen.Möglicherweise reicht ein Sensor nicht aus, um dasVerkehrsgeschehen auf der über 7 km langen Kon-

trollstrecke in vollem Umfang zu erfassen. Fahrt-zeitbeeinflussende Ereignisse, z. B. gegenseitigesÜberholen von Lkw, außerhalb des Erfassungsbe-reichs des Sensors, bleiben unerkannt und fließennicht in die Berechnung ein. Die Wahrscheinlichkeitdes Eintretens solcher Ereignisse ist bei höherenVerkehrsstärken größer als bei niedrigeren. Ent-sprechend nimmt auch die Größe der Abweichun-gen zwischen den Fahrtzeiten zu.

In Tabelle 3.16 ist die Häufigkeitsverteilung der ge-messenen und der vom Verfahren ddg berechnetenPkw-Fahrtzeiten für die Verkehrsstufe „dichter Ver-kehr“ dargestellt.

Die Unterschiede betragen, wie auch im Fall derVerkehrsstufen „freier Verkehr“ und „freier – dichterVerkehr“, mit nur einer Ausnahme, immer wenigerals eine Minute. Dabei sind die vom Verfahren ddgberechneten Fahrtzeiten überwiegend kürzer alsdie gemessenen. Allerdings ist die mittlere Abwei-chung mit etwa 20 Sekunden klein.

Mit 14 Sekunden (Verfahren ddg) beziehungsweise10 Sekunden (gemessen) ist die Standardabwei-chung bei den Fahrtzeiten klein. Dies deutet aufeinen relativ gleichmäßigen Verkehrsfluss hin, dereine Fahrtzeitberechnung generell begünstigt.

3.5.5 Verfahren ASDA/FOTO

Das Verfahren ASDA/FOTO wird auf der A 5 imRaum Frankfurt im Regelbetrieb und auf der Test-strecke A 42 zu Zwecken dieses Forschungsvorha-bens eingesetzt. Auf der A 5 beträgt die der Norm-fahrtzeit zugrunde liegende Pkw-Reisegeschwin-

53

Tab. 3.16: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ddg, dichter Ver-kehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 42Prozent 99 1 - -

Häufigkeit 168 1 - -

Tab. 3.15: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ddg, freier – dichterVerkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 130 - - -

A 8Prozent 57 43 - -

Häufigkeit 59 45 - -

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digkeit 120 km/h. Dies entspricht auf der 10 km lan-gen Normstrecke einer Fahrtzeit von 5 Minuten. Aufder A 42 gilt als Pkw-Reisegeschwindigkeit diezulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, diesich daraus ergebende Fahrtzeit beträgt für dieNormstrecke 6 Minuten.

Für das Verfahren ASDA/FOTO, von dem für zweiKontrollstrecken Fahrtzeiten vorliegen, sind die be-rechneten und die per Video gemessenen Fahrtzei-ten in den Bildern 3.15a bis 3.15d gegenüberge-stellt. Alle dargestellten Werte gelten für die 10 kmlange Normstrecke.

Auf der Kontrollstrecke A 5 wurden während beiderMesstage durch das BerechnungsverfahrenASDA/FOTO keine Verkehrsstörungen ermittelt.Verlustzeiten wurden deshalb nicht ausgewiesen.Die Fahrtzeit entspricht deshalb immer der Norm-fahrtzeit von 5 Minuten. Die Häufigkeitsverteilung

der Unterschiede zwischen den gemessenen undden berechneten Fahrtzeiten ist für den Verkehrs-zustand „freier Verkehr“ in Tabelle 3.17 zusammen-gestellt.

Auf beiden Kontrollstrecken ergeben sich beim Ver-fahren ASDA/FOTO vergleichbar gute Ergebnisse.Auf der Kontrollstrecke A 5 sind alle und auf der

54

Bild 3.15: Fahrtzeitenvergleich [min], Verfahren ASDA/FOTO

Tab. 3.17: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ASDA/FOTO, freierVerkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 778 - - -

A 42Prozent 98 1 < 1 < 1

Häufigkeit 1.312 18 6 2

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Kontrollstrecke A 42 nahezu alle Unterschiede klei-ner als eine Minute. Beim freien Verkehrsfluss, wieauch im Übergangsbereich zum dichten Verkehrs-fluss, liegen die mittleren Abweichungen bei denFahrtzeiten des Berechnungsverfahrens auf derKontrollstrecke A 5 um 12 Sekunden unter und aufder A 42 um 18 Sekunden über den gemessenenWerten. Beide Unterschiede beziehen sich auf die10 km lange Normstrecke und werden im Hinblickauf die Anzeige von Reisezeitinformationen in dWiSta als gering eingeschätzt.

Auf der Kontrollstrecke A 5 wurde auch in den Ver-kehrsstufen „freier bis dichter Verkehr“ (siehe Ta-belle 3.18) und „dichter Verkehr“ (siehe Tabelle3.19) durch das Verfahren ASDA/FOTO keine Ver-kehrsstörung identifiziert, d. h. keine Verlustzeitenermittelt. Dieses Ergebnis stimmt mit den durchge-führten Kontrollmessungen überein.

Anders als bei den beiden vorgenannten Verfahren,kann das Verfahren ASDA/FOTO auch bei der Ver-kehrsstufe „gestauter Verkehr“ betrachtet werden,da die Berechnungen nicht online, sondern erstnach Abschluss des Praxistests offline erfolgten(siehe Tabelle 3.20).

Das Verfahren ASDA/FOTO erkennt den Verkehrs-stau (23.10.2006, 7:54 Uhr bis 8:50 Uhr) auf der

Kontrollstrecke A 42 (siehe Bild 3.15d) und weistFahrtzeiten von bis zu 20 Minuten aus. Der Stau-beginn stimmt sehr gut mit den Kontrollmessungenüberein. Die gemessenen maximalen Fahrtzeitenvon 30 Minuten werden durch ASDA/FOTO nichtnachgebildet. Das zeitliche Stauende wird zu frühberechnet. Dadurch kommt es für wenige Minutenzu teilweise sehr großen Abweichungen.

Die Abweichungen werden darauf zurückgeführt,dass der Verkehrsfluss während des Staus auf bei-den Fahrstreifen sehr unterschiedlich war. Auf demHauptfahrstreifen stellte sich zeitweise ein Ver-kehrsstillstand ein (überlastete Ausfahrt), dagegenwurde auf dem Überholfahrstreifen, wenn auch mitgeringer Geschwindigkeit, gefahren. Diese Stausi-tuation unterscheidet sich von einer „üblichen“Stausituation, in der alle Fahrstreifen mehr oderweniger gleichermaßen betroffen sind. Bei einerstärkeren Berücksichtigung des Verkehrsflussesauf dem Überholfahrstreifen als auf dem Haupt-fahrstreifen fällt im konkreten Fall die mittlere Fahrt-zeit aller Pkw kürzer aus.

3.5.6 Verfahren EINFACHER ANSATZ

Für das Verfahren EINFACHER ANSATZ liegen füralle drei Kontrollstrecken Fahrtzeiten vor. Die be-rechneten und die per Video gemessenen Fahrtzei-ten sind in den Bildern 3.16a bis 3.16f gegenüber-gestellt. Alle Werte beziehen sich auf die 10 kmlange Normstrecke.

In Tabelle 3.21 sind für den freien Verkehrsfluss dieHäufigkeitsverteilungen der Fahrtzeitunterschiedezusammengestellt.

Auf allen drei Kontrollstrecken sind die vom Verfah-ren EINFACHER ANSATZ berechneten Fahrtzeitendurchweg höher als die gemessenen. Auf den Kon-trollstrecken A 5 und A 8 liegen fast alle Fahrtzeit-

55

Tab. 3.18: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ASDA/FOTO, freier– dichter Verkehr

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 130 - - -

Tab. 3.19: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ASDA/FOTO, dich-ter Verkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 169 - - -

Tab. 3.20: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren ASDA/FOTO, ge-stauter Verkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 33< x ≤ 5

3 < x ≤ 10

10 < x ≤ 20

≥ 20

A 42Prozent 44 9 24 9 13

Häufigkeit 24 5 13 5 7

Tab. 3.21: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren EINFACHER AN-SATZ, freier Verkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 0 - -

Häufigkeit 760 3 - -

A 8Prozent 99 1 - -

Häufigkeit 937 14 - -

A 42Prozent 86 14 - -

Häufigkeit 1.141 189 - -

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Bild 3.16: Fahrtzeitenvergleich [min], Verfahren EINFACHER ANSATZ

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unterschiede unter einer Minute. Die geringstenUnterschiede zeigen sich auf der Kontrollstrecke A 5. Aufgrund der sehr dichten Folge stationärer Messquerschnitte ergibt sich im Mittel nur eine Dif-ferenz von 11 Sekunden zwischen den berechne-ten und den gemessenen Werten. Der entspre-chende Wert liegt auf der Kontrollstrecke A 8 mit 20Sekunden fast doppelt so hoch, ist aber im Hinblickauf mögliche Anzeigen in dWiSta immer noch klein.Auf der Kontrollstrecke A 42 liegt die mittlere Ab-weichung innerhalb der 1-Minuten-Grenze bei 35Sekunden. Auf dieser Kontrollstrecke weisen 14 %der Werte eine Abweichung von einer bis zwei Mi-nute(n) auf. Vergleichbar hohe Fahrtzeitdifferenzentreten bei den beiden anderen Kontrollstreckenpraktisch nicht auf.

Im Übergangsbereich zum dichten Verkehr (sieheTabelle 3.22) ändern sich auf der Kontrollstrecke A 5 im Vergleich zum freien Verkehrsfluss die Fahrt-zeitunterschiede nur wenig. Knapp 10 % der Mess-werte weichen um eine bis zwei Minute(n) von denKontrollwerten ab, wobei der Mittelwert von 72 Se-kunden deutlich macht, dass die 1-Minuten-Grenzenur wenig überschritten wird.

Auf der Kontrollstrecke A 8 sind die Fahrtzeitunter-schiede im Übergangsbereich zum dichten Verkehr,gegenüber dem freien Verkehrsfluss größer. 15 %aller Messwerte weichen um mehr als eine Minutevon den Kontrollwerten ab. Auch ist die mittlere Ab-weichung in dieser Gruppe mit 80 Sekunden größerals auf der Kontrollstrecke A 5.

Die unterschiedliche Höhe der Abweichungen aufden Kontrollstrecken A 5 und A 8 wird auf die unter-schiedlich dichte Folge der stationären Mess-querschnitte auf beiden Autobahnen zurückgeführt.

In Tabelle 3.23 ist die Häufigkeitsverteilung für denVerkehrszustand „dichter Verkehr“, der nur auf derKontrollstrecke A 5 angetroffen wurde, dargestellt.Alle ermittelten Fahrtzeitunterschiede liegen inner-halb der 1-Minutengrenze.

Die auffällig gute Übereinstimmung der Kontroll-messungen mit den berechneten Werten des Ver-fahrens EINFACHER ANSATZ auf der Kontroll-strecke A 5 hängt mit der sehr dichte Folge der sta-tionären Messquerschnitte (mittlerer Abstand etwa1 km) zusammen. Auch kleinere Änderungen imVerkehrsablauf werden dadurch gut erkannt.

Das Verfahren EINFACHER ANSATZ erkennt denStau am 23.10.2006 im Zeitraum 7:54 Uhr bis 8: 50Uhr. Das Bild 3.16f zeigt eine gute Übereinstim-mung zwischen den gemessenen und den berech-neten Werten. Die beiden maximalen Fahrtzeitenunterscheiden sich um etwa 3,5 Minuten. Bezogenauf die lange Fahrtzeit von 30 Minuten relativiertsich diese auf den ersten Blick hohe Abweichung.

Trotz der grundsätzlich guten Übereinstimmungbeider Kurvenverläufe verdeutlicht Tabelle 3.24aber, dass bei über 72 % der Messwerte Abwei-chungen größer 5 Minuten und bei 26 % sogarmehr als 10 Minuten auftreten. Im Mittel liegt dermittlere Fahrtzeitunterschied bei 7,4 Minuten. Diesehohen Fahrtzeitunterschiede resultieren zum Teilaus einer kleinen zeitlichen Verschiebung der ge-messenen und berechneten Werte. Die von denstationären Messquerschnitten erfassten Verkehrs-kenngrößen spiegeln ein etwas höheres Geschwin-digkeitsniveau, d. h. kürzere Fahrtzeiten und gleich-zeitig eine etwas längere Staudauer, wider, als esdie per Video erfassten Kontrolldaten zeigen.

3.5.7 Verfahren MAVE-S

Für das Verfahren MAVE-S, von dem für zwei Kon-trollstrecken Fahrtzeiten vorliegen, sind die berech-neten und die per Video gemessenen Fahrtzeiten in

57

Tab. 3.22: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren EINFACHER AN-SATZ, freier – dichter Verkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 93 7 - -

Häufigkeit 119 9 - -

A 8Prozent 85 15 - -

Häufigkeit 88 16 - -

Tab. 3.23: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren EINFACHER AN-SATZ, dichter Verkehr

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 5Prozent 100 - - -

Häufigkeit 169 - - -

Tab. 3.24: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren EINFACHER AN-SATZ, gestauter Verkehr

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 33< x ≤ 5

3 < x ≤ 10

10 < x ≤ 20

≥ 20

A 42Prozent 15 13 46 26 -

Häufigkeit 8 7 25 14 -

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den Bildern 3.17a bis 3.17c gegenübergestellt. AlleWerte gelten für die 10 km lange Normstrecke.

In Tabelle 3.25 sind für die Verkehrsstufe „freierVerkehr“ die Abweichungen der berechneten vonden gemessenen Fahrtzeiten quantifiziert.

Auf der Kontrollstrecke A 8 liegen knapp 90 % derFahrtzeitunterschiede zwischen den per Video ge-messenen und den von MAVE-S berechnetenFahrtzeiten unterhalb einer Minute. Sie betragen imMittel 20 Sekunden. 12 % der Messwerte fallen indie Gruppe von einer bis zwei Minute(n), der Mittel-wert liegt hier bei 1,25 Minuten. Größere Abwei-chungen treten nicht auf.

Auf der Kontrollstrecke A 42 differieren die gemes-senen von den berechneten Werten stärker. Nurgut ein Drittel der Messwerte weist Fahrtzeitunter-schiede von weniger als eine Minute (Mittelwert0,50 Minuten) auf. Bei 43 % der Messwerte liegendie Abweichungen zwischen einer und zwei Minu-te(n), bei einem Mittelwert von 1,42 Minuten. Ab-weichungen von mehr als drei Minuten wurden bei7 % aller Messwerte festgestellt. Die maximale Ab-weichung lag knapp unter vier Minuten. Dies ist, be-zogen auf die Normfahrtzeit von sechs Minuten, alshoch einzuschätzen. Das nicht so erwartete Ergeb-nis ist, auch nach Rücksprache mit der Firma ave,nur teilweise erklärbar.

Ein Grund für die höheren Fahrtzeiten liegt wahr-scheinlich darin, dass auf der Kontrollstrecke A 42die vom Verfahren MAVE-S ausgewiesenen Reise-geschwindigkeiten das gesamte Fahrzeugkollektivbetreffen, demnach nicht ausschließlich die Pkw-Reisegeschwindigkeit. Der hierauf zurückführbareFahrtzeitverlust ist abhängig von der Pkw-Ge-schwindigkeit und dem Lkw-Anteil. Bei einer Pkw-Geschwindigkeit von 100 km/h und einem Lkw-An-teil von 15 % beträgt der damit verbundene Fahrt-zeitverlust gut 15 Sekunden und bei einem Anteilvon 25 % bereits 30 Sekunden.

Eine weitere Ursache könnten die zu hohen Zu-und Abflüsse an der AS Castrop-Rauxel sein, diemittig in der Kontrollstrecke liegen. Nach Aussagender Firma ave müssen etwa 50 % der den erstenMessquerschnitt passierenden Fahrzeuge amzweiten Messquerschnitt wiedergefunden werden,um zuverlässige Reisezeitmessungen durchführen

58

Tab. 3.25: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren MAVE-S, freier Ver-kehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 8Prozent 88 12 - 0

Häufigkeit 841 110 - 0

A 42Prozent 37 43 13 7

Häufigkeit 131 154 45 26

Bild 3.17: Fahrtzeitenvergleich [min], Verfahren MAVE-S

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zu können. Sollte während der Kontrollmessungendieser Wert nicht oder nur knapp erreicht werden,könnten die Ergebnisse dadurch negativ beein-flusst werden. Für diese Vermutung spricht, dassdie mittlere Anzahl von zuordenbaren Kennzeichenim Zuge der Videoerfassung auf der A 42 deutlichgeringer ist als auf den übrigen Kontrollstrecken.Anhand der vorliegenden Verkehrsstärkedaten derMessquerschnitte im Zuge der A 42 ist es allerdingsnicht möglich, die Anzahl der Aus- und Einfahrer ander AS Castrop-Rauxel zu bestimmen.

Für den 20.10.2006 liegen keine durch das Verfah-ren MAVE-S berechneten Fahrtzeiten vor.

Eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den ge-messenen und den berechneten Fahrtzeiten zeigtsich auf der Kontrollstrecke A 8 im Übergangsbe-reich zum dichten Verkehr (siehe Tabelle 3.26). AlleFahrtzeitunterschiede betragen weniger als eineMinute, der Mittelwert liegt bei 20 Sekunden.

Den Stau auf der Kontrollstrecke A 42 erkennt dasVerfahren MAVE-S zuverlässig (siehe Bild 3.17cund Tabelle 3.27). Dennoch ergeben sich zwischenden gemessenen und den berechneten Fahrtzeitendeutliche Unterschiede. Rund zwei Drittel der Messwerte unterscheiden sich um bis zu fünf Minu-ten, wobei die Kontrollzeiten zu etwa gleichen Tei-len überschritten wie auch unterschritten werden.Die mittlere Abweichung in dieser Gruppe liegt bei2,73 Minuten. In Anbetracht der sehr langen Fahrt-zeiten von bis zu 30 Minuten wird diese Abwei-chung als klein eingestuft. Bei gut 20 % aller Mess-werte ergeben sich Abweichungen zwischen 5 und10 Minuten (Mittelwert 7,30 Minuten). Noch größe-re Abweichungen wurden bei knapp 10 % der

Messwerte festgestellt. Allerdings liegt die mittlereAbweichung in dieser Gruppe mit 11,87 Minutennur wenig über dem 10-Minuten-Schwellenwert.Die maximal festgestellte Abweichung beträgt 17,7Minuten.

3.5.8 Zusammenfassende Einschätzung

Die Datenbasis zur Bewertung des VerfahrensOLSIM beschränkt sich auf die Kontrollstrecke A 42und deckt ausschließlich die Verkehrsstufe „freierVerkehr“ ab. Die auf der Kontrollstrecke angetroffe-ne Stausituation konnte, bedingt durch einen Aus-fall der Datenübertragung, durch das VerfahrenOLSIM nicht widergespiegelt werden. Bezogen aufdie 10 km lange Normstrecke lagen die vom Ver-fahren OLSIM ermittelten Fahrtzeiten im freien Ver-kehrsfluss um 37 Sekunden über den gemessenenWerten.

Das Verfahren ddg konnte auf allen drei Kontroll-strecken getestet werden. Es wurde deutlich, dassdie unterschiedliche Dichte der vom Verfahrennutzbaren stationären Messquerschnitte die Größeder Abweichung zwischen den berechneten undden gemessenen Fahrtzeiten beeinflusst. Dies giltinsbesondere für die Kontrollstrecke A 8, auf dernur ein Sensor des SES-Systems Eingangsdatenfür das Verfahren ddg bereitstellte. Die ermitteltenFahrtzeitunterschiede auf dieser Kontrollstrecke, inder Verkehrsstufe „freier – dichter Verkehr“, betru-gen im Mittel eine Minute, in allen anderen Ver-gleichsfällen lagen sie im Mittel unter einer Minute.

Die vom Verfahren ASDA/FOTO berechneten mitt-leren Fahrtzeiten (Normfahrtzeit plus Verlustzeit)weichen relativ gering von den Kontrollmessungenab, lässt man die Verkehrsstufe „gestauter Verkehr“zunächst außer Acht. Die resultierende mittlereFahrtzeit auf der Normstrecke liegt um bis zu 20Sekunden unter der gemessenen. Die Stausitua-tion auf der Kontrollstrecke A 42 wurde vom Ver-fahren ASDA/FOTO erkannt, die damit verbunde-nen Fahrtzeitverlängerungen jedoch unterschätzt.

Das Verfahren EINFACHER ANSATZ stützt sich aufdie minütlich aggregierten Geschwindigkeits- undVerkehrsstärkedaten. Die Genauigkeit des Verfah-rens hängt in starkem Maße vom Abstand der sta-tionären Messeinrichtungen ab. Auf der Kontroll-strecke A 5, auf der es einen sehr dichten Mess-stellenabstand gibt, liegen die berechneten mittle-ren Fahrtzeiten sehr nahe an den gemessenen. Diemittlere Abweichung beträgt auf der Kontrollstrecke

59

Tab. 3.26: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren MAVE-S, freier –dichter Verkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 1 1< x ≤ 2 2 < x ≤ 3 > 3

A 8Prozent 100 - - -

Häufigkeit 104 - - -

Tab. 3.27: Fahrtzeitenvergleich, Verfahren MAVE-S, gestauterVerkehrsfluss

Kontroll-strecke

Fahrtzeitunterschiede [min]

≤ 33< x ≤ 5

3 < x ≤ 10

10 < x ≤ 20

≥ 20

A 42Prozent 44 24 22 9 -

Häufigkeit 24 13 12 5 -

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A 5 weniger als 13 Sekunden. Mit zunehmendemAbstand der Messstellen wachsen auch die Abwei-chungen zwischen den berechneten und den ge-messenen Fahrtzeiten an. Auf der Kontrollstrecke A 42, mit einem mittleren Messstellenabstand vonetwa 2 km, beträgt die Abweichung beim freien Ver-kehrsfluss 40 Sekunden. Die Stausituation auf derKontrollstrecke A 42 hat das Verfahren EINFA-CHER ANSATZ erkannt. Etwa 25 % der in der Stau-situation berechneten Fahrtzeiten unterscheidensich von den gemessenen um mehr als 10 Minuten,wobei es sowohl zu Über- als auch zu Unterschrei-tungen kommt.

Die vom Verfahren MAVE-S ermittelten mittlerenFahrtzeiten in der Verkehrsstufe „freier Verkehr“stimmen auf der Kontrollstrecke A 8 sehr gut mitden gemessenen überein, während sie auf derKontrollstrecke A 42 stärker abweichen. Die Abwei-chungen sind größer als bei den anderen Verfah-ren. Den Verkehrsstau auf der Kontrollstrecke A 42bildet das Verfahren MAVE-S sehr gut ab. Die mitt-lere Abweichung liegt zwar bei gut zwei Minuten,bezogen auf Fahrtzeiten von bis zu 30 Minuten wirddiese Abweichung aber als gering eingeschätzt.

Insgesamt gesehen sind die mittleren Abweichun-gen der berechneten Fahrtzeiten aller Verfahrengegenüber den gemessenen Fahrtzeiten relativklein und betragen meist weniger als 10 % der ge-messenen Fahrtzeit. In der überwiegenden Anzahlerrechnen die Verfahren etwas längere Fahrtzeitenals gemessenen worden sind. Die durchgeführtenUntersuchungen zeigen ferner, dass für die Qualitätder berechneten Fahrtzeiten eine zuverlässige undmöglichst dichte Datenerfassung vorteilhaft ist, wiebeispielsweise die Ergebnisse des Verfahrens ddgauf den Kontrollstrecken A 5 und A 8 belegen.

3.6 Einschätzung der Verfahren an-hand ausgewählter Zeitbereiche

3.6.1 Einführung

Die im Kapitel 3.5 beschriebenen Vergleiche dereinzelnen Berechnungsverfahren mit den Kontroll-messungen erlauben keine belastbare Einschät-zung der Berechnungsverfahren. Den meisten Ver-gleichen liegt ein freier Verkehrsfluss zugrunde. Dieübrigen Verkehrsstufen sind während der Kontroll-messungen nur über kürzere Zeiträume oder garnicht aufgetreten (Verkehrsstufe „zähfließenderVerkehr“). Verkehrsstufen mit höherer Verkehrs-dichte als der „freie Verkehrsfluss“ sind aber für die

Anzeige von Reisezeitinformationen in dWiSta be-sonders interessant. Hinzu kommt, dass aufgrundvon Problemen bei der Datenübertragung (vgl. Ka-pitel 3.5.2) nicht allen Verfahren die gleiche Daten-basis zur Verfügung stand.

Das vorliegende Datenmaterial umfasst für dieDauer des Praxistests (14 Tage plus Nacherhe-bung, siehe Kapitel 3.2.1) die von den stationärenMessquerschnitten erhobenen Verkehrskenn-größen auf den Teststrecken sowie die von denVerfahren berechneten Fahrtzeiten für die gesamteTeststrecke. Es wurde auf Zeitbereiche mit Störun-gen im Verkehrsablauf hin analysiert. Für die aus-gewählten Zeitbereiche liegen keine videobasiertenKontrollmessungen vor. In Einzelfällen gibt es zeit-gleiche Kontrollfahrten, die als Vergleichsmaßstabherangezogen werden können.

Ziel dieses Untersuchungsteils ist es aufzuzeigen,ob beim Erkennen von Störungen im Verkehrsab-lauf die einbezogenen Verfahren unterschiedlich,und wenn ja, wie, reagieren.

3.6.2 Teststrecke A 5

Vorbemerkung

Auf der Teststrecke A 5 werden die VerfahrenASDA/FOTO, ddg und EINFACHER ANSATZ ge-prüft. Die Teststrecke zeichnet sich durch eine sehrdichte Folge von Messquerschnitten aus. Derenmittlere Abstände liegen bei weniger als einem Ki-lometer. Das Verfahren ddg kann zusätzlich zu denstationären Messquerschnitten auf vier eigene Sen-soren (SES) im Zuge der Teststrecke zurückgreifen(siehe Bild 3.4).

Beispiel 1, 15.09.2006; AS Friedberg – AK Bad Homburg

Am 15.09.2006 traten morgens im Zeitraum von07:30 Uhr und 09:00 Uhr größere Verkehrsstörun-gen zwischen der AS Friedberg und dem AK BadHomburg auf. Die mittleren Reisegeschwindigkei-ten der Pkw sanken bis auf 20 km/h ab. Alle drei aufder A 5 getesteten Berechnungsverfahren habendiese Störungen erkannt. Die für den genanntenZeitraum berechneten Fahrtzeiten auf dem Ab-schnitt AS Friedberg – AK Bad Homburg sind in Bild3.18 dargestellt. Ergänzend dazu sind in Tabelle3.27 für alle drei Verfahren die minimalen, mittlerenund maximalen Fahrtzeiten während der Störungs-dauer angegeben.

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Die Fahrtzeiten der Verfahren ASDA/FOTO undEINFACHER ANSATZ stimmen in ihrem zeitlichenVerlauf gut überein. Das Verfahren EINFACHERANSATZ spiegelt Schwankungen im Verkehrsab-lauf (kurzzeitig besserer Verkehrsfluss, dann wie-der Abbremsen) wider. Diese Schwankungen wer-den im Verfahren ASDA/FOTO, dies deutet der ste-tigere Kurvenverlauf in Bild 3.18 an, geglättet.Davon unbenommen zeigt Tabelle 3.28, dass dieminimalen, mittleren und maximalen Fahrtzeitenbeider Verfahren dennoch sehr ähnlich sind.

Unter dem Gesichtspunkt der Anzeige von Reise-zeitinformationen in dWiSta werden die beim Ver-fahren EINFACHER ANSATZ aufgetretenen großenGeschwindigkeitssprünge innerhalb kurzer Zeitenals weniger günstig angesehen, da bei einer direk-ten Verwendung der Fahrtzeiten die Entscheidungfür bzw. gegen die Empfehlung einer Alternativrou-te stark alternierend sein könnte.

Das Verfahren ddg berechnet, im Vergleich zu denbeiden vorgenannten Verfahren, kürzere Fahrtzei-

ten. Auf dem etwa 10,2 km langen Abschnitt liegensie im Mittel etwa 5 Minuten unter den mittlerenWerten (18 Minuten) der Verfahren ASDA/FOTOund EINFACHER ANSATZ. Auch bei der maxima-len Fahrtzeit berechnet das Verfahren ddg mit etwa22 Minuten eine deutlich kürzere Fahrtzeit als diebeiden anderen Verfahren (31 Minuten).

Von Seiten der Entwickler des Verfahrens ddg wer-den die Unterschiede bei den Fahrtzeiten unter an-derem mit dem im Verfahren ddg implementiertenGlättungsansatz der Daten erklärt. Eine Modifizie-rung des Ansatzes der Art, dass die Fahrtzeitenschneller (als in Bild 3.19 dargestellt) ansteigen undweniger stark gedämpft werden, ist laut Aussagender Verfahrensentwickler möglich. Das Berech-nungsverfahren bietet die Möglichkeit, über ent-sprechende Parameter, Hysterese- und Ansprech-verhalten der Algorithmen einzustellen. Eine ent-sprechende Änderung müsste aber den weiterenVerwendungszweck der Daten mit berücksichtigen.

Beispiel 2, 20.09.2006; AS Friedberg – AK Bad Homburg

Am 20.09.2006 wurde vom Verfahren ASDA/ FOTOeine etwa 45-minütige Verkehrsstörung im Ab-schnitt AS Friedberg – AK Bad Homburg (Länge10,2 km) erkannt. Bild 3.19 zeigt, dass gemäß denErgebnissen des Verfahrens ASDA/FOTO dieFahrtzeiten auf diesem Abschnitt von der Norm-fahrtzeit von 5 Minuten auf bis zu 16 Minuten an-wachsen. Die mittlere Fahrtzeit liegt während derVerkehrsstörung bei etwa 10 Minuten. Die zu-gehörigen minimalen, mittleren und maximalenFahrtzeiten sind für alle drei Verfahren in Tabelle3.29 zusammengestellt.

Die Verfahren ddg und EINFACHER ANSATZ wei-sen hinsichtlich der ungestörten Fahrtzeit etwa glei-che Werte wie das Verfahren ASDA/FOTO auf. Al-lerdings liegen bei den Verfahren ddg und EINFA-CHER ANSATZ die gestörten Fahrtzeiten wesent-lich niedriger als beim Verfahren ASDA/FOTO(siehe Bild 3.20). Sie sind im Mittel nur etwa halb sogroß und betragen rund 6 Minuten. Es fällt auf,dass der zeitliche Verlauf der Zunahme der Fahrt-zeiten beim Verfahren ddg zeitlich um etwa 10 Mi-nuten nach hinten verschoben ist.

Bei der Analyse der Einzelwerte der stationärenMesseinrichtungen im betrachteten Abschnitt istfestzustellen, dass am MQ Q42GS (siehe Bild 3.4)im Zeitbereich von 14:50 Uhr bis 15:25 Uhr die

61

Tab. 3.28: Fahrtzeitenvergleich [min], A 5, AS Friedberg – AK Bad Homburg (15.09.2006)

Fahrtzeit [min]

AS Friedberg – AK Bad Homburg

ASDA/FOTO

ddgEINFACHER

ANSATZ

Minimum 6,0 5,3 5,6

Mittelwert 18,0 12,8 18,2

Maximum 31,0 21,8 31,5

Stichprobenumfang 90 89 90

Bild 3.18: Fahrtzeitenvergleich [min] A 5, AS Friedberg – AK Bad Homburg (15.09.2006)

Page 63: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

Pkw-Geschwindigkeiten sehr stark einbrechen (Mi-nimum 4,1 km/h). Dabei schwanken die minütlichenWerte sehr; sie liegen in einem Bereich von 4 km/hbis 54 km/h. Die mittlere an diesem Messquer-schnitt erfasste Geschwindigkeit im o. g. Zeitraumliegt knapp unter 16 km/h. Die Messwerte spiegelneinen „Stop-and-go- Verkehr“ wider. Die Wirkungender Verkehrsstörung zeigen sich ebenfalls, wennauch deutlich abgeschwächt, am stromaufwärtigenMessquerschnitt (Q41GS). Die Schwankungsbreiteder Pkw-Geschwindigkeiten ist hier deutlich kleinerals am MQ Q42GS. Die mittlere Geschwindigkeitam MQ Q41GS liegt im betrachten Zeitraum beiknapp unter 60 km/h.

Der Abstand zwischen den beiden Messquerschnit-ten beträgt 710 m. An dem nächsten, etwa 2,5 kmweiter stromaufwärts gelegenen Messquerschnitt(Q40GS) unterschreitet das Geschwindigkeitsni-veau 100 km/h dagegen nur in Einzelfällen. Diesbedeutet, dass sich die Verkehrsstörung im We-sentlichen auf den letzten oder auf den beiden letz-ten Kilometern des betrachteten Streckenab-

schnitts auswirkte. Der stromaufwärts gelegene,rund 8 km lange Streckenabschnitt AS Friedberg –AK Bad Homburg war von der Störung nicht betrof-fen.

Um die Höhe der vom Verfahren ASDA/FOTO be-rechneten Fahrtzeiten zu erzielen, hätte auf dem 2 km langen Abschnitt mit der Verkehrsstörung einevon 15 km/h und auf dem übrigen Abschnitt einemittlere Geschwindigkeit von 100 km/h gefahrenwerden müssen. Die mittlere Geschwindigkeit aufdem Störungsabschnitt (berechnet anhand derPkw-Geschwindigkeiten von MQ Q41GS und MQQ42GS) liegt aber bei 39 km/h. Damit ergibt sicheine Gesamtfahrtzeit von 7,8 Minuten.

Dies lässt darauf schließen, dass im vorliegendenFall die mittleren Fahrtzeiten durch das VerfahrenASDA/FOTO zu hoch gerechnet worden sind,während die beiden anderen Verfahren nach dieserÜberschlagsrechnung möglicherweise zu geringeFahrtzeiten ermittelten.

Beim Verfahren ASDA/FOTO beeinflusst vermutlichdie Verlustzeitberechnung niedrige Geschwindig-keitswerte der stationären Messquerschnitte stär-ker als höhere. Mit abnehmendem Geschwindig-keitsniveau (d. h. zunehmend gestörter Verkehrs-ablauf) steigt die Wahrscheinlichkeit immer kleine-rer Geschwindigkeitswerte, die dann wiederum dieVerlustzeitberechnung beim Verfahren ASDA/FOTO dahingehend beeinflussen, dass relativlange Verlustzeiten berechnet werden. Diese An-nahme wird auch dadurch gestärkt, dass im Rah-men der Datenauswertung mehrfach beobachtetwurde, dass beim Verfahren ASDA/FOTO, im Ver-gleich zu den übrigen Berechnungsverfahren, deut-lich längere Fahrtzeiten ermittelt wurden, wennmeist auch nur kurzfristig.

Beispiel 3, 14.09.2006; Nordwestkreuz Frankfurt – Westkreuz Frankfurt

Auf diesem nur 2,3 km langen Streckenabschnittkam es am 14.09.2006 ab etwa 18:30 Uhr zu einergut halbstündigen Verkehrsstörung. Die Störungbegann kurz vor dem Westkreuz Frankfurt und er-reichte im weiteren Verlauf relativ schnell stromauf-wärts das Nordwestkreuz Frankfurt. Die zeitlichenVerläufe der von den drei Verfahren berechnetenFahrtzeiten auf dem Streckenabschnitt sind in Bild3.20 dargestellt.

In Tabelle 3.30 sind die zugehörigen minimalen,mittleren und maximalen Fahrtzeiten angegeben,

62

Bild 3.19: Fahrtzeitenvergleich [min] A 5, AS Friedberg – AK Bad Homburg (20.09.2006)

Tab. 3.29: Fahrtzeitenvergleich [min], A 5, AS Friedberg – AKBad Homburg (20.09.2006)

Fahrtzeit [min]

AS Friedberg – AK Bad Homburg

ASDA/FOTO

ddgEINFACHER

ANSATZ

Minimum 5,0 5,2 5,0

Mittelwert 9,9 6,0 5,9

Maximum 16,0 6,8 7,5

Stichprobenumfang 54 54 54

Page 64: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

jeweils hochgerechnet auf die 10 km lange Norm-strecke.

Auch in diesem Fallbeispiel liegen die vom Verfah-ren ddg ermittelten Fahrtzeiten niedriger als bei denVerfahren ASDA/FOTO und EINFACHER ANSATZ,oft sogar deutlich. Bezogen auf die Normstreckevon 10 km beträgt der Unterschied zwischen denVerfahren ASDA/FOTO und ddg im Mittel über 4 Mi-nuten. Der mittlere Abstand zum Verfahren EINFA-CHER ANSATZ ist mit 2,5 Minuten kleiner. Bei denMaximalwerten sind die Unterschiede zwischendem Verfahren ddg und den beiden anderen Ver-fahren besonders auffällig.

Beispiel 4; Wanderbaustelle

Am 26.10.2006 „melden“ mehrere Messquerschnit-te (u. a. Q49GS, Q50GS) im Abschnitt AK Bad

Homburg – Frankfurt einen kurzfristigen Geschwin-digkeitsrückgang, teilweise bis auf 70 km/h. DieseStörung lässt sich auch in den entsprechendenKontrollfahrten erkennen. Sie ist auf eine kleineWanderbaustelle zurückzuführen. Da die räumlicheWirkung dieser Baustelle auf wenige 100 m be-schränkt ist, macht sie sich in Bezug auf die ge-samte Fahrtzeit auf dem Abschnitt praktisch nichtbemerkbar. Anhand der zeitgleich erfolgten Kon-trollmessungen auf der A 5 wird keine Fahrtzeitver-längerung erkannt.

Das Verfahren ASDA/FOTO errechnet für den rele-vanten Zeitbereich keine Fahrtzeitverlängerungen(Verlustzeiten). Das Verfahren ddg errechnet eineFahrtzeitverlängerung von etwa 30 Sekunden ge-genüber der Fahrtzeit ohne Wanderbaustelle. Daim vorliegenden Zeitbereich die Fahrtzeit des Ver-fahrens ddg auch ohne Einfluss der Wanderbau-stelle mit etwa 30 Sekunden geringfügig höher liegtals beim Verfahren ASDA/FOTO, ergibt sich, unterBerücksichtigung der Wanderbaustelle, ein Ge-samtunterschied zwischen beiden Verfahren vonetwa einer Minute. Dieser wird als gering einge-schätzt.

Der von den Messquerschnitten Q49GS undQ50GS festgestellte Geschwindigkeitsrückgangwürde, für sich allein betrachtet, eine Fahrtzeitver-längerung von 3,6 Minuten gegenüber einer unge-störten Fahrt mit einer mittleren Geschwindigkeitvon 120 km/h bedeuten. Dadurch, dass auf demStreckenabschnitt AK Bad Homburg – Nordwest-kreuz Frankfurt jedoch insgesamt acht Messquer-schnitte vorhanden sind, von denen sechs keineoder nur eine unwesentliche Reduzierung der Ge-schwindigkeit melden, verringerte sich die mittlereFahrtzeit auf dem Streckenabschnitt nur unwesent-lich. Folgerichtig melden auch die Berechnungsver-fahren keine Verlustzeiten.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Anzahlund Verteilung der stationären Messquerschnitteinnerhalb einer Strecke von großer Bedeutung fürdie Fahrtzeitberechnungen sind. Die Messquer-schnitte Q49GS und Q50GS liegen etwa in derMitte des Streckenabschnitts. Wäre außer den bei-den Messquerschnitten jeweils nur noch ein weite-rer am Anfang und am Ende des Streckenab-schnitts vorhanden, würde sich bei einer resultie-renden Geschwindigkeit von etwa 90 km/h eineFahrtzeitverlängerung (bezogen auf die 10 km lan-gen Normstrecke) von immerhin 1,7 Minuten erge-ben.

63

Bild 3.20: Fahrtzeitenvergleich [min] A 5, Nordwestkreuz-Frankfurt – Westkreuz-Frankfurt(14.09.2006)

Tab. 3.30: Fahrtzeitenvergleich [min], A 5, Nordwestkreuz-Frankfurt – Westkreuz-F.(14.09.2006)

Fahrtzeit [min]

Nordwestkreuz – Westkreuz

ASDA/FOTO

ddgEINFACHER

ANSATZ

Minimum 5,0 5,0 5,1

Mittelwert 11,7 7,1 9,6

Maximum 31,1 12,2 40,4

Stichprobenumfang 54 54 54

Fahrtzeit hochgerechnet auf die Normstrecke (10 km)

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Empfindlichkeit der Verfahren

Beispiel 5

Am 21.09.2006 werden im Abschnitt AS Friedberg– AK Bad Homburg von den Messquerschnitten imersten Drittel des Abschnitts Geschwindigkeitsab-fälle der Pkw bis zu 80 km/h registriert. Im weiterenStreckenverlauf wurden keine Geschwindigkeitsre-duktionen an den stationären Messquerschnittenmehr beobachtet. Die resultierende Fahrtzeit fürden Gesamtabschnitt beträgt, gemäß dem Verfah-ren EINFACHER ANSATZ, rund 6 Minuten. Diesbedeutet gegenüber der Fahrtzeit bei ungestörtenVerhältnissen eine um 1 Minute verlängerte Fahrt-zeit.

Das Verfahren ASDA/FOTO erkennt anhand deroben genannten Geschwindigkeitsreduktionen anden nur wenigen Messstationen keine Verkehrs-störung und gibt deshalb auch keine Fahrtzeitver-längerung aus. Das Verfahren ddg berechnet fürden entsprechenden Zeitraum eine mit dem Ver-fahren EINFACHER ANSATZ vergleichbare Fahrt-dauer.

Beispiel 6

Am 27.10.2006 gegen 17:20 Uhr erkennt das Ver-fahren ASDA/FOTO auf dem Streckenabschnitt AK Bad Homburg – Nordwestkreuz Frankfurt eineleichte Verkehrsstörung, die etwa eine halbe Stun-de andauert. Das Verfahren berechnet eine Ver-lustzeit für den Gesamtabschnitt von einer Minute.Das Verfahren ddg errechnet für den betrachtetenZeitraum eine etwa gleich hohe Verlustzeit, weistjedoch bereits vor wie auch nach der vom Verfah-ren ASDA/FOTO erkannten Störung Verlustzeitenaus. Das Verfahren EINFACHER ANSATZ ermitteltmit 2,5 Minuten die höchsten Verlustzeiten. Diesevergleichsweise sehr hohen Verlustzeiten des Ver-fahrens EINFACHER ANSATZ sind auf die sehrniedrigen am Messquerschnitt Q45GS gemesse-nen Geschwindigkeiten (bis zu 20 km/h) zurückzu-führen. Südlich des Messquerschnitts Q45GS nor-malisiert sich aber der Verkehrsablauf schnell wie-der, wie die Ergebnisse der MessquerschnitteQ46GS und Q45GS zeigen.

Im Nachhinein ist nicht mehr feststellbar, welcheder ermittelten Verlustzeiten tatsächlich auftraten.Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass kleinere,lokal begrenzte Verkehrsstörungen bei dem Verfah-ren ASDA/FOTO und ddg durch die aufwändigerenBerechnungsalgorithmen weniger stark einfließen.

Schlussfolgerungen

Trotz der zuvor angeführten Beispiele, mit zum Teildeutlichen Unterschieden bei den Verfahren, zei-gen die durchgeführten Datenanalysen insgesamt,dass größere Verkehrsstörungen auf der Test-strecke A 5 von allen drei betrachteten Verfahrenerkannt werden. Die momentane Verkehrssituationwird in der Regel ähnlich wiedergegeben.

Bei freiem Verkehrsfluss, das heißt Geschwindig-keiten größer 80 km/h, weist das VerfahrenASDA/FOTO relativ selten Verlustzeiten aus. Diesliegt offensichtlich im Verfahren selbst begründet,da bei einem freien Verkehrsfluss eigentlich keineVerkehrsstörungen auftreten können. Geringe Ge-schwindigkeitsänderungen an einzelnen sta-tionären Messquerschnitten werden vermutlich vomVerfahren nicht als Verkehrsstörung, die eine Fahrt-zeitverlängerung bewirkt, eingestuft. Eine Berech-nung von Verlustzeiten findet deshalb nicht statt.Die Verfahren ddg und EINFACHER ANSATZ bil-den dagegen den Geschwindigkeitsverlauf unddamit die Größe der Fahrtzeiten auch unter Einbe-ziehung geringerer Geschwindigkeitsänderungenan stationären Messquerschnitten ab. Dies führtdazu, dass im Bereich des freien Verkehrsflussesdie Pkw-Fahrtzeiten etwas differenzierter als beimVerfahren ASDA/FOTO ausgegeben werden. Da-raus resultierende Fahrtzeitunterschiede auf der 10 km langen Normstrecke liegen meistens unter 2Minuten.

Beim Verfahren ASDA/FOTO ändern sich, u. a. be-dingt durch die Rundung der Verlustzeiten auf volleMinutenwerte, die Fahrtzeiten sprunghaft, währenddie Fahrtzeitverläufe der Verfahren ddg und EINFA-CHER ANSATZ dagegen stetiger sind (siehe Bilder3.19 und 3.20).

Gegenüber den Verfahren ASDA/FOTO und EIN-FACHER ANSATZ setzt beim Verfahren ddg die Zu-nahme der Fahrtzeit häufig etwas später ein, hältdafür aber auch entsprechend länger an. Dies kannbei einem minutenscharfen Vergleich der Fahrtzei-ten zu deutlichen Unterschieden führen, obwohl diemittleren Fahrtzeiten während der Verkehrsstörungin etwa gleich sind. Bezogen auf die 10 km langeNormstrecke sind durch den späteren Beginn derVerlustzeitausweisung beim Verfahren ddg Fahrt-zeitunterschiede zu den anderen Verfahren vonmehr als 10 Minuten möglich.

Die angeführten Beispiele zeigen, dass je nach an-gewandtem Berechnungsverfahren, insbesondere

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bei einem gestörten Verkehrsablauf, deutliche Un-terschiede bei den berechneten Fahrtzeiten auftre-ten können. Daraus darf aber nicht abgeleitet wer-den, dass das eine oder das andere Verfahrenimmer falsche Fahrtzeiten berechnet und deshalbgenerell für die Bereitstellung von Daten für Reise-zeitinformation in dWiSta nicht geeignet ist.

Die Erkenntnisse sollten vielmehr als Hinweis da-rauf gedeutet werden, dass bei der Berechnungvon Fahrtzeiten auf Haupt- und Alternativrouten diegleichen Berechnungsverfahren angewendet wer-den. Dies könnte ausschließen, dass im Berech-nungsverfahren begründete Fahrtzeitunterschiedezu einer Fehleinschätzung der Fahrtzeiten aufHaupt- und Alternativroute und damit, bei einer An-zeige in dWiSta, möglicherweise zu einer falschenRoutenempfehlung führen.

3.6.3 Teststrecke A 8

Vorbemerkung

Auf der Teststrecke A 8 werden die VerfahrenMAVE-S, ddg und EINFACHER ANSATZ geprüft. InFahrtrichtung München sind auf der Teststreckeinsgesamt 20 stationäre Messeinrichtungen vor-handen (siehe Bild 3.5), von denen zwei allerdingsnicht in Betrieb waren beziehungsweise keineDaten lieferten (M13, M18). Die Daten der sta-tionären Messeinrichtungen werden von dem Ver-fahren MAVE-S und dem Verfahren EINFACHERANSATZ verwendet. Dem Verfahren ddg standendie an den Messquerschnitten erhobenen Daten,aufgrund fehlender Vereinbarungen mit derStraßenbauverwaltungen Baden-Württemberg2006, nicht zur Verfügung. Die Ergebnisse des Ver-fahrens ddg stützen sich somit ausschließlich aufdas ddg-eigene stationäre Erfassungssystem(SES).

Beispiel 7, 15.09.2006; AS Hohenstadt – AS Merklingen

Am 15.09.2006 herrschten auf der A 8 im AbschnittAS Hohenstadt – AS Merklingen relativ hohe Ver-kehrsstärken, es gab aber keine auffälligen Ver-kehrsstörungen. Der Abschnitt zwischen den An-schlussstellen ist 9 km lang. Die erste stationäreMessstelle (M1) liegt etwa 760 m westlich der ASHohenstadt. Die Streckenlänge zwischen den sie-ben relevanten Messstationen beträgt somit insge-samt 9,760 km. Die mittleren, minimalen und maxi-malen Fahrtdauern auf diesem Abschnitt sind für

den Zeitbereich von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr in Ta-belle 3.31 dargestellt.

Die von den drei Verfahren berechneten Fahrtzei-ten differieren auf der fast 10 km langen Strecke mitweniger als einer Minute nur gering. Die Maximal-werte weichen zwar etwas stärker voneinander ab,der absolute Unterschied liegt aber auch nur beimaximal gut einer Minute. Die unterschiedlichen Er-gebnisse der Verfahren werden im vorliegendenBeispiel insgesamt als gering eingestuft.

Dieses Ergebnis ist, wegen der schlechteren Da-tengrundlage beim Verfahren ddg (deutlich wenigerstationäre Messquerschnitte), nicht unbedingt zuerwarten gewesen. Es zeigt aber, dass, solange einungestörter und gleichmäßiger Verkehrsablaufherrscht, wie er durch die Streckenbeeinflussungs-anlage auf der A 8 erzwungen wird, eine verdichte-te Datenerfassung für die Qualität der berechnetenFahrtzeiten weniger ausschlaggebend ist.

Beispiel 8, 22.09.2006; AS Hohenstadt – AS Merklingen

Am 22.09.2006 wurden im Zeitraum von 5:00 Uhrbis 17:00 Uhr für den Abschnitt AS Hohenstadt – ASMerklingen die in Tabelle 3.32 dargestellten mini-malen, mittleren und maximalen Fahrtzeiten vonden drei Verfahren berechnet.

In Bild 3.21 sind auszugsweise für den Zeitbereichvon 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr die Fahrtzeiten gra-fisch aufgetragen.

Der dargestellte Verlauf ist typisch für die Test-strecke A 8. Die vom Verfahren ddg berechnetenFahrtzeiten sind, wie auch aus Tabelle 3.32 ersicht-lich, um etwa ein bis zwei Minuten kürzer als die derbeiden anderen Verfahren. Die gute Übereinstim-mung zwischen dem Verfahren MAVE-S und dem

65

Tab. 3.31: Fahrtzeitenvergleich [min], A 8, AS Hohenstadt – AS Merklingen (15.09.2006)

Fahrtzeit [min]

AS Hohenstadt – AS Merklingen

ddg MAVE-SEINFACHER

ANSATZ

Minimum 4,6 4,6 4,5

Mittelwert 4,7 5,0 5,3

Maximum 5,3 5,7 6,5

Stichprobenumfang 720 720 720

Fahrtzeit hochgerechnet auf die Normstrecke (10 km)

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Verfahren EINFACHER ANSATZ steht im Zusam-menhang mit der Nutzung derselben und relativdichten Datenbasis.

Die Ursache dafür, dass das Verfahren ddg niedri-gere Fahrtzeiten ermittelt, liegt in einem, auf denAbschnitt bezogenen, inhomogeneren Verkehrsab-lauf im Vergleich zum Beispiel 7. Die an den siebenstationären Messstationen erfassten Pkw-Ge-schwindigkeiten unterliegen einer wesentlichgrößeren Streuung. Sie beträgt im Mittel knapp 30 km/h. Die Verfahren MAVE-S und EINFACHERANSATZ nutzen die Daten aller stationären Mess-querschnitte und erfassen die kleinräumige Ver-kehrssituation deshalb besser als das Verfahrenddg, dem nur zwei Sensoren auf diesem Strecken-abschnitt zur Verfügung stehen.

Es kann aber auch passieren, dass im Fall einerkleinräumigen Verkehrsstörung, die im direkten Er-fassungsbereich eines stationären Messquer-schnitts/Sensors liegt, die Fahrtzeiten für den ge-samten Abschnitt insgesamt überschätzt werden.Das Bild 3.22 zeigt für denselben Streckenabschnittund für denselben Tag ein entsprechendes Bei-spiel.

Die vom Verfahren ddg berechneten Fahrtzeitenliegen für die Dauer von 40 Minuten um 5 bis 6 Mi-

nuten höher als die Fahrtzeiten der beiden anderenVerfahren.

Bei der Analyse der an den stationären Messquer-schnitten erhobenen Pkw-Geschwindigkeiten zeigtsich, dass im entsprechenden Zeitraum Geschwin-digkeitsreduktionen und damit Fahrtzeitverlänge-rungen nur an den Messquerschnitten M6 und M7 aufgetreten sind. Die stromabwärtigen sta-tionären Messquerschnitte zeigten keine Ge-schwindigkeitsverluste mehr. Der MessquerschnittM7 liegt direkt im Bereich der Anschlussstelle Mer-klingen, in der sich auch ein Sensor (Nr. 3505) desddg-eigenen Erfassungssystems SES befindet.Der nächstfolgende SES-Senor liegt über 7 kmweiter stromaufwärts. Die Daten der stationärenMessquerschnitte standen dem Verfahren ddgnicht zur Verfügung.

Die im Vergleich zu den beiden übrigen Verfahrendeutlich längeren Fahrtzeiten des Verfahrens ddgerklären sich dadurch, dass der Einfluss der amSensor 3505 festgestellten Geschwindigkeitsreduk-tion auf die Gesamtfahrtzeit im Abschnitt AS Merk-lingen – AS Ulm-West (Länge 17,3 km) überschätztwird. Dieses wiederum hat seine Ursache in denwesentlich größeren Abständen zwischen denSES-Sensoren als zwischen den stationären Mess-querschnitten. Die am Sensor 3505 gemesseneniedrige, zutreffende Geschwindigkeit wird (muss)auf einen zu langen Streckenabschnitt bezogenwerden. In der Konsequenz ergeben sich offen-sichtlich zu lange Fahrtzeiten.

66

Tab. 3.32: Fahrtzeitenvergleich [min], A 8, AS Hohenstadt – AS Merklingen (22.09.2006)

Fahrtzeit [min]

AS Hohenstadt – AK Merklingen

ddg MAVE-SEINFACHER

ANSATZ

Minimum 4,2 5,2 4,5

Mittelwert 5,0 6,2 6,1

Maximum 6,0 7,6 7,6

Stichprobenumfang 720 720 720

Bild 3.21: Fahrtzeitenvergleich, A 8, AS Hohenstadt – AS Merklingen (22.09.2006)

Bild 3.22: Fahrtzeitenvergleich [min], A 8, AS Hohenstadt – AS Merklingen (22.09.2006)

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Dieses Beispiel zeigt, dass eine ausreichend dichteDatenerfassung für die Qualität der berechnetenFahrtzeiten immer dann eine große Bedeutung hat,wenn der Verkehrsfluss auf dem Abschnitt wenigergleichmäßig oder gar punktuell gestört ist.

Beispiel 9, 20.09.2006; Abschnitt im Bereich der MQ M15 und M16

Im Zuge der Analyse der Daten auf der A 8 zeigtesich, dass das Verfahren MAVE-S Fahrtzeitverlän-gerungen häufig früher, zum Teil deutlich früher er-kennt, als es die Messwerte der stationären Mess-stellen ausweisen. In Bild 3.23 sind für einen Teil-abschnitt zwischen der AS Merklingen und der ASUlm-West die vom Verfahren MAVE-S gemessenenund die anhand der Pkw-Geschwindigkeiten der indiesem Teilabschnitt liegenden MessquerschnitteM15 sowie M16 abgeleiteten Fahrtzeiten darge-stellt. Der Messabschnitt für MAVE-S ist 3,7 kmlang. Er reicht vom Querschnitt M 14 bis zum Quer-schnitt M 16, d. h., er endet etwa 2 km westlich derAS Ulm-West. Die in Bild 3.23 angegebenen Fahrt-zeiten sind auf eine 10 km langen Normstreckehochgerechnet.

Bild 3.23 verdeutlicht beispielhaft, dass das Verfah-ren MAVE-S erste Reisezeitverlängerungen bereitsgegen 5:40 Uhr registriert. Die Reisezeitverlänge-rung wächst in der nächsten Stunde kontinuierlichan. Am Messquerschnitt M15 wird die Verkehrs-störung erst gegen 6:20 Uhr erkannt, am nicht dar-gestellten Querschnitt M14 sogar erst gegen 6:45Uhr. Die hier gemessenen Geschwindigkeiten bre-chen zu diesem Zeitpunkt so stark ein, dass derVerkehr nahezu still steht. Die an diesem Mess-querschnitt abgeleiteten Fahrtzeiten liegen ineinem ähnlichen Bereich wie die vom VerfahrenMAVE-S gemessenen Fahrtzeiten. Am Messquer-schnitt M16 wird die Verkehrsstörung praktischnicht erkannt. Der Verkehr fließt hier mit einer fürden ungehinderten Verkehrsfluss typischen Ge-schwindigkeit.

Im Vergleich zum Messquerschnitt M15 misst dasVerfahren MAVE-S eine stetigere Zunahme derFahrtzeiten. Es liegt nahe, dass die Störungsquellezwischen den beiden Messquerschnitten liegt. MitBeginn der Störung zeigen sich an den Messquer-schnitten M15 und M16 noch keine Auswirkungen,die gemessenen Geschwindigkeiten liegen hiernoch im Bereich des freien Verkehrsflusses. DieVerkehrsstörung nimmt im Laufe der Zeit zu undmacht sich im Bereich des stromaufwärts gelege-

nen Messquerschnitts M15 schlagartig (um 06:22Uhr) bemerkbar. Das Verfahren MAVE-S misst dieFahrtzeit zwischen beiden Messquerschnitten di-rekt und erkennt deshalb auch geringe Verlänge-rungen früh.

Die Unterschiede in den berechneten Fahrtzeitenkönnen, wie Bild 3.23 zeigt, sehr groß werden. Soliegt um 6:20 Uhr die für den Messquerschnitt M15berechnete Fahrtzeit bei gut 6 Minuten, währendnach dem Verfahren MAVE-S zu diesem Zeitpunktbereits mehr als 50 Minuten berechnet werden.

Ausfälle beim Verfahren MAVE-S

Bild 3.23 zeigt einen weiteren Effekt, der beim Ver-fahren MAVE-S auf der Teststrecke A 8 mehrfach be-obachtet wurde. Die gemessenen Reisezeiten errei-chen gegen 6:45 Uhr ihr Maximum, unmittelbar da-nach liefert das Verfahren keine Reisezeiten mehrbeziehungsweise das System fällt aus. Im konkretenFall dauerte der Ausfall mehrere Stunden an.

Für den Ausfall können zwei Gründen ursächlichsein. Im Fall eines Stop-and-go-Verkehrs odereines Verkehrsstillstands können die Fahrzeugebeziehungsweise Fahrzeuggruppen an den einzel-nen Messquerschnitten nicht mehr sicher identifi-ziert werden. Die für eine sichere Identifikation er-forderliche Mindestgeschwindigkeit liegt nach Aus-sagen des System-Herstellers bei etwa 15 km/h.Fällt die mittlere Geschwindigkeit im Messabschnittdarunter, sind Messungen der Reisezeit unzuver-lässig oder nicht mehr möglich. Ein zweiter Grundkann in einem technischen Versagen eines Sys-temteils liegen.

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Bild 3.23: Fahrtzeitenvergleich [min], A 8, Abschnitt MQ M15 und MQ M16 (20.09.2006)

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Im Rahmen der Analyse wurden die Ausfälle miteiner Mindestdauer von 5 Minuten ermittelt. Siesind für den Abschnitt AS Hohenstadt – AS Merklin-gen in Tabelle 3.33 und für den folgenden Abschnittbis zur AS Ulm-West in Tabelle 3.34 dargestellt. Derin Bild 3.23 betrachtete Abschnitt entspricht einemTeilbereich des MAVE-S-Messabschnitts MS 7 (vgl.Bild 3.5) in der Tabelle 3.34.

Die in den Tabellen 3.33 und 3.34 angegebenenAusfallzeiten für die einzelnen Messabschnitte desVerfahrens sind sehr unterschiedlich lang. Als be-sonders problematisch erweisen sich im Strecken-abschnitt AS Merklingen – AS Hohenstadt der Messabschnitt MS 3 und im weiteren Verlauf bis zurAS Ulm-West die MAVE-S-Messabschnitte MS 7und MS 8. Alle drei Abschnitte sind an mehrerenTagen über Stunden ausgefallen. Ausfälle hat esauf allen betrachteten Messabschnitten gegeben.

Aus Sicht der Eignung der Verfahren für die Anga-ben von Reisezeiten in dWiSta sind diese Ausfälleproblematisch. Zum einen fehlen die Daten für die

Generierung von Reisezeitinformationen, zum an-deren ist nicht sicher, ob die berechneten Fahrtzei-ten zutreffend sind. Der sprunghafte Anstieg derFahrtzeit gegen 6:45 Uhr (vgl. Bild 3.23) von rund80 Minuten auf knapp 150 Minuten ist wenig glaub-haft.

Ausfälle des Systems MAVE-S traten mehrfach beigrößeren Verkehrsstörungen auf. Gerade bei Ver-kehrsstörungen ist aber ein Ausfall eines Berech-nungsverfahrens kritisch, da Reisezeitinformatio-nen in dWiSta nur bei Verkehrsstörungen angezeigtwerden sollen.

Nach Aussagen des System-Herstellers gab es imSeptember 2006 zeitweise technische Probleme,die Ausfälle bei der Reisezeitmessung begünstig-ten, zwischenzeitlich aber behoben worden sind.Die derzeitige Verfügbarkeit der Reisezeitmessun-gen liegt nach Aussagen des Herstellers bei 95 %und höher.

Die auf der A 8 vom Verfahren MAVE-S gemesse-nen Reisezeiten werden mit zur Steuerung derStreckenbeeinflussungsanlage verwendet. Miteinem Ausfall der Reisezeitmessung ist aber nichtzwangsläufig verbunden, dass am Messquerschnittgenerell keine Verkehrskenngrößen mehr erhobenwerden können. In der Regel stehen die lokal ge-messenen Verkehrskenngrößen (q und v) auchweiterhin zur Verfügung. Fehlende Reisezeitmes-sungen werden durch Alternativstrategien, in diedie lokalen Verkehrskenngrößen einfließen, kom-pensiert.

Beispiel 10, 20.09.2006; AS Merklingen – AS Ulm-West

Im Bild 3.24 sind für den Abschnitt AS Hohenstadt– AS Merklingen die von den Verfahren MAVE-S,ddg und EINFACHER ANSATZ ermittelten und aufdie 10 km lange Normstrecke hochgerechnetenFahrtzeiten dargestellt. Die Fahrtzeitverläufe unter-scheiden sich, zeitweise deutlich.

Zunächst ist festzustellen, dass Fahrtzeitverlänge-rungen vom Verfahren MAVE-S erheblich früher be-merkt werden als von den beiden anderen Verfah-ren. Die kontinuierliche Fahrtzeitzunahme beimVerfahren MAVE-S entspricht dem häufigen Fall,dass sich eine Störung langsam aufbaut, z. B.durch eine stetige Verkehrszunahme, wie sie imdargestellten Zeitbereich unterstellt werden kann(Berufsverkehr).

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Tab. 3.33: Ausfälle > 5 Minuten, Verfahren MAVE-S, AS Hohenstadt – AS Merklingen

Datum

AS Hohenstadt – AS Merklingen

Gesamtausfallzeit [min]

MS 1 MS 2 MS 3

14.09.2006 38 0 1.436

15.09.2006 29 0 1.436

16.09.2006 46 0 1.436

17.09.2006 70 0 1.330

20.09.2006 66 38 724

22.09.2006 22 0 114

23.09.2006 199 96 116

Tab. 3.34: Ausfälle > 5 Minuten, Verfahren MAVE-S, AS Hohenstadt – AS Ulm-West

Datum

AS Hohenstadt – AS Ulm-West

Gesamtausfallzeit [min]

MS 4 MS 5 MS 6 MS 7 MS 8

14.09.2006 2 0 253 1.181 1.413

15.09.2006 10 0 0 1.143 1.436

16.09.2006 98 0 7 927 1.382

17.09.2006 72 0 0 963 1.404

20.09.2006 96 147 333 1.033 1.396

22.09.2006 79 31 355 1.273 1.231

23.09.2006 73 0 19 84 5

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Auffällig ist jedoch, dass nach der maximalenFahrtzeit (etwa 6:40 Uhr) die vom VerfahrenMAVE-S berechneten Fahrtzeiten schlagartig aufden Normalwert abfallen. Dies hängt damit zusam-men, dass der für die Fahrtzeitverlängerung maß-gebende MAVE-S-Abschnitt ausfiel. In den dannzur Fahrtzeitberechnung herangezogenen beiden,stromaufwärts gelegenen MAVE-S-Messabschnit-ten war der Verkehrsfluss nicht oder nur wenig ge-stört. Die auf dieser Grundlage berechneten Fahrt-zeiten waren aber nicht mehr repräsentativ für denGesamtabschnitt, weil die Störung unberücksich-tigt blieb.

Das Verfahren EINFACHER ANSATZ weist Fahrt-zeitverlängerungen von 10 bis 15 Minuten für mehrals zwei Stunden Dauer aus. Erst gegen 9:15 Uhrhat sich die Verkehrslage auf dem gesamten Ab-schnitt wieder normalisiert.

Die vom Verfahren EINFACHER ANSATZ ermittel-ten Fahrtzeiten stützen sich auf neun stationäreMessquerschnitte (Fahrtzeiten von MAVE-S in die-sem Fall nur auf zwei MAVE-S-Messabschnitte).

Das Verfahren ddg ermittelt eine ähnlich langeStörungsdauer wie das Verfahren EINFACHER AN-SATZ. Die maximalen Fahrtzeitverlängerungenwerden vom Verfahren ddg gegenüber dem Verfah-ren EINFACHER ANSATZ um bis zu 10 Minutenkürzer berechnet. Dieser Unterschied erklärt sichaus der Tatsache, dass für den gesamten Strecken-abschnitt lediglich zwei Sensoren Eingangsdatenfür die Berechnungen lieferten.

Das Beispiel zeigt deutlich den Einfluss der an denstationären Messquerschnitten erfassten Daten aufdie Ergebnisse der Berechnung.

Schlussfolgerungen

Bei einem ungestörten Verkehrsfluss ist der Ab-stand der Messstationen für die Güte der berech-neten Fahrtzeiten der Berechnungsverfahren weni-ger ausschlaggebend. Auf der Kontrollstrecke A 8unterscheiden sich die Fahrtzeiten des Verfahrensddg, mit einem mittleren Abstand der Messquer-schnitte von rund 4 km, kaum von denen der Ver-fahren MAVE-S und EINFACHER ANSATZ. BeimVerfahren EINFACHER ANSATZ liegt der mittlereAbstand der Messquerschnitte bei weniger als 2 kmund beim Verfahren MAVE-S, wie auch beim Ver-fahren ddg, bei etwa 4 km.

Ändert sich die Verkehrssituation und kommt es zueinem inhomogenen Verkehrsablauf oder gar zuStörungen, weichen die berechneten Fahrtzeitendes Verfahrens ddg auf der Teststrecke A 8 wegender deutlich längeren Abstände zwischen den ein-zelnen Sensorstandorten häufiger von denen derbeiden übrigen Verfahren ab. Dabei sind sie, dieszeigen die durchgeführten Untersuchungen, so-wohl kürzer als auch länger.

Das Verfahren MAVE-S ist in der Lage, die Fahrt-zeiten bis zu einer unteren Grenzgeschwindigkeitvon etwa 15 km/h mit einer hohen Genauigkeit zuerfassen. Die relativ hohe Ausfallhäufigkeit von Systemkomponenten im Zuge der Teststrecke hatsich als Schwachpunkt erwiesen. Auch wenn diekonkreten Fehlerursachen auf der Teststrecke mitt-lerweile behoben sein sollen, sind Ausfälle, unab-hängig vom Verfahren, kritisch zu sehen. Dies giltbei MAVE-S in noch stärkerem Maße als bei denübrigen Verfahren, weil das Verfahren MAVE-Sgrundsätzlich größere Abstände zwischen denMessquerschnitten zulässt als die anderen Verfah-ren. Der Verlust von Informationen auf der Streckeerschwert die Einschätzung der Gesamtsituation.Dies gilt umso mehr, je länger die Streckenab-schnitte sind.

3.6.4 Teststrecke A 42

Vorbemerkung

Auf der Teststrecke A 42 wurden alle in den Testeinbezogenen Verfahren OLSIM, ddg,ASDA/FOTO, EINFACHER ANSATZ und MAVE-Seingesetzt. Dabei gilt die Einschränkung, dass dasVerfahren MAVE-S nur auf einem Teilstück derTeststrecke, zwischen der AS Castrop-Rauxel-Bla-denhorst und dem AK Castrop-Rauxel-Ost instal-liert war. Die Anschlussstellenfolge auf der Test-

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Bild 3.24: Fahrtzeitenvergleich, A 8, AS Hohenstadt – AS Merklingen (20.09.2006)

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strecke ist mit weniger als zwei Kilometern sehrdicht, zwischen zwei Anschlussstellen befindet sichjeweils etwa mittig eine stationäre Messstelle. DasVerfahren ddg kann zusätzlich auf vier ddg-eigenestationäre Verkehrserfassungssensoren zurück-greifen (siehe Bild 3.6).

Während der gut zweiwöchigen Kontrollbeobach-tung herrschte auf der A 42 überwiegend freier Ver-kehrsfluss. Die von den Verfahren OLSIM und ddgermittelten Fahrtzeiten liegen überwiegend in glei-cher Größenordnung. Damit werden auch die imRahmen der Kontrollmessungen erzielten Ergeb-nisse beider Verfahren bestätigt (vgl. Kapitel 3.6.3und 3.6.4). Die Unterschiede in den ermitteltenFahrtzeiten auf der 10 km langen Normstrecke lie-gen meist deutlich unter einer Minute. Dies gilt auchfür die Verfahren ASDA/FOTO und EINFACHERANSATZ.

Trotz der guten Übereinstimmung der Ergebnisseder Verfahren gibt es auch Zeitbereiche, in denengrößere Abweichungen bei der Fahrtzeitermittlungauftreten. Auf zwei Beispiele wird nachfolgendnäher eingegangen.

Beispiel 11, 18.09.2006; AS Castrop-Rauxel – AK Castrop-Rauxel-Ost

Am 18.09.2006 kam es auf dem Abschnitt AS Cas-trop-Rauxel – AK Castrop-Rauxel-Ost in der Zeitvon 8:00 Uhr bis 9:00 Uhr zu einer etwa einstündi-gen Verkehrsstörung, die von allen vier Verfahrenerkannt wurde. Die von den Verfahren ermitteltenFahrtzeiten für diesen Zeitbereich sind in Bild 3.25,hochgerechnet auf die 10 km lange Normstrecke,

dargestellt. Bei einem ungestörten Verkehrsflussliegt die Fahrtzeit bei 6 Minuten (100 km/h).

Die von den Verfahren OLSIM und ddg ermitteltenFahrtzeiten unterscheiden sich nur wenig. Der Mit-telwert (Betrachtungszeitraum 8:00 Uhr bis 9:10Uhr) liegt beim Verfahren ddg mit 18,5 Minuten nureine halbe Minute höher als beim VerfahrenOLSIM. Allerdings wird, verglichen mit dem Verfah-ren OLSIM, der starke Anstieg der Störung beimVerfahren ddg etwa 5 bis 10 Minuten später erkanntund hält auch um diese Zeitspanne länger an.

Die vom Verfahren ASDA/FOTO ermittelten Fahrt-zeiten liegen im Mittel um etwa 6 Minuten überdenen des Verfahrens OLSIM beziehungsweise 6,5 Minuten über denen des Verfahrens ddg. Be-ginn und Ende des Anstiegs der Größe der Ver-kehrsstörung werden vom Verfahren ASDA/FOTOetwa zum gleichen Zeitpunkt wie beim VerfahrenOLSIM detektiert.

Einen gänzlich anderen Verlauf der Verkehrs-störung ergibt das Verfahren EINFACHER AN-SATZ, in dem die am Messquerschnitt MQ 0562ogemessene Pkw-Geschwindigkeit auf den gesam-ten Abschnitt übertragen wird. Demnach beträgt dieFahrtzeit auf dem Abschnitt bereits um 8:00 Uhretwa 60 Minuten und nimmt im weiteren Verlauf inunterschiedlichem Umfang ab. Das zeitliche Endeder Verkehrsstörung wird auch vom Verfahren EINFACHER ANSATZ übereinstimmend mit denanderen Verfahren erkannt.

Während der Verkehrsstörung fanden mehrereKontrollfahrten statt (siehe Bild 3.25), die in Tabelle3.35 näher beschrieben sind. Sie bestätigengrundsätzlich die Ergebnisse der Verfahren OLSIM,ddg und ASDA/FOTO.

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Tab. 3.35: Kontrollfahrten A 42, AS Cas.-Rauxel – AK Cas.-Rauxel (18.09.2006)

Kontrollfahrt

AS Castrop-Rauxel – AK Castrop-Rauxel

Fahrtzeit*)[min]

V-Mittel [km/h]

V-Min [km/h]

07:16**) 7,4 81,3 66

07:56 14,1 42,5 6

08:23 27,0 22,2 7

08:51 17,3 34,6 13

09:13 6,5 92 94

*) Fahrtzeit hochgerechnet auf die Normstrecke (10 km)

**) Uhrzeit bei Einfahrt in den Abschnitt

Bild 3.25: Hochgerechnete Fahrtzeiten A 42,AS Cas.-Rauxel – AK Cas.-Rauxel-Ost (18.09.2006)

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Nach dem Verlauf und der Größe der vom Verfah-ren EINFACHER ANSATZ ermittelten Fahrtzeitentrat gegen 08:30 Uhr eine sehr große Verkehrs-störung auf, die sehr lange Fahrtzeiten nach sichzog. Diese langen Fahrtzeiten werden von keinemanderen Verfahren und auch von keiner währendder Störung stattgefundenen Kontrollfahrten wider-gespiegelt.

Die Ursache hierfür liegt darin, dass im Bereich derstationären Messstelle die minimalen Geschwindig-keiten aufgetreten sind. Bei der einfachen Nutzungder lokal gemessenen Geschwindigkeit, als reprä-sentative Geschwindigkeit für den Gesamtab-schnitt, werden die minimalen Geschwindigkeitenim Bereich des stationären Messquerschnitts in die-sem Beispiel überbewertet, da die Verkehrsstörungnur einen Teilbereich des Gesamtabschnitts er-fasste. Die Folge davon sind zu hohe Fahrtzeiten.Die vom Verfahren EINFACHER ANSATZ ermittel-ten Geschwindigkeiten wären in diesem Fall weni-ger geeignet, um als Reisezeitanzeigen in dWiStaverwendet zu werden.

Die Fahrtzeit der Kontrollfahrt um 8:23 Uhr (27 Mi-nuten) wird von den Verfahren OLSIM und ddg umetwa 7 Minuten unterschritten. Demgegenüber ent-spricht die vom Verfahren ASDA/FOTO berechneteFahrtzeit der der Kontrollfahrt. Gegen Ende derVerkehrsstörung kommt es zu einem umgekehrtenErgebnis. Die Kontrollfahrt (8:51 Uhr) bestätigt dievon den Verfahren OLSIM und ddg ermitteltenFahrtzeiten, während die vom Verfahren ASDA/FOTO berechnete Fahrtzeit um etwa 9 Minutenunter der Kontrollfahrtzeit liegt.

Die relativ großen Abweichungen in den Fahrtzei-ten (bis zu 30 %) der drei Verfahren, lässt man dasVerfahren EINFACHER ANSATZ außer Acht, deu-ten an, dass die Zuverlässigkeit der berechnetenReisezeiten bei Verkehrsstörungen noch verbes-sert werden sollte. Fahrtzeitunterschiede von 8 Mi-nuten können bei der Wahl für bzw. gegen die Emp-fehlung einer Alternativroute bedeutsam sein.

Hinweise darauf, welches der drei Verfahren Vortei-le gegenüber den andern Verfahren hat, lassen sichaufgrund zu geringer Kontrollwerte aber nicht zie-hen.

Beispiel 12, 23.10.2006; Baustelle im Abschnitt AS Herne-Baukau – AS Herne-Horsthausen

Am 23.10.2006 wurde im Abschnitt Herne-Baukau– Herne-Horsthausen gegen Mittag eine Baustelle

eingerichtet. Es wurde der Hauptfahrstreifen ge-sperrt, sodass der gesamte Verkehr die Baustelleauf dem Überholfahrstreifen passieren musste.Während der Baumaßnahme herrschte zeitweisestarker Regen. Die von den Verfahren OLSIM, ddg,ASDA/FOTO und EINFACHER ANSATZ ermitteltenFahrtzeiten für diesen Zeitbereich sind in Bild 3.26,hochgerechnet auf die 10 km lange Normstrecke,dargestellt. Bei einem ungestörten Verkehrsflusswürde die Fahrtzeit bei 6 Minuten (100 km/h) lie-gen.

Alle Verfahren erkennen die durch die Baustellebedingte Verkehrsstörung. Allerdings sind zwi-schen den einzelnen Verfahren zum Teil große Ab-weichungen der berechneten Fahrtzeiten festzu-stellen.

Das Verfahren ddg erkennt, wie auch schon im vor-herigen Beispiel, die Verkehrsstörung und die da-durch bedingte Fahrtzeitverlängerung im Vergleichzu den übrigen Verfahren um etwa 10 bis 15 Minu-ten zeitversetzt. Die Fahrtzeiten des Verfahrensddg liegen, mit wenigen Ausnahmen, unter denender anderen Verfahren. Meistens ist der Abstandgroß und kann in Extremfällen über 20 Minuten be-tragen.

Verglichen mit den Fahrtzeitverläufen der anderenVerfahren sind die vom Verfahren ddg berechnetenZeiten relativ stetig. Die drei übrigen Verfahren wei-sen dagegen innerhalb kurzer Zeiträume große Un-terschiede bei den berechneten Fahrtzeiten auf. Sofallen beispielsweise beim Verfahren ASDA/FOTOgegen 14:00 Uhr die berechneten Zeiten innerhalbweniger Minuten von 40 Minuten auf 20 Minutenab, um kurz darauf wiederum auf 40 Minuten anzu-

71

Bild 3.26: Hochgerechnete Fahrtzeiten A 42, AS H.-Baukau – AS-H.-Horsthauen (23.10.2006)

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steigen. Auch die Fahrtzeitverläufe der VerfahrenOLSIM und EINFACHER ANSATZ schwanken,wenn auch nicht im gleichen Maße wie beim Ver-fahren ASDA/FOTO.

Auffällig bei den Fahrtzeitverläufen ist, dass dieFahrtzeiten der Verfahren OLSIM und EINFACHERANSATZ sehr gut übereinstimmen. Diese guteÜbereinstimmung zwischen beiden Verfahren fin-det sich auch in vielen anderen Zeitbereichen wie-der.

Die von den Verfahren ermittelten maximalenFahrtzeiten werden durch die durchgeführten Kon-trollfahrten grundsätzlich bestätigt (siehe Tabelle3.36).

Bei der Kontrollfahrt um 13:59 Uhr wurde als maxi-male Fahrtzeit eine Dauer von knapp 47 Minutenermittelt. Die Werte der vorherigen und nachfolgen-den Kontrollfahrt kommen mit 25 beziehungsweise35 Minuten den Ergebnissen der Verfahren OLSIM,ASDA/FOTO und EINFACHER ANSATZ näher alsdenen des Verfahrens ddg.

Aus Sicht der Anzeige von Reisezeitinformationenin dWiSta sind allerdings die großen Schwankun-gen der berechneten Reisezeiten nicht ganz unpro-blematisch. Die zum Teil sehr großen Fahrtzeitun-terschiede innerhalb weniger Minuten könntendazu führen, dass bei einer konstanten Reisezeitauf der Alternativroute mal die Alternativroute undmal die Hauptroute günstiger wären. Bei einer kon-sequenten Anwendung der Reisezeitinformationenmüsste dann in den dWiSta die Umleitungsempfeh-lung für wenige Minuten angezeigt und dann wiederausgeblendet werden. Dieser Vorgang könnte sichmehrfach wiederholen.

Schlussfolgerungen

Die Teststrecke A 42 unterscheidet sich in ihrerCharakteristik von den beiden übrigen. Einerseitssind die Anschlussstellenabstände mit rund 2 kmsehr gering und andererseits gibt es in jedemStreckenabschnitt (von Anschlussstelle zu An-schlussstelle) jeweils nur einen Messquerschnitt.Der Abstand zwischen den einzelnen Messquer-schnitten entspricht damit etwa dem Anschlussstel-lenabstand. Obwohl die Messquerschnitte nichtübermäßig weit auseinander liegen, zeigt sich,dass unter bestimmten Voraussetzungen die Ver-kehrssituation nicht oder nur ungenügend erkanntwird. Dies betrifft insbesondere das Verfahren EINFACHER ANSATZ, das die lokal gemesseneGeschwindigkeit an einem Messquerschnitt als re-präsentativ für den Streckenabschnitt unterstellt.Trifft dies nicht zu, weil z. B. die Verkehrsstörungdas Geschwindigkeitsverhalten nur auf einem Teil-abschnitt beeinflusst, werden zu lange Fahrtzeitenberechnet. Diese Gefahr ist auf den übrigen Test-strecken nicht in gleichem Maße gegeben, da diemaßgebende Fahrtzeit auf einem Streckenab-schnitt als Summe der Fahrtzeiten auf den einzel-nen Teilabschnitten errechnet wird. Eine fehlerhafteFahrtzeit eines Teilabschnitts wirkt sich bei derSummenbildung für den Gesamtabschnitt (von ASzu AS) weniger gravierend aus als im Fall der A 42,wo ein Gesamtabschnitt nur aus einem Teilab-schnitt besteht.

Die Verfahren OLSIM und ddg berechnen sowohlbei gestörtem als auch ungestörtem VerkehrsflussFahrtzeiten in ähnlicher Größenordnung. Wie auchbei den anderen Teststrecken zeigt sich beim Ver-fahren ddg, dass Fahrtzeitverlängerungen im Ver-gleich zum Verfahren OLSIM zeitlich etwas spätereinsetzen, dafür aber etwas länger anhalten.

Bei beiden Verfahren zeigt sich überwiegend eineAffinität der berechneten Fahrtzeiten zu den an-hand der lokal gemessenen Geschwindigkeiten ab-geleiteten Fahrtzeiten.

3.7 Fahrtzeitangaben bei gestautemVerkehr

Bei gestörtem Verkehrsfluss sind bei der Fahrtzeit-berechnung zwei Fälle zu unterscheiden. Im Fall 1sind alle Fahrstreifen einer Richtungsfahrbahn vonder Verkehrsstörung etwa in gleichem Maße betrof-fen. Im Fall 2 stellt sich auf den einzelnen Fahr-streifen ein sehr unterschiedlicher Verkehrsablauf

72

Tab. 3.36: Kontrollfahrten A 42, AS H.-Baukau – AS-H.-Horsthauen (23.10.2006)

Kontrollfahrt

AS H.-Baukau – AS-H.-Horsthauen

Fahrtzeit*)[min]

V-Mittel [km/h]

V-Min [km/h]

13:12 7,6 79,1 50

13:35 24,8 24,2 1

13:59 46,9 12,8 0

14:28 34,6 17,4 4

14:54 10,1 59,3 6

15:16 5,7 104,7 102

*) Fahrtzeit hochgerechnet auf die Normstrecke (10 km)

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ein. Die daraus resultierenden Konsequenzen fürdie Fahrtzeitberechnung werden nachfolgend er-läutert.

Fall 1 – Stau über den gesamten Fahrbahnquer-schnitt

Bei einem gestörten Verkehrsfluss sinkt das Ge-schwindigkeitsniveau stark ab, die Geschwindigkeitliegt gemäß MARZ unter 30 km/h. Die Messungniedriger Geschwindigkeiten durch Induktivschlei-fen stellt kein generelles Problem dar. Allerdingsschwanken die gemessenen Geschwindigkeitenbei gestörtem oder gar gestautem Verkehr mehr alsbei hohen Geschwindigkeiten, dies zeigen dieDaten der stationären Messquerschnitte, insbeson-dere bei Stop-and-go-Verkehr, bei dem Geschwin-digkeiten von 0 bis 30 km/h auftreten. Geschwin-digkeitsunterschiede von 100 % (oder mehr) zwi-schen zwei aufeinander folgenden Messungen (Mi-nutenintervallen) sind keine Seltenheit. Auch wennrelativ kleine Geschwindigkeitsunterschiedezunächst unkritisch erscheinen, können sie die be-rechneten Fahrtzeiten, absolut gesehen, stark be-einflussen. Bei lokal erfassten Geschwindigkeitenvon beispielsweise 24 km/h und 12 km/h, derenGültigkeit für den folgenden Streckenabschnitt un-terstellt ist, verdoppelt sich die Fahrtzeit. Bezogenauf die 10 km lange Normstrecke beträgt die Fahrt-zeit im ersten Fall 50 min, im zweiten dagegen „nur“noch 25 min. Selbst bei einem deutlich kürzerenStreckenabschnitt als die unterstellten 10 km erge-ben sich hohe Fahrtzeitunterschiede, die die Emp-fehlung einer Alternativroute möglicherweise er-schweren.

Ein weiteres Problem entsteht, wenn der Verkehrs-fluss vollständig zum Stehen kommt. Die Berech-nungsverfahren müssen zunächst erkennen, ob dieam Messquerschnitt bereitgestellten Daten (Q = 0,V = 0) richtig sind oder auf einer Detektorstörungberuhen. Denkbar ist zum Beispiel, dass der Ver-kehr über den Standstreifen geführt wird und des-halb keine Verkehrskenngrößen über die Induk-tivschleifen ermittelt werden. Unterstellt man, dassdie Berechnungsverfahren Detektorstörungen zu-verlässig erkennen und diese Daten nicht verwen-den, bleibt die Frage offen, wie die Berechnungs-verfahren das Problem inhaltlich lösen, wenn einMessquerschnitt „Q = 0 und V = 0“ meldet.

In einem Netzabschnitt können Fahrzeuge trotzeines Verkehrsstillstands, der zunächst örtlich be-grenzt ist, bis zu einem Grenzzeitpunkt stromauf-

wärts/stromabwärts des Störungsortes noch flie-ßen. Die Berechnung von Fahrtzeiten ist möglich,da entsprechende Verkehrskenngrößen der sta-tionären Messquerschnitte vorliegen. Die Ausgabeeiner solchen Fahrtzeit wäre aber nicht sinnvoll,weil Verkehrsteilnehmer über dWiSta stromauf-wärts des Störungsortes informiert werden und dasPassieren des Störungsortes nicht möglich ist.

Das bedeutet, dass bereits bei nur einer Messquer-schnittsmeldung „Q = 0 und V = 0“, auch wenn dieübrigen Messstellen (noch) fließenden Verkehr mel-den, die berechneten Fahrtzeiten für die Anzeige indWiSta problematisch oder nicht mehr nutzbarsind. Solche Fälle sollten von den Berechnungsver-fahren erkannt werden können, entsprechend ge-kennzeichnet und bei der Schaltung von Reisezeit-informationen berücksichtigt werden. Um zu verhin-dern, dass bei Stop-and-go-Verkehr kurzfristigFahrtzeiten berechnet und dann wieder nicht be-rechnet werden, ist es zweckmäßig, eine zeitlicheMindestdauer, z. B. drei Minuten, für den Verkehrs-zustand „stehend“ und „fließend“ zu definieren.

Wenn für einen Streckenabschnitt keine Fahrtzeitermittelt werden kann, ist eine Anzeige von Reise-zeitinformationen in dWiSta mit „x-Minuten-Gewinn“nicht mehr möglich, weil der entsprechende Ver-gleichswert nicht zur Verfügung steht. Die alleinigeAnzeige einer Fahrtzeit auf der Alternativroute wirdals nicht sinnvoll erachtet. Im Fall, dass die Streckenicht mehr passierbar ist, sollte anstelle derStaulänge in dWiSta angezeigt werden, dass derVerkehr hinter der Anschlussstelle x zum Erliegengekommen ist. Auf Fahrtzeitangaben sollte in die-sem Fall ganz verzichtet werden.

Es ist nicht bekannt, wie die Verfahren im Einzelnenauf die genannten Problemfelder reagieren. Die imKapitel 3.6 zusammengestellten Beispiele zeigen,dass bei gestörtem Verkehrsfluss die berechnetenFahrzeiten eines Verfahrens höher und niedrigersein können als bei einem zweiten Verfahren, ohnedass darin eine „Regelmäßigkeit“ erkannt wurde.Dies zeigt, dass für eine abschließende Beurteilungder Verfahren bei gestörtem Verkehrsfluss die ana-lysierten Daten und angetroffenen Verkehrszustän-de im Praxistest nicht ausreichen.

Fall 2 – Stau nur auf einzelnen Fahrstreifen

Probleme bei der Fahrtzeitermittlung können danneintreten, wenn der Verkehrsfluss auf den einzel-nen Fahrstreifen sehr unterschiedlich ist. Dies kannz. B. dann der Fall sein, wenn sich auf dem rechten

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Fahrstreifen, infolge eines ungenügenden Abflus-ses an einer Anschlussstelle, ein Rückstau bildet. Ineinem solchen Fall kann die Geschwindigkeit aufdem rechten Fahrstreifen sehr stark absinken,während sie auf dem Überholfahrstreifen deutlichhöher liegt. Mit der Anzahl der Fahrstreifen wach-sen auch die Geschwindigkeitsdifferenzen auf deneinzelnen Fahrstreifen an. So lagen beispielsweisedie Geschwindigkeiten auf der A 42 am 23.10.2007während des Staus nördlich der AS Castrop-Rauxelim Mittel um Faktor 2,4 unter denen auf dem Haupt-fahrstreifen. Eine vergleichbare Situation ergabsich auch auf der A 5 vor der Ausfahrt AK Bad Hom-burg (siehe Beispiel 2 in Kapitel 3.6.2). Währendauf dem rechten Fahrstreifen zeitweise nur noch 10 km/h gefahren werden konnte, lagen sie aufdem mittleren deutlich über 50 km/h und auf demlinken sogar deutlich über 70 km/h.

Fahrzeuge, die einen Netzabschnitt ohne Abbiegendurchfahren, nutzen normalerweise den mittlerenoder den linken Fahrstreifen. Von den sehr niedri-gen Geschwindigkeiten, das heißt sehr langenFahrtzeiten, auf dem rechten Fahrstreifen sind sienicht betroffen. Die Zusammenführung der fahr-streifenbezogenen Einzelgeschwindigkeiten zueiner mittleren Pkw-Geschwindigkeit für den Ge-samtquerschnitt führt dazu, dass sich für Durchfah-rer zu niedrige Geschwindigkeiten und damit zulange Fahrtzeiten ergeben. Für abbiegende Ver-kehrsteilnehmer stellt sich die Situation genau an-dersherum dar. Damit wird für beide Ströme prinzi-piell eine unzutreffende Fahrtzeit ermittelt, die, wienachfolgendes Berechnungsbeispiel zeigt, einedurchaus nennenswerte Größe erreichen kann.

Wird beispielsweise an einem Messquerschnitt aufdem rechten Fahrstreifen während einer Minute nurein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 10 km/hdetektiert und passieren auf dem Überholfahrstrei-fen in derselben Zeit fünf Fahrzeuge mit einer Ge-schwindigkeit von jeweils 50 km/h den Messquer-schnitt, beträgt die resultierende Geschwindigkeitaller Fahrzeuge genau 30 km/h. Die Fahrtzeiten aufder 10 km langen Normstrecke betragen bei 10 km/h60 Minuten, bei 30 km/h 20 Minuten und bei 50 km/h12 Minuten. Für durchfahrende Kraftfahrer auf demÜberholfahrstreifen würden in diesem Fall, bei einerEinbeziehung beider fahrstreifenbezogenen Mess-geschwindigkeiten, eine um 8 Minuten zu hoheFahrtzeit und für abbiegende Kraftfahrer sogar eineUnterschätzung von 40 Minuten ermittelt. Auch beieiner deutlich kürzeren Bezugslänge ergeben sichbeachtliche Fehleinschätzungen der Fahrzeiten.

Im Hinblick auf die Anzeige von Reisezeitinforma-tionen in dWiSta ist es deshalb wünschenswert,solche Einflüsse zu erkennen und zu berücksichti-gen. Dies ist insbesondere bei abzweigenden Alter-nativrouten an Autobahndreiecken und Autobahn-kreuzen wichtig, wenn sich ein zum durchgehendenVerkehrsstrom anderer Verkehrsfluss einstellt. Sol-che neuralgischen Punkte im Autobahnnetz sindüblicherweise bekannt. Sollte eine Berechnung vonzwei entsprechenden Fahrtzeiten für einenStreckenabschnitt (durchgehender Strom und ab-biegender Strom) nicht möglich sein, bietet es sichan, die für den Gesamtquerschnitt berechnetenFahrtzeiten durch empirisch ermittelte Zu- und Ab-schläge zu korrigieren.

3.8 Datenausfälle stationärer Mess-stellen und Datenersatzverfahren

Verfahren OLSIM und ddg

Beide Verfahren stützen sich bei der Fahrtzeitbe-rechnung auf Verkehrsmodellrechnungen, derenverkehrliche Eingangsdaten zu großen Teilen sta-tionär erfasste Verkehrskenngrößen sind. Die Ver-fahren verfügen darüber hinaus über umfangreichehistorische Ganglinien, die den Verkehrsfluss aufeinzelnen Streckenabschnitten zeitbezogen und fürunterschiedliche Verkehrszustände widerspiegeln.Die historischen Ganglinien werden innerhalb desVerfahrens selbst gebildet und permanent durch dieaktuellen Messdaten fortgeschrieben.

Ausfälle einzelner Messquerschnitte können gutkompensiert werden, wenn der momentan vorherr-schende Verkehrszustand sicher erkannt und die„richtige“ historische Ganglinie gewählt wird. Beieiner dichten Messquerschnittsfolge und stabilemVerkehrsfluss ist dies meist gut möglich.

Mit zunehmenden Messquerschnittsabständenund/oder bei wechselnden Verkehrszuständensowie bei gestörtem Verkehrsfluss erhöht sich dieWahrscheinlichkeit, dass die gewählte Ganglinie dasmomentane Verkehrsgeschehen nicht richtig wieder-gibt und deshalb im Störungsfall unzutreffendeFahrtzeiten berechnet werden. Dies zeigt das Bei-spiel auf der A 42 am 23.10.2007. Der während desAusfalls des Messquerschnitts MQ 0562o aufgetre-tene Stau wurde von beiden Verfahren nicht bzw. nurunzulänglich in den berechneten Fahrtzeiten wider-gespiegelt (siehe hierzu auch Kapitel 3.5.3 und3.5.4). Im konkreten Fall ist nicht bekannt, ob beidem Ausfall überhaupt Datenersatzverfahren ange-

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wendet wurden. Sind sie angewendet worden, wardie Auswahl der historischen Ganglinien falsch, weildie berechneten Fahrtzeiten zu kurz sind. Sind dieausgefallenen Daten nicht ersetzt worden, wäre imBeispiel die Störung ebenfalls nicht erkannt wordenund die berechneten Fahrtzeiten ebenfalls zu kurz.

Die Datenlage lässt eine belastbare Aussage hin-sichtlich dessen nicht zu, ob es bei Ausfall einesMessquerschnitts günstiger ist, generell auf dieseDaten zu verzichten oder sie durch historischeGanglinien zu ersetzen. Bei Diskussionen mit Ex-perten wurden die Ersatzverfahren mittels histori-scher Ganglinien gegenüber einem generellen Ver-zicht auf ein Datenersatzverfahren überwiegend alsvorteilhafter eingestuft.

Verfahren ASDA/FOTO

Beim Verfahren ASDA/FOTO ist es verfahrenstech-nisch möglich, den Datenausfall einer Messstationdurch historische Ganglinien zu kompensieren. Beistabilen Verkehrsverhältnissen und der richtig ge-wählten historischen Ganglinie werden, wie auchbei den zuvor beschriebenen Verfahren, positiveEffekte durch das Ersatzverfahren vermutet.

Bei einem gestörten Verkehrsablauf wird beiASDA/FOTO ein entsprechendes Datenersatzver-fahren zumindest als problematisch eingestuft, weilbei der Verarbeitung beziehungsweise beim verfah-rensinternen Vergleich der q- und v-Werte benach-barter Messquerschnitte aktuelle Messdaten undhistorische Daten miteinander vermischt werden.Das Verfahren ASDA/FOTO nutzt aber gerade dendirekten Vergleich der Kennwerte benachbarterMessquerschnitte zur Störungserkennung und zurBerechnung des Störungsverlaufs. Im VerfahrenASDA/FOTO müssen deshalb hohe Anforderungenan die Übereinstimmung der Ganglinie mit der ak-tuellen Verkehrssituation gestellt werden.

Ob der Einsatz eines Datenersatzverfahrens beimVerfahren ASDA/FOTO insgesamt die Fahrtzeitbe-rechnung verbessert, kann anhand des vorliegen-den Datenmaterials aber nicht beurteilt werden.

Verfahren EINFACHER ANSATZ

Charakteristisch für das Verfahren EINFACHERANSATZ ist, dass der Daten- und Rechenaufwandminimiert ist. Wie auch bei den vorgenannten Ver-fahren wäre bei einem Datenausfall grundsätzlichauch ein Datenersatz mittels historischer Gangli-

nien denkbar. Dabei gelten auch die oben genann-ten Aussagen zur Problematik der richtigen Aus-wahl der Ganglinie auch beim Verfahren EINFA-CHER ANSATZ.

Der Einbau eines Datenersatzverfahrens würdeaber bedeuten, dass ein erheblicher Aufwand fürdie Erarbeitung und Pflege sowie für die Auswahleiner jeweils auf den Verkehrszustand zugeschnit-tenen historischen Ganglinie notwendig wird. DerAufwand hierfür übersteigt den eigentlichen Be-rechnungsaufwand um ein Vielfaches.

Mögliche Verbesserungen durch eine Implementie-rung entsprechender Ersatzverfahren wurden imRahmen dieses Forschungsvorhabens nicht unter-sucht.

Verfahren MAVE-S

Beim Verfahren MAVE-S ist bei einem Datenausfalldie Messung der Fahrtzeit nicht mehr ohne auf-wändige Hilfstechniken möglich, weil dieses Ver-fahren gerade darauf beruht, Daten zweier benach-barter Messstationen miteinander zu vergleichen.Datenersatzverfahren für eine ausgefallene Mess-station sind prinzipiell nicht möglich, da das Verfah-ren zur Wiedererkennung der Fahrzeuge die ori-ginären Schleifendaten (Verstimmungskurven)benötigt. Ein Datenausfall an einer Station führtdeshalb systembedingt dazu, dass die Fahrzeugeauf dem betroffenen Abschnitt nicht mehr widerer-kannt und deshalb auch keine Fahrtzeiten gemes-sen werden können.

Im Hinblick auf die Ermittlung von Fahrtzeiten aufgrößeren Streckenabschnitten bedeutet der Ausfalleiner Teilstrecke aber nicht zwangsläufig, dassFahrtzeiten generell nicht mehr verfügbar sind. Beimehreren, hintereinander geschalteten MAVE-S-Teilabschnitten könnte beispielsweise ein neuer,beide Teilabschnitte umfassender Abschnitt gebil-det und als Basis für die Fahrtzeitermessung ge-nommen werden.

Ist der Systemausfall durch eine Störung der Da-tenübertragung zwischen benachbarten Messquer-schnitten bedingt, stehen die am Messquerschnitterhobenen Verkehrskenngrößen (q, v usw.) weiter-hin zur Verfügung. Fahrtzeiten können daraus mitErsatzverfahren, zum Beispiel analog dem Verfah-ren EINFACHER ANSATZ, abgeleitet werden.

Im letzten Ansatz geht zwar der spezifische Vorteildes Verfahrens MAVE-S, das Erkennen einer Ver-

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kehrsstörung anhand überdurchschnittlich langerFahrtzeiten auf einem Teilabschnitt, verloren, Aus-sagen zur Fahrtzeit wären für den gesamtenStreckenabschnitt aber noch möglich, wenn auchmit geminderter Qualität.

3.9 Prognosefähigkeit der Verfahren

Alle Verfahren berechnen (zunächst) die Fahrtzei-ten für alle betrachteten Netzabschnitte (von AS zuAS) zum derzeit aktuellen Zeitpunkt ta. Die gesam-te Fahrtzeit auf einem Autobahnabschnitt (vonAK/AD zu AK/AD) ergibt sich als Summe der Fahrt-zeiten der einzelnen Netzabschnitte zum Zeitpunktta. Bei langen Abschnitten sind Fahrtzeiten von 20oder mehr Minuten bereits bei einem freien, dasheißt ungestörten Verkehrsfluss leicht möglich undkönnen bei dichtem oder zähflüssigem Verkehrstark anwachsen.

Bei längeren Haupt- und Alternativrouten mit ent-sprechend hohen Fahrtzeiten kann es vorkommen,dass sich die Verkehrssituation während der Fahrt-dauer ändert. Dabei stehen nicht zufällige Ereig-nisse, wie beispielsweise Unfälle, im Vordergrundder Betrachtung, sondern vorhersehbare Situatio-nen, z. B. einsetzender Berufsverkehr oder stärke-rer Veranstaltungsverkehr. Die veränderte Ver-kehrssituation führt zu anderen Fahrtzeiten, eineauf Basis der Fahrtzeitermittlung gegebene Umlei-tungsempfehlung könnte sich als unzweckmäßigerweisen.

Unter diesem Aspekt wäre es sinnvoll, insbesonde-re bei langen Autobahnabschnitten, auch eine prog-nostische Fahrtzeitermittlung durchzuführen unddiese mit der aktuellen abzugleichen. Ziel der Über-prüfung ist es festzustellen, ob die aktuelle Umlei-tungsempfehlung auch zukünftig Bestand hat. Einesolche Vorgehensweise erfordert historische Gang-linien, anhand derer das zukünftige Verkehrsge-schehen abgeschätzt werden kann. Die Verwen-dung historischer Ganglinien ist allerdings, wie imKapitel 3.8 dargelegt, gerade im Fall von Verkehrs-störungen nicht ganz unproblematisch.

Das Verfahren OLSIM beinhaltet bereits Aussagenzur zukünftigen Verkehrslage in 30 oder 60 Minu-ten. Diese Daten könnten direkt für den Vergleichherangezogen werden. Beim Verfahren ddg sindprognostische Fahrtzeitberechnungen in der Ent-wicklung. Auch das Verfahren ASDA/FOTO kann,laut Aussage der Firma PTV (Vertreiber der Soft-

ware), mit historischen Daten versorgt werden unddarüber prognostische Fahrtzeiten ermitteln.

Die Güte der prognostisch berechneten Fahrtzeitenist davon abhängig, ob bei der Auswahl der histori-schen Ganglinien die aktuelle Verkehrssituation an-gemessen berücksichtigt wird. Diese Forderung giltumso mehr, wenn bereits akute Beeinträchtigungenim Verkehrsablauf vorhanden sind. Über das Aus-wahlverfahren und gegebenenfalls notwendige An-passungen von historischen Ganglinien liegen fürdie einzelnen Verfahren keine näheren Informatio-nen vor.

Beim Verfahren MAVE-S, das auf die originärenRohdaten der Induktivschleifen angewiesen ist, umentsprechende Verstimmungskurven zu ermitteln,sind prognostische Aussagen nicht möglich. Denk-bar ist, dass für Prognosezwecke anstelle einer Be-rechnung der Fahrtzeiten auf empirisch gewonneneFahrtzeiten zurückgegriffen wird. Damit würden al-lerdings die spezifischen Charakteristika des Ver-fahrens verloren gehen.

Bei dem Verfahren EINFACHER ANSATZ ist eineVerwendung historischer Ganglinien zu Prognose-zwecken zwar grundsätzlich möglich, der damit ver-bundene Aufwand übersteigt jedoch, wie auch imFall der Einspielung historischer Ganglinien zu Da-tenersatzzwecken, die eigentliche Fahrtzeitberech-nung bei weitem.

Keines der fünf untersuchten Verfahren ist derzeitin der Lage, Fahrtzeitänderungen zu ermitteln, dieinfolge einer Umleitungsempfehlung durch verla-gerten Verkehr auf der Alternativroute verursachtwerden. Die Höhe des Befolgungsgrads der Umlei-tungsempfehlung ist nicht einfach abschätzbar.Der Befolgungsgrad wird, in Abhängigkeit der je-weiligen Randbedingungen, wie zum Beispiel Um-wegfaktor, Netzstruktur, Größe des regionalen undüberregionalen Verkehrs, unterschiedlich hochausfallen. Verbunden damit ist eine Unsicherheitüber die tatsächliche Fahrtzeit auf der Alternativ-route, insbesondere dann, wenn bereits hohe Ver-kehrsstärken auf der Alternativroute vorhandensind. Fahrtzeitangaben in dWiSta sollten deshalbentsprechende Zeitzuschläge beinhalten, um zuverhindern, dass durch zu niedrige Fahrtzeiten dieGlaubwürdigkeit der Reisezeitinformationen inFrage gestellt wird.

Eine Einbeziehung des Verlagerungseffektes in dieFahrtzeitermittlung erscheint derzeit sehr aufwän-dig. Die modellgestützten Verfahren OLSIM und

76

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ddg bieten hier, gegenüber den drei anderen Mo-dellen, günstigere Voraussetzungen.

3.10 Zusammenfassende Einschätzung

Grundvoraussetzung für den Einsatz von Reisezeit-informationen in dWiSta ist, dass die in Frage kom-menden Berechnungsverfahren realitätsnahe Rei-sezeiten ermitteln. Diese Forderung gilt für alle vor-kommenden Verkehrszustände, das heißt vom frei-en Verkehrsfluss bis zum Stau.

Zur Verifizierung der Ergebnisse der Berechnungs-verfahren wurden umfangreiche Kontrollmessun-gen und Messfahrten mit einem im Verkehr mit-schwimmenden Fahrzeug durchgeführt. Zusätzlichwurden Daten aus einem 14-tägigen Messzeitraumausgewertet.

Bei den Verkehrsstufen „freier Verkehr“ und „dichterVerkehr“ stimmen die durch die fünf getesteten Ver-fahren berechneten Fahrtzeiten mit den gemesse-nen Fahrtzeiten überwiegend sehr gut überein. Dieberechneten Fahrtzeiten weichen in den meistenFällen um nicht mehr als eine Minute von den Kon-trollmessungen ab (bezogen auf eine 10 km langeNormstrecke). Unterschiede zwischen den berech-neten und den gemessenen Fahrtzeiten von mehrals zwei Minuten bilden eine Ausnahme.

Für die Verkehrsstufe „zähfließender Verkehr“ kön-nen diesbezüglich keine Aussagen getroffen wer-den, da im Rahmen der Kontrollmessungen dieserVerkehrszustand nicht angetroffen wurde.

Für die Verkehrsstufe „gestauter Verkehr“ liegenKontrollmessungen nur für knapp eine Stunde vor.Aufgrund von Problemen bei der Datenübertragungzur Verkehrszentrale standen den online arbeiten-den Verfahren (OLSIM und ddg) keine aktuellenMesswerte zur Verfügung. Eine begründete Ein-schätzung beider Verfahren für die Verkehrsstufe„gestauter Verkehr“ ist deshalb nicht möglich.Wenngleich den drei anderen Verfahren entspre-chende Daten zur Verfügung standen, ist derenUmfang für abgesicherte Aussagen doch zu klein.

Die Frage, unter welchen Bedingungen die unter-schiedlichen Verfahren realitätsnahe oder -ferneFahrtzeiten berechnen, ist nicht allgemeingültig zubeantworten. Mit zunehmenden Verkehrsstärkenwächst bei der Fahrtzeitberechnung die Bedeutungexterner Randbedingungen (zum Beispiel Mess-stellendichte, örtliche Lage der Verkehrsstörung).

Größere Fahrtzeitunterschiede zwischen den Ver-fahren sind möglich, wie die aufgezeigten Beispielebelegen, und werden auch auf die methodischenUnterschiede zwischen den Verfahren sowie derenParametrierbarkeit zurückgeführt. In der Mehrzahlder durchgeführten Auswertungen stimmen die be-rechneten Fahrtzeiten auch bei hohen Verkehrs-stärken und/oder gestörtem Verkehrsfluss gut über-ein.

Eine verallgemeinernde Aussage der Art, dass einoder mehrere Verfahren besonders gut geeignetoder zu verwerfen ist/sind, um Reisezeitinformatio-nen für die Anzeige in dWiSta zur Verfügung zustellen, ist aufgrund der durchgeführten Untersu-chungen nicht möglich.

4 Betriebliche und technischeRandbedingungen bei der Anzeige von Reisezeitinforma-tionen

4.1 Technische Infrastruktur

4.1.1 Datenerfassung

Der Aufbau einer neuen technischen Infrastrukturvornehmlich oder sogar ausschließlich zu Zweckenvon Fahrtzeitberechnungen ist aus Kostengründennicht vertretbar. Es wird deshalb davon ausgegan-gen, dass für die Berechnung von Fahrtzeiten dievorhandene technische Infrastruktur (insbesonderedie stationären Messstationen) genutzt wird. DieseAnnahme wird auch dadurch gestützt, weil in denhoch belasteten Netzbereichen, in denen dWiStaüblicherweise aufgestellt werden beziehungsweiseaufgestellt sind, eine dichte Datenerfassung in allerRegel bereits vorhanden ist.

Die Verfahren OLSIM, ddg, ASDA/FOTO und EIN-FACHER ANSATZ nutzen die an den vorhandenenMessstationen erhobenen Daten (im WesentlichenqPkw, qLkw, vPkw, vLkw) und benötigen deshalbgrundsätzlich keine zusätzlichen Datenerfassungs-einrichtungen.

Beim Verfahren MAVE-S gibt es in den Messstatio-nen spezielle Auswerteeinheiten, die neben der Er-fassung der herkömmlichen Verkehrskenndaten dieVerstimmungskurven aufzeichnen und für den Ab-gleich wiedererkannter Fahrzeuge an benachbar-ten Messstationen miteinander gekoppelt (Daten-verbindung) sein müssen. Der Einsatz des Verfah-

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rens MAVE-S ist deshalb in aller Regel mit einerAufrüstung oder Neubeschaffung eines Teils dertechnischen Infrastruktur verbunden.

Im Zuge von Neu- oder Ersatzbeschaffungen dervorhandenen technischen Infrastruktur sollte, unterdem Aspekt der Anzeige von Reisezeitinformatio-nen in dWiSta, geprüft werden, ob es zweckmäßigist, die für das Verfahren MAVE-S erforderlicheHardware zu installieren. MAVE-S-Streckenstatio-nen sind, da TLS-konform, an die im Einsatz be-findlichen Unterzentralen anschließbar. Damit er-gibt sich auch die Option, das Verfahren MAVE-Snur auf ausgewählten Streckenabschnitten einzu-setzen. Dies könnten z. B. Streckenabschnitte miteinem überdurchschnittlich großen Messstellenab-stand sein. Fahrtzeiten mehrerer Netzabschnittekönnen, unabhängig vom angewandten Berech-nungsverfahren, zu einer Gesamtfahrtzeit aufad-diert werden.

Letzteres ist aber nicht ganz unproblematisch, weilim Verfahren begründete Fahrtzeitunterschiede dieGesamtfahrtzeit auf einem längeren Streckenab-schnitt beeinflussen können. Beim Vergleich derFahrtzeiten auf Haupt- und Alternativroute könntedadurch eine Routenempfehlung zu spät oder auchzu früh angezeigt werden. Es wird deshalbgrundsätzlich als zweckmäßig angesehen, aufHaupt- und Alternativroute dasselbe Berechnungs-verfahren anzuwenden.

4.1.2 Zweckmäßige Messstellendichte

Die Auswertungen zeigen, dass die Messstellen-dichte für die Qualität der berechneten Fahrtzeitenvon großer Bedeutung ist.

Während eines Staus auf der Kontrollstrecke A 42(23.10.2008) wurden beispielsweise vom Verfahrenddg Veränderungen im Verkehrsablauf registriert.Die Fahrtzeiten auf der Kontrollstrecke wuchsen imVergleich zum freien Verkehrsfluss an, lagen aberniedriger, zum Teil auch deutlich niedriger, als diemittels Video gemessenen Fahrtzeiten. Dass derStau nicht in vollem Umfang erkannt wurde, hängtdamit zusammen, dass der eigentliche Staubereichzwischen den SES-Sensoren lag und der entspre-chende stationäre Messquerschnitt nicht genutztwerden konnte, weil er ausgefallen war. Die SES-Sensoren registrierten deshalb einen weniger ge-störten Verkehrsablauf als tatsächlich vorhanden.

In diesem Fall hat sich der Abstand der Sensorenvon 3 km als zu groß erwiesen. Vergleichbare Pro-

bleme wurden auf der Kontrollstrecke A 5, miteinem mittleren Messstellenabstand von wenigerals 1 km, auch bei dichtem Verkehr nicht entdeckt(siehe Tabelle 3.16).

Im vorstehenden Beispiel der A 42 wurde der Ver-kehrsablauf zu gut erfasst. Dies muss nicht immersein. Auf einer anderen Untersuchungsstrecke (A 8)wurden zu lange Fahrtzeiten berechnet, weil sichdie Verkehrsstörung zwar in der Datenerfassungam Messquerschnitt widerspiegelte, deren Ausdeh-nung aber unterhalb des Gültigkeitsbereichs desMessquerschnitts lag. Die Messstellenabständelagen in diesem Beispiel zwischen 4 km und über 7 km.

Eindeutig ist, dass mit zunehmendem Abstand zwi-schen den einzelnen Messquerschnitten das Risikoansteigt, unzutreffende Fahrtzeiten zu ermitteln,weil die lokal gemessenen Verkehrskenndaten füreinen immer längeren Streckenabschnitt als reprä-sentativ angesehen werden müssen (AusnahmeVerfahren MAVE-S).

Aus Sicht der Anzeige von Reisezeitinformationenin dWiSta sind in den Beispielen genannte Fahrt-zeiten mit einer (zu) großen Unsicherheit behaftet.Die beiden oben genannten Messquerschnittsab-stände werden deshalb für Verfahren, die die anstationären Messquerschnitten erfassten Verkehrs-kenngrößen V und Q nutzen, als zu lang und des-halb weniger geeignet eingestuft.

Sie werden auch deshalb als zu lang beurteilt, weilbei großen Messquerschnittsabständen die Zeit-dauer, bis sich eine Verkehrsstörung in den sta-tionär erfassten Verkehrskenngrößen widerspie-gelt, immer länger wird.

In Tabelle 4.1 sind beispielhaft für unterschiedlicheMessquerschnittsabstände und Lagen der Stö-rungsquellen die Zeiten dargestellt, die vergehen,bis sich die Störung in den Verkehrskenngrößenabbildet. Für die Berechnung wurde angenommen,dass am stromaufwärts gelegenen MQ 1 die Ände-rung des Verkehrsflusses durch abbremsendeFahrzeuge erkannt wird, wenn sich das Stauendebis auf 400 m an den Messquerschnitt angenäherthat.

Tabelle 4.1 zeigt, dass die Zeitdauer, bis eineStörung die Verkehrskenngrößen nachhaltig verän-dert, auch bei kurzen Messquerschnittsabständenmehrere Minuten betragen kann. Die Zeitdauer soll-te aber möglichst kurz sein, weil die Fahrtzeitbe-rechnung innerhalb dieser Zeitspanne die Störung

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nicht berücksichtigt, da sie sich nicht in den Ver-kehrskenngrößen widerspiegelt, und deshalbfalsche Fahrtzeiten ermittelt.

Gegen zu große Abstände zwischen den einzelnenMessquerschnitten spricht ferner, dass beim Ausfalleines Messquerschnitts der sich neu ergebendeMessabschnitt sehr lang wird. Beim Ausfall einesMessquerschnitts und einem mittleren Abstand von4 km ergibt sich ein neuer Messabschnitt von be-reits 8 km Länge. Würde innerhalb dieses Ab-schnitts ein 2 km langer Staubereich sein, der imMittel nur mit 20 km/h durchfahren werden kann, er-gibt sich, im ungestörten Bereich eine mittlere Ge-schwindigkeit von 100 km/h unterstellt, eine Fahrt-zeitverlängerung von 4,8 Minuten gegenüber derdurchgehenden Fahrt mit 100 km/h. Ein solchgroßer nicht erkannter Fahrtzeitunterschied wird imHinblick auf die Anzeige von Reisezeitinformatio-nen in dWiSta als zu groß angesehen. Dies gilt ins-besondere dann, wenn sich die Haupt- und die Al-ternativroute hinsichtlich der Länge nicht oder nurwenig unterscheiden.

Die durchgeführten Analysen zeigen, dass bei-spielsweise auf der Kontrollstrecke A 5, mit einersehr dichten Folge von Messquerschnitten, die vonden dort getesteten Verfahren ASDA/FOTO, ddgund EINFACHER ANSATZ berechneten Fahrtzei-ten besser mit den Kontrollmessungen überein-stimmen als auf den anderen Kontrollstrecken.Auch die Differenzen zwischen den berechnetenFahrtzeiten der drei Verfahren auf der Kontroll-strecke A 5 sind, verglichen mit den Ergebnissen

auf den anderen Kontrollstrecken, im Mittel eben-falls geringer.

Der auf der Kontrollstrecke A 5 festgestellte Mess-stellenabstand von im Mittel weniger als ein Kilo-meter wird für die Fahrtzeitberechnung als sehrgünstig eingestuft.

Auch wenn letztere Aussage nicht auf alle Ver-kehrszustände übertragen werden darf, zeigen diedurchgeführten Vergleiche, dass bei der Mehrzahlder Fälle, auch bei höheren Verkehrsstärken (dich-ter Verkehr) und einem mittleren Abstand der Mess-querschnitte von 2 km, verlässliche Fahrtzeiten be-rechnet werden. Von daher erscheint ein solcherAbstand, auch unter Berücksichtigung finanziellerAspekte, als zweckmäßig.

Ob, und wenn ja, in welchem Maße, durch den Ein-satz entsprechender Algorithmen die Abstände zwi-schen zwei Messquerschnitten vergrößert werdenkönnen, ohne die Berechnungsergebnisse negativzu verändern, wurde im Rahmen dieses For-schungsvorhabens nicht untersucht.

Bei der Festlegung der Lage von Messquerschnit-ten ist die Netzstruktur zu berücksichtigen. In jedemNetzabschnitt (von AS zu AS) sollte zumindest einMessquerschnitt liegen, um die Wirkungen des Ab-und Zuflusses an einer Anschlussstelle auf demVerkehrsablauf im stromabwärtigen Streckenab-schnitt erfassen zu können.

Darüber hinaus ist anzustreben, dass im Vor- undNachlauf von besonders staugefährdeten Abschnit-

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Tab. 4.1: Zeitdauer, bis sich eine Störung auf stationär erfasste Verkehrskenngrößen auswirkt

AbstandzwischenMQ 1 undMQ 2

Entfernung des Störungsursprungs zu den stromaufwärts und stromabwärts gelegenen Messquerschnitten

500 m 1.000 m 1.500 m 2.000 m 3.000 m 4.000 m

Zeitdauer [min] nach Beginn der Störung, bis sich die Störung in den Verkehrskenngrößen widerspiegelt

MQ 1 MQ 2 MQ 1 MQ 2 MQ 1 MQ 2 MQ 1 MQ 2 MQ 1 MQ 2 MQ 1 MQ 2

1.000 0,5 0,4 3,0

2.000 0,5 1,1 3,0 0,8 5,5 0,4

3.000 0,5 1,9 3,0 1,5 5,5 1,1 8,0 0,8 13,0 0,0

4.000 0,5 2,6 3,0 2,3 5,5 1,9 8,0 1,5 13,0 0,8 18,0 0,0

6.000 0,5 4,1 3,0 3,8 5,5 3,4 8,0 3,0 13,0 2,3 18,0 1,5

8.000 0,5 5,6 3,0 5,3 5,5 4,9 8,0 4,5 13,0 3,8 18,0 3,0

Berechnungsannahmen :

MQ 1 = stromaufwärts gelegen, MQ 2 = stromabwärts gelegen

q = 1.200 Kfz/h und Fahrstreifen, d. h. mittlere Fahrzeugankunft = 3 sec

v = 80 km/h für den ungehinderten Abfluss

mittlere Fahrzeuglänge einschließlich Abstand zum Vorderfahrzeug = 10 m

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ten, z. B. Fahrstreifeneinziehungen, Messquer-schnitte angeordnet sind. Analog dazu sollten auchMessquerschnitte vorhanden sein, wenn Fahrstrei-fen addiert werden. Beide Forderungen gelten ins-besondere dann, wenn das Verfahren EINFACHERANSATZ zum Tragen kommen soll. Die modellge-stützten Verfahren OLSIM, ddg und ASDA/FOTOverfügen über entsprechende Algorithmen, um denVerkehrsablauf speziell in diesen Bereichen geziel-ter nachzubilden.

Das Verfahren MAVE-S erlaubt, im Hinblick auf dieGewinnung von Fahrtzeiten, im Vergleich zu denübrigen Verfahren größere Abstände zwischen deneinzelnen Messquerschnitten. Auf der Teststrecke A 8 liegt der mittlere Abstand bei rund 3,5 km undbeträgt der maximale Fall sogar 6,3 km. Bei solchgroßen Abständen muss dafür Sorge getragen wer-den, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Messstelle gering ist, um dauerhaft verlässlicheFahrtzeiten ermitteln zu können.

4.1.3 Bereitstellung der berechneten Fahrt-zeiten

Die von den Verfahren OLSIM und ddg berechne-ten Fahrtzeiten liegen derzeit nicht unmittelbar inder Verkehrszentrale beziehungsweise den für dieSchaltung der dWiSta zuständigen Stellen vor. Beieinem Einsatz eines oder beider Verfahren müss-ten mit den jeweiligen Betreibern der Verfahren ent-sprechende Vereinbarungen getroffen werden,damit die Daten von der Straßenbauverwaltung ge-nutzt werden können. Neben vertragsrechtlichenund finanziellen Gesichtspunkten muss die Daten-übertragung zwischen Betreiber und Straßenbau-verwaltung geregelt werden. Dabei ist darauf zuachten, dass eine Datenübertragung zu jeder Zeituneingeschränkt möglich ist, ansonsten könntenReisezeitinformationen verspätet oder gar nicht an-gezeigt werden. Um eine ausreichende Sicherheitbei der Datenübertragung zwischen Betreiber undStraßenbauverwaltung zu gewährleisten, wird vo-raussichtlich eine feste Verbindung (Standleitung,Netzwerkverbindung) notwendig werden. Techni-sche Einzelheiten zur Verknüpfung der Rechner-zentralen und der Übertragungsprotokolle wären zugegebener Zeit abzustimmen.

Schwierigkeiten oder Probleme durch die notwendi-ge Datenübertragung werden nicht gesehen. Diemit der doppelten Datenübertragung verbundenenZeitverluste werden als klein und vernachlässigbareingeschätzt. Anpassungen beziehungsweise Er-

weiterungen der in der Verkehrszentrale eingesetz-ten Software zur Speicherung und gegebenenfallsWeiterverarbeitung der eingehenden Fahrtzeiten,wie auch für die Schaltung der dWiSta, werden not-wendig.

Die vom Verfahren MAVE-S ermittelten Fahrtzeitenliegen zunächst nur lokal an den Messstationen vor.Zur weiteren Verarbeitung und zur Schaltung derdWiSta müssen sie kontinuierlich an die Verkehrs-zentrale weitergeleitet werden. Zur Reduzierungder Datenübertragungsmenge ist es denkbar, dassdie zugehörigen Unterzentralen Daten nur dann zurVerkehrsrechnerzentrale übertragen, wenn sich dieFahrtzeit ändert. Die bestehenden Verbindungenzwischen Unterzentrale und Verkehrsrechnerzen-tralen müssen über ausreichende Kapazitäten zurDatenübertragung der zusätzlichen Fahrtzeitinfor-mationen verfügen. Die in der Unterzentrale vor-handene Software müsste für die Übertragung derFahrtzeiten entsprechend angepasst oder erweitertwerden.

Das Verfahren ASDA/FOTO ist in der Verkehrszen-trale Hessen implementiert. Die für die A 3 und A 5berechneten Fahrtzeiten liegen damit direkt in derVerkehrszentrale vor. Die Implementierung in derVerkehrszentrale bietet den Vorteil, dass die ori-ginären Messdaten der stationären Messstationenin der Verkehrszentrale gespeichert und nicht not-wendig sind. Eine Implementierung des Verfahrensauch in andere Verkehrszentralen wird als relativproblemlos möglich angesehen.

Denkbar ist auch, das Verfahren ASDA/FOTO extern durch einen Dienstleister anwenden zu lassen. Diese Lösung ist im Rahmen des Einsat-zes des Verfahrens ASDA/FOTO auf den bayeri-schen Autobahnen gewählt worden. Sie erscheintaber als etwas aufwändiger im Vergleich zur Im-plementierung in der Verkehrszentrale, einerseitsweil die originären Messdaten der stationären Er-fassungssysteme zum Dienstleister hin übertra-gen werden müssen, und andererseits, weil dann,wie auch bei den Verfahren OLSIM und ddg, dieberechneten Fahrtzeiten wiederum vom Dienst-leister in die Verkehrszentrale zurückübertragenwerden müssen.

Das Verfahren EINFACHER ANSATZ kann direkt inder Verkehrszentrale implementiert werden. Damitist ein einfacher Zugriff auf die originären Messda-ten sichergestellt und die weitere Aufbereitung be-ziehungsweise Verarbeitung der ermittelten Fahrt-zeiten ohne größere Datenübertragung möglich.

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4.2 Betriebliche Randbedingungen

4.2.1 Hinweise zu Schaltungen von Reisezeit-informationen in dWiSta

Automatisierte Steuerungsverfahren für die Anzei-ge von Umleitungsempfehlungen in dWiSta sindderzeit noch in der Entwicklung. Die meisten dWiSta werden deshalb, unter Einbeziehung deraktuellen Verkehrslage (Radio Data Service – RDS)und Kenntnis der örtlichen Situation, durch einenOperateur in der zuständigen Verkehrszentrale ma-nuell geschaltet. Bei der zusätzlichen Anzeige vonReisezeitinformationen in dWiSta sind weitereAspekte zu berücksichtigen.

Die anzuzeigenden Reisezeitinformationen dürfennur die Streckenabschnitte umfassen, über die dieHauptroute beziehungsweise die Alternativroutegeführt werden. Dabei sind Anfangs- und Endpunktvon Haupt- und Alternativroute identisch, in derRegel handelt es sich dabei um Autobahndreieckeoder Autobahnkreuze.

Eine Verlustzeitangabe auf der Hauptroute, ohnedass eine Umleitungsempfehlung gegeben wird, istgrundsätzlich immer schaltbar. Die Anzeige ergänztdie standardmäßige Information zur Staulänge. Davermutlich dennoch viele Verkehrsteilnehmer aufder Hauptroute verbleiben werden, kann die Ver-lustzeitangabe durch die Verkehrsteilnehmer ein-fach verifiziert werden. Die angezeigte Fahrtzeitsollte der tatsächlichen möglichst nahekommen.Weichen die beiden Zeiten zu sehr voneinander ab,besteht die Gefahr, dass die Verkehrsteilnehmerden Reisezeitinformationen generell misstrauenund sie auch in anderen Fällen bei ihren Entschei-dungen nicht weiter beachten.

Bei Anzeige einer Umleitungsempfehlungen in dWiSta muss dafür Sorge getragen werden, dassdie Reisezeitinformationen nicht im Widerspruchzur Umleitungsempfehlung stehen. Bei Angabeeiner längeren Fahrtzeit für die Alternativroute alsfür die Hauptroute ist davon auszugehen, dass derRoutenempfehlung nicht gefolgt wird, auch wenndamit ein komfortabler oder ein aus Verkehrslen-kungsgründen wünschenswerter Weg angebotenwird. In einem solchen Fall ist auf die Anzeige vonReisezeitinformationen zu verzichten.

Längere Fahrtzeiten auf der Alternativroute könnensich auch dann einstellen, wenn die berechnetenFahrtzeiten innerhalb kurzer Zeitabstände starkschwanken, sodass mal die Hauptroute und mal dieAlternativroute unter zeitlichen Aspekten vorteilhaf-

ter ist. Beispiele für stark schwankende Fahrtzeitensind im Kapitel 3.7 enthalten.

Um entsprechende Probleme zu minimieren, soll-ten die minütlich berechneten Fahrtzeiten nicht di-rekt angezeigt werden. Insbesondere bei starkwechselnden Fahrtzeiten sollten sie vorher geglät-tet werden. Diese Verfahren sind auf die Berech-nungsverfahren zur Fahrtzeitermittlung abzustim-men, weil die berechneten Fahrtzeiten, je nach Be-rechnungsverfahren, bereits unterschiedlich starkgeglättet sein können. Im Rahmen dieses For-schungsvorhabens wurden entsprechende Verfah-ren zur „Vorbehandlung“ der anzuzeigenden Fahrt-zeiten aber nicht untersucht.

Unabhängig davon, wie lange eine Fahrtzeit in dWiSta angezeigt wird, ist diese in der Zentrale per-manent zu beobachten und ggf. zu aktualisieren.Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn dieReisezeitangaben in dWiSta auch kurzfristig aktua-lisiert werden. Der Verkehrsteilnehmer sieht, da erdas Schild nur einmal passiert, die angegebeneFahrtzeit auch nur einmal. Es kann allerdings vor-kommen, weil das Schild nach 750 m wiederholtwird, dass auf beiden Schildern für den Verkehrs-teilnehmer, infolge einer Aktualisierung der Daten,unterschiedliche Fahrtzeiten angezeigt werden.

Dies wird aber nicht als gravierendes Problem ein-gestuft, weil Verkehrsteilnehmer erkennen, dass dieSchilder dynamisch gesteuert und deshalb Änderun-gen der Anzeigen möglich sind. Dieses vermeintli-che Problem kann durch eine zeitversetzte Aktuali-sierung des zweiten Schildes reduziert werden.

Wann eine Aktualisierung der Anzeige nötig ist,wurde im Rahmen dieses Forschungsvorhabensnicht untersucht. Sie hängt sowohl von den Längender Haupt- und Alternativrouten wie auch von derFeinheit der Zeitangabe (z. B. minutenscharf oderauf fünf Minuten gerundete Werte) ab.

Notwendig ist in jedem Fall, die Reisezeitinforma-tionen in den dWiSta automatisiert zu überprüfenund zu aktualisieren. Eine manuelle Überwachungund Anpassung der Schaltung werden als zu auf-wändig und fehlerhaft angesehen.

4.2.2 Schwellenwerte, ab denen Alternativ-routen angezeigt werden (sollten)

Um die Erwartungen der Verkehrsteilnehmer an dieGenauigkeit der angezeigten Fahrtzeiten nicht zuhoch werden zu lassen, wird vorgeschlagen, Fahrt-zeitverlängerungen oder Fahrtzeitgewinne nur in 5-

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Minutenschritten anzuzeigen. Dazwischen liegen-de Werte sollten auf- beziehungsweise abgerun-det werden. Es wird dabei unterstellt, dass Ver-kehrsteilnehmer, wenn sie Zeitangaben immer nurin 5-Minutenschritten sehen, selbst erkennen, dass es sich hierbei um gerundete Angaben handelt, die nach oben wie nach unten schwanken können.

Bei dieser Vorgehensweise müssen Fahrtzeitver-längerungen oder -gewinne mindestens 2,5 Minu-ten betragen, um überhaupt angezeigt zu werden.

Neben der o. g. zeitlichen Mindestanforderung istweiter zu berücksichtigen, dass der Fahrtzeitge-winn auf der Alternativroute nicht durch höhere Kosten infolge des Mehrwegs verloren geht. Ein 5-minütiger Fahrtzeitgewinn bei einer 15 km länge-ren Fahrtstrecke gegenüber der Hauptroute ist, ins-gesamt gesehen unattraktiv.

Unterstellt man für alle Verkehrsteilnehmer einenmittleren Zeitkostenansatz von 10 €/h und mittlereBetriebskosten der Kraftfahrzeuge von 0,13 €/km,muss je Kilometer Mehrweg der Zeitvorteil mindes-tens 0,8 Minuten betragen, damit die Fahrt über dieAlternativroute für die Verkehrsteilnehmer zumin-dest kostenneutral ist. In Tabelle 4.2 sind für Fahrt-zeitgewinne von bis zu 40 Minuten und Mehrwegevon bis zu 30 km auf der Alternativroute die resul-tierenden finanziellen Aufwendungen (Nutzen) fürein Kraftfahrzeug zusammengestellt. Dabei geltendie vorgenannten Kostensätze.

4.3 Entwicklungspotenziale der Berechnungsverfahren

Die modellgestützten Verfahren bieten im Hinblickauf ihre Weiterentwicklung die größeren Potenzialeder insgesamt untersuchten Verfahren. Dies betrifftsowohl die Grundlagendaten und mögliche Daten-ersatzverfahren wie auch verfeinerte, die örtlicheSituation stärker berücksichtigende Rechenalgo-rithmen. Die Verfahren werden nach Aussagen derEntwickler kontinuierlich weiterentwickelt. Von be-sonderem Interesse sind dabei Netzabschnitte, aufdenen häufig ein von der „Norm“ abweichenderVerkehrsablauf auftritt, dem deshalb bei der Fahrt-zeitermittlung besondere Bedeutung zukommt. Sol-che Abschnitte können beispielsweise Engstellen(Querschnittsreduzierungen) oder längerfristigeBaustellen sein.

Die Kenntnis solcher Abschnitte ist vor allem immerdann wichtig, wenn in dem betroffenen Abschnittkeine oder nur unzureichende Verkehrskennwertevorhanden sind. Gerade im Bereich von Baustellenist die Datengrundlage häufig schlecht, weil zumBeispiel durch die Baumaßnahme selbst vorhande-ne Messquerschnitte ausfallen können. Eineschlechte Datengrundlage können die modellge-stützten Verfahren durch die Auswahl entsprechen-der, auf die jeweilige Situation zugeschnittener Re-chenalgorithmen teilweise kompensieren und so zugenaueren Fahrtzeiten gelangen.

Eine Verfeinerung der im Verfahren ASDA/ FOTOimplementierten Algorithmen ist möglich geworden,weil die Patentinhaber die Erlaubnis zur Modifika-tion/Weiterentwicklung gegeben haben. Das Ver-

82

Tab. 4.2: Resultierende Aufwendungen (Nutzen) [€] bei Befolgung der Alternativroute; Annahmen: Zeitkosten: 10 €/h und Kfz, Be-triebskosten: 0,13 €/km und Kfz

Fahrtzeit-gewinn[min]

Mehrweg auf Alternativroute [km]

1 2 3 4 5 10 15 20 30

3 0,37 0,24 0,11 -0,02 -0,15 -0,80 -1,45 -2,10 -3,40

4 0,54 0,41 0,28 0,15 0,02 -0,63 -1,28 -1,93 -3,23

5 0,70 0,57 0,44 0,31 0,18 -0,47 -1,12 -1,77 -3,07

10 1,54 1,41 1,28 1,15 1,02 0,37 -0,28 -0,93 -2,23

15 2,37 2,24 2,11 1,98 1,85 1,20 0,55 -0,10 -1,40

20 3,20 3,07 2,94 2,81 2,68 2,03 1,38 0,73 -0,57

25 4,04 3,91 3,78 3,65 3,52 2,87 2,22 1,57 0,27

30 4,87 4,74 4,61 4,48 4,35 3,70 3,05 2,40 1,10

40 6,54 6,41 6,28 6,15 6,02 5,37 4,72 4,07 2,77

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fahren ASDA/FOTO wurde bislang vorwiegend alseigenständiges Programm angewendet. Es bestehtdie Möglichkeit, das Verfahren ASDA/FOTO alseinen Teil in ein Verkehrsmodell einzubinden. Dieskönnte neue Möglichkeiten im Hinblick auf dieBerücksichtigung von Verlagerungseffekten infolgeder Empfehlung von Alternativrouten sowie prog-nostische Aussagen eröffnen.

Teilweise sehr große Abweichungen zwischen denberechneten Fahrtzeiten der einzelnen Berech-nungsverfahren wurden in der Verkehrsstufe „ge-stauter Verkehr“ festgestellt. Die Datenlage deutetan, dass bei sehr niedrigen Geschwindigkeitenoder Stop-and-go-Verkehr eine zuverlässige Be-rechnung der Fahrtzeiten zunehmend schwierigerwird. Die Abweichungen zwischen den einzelnenVerfahren können beachtliche Größen annehmen.

Eine Weiterentwicklung der Berechnungsverfahrenmit dem Ziel, die Genauigkeit und Zuverlässigkeitder ermittelten Fahrtzeiten bei gestautem Verkehrs-fluss zu erhöhen, ist deshalb wünschenswert (siehedazu auch Kapitel 3.7). Dies gilt umso mehr, als ge-rade bei solchen Verkehrszuständen Alternativrou-ten empfohlen werden sollen.

Auf Abschnitten mit starken Abbiegeströmen ergibtsich häufig auf den Abbiegefahrstreifen ein deutlichanderer Verkehrsfluss als auf den durchgehendenFahrstreifen. Die damit verbundenen Fahrtzeitun-terschiede können sehr groß werden. Weil geradeauf die Alternativroute ausweichende Verkehrsteil-nehmer die Autobahn in der Regel mehrfach wech-seln müssen, kann die nicht ausreichende Berück-sichtigung dieser Zeitverluste zu einer gravieren-den Fehleinschätzung der gesamten Fahrtzeitführen (vgl. Kapitel 3.7). Die Berechnungsverfahrensollten deshalb dahingehend erweitert werden, aufeinem Netzabschnitt getrennte Fahrtzeiten für dendurchgehenden und abbiegenden Strom zu ermit-teln.

4.4 Auswahlkriterien

Der Einsatz des Verfahrens EINFACHER ANSATZist mit einer Neuentwicklung und -implementierungeiner entsprechenden Software zur Berechnungder Fahrtzeiten verbunden. Wenn die Software beider Straßenbauverwaltung selbst implementiertwird, fallen neben den einmaligen Kosten und ggf.laufenden Wartungskosten keine weiteren Kostenfür die Bereitstellung der Fahrtzeiten an.

Bei den übrigen getesteten Verfahren verhält essich andersherum. Eine Implementierung von Soft-ware bei der Straßenbauverwaltung ist nicht not-wendig, weil die Fahrtzeiten als „fertiges“ Produktgeliefert werden. Direkte Kosten für die (Weiter-)Entwicklung fallen bei der Straßenbauverwaltungnicht an, dafür aber regelmäßige Kosten für die Be-reitstellung der Daten.

Welche der beiden Lösungen auf Dauer die kos-tengünstigere ist, wurde nicht untersucht. Die fürdie Straßenbauverwaltung komfortablere Lösungdürfte die Zulieferung „fertiger“ Fahrtzeiten sein. Siebietet auch insofern Vorteile, weil die Hersteller ihreProdukte mit der Zielsetzung einer erhöhten Ge-nauigkeit weiterentwickeln müssen, um konkur-renzfähig zu bleiben.

Die Gefahr für die Straßenbauverwaltung, durch dieBereitstellung von Fahrzeiten durch Dritte von die-sen „abhängig“ zu werden, wird als vernachlässig-bar angesehen. Zum einen ist eine Anzeige vonFahrtzeiten in dWiSta zwar wünschenswert, abernicht zwingend erforderlich und zum anderen be-steht die Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln.

Alle getesteten Verfahren stützen sich stark oderauch ganz auf die stationäre Datenerfassung.Größere Abstände zwischen den einzelnen Mess-querschnitten erhöhen bei den meisten Verfahren(Ausnahme MAVE-S) das Risiko, Verkehrsstörun-gen nicht oder zu spät zu erkennen und damit un-zutreffende Fahrtzeiten zu berechnen.

dWiSta werden aber gezielt im Bereich stark belas-teter Autobahnabschnitte aufgestellt, auf denen üb-licherweise bereits eine dichte Verkehrsdatenerfas-sung vorhanden ist. Insofern relativiert sich die auf-gezeigte Problematik. Die vorhandene technischeInfrastruktur ist deshalb für die Wahl eines Verfah-rens weniger ausschlaggebend.

Auch bei den sich in der Verkehrszentrale an-schließenden Arbeitsschritten bis zur Anzeige in dendWiSta sind die Verfahren gleichwertig, weil alleVerfahren die Fahrtzeiten abschnittsbezogen, d. h.in der Regel von Anschlussstelle zu nachfolgenderAnschlussstelle bzw. Autobahnknotenpunkt, bereit-stellen. Feinere Auflösungen sind möglich, werdenaber für Zwecke der Reisezeitinformationen in dWi-Sta nicht benötigt. Bis zur Freigabe der Anzeige indWiSta durchlaufen die Fahrtzeiten aller Verfahrendeshalb auch immer die gleichen Schritte.

Bei der Auswahl des Verfahrens können deshalbauch weitere Aspekte zum Tragen kommen, die

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nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Fahrt-zeitberechnung stehen. Die Verfahren, die unab-hängig von der Fahrtzeitberechnung für dWiSta,netzweit arbeiten, verfügen über weitere für Ver-kehrssteuerungsaufgaben generell nutzbare Daten,z. B. Stauumfahrungsempfehlungen und könneneinen entsprechenden Mehrwert leisten. Eine Be-wertung solcher Aspekte ist jedoch nicht Gegen-stand dieses Forschungsvorhabens.

Die Eignung der getesteten Verfahren, Fahrtzeitenmit einer ausreichenden Genauigkeit zu ermitteln,um sie in dWiSta anzuzeigen, ist grundsätzlich ge-geben, wenngleich bei allen Verfahren, insbeson-dere im Bereich des gestauten Verkehrs, noch Ent-wicklungsbedarf gesehen wird. Die Hervorhebungoder Herabsetzung eines der getesteten Verfahrenist aufgrund der Untersuchungsergebnisse nichtangebracht. Die Verfahren werden im Hinblick aufdie „reine“ Fahrtzeitberechnung als relativ gleich-wertig eingestuft.

5 Wahrnehmungspsychologi-sche Aspekte der Einbettungvon Reisezeitinformationen

Die Gestaltung und Auswahl der Anzeigekonzepteerfolgten in drei Stufen. Im ersten Schritt wurden 19Anzeigekonzepte entworfen und mit dem Betreuer-kreis abgestimmt. Die daraus resultierenden elfKonzepte wurden im zweiten Schritt durch eine Vor-befragung von Autobahnnutzern weiter reduziertbzw. verändert. Die vier als am geeignetsten be-werteten Konzepte bildeten daraufhin im drittenSchritt die Grundlage für ein wahrnehmungspsy-chologisches Experiment, aus dem dann ein Ge-staltungsvorschlag abgeleitet wurde, der aus Fah-rersicht am besten für die Anzeige von Reisezeitin-formationen geeignet ist.

5.1 Entwurf der Anzeigekonzepte undVorauswahl

Die Resultate der Literaturrecherche (siehe Kapitel2.4) bilden die wesentliche Grundlage für den ers-ten Entwurf der Anzeigekonzepte.

Die Einbettung von Reisezeitinformationen sollteunter Beachtung der Hinweise für die einheitlicheGestaltung und Anwendung von dWiSta an Bun-desfernstraßen [11] erfolgen. Bild 5.1 zeigt die in

[11] gegebenen Hinweise und Empfehlungen fürdie dWiSta-Gestaltung. Dabei steht unter 1) dieStaulänge, unter 2) die Anschlussstellennummermit dem Anschlussstellennamen bzw. das Auto-bahnkreuz oder -dreieck, unter 3) das umgelenkteZiel oder die umgelenkten Ziele, unter 4) die Bun-desautobahn-Nummer (bei Bedarf mit Fernziel) undunter 5) ggf. weitere Bundesautobahnnummern(bei Bedarf mit Fernziel).

Für die Modifikation der Schilder wurden Informa-tionen genutzt, die alle für den Fahrer nützlichenZeit- und Entfernungsangaben, im Zusammenhangmit dem Stau und seiner Umfahrung, zusammen-fassen:

• für die Standardroute:

- Staulänge in Kilometern,

- Reisezeit zum Fernziel,

- Reisezeitverlängerung durch Stau,

• für die Alternativroute:

- Länge der Umfahrung,

- Reisezeit zum Fernziel,

- Reisezeitverlängerung durch Umfahrung,

- Reisezeitgewinn als errechnete Zeitdifferenzzwischen der Reisezeitverlängerung durchden Stau und der Reisezeitverlängerungdurch die Nutzung der Alternativroute.

Die Reisezeitinformationen und die bisherigen Anzeigeninhalte wurden systematisch variiert undin das Grundkonzept eingebaut. Nach Absprachemit dem Auftraggeber und dem Betreuerkreis wur-den bei der Erstellung folgende Punkte berück-sichtigt:

• Es können unscharfe Begriffe verwendet wer-den („schneller“, „länger“ etc.),

• die Angabe auf den Schildern sollte möglichstinternational verständlich sein,

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Bild 5.1: Bezugsfall gemäß den Hinweisen und Empfehlungenfür die dWiSta-Gestaltung

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• es kann eine Variante mit geografischen Rich-tungsangaben konzipiert werden,

• Zeitangaben sollten eher in der dritten Zeile desTextblockes angezeigt werden,

• es erfolgt keine farbige Darstellung,

• Symbole für die Reisezeit und Reisezeitverlän-gerung sind ausgeschlossen und

• es sollten möglichst keine unterschiedlichenMaßeinheiten in einer Zeile (über beiden Text-blöcken) angezeigt werden.

Insgesamt wurden 19 Planfälle skizzenhaft entwor-fen, die zusammen mit dem Bezugsfall die ersteDiskussionsgrundlage bilden. Auf eine schemati-sche Darstellung im vorliegenden Bericht wird ausPlatzgründen verzichtet.

Alle Entwürfe bezogen sich auf ein Autobahnkreuzim Zielgebiet der Vorbefragung (siehe Bild 5.14).Bild 5.2 zeigt beispielhaft einen Planfall, bei demdie Reisezeitverlängerung, d. h. die staubedingteZunahme der Reisezeit, auf der Standardroute undauf der Alternativroute eingefügt sind.

Aus Gründen der Platzersparnis in der Untersu-chung und in Anlehnung an die in [11] gegebenenHinweise und Empfehlungen für die dWiSta-Gestal-tung wurden nur die Autobahnnummern ohne Fern-ziele verwendet. Sie bildeten Platzhalter für mögli-che Zwischenziele, Kreuznamen oder Autobahn-nummern mit Fernzielen.

Dem Betreuerkreis wurden die 19 skizzierten Plan-fälle zur Abstimmung vorgelegt. Das resultierendeErgebnis wird wie folgt zusammengefasst:

• Es erfolgt keine Untersuchung geografischerRichtungsangaben,

• es wird auf die Anzeige der Gesamtreisezeitenverzichtet; Grund ist der fehlende Bedarf der Au-tofahrer an Informationen über die exakte Rei-sezeit bis zum Fernziel,

• als Darstellung des Reisezeitgewinns und -ver-lustes werden die Formen „+“, „-“ und „Gewinn“getestet,

• die Befragung sollte ergeben, ob die Angabe derStaulänge, der Verlustzeit oder beides ge-wünscht wird,

• die Begriffe „länger“ und „schneller“ werdennicht verwendet. „länger“ kann sowohl zeitlichals auch räumlich interpretiert werden,

• es bestehen Zweifel daran, ob mathematischeZeichen wie „<“ allgemein geläufig sind, und

• auf die Angabe der Umweglänge wird verzichtet,da laut FÄRBER et al. [21] die befragten Autofa-hrer nicht daran interessiert sind; dies betrifft dieAngabe der Länge der Umfahrung als wichtigsteInformation.

Aus den Ergebnissen der Begutachtung wurdenzehn Planfälle sowie der Bezugsfall entworfen undals dWiSta-Schilder dem Zielgebiet entsprechendgrafisch aufbereitet.

Die angepassten dWiSta-Schilder sowie der Be-zugsfall sind im Folgenden dargestellt und kurz be-schrieben:

1. Planfall 1 (Bezugsfall)

Dieser entspricht dem bisherigen Stand aus [11]und beinhaltet keine Reisezeitangaben (sieheBild 5.3).

2. Planfall 2

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall ohneAngabe der Staulänge, aber mit der zusätzli-chen Angabe der Verlustzeiten auf der Stan-dardroute durch den Stau (siehe Bild 5.4).

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Bild 5.2: Planfall mit Angabe der Verlustzeiten auf Standard-und Alternativroute

Bild 5.3: Planfall 1 (Bezugsfall)

Bild 5.4: Planfall 2 – Bezugsfall ohne Staulänge, Verlustzeitauf der Standardroute

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3. Planfall 3

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall mit derzusätzlichen Angabe der Verlustzeiten auf derStandardroute durch den Stau (siehe Bild 5.5).

4. Planfall 4

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall ohneAngabe der Staulänge, aber mit der zusätzli-chen Angabe der Verlustzeiten auf der Stan-dardroute durch den Stau und der Verlustzeitendurch die Nutzung der Umfahrung im Vergleichzur Standardroute ohne Stau (siehe Bild 5.6).

5. Planfall 5

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall mit derzusätzlichen Angabe der Verlustzeiten auf derStandardroute durch den Stau und der Verlust-zeiten durch die Nutzung der Umfahrung im Ver-gleich zur Standardroute ohne Stau (siehe Bild5.7).

6. Planfall 6

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall ohneAngabe der Staulänge, aber mit der zusätzli-

chen Angabe des Reisezeitgewinns durch dieNutzung der Umfahrung, dargestellt durch ein„+“ (siehe Bild 5.8).

7. Planfall 7

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall mit derzusätzlichen Angabe des Reisezeitgewinnsdurch die Nutzung der Umfahrung, dargestelltdurch ein „+“ (siehe Bild 5.9).

8. Planfall 8

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall ohneAngabe der Staulänge, aber mit der zusätzli-chen Angabe des Reisezeitgewinns durch dieNutzung der Umfahrung, dargestellt durch ein „-“ (siehe Bild 5.10).

9. Planfall 9

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall mit derzusätzlichen Angabe des Reisezeitgewinnsdurch die Nutzung der Umfahrung, dargestelltdurch ein „-“ (siehe Bild 5.11).

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Bild 5.5: Planfall 3 – Bezugsfall mit Verlustzeit auf der Stan-dardroute

Bild 5.6: Planfall 4 – Bezugsfall ohne Staulänge, Verlustzeitauf Standard- und Alternativroute

Bild 5.7: Planfall 5 – Bezugsfall mit Verlustzeit auf der Stan-dard- und der Alternativroute

Bild 5.8: Planfall 6 – Bezugsfall ohne Staulänge, mit Ge-winnzeit („+“) durch Umfahrung

Bild 5.9: Planfall 7 – Bezugsfall mit Gewinnzeit („+“) durchUmfahrung

Bild 5.10: Planfall 8 – Bezugsfall ohne Staulänge, mit Ge-winnzeit („-“) durch Umfahrung

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10. Planfall 10

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall ohneAngabe der Staulänge, aber mit der zusätzli-chen Angabe des Reisezeitgewinns durch dieNutzung der Umfahrung, dargestellt durch „Ge-winn“ (siehe Bild 5.12).

11. Planfall 11

Dieser Planfall entspricht dem Bezugsfall mitder zusätzlichen Angabe des Reisezeitgewinnsdurch die Nutzung der Umfahrung, dargestelltdurch „Gewinn“ (siehe Bild 5.13).

Diese elf Planfälle werden im folgenden Schrittdurch die Befragung von Probanden einer Voraus-wahl unterzogen. Diese ist im folgenden Kapitel be-schrieben.

5.2 Vorbefragung zur Auswahl der An-zeigekonzepte

Nach der Vorauswahl der Planfälle durch den Auf-traggeber und den Betreuerkreis erfolgte die Befra-gung von Autobahnnutzern zur weiteren Reduktion

der Anzeigekonzepte. Ziel der Befragung war, ma-ximal vier geeignete Anzeigekonzepte zu bestim-men, die dann weiteren experimentalpsychologi-schen Untersuchungen im Labor unterzogen wer-den.

Die Befragung muss den folgenden Kriterien genü-gen:

• Es sollte eine möglichst repräsentative Stichpro-be von Autobahnnutzern in einem Einsatzgebietvon dWiSta-Tafeln befragt werden,

• die Befragten sollten die Planfälle möglichst naivinterpretieren, um so die Verständlichkeit derReisezeit- und Stauangaben auch ohne Vorwis-sen testen zu können,

• die Befragten sollten die Planfälle im Hinblickauf die Verständlichkeit und den Nutzen bewer-ten und

• den Befragten sollte auch die Möglichkeit gege-ben werden, eigene Wünsche in die Gestaltungeinzubringen.

Als Untersuchungsmethode wurde das strukturierteInterview ausgewählt, da nur hier eine direkte Inter-aktion mit dem Befragten möglich ist. Vor allem beider Präsentation der Planfälle war ein gezieltesNachfragen erforderlich, da sonst wichtige Informa-tionen nicht erfasst werden konnten.

Als ein geeignetes Zielgebiet für die Befragungwurde der Raum Leipzig-Halle ausgewählt, da dorteinerseits mit Beginn der Befragung auch dWiSta-Tafeln aufgestellt wurden und da er andererseitseine räumliche Nähe zum Sitz des Auftragnehmers(TU Chemnitz) aufweist (siehe Bild 5.14). Als direk-te Befragungspunkte wurden der Flughafen Leip-zig-Halle und ein Autohof im Zielgebiet gewählt. ImZielgebiet stand ein engmaschiges Autobahnnetzkurz vor der Vollendung und an drei Querschnittenwaren dWiSta-Tafeln vorhanden.

5.2.1 Anforderungen an die Interview-gestaltung

Um genügend Probanden im Zielgebiet effektiv be-fragen zu können, muss ein Kompromiss auseinem Maximum an Information für den Befragen-den und einem Minimum an Zeitaufwand für denBefragten gefunden werden. Diesem Ziel dienendie folgenden Maßnahmen bei der Interviewgestal-tung und -durchführung:

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Bild 5.11: Planfall 9 – Bezugsfall mit Gewinnzeit („-“) durchUmfahrung

Bild 5.12: Planfall 10 – Bezugsfall ohne Staulänge, mitGewinnzeit („Gewinn“) durch Umfahrung

Bild 5.13: Planfall 11 – Bezugsfall mit Gewinnzeit („Ge-winn“) durch Umfahrung

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• Die Gesamtlänge des Interviews sollte 15 Minu-ten nicht überschreiten,

• für ganz Eilige wurde auch eine Kurzvariantedes Interviews entwickelt, die einen Zeitaufwandvon nur 5 Minuten benötigt,

• den Probanden wurde ein materieller Anreiz inForm von Geld geboten und

• das Interview sollte an einem Flughafen im Ziel-gebiet durchgeführt werden, da aufgrund vonErfahrungen aus früheren Projekten angenom-men wurde, dass die dort Wartenden mehr Zeitfür die Beantwortung von Fragen aufbringenkönnten.

Die Erhebung bestätigte diese Annahmen, da imZeitraum von einer Woche 100 Probanden befragtwerden konnten.

5.2.2 Die Interviewvarianten

Überblick über die Lang- und Kurzvariante

Das Interview wurde in zwei Varianten angeboten,einer Langvariante und einer Kurzvariante.

Die Langvariante des Interviews umfasste einenzeitlichen Rahmen von ca. 15 Minuten und glieder-te sich inhaltlich in:

• eine Frage zu gewünschten Stauangaben,

• die naive Interpretation von fünf Planfällen imHinblick auf die Reisezeitangaben,

• die Bewertung aller elf Planfälle im Vergleich,

• die Gestaltungsmöglichkeit eines Planfallesunter Vorgabe bestimmter Inhalte, aber auchder Entwurfsmöglichkeit gewünschter Inhalteund

• abschließende Angaben zur Person.

Die Kurzvariante bildete einen Ausschnitt der Lang-variante und beinhaltete nur die folgenden Teilas-pekte:

• eine Frage zu gewünschten Stauangaben,

• die Gestaltungsmöglichkeit eines Planfallesunter Vorgabe bestimmter Inhalte, aber auchder Entwurfsmöglichkeit gewünschter Inhalteund

• abschließende Angaben zur Person.

Im Folgenden wird der strukturierte Ablauf derLangvariante des Interviews beschrieben. Es wird

darauf verwiesen, welche Interviewabschnitte auchin der Kurzvariante vorkommen.

Ablauf der Interviews

Begrüßung (Lang- und Kurzvariante)

Beide Interviewvarianten begannen mit der Be-grüßung und einer kurzen Einführung. Der Intervie-wer stellte sich vor und informierte über den Anlassder Befragung („Im Auftrag der Bundesanstalt fürStraßenwesen führen wir eine Befragung zumThema Stau durch“). Außerdem wurde geklärt, obder Befragte einen Führerschein besitzt. Befragtenunter Zeitdruck wurde die Möglichkeit des Kurzin-terviews angeboten. Nach der Einwilligung in dieTeilnahme wurde das Einverständnis zur Tonband-aufnahme eingeholt. Es wurde betont, dass die In-formationen streng vertraulich behandelt werden.

Rangfolge unterschiedlicher Stauinformationen(Lang- und Kurzvariante)

Beide Interviewvarianten begannen mit der Frage:

„Ihnen wird jetzt eine Frage zum Thema „Stau“ ge-stellt. Stellen Sie sich nun vor, Sie befinden sich aufder Autobahn. Ihnen wird ein Stau mit genauerLage gemeldet. Sie haben nun die Möglichkeit, dieStauhotline anzurufen und eine einzige Frage be-züglich des Staus zu stellen. Welche wäre das?“

Diese Frage wurde an die erste Position im Inter-view gesetzt, um eine naive und unbeeinflussteAntwort des Probanden zu erhalten. Ziel war die Er-hebung einer Rangfolge gewünschter Stauinforma-tionen.

Interpretation der Planfälle (nur Langvariante)

Nun folgte, nur in der Langvariante, die Aufgabe zur„naiven“ Schildinterpretation. Dabei sollten die Pro-banden den Inhalt des Schildes erfassen und diedarauf befindlichen Zeitangaben als solche in ihrerBedeutung richtig erkennen. Die Reihenfolge derDarbietung der Planfälle wurde randomisiert undausbalanciert. Jeder Planfall sollte an einer Positionin der Abfolge (eins bis fünf) gleich häufig gezeigtwerden und die Abfolge der Planfälle für jeden Pro-banden möglichst unterschiedlich sein.

Für die naive Interpretation der Planfälle wurde derBefragte gebeten, nach einer kurzen Einführung indie Autobahnkreuze und der realitätsnahen Abfolgeder vorgeschriebenen Verkehrsschilder, das

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dWiSta-Schild zu interpretieren. Dabei erhielt derProband die folgenden Informationen:

„Vor Ihnen liegt nun die Skizze der Autobahnen imRaum Leipzig/Halle (A 9/A 14/A 38/A 143). StellenSie sich nun vor, Sie fahren auf der Bundesauto-bahn A 14 aus Richtung Magdeburg in RichtungDresden.“ (Vorlage Bild 5.14)

Diese Übersicht blieb sichtbar für den Probandenliegen.

„Am Autobahnkreuz Schkeuditz sehen Sie nachei-nander folgende Schilder über der Fahrbahn.“

Dem Probanden wurden nun Abbildungen des Au-tobahnwegweisers zur Kreuzankündigung (sieheBild 5.15), das dWiSta-Schild (siehe Bild 5.16), derVorwegweiser (siehe Bild 5.17) und noch einmaldas dWiSta-Schild (siehe Bild 5.18) vorgelegt. DieDarbietungsdauer pro Schild betrug mindestensfünf Sekunden, wenn es der Proband wünschte,auch länger.

Das dWiSta-Schild blieb nach der zweiten Präsen-tation offen liegen und der Proband wurde gefragt:

„Was könnte der Inhalt dieses Schildes bedeuten?“

Nach der Interpretation des dWiSta-Schildes wur-den nacheinander noch vier weitere Abbildungenvorgelegt, die sich dann nur in den Reisezeitanga-ben unterschieden. Bei jedem neuen dWiSta-Schildwurden die Probanden gefragt:

„Was könnten die geänderten Zeitangaben auf demSchild bedeuten?“

Die Ergebnisse wurden in Kurzform im Fragebogennotiert und auch auf einem Audio-Rekorder aufge-zeichnet.

Die Auswahl der zu zeigenden dWiSta-Schilder er-folgte in Abhängigkeit der Beantwortung der vo-rausgehenden Frage: Hatte der Proband in derFrage nach seinen gewünschten Stau-Angaben dieStaulänge erwähnt, so sah er alle dWiSta-Schildermit Angaben zur Staulänge und Reisezeit (Planfäl-le 3, 5, 7, 9 und 11, siehe Kapitel 5.1). Bei allen an-

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Bild 5.14: Erhebungsgebiet

Bild 5.15: Kreuzankündigung

Bild 5.16: dWiSta-Schild – erste Vorlage

Bild 5.17: Vorwegweiser

Bild 5.18: dWiSta-Schild – zweite Vorlage

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deren Antworten auf die erste Frage sah der Pro-band nur dWiSta-Schilder mit Angaben zur Reise-zeit, aber nicht zur Staulänge (Planfälle 2, 4, 6, 8und 10, siehe Kapitel 5.1). Der Bezugsfall (Planfall1, siehe Kapitel 5.1) wurde in dieser Aufgabe nichtverwendet.

Die fünf gezeigten Planfälle wurden randomisiertdargeboten, um Positions- und Reihenfolgeeffektenvorzubeugen. Der Interviewer fragte explizit nachZeit- und Längenangaben in den Konzepten, wennder Proband nicht selbstständig darauf einging.Wenn die Informationen über die dargestellte Situa-tion, also ein Stau nach dem AutobahnkreuzSchkeuditz und Umleitung über die A 9 und die A 38, nicht verstanden wurden, wurde der Probanddarüber aufgeklärt. Dadurch wurde das nötige Ver-ständnis für die Interpretation gewährleistet.

Aufklärung über den Studienhintergrund (Lang- und Kurzvariante)

Im Anschluss wurden die Befragten über den Studi-enhintergrund und das Ziel der Befragung aufge-klärt, um sie mit der Thematik vertraut zu machen.Hier wurde ihnen vermittelt, wozu die dWiSta-Schil-der (Planfälle) entwickelt wurden und welchemZweck die Untersuchung dient.

Vergleichende Bewertung der Planfälle (nur Langvariante)

Die vergleichende Bewertung der Anzeigekonzeptehinsichtlich Verständlichkeit und Nützlichkeit fürden Autofahrer ist nur in der Langvariante des In-terviews vorzufinden. Ziel war, diese beiden wichti-gen Konzepte in einer Aufgabe zu verbinden unddie Ergebnisse als Grundlage für die Bildung einerpositiven Rangreihe (beste Konzepte) und einer ne-gativen Rangreihe (schlechteste Konzepte) heran-zuziehen.

Unter der Kenntnis des Studienhintergrundeswurde dem Probanden eine Übersicht aller elf Plan-fälle vorgelegt und die dargestellten Zeit- und Län-genangaben detailliert erklärt.

Im Anschluss wurde dem Probanden folgende Auf-gabe gestellt:

„Bitte wählen Sie aus dieser Übersicht drei Schilderaus, die Ihnen in einer Stausituation am meistenweiterhelfen würden bzw. am verständlichsten er-scheinen, und bringen Sie diese in eine Reihenfol-ge (eine so genannte Top 3).“

War diese Top 3 gebildet, fuhr der Versuchsleiterfort:

„Bitte wählen Sie nun auch die drei Varianten aus,die am unverständlichsten sind bzw. Ihnen am we-nigsten weiterhelfen.“

Offene Planfallgestaltung (Lang- und Kurzvariante)

Die offene Gestaltungsmöglichkeit eines Planfalles,unter Vorgabe bestimmter Inhalte und der Ent-wurfsmöglichkeit gewünschter Informationen, warInhalt beider Interviewvarianten. Dieses Item wurdeals letzter Befragungspunkt gewählt, da für die of-fene Darstellung die Inhalte der vorangegangenAufgaben von Bedeutung sind.

Dem Probanden wurde eine Vorlage präsentiert,welche die Rahmenbedingungen zur Gestaltungder dWiSta [11] erfüllte. Diese waren als festste-hende Bestandteile des Schildes vorgegeben, wiees in Bild 5.19 ersichtlich ist.

Der Befragte hatte nun die Möglichkeit, alle für ihnrelevanten Reisezeitangaben selbst in die Vorlagezu integrieren. Für den Entwurf standen dem Pro-banden je drei Zeilen für die Standard- sowie Alter-nativroute zur Verfügung. Aus den Möglichkeitenzur Gestaltung konnte er für die Standardroute dieAngaben „+25 min“ und „4 km“ auswählen,während für die Alternativroute die Reisezeitanga-ben „+15 min“, „-15 min“, „15 min Gewinn“ als Ge-winnangaben, sowie „+10 min“ als Reisezeitver-längerung zur Verfügung standen. Der Interviewererklärte die einzelnen Reisezeitangaben noch ein-mal.

Die Instruktion für den Befragten lautete:

„Um auch von uns nicht bedachte Wünsche erfas-sen zu können, haben wir hier ein Schild für Sievorbereitet, in dem Sie selbst die möglichen Anga-ben in einem bestimmten Rahmen platzieren bzw.verfassen können. Vor Ihnen befindet sich ein 4 kmlanger Stau. Dieser Stau verursacht einen Zeitver-

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Bild 5.19: Vorlage offene Planfallgestaltung

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lust von 25 min. Die Umfahrung führt zu einer Ver-längerung der Fahrzeit von 10 min. Das bedeutetauch, dass die Umfahrung im Vergleich zum Staueinen Zeitgewinn von 15 min bringt. Wählen Sie diefür Sie wichtigen Angaben bzw. entwerfen Sieselbst fehlende Angaben und ordnen Sie die Kartenso, wie es für sie am besten und verständlichstenist. Sie müssen nicht alle Angaben wählen und eskann auch eine schon gezeigte Variante sein.“

Biografische Angaben (Lang- und Kurzvariante)

Zum Abschluss des Interviews wurden noch Anga-ben zur Person erhoben. Dazu zählten das Ge-schlecht, das Geburtsjahr, ob der Proband Berufs-kraftfahrer war oder nicht, die Jahreskilometerleis-tung (im Besonderen auf Autobahnen), die Orts-kenntnisse bezüglich der Autobahnen im Erhe-bungsgebiet, die Frequenz von Stausituationen unddie bisherige Nutzung von Reisezeitangaben.

5.2.3 Orte und Zeitraum der Befragung

Der Hauptteil der Befragung fand im Zeitraum vom3. Juli bis zum 7. Juli 2006 an zwei Erhebungsortenstatt.

Der Großteil der Erhebung (67 Interviews) erfolgtedirekt im Gebäude des Flughafens Halle-Leipzig.Dieser Ort erwies sich als ideal, da er direkt vordem Sicherheitsbereich liegt und somit sehr vieleReisende auf dem Weg zu ihrem Flug befragt wer-den konnten. Auch die dort auf Fluggäste warten-den Personen ließen sich gern auf das Interviewein.

Als zweiter Erhebungsort wurde der Autohof BadDürrenberg an der Bundesautobahn A 9 gewählt.Auch dieser Befragungsort war ideal, da er von bei-den Richtungen der A 9 direkt angefahren werdenkann und auch in beiden Richtungen dWiSta-Tafelnaufgestellt sind. Der Grundgedanke war hier, einegroße Anzahl an Lkw-Fahrern befragen zu können,da diese eine interessante Zielgruppe für möglicheStauhinweise darstellen.

In einer Nacherhebung Anfang August 2006 wur-den acht Probanden an der TU Chemnitz befragtund nachträglich in die Stichprobe integriert.

5.2.4 Stichprobe

Die Altersverteilung der 108 Befragten ist in Bild5.20 dargestellt. Das Durchschnittsalter beträgt

43,45 Jahre bei einer Standardabweichung von13,99 Jahren (siehe Bild 5.20).

Von den 108 Probanden wurden 81 Probanden mitder Langvariante und 27 mit der Kurzvariante be-fragt. Auch hier wurde der Altersmittelwert berech-net. Die Langversion zeigt einen Mittelwert von42,86 Jahren (SD = 13,85, siehe Bild 5.21) und dieKurzversion einen Mittelwert von 45,22 Jahren (SD= 14,48, siehe Bild 5.22).

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Bild 5.20: Altershäufigkeiten Stichprobe

Bild 5.21: Altershäufigkeiten Langversion

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Die Gesamtzahl der befragten Berufskraftfahrer be-trägt 13 und wird damit als nicht repräsentativ be-trachtet. Es stellte sich als erstaunlich schwierigheraus, die Lkw-Fahrer zu einer Mitarbeit zu bewe-gen, obwohl diese ihre gesetzlich vorgeschriebenePause von 45 Minuten an der Raststätte absolvier-ten und ihnen auch die schon erwähnte finanzielleEntschädigung zugesagt wurde.

In Bild 5.23 sind die Jahreskilometerleistung undder prozentuale Anteil davon auf Autobahnen abge-tragen.

Die Ortskenntnisse auf den Autobahnen im Erhe-bungsgebiet sind in Bild 5.24 als prozentualer Anteilabgebildet.

Bild 5.25 veranschaulicht die angegebene Häufig-keit der Befragten, auf einen Stau zu treffen, umge-rechnet in Tage pro Jahr. Acht Befragte gaben an,jeden Tag auf einen Stau zu treffen.

Auf die Frage nach der Nutzung von Reisezeitan-gaben antworteten 76 % der Befragten mit „ja“ undgaben an, welche sie schon einmal genutzt haben.

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Bild 5.22: Altershäufigkeiten Kurzversion

Bild 5.23: Jahreskilometer und deren prozentualer Anteil aufAutobahnen

Bild 5.24: Ortskenntnisse der Probanden

Bild 5.25: Häufigkeit, auf einen Stau zu treffen – Angabe proJahr

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In Bild 5.26 sind die Häufigkeiten der Antworten ab-getragen.

5.2.5 Ergebnisse

Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt analog zurReihenfolge, in der die Befragung durchgeführtwurde.

Informationen zum Stau

Die Ergebnisse der ersten Frage zur gewünschtenInformation über den Stau ist in Bild 5.27 veran-schaulicht. Die Information zur Staulänge wirddabei am häufigsten gewünscht (von 38 Proban-den, 35,2 %), gefolgt von der Information zur Um-fahrung des Staus (35 Probanden, 32,4 %) und aufPlatz drei die Information über die Stauzeit (15 Pro-banden, 13,9 %). Es folgen auf Platz vier die Infor-mation über die nächste Abfahrt (11 Probanden,10,2 %), auf den Plätzen fünf und sechs mit jeweilsdrei Probanden (2,8 %) die Angaben zur Art desStaus und wann dieser sich auflöst, auf dem vor-letzten Platz mit zwei Probanden (1,9 %) die Aktua-lität der Meldung und auf dem letzten Platz die In-formation über den Ort des Stauendes (1 Proband,0,9 %).

Interpretation der Planfälle

An dieser Stelle wird angemerkt, dass von den 81Probanden (Langvariante) nur 63 in diese Auswer-tung einbezogen werden. 15 Befragte müssen aus-

geschlossen werden, da sie das Gesamtschild mitden darauf befindlichen Angaben zum Stau und derUmfahrungsmöglichkeit nicht richtig interpretierten.Auf diese Probanden wird in Kapitel 5.2.6 nähereingegangen. Bei drei Probanden war dieser Teildes Interviews durch eine defekte Audio-Datei nichtmehr eindeutig nachvollziehbar.

Da der Fokus der Untersuchung auf den Angabenzu Reisezeiten liegt, erfolgt die Auswertung derPlanfälle ausschließlich im Hinblick auf diese. DieAngabe zur Staulänge wird dabei vernachlässigt.Aus diesem Grunde werden jeweils ähnliche Plan-fälle, die sich nur in der Angabe der Staulänge un-terscheiden, zusammengefasst. Dies betrifft allePlanfälle, außer Planfall 1 (siehe Kapitel 5.1).

Eine gesonderte Bedeutung wird der Position desjeweilig gezeigten Planfalls in der Präsentation bei-gemessen. Es wird davon ausgegangen, dass diePräsentation und Interpretation eines Planfalls diedarauf folgende Interpretation eines neuen Plan-falls beeinflussen.

Es folgen die Erkennungsraten für die jeweiligenPaare von Planfällen. Die Planfälle in den Gruppen(mit und ohne Staulängenangabe) wurden jeweils63 Probanden gezeigt, verteilt auf fünf Positionen.Es liegen mindestens zehn Interpretationen pro Po-sition und Planfallpaar vor.

Planfälle 2 und 3 („+25 min“; „-“)

Insgesamt interpretierten 87,3 % aller Interviewtendiese zwei Schilder richtig (siehe Tabelle 5.1). An

93

Bild 5.26: Nutzung von Reisezeitangaben Bild 5.27: Gewünschte Stauinformation

Page 95: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

erster Position gezeigt, erkannten 92,8 % die Zeit-angabe inhaltlich fehlerfrei. In den Positionen zwei(81,8 %), drei (84,6 %) und vier (76,9 %) fiel dasVerständnis der Konzepte etwas geringer aus. Amhäufigsten werden die Planfälle in Position 5 mit100 % erkannt.

Planfälle 4 und 5 („+25 min“; „+10 min“)

Die Planfälle 4 und 5 wurden von 79,3 % der Be-fragten richtig erkannt (siehe Tabelle 5.2). Auf Posi-tion eins erkannten 69,2 % der Befragten die Be-deutung der zwei Zeitangaben korrekt. An Position2 (90,0 %) und 3 (92,3 %) konnte die Erkennungs-rate gesteigert werden. Diese fiel dann wieder aufden Positionen 4 (76,9 %) und 5 (71,4 %) ab.

Planfälle 6 und 7 („-“; „+15 min“)

Die Anzeigekonzepte 6 und 7 wurden insgesamt zu38,1% richtig interpretiert, wobei die Fehleranzahlmit der Position der Schilder abnahm (siehe Tabel-le 5.3). Die geringste Erkennungsrate ist in der Po-sition 1 mit 25 % zu finden. In Position 2 (27,3 %)und 3 (38,5 %) fiel die Anzahl der Fehler schon ge-ringer aus. Am häufigsten wurden die Zeitangabenin Position 4 und 5 mit jeweils 50 % Trefferquoterichtig erkannt.

Planfälle 8 und 9 („-“; „-15 min“)

Die Schilder 8 und 9 wurden zu 69,8 % richtig in-terpretiert (siehe Tabelle 5.4). Die meisten Fehlertraten bei der Interpretation in den Positionen 1 und2 mit 63,6 % und 62,5 % richtig erkannten Zeitan-gaben auf. Auf Position 3 lag die Trefferquote bei75,0 %, bei Position 4 bei 69,2 % und auf Position5 bei 81,8 %.

Planfälle 10 und 11 („-“; „15 min Gewinn“)

Die beiden Anzeigekonzepte wurden von den Be-fragten zu 98,4 % richtig interpretiert (siehe Tabelle5.5). Die Planfälle wurden, mit Ausnahme von Posi-tion 4 (91,7 %), auf allen anderen Positionen zu 100 % erkannt.

Vergleich der Planfälle

Bei der vergleichenden Schilderbewertung mit allenelf Planfällen sollen die drei besten und die dreischlechtesten Planfälle, unter den Kriterien Ver-ständlichkeit und Nutzen in einer Stausituation,ausgewählt werden.

Zur Bildung einer Rangreihe wurden Plus- und Mi-nuspunkte wie folgt vergeben: 3 Punkte für das

94

Tab. 5.1: Interpretation der Planfälle – Varianten 2 und 3

Tab. 5.2: Interpretation der Planfälle – Varianten 4 und 5

Tab. 5.3: Interpretation der Planfälle – Varianten 6 und 7

Tab. 5.4: Interpretation der Planfälle – Varianten 8 und 9

Tab. 5.5: Interpretation der Planfälle – Varianten 10 und 11

Position

1 2 3 4 5 ges.

gezeigt 14 11 13 13 12 63

richtig 13 9 11 10 12 55

% 92,8 81,8 84,6 76,9 100,0 87,3

Position Position

1 2 3 4 5 ges.

gezeigt 13 10 13 13 14 63

richtig 9 9 12 10 10 50

% 69,2 90,0 92,3 76,9 71,4 79,3

Position Position

1 2 3 4 5 ges.

gezeigt 12 11 13 12 15 63

richtig 3 3 5 6 7 24

% 25,0 27,3 38,5 50,0 46,7 38,1

Position Position

1 2 3 4 5 ges.

gezeigt 13 15 12 12 11 63

richtig 13 15 12 11 11 62

% 100,0 100,0 100,0 91,7 100,0 98,4

Position Position

1 2 3 4 5 ges.

gezeigt 11 16 12 13 11 63

richtig 7 10 9 9 9 44

% 63,6 62,5 75,0 69,2 81,8 69,8

Bild 5.28: Punkteverteilungen für die einzelnen Schildvarianten

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beste, 2 Punkte für das zweitbeste, 1 Punkt für dasdrittbeste, -3 Punkte für das schlechteste, -2 Punk-te für das zweitschlechteste und -1 Punkt für dasdrittschlechteste Schild.

In Bild 5.28 ist die Punkteverteilung für die elf Plan-fälle erkennbar. Die Planfälle 5 und 11 sind mit einerSumme von 87 und 88 Punkten am besten bewer-tet worden. Der Planfall 1 wird mit einer Summevon -90 am schlechtesten bewertet, gefolgt von denPlanfällen 2 und 8 mit jeweils einer Summe von -51und -50. Die restlichen Planfälle heben sich nichtaus dem Mittelfeld ab. Es fällt auf, dass von den zu-sammen betrachteten Planfällen (2 und 3, 4 und 5,6 und 7, 8 und 9, 10 und 11) immer die Varianteohne Angabe der Staulänge die schlechtere Be-wertung bekommt.

Offene Planfallgestaltung

Die Aufgabe der freien Gestaltung eines Anzeige-konzeptes dient zur Erfassung nicht bedachterWünsche der Probanden. Tabelle 5.6 gibt einenÜberblick über die Häufigkeiten der gewünschtenAngaben.

Bezüglich des Staus wird die Angabe „4 km“ von 84 % der Befragten favorisiert. Die Zeitangabe „+25 min“ wird von 70 % der Probanden ge-wünscht. Hinsichtlich der Umfahrung wird die An-gabe „15 min Gewinn“ mit 54 % am häufigsten ge-wählt, gefolgt von „+10 min“ (23 %) als Zeitdauerder Umfahrung. Die Kilometerangabe der Umfah-rung wird von 15 % der Probanden als Zusatzan-gabe gewünscht. Die Angaben „-15 min“ und „+15min“ wurden von 7 % bzw. 1 % der Probanden ge-wünscht.

Die am häufigsten gestalteten Anzeigekonzeptesind:

1. eine Mischform aus den bisherigen Konzepten 3und 11 (29,6 % der Probanden, Bild 5.29),

2. das bisherige Anzeigekonzept 5 (15,7 %, Bild5.30),

3. das bisherige Anzeigekonzept 11 (8,3 %, Bild5.31).

5.2.6 Fehlerhafte Interpretationen des Gesamt-schildes

Wie bereits in Kapitel 5.2.5 angedeutet, bereiteteeinigen Probanden die Interpretation des Gesamt-schildes Schwierigkeiten. Diese Fehlinterpretatio-nen werden in diesem Kapitel eingehender be-trachtet.

Die Planfälle wurden bei der naiven Interpretationvon 15 der 78 mit einer auswertbaren LangvarianteBefragten nicht richtig verstanden (19,2 %). Diehäufigsten Fehler bei der Interpretation der Schilderwaren:

• Das komplette Schild wurde nicht verstanden(Teilung des Schildes, Probanden vermutetenalle Angaben für die Strecke A 14 RichtungDresden, 7 Probanden),

• der Stau beginnt 4 km nach dem Kreuz Schkeu-ditz (6 Probanden),

• ein Proband konnte „via“ nicht interpretieren und

95

Tab. 5.6: Gewünschte Angaben in % der Probanden

Standardroute

%

Alternativroute

%

4 km 84 15 min Gewinn 54

+25 min 70 +10 min 23

km Umfahrung 15

-15 min 7

Bild 5.29: Platz eins der freien Gestaltung (Mischform)

Bild 5.30: Platz zwei der freien Gestaltung (Planfall 5)

Bild 5.31: Platz drei der freien Gestaltung (Planfall 11)

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• ein Proband vermutete die Umleitung über die A 9 oder die A 38.

Eine Vermutung war, dass es möglicherweise einenZusammenhang zwischen dem Alter der Proban-den und der Fehlinterpretation geben könnte. EineKorrelation erbrachte signifikante Ergebnisse (r = .452, p < .001).

5.2.7 Interpretation

Im Falle eines Verkehrsstaus werden am häufigs-ten Informationen über eine Ausweichmöglichkeiterbeten (Umfahrung und nächste Abfahrt). Es fol-gen Informationen über die Staulänge, dann überdie Stauzeit. Diese Ergebnisse bestätigen die Un-tersuchung von FÄRBER und FÄRBER et al. [21].

Bezüglich der naiven Interpretation schneiden diePlanfälle 10 und 11 (/, „15 min Gewinn“) am bestenab. Sie werden auf allen Positionen sehr gut er-kannt, auch auf der ersten (unbeeinflusst von vor-herigen Planfällen). Es folgen auf Platz zwei diePlanfälle 2 und 3 („+25 min“, /), gefolgt von 4 und 5(„+25 min“, „+10 min“). Bei den letzteren Planfällenwurden auf der Position 1 (also völlig unbeeinflusst)nur zwei Drittel der gezeigten Zeitangaben richtiginterpretiert. Das zeigt, dass die Probanden beieinem Erstkontakt mit diesem Schild möglicherwei-se Probleme haben, diese aber durch einen Lern-prozess kompensiert werden können. Auf dem vier-ten Platz folgen die Varianten 8 und 9 (/, „-15 min“).Auf dem letzten Platz liegen die Planfälle 6 und 7 (/, „+15 min“), mit einer sehr geringen Erkennungs-rate von knapp 40 %. Hier lag der häufigste Fehlerin der Interpretation der Zeitangabe als eine Fahr-zeitverlängerung auf der Alternativroute und nichtals eine Angabe eines Reisezeitgewinns.

Bei der vergleichenden Bewertung der Planfällewurden die Planfälle 5 („+ 25 min“, „+ 10 min“) und11 (/, „15 min Gewinn“) am besten bewertet, diePlanfälle 1 (Bezugsfall ohne Reisezeitangaben), 2 („+25 min“, /) und 8 (/, „-15 min“) am schlechtes-ten. Auch wurde deutlich, dass die Probanden Plan-fälle ohne Staulängenangabe grundlegendschlechter bewerteten.

In der freien Gestaltung wurde noch einmal deut-lich, welche Planfälle von den Probanden ge-wünscht wurden. Dazu zählen die Mischform ausPlanfall 3 („+25 min“, /) und 11 (/, „15 min Gewinn“),der Planfall 5 („+25 min“, „+10 min“) und der Plan-fall 11 (/, „15 min Gewinn“).

5.2.8 Fazit

Nach eingehender Betrachtung und Diskussion derErgebnisse der Vorbefragung wurden, in Abstim-mung mit dem Auftraggeber und dem Betreuer-kreis, die folgenden vier Planfälle für die weitereUntersuchung im wahrnehmungspsychologischenExperiment ausgewählt:

1. Bezugsfall – nur Angabe der Staulänge (Planfall1, Bild 5.32),

2. Planfall mit der Angabe der Staulänge, Staudau-er und Reisezeitverzögerung durch Nutzung derUmfahrung (Planfall 5, Bild 5.33),

3. Planfall mit der Angabe der Staulänge, und des Zeitgewinns im Vergleich zum Stau durchdie Nutzung der Umfahrung (Planfall 11, Bild5.34),

4. Planfall mit der Angabe der Staulänge, Staudau-er und des Zeitgewinns im Vergleich zum Staudurch die Nutzung der Umfahrung (Mischformaus Planfall 3 und 11, Bild 5.35).

96

Bild 5.32: Auswahl 1 für die weitere Untersuchung – Be-zugsfall

Bild 5.33: Auswahl 2 für die weitere Untersuchung – Plan-fall 5

Bild 5.34: Auswahl 3 für die weitere Untersuchung – Plan-fall 11

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Im folgenden Kapitel wird die Untersuchung dieserausgewählten Planfälle beschrieben.

5.3 WahrnehmungspsychologischesLaborexperiment

5.3.1 Einführung

Ziel des Laborexperiments

Ziel des Laborexperiments war es, eine Gestal-tungsempfehlung für die Einbettung von Reisezeit-angaben in die dWiSta-Tafeln zu geben. Diesestützt sich auf die Bewertung der verbliebenen dWiSta-Varianten im Hinblick auf.

• den Zeitbedarf für die vollständige Informations-aufnahme (objektiv),

• den Zeitbedarf für die Entscheidung unter vor-gegebenen Kriterien (objektiv) und

• die subjektive Beurteilung der Anzeigekon-zepte.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Befragungwurden vier Darstellungsmöglichkeiten der Reise-zeitangaben zur weiteren Untersuchung im Labor-experiment ausgewählt (siehe Kapitel 5.2.8).

Rahmenbedingungen

Die mögliche Beeinflussung eines Verkehrsteilneh-mers mit Hilfe von dWiSta-Tafeln ist durch zwei psy-chologische Prozesse gekennzeichnet, die

a) vollständige Informationsaufnahme und

b) Entscheidung zur weiteren Routenwahl.

Um eindeutig interpretierbare Ergebnisse zu er-halten, wurde eine experimentelle Trennung die-ser beiden Prozesse vorgeschlagen. Im Folgen-den werden die zwei Teilbereiche näher beschrie-ben.

Zeitbedarf für die vollständige Informationsauf-nahme

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sichFahrer so viele Informationen wie möglich wün-schen. Gerade hier stellt sich jedoch die Frage, obSchildvarianten mit einer hohen Informationsdichtein der realen Fahrsituation überhaupt vollständiggelesen werden können. Ein Teil des Experimentsbefasste sich daher ausschließlich mit der Erfas-sung der Zeit, die benötigt wird, um alle Informatio-nen auf der dWiSta-Tafel aufzunehmen. Die Ergeb-nisse sollen zeigen, wie schnell die verschiedenendWiSta-Varianten im Vergleich vollständig gelesenwerden können, unabhängig von der Interpretationder gezeigten Informationen.

Art und Dauer der Entscheidung unter vorgegebe-nen Kriterien

Nach der Informationsaufnahme erfolgt die Inter-pretation der Informationen im Hinblick auf ihre Re-levanz für die eigene Strecke. Sollte sich die Infor-mation als relevant erweisen, erfolgt eine Entschei-dung über die weitere Routenwahl, unter der Ein-wirkung verschiedener Einflussfaktoren. Zu diesenFaktoren zählen etwa die Länge und die Dauer desStaus sowie der Umfahrung, Zeitdruck, allgemei-nes Risikoverhalten des Fahrers, finanzielle Be-weggründe, das Vertrauen in die Zeitangaben etc.Um die dWiSta-Varianten auf der Ebene der Ver-ständlichkeit bzw. Interpretierbarkeit vergleichen zukönnen, musste von den Probanden eine Entschei-dung abgefragt werden, die eindeutig als richtigoder falsch beurteilt werden konnte. Deshalb wurdeden Probanden vorgegeben, nach welchen Krite-rien die Entscheidung getroffen werden sollte.

5.3.2 Methode

Stichprobe

Um eine geschichtete Strichprobe zu erhalten, wur-den zwei verschiedene Altersgruppen untersucht.40 Probanden wurden aus der Altersgruppe 18 bis30 Jahre rekrutiert (Studenten der TU Chemnitz)und 40 Probanden aus der Altersgruppe zwischen40 und 65 Jahren (Personen aus der Versuchper-sonendatenbank, Angehörige). Um Überschneidun-gen und Ähnlichkeiten zu vermeiden, wurde die Al-tersgruppe der 30- bis 40-Jährigen bewusst ausge-lassen.

Das Durchschnittsalter der Altersgruppe 18-30 be-trug 22,2 Jahre (siehe Bild 5.36). Die Probanden

97

Bild 5.35: Auswahl 4 für die weitere Untersuchung – Misch-form aus Planfall 3 und 11

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der Altersgruppe 40-65 hatten ein mittleres Altervon 50,6 Jahren (siehe Bild 5.37).

Hinsichtlich der Fahrleistung unterschieden sich dieAltersgruppen erheblich. Während innerhalb derjüngeren Altersgruppe lediglich 30 % der Proban-den mehr als 10.000 km pro Jahr fuhren, betrugdieser Wert in der Altersgruppe der 40- bis 65-Jähri-gen 65 %.

Für Teil 1A und 1B des Experiments wurde ein „between group-design“ gewählt, das heißt, jedeVersuchsperson sah immer nur eine der vier dWiSta-Varianten in verschiedenen Stausituatio-nen. Entsprechend der Anzahl der zu untersuchen-

den Anzeigekonzepte gab es vier Experimental-gruppen à 20 Versuchspersonen, von denen je-weils zehn aus einer der beiden Altersgruppenstammten (siehe Tabelle 5.7).

Die ungleiche Verteilung der Fehlervarianzen inden einzelnen Gruppen stellt eine mögliche Quellevon Fehlinterpretationen der Ergebnisse dar. Umdieses Problem von vornherein auszuschließen,wurde mit Hilfe eines Levene-Tests geprüft, ob dieFehlervarianz der abhängigen Variablen über dieGruppen hinweg gleich verteilt ist. Da dieser Testnicht signifikant ausfiel, kann von einer generellenGleichverteilung der Fehlervarianz zwischen denGruppen ausgegangen werden.

In den weiteren Teilaufgaben des Experiments er-folgte der Test im „within group design“, das heißt,alle 80 Probanden lasen alle Schilder (Teilaufgabe2) und bewerteten diese im Vergleich (Teilaufgabe3).

Versuchsaufbau

Das wahrnehmungspsychologische Experimentwurde in einem Laborraum der TU Chemnitzdurchgeführt. Die Probanden nahmen auf einemAutositz Platz, der ihnen das Anlegen des Kopfesan die Kopfstütze ermöglichte (siehe Bild 5.38).Dies war für eine ruhige Kopfposition wichtig, dasonst die Blickdatenqualität gemindert werdenkönnte.

Die Präsentation der Experimentalaufgaben er-folgte über einen Video-Projektor auf eine ca. 3 mentfernte Projektionsfläche (siehe Bild 5.39.) Diestatisch-sequenzielle Darbietung wurde von einemPC mit der Software E-Prime (Psychology Software Tools, Inc., Pittsburgh, PA, USA) gelie-fert. Diese ermöglichte mit Hilfe einer mit Tasternausgestatteten so genannten „Reaktionszeit-box“ die präzise Erfassung der Reaktionszeiten.

98

Bild 5.36: Altersverteilung der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen

Bild 5.37: Altersverteilung der Gruppe der 40- bis 65-Jährigen

Tab. 5.7: Versuchspersonen

Exp.-GruppeAltersgruppe

18- bis 30-Jährige 40- bis 65-Jährige

Variante 1 10 10

Variante 2 10 10

Variante 3 10 10

Variante 4 10 10

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Der Versuchsaufbau wurde so gestaltet (siehe Bild5.40), dass alle dargestellten Verkehrsschilder (incl.dWiSta) in Größe und Höhe dem Netzhautabbildder Schilder in der realen Situation entsprachen(Abstand ca. 50 m).

Die Erfassung der Blickbewegungen wurde mitdem Eye-Tracker FaceLab (Version 4.3) der Firma

Seeing-Machines realisiert. Zwei Kameras sowieInfrarotdioden wurden auf dem Tisch vor der Versuchsperson positioniert. Es wurde im „Precision-Mode“ gemessen, der eine räumlicheGenauigkeit der Messung von ca. 1° Sehwinkel er-möglichte.

Der Versuchleiter gab während des Experimentsverbale Instruktionen. Des Weiteren war er für dieKalibrierung und Überwachung der Blickmessun-gen zuständig.

Die subjektiven Bewertungen wurden mit Hilfe vonFragebögen auf Papier realisiert.

Versuchsablauf

Das Experiment dauerte ca. 60 min und bestandaus verschiedenen Teilaufgaben. Nach der Vorbe-reitung folgte die Teilaufgabe 1A, bei der Entschei-dungszeiten in 24 Stausituationen erfasst wurden.Teilaufgabe 2 diente zur Erfassung von Betrach-tungszeiten. Es folgte die subjektive Bewertung(Teilaufgabe 3). In den Experimentalgruppen 2 und4 folgte an diesem Punkt zusätzlich Teilaufgabe 1Bin einer abgewandelten Form der Entscheidungs-aufgabe aus Teil 1A. Zum Abschluss wurden bio-grafische Angaben erfasst und die Aufwandsent-schädigung ausgezahlt.

Im Folgenden werden die einzelnen Teilaufgabennäher beschrieben.

Vorbereitungen und Einführung

Nach der Begrüßung wurden die Probanden zufäl-lig einer der vier Experimentalgruppen zugewiesen.Diese entsprachen den vier dWiSta-Varianten(siehe Kapitel 5.2.8). Dann wurde der Eye-Trackermit Hilfe eines Kalibrierungsprozesses an den je-weiligen Probanden angepasst.

Teil 1A: Entscheidung unter vorgegebenenKriterien (dWiSta-Varianten 1 bis 4)

In Teil 1A des Experiments wurden die Probandenim „between group design“ getestet, d. h., je nachExperimentalgruppe sahen sie die Wegweiser nurin einer der vier Darstellungsvarianten.

Die Bilder 5.41 bis 5.44 machen deutlich, welcheInformationen innerhalb der Gruppen unverändertblieben.

99

Bild 5.38: Autositz und Eye-Tracker, sowie Platz des Versuchs-leiters hinten rechts

Bild 5.39: Projektion der Autobahnwegweiser auf Leinwand

Bild 5.40: Skizze des Versuchsaufbaus

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1. Bezugsfall

2. Vergleich der Zeitangaben

3. Angabe des Gewinns

4. Mischform aus Planfall 2 und 3

Es änderten sich, je nach Stausituation, die fiktivenFernziele, Autobahnkreuznamen, Autobahnnum-mern, Staulängen, Staudauern und zusätzliche Dau-ern durch die Nutzung der Umfahrung im Vergleichzur Standardroute ohne Stau und Zeitgewinne.

Um eine zeitintensive Lernphase des Autobahnnet-zes zu vermeiden, wurden die Probanden vorjedem Durchgang in eine neue Situation eingeführt.Es wurden insgesamt 24 Stausituationen präsen-tiert. Diese waren für alle Experimentalgruppenidentisch. Das Fernziel für die Fahrer befand sichentweder auf dem weiterführenden Abschnitt derAutobahn oder auf dem Abschnitt, der nach der Ab-fahrt folgt. Der Stau lag entweder auf dem für das

Fernziel relevanten Abschnitt (16 Situationen miterfülltem Relevanzkriterium) oder auf der irrelevan-ten Strecke (8 Distraktoren, Relevanzkriterium nichterfüllt). Bei einem relevanten Stau mussten die ent-sprechenden Zeit- und Kilometerangaben verarbei-tet werden. Die Probanden wurden instruiert, derUmleitungsempfehlung nur zu folgen, wenn derStau mindestens 5 km lang war und beim Nutzender Umfahrung mindestens 15 Minuten eingespartwerden konnten. Dies galt allerdings nur bei denSchildvarianten 2 bis 4. Bei Schildvariante 1 solltedie Alternativroute nur dann genutzt werden, wennder Stau mindestens 5 km war, da diese dWiSta-Variante keine Zeitangaben beinhaltete.

Die Probanden mussten demnach in jeder Situationdie dargestellten Informationen verarbeiten, um dierichtige Entscheidung zu treffen. Anhand der Orts-namen musste die Relevanz des Staus abgeleitetwerden. Die Zeit- und Kilometerangaben musstenbeachtet werden, um die vorgegebenen Entschei-dungskriterien einzuhalten.

Die Matrix der Tabelle 5.8 gibt einen Überblick überdie konstruierten Stausituationen. Pro Bedingungwurden jeweils vier Situationen erstellt. In den grau-en Feldern ist das Relevanzkriterium (Stau auf ei-gener Route) erfüllt.

Instruktion

Vor Beginn der Aufgabe wurden die Probandendurch den Versuchleiter verbal instruiert. Hierbeiwurde veranschaulicht, welche Funktion die dyna-mischen Wegweiser haben, welche möglichen Si-tuationen auftreten können und wie die Aufgabenzu bewältigen sind. Anhand eines Beispiels (sieheBild 5.45) wird deutlich gemacht, dass ein Stau so-wohl auf der Standardroute als auch auf der Alter-nativroute angezeigt werden kann. Den Probandenwurde zudem veranschaulicht, dass dieser Stau je

100

Bild 5.41: Konstante Elemente in Variante 1

Bild 5.42: Konstante Elemente in Variante 2

Bild 5.43: Konstante Elemente in Variante 3

Bild 5.44: Konstante Elemente in Variante 4

Tab. 5.8: Konstruierte Stausituationen

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nach Ziel (Dresden vs. München) relevant oder ir-relevant sowie das Entscheidungskriterium erfülltoder nicht erfüllt sein kann.

Die Versuchsteilnehmer wurden des Weiteren auf-gefordert, so schnell und genau wie möglich zu ar-beiten. Als zusätzlicher Anreiz wurde eine finanziel-le Belohnung für die besten Versuchspersonenausgeschrieben.

Übungsdurchgänge

Nach der Instruktion hatten die Probanden in achtÜbungsdurchgängen die Möglichkeit, sich mit demAblauf der Aufgabe vertraut zu machen. Es wurdenhier bewusst alle sechs möglichen Situationstypenverwendet, so z. B. Durchgänge mit nicht erfülltenEntscheidungskriterien oder einem nicht relevantenStau. Die Probanden mussten mindestens sechsder acht Durchgänge korrekt lösen, um mit dem ei-gentlichen Test beginnen zu können. Andernfallsmusste der Übungsblock so oft wiederholt werden,bis die Fehlergrenze nicht mehr überschrittenwurde. Die Übungsphase sollte sicherstellen, dassdie Probanden in ausreichendem Maße mit der Auf-gabe vertraut waren und diese trainiert haben.

Experimentaldurchgänge

Zu Beginn jedes Durchgangs nannte der Versuchs-leiter das jeweils anzusteuernde Fernziel (Bsp.:„Eichforst“). Anschließend folgten Bilder einer zwei-

spurigen Autobahn mit Wegweisern in der nachfol-genden Reihenfolge:

• Ankündigung des Kreuzes (siehe Bild 5.46)

• Vorwegweiser (siehe Bild 5.47)

• dWiSta-Tafel (siehe Bild 5.48)

101

Bild 5.45: Reales Beispiel (Großraum Leipzig)

Bild 5.46: Aufgabe 1A – Darbietung der Ankündigung desKreuzes

Bild 5.47: Aufgabe 1A – Darbietung des Vorwegweisers

Bild 5.48: Aufgabe 1A – Darbietung des dWiSta (hier Vari-ante 2)

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• weißer Bildschirm.

Die Darbietungszeit der dWiSta-Tafel betrug fünfSekunden. Die Entscheidungszeit (Zeitbedarf füreine Entscheidung unter vorgegebenen Kriterien)begann mit der Präsentation der dWiSta-Tafel undendete mit einem Knopfdruck der Versuchspersonauf eine der beiden Tasten (weiter geradeaus oderabfahren). Die Entscheidung über die Weiterfahrtkonnte erfolgen, sobald die Versuchsperson dendynamischen Wegweiser sah. Nach fünf Sekundenwurde dieser ausgeblendet und mit einem weißenBildschirm ersetzt, wobei sich der Proband weiter-hin entscheiden konnte.

Durch die in der Instruktion gegebenen Relevanz-und Entscheidungskriterien konnte die Richtigkeitjeder Antwort überprüft werden. Im Anschluss anjeden Durchgang erhielt der Proband jeweils eineRückmeldung über die Richtigkeit der gerade ge-gebenen Antwort.

Als abhängige Variablen wurden erfasst:

• Zeitbedarf zur Entscheidung im Gruppen- undAltersvergleich,

• Fehler bei den Entscheidungen im Gruppen-und Altersvergleich,

• Betrachtungszeiten der einzelnen Zeitangabenim Gruppen- und Altersvergleich und

• Lernverläufe im Gruppen- und Altersvergleich.

Randbemerkung – Tracking- Aufgabe

Es wurde davon abgesehen, eine Tracking-Aufga-be, die die Fahraufgabe nachbilden sollte, zu ver-wenden. Da es große Unterschiede bei der Vertei-lung der Aufmerksamkeitsressourcen und Leistunggibt, hätte die Aufgabe eine zusätzliche Varianz inden Lese- und Entscheidungszeiten bewirkt unddamit die Interpretation der Ergebnisse erschwert.Dieses „Rauschen“ hätte Unterschiede zwischenden Schildvarianten verdecken können.

Teil 2: Vollständige Informationsaufnahme

Im zweiten Teil der Untersuchung wurde der Zeit-bedarf zur vollständigen Informationsaufnahme er-fasst. Dazu wurden den Probanden alle vier dWiSta-Varianten mit unterschiedlichen Inhaltenrandomisiert dargeboten. Insgesamt wurden 20dWiSta-Tafeln präsentiert, fünf pro dWiSta-Varian-te. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Schil-

dern zu gewährleisten, unterschieden sich die fünfSchilder pro Variante in der Wortlänge für die ein-zelnen Orts- und Kreuznamen nicht. Der Bekannt-heitsgrad der einzelnen Namen wurde kontrolliert,indem künstliche Orts- und Kreuzbezeichnungenverwendet wurden. In einem Vortest wurden ver-schiedene fiktive Ortsnamen hinsichtlich Lesezei-ten und Bekanntheitsgrad untersucht, um die dWiSta-Tafeln dahingehend gleich zu gestalten.

Die Probanden wurden instruiert, die dWiSta-Tafeln(siehe Bild 5.49) vollständig zu lesen, mit dem Hin-weis, dies so schnell und so genau wie möglich zutun. Zur Kontrolle wurde den Probanden mitgeteilt,dass ihre Blickbewegungen aufgezeichnet würdensowie in unregelmäßiger Reihenfolge Abfragen zueinzelnen Schildelementen zu erwarten seien(siehe Bild 5.50). Es wurde jedoch ausdrücklichdarauf hingewiesen, dass diese Aufgabe nicht alsGedächtnisaufgabe zu betrachten sei. Die Aufga-benstellung sollte die Probanden dazu auffordern,alle Angaben auf dem Schild zu lesen.

102

Bild 5.49: Aufgabe 2 – Darbietung der dWiSta

Bild 5.50: Aufgabe 2 – zufällige Abfrage

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Vor Beginn der Testphase wurden die Probandenmit der Aufgabe vertraut gemacht. Sie sahen dreibeispielhafte dWiSta-Tafeln sowie eine möglicheTestfrage.

Im Experiment begann die Zeitmessung mit derPräsentation der dWiSta-Tafel. Mit einem Knopf-druck beendeten die Probanden die Präsentationund bestimmten somit selbst, welche Darbietungs-dauer sie benötigten, um alle Informationen aufzu-nehmen.

Als abhängige Variablen wurden erfasst:

• Zeitbedarf zur vollständigen Informationsauf-nahme und

• Richtigkeit der Antworten auf zufällige Abfrage(zur Kontrolle).

Teil 3: Subjektive Bewertung

Im dritten Teil der Untersuchung wurden die Ver-suchspersonen gebeten, alle vier Varianten hin-sichtlich der Kriterien Lesbarkeit, Verständlichkeitund Nutzen mit Hilfe eines Fragebogens verglei-chend zu bewerten.

Fragen zur subjektiven Bewertung

Die Probanden sollten jeweils subjektiv zu jeder Va-riante aufzeigen, inwieweit sie den in Tabelle 5.18aufgeführten Aussagen zustimmen oder diese ab-lehnen würden.

In einer zusätzlichen Frage wurden die Probandengebeten, die verschiedenen dWiSta-Varianten hin-sichtlich der drei Hauptkriterien in eine Rangreihezu bringen. In Abwägung der einzelnen Kriteriensollten die Probanden abschließend ihre persönlichfavorisierte Variante auswählen und diese Wahl be-gründen. Aus den Ergebnissen des in Papierformausgegebenen Fragebogens ergab sich dann eineRangreihe der vier dWiSta-Varianten hinsichtlichder verschiedenen Dimensionen.

Teil 1B: Entscheidung unter vorgegebenen Kriterien (nur dWiSta-Varianten 2 und 4)

Dieser Teil entsprach in den Grundzügen dem Teil1A, verglich aber nur die dWiSta-Varianten 2 und 4unter den vorgegebenen Kriterien Staudauer min-destens 25 min und Zeitersparnis (Gewinn) min-destens 15 min. Dies erfolgte, da beide Varianten

einen Vergleich hinsichtlich der Staudauer (nichtStaulänge) ermöglichen, der für das Projekt von In-teresse sein könnte.

Teil 4: Biografische Angaben

Analog zur Vorbefragung wurden zunächst allge-meine Angaben wie Alter, Geschlecht, Beruf bzw.Studienfach abgefragt. Weiterhin beinhaltete derFragebogen Items zu Fahrleistung (insbesondereauf Autobahnen), Führerscheinbesitz und bereitsgenutzten Quellen für Reisezeitangaben.

5.3.3 Ergebnisse

Zum besseren Verständnis der Ergebnisse werdenim Folgenden einige wichtige statistische Verfahrenund Darstellungsformen beschrieben.

Boxplot

Das Boxplot (siehe Bild 5.51) dient zur übersichtli-chen grafischen Darstellung numerischer Daten. Esbeinhaltet sowohl Lage- als auch Streuungsmaße.Verschiedene Verteilungen können daher sehr gutmiteinander verglichen werden.

Begrenzt durch das obere und untere Quartil befin-den sich innerhalb der Box 50 % aller Datenpunkte,wobei der Median den Wert in der Mitte aller Werteangibt (nicht den Mittelwert). Die Länge der unterenund oberen „Zäune“ (bzw. „Whisker“) beträgt maxi-mal das 1,5fache des Abstandes zwischen der obe-

103

Bild 5.51: Boxplot (schematisch)

Page 105: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

ren und unteren Begrenzung der Box (der so ge-nannte Interquartilsabstand). Extremwerte, die jen-seits dieser Zäune liegen, werden als „Ausreißer“bezeichnet.

Varianzanalyse

Die ANOVA (Varianzanalyse/Analysis of Variance)ist ein inferenzstatistisches Verfahren, welches denEinfluss einer bzw. mehrerer unabhängiger Varia-blen/Faktoren (z. B. Alter, Darstellungsvariante) aufeine abhängige Variable (z. B. Entscheidungszeit)erfasst. Geprüft wird, ob sich die Varianz zwischenden Gruppen (Treatment-Varianz) von der Varianzinnerhalb der Gruppen (Fehler-Varianz) unterschei-det. Dazu wird der F-Wert als Quotient von Treat-ment- und Fehler-Varianz berechnet.

In diesem Zusammengang werden stets die Grup-penmittelwerte (M) und die mittleren Abweichungender Einzelwerte vom Mittelwert (SD – Standardab-weichung/standard deviation) angegeben. Nebendem F-Wert stehen in Klammern Zähler- und Nen-ner-Freiheitsgrade sowie das Signifikanzniveau p.Der entsprechende Signifikanztest prüft, ob sich dieVarianzen zwischen den Gruppen unterscheiden.Liegt der p-Wert unter dem kritischen Wert von 5 %(Irrtumswahrscheinlichkeit α), gilt der Test als signi-fikant.

Effektgrößen

Da Varianzanalysen aufgrund ihrer Stichprobenab-hängigkeit nicht zur Schätzung der Größe und Be-deutsamkeit eines Effekts geeignet sind, ist es sinn-voll, zusätzlich Effektgrößen zu berechnen, welchestandardisierte Abstandsmaße sind (d). In der psy-chologischen Forschung findet man typischerweisemittlere Effektgrößen um d = 0,5. Ab d = 0,3 sprichtman von einem kleinen, ab d = 0,8 von einemgroßen Effekt.

Aufgabe 1A – Entscheidung unter vorgegebe-nen Kriterien

Übungsphase

Lernverläufe

Die Übungsphase sollte den Probanden helfen,sich mit der experimentellen Aufgabe vertraut zumachen, um diese in den Testdurchgängen sicherdurchlaufen zu können. Sowohl in Bezug auf dieEntscheidungszeiten als auch auf die Fehlerraten

machen die Ergebnisse deutlich, dass diese Durch-gänge unabdingbar für die spätere Testleistungwaren.

Entscheidungszeiten

Die Entscheidungszeiten geben die Zeitspannezwischen dem Erscheinen des dynamischen Weg-weisers und dem Knopfdruck der Versuchspersonan. Sie unterliegen gerade in der Übungsphasestarken Schwankungen und bewegen sich zwi-schen 0,69 s und 35,01 s. Gerade im zeitlichen Ver-lauf der ersten acht Übungsdurchgänge ist eindeutlicher Abfall der Entscheidungszeiten zu erken-nen (siehe Bild 5.52). Die Probanden lernten, dieAufgabe korrekt durchzuführen. Die Varianz überdie acht Stausituationen hinweg ist dabei vor allemauf die verschiedenen Situationstypen zurückzu-führen.

Auch der direkte Vergleich zweier ähnlicherÜbungsdurchgänge (siehe Tabelle 5.9) veran-

104

Bild 5.52: Verlauf der Entscheidungszeiten in den ersten achtÜbungsdurchgängen

Tab. 5.9: Entscheidungszeiten im Altersvergleich

Altersgruppe Durchgang 1

[s]

Durchgang 7

[s]

Steigerung

[%]

18- bis 30-Jährige

M = 7,34 SD = 3,81

M = 3,07 SD = 1,34

um 59

40- bis 65-Jährige

M = 6,57 SD = 4,26

M = 3,92 SD = 2,61

um 42

Gesamt M = 6,96 M = 3,49

M = Mittelwert SD = Standardabweichung

Page 106: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

schaulicht einen Abfall der Entscheidungszeiten.Probanden der Altersgruppe 40 bis 65 wurden um 42 % schneller, Probanden der Altersgruppe 18 bis30 sogar um 59 %.

Fehler

Um zu zeigen, dass die Aufgabe gut beherrschtwurde, musste jeder Versuchsteilnehmer mindes-tens einen Übungsblock, bestehend aus acht Stau-situationen, erfolgreich durchlaufen. 59 % der Pro-banden überschritten die vorgegebenen Grenzevon zwei Fehlern nicht und konnten so direkt mitder Testphase fortfahren. 28 % der Probandenmussten den Übungsblock einmal wiederholen. Eindritter bzw. vierter Übungsblock war bei 13 % derProbanden nötig, um sicherzustellen, dass die Auf-gabe ausreichend beherrscht wurde.

Während der acht Stausituationen im erstenÜbungsblock unterschieden sich die beiden Alters-gruppen signifikant hinsichtlich des Fehleranteils(siehe Bild 5.53). Die Probanden der Altersgruppe18-30 hatten mit 18,75 % (SD = 18,27 %) einen ge-ringeren Fehleranteil als die Probanden der Alters-gruppe 40 bis 65 (M = 31,88 %, SD = 21,17 %), F(1, 72) = 2,66, p = .01.

Testphase

Entscheidungszeiten

In die Auswertung der Entscheidungszeiten fließenausschließlich richtige Entscheidungen bei relevan-ten Stausituationen ein.

Über alle Varianten hinweg benötigte die Gruppeder 18- bis 30-Jährigen durchschnittlich 1,84 s (SD= 0,79 s) für eine Entscheidung, wohingegen dieGruppe der 40- bis 65-Jährigen bei mittleren 2,50 slag (SD = 0,89 s). Die ANOVA zeigt, dass der Fak-tor „Alter“ einen signifikanten Einfluss auf die Ent-scheidungszeiten der Probanden hat (F (1, 72) =11,33; p = .001)). Die berechnete Effektgröße von d= 0,77 besagt, dass dieser Faktor einen großen Ef-fekt hat.

Des Weiteren zeigt sich ein signifikanter Hauptef-fekt des Faktors „Variante der Reisezeitdarstellung“(F (3, 72) = 5,15; p = .003)), wobei sich eine mittle-re Effektgröße von 0,54 ergibt (siehe Bild 5.54).Darstellungsvariante 1 hatte aufgrund der gerings-ten Anzahl an zu verarbeitenden Informationen diekürzesten Entscheidungszeiten (M = 1,64 s, SD = 1,08 s), gefolgt von den Varianten 3 (M = 2,02s, SD = 0,75 s) und 4 (M = 2,31 s, SD = 0,89 s). Va-riante 2 hatte die längsten Entscheidungszeiten (M= 2,69 s, SD = 0,96 s), da hier ein zusätzlicher Re-chenschritt erforderlich war (Gewinn als Differenzder beiden Verlustzeiten).

Betrachtet man die Entscheidungszeiten der einzel-nen Experimentalgruppen in Abhängigkeit von der

105

Bild 5.53: Gemittelter Fehleranteil im ersten Übungsblock (achtÜbungsdurchgänge)

Bild 5.54: Entscheidungszeiten in Abhängigkeit der Verlustzeit-darstellung

Page 107: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

Altersgruppe (siehe Tabelle 5.10), so ist das Musterder 18- bis 30-Jährigen ähnlich dem der Gesamt-stichprobe: Darstellungsvariante 1 hatte die kürze-sten Zeitwerte, gefolgt von Variante 3, Variante 4und schließlich Variante 2. Bei der Gruppe der 40-bis 60-Jährigen hingegen unterscheiden sich dieVarianten 2, 3 und 4 hinsichtlich der Entschei-dungszeiten kaum. Lediglich bei Variante 1 kam eszu kürzeren Zeiten (siehe Bild 5.55).

Eine statistisch signifikante Interaktion der beidenFaktoren Alter und Variante zeigt sich allerdingsnicht (F (3, 72) = 0,56, p = .65).

Analyse der Blickbewegungen

Im Folgenden werden die Blickbewegungen bei derBewältigung der Entscheidungsaufgabe unter vor-gegebenen Kriterien (Teil 1A, Testphase) detaillier-ter betrachtet.

Die Darbietung der Bildsequenzen wurde währenddes Experiments per Video aufgezeichnet, wobeizusätzlich der sich bewegende Blickpunkt der Pro-banden erkennbar war. Zur detaillierten Videoana-lyse wurde mit dem Programm „Ergoplayer“ gear-beitet, welches eine zeitliche Kodierung von Ereig-nissen ermöglichte. Diese Ereignisse sind so ge-nannte „Fixationen“, die Fokussierung des Blickesfür mindestens 100 ms (2,5 Frames des Videos) aufeinen bestimmten Punkt im Raum.

Bereits bei ersten Betrachtungen der Videodatenließen sich Unterschiede in den Blickbewegungender Versuchsteilnehmer beobachten. Bild 5.56 zeigtbeispielhaft den Blickverlauf eines Probanden derAltersgruppe 18- bis 30-Jährige (Stausituation Nr.20, Variante 3). Dabei zeigen die weißen Punkte denjeweiligen Ort einer Fixation an, die darauf befindli-chen Zahlen die Reihenfolge der verschiedenenFixationen. Bei einem Probanden der Altersgruppeder 40- bis 65-Jährigen ist in der gleichen Situationein anderes Muster erkennbar (siehe Bild 5.57).

Um die bereits beobachteten Unterschiede quanti-tativ darzustellen, wurden 30 Probanden (fünf jeVariante und Altersgruppe) hinsichtlich der Anzahlund Lage aller Fixationen bei Stausituation Nr. 3(siehe z. B. Bild 5.58) untersucht. Tabelle 5.11 zeigtdie mittlere Anzahl der Fixationen im Gruppenver-gleich.

Neben der Anzahl der Fixationen wurde auch derenLage ausgewertet. In den Bildern 5.58 bis 5.60 cha-rakterisieren Ziffern von eins bis neun die verschie-denen Schildelemente der Darstellungsvarianten 2,

106

Tab. 5.10: Entscheidungszeiten in Abhängigkeit von Alter undVariante

Variante

18- bis 30-Jährige 40- bis 65-Jährige

Mittelwert

[s]

Standard-abweichung

[s]

Mittelwert

[s]

Standard-abweichung

[s]

1 1,36 0,77 1,92 1,30

2 2,50 0,90 2,89 1,04

3 1,49 0,56 2,55 0,51

4 1,99 0,93 2,63 0,77

Gesamt 1,84 0,79 2,50 0,89

Bild 5.55: Entscheidungszeiten in Abhängigkeit von „Variante“und „Alter“

Bild 5.56: Blickverlauf eines Probanden der Altersgruppe 18- bis 30-Jährige

Bild 5.57: Blickverlauf eines Probanden der Altersgruppe 40-bis 65-Jährige

Page 108: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

3 und 4. Weiße Punkte kennzeichnen dabei die fürdie Entscheidung im Experiment unbedingt notwen-digen Informationen, graue Punkte hingegen allezusätzlichen Informationen. So wurden bei Schild-variante 2 die Stauinformation (4) sowie die Stau-dauer (6) und die zusätzliche Dauer durch die Nut-zung der Umfahrung im Vergleich zur Standardrou-te ohne Stau (3) für eine Entscheidung benötigt.Sowohl bei Variante 3 als auch bei Variante 4 warlediglich die Information zum Stau (4) und zum Rei-sezeitgewinn durch die Umfahrung (3) notwendig,um eine korrekte Entscheidung zu treffen.

Nach der Kodierung und Auszählung der Fixationender einzelnen Elemente zeigte sich, dass der Anteilder zusätzlichen Fixationen bei Probanden der Al-tersgruppe 40- bis 65-Jährige deutlich höher ist, als

bei der Altersgruppe 18- bis 30-Jährige (siehe Ta-belle 5.12). Neben dem Anteil der zusätzlich be-trachteten Schildelemente wird in der Tabelle auchprozentual aufgeschlüsselt, um welche Schildele-mente es sich dabei handelte.

Die Analyse der Fixationen bot ferner die Möglich-keit, Lernverläufe hinsichtlich der Blickbewegungenaufzudecken. Zu diesem Zweck wurde die Anzahlder Fixationen von 14 Probanden (je sieben derbeiden Altersgruppen) verglichen. Betrachtet wurdeausschließlich die Probandengruppe mit der Schild-variante 3. Um einen Lernverlauf zu erkennen, wur-den drei relevante Stausituationen zu verschiede-nen Zeitpunkten der Testphase von Aufgabe 1Averglichen (Tabelle 5.13).

107

Tab. 5.11: Mittlere Fixationen bei den Varianten 2, 3 und 4 inder Stausituation Nr. 3 (Aufgabe 1A, Testphase)

Variante

Durchschnittliche Anzahl der Fixationen

18- bis 30-Jährige (N = 15)

40- bis 65-Jährige (N = 15)

2 4,6 5,8

3 3,4 5,6

4 2,8 4,8

Bild 5.58: Variante 2 (Stausituation Nr. 3) – Kodierung derSchildelemente

Bild 5.59: Variante 3 (Stausituation Nr. 3) – Kodierung derSchildelemente

Bild 5.60: Variante 4 (Stausituation Nr. 3) – Kodierung derSchildelemente

Tab. 5.12: Verteilung der Fixationen von je fünf Probanden beiStausituation Nr. 3 (Aufgabe 1A, Testphase) auf re-levante und irrelevante Schildelemente

18- bis 30-Jährige

(n = 15)

40- bis 65-Jährige

(n = 15)

Variante 2

Notwendige Informationen

65,2 % 65,5 %

Zusätzliche Informationen

34,8 %

davon auf Position:② 50 %

⑤ 25 %

① 25 %

34,5 %

davon auf Position:

② 30 %

⑤ 30 %

① 30 %

⑧ 10 %

Variante 3

Notwendige Informationen

64,7 % 42,9 %

Zusätzliche Informationen

35,3 %

davon auf Position:

⑥ 66,7 %

① 33,3 %

57,1 %

davon auf Position:

⑥ 37,5

① 31,3

② 12,5

⑦ 6,3

⑧ 6,3

Variante 4

Notwendige Informationen

64,3 % 50 %

Zusätzliche Informationen

35,7 %

davon auf Position:

① 40 %

⑥ 40 %

⑤ 20 %

50 %

davon auf Position:

⑥ 33,3 %

② 33,3 %

① 25 %

⑧ 8,4 %

Gesamtanteil zusätzlicherInformationen

35,3 % 47,2 %

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Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Probandenselbst in der Testphase maßgeblich verbessertenund im Verlauf lernen, sich bevorzugt auf die rele-vanten Schildelemente zu konzentrieren.

Fehler

Ein mittlerer Fehleranteil von etwa 8,1 % machtdeutlich, dass die Entscheidungsaufgabe von denProbanden weitestgehend beherrscht wurde. BeiDarstellungsvariante 1 zeigte sich dabei ein niedri-geres Fehlerniveau von 5,1 %, was darauf zurück-zuführen ist, dass lediglich ein Entscheidungskrite-rium zu berücksichtigen war. Variante 2 führte überdie 24 Stausituationen hinweg zu einer Fehlerquo-te von durchschnittlich 11,2 % (siehe Bild 5.61).

Betrachtet man bezüglich des mittleren Fehleran-teils nun die Altersgruppen getrennt voneinander(siehe Bild 5.62), so zeigt sich bei Darstellungsva-riante 3 der größte Unterschied.

Fehler in Abhängigkeit des Situationstyps

Je nachdem, wo sich das Ziel befindet, wo sich derStau befindet und ob die Entscheidungskriterien er-füllt sind, ergibt sich einer von sechs Situationsty-pen (vgl. Tabelle 5.8). In Tabelle 5.14 werden Feh-leranteile der einzelnen Situationstypen über die 24Stausituationen hinweg dargestellt.

Bei der Betrachtung der mittleren Fehleranteilescheinen bei den relevanten Stausituationen (7,23 %) weniger Fehler gemacht worden zu seinals bei irrelevanten Stausituationen (9,7 %). Im Hin-blick auf relevante Staus wurden bei Situationen mitnicht erfülltem Entscheidungskriterium (Typ 2 undTyp 4) weniger Fehler gemacht als mit erfülltem Ent-scheidungskriterium (Typ 1 und Typ 3). Des Weite-ren scheinen die Probanden größere Probleme mitSituationen gehabt zu haben, bei denen sich der

Stau auf dem abzweigenden Autobahnabschnitt be-fand (9,7 %), als mit Situationen, bei denen der Stauauf der weiterführenden Strecke lag (6,5 %).

Bild 5.63 zeigt die mittleren Fehleranteile der bei-den Altersgruppen bei den einzelnen Situationsty-pen. Dieser Fehler setzt sich dabei aus den jeweilsviermal vorkommenden Situationen jedes Typs zu-

108

Bild 5.61: Durchschnittlicher Fehleranteil der Verlustzeitdarstel-lungen über 24 Stausituationen

Bild 5.62: Durchschnittlicher Fehleranteil der einzelnen Verlust-zeitdarstellungen

Tab. 5.13: Mittlere Anzahl der Fixationen bei Variante 3 zueinem frühen (Situation 3), mittleren (Situation 12)und späten (Situation 19) Zeitpunkt der Testphase

Zeitpunkt währendder Testphase

Durchschnittliche Anzahl der Fixationen

18- bis 30-Jährige

(n = 21)

40- bis 65-Jährige

(n = 21)

früh (Sit.3) 3,57 5,14

mittel (Sit. 12) 3,43 4,71

spät (Sit.19) 3,00 4,00

Gesamt (3, 12, 19) 3,23 4,62

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sammen. Hinsichtlich des Alters ist keine eindeuti-ge Tendenz zu erkennen. Lediglich bei Situati-onstyp 5 tritt ein deutlicher Unterschied auf.

Des Weiteren wurden die mittleren Fehleranteileder sechs Situationstypen auch in Abhängigkeit derExperimentalgruppe, also in welcher Darstellungs-variante die Probanden die Informationen erhielten,vergleichend betrachtet (siehe Bild 5.64). Es zeigtsich, dass bei Variante 3 insbesondere bei den irre-

levanten Stausituationen mehr Fehler auftraten,wogegen diese Unterschiede bei den anderenSchildvarianten nicht erkennbar sind.

Aufgabe 1B – Entscheidung unter vorgegebe-nen Kriterien – Vergleich der Gruppen 2 und 4

Testphase

Die experimentelle Aufgabe glich der in Teil 1A. Le-diglich die Entscheidungskriterien wurden hier zu„Staudauer mind. 25 min“ und „Gewinn mind. 15min“ geändert.

Entscheidungszeiten

Im direkten Vergleich der Entscheidungszeiten beiVariante 2 (M = 2,78 s; SD = 0,79 s) und Variante 4(M = 2,50 s; SD = 0,92 s) zeigen sich keine signifi-kanten Unterschiede (F (1, 36) = 1,25; p = .272).

Lediglich das Alter hat als Faktor einen signifikan-ten Einfluss auf die Dauer der Entscheidung (F (1,36) = 7,49; p = .01). Probanden der Altersgruppe18- bis 30-Jährige benötigten im Mittel 2,30 s (SD =0,76 s), Probanden der Altersgruppe 40-65 hatteneine mittlere Entscheidungszeit von 2,98 s (SD =0,83 s).

Eine statistisch signifikante Interaktion der beidenFaktoren „Alter“ und „Variante“ ist nicht vorhanden(F (1, 36) = 1,59; p = .216).

Bild 5.65 veranschaulicht die Verteilung der Ent-scheidungszeiten mit Hilfe von Boxplots.

109

Tab. 5.14: Mittlere Fehleranteile in Abhängigkeit des Situa-tionstyps

Situationstyp Fehleranteilin %

Relevanter Stau (Relevanzkriterium erfüllt)

1 Stau weiterführend, Ziel weiterführend,Entscheidungskriterium erfüllt

9,1

2 Stau weiterführend, Ziel weiterführend,Entscheidungskriterium nicht erfüllt

3,4

3 Stau abzweigend, Ziel abzweigend, Ent-scheidungskriterium erfüllt

10,0

4 Stau abzweigend, Ziel abzweigend, Ent-scheidungskriterium nicht erfüllt

6,6

Irrelevanter Stau (Relevanzkriterium nicht erfüllt)

5 Stau abzweigend, Ziel weiterführend 12,5

6 Stau weiterführend, Ziel abzweigend 6,9

Bild 5.63: Durchschnittlicher Fehleranteil der einzelnen Situa-tionstypen aus Tabelle 5.17

Bild 5.64: Durchschnittlicher Fehleranteil der einzelnen Situa-tionstypen aus Tabelle 5.17

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Aufgabe 2 – Vollständige Informationsauf-nahme

Betrachtungszeiten

Die erste Analyse der Betrachtungszeiten zeigt einehohe Streuung der mittleren Betrachtungszeitenzwischen 1,48 s und 15,23 s. Tabelle 5.15 zeigt dieGruppenmittelwerte und Standardabweichungender vier Varianten.

Der Faktor „Variante“ hat einen signifikanten Ein-fluss auf die Betrachtungszeiten (F (3, 76) = 40,7; p< .001). Paarvergleiche ergeben, dass Variante 1(M = 5,02 s; SD = 1,96 s) signifikant kürzere Be-trachtungszeiten hervorruft als Variante 3 (M = 5,77s; SD = 2,29 s). Variante 2 (M = 6,74 s; SD = 2.92s) und Variante 4 (M = 6,69 s; SD = 2,83 s) unter-scheiden sich nicht signifikant voneinander. Folgen-de Beziehung gilt: 1 ≠ 3 ≠ (2=4) (siehe Bild 5.66).

Ein signifikanter Altersunterschied ist im Gegensatzzur ersten Teilaufgabe nicht feststellbar (F (1, 78) =0,59; p > .05). Die älteren Probanden waren bei die-ser Aufgabe sogar minimal schneller.

Fehler bei Abfragen einzelner Schildelemente

Im Mittel machten die Probanden in 22,8 % der Ab-fragen von Teilaufgabe 2 Fehler. Es gibt jedoch kei-nen Zusammenhang zwischen der Betrachtungs-zeit und der Fehleranzahl in den Kontrollfragen. So-wohl Probanden mit kürzeren als auch solche mitlängeren Betrachtungszeiten machten ähnlich viele

Fehler. Es zeigt sich demnach kein Anstieg derFehlerhäufigkeit bei kürzeren Betrachtungszeiten.

Korrigierte Lesezeiten mit Hilfe der Analyse derBlickbewegungen

Um die Betrachtungszeiten sinnvoll interpretierenzu können, war eine Korrektur notwendig, wobei dieAnteile des Zurückspringens und doppelten Lesensaus der gesamten Betrachtungszeit entfernt wer-den sollten.

Anhand der auf Video aufgezeichneten Blickverläu-fe konnte man nachvollziehen, wie lange und wieoft die Probanden einzelne Elemente des Wegwei-sers betrachteten. Hierbei sind sehr unterschiedli-che Muster des Lesens erkennbar.

Mit Hilfe der Videoaufzeichnungen wurden die Pro-banden zunächst einer von drei Gruppen des „Le-setyps“ zugeordnet (Tabelle 5.16).

110

Bild 5.65: Entscheidungszeiten der Darstellungen 2 und 4, Al-tersabhängig

Tab. 5.15: Betrachtungszeiten zur vollständigen Informations-aufnahme

Variante

18- bis 30-Jährige 40- bis 65-Jährige

Mittelwert[s]

Standard-abweichung

[s]

Mittelwert[s]

Standard-abweichung

[s]

1 5,05 2,06 4,99 1,87

2 6,92 3,03 6,57 2,83

3 5,96 2,34 5,57 2,24

4 6,88 2,98 6,50 2,71

Bild 5.66: Verteilungen der mittleren Betrachtungszeiten derDarstellungsvarianten

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Aufgrund von Kalibrierungsproblemen konnten dieBlickbewegungen nicht bei allen Versuchsteilneh-mern aufgezeichnet werden bzw. waren vonschlechter Qualität. Bei fehlendem oder mangelhaf-tem Videomaterial war keine nachträgliche Korrek-tur der Betrachtungszeiten möglich. Auch die Grup-pe „Lesetyp 3“ entzog sich einer Korrekturmöglich-keit, da bei nicht-linearem Lesen kein eindeutigerAnfang und kein eindeutiges Ende eines einmali-gen linearen Lesevorgangs erkennbar ist.

In einer detaillierten Analyse der Videoaufzeichnun-gen wurden von Beobachtern die Betrachtungszei-ten der Probanden des „Lesetyp 2“ korrigiert. Dieseneuen Betrachtungszeiten des „Lesetyps 2“ sowiedie ohnehin gültigen Betrachtungszeiten des „Le-setyps 1“ wurden nun als neue Grundlage der Aus-wertung verwendet.

Die Betrachtungszeiten sind nun deutlich niedrigerals zuvor (Tabelle 5.17). Dennoch lässt sich auchweiterhin eine starke interindividuelle Varianz er-kennen.

Hinsichtlich der verschiedenen Darstellungsvarian-ten zeigt sich nach der Korrektur ein ähnliches Mus-ter (siehe Bild 5.67) wie vorher. Während weder derFaktor „Alter“ noch eine Interaktion von „Alter“ und„Variante“ signifikante Unterschiede bewirken, hatder Faktor „Variante“ wiederum einen signifikantenHaupteffekt (F (3, 28) = 19,90; p < .001).

Subjektive Bewertung

Zusätzlich zu den gemessenen Daten aus Teil 1und 2 wurde auch die persönliche Meinung der Pro-banden erfasst. Dazu wurden die vier Variantenhinsichtlich verschiedener Kriterien in einem Frage-bogen subjektiv bewertet.

Vergleichende Bewertung

Die vergleichende Bewertung der 4 untersuchtenDarstellungsvarianten wurde durch die Zustim-mung bzw. Ablehnung verschiedener Aussagen(Tabelle 5.18) erfasst.

Bild 5.68 veranschaulicht das Ausmaß der mittlerenZustimmung zu den fünf Aussagen.

Die Aussage zur schnellen Lesbarkeit fand gemäßden Probanden bei Variante 1 die größte Zustim-mung (M = 3,75; SD = 0,61), gefolgt von Variante 3(M = 3,06; SD = 0,86), Variante 2 (M = 2,70; SD = 0,92) und Variante 4 (M = 2,40; SD = 1,04).

Auch bezüglich der guten Verständlichkeit erhieltVariante 1 die stärkste Zustimmung (M = 3,67; SD = 0,69). Variante 3 liegt mit 3,20 (SD = 0,75)dicht dahinter. Variante 2 (M = 2,71; SD = 0,96) er-fuhr, ebenso wie Variante 4 (M = 2,73; SD = 0,94),nur geringe Zustimmung, mit einer Tendenz zur Ab-lehnung.

Die in der dritten Aussage angesprochene eindeuti-ge Interpretierbarkeit zeigt ähnliche Muster wie diebeiden ersten Aussagen. Variante 1 liegt mit 3,46

111

Tab. 5.16: Einteilung der Lesetypen

Lesetyp BeschreibungAnzahl der Probanden

1 Zügiges, lineares Lesen n =12

2Zügiges, lineares Lesen, dannZurückspringen

n = 20

3 Nicht-lineares Lesen n = 27

Videomaterial nicht verwertbar n = 21

Tab. 5.17: Mittlere Betrachtungszeiten der einzelnen Variantenvor und nach der Korrektur

VarianteMittlere Betrachtungszeiten [s]

vor Korrektur nach Korrektur

1M = 5,02

SD = 1,96

M = 3,04

SD = 0,87

2M = 6,74

SD = 2,92

M = 4,15

SD = 1.25

3M = 5,77

SD = 2,29

M = 3,65

SD = 1,03

4M = 6,69

SD = 2,83

M = 4,23

SD = 1,31

Bild 5.67: Verteilungen der korrigierten Betrachtungszeiten derVerlustzeitdarstellungen

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(SD = 0,93) vor Variante 3 (M = 3,18; SD = 0,95),gefolgt von Variante 2 (M = 2,58; SD = 1,02) undVariante 4 (M = 2,49; SD = 0,98).

Als sehr hilfreich wurde vor allem Variante 3 beur-teilt (M = 3,39; SD = 0,74). Mit ähnlicher Zustim-mung zu dieser Aussage schneiden auch Variante4 (M = 3,20; SD = 0,89), Variante 2 (M = 3,19; SD= 0,86) und Variante 1 (M = 3,04; SD = 0,88) ab.

Im Gegensatz zu den ersten drei Aussagen, erfuhrVariante 1 bei der Frage, ob das Schild alle benötig-ten Informationen enthalte, die geringste Zustim-mung der Probanden (M = 2,46; SD = 1,08). Insbe-sondere bei Variante 4 (M = 3,44, SD = 0,79), aberauch bei Variante 2 (M = 3,26; SD = 0,88) und Va-

riante 3 (M = 3,25; SD = 0,86) wurde diese Aussa-ge mit mittlerer Zustimmung bewertet.

Ranking

Hinsichtlich der Kategorien „Lesbarkeit“, „Verständ-lichkeit“ und „Nutzen“ mussten die vier Darstel-lungsvarianten von den Probanden in eine Rang-reihe gebracht werden. Zur besseren grafischenDarstellung wurden die Rangplätze bei der Berech-nung umgekehrt. Demnach entspricht 4 der bestenund 1 der schlechtesten Bewertung.

Lesbarkeit

Bezüglich der Lesbarkeit wurde Variante 1, die Dar-stellungsvariante ohne Reisezeitinformationen, ambesten bewertet (M = 3,57; SD = 0,98). Variante 3(M = 2,71; SD = 0,77) belegt den zweiten Platz, ge-folgt von Variante 2 (M = 1,95; SD = 0,80) und Va-riante 4 (M = 1,77; SD = 0,91). Ein scheinbar nega-tiver Zusammenhang zwischen Informationsgehaltund Lesbarkeit ist erkennbar. Bild 5.69 veranschau-licht die Rangpunkte im Vergleich der beiden Al-tersgruppen.

Verständlichkeit

Auch hinsichtlich der Verständlichkeit wurde Vari-ante 1 am besten bewertet (M = 3,32; SD = 1,1),gefolgt von Variante 3 (M = 2,76; SD = 0,80), Vari-ante 2 (M = 1,97; SD = 0,89) und Variante 4 (M =1,95; SD = 1,04). In Bild 5.70 ist daher ein Musterähnlich der Lesbarkeit zu erkennen.

112

Tab. 5.18: Aussagen und Skala zur vergleichenden Bewertung(Fragebogen)

Nr. Aussage

1 Dieses Schild ist in der kurzen Zeit sehr gut lesbar.

2 Der Inhalt dieses Schildes ist sofort gut verständlich.

3 Dieses Schild kann nicht falsch interpretiert werden. (=eindeutig)

4 In einer Stausituation sind die Informationen auf diesemSchild sehr hilfreich.

5 Dieses Schild enthält alle Informationen, die ich fürmeine Entscheidung benötige.

Antwort

Je 1 – starke Ablehnung

2 – leichte Ablehnung

3 – leichte Zustimmung

4 – starke Zustimmung

Bild 5.68: Mittlere Punktwerte der Aussagen zur vergleichen-den Bewertung

Bild 5.69: Kategorie „Lesbarkeit“ – vier Varianten in Abhängig-keit der Altersgruppe

Page 114: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

Nutzen

Im Hinblick auf den Nutzen der Informationen fürden Fahrer dominieren jedoch die Varianten 3 (M =2,97; SD = 0,93) und 4 (M = 2,95; SD = 1,14). AuchVariante 2 (M = 2,44; SD = 0,93) wurde hier im Ge-gensatz zu Variante 1 (M = 1,63; SD = 0,91) alsnützlicher betrachtet. Bild 5.71 zeigt, dass bei derProbandengruppe der 18- bis 30-Jährigen eher dieVariante 3 als am nützlichsten bezeichnet wurde,während bei der Gruppe der 40- bis 65-Jährigeneher der Variante 4 der größte Nutzen zugeschrie-ben wurde.

Favorisierte Variante

34 der 80 Probanden wählten Variante 3 zu ihrempersönlichen Favoriten, 22 Personen bevorzugtenVariante 4. Für 14 Versuchsteilnehmer stellte Vari-ante 2 die beste Lösung dar und zehn Probandenpräferierten Variante 1 ohne Reisezeitinformationen(siehe Bild 5.72).

Insbesondere im Hinblick auf Variante 3 und 4 alsfavorisierte Darstellungsform sind Unterschiede in

113

Bild 5.70: Kategorie „Verständlichkeit“ – vier Varianten in Ab-hängigkeit der Altersgruppe

Bild 5.71: Kategorie „Nutzen“ – vier Varianten in Abhängigkeitder Altersgruppe

Bild 5.72: Favorisierte Varianten der Reisezeitdarstellung

Bild 5.73: Favorisierte Varianten der Reisezeitdarstellung inAbhängigkeit des Alters

Page 115: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

den beiden Altersgruppen erkennbar (siehe Bild5.73).

Begründungen für die Wahl zum Favoriten

Zusätzlich zur Wahl des Favoriten sollte die Wahlvon den Probanden begründet werden. Nachfol-gend sind Auszüge der Begründungen aufgeführt,wobei ähnliche Argumente sinnvoll zusammenge-fasst und neu formuliert wurden.

Variante 1:

• „einfach, schnell zu überblicken“,

• „genug Informationen für Entscheidung“,

• „kein Vertrauen in Zeitangaben“,

• „ es muss keine Entscheidung getroffen werden,ob Umfahrung zeitlich sinnvoll ist“,

• „auch für Ziele vor Fernziel besser“.

Variante 2:

• „Alle wichtigen Details enthalten, aminformativsten“,

• „bessere Kalkulation zum Routenvergleich mög-lich – dann eigene Entscheidung“,

• „sinnvoll und übersichtlich dargestellte Informa-tionen (Art der Zeitangabe auf beiden Seitengleich – immer Angabe der zusätzlichen Zeit)“,

• „Wissen um zusätzliche Zeit wichtig, falls Terminam Zielort“,

• „Lesbarkeit und Informationsgehalt am bestenkombiniert“.

Variante 3:

• „gut, übersichtlich, schnell lesbar, keine langeAblenkung“,

• „eindeutige Zeitangabe, keine Verwechslun-gen/Verwirrungen möglich“,

• „für Entscheidung ausreichende wichtige Infor-mation (Gewinn) enthalten“,

• „mittlere Anzahl an Informationen (nicht zu viel,nicht zu wenig)“,

• „Rechenschritt (Vergleich zweier Zeiten) wirdabgenommen – Gewinn sofort ablesbar“,

• „schnelle Gewöhnung“,

• „eigene Bewertung, ob es sich lohnt oder nichtschnell möglich“.

Variante 4:

• „übersichtlich, gut lesbar“,

• „Staudauer wichtig für Entscheidung (z. B. beikurz dauerndem Stau kein Risiko eingehen, sichauf der Umfahrung zu verfahren) bzw. bei Ter-mindruck“,

• „nützlich – enthält die meisten Informationen“,

• „eindeutig verständlich (Gewinn)“,

• „Rechenschritt wird abgenommen“,

• „gutes Abwägen/Entscheiden möglich“,

• „allmähliche Gewöhnung an die Datenmenge“.

5.3.4 Abschließende Bewertung der Ergebnis-se und Empfehlung

Zusammenfassung der Befunde aus den Teil-aufgaben

Entscheidungszeiten – Teil 1

Betrachtet man die vier Darstellungsvarianten imVergleich, so hatte Variante 1, mit lediglich einemEntscheidungskriterium, die kürzesten Entschei-dungszeiten. Unter den Schildvarianten mit Reise-zeitinformationen, und daher mit zwei Entschei-dungskriterien, schnitt Variante 3 am besten ab. Va-riante 4 lag dicht dahinter und bei Variante 2 kam esaufgrund des zusätzlichen Rechenschrittes zueiner langsameren Entscheidung. Eine Erklärungs-möglichkeit dafür, dass sich dieses Muster vorran-gig in der Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigenzeigt, sind die unterschiedlichen Blickverläufe undStrategien. Detaillierte Blickanalysen ergaben dem-nach, dass Probanden der Altersgruppe 40- bis 65-Jährige einen wesentlich höheren Anteil an Blickzu-wendungen zu nicht entscheidungsrelevanten In-formationen für die Experimentalaufgabe hatten.

Gerade im Hinblick auf die Entscheidungszeitengab es signifikante Unterschiede zwischen den bei-den Altersgruppen. 18- bis 30-jährige Probandenbenötigten im Experiment weniger Zeit, um richtigeEntscheidungen zu treffen.

Bedeutsam ist außerdem die Frage, ob und wieschnell die Nutzer mit den dargestellten Informatio-

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nen vertraut wurden. Bereits während der Übungs-phase traten deutliche Lernfortschritte bezüglich derEntscheidungszeiten auf. Bereits nach sieben Kon-takten mit den Wegweisern verringerten sich dieEntscheidungszeiten um nahezu 50 %. Dies impli-ziert, dass sich der Umgang mit dWiSta im Allge-meinen sowie mit den integrierten Reisezeitinforma-tionen durch zunehmende Gewöhnung vereinfacht.

Betrachtungszeiten – Teil 2

Signifikante Unterschiede zwischen den Variantensind vor allem auf die verschiedene Anzahl an dar-gestellten Informationen zurückzuführen. Entspre-chend den Erwartungen ergaben sich bei der Vari-ante mit den wenigsten Informationen (Variante 1)daher auch die kürzesten Betrachtungszeiten. Vari-ante 3 enthält deutlich mehr Informationen undwurde somit länger gelesen. Nur leicht darüber lie-gen die Varianten 2 und 4, welche die meisten In-formationen beinhalten.

Die im Experiment erfassten Zeiten zum Lesen derSchildvarianten weisen eine enorm hohe interindivi-duelle Streuung auf, wobei keine signifikanten Al-tersunterschiede auftraten. Die Versuchspersonenschienen die Aufgabe sehr unterschiedlich interpre-tiert zu haben. Trotz des Hinweises, die Angabender Schilder nicht zu memorieren, versuchten vielePersonen, sich die einzelnen Schildelemente ein-zuprägen. Eine weitere Begründung für die sehrlangen Betrachtungszeiten könnten die unbekann-ten Ortsnamen sein, welche das Behalten im Kurz-zeitgedächtnis erschwerten und so ein wiederhol-tes Betrachten erforderten.

Die im Nachhinein korrigierten Betrachtungszeitenüberschreiten dennoch, über alle Darstellungsvari-anten hinweg, nicht den Maximalwert von zehn Se-kunden. Diese maximale Darbietungszeit ergibtsich aus der Lesbarkeit des Schildes für 140 m (170 m bis 30 m vor dem Schild) und einer Ge-schwindigkeit von 100 km/h, wobei es im Normalfallzweifach präsentiert wird. Die Betrachtungszeitwährend des Fahrens wird dabei nur von kurzenKontrollblicken zur Straße unterbrochen.

Subjektive Bewertung – Teil 3

Die Ergebnisse der vergleichenden Bewertung unddes Rankings verdeutlichen, dass bei einer Zunah-me des Informationsgehaltes der subjektive Nutzensteigt, die Lesbarkeit und Verständlichkeit jedochabnehmen.

Bewertung der Schildvarianten

Variante 1:

Schildvariante 1 enthält keine Reisezeitinformatio-nen und dient damit als Vergleichspunkt bzw. Ba-sisrate. Gemäß den Erwartungen hatte diese Dar-stellungsvariante die kürzesten Entscheidungs-und Betrachtungszeiten. Neben diesen objektivenDaten spricht auch die subjektive Bewertung derProbanden für die beste Lesbarkeit und höchsteVerständlichkeit. Diese Schildvariante erfüllt denAnspruch an eine internationale Verständlichkeit

Variante 2:

Schildvariante 2 beinhaltet die meisten Informatio-nen, da hier zusätzlich zur Staulänge auch dieDauer des Staus sowie die zusätzliche Dauer durchdie Nutzung der Umfahrung im Vergleich zur Stan-dardroute ohne Stau angegeben sind, woraus sichvom Fahrer selbst der Gewinn durch das Nutzender Umfahrung ermitteln lässt. Aufgrund dieserFülle an Informationen führte diese Variante zu denlängsten Entscheidungs- und Betrachtungszeiten.Es ist anzumerken, dass auch Variante 2 den An-spruch an eine internationale Verständlichkeit er-füllt.

Variante 3:

Auf Schildvariante 3 befindet sich, im Gegensatz zuVariante 2, nur eine Zeitangabe, welche den Zeit-gewinn durch das Nutzen der Umfahrung angibt.Hinsichtlich der Entscheidung zur Routenwahl,führte diese Variante (nach der Vergleichsvariante1) zu den besten Ergebnissen. Im Hinblick auf dieBetrachtungsdauer ergaben sich ähnliche Zeitenwie bei den anderen Varianten mit Reisezeitanga-ben. Gemäß der subjektiven Bewertung der Pro-banden stellte die Darstellungsvariante 3 mögli-cherweise einen Kompromiss aus allen Kriteriendar, da sie sowohl als gut lesbar und verständlichals auch als besonders nützlich empfunden wurde.

Variante 4:

Schildvariante 4 ist eine Kombination aus den Vari-anten 2 und 3. Zusätzlich zum Gewinn enthält diesein der Vorbefragung sehr positiv bewertete Variantezusätzlich eine Angabe zur Staudauer. In der Ent-scheidungsaufgabe ergaben sich ähnliche Zeitenwie bei Variante 3, da die Entscheidungskriterieneine gleiche Vorgehensweise erforderten. Der

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große Informationsgehalt wurde bezüglich derschnellen Lesbarkeit und Verständlichkeit von denProbanden im Vergleich als weniger gut bewertet.Der Nutzen hingegen wurde bei Variante 4 sehrhoch eingeordnet. Damit ist diese Darstellungsformhinter Variante 3 auf dem zweiten Platz der favori-sierten Schildvarianten.

Übertragbarkeit der Ergebnisse auf eine realeFahrsituation

Laborexperimente werfen im Allgemeinen dieFrage auf, inwiefern die gefundenen Ergebnisseauf reale Situationen übertragen werden können.Ein Untersuchungsdesign als Laborversuch ohneparallele Fahraufgabe wurde gewählt, um möglicheminimale Unterschiede zwischen den einzelnenDarstellungen der Zeitangaben nicht durch zusätz-liche Faktoren zu verdecken. Die ermittelten Werterepräsentieren daher Minimalwerte, die unter opti-malen Bedingungen (v. a. hohe Vertrautheit mit derStrecke und dem Schild) zu erwarten sind. Ob dieexperimentell ermittelten Zeiten mit einem „Auf-schlag“ zu versehen sind, ist strittig, da zwar eineBelastung durch die Fahraufgabe besteht, ander-seits aber auch Routinen zur Kompensation ent-wickelt werden. Fahrer betrachten Informationenrelativ lange (bis ca. zwei Sekunden) und zeigendazwischen sehr kurze Kontrollblicke zur Fahrbahn(ca. 100 ms). Dabei werden bei wiederholter Nut-zung einzelne relevante Schildinhalte meist selektivbetrachtet.

Eine Art „maximale“ Betrachtungszeit wurde durchdie Aufgabe des vollständigen Lesens der Schildin-halte erhoben. Sie könnte einen Hinweis auf dieZeit geben, die Fahrer zum Lesen von ihnen nichtvertrauten dWiSta-Tafeln benötigen.

Nach dem Ausschluss von Messungen, bei denendie Probanden eindeutig „memorierten“, ergabensich Maximalzeiten von knapp sieben Sekunden.

Diese liegen deutlich unter dem bereits erwähntenWert von zehn Sekunden, den ein Fahrer beimzweimaligen Darbieten des Schildes, bei einer Ge-schwindigkeit von 100 km/h, zur Informationsauf-nahme zur Verfügung hat.

Empfehlung aus wahrnehmungs-psychologi-scher Perspektive

Aus individueller Sicht des Fahrers, als Nutzer derdynamischen Wegweiser, sollte die Darstellung der

Reisezeiten eine optimale Aufnahme und Verarbei-tung der Informationen ermöglichen. Sowohl objek-tive als auch subjektive Daten sprechen diesbezüg-lich für Variante 3. Über die verschiedenen Teiledes Laborexperiments hinweg brachte die Darstel-lungsform mit dem Reisezeitgewinn die überzeu-gendsten Ergebnisse hervor und kann daher auspsychologischer Perspektive empfohlen werden.

Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass auchdie verbleibenden Varianten für einen Einsatz inFrage kommen, da die Unterschiede teilweise sehrgering waren und kritische Werte weitestgehendnicht überschritten wurden.

Es wird angemerkt, dass die als Referenz (Bezugs-fall) in die Untersuchung aufgenommene Variante 1positive Resultate hinsichtlich Lesbarkeit, Verständ-lichkeit und schneller Interpretation erzielte undsomit ihre Eignung für den Einsatz (ohne Zeitanga-ben) bewies.

Kritisch zu sehen ist, dass bei einem naiven Erst-kontakt mit den Inhalten eines dWiSta-Schildes inder Vorbefragung Verständnisschwierigkeiten desGesamt-Schildes (alle Angaben, außer Zeitinforma-tionen) auftraten. Meist war den Probanden nichtklar, dass es sich um eine Umleitungsempfehlunghandelte.

6 Ergebnisse und Empfehlungen

6.1 Reisezeitberechnung

Die Verfahren OLSIM, ddg, ASDA/FOTO und EIN-FACHER ANSATZ nutzen als Eingangsdaten diean stationären Messquerschnitten erhobenen undabgeleiteten Verkehrskenngrößen zur Berechnungder Fahrtzeit. Das Verfahren MAVE-S erkennt dieFahrzeuge an zwei Querschnitten wieder und be-rechnet die Fahrtzeit als Differenz der beiden Über-fahrtzeitpunkte.

Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dassalle in das Forschungsvorhaben einbezogenen Ver-fahren bei einem freien Verkehrsfluss zutreffendeFahrtzeiten berechnen. Die Fahrtzeiten können alsGrundlage für die Anzeige von Reisezeitinformationin dWiSta verwendet werden. Für eine ab-schließende Beurteilung der Verfahren bei einemgestörten Verkehrsfluss reichen die der Untersu-chung zugrunde liegenden Daten nicht aus, insbe-sondere auch deshalb, weil für die Verkehrsstufen

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gestörter Verkehrsfluss unabhängige Kontrollmes-sungen nicht in ausreichender Anzahl vorliegen.Der direkte Vergleich der Verfahren untereinanderzeigt, dass auch bei einem gestörten Verkehrsflussüberwiegend Fahrtzeiten in ähnlicher Größe ermit-telt werden. Es wird aber auch deutlich, dass dieBerechnung einer verlässlichen Fahrtzeit bei einemstark gestörten Verkehrsfluss, z. B. bei Stop-and-go-Verkehr zunehmend schwieriger wird. Die Fahrt-zeiten unterschiedlicher Verfahren können deutlichvoneinander abweichen.

Für die Qualität der berechneten Fahrtzeiten, ins-besondere bei einem gestörten Verkehrsablauf, istder Abstand zwischen den Messquerschnitten mitausschlaggebend. Unter technischen und finanziel-len Aspekten vertretbar wird ein mittlerer Mess-querschnittsabstand von rund 2 km angesehen.Beim Verfahren MAVE-S, das die Durchfahrtszeitzwischen zwei Messquerschnitten über eine Fahr-zeugwiedererkennung misst, können größere Ab-stände zwischen den einzelnen Messquerschnittengewählt werden, ohne das Ergebnis zu verschlech-tern. Allerdings erfordert das Verfahren gegenüberder an Autobahnen üblichen Verkehrsdatenerfas-sung zusätzliche technische Infrastruktur.

Insgesamt gesehen wird die Qualität der Fahrtzeit-berechnung bei allen Verfahren als relativ gleich-wertig angesehen.

Es wird empfohlen, Fahrtzeiten beziehungsweiseFahrtzeitdifferenzen zwischen Haupt- und Alterna-tivroute erst ab bestimmten Schwellenwerten in dendWiSta anzuzeigen. Die Schwellenwerte sind ein-zelfallabhängig festzulegen. Dabei ist auch die län-gere Strecke der Alternativroute mit einzubeziehen,um zu vermeiden, dass der zeitliche Vorteil auf derAlternativroute durch höhere Betriebskosten kom-pensiert wird oder gar verloren geht. Um zu großeErwartungen an die Genauigkeit der angezeigtenFahrtzeiten durch den Verkehrsteilnehmer zu ver-meiden, bietet es sich an, Fahrtzeiten oder Fahrt-zeitunterschiede nur in 5-Minuten-Stufen anzuzei-gen.

Im Hinblick auf die Anzeige verlässlicher Reisezeit-informationen in dWiSta sollten bei der Fahrtzeiter-mittlung für die durchgängige Haupt- und Alterna-tivroute auf Streckenabschnitten, bei denen „regel-mäßig“ mit sehr unterschiedlichen Verkehrszustän-den auf den einzelnen Fahrstreifen zu rechnen ist,durch geeignete Verfahren, z. B. empirisch ermittel-te Zeitzu- oder -abschläge, solche Fehler klein ge-halten werden.

6.2 Anzeigeinhalte und -formen fürReisezeitinformationen

Nach den Angaben zu Staulänge und einer mögli-chen Umfahrung ist die Angabe über die Stauzeitdie dritthäufigste von Kraftfahrern gewünschte In-formation. Die Darbietung dieser Informationenmüssen aber klar, verständlich und in sehr kurzerZeit erfassbar sein. Diese Randbedingungen wur-den schon bei der Entwicklung der dWiSta-Tafelnberücksichtigt. Innerhalb dieses Rahmens wurdenmögliche Darstellungsformen für die Anzeige vonReisezeitinformationen entworfen. Eine Voraus-wahl erfolgte u. a. durch potenzielle Nutzer mit Hilfeeines strukturierten Interviews. Die drei am bestenbeurteilten Konzepte wurden zusammen mit demBezugsfall (dWiSta gemäß [11]) in einem Laborex-periment vergleichend getestet. Die Kriterien wareneine schnelle Routenentscheidung unter vorgege-benen Kriterien, eine vollständige Informationsauf-nahme aller Inhalte auf dem Schild und eine sub-jektive Bewertung auf den Dimensionen Lesbarkeit,Verständlichkeit und Akzeptanz.

Als Ergebnis steht aus Fahrersicht die Variante, dieden möglichen Zeitgewinn durch die Nutzung derUmfahrung explizit darstellt. Aber auch die anderenzwei Anzeigeformen mit Zeitangaben sowie der Be-zugsfall ohne Zeitangaben überschreiten nicht diekritischen Grenzwerte für die Informationsaufnah-me und -interpretation.

6.3 Praktische Anwendung

Die Bereitstellung aktueller Fahrtzeiten für Haupt-und Alternativroute ist einfach möglich. Hierzu be-darf es nur einer leicht realisierbaren Kopplungzwischen dem Rechner des „Fahrtzeitlieferanten“und der zuständigen Stelle in der Straßenbauver-waltung. Eine direkte Anzeige dieser Fahrtzeiten indWiSta ist aber nicht sinnvoll. Vor der Anzeigemuss geprüft werden, ob die berechneten Fahrt-zeiten nicht im Widerspruch zu den Umleitungs-empfehlungen stehen, insbesondere dann, wennUmleitungsempfehlungen aus übergeordneten Ge-sichtspunkten heraus geschaltet werden sollen.Eine entsprechende Überprüfung ist ferner beigroßen Verkehrsstörungen besonders wichtig, weilin solchen Verkehrssituationen die berechnetenFahrtzeiten sehr stark schwanken können. Da-durch können für die Alternativroute im Vergleichzur Hauptroute temporär ungünstige Fahrtzeitkon-stellationen entstehen, die die Entscheidung für die

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Befolgung der empfohlenen Alternativroute negativbeeinflussen.

Eine manuelle Plausibilisierung der in der Ver-kehrszentrale minütlich eingehenden Fahrtzeitenund eine manuelle Aktualisierung der Fahrtzeitensind aufgrund der damit verbundenen Personal-bindung nicht sinnvoll. Von daher besteht die Not-wendigkeit, automatisierte Prüfroutinen zu ent-wickeln.

Die aus Sicht der Verkehrsteilnehmer bevorzugteAnzeigeform erfordert das Vorliegen der Fahrtzei-ten von Haupt- und Alternativroute. Diese müssenjedoch nicht immer vorliegen. Auch könnte eineReisezeitanzeige von nur einem kleinen Gewinnkontraproduktiv auf die gegebene Umleitungsemp-fehlung wirken. In Tabelle 6.1 sind für alle denkba-ren Konstellationen von Fahrtzeiten auf Haupt- undAlternativroute die Wirkungen auf die Umleitungs-empfehlung dargestellt. Neben den Varianten 3, 2und 4 ist in Tabelle 6.1 zusätzlich Variante a, in dernur die Verlustzeit auf der Hauptroute angezeigtwird, mit aufgenommen. Diese Variante, wurde imRahmen der Vorauswahl verworfen, wird aber vonmehreren Straßenbauverwaltungen als zweck-mäßig eingestuft.

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurdenicht untersucht, ob und wenn ja in welchem Maße,die Angabe zusätzlicher Reisezeitinformationen indWiSta die Befolgung der gegebenen Umleitungs-empfehlung positiv beeinflusst. In Tabelle 6.1 istdeshalb der Bezugsfall, in dem keine Reisezeitin-formationen angezeigt werden, nicht mit aufgenom-men. Er ist wegen der fehlenden Reisezeitinforma-

tion im Hinblick auf die Wirkung der Befolgung derAlternativroutenempfehlung nicht direkt vergleich-bar.

Eine Variante, die nur die Verlustzeit für die Alter-nativroute anzeigt, wird aufgrund ihrer grundsätz-lich als negativ eingeschätzten Wirkung auf die Be-folgung der Alternativroutenempfehlung in Tabelle6.1 nicht betrachtet.

Bei den im wahrnehmungspsychologischen Experi-ment untersuchten Varianten mit Reisezeitinforma-tion wird die Wirkung auf die gegebene Umlei-tungsempfehlung nur dann als positiv beurteilt,wenn die Fahrtzeit auf der Hauptroute größer ist alsdie auf der Alternativroute und der Schwellenwertfür die Anzeige überschritten wird. Es besteht aberauch die Möglichkeit, dass der Schwellenwert zurAnzeige nicht erreicht wird oder die Fahrtzeit aufder Alternativroute länger ist als auf der Hauptrou-te. In beiden Fällen wäre eine Anzeige der Reise-zeitinformation im Hinblick auf die Befolgung derUmleitungsempfehlung bei den Varianten 2, 3 und4 nicht hilfreich oder sogar kontraproduktiv. Die Va-rianten 2, 3 und 4 erfordern immer, dass sowohl dieFahrtzeit auf der Haupt- als auch Alternativroutevorliegt. Beim Fehlen einer der beiden Fahrtzeitenist die Anzeige einer der drei Varianten nicht mehrmöglich.

Bei der Variante a ist eine Anzeige immer dannmöglich, wenn für die Hauptroute die Verlustzeit(aktuelle Fahrtzeit minus Normfahrtzeit) berechen-bar ist. Diese Zeitangabe wird als zusätzliche In-formation zur Staulänge angeboten und steht nichtin Konkurrenz zu anderen Angaben. Lediglich bei

118

Tab. 6.1: Wirkungen unterschiedlicher Anzeigeformen auf die Umleitungsempfehlung

Fall

Variante 2 Variante 3 Variante 4 Variante a

TVerlust-

Haupt

TVerlust-Al-

ternativ - TGewinn

TVerlust-

HauptTGewinn

TVerlust-

Haupt-

TFzt–Hauptroute – TFzt–Alternativroute > 0

und > TSchwellenwert

positiv positiv positiv positiv*)

TFzt–Hauptroute – TFzt–Alternativroute > 0

und > TSchwellenwert

unsicher unsicher unsicher positiv*)

TFzt–Hauptroute – TFzt–Alternativroute < 0 negativ negativReisezeitanzeige

unsinnigpositiv*)

Nur Fahrzeit für AlternativrouteReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglich

Nur Fahrzeit für Hauptroute Reisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichpositiv*)

Keine Fahrzeiten verfügbarReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglichReisezeitanzeige

nicht möglich

*) Variante im Experiment nicht untersucht, deshalb Einschätzung nur qualitativ

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sehr kurzen Verlustzeiten könnte die Reisezeitin-formation kontraproduktiv wirken, wenn die Ver-kehrsteilnehmer aufgrund der nur kurzen Verlust-zeit auf der Hauptroute bleiben und damit der Um-leitungsempfehlung nicht folgen. In einem solchenFall handelt es sich aber um eine kleine Verkehrs-störung (da nur geringe Verlustzeit). Es stellt sichdann die Frage, ob die dWiSta überhaupt aktiviertwerden.

Im Vergleich zu den Varianten 2, 3 und 4 weist dieVariante a den größeren Einsatzbereich auf, liefertdem Fahrer aber keine Informationen über denZeitverlust auf der Alternativroute.

6.4 Weiterer Forschungsbedarf

Obwohl bei gestörtem Verkehrsfluss die Verfahrenüberwiegend Fahrtzeiten in vergleichbarer Größeberechnen, weichen die Fahrtzeiten teilweise auchdeutlich voneinander ab. Insbesondere die Berech-nung von Fahrtzeiten bei Stop-and-go-Verkehr er-weist sich als schwierig. Die Datengrundlage lässtim Hinblick auf die Genauigkeit der Fahrtzeitbe-rechnungen bei zähfließendem und gestautemVerkehrsfluss aber keine abschließende Beurtei-lung der Eignung der untersuchten Verfahren zu,auch weil unabhängige Kontrollmessungen alsVergleichsmaßstab nicht ausreichend zur Verfü-gung standen. Hier besteht weiterer Forschungs-bedarf.

Weiterer Forschungsbedarf zeigt sich ebenso beider Einbindung von Reisezeitinformationen in au-tomatisierte Steuerungsmodule zur Empfehlung/Schaltung einer Alternativroute im Störungsfall(dies wurde im Rahmen dieses Forschungsvorha-bens nicht untersucht) und der Sicherstellung,dass die in dWiSta angezeigten Fahrtzeiten nichtim Widerspruch zur ebenfalls angezeigten Staulän-ge stehen.

Darüber hinaus sind Fragestellungen im Zusam-menhang mit dem Befolgungsgrad der empfohle-nen Alternativroute von generellem Interesse, aberauch im Hinblick auf die Darstellungsform der Rei-sezeitinformation.

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[22] FASTENRATH, U.: Nationwide Traffic modelling as the Basis for High Qualtity Content, Vortrag auf dem International IIRCongress E-Car am 02-03.12.2003 in Stuttgart

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[24] FERRÉ, J.: Travel times, in: Centrico News, p.7, 9/2005

[25] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Ver-kehrswesen, Merkblatt für die Ausstattung vonVerkehrsrechnerzentralen und Unterzentralen(MARZ), Ausgabe 1999

[26] GEISTEFELDT, J.: Schätzung von Reisezeitenauf Autobahnen unter Verwendung eines er-weiterten Verkehrsflussmodells, in: Tagungs-band HEUREKA ’05 – Optimierung in Verkehrund Transport, S. 639-651, Forschungsgesell-schaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln,2005

[27] HARTZ, B., SCHMIDT, M.: Dynamische Weg-weiser mit integrierten Stauinformationen (dWiSta), in: Forschung Straßenbau undStraßenverkehrstechnik, Heft 924, Bonn, 2005

[28] HICKS MEEHAN, B.: Travel Times in DynamicMessage Signs, ITE Journal, 09/05

[29] HIDAS, P., AWADALLA, E.: Modelling driver response to variable message signs for incident management, Road & Transport Research, Vo.l 12/No 2, June 2003

[30] HUBER, W.: Fahrzeuggenerierte Daten zurGewinnung von Verkehrsinformationen, _verkehr/_pdf/8_4_5_Fahrzeuggenerierte_Daten.pdf, 12.05.2006

[31] KATSIKOPOULOS, K. V., DUSE-ANTHONY,Y., FISHER, D. L., DUFFY S. A.: The framingof drivers' route choices when travel time information is provided under varying degreesof cognitive load, 2000 Fall; 42 (3):470-81, Department of Mechanical and Industrial Engineering, University of Massachusetts, Amherst 01003 (USA), 2000

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[32] KERNER, S., KIRSCHFINK, H., REHBORN,H.: Automatische Stauverfolgung auf Autobah-nen, Straßenverkehrstechnik, Heft 9, S. 430-8,1997

[33] KERNER, B. S., REHBORN, H., ALEKSIC, M.,HAUG, A., LANGE, R.: Verfolgung und Vorher-sage von Verkehrsstörungen auf Autobahnenmit „ASDA“ und „FOTO“ im Online-Betrieb inder Verkehrsrechnerzentrale Rüsselsheim,Straßenverkehrstechnik, Heft 10, S. 521-527,2000

[34] KWELLA, B., LEHMAN, H., SKROBOTZ, D.:BERTRAM – individuelle Verkehrsanalyse fürmehr Mobilität, Der GMD-Spiegel, 1-2/2000

[35] LI, R.: Comperative performance of speed-based travel time estimation models, Road &Transport Research, Vol. 13/No. 3, September2004

[36] LINAUER, M.: FCD-Algorithmen – EffizienteVerkehrsmonitoring-Algorithmen für Verkehrs-informationszentralen – Case Study, Arsenal research [http://www.arsenal.ac.at/partners/Marie %20Curie.pdf]

[37] MARINOSSON, S.-F., CHROBOK, R., POTT-MEIER, A., WAHLE, J., SCHRECKENBERG,M.: Simulation des Autobahnverkehrs in NRW[http://scholar.google.com/scholar?hl=de&lr=&q=cache:2mWbHBxhsgQJ:www.traffic.uni.duisburg.de/~chrobok/skripte/ASIM2002.pdf+Autobahnverkehr+%2B+Chrobok, 12.05.2006]

[38] MEIER-EISERMANN, E., LAUBE, R., BELOPITOV, I.: Stauzeit statt Staulänge – FAVSS 2001/301, Eidgenössisches Departmentfür Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika-tion, Bundesamt für Strassen, Oktober 2004

[39] PFANNERSTILL, E.: Object Recognition andCorrelation Methods for Traffic, Flow Analysis,8th International IEEE Conference on Intelligent Transportation Systems, ConferenceProceedings, CD-ROM, Vienna/Austria 13-16Sept. 2005

[40] PATERSON, D., ROSE, G.: Dynamic traveltime estimation on instrumented freeways, Institute of Transport Studies, Department ofCivil Engineering, Monash University

[41] REHBORN, H.: Anwendungen der Drei-Pha-sen-Verkehrstheorie nach Kerner, Vortrag am

08. April 2005 [http://www.dlr.de/fs/PortalData/16/Resources/dokumente/vk/VP_FS_EX_Vortrag_Rehborn_050407.pdf]

[42] SCHNÖRR, C.: Von der Messwerterfassungbis zur automatisch generierten Verkehrsmel-dung, Straßenverkehrstechnik, 2000, Heft 1, S. 11-18

[43] SCHUCKFLIEß, W.: Entwicklung eines ma-kroskopischen Modells zur Prognose von MIV-Reisezeiten, Aachener Mitteilungen Straßen-wesen, Erd- und Tunnelbau (43), S. 569-91,2003

[44] Technische Universität München (Hrsg.): Rei-sezeitmessung aus Fahrzeugwiedererken-nung, 12.05.2006

[45] Travel Time Estimation, European workshop(organised by SERTI project an initiative byTEN-T Euro-Reginal Project) – Kurzfassungender Vorträge, Avignon, 8.-9. November 2001

[46] WIEDEMANN, R., SCHWERDTFEGER, T.:Makroskopisches Simulationsmodell fürSchnellstraßennetz mit Berücksichtigung vonEinzelfahrzeugen (DYNEMO), Universität Karlsruhe, in: Forschung Straßenbau und Stra-ßenverkehrstechnik, Heft 500, Bonn, 1987

[47] WS Atkins Consultants: TROPIC, TRaffic OPtimisation by the Integration of Informationand Control, Trial Phase, Final Report. TROPICII, D13.4, Birmingham,1999

[48] YIM, Y., YGNACE, J.-L.: Variable MessageSigns and Link Flow – Evaluation: A CaseStudy of the Paris Region, California PATHWorking Paper UCB-IST-PWP-95-5, 1995

[49] TREIBER, M., HELBING, D.: Reconstructingthe spatio-temporal traffic dynamics from stationary detector data, veröffentlicht im Inter-net-Journal Cooperative Transportation Dyna-mics, 2002 [http://vwitme011.vkw.tudresden.de/TrafficForum/journal/index.html]

[50] MEEHAN, BRANDY HICKS: Travel Times onMessage Signs; ITE Journal, September 2005

[51] RUITER de, J. C. C., SCHOUTEN, W. J. J. P.,FRIJDAL, J. H.: Berekenen van reistijden doorhet MoniBas system [http://www.belmont.nl/downloads/berekenenreistijdendoormonibas.pdf]

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[52] ROBINSON, S., POLAK, J.: Methode zur Be-seitigung von Fehlern bei Kennzeichenerhe-bungen (Org. engl. Overtaking rule method forthe cleaning of matched license-plate data),Journal of Transportation Engeneering 132, Nr.8, S. 609-617, 2006

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Schriftenreihe

Berichte der Bundesanstaltfür Straßenwesen

Unterreihe „Verkehrstechnik“

V 110: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2001 – Jah-resauswertung der automatischen DauerzählstellenLaffont, Nierhoff, Schmidt, Kathmann 22,00

V 111: Autobahnverzeichnis 2004 (erschienen 2005)Kühnen 21,50

V 112: Einsatzkriterien für Betonschutzwände (vergriffen)Steinauer, Kathmann, Mayer, Becher 21,50

V 113: Car-Sharing in kleinen und mittleren GemeindenSchweig, Keuchel, Kleine-Wiskott, Hermes, van Acken 15,00

V 114: Bestandsaufnahme und Möglichkeiten der Weiterentwick-lung von Car-SharingLoose, Mohr, Nobis, Holm, Bake 20,00

V 115: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2002 – Jahres-auswertung der automatischen DauerzählstellenKathmann, Laffont, Nierhoff 24,50

V 116: Standardisierung der Schnittstellen von Lichtsignalan-lagen – Zentralrechner/Knotenpunktgerät und Zentralrechner/IngenieurarbeitsplatzKroen, Klod, Sorgenfrei 15,00

V 117: Standorte für Grünbrücken – Ermittlung konfliktreicher Streckenabschnitte gegenüber großräumigen Wanderungen jagd-barer SäugetiereSurkus, Tegethof 13,50

V 118: Einsatz neuer Methoden zur Sicherung von Arbeitsstellen kürzerer DauerSteinauer, Maier, Kemper, Baur, Meyer 14,50

V 119: Alternative Methoden zur Uberwachung der Parkdauer so-wie zur Zahlung der ParkgebührenBoltze, Schäfer, Wohlfarth 17,00

V 120: Fahrleistungserhebung 2002 – Inländerfahrleistung Hautzinger, Stock, Mayer, Schmidt, Heidemann 17,50

V 121: Fahrleistungserhebung 2002 – Inlandsfahrleistung und Un-fallrisikoHautzinger, Stock, Schmidt 12,50

V 122: Untersuchungen zu Fremdstoffbelastungen im Straßensei-tenraum – Band 1 bis Band 5Beer, Herpetz, Moritz, Peters, Saltzmann-Koschke,Tegethof, Wirtz 18,50

V 123: Straßenverkehrszählung 2000: MethodikLensing 15,50

V 124: Verbesserung der Radverkehrsführung an KnotenAngenendt, Blase, Klöckner, Bonfranchi-SimovióBozkurt, Buchmann, Roeterink 15,50

V 125: PM10-Emissionen an Außerortsstraßen – mit Zusatzunter- suchung zum Vergleich der PM10-Konzentrationen aus Messungen an der A1 Hamburg und AusbreitungsberechnungenDüring, Bösinger, Lohmeyer 17,00

V 126: Anwendung von Sicherheitsaudits an StadtstraßenBaier, Heidemann, Klemps, Schäfer, Schuckließ 16,50

V 127: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2003 – Jah-resauswertung der automatischen DauerzählstellenFitschen, Koßmann 24,50

V 128: Qualitätsmanagement für Lichtsignalanlagen – Sicherheits-überprüfung vorhandener Lichtsignalanlagen und Anpassung der Steuerung an die heutige VerkehrssituationBoltze, Reusswig 17,00

V 129: Modell zur Glättewarnung im StraßenwinterdienstBadelt, Breitenstein 13,50

V 130: Fortschreibung der Emissionsdatenmatrix des MLuS 02Steven 12,00

V 131: Ausbaustandard und Überholverhalten auf 2+1-StreckenFriedrich, Dammann, Irzik 14,50

V 132: Vernetzung dynamischer Verkehrsbeeinflussungssys-temeBoltze, Breser 15,50

V 133: Charakterisierung der akustischen Eigenschaften offen-poriger StraßenbelägeHübelt, Schmid 17,50

V 134: Qualifizierung von Auditoren für das Sicherheitsaudit für InnerortsstraßenGerlach, Kesting, Lippert 15,50

V 135: Optimierung des Winterdienstes auf hoch belasteten AutobahnenCypra, Roos, Zimmermann 17,00

V 136: Erhebung der individuellen Routenwahl zur Weiterent-wicklung von UmlegungsmodellenWermuth, Sommer, Wulff 15,00

V 137: PMx-Belastungen an BABBaum, Hasskelo, Becker, Weidner 14,00

V 138: Kontinuierliche Stickoxid (NOx)- und Ozon (O3)-Messwertauf-nahme an zwei BAB mit unterschiedlichen Verkehrsparametern 2004Baum, Hasskelo, Becker, Weidner 14,50

V 139: Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Taumittelsprüh-anlagenWirtz, Moritz, Thesenvitz 14,00

V 140: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2004 – Jahresauswertung der automatischen DauerzählstellenFitschen, Koßmann 15,50

V 141: Zählungen des ausländischen Kraftfahrzeugverkehrs auf den Bundesautobahnen und Europastraßen 2003Lensing 15,00

V 142: Sicherheitsbewertung von Maßnahmen zur Trennungdes Gegenverkehrs in ArbeitsstellenFischer, Brannolte 17,50

V 143: Planung und Organisation von Arbeitsstellen kürzererDauer an BundesautobahnenRoos, Hess, Norkauer, Zimmermann, Zackor, Otto 17,50

V 144: Umsetzung der Neuerungen der StVO in die straßen-verkehrsrechtliche und straßenbauliche PraxisBaier, Peter-Dosch, Schäfer, Schiffer 17,50

V 145: Aktuelle Praxis der Parkraumbewirtschaftung in DeutschlandBaier, Klemps, Peter-Dosch 15,50

V 146: Prüfung von Sensoren für GlättemeldeanlagenBadelt, Breitenstein, Fleisch, Häusler, Scheurl, Wendl 18,50

V 147: Luftschadstoffe an BAB 2005Baum, Hasskelo, Becker, Weidner 14,00

V 148: Berücksichtigung psychologischer Aspekte beim Ent-wurf von Landstraßen – Grundlagenstudie –Becher, Baier, Steinauer, Scheuchenpflug, Krüger 16,50

V 149: Analyse und Bewertung neuer Forschungserkenntnissezur LichtsignalsteuerungBoltze, Friedrich, Jentsch, Kittler, Lehnhoff, Reusswig 18,50

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2006

2004

2005

Page 125: Voraussetzungen für dynamische Wegweisung mit integrierten ... · limits in the laboratory test. The optimal sign variation from the drivers’ perspective is the one, which only

Alle Berichte sind zu beziehen beim:

Wirtschaftsverlag NWVerlag für neue Wissenschaft GmbHPostfach 10 11 10D-27511 BremerhavenTelefon: (04 71) 9 45 44 - 0Telefax: (04 71) 9 45 44 77Email: [email protected]: www.nw-verlag.de

Dort ist auch ein Komplettverzeichnis erhältlich.

V 150: Energetische Verwertung von Grünabfällen aus demStraßenbetriebsdienstRommeiß, Thrän, Schlägl, Daniel, Scholwin 18,00

V 151: Städtischer Liefer- und Ladeverkehr – Analyse der kom-munalen Praktiken zur Entwicklung eines Instrumentariums für die StVOBöhl, Mausa, Kloppe, Brückner 16,50

V 152: Schutzeinrichtungen am Fahrbahnrand kritischer Stre-ckenabschnitte für MotorradfahrerGerlach, Oderwald 15,50

V 153: Standstreifenfreigabe – Sicherheitswirkung von Um-nutzungsmaßnahmenLemke 13,50

V 154: Autobahnverzeichnis 2006Kühnen 22,00

V 155: Umsetzung der Europäischen Umgebungslärmrichtlinie in Deutsches RechtBartolomaeus 12,50

V 156: Optimierung der Anfeuchtung von TausalzenBadelt, Seliger, Moritz, Scheurl, Häusler 13,00

V 157: Prüfung von Fahrzeugrückhaltesystemen an Straßendurch Anprallversuche gemäß DIN EN 1317Klöckner, Fleisch, Balzer-Hebborn, Ellmers,Friedrich, Kübler, Lukas 14,50

V 158: Zustandserfassung von Alleebäumen nach Straßenbau-maßnahmenWirtz 13,50

V 159: Luftschadstoffe an BAB 2006Baum, Hasskelo, Siebertz, Weidner 13,50

V 160: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2005 – Jahresauswertung der automatischen DauerzählstellenFitschen, Koßmann 25,50

V 161: Quantifizierung staubedingter jährlicher Reisezeitverluste auf Bundesautobahnen – Infrastrukturbedingte KapazitätsengpässeListl, Otto, Zackor 14,50

V 162: Ausstattung von Anschlussstellen mit dynamischen Wegweisern mit integrierter Stauinformation – dWiStaGrahl, Sander 14,50

V 163: Kriterien für die Einsatzbereiche von Grünen Wellen undverkehrsabhängigen SteuerungenBrilon, Wietholt, Wu 17,50

V 164: Straßenverkehrszählung 2005 – Ergebnisse Kathmann, Ziegler, Thomas 15,00

V 165: Ermittlung des Beitrages von Reifen-, Kupplungs-, Brems- und Fahrbahnabrieb an den PM10-Emissionen von StraßenQuass, John, Beyer, Lindermann, Kuhlbusch,Hirner, Sulkowski, Sulkowski, Hippler 14,50

V 166: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2006– Jahresauswertung der automatischen DauerzählstellenFitschen, Koßmann 26,00

V 167: Schadstoffe von Bankettmaterial – Bundesweite DatenauswertungKocher, Brose, Siebertz 14,50

V 168: Nutzen und Kosten nicht vollständiger Signalisierungen unter besonderer Beachtung der VerkehrssicherheitFrost, Schulze 15,50

V 169: Erhebungskonzepte für eine Analyse der Nutzung von alternativen Routen in übergeordneten StraßennetzenWermuth, Wulff 15,50

V 170: Verbesserung der Sicherheit des Betriebspersonals in Arbeitsstellen kürzerer Dauer auf BundesautobahnenRoos, Zimmermann, Riffel, Cypra 16,50

V 171: Pilotanwendung der Empfehlungen für die Sicherheits-analyse von Straßennetzen (ESN)Weinert, Vengels 17,50

V 172: Luftschadstoffe an BAB 2007Baum, Hasskelo, Siebertz, Weidner 13,50

V 173: Bewertungshintergrund für die Verfahren zur Charakteri-sierung der akustischen Eigenschaften offenporiger StraßenbelägeAltreuther, Beckenbauer, Männel 13,00

V 174: Einfluss von Straßenzustand, meteorologischen Parametern und Fahrzeuggeschwindigkeit auf die PMx-Belastung an StraßenDieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden.Düring, Lohmeyer, Moldenhauer, Knörr, Kutzner,Becker, Richter, Schmidt 29,00

V 175: Maßnahmen gegen die psychischen Belastungen desPersonals des StraßenbetriebsdienstesFastenmeier, Eggerdinger, Goldstein 14,50

V 176: Bestimmung der vertikalen Richtcharakteristik der Schall-abstrahlung von Pkw, Transportern und LkwSchulze, Hübelt 13,00

V 177: Sicherheitswirkung eingefräster Rüttelstreifen entlang der BAB A24Lerner, Hegewald, Löhe, Velling 13,50

V 178: Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2007 – Jahresauswertung der automatischen DauerzählstellenFitschen 13,00

V 179: Straßenverkehrszählung 2005: MethodikKathmann, Ziegler, Thomas 15,50

V 180: Verteilung von Tausalzen auf der FahrbahnHausmann 14,50

V 181: Vorraussetzungen für dynamische Wegweisung mit inte-grierten Stau- und ReisezeitinformationenHülsemann, Krems, Henning, Thiemer 18,50

V 182: Verkehrsqualitätsstufenkonzepte für Hauptverkehrs- straßen mit straßenbündigen Stadt-/StraßenbahnkörpernSümmermann, Lank, Steinauer, M. Baier, R. Baier,Klemps-Kohnen xx,xx

V 183: Bewertungsverfahren für Verkehrs- und Verbindungs- qualitäten von HauptverkehrsstraßenLank, Sümmermann, Steinauer, Baur, Kemper, Probst, M. Baier, R. Baier, Klemps-Kohnen, Jachtmann, Hebel xx,xx

V 184: Unfallrisiko und Regelakzeptanz von FahrradfahrernAlrutz, Bohle, Müller, Prahlow, Hacke, Lohmann xx,xx2008

2007

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2009