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Vorlesung 5 „Sturm und Drang“

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Vorlesung 5 „Sturm und Drang“

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“Sturm und Drang” bezeichnet die Epoche von 1767 bis 1785

benannt nach dem gleichnamigen Drama von F.M.Klinger (1776)

auch „Geniezeit” genannt „emotio statt ratio“

Protest- und Jugendbewegung besonders junge Autoren

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Fortführung der Aufklärung: gegen absolutistisches Herrschaftsprinzip

Protest gegen Werte der Aufklärer: gegen bürgerliches Berufsleben und

Moralvorstellungen für polit., gesellschaftl., moralische Freiheit gegen Vernunftsherrschaft und Regelpoetik Selbstverwirklichung des Genies neues Verhältnis zur Natur

gefühls- und ausdrucksstarke Sprache

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Dichter ≠ Ideal Genie = schöpferische Kraft der

Natur;Natur = Inbegriff des UrsprünglichenMittelpunkt: Subjektivität des

Menschen

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Gedanken Sturm und Drang ≠ traditionelle Gedanken

Verurteilung der Regelpoetiken (Einheit von Ort, Zeit und Handlung, klare Trennung von Tragödie und Komödie, Aufbau Drama)Schlüsselroman: „Die Leiden des jungen Werthers, Goethe nicht Hinführung zur Moral sondern Suizid

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für das Drama vor allem Shakespeares

Johann Kaspar Lavater (Geniebegriff)

Johann Gottfried Herder (Volksdichtung)

Friedrich Gottlieb Klopstock (gefühlsbetonte religiöse Dichtungen)

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Ausgelöst wurde diese vorwiegend von 20- bis 30jährigen getragene Bewegung durch den Protest gegen die Denk- und Lebensformen der Aufklärung, z.B. gegen den einseitigen Rationalismus, gegen die Regel- und Normengläubigkeit, auch gegen die erstarrten Konventionen der ständischen Gesellschaftsordnung. Diese jugendliche Revolte blieb politisch völlig wirkungslos. Jedoch erwiesen sich die Gedanken und Vorstellungen der zur politischen Inaktivität verurteilten Hauptvertreter dieser Richtung als sehr wirkungsvoll für die Literatur der späteren Epochen, für die Klassik ebenso wie für die Romantik, für G. Büchner, für Naturalismus und Expressionismus bis hin zu B. Brecht.

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Der Widerspruch des Sturm und Drang zum Geist der Aufklärung wird vor allem darin sichtbar, dass der Wert des Gefühls, des Triebs und der Spontaneität höher eingeschätzt wurden als Verstand und Vernunft. Daraus ergab sich eine neue Erfahrung und Wertung der Natur, die als Urquell alles Lebendigen und Schöpferischen, auch im Menschen selbst, vergöttert wurde. Die Vollendung des naturhaften Individuums war für den Sturm und Drang das Genie, der Inbegriff der schöpferischen Kraft: das Genie bedarf der Regeln nicht, es trägt alle Regeln in sich und erweist sich als gottähnlich. Als Prototyp eines dichterischen Originalgenies galt der schwärmerisch verehrte Shakespeare; aber auch Homer, Pindar, F.G. Klopstock und, aus den eigenen Reihen, dem jungen Goethe brachte man besondere Bewunderung entgegen. Die Hochschätzung der Individualität wirkte sich auch auf das Geschichtsverständnis aus: man bemühte sich um eine Erfassung der unverwechselbaren Eigenart der einzelnen Völker, Kulturen und Sprachen vom Ursprung her und zeigte im Zusammenhang damit besonderes Interesse für frühe Dichtung und Volksdichtung.Der philosophische Mentor des Sturm und Drang, Johann Gottfried Herder, kritisiert weniger die Inhalte der aufklärerischen Philosophie (Licht, Verstand, Zweifel, Gedankenfreiheit ...), als die "mechanische, kalte Welt" voller Hass gegen alles "Wunderbare und Verborgene", in deren "Papierkultur Herz und Kopf" getrennt seien. Das Herz (Leidenschaften, Phantasie und Imagination) wird als das dem Menschen bestimmende Element anerkannt. Es geht darum, die Trennung zwischen den "Intellektuellen" und dem "gemeinen Volk" aufzulösen; dies impliziert die Forderung, die ständischen Verhältnisse umzugestalten oder zumindest grundlegend zu reformieren.Kritik am Bürgertum wurde besonders von dem plebejisch-romantischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau formuliert und von den Autoren des Sturm und Drang  leidenschaftlich geteilt: der gesellschaftliche Fortschritt, Privateigentum und bürgerliche Wirtschaft verurteilen die Menschen dazu, sich unweigerlich vom "Naturzustand" zu entfernen. Herder kritisiert vehement den Außen- und Seehandel (Sklaverei, Ausbeutung...) und den europäischen Kosmopolitismus, der die nationalen Identitäten zerstöre. Dem gegenübergestellt werden die patriarchalische Gemeinschaft der biblischen Zeit und die organische Gemeinschaft der frühen Kulturen, in der die Menschen noch nicht durch die Trennung von Hand- und Kopfarbeit und durch Klassen von Herrschenden und Beherrschten getrennt wurden

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Als Wegbereiter des Sturm und Drang haben J.G. Hamann  und besonders J.G. Herder zu gelten. Herder entwickelte in seinen zahlreichen Schriften viele Ideen, die wegweisend wurden: So forderte er für die deutsche Literatur u.a. die Befreiung vom gesetzgebenden Muster und die Betonung ihrer Eigenständigkeit. Er wies daraufhin, dass das Volkslied  Naturpoesie, nicht Letternpoesie sei, sammelte selbst Volkslieder und verehrte William Shakespeare. Überhöhung der Persönlichkeit/Geniekult ist ein Teil der Formierung einer bürgerlichen Opposition gegen die herrschenden Verhältnisse in Deutschland. Die Sturm & Drang-Autoren sind größtenteils mittellose Kleinbürger, die sich als Hauslehrer, Studenten und kleine Beamte mehr schlecht als recht durchbringen. Die Distanz zum wohlhabenderen Bürgertum bewirkt allerdings, dass diese Autoren auch Kritik an den bürgerlichen Verhältnissen selber üben und damit über ihre Zeit hinausweisen. Die Dichtung des Sturm und Drang begann unter dem Eindruck der epochemachenden Werke Goethes, der durch die Begegnung mit Herder 1770 in Straßburg von dessen Ideen stark beeindruckt war.

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Bevorzugte Gattung des Sturm und Drang war das Drama, in dem sich das leidenschaftliche Engagement der Autoren am besten entfaltete. Die festen Regeln der klassischen Tragödie wurden ignoriert, die drei Einheiten wurden durchbrochen zugunsten eines häufigen Ortswechsels, eines lockeren, oft nur durch den Helden zusammengehaltenen Handlungsgefüges und eines großzügigen Umgangs mit der Zeit, ein Verfahren, das  von J.M.R. Lenz  begründet wurde. Man schrieb in Prosa und in einer alltagsnahen, affektbetonten Sprache.

Bevorzugte Themen waren: - die Selbstverwirklichung eines genialen Menschen (Faust, Prometheus), -  der Zusammenstoß des einzelnen mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit-  der Konflikt zwischen Moralkodex und Leidenschaft -  der Protest gegen ständische Schranken oder die Korruption der Herrschenden 

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Die Stürmer und Dränger kamen vorwiegend aus dem Mittel- und Kleinbürgertum

literarischen Betätigungen: Hauslehrer- oder Pfarrstellen

geringe soziale Resonanz Hauptzentren des Sturm und Drang:

Straßburg, Göttingen, Frankfurt am Main

dominierende Gattung: Drama (Ausnahme: Goethe)

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„Willkommen und Abschied“, 1770, Gedicht

„Götz von Berlichingen“,1773, Drama

„Prometheus“, 1771, Gedicht „Die Leiden des jungen

Werthers“, 1774, Roman Urauffassung von Faust,

1774, Drama Johann Wolfgang Goethe

Friedrich Schiller

• „Die Räuber“, 1781, Drama• „Kabale und Liebe“, 1784,

Drama

• „Der Hofmeister“, 1774, Drama• „Die Soldaten“, 1776, Drama

Jakob Michael Reinhold Lenz

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Ludwig Hölty (1748-1776) Johann Heinrich Voss (1751-1826) Matthias Claudius (1740-1815) Abendlied: Der Mond ist

aufgegangen… Gottfried August Bürger (1748-1794) Lenore Münchhausen

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Reinhold Lenz (1751-1792) Die Soldaten (1776), Der Hofmeister (1774) Heinrich Leopold Wagner (1747-

1799) Die Kindermörderin (1776) Johann Wolfgang von Goethe Die Leiden des jungen Werther

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Christian Schubart (1739-1791)

Friedrich SchillerDie RäuberDie Verschwörung des Fiesko zu GenuaKabale und Liebe

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Friedrich Maximilian Klinger "Sturm und Drang" - Schauspiel (1776)

Wild: Heyda! nun einmal in Tumult und Lermen, daß die Sinnen herumfahren wie Dach-Fahnen beym Sturm. Das wilde Geräusch hat mir schon so viel Wohlseyn entgegen gebrüllt, daß mir's würklich ein wenig anfängt besser zu werden. So viel Hundert Meilen gereiset um dich in vergessenden Lermen zu bringen -Tolles Herz! du sollst mirs danken!Ha! tobe und spanne dich dann aus,labe dich im Wirrwar!(Akt I, Szene 1)

Geboren am 17.2.1752 in Frankfurt am Main; gestorben am 25.2.1831 in Tartu (Estland). Klinger war das zweite Kind eines Bauernsohnes aus dem Odenwald, der sich in Frankfurt/M. als Konstabler bei der städtischen Artillerie hatte anwerben lassen; nach dem Tod des Vaters (1760) verdiente die Mutter als Krämerin und Wäscherin den Lebensunterhalt für die nun vierköpfige Familie. Dennoch konnte Klinger das Gymnasium besuchen und mit der finanziellen Hilfe des jungen Goethe 1774 in Gießen ein Jurastudium beginnen. Nach ersten Erfolgen als Theaterautor entschloss er sich Mitte 1776, die Universität zu verlassen. Zuerst ging er nach Weimar; nachdem es schnell zum Bruch mit Goethe gekommen war, schloss er sich einer Schauspieltruppe als Dramaturg an. Als der finanzielle Erfolg ausblieb, ließ er sich im Bayerischen Erbfolgekrieg anwerben und zog vom Sommer 1778 bis Frühjahr 1779 durch Böhmen; am Ende des Krieges kehrte er zum Theater zurück. 1780 wurde er zuerst als Vorleser, dann als Ordonnanzoffizier und Leutnant im Marinebataillon beim russischen Thronfolger Großfürst Paul in Petersburg eingestellt. Mit dem Großfürsten unternahm er 1781-82 eine Europareise, anschließend machte er Militärkarriere und wurde 1801 Generalmajor und Leiter des Kadettenkorps; daneben diente er beim Ministerium für Volksbildung. Ab 1803 war er Kurator des Schulbezirks und der Universität Dorpat in Estland, wurde 1816 seines Amts enthoben und zog sich daraufhin aus dem öffentlichen Leben zurück.

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„Der Hofmeister, oder Die Vortheile der Privaterziehung“ 1772/74

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1751 Am 23. Januar in Sesswegen, Livland, geboren 1759 Übersiedlung der Familie nach Dorpat. Der Vater wird Oberpastor. Lenz besucht die Lateinschule.

1768 Studium der Theologie in Königsberg. 1771 Um Ostern mit den Brüdern Friedrich Georg und Ernst Nikolaus von

Kleist über Berlin und Leipzig nach Straßburg. Lenz hält sich eine Zeit lang in Straßburg auf, gleichzeitig mit Goethe, dessen nähere Bekanntschaft er aber erst 1775 macht. Er sucht Friederike Brion, Goethes ehemalige Geliebte, in Sesenheim auf.

1771/72 Lenz lebt als Hofmeister der Brüder von Kleist in der Garnison Fort Louis. Herbst 1772 Erneuter Aufenthalt in Straßburg. Lenz arbeitet an seinem poetologischen Hauptwerk, den "Anmerkungen über das Theater nebst angehängtem übersetzten Stück Shakespeares", die

1774 erscheinen. Im selben Jahr erscheint die Komödie >Der Hofmeister oder Die Vorteile der Privaterziehung<. lenz nimmt sein Studium in Strassburg wieder auf und kommt in engeren kontakt mit Herder und Merck, den Häuptern der Sturm und-Drang-Bewegung. Es erscheinen die >Lustspiele nach dem Plautus fürs deutsche Theater<, von Lenz übersetzt und bearbeitet. die Erfahrungen seiner Garnisonszeit verarbeitet Lenz in dem Drama >Die Soldaten<, das 1776 erscheint

1. April 1776 übersiedelt Lenz nach Weimar, wo er von Goethe und der Weimarer Hofgesellschaft freundlich empfangen wird.

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November 1776 - Lenz wird wegen übler Nachrede über Goethe und dessen Verhältnis zur Frau von Stein vom Herzog von Sachsen-Weimar des Landes verwiesen.

1777 hält sich Lenz in verschiedenen Städten Südwestdeutschlands und der Schweiz auf. Im November 1777 erleidet er einen ersten Ausbruch seiner Geisteskrankheit während eines Aufenthaltes bei Kaufmann in Winterthur.

1778 Im Januar kommt Lenz zum Pfarrer Oberlin in Waldersbach im Elsass. Erschreckende Krankheitsphänomene. Selbstmordversuche. Im Februar zu Schlosser in Emmendingen. Arbeit bei einem Schuhmacher, dann bei einem Förster

1779 Versuch, Jura zu studieren in Jena, Basel. Im Juni mit dem Bruder über Lübeck nach Riga. Ankunft am 23. Juli. Versuche, dort im bürgerlichen Leben Fuß zu fassen, scheitern. Der Vater Generalsuperintendent in Riga

1780 In St. Petersburg. Versuche als Lehrer und Soldat scheitern. 1781 Im Sommer nach Moskau. Gelegenheitsgedichte an den Adel. Anstellungen als

Erzieher. 1787-1788 Lenz leidet zunehmend an geistiger Verwirrtheit. Er findet Unterstützung

durch Gönner. 1792 Am Morgen des 4. Juni wird Lenz tot auf einer Straße in Moskau aufgefunden.

Das Grab ist unbekannt.

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Die Dramen von Lenz zeichneten sich durch eine bedeutsame Änderung aus: der Vermischung von Komischem und Tragischem. Lenz schuf somit eine neue Dramenform, in der sich Tragisches mit Komischem und Satirisches mit Ernstem verband. In seiner Komödie Die Soldaten (1776) wird dies besonders deutlich. Die Ständeklausel wird nicht eingehalten, da Figuren niederen Standes (z.B. Wesener, Stolzius, Marie) neben Figuren des adligen Standes (z.B. Desportes, Gräfin De La Roche) auftreten. Der Stoff handelt von etwas Alltäglichem (Liebe), jedoch ist er nicht frei erfunden. Das Kriterium des Redestils ist auch nicht eingehalten, da verschiedene Redestile nebeneinander stehen. Der Ausgang des Werkes entspricht nicht dem einer Komödie im klassischen Sinne. Es findet zwar eine glückliche Versöhnung am Ende zwischen Marie und Wesener als Happy-End statt, jedoch steht dies neben dem tragischen Tod von Stolzius und Desportes. Die Soldaten ist keine Komödie nach aristotelischen Kriterien, sondern eine Mischform, eine Tragikomödie. Bedeutend ist Lenz auch wegen seinen Dramenfiguren. Er schuf zwiespältige Charaktere, deren Verhalten von den sozialen Verhältnissen bestimmt wurde, in dem sie lebten. Sie stellten also keine Tugendgestalten, wie Nathan bei Lessing, oder Heldenfiguren wie Karl Moor bei Schiller.

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ERSTER AKT Szene 1: In Insterburg zu Preußen: Läuffer resümiert seine Lage. Für ihn findet sich

keine Arbeit, weder Adjunkt, noch Pfarrer (wie sein Vater), noch Lehrer an der Schule, was bleibt ihm da übrig?

Szene 2: Eben gehen der Geheime Rat von Berg und dessen Bruder , der Major, vorüber. Der Major will für seinen Sohn einen Hofmeister einstellen, der Geheime Rat hält dies für Geldverschwendung. Er hat seinen Sohn Fritz auf die Schule geschickt, was wiederum der Major für verfehlt hält, da Schule die Sitten verderbe.

Szene 3: Kandidat Läuffer, Sohn des örtlichen Pfarrers, stellt sich bei Frau Majorin vor, macht ihr überschwengliche Komplimente, gibt an, tanzt und fällt aus der Rolle, als ein Graf Wermuth über den neuen Tanzmeister spricht, von dem Läuffer nichts hält. Er wird aus dem Zimmer geschickt, weil "Domestiken in Gesellschaft von Standespersonen nicht mitreden."

Szene 4: Der Major sucht den neuen Hofmeister bei der Unterweisung des Sohnes auf, um über das Gehalt zu verhandeln. Er drückt das von der Majorin ausgemachte Salair noch einmal herunter (400 statt 450 Thaler auf drei Jahre verteilt). Außerdem verlangt er noch Zeichenstunden für seine geliebte Tochter Gustchen, sein "einziges Kleinod" .

Szene 5: Fritz v. Berg und Gustchen, die Kinder der Brüder v. Berg, schwören sich ewige Treue, so wie Romeo und Julia, wenn Fritz zum Studieren geht (Halle) und Gustchen auf den Sommersitz der Familie (Heidelbrunn). Szene 6. Da tritt der Geheime Rat herein, der alles gehört hat. Er hat nichts gegen diese Verbindung, wohl aber gegen diese romantische (=romanhafte) Schwärmerei. Er verbietet das Schwören und heimliche Kontakte. Alles soll kontrolliert und offen ablaufen.

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Szene 1: Insterburg. Der alte Pastor Läuffer, Vater des Hofmeisters, unterhält sich mit dem Geheimen Rat von Berg, Bruder des Majors. Sie disputieren über die Vortheile der Privaterziehung, wobei der Geheime Rat kein gutes Wort für diese Schurken übrig hat, die eine solche Tätigkeit ausüben. - Sie verrichten Sklavenarbeit (Domestikenstatus) und seien von den Launen ihrer wenig gebildeten, aber sehr eingebildeten Herrschaften abhängig. - Sie ließen ihr eigenes Talent verkümmern und erreichten doch bei ihren verzogenen Zöglingen nichts. - Sie nützten nicht dem Staat, sondern der Eitelkeit des Adels. - Schließlich verhindere die Privaterziehung den ehrlichen Wettstreit zwischen Bürger- und Adels-Söhnen, so wie es in der 'öffentlichen Schule' anginge. Der Pastor versucht, seinen Sohn zu rechtfertigen, vor allem mit Hinweis auf die Tradition, aber auch auf die fehlenden Alternativen für Söhne seines Standes. Die Tätigkeit sei eine Art Durchgangsstadium ('Warte'), bis ein öffentliches Amt sich anbiete. Schließlich könne der Patron sich auch als Förderer erweisen.

Szene 2: Heidelbrunn. Läuffer ist seiner Rolle überdrüssig. Die kränkelnde/ hypochondrische und eher lernfaule Zeichenschülerin kokettiert mit ihm, was ihn zusätzlich quält.

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Szene 3: Zu Halle, in der Studentenbude des großspurigen, immer verschuldeten Kommilitonen Pätus. Er lebt auf Pump, hat nur noch einen Schlafrock zum Anziehen und streitet sich mit seiner Wirtin herum. Fritz v. Berg soll bei ihm einziehen, damit er von seiner Sehnsucht nach Gustchen abgelenkt wird. Kommilitone Bollwerk erscheint und meldet, dass eine Schauspielertruppe heute abend "Minna von Barnhelm" spiele. Er packt seinen Winter-Wolfspelz und geht los.

Szene 4: Die Jungfern Hamster und Knicks erzählen sich von einem jungen Mann im Wolfspelz, den drei Hunde durch die Stadt gejagt haben.

Szene 5: Heidelbrunn. Der von seinem Zögling frustrierte Läuffer lässt sich trösten vom schwärmerischen Gustchen.

Szene 6: Die Majorin erzählt Graf Wermuth von den seltsamen Anwandlungen des Gatten, z.B. die Stoßgebete des Nachts und das Interesse an der Landwirtschaft. Da kommt der Major und es stellt sich heraus, dass er sich um den Gesundheitszustand seiner Tochter sorgt und für einen Hospitalplatz arbeitet. Ihn bekümmert ihre Kränklichkeit und Schwermut. Sie könnte eine so gute Partie werden. Er gibt der Majorin die Schuld.

Szene 7: Fritz v. Berg sitzt im Gefängnis, weil er für Pätus gebürgt hat. Fritz rechtfertigt sich gegenüber Bollwerk und v. Seifenblase damit, dass Pätus sein Schulkamerad und überdies ein guter Freund sei. Da kommt er schon herein, bringt jedoch kein Geld, da der Vater in Insterburg ihn gar nicht erst vorgelassen hat. Fritz fordert ihn auf, vor seinen Gläubigern zu fliehen, er werde schon ausgelöst werden. Es entsteht eine Auseinandersetzung zwischen Bollwerk und dem dümmlichen v. Seifenblase: Duell-Forderung.

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Szene 1: In Heidelbrunn besucht der Geheime Rat seinen schwärmerisch-schwermütigen Bruder, der wegen seiner verblassenden Tochter Bauer werden will. Da stürzt seine Frau herein und berichtet vom Verschwinden der Tochter und des Hofmeisters. Der Major ist außer sich, der Geheime Rat heißt ihn zuhause bleiben, weil er zu wütend ist, um klar zu denken.

Szene 2: Der von dem Major sich verfolgt fühlende Läuffer rettet sich in das Haus des Dorfschullehrers Wenzeslaus, der zwar nichts hat, aber sich auch nichts bieten lassen braucht. Er ist ein aufrechter, unbeugsamer Charakter, die Gegengestalt zum unterwürfigen, liebedienerischen, abhängigen und auch eingebildeten 'Hofmeister'. Wenzeslaus weist dem hereinstürzenden Grafen Wermuth die Tür, wofür Läuffer ihn sehr bewundert.

Szene 3: v. Seifenblase und sein Hofmeister berichten dem Geheimen Rat von dem Schicksal seines Sohnes. Es stellt sich heraus, dass Pätus der Sohn des hiesigen Ratsherrn ist.

Szene 4: Wenzeslaus und Läuffer nehmen ein frugales Abendmahl ein, Wenzeslaus ist mit seinem ärmlichen aber freien Dasein zufrieden, er kann auf die Hofmeisterzunft herabsehen. Läuffer findet bei ihm Unterschlupf und Arbeit als ´Kollaborator´, d.i. Schreibgehilfe.

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Szene 1: Insterburg. Ein Jahr später. Der Major will in den türkisch-russischen Krieg ziehen, um dort zu sterben. Der Geheime Rat teilt ihm das Schicksal seines eigenen Sohnes mit, der in Halle aus dem Gefängnis geflohen ist. Im Gespräch erinnert sich der Geheime Rat, dass Graf Wermuth damals aus einer Dorfschule hinausgeworfen wurde. Der Major wird hellhörig. Szene 2: Eine Bettlerhütte im Walde. Gustchen, nun mit einem Säugling, hat im Traum ihren verzweifelten Vater erblickt und will nun ins Dorf, um ihm Nachricht zu kommen zu lassen. Die blinde, alte Marthe warnt sie davor, sich zu verausgaben.

Szene 3: Der Geheime Rat und der Major erscheinen in der Dorfschule, letzterer schießt Läuffer in den Arm, erfährt aber, dass dieser Gustchen seit dem Tag seiner Flucht nicht mehr gesehen hat. Der Geheime Rat lässt Läuffer einen Beutel mit Dukaten zurück.

Szene 4/5: Der GH und der Major kommen gerade hinzu, als das erschöpfte Gustchen in den Teich springt. Der Vater rettet sie und ist überschwenglich glücklich.

Szene 6: Fritz und Pätus studieren nun in Leipzig. Fritz nimmt Lautenunterricht bei Herrn Reehaar, bei dessen Tochter Pätus durchs Fenster gestiegen ist. Darüber hinaus schlägt er den unglücklichen Vater, was dem guten Fritz zuviel der Ungerechtigkeit ist, und er verkracht sich mit Pätus.

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Szene 1: Die blinde Marthe kommt mit Gustchens neugeborener Suse zu Läuffer in die Schule, dieser erkennt die Zusammenhänge und fällt in Ohnmacht. Letzte Szene: Die alte Marthe erweist sich als die vom alten Pätus verstoßene Mutter, welche nun mit dem Säugling unvermutet aufgetaucht ist. So findet der Major sein Enkelkind, der hartherzige und nun reuige Ratsherr seine Mutter und zu alledem will Fritz Gustchen heiraten - trotz ihres "Fehltritts". Da taucht auch noch aus der Kammer der junge Pätus auf und eine weitere Versöhnung findet statt. Der Schluss: Fritz stellt fest, dass Gustchens Tochter nie von einem Hofmeister erzogen werden soll.

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Heinrich Leopold Wagner, geboren 1747 in Straßburg, 1779 gestorben in Frankfurt (wahrscheinlich an Lungentuberkulose). Er studierte Jura in Straßburg, arbeitete als Hofmeister und ließ sich schließlich als Advokat in Frankfurt nieder. Wagner verfasste außer Jugend-Gedichten noch zwei Dramen, wovon "Die Kindermörderin" in Berlin 1777 aufgeführt wurde, allerdings in einer von Karl Lessing (Bruder von G.E. Lessing) veränderten und völlig entschärften Fassung.

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Das Thema des Kindermordes und das Schicksal junger Frauen wurde in den Kreisen der Stürmer und Dränger angeregt durch die öffentliche Hinrichtung der Kindsmörderin Susanna Margareta Brandt in Frankfurt im Jahre 1772. Die Empörung über diese grausame und rückständige Rechtsprechung war besonders unter jungen Juristen sehr groß. H.L. Wagner, J.W. Goethe ("Faust, der Tragödie erster Theil"), J.M.R. Lenz ("Die Soldaten", Komödie), G.A. Bürger ("Die Pfarrerstochter von Taubenhain", Ballade) und später auch F. Schiller ("Die Kindermörderin", Gedicht) beschäftigten sich mit diesem Thema in der Absicht auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Die Handlung und die Sprache dieser Werke waren dementsprechend provokativ und gefühlsbetont.

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Exposition Ort und Zeit: "Der Schauplatz ist in Straßburg, die Handlung währt neun Monat"-> Verstoß gegen die Vorschrift von den drei Einheiten

Genre: Ein bürgerliches Trauerspiel in VI Akten-> keine Tragödie in V Akten

Sprache: schlichte Prosa, spontane, zum Teil sehr deftige Umgangssprache-> keine gehobene und gebundene Sprache

dramatis personae/die Personen: adlige Offiziere, Bürgertum, niederes Dienstpersonal-> Abweichung von der "Ständeklausel"Hierzu G.E.Lessing, Hamburgische Dramaturgie, 14. Stück:"Die Namen von Fürsten und Helden können einem Stücke Pomp und Majestät geben; aber zur Rührung tragen sie nichts bei. Das Unglück derjenigen, deren Umstände den unsrigen am nächsten kommen, muß natürlicherweise am tiefstenin unsere Seele dringen; und wenn wir mit Königen Mitleid haben, so haben wir es mit ihnen als Menschen und nicht als mit Königen."

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Evchen: Bürgerstochter, 18, unerfahren und bisher wohlbehütet und wohlerzogen (Ballet-Unterricht); ihr Verhalten schwankt zwischen naiver Leichtgläubigkeit und aufrechter Tugendhaftigkeit

Frau Humbrecht: Bürgersfrau, einfältig und leicht zu beeindrucken durch alles was Rang und Namen hat (>spielt ihm an der Epaulette<); ihr Verhalten dem Leutnant gegenüber ist kokett und zugleich kupplerisch. Marianel: Magd und käufliches Mädchen, das mit dem Leutnant schon wohlbekannt ist und bei passender Gelegenheit etwas bei Seite schafft.

Der Leutnant: Adliger Offizier, versucht durch französische Redewendungen Eindruck zu machen, mit moralisch zweifelhaftem Lebenswandel - die plötzliche Wandlung ins Ernsthafte ist nur schwer glaubhaft.

Meister Humbrecht: Standesbewusster Bürger mit strengen Vorstellungen von dem, was sich gehört und was nicht und von einer ordentlichen Hausführung: sehr besorgt um das Ansehen seines Hauses in den Augen der Nachbarn und Kunden

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Im Wirtshaus (der Ort des Lasters) Der Leutnant v. Gröningseck führt Frau Humbrecht

und Tochter Evchen (18 Jahre alt) in ein "schlechtes Nebenzimmer im Wirtshaus zum Gelben Kreuz". Es ist ein Faschingsball. Mit Hilfe der Magd Marianel - ein >leichtes< Mädchen - lässt er der Mutter Humbrecht einen Punsch mit Schlafpulver servieren, und als sie in tiefen Schlaf versinkt, macht er sich im Nebenzimmer mit "Getös" über die Tochter her. Währenddessen stiehlt die Magd eine Tabaksbüchse.Evchen stürzt aus dem Nebenzimmer und ist in Verzweiflung ("Zur Hure gemacht"), aber der Leutnant schwört hoch und heilig, dass er in fünf Monaten, wenn er >majorenn< (volljährig) geworden ist, sie an den Altar führen werde.

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Im bürgerlichen Haushalt In der Wohnstube des Humbrechtschen Hauses - bürgerlich möbliert.

Der Vater, Martin Humbrecht macht seiner Frau heftige Vorwürfe, weil sie mit der Tochter auf dem Ball war, was sich für ehrbare Bürgersleut nicht gehöre. Das sei für die "vornehmen Damen und Herren, Junker und Fräuleins", nicht aber für Handwerker und Bürger. Der gerade eintretende Magister Humbrecht wird zur Stellungnahme aufgefordert. Dieser, in gelehrte Manier sprechend (-> Parodie des Aufklärers), kann am Ballgehen an und für sich noch nichts Verwerfliches erkennen. Der Metzgersmeister geht erzürnt.Der Zimmerherr des Hauses, Leutnant v.Gröningseck, betritt das Zimmer. Mit dem Magister kommt es zum Gespräch über >Erziehungsgrundsätze<: Der Magister vertritt die Schock-Therapie, zur Abschreckung vor dem Laster würde er die Zöglinge in die Lasterhöhlen usw. führen und ihnen die Folgen des übels drastisch vor Augen führen (Lazarett, Spitale) (S.24). Magister und Leutnant zusammen ab. Das unglückliche Evchen erscheint, die Mutter vermisst ihre silberne Tabaksdose und sucht sie verzweifelt. Meister Humbrecht will eine Magd, die von einem Sergeanten geschwängert wurde, aus dem Haus werfen, was natürlich die Gewissensnöte Evchens noch erhöht. (Spiegelung und Verdeutlichung des Problems)

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Aus dem Soldatenleben - die Ehre des Soldaten Informationen zum Verständis der Dramenhandlung: Offiziere wohnten zur damaligen Zeit nicht in Kasernen, sondern wurden in

bürgerliche Häuser einquartiert, wo sie verköstigt werden mussten. Offizieren stammten aus dem Adel und pflegten einen dementsprechend

aufwendigen und müßiggängerischen Lebensstil (Kartenspielen, Amusieren, Saufen und Duellieren).

Offiziere waren einem strikten Heiratsverbot unterworfen, solange sie im Dienstverhältnis waren.

Im Zimmer des Leutnants - irgendwann im SommerDer Leutnant v. Hasenpoth wundert sich, dass v.G. nicht mehr so lebenslustig ist wie früher. Sollte der sich etwa in das Mädchen verliebt haben, zu dessen Eroberung er ihm das Schlafpulver besorgt hat? Sie streiten sich: Für v.G. ist Evchen ein Engel,die "simple Natur", für v.Hasenpoth ein Weibsbild wie jede andere. Der Magister kommt herein und man erfährt, dass Evchen sehr von der Melancholie geplagt wird und nur noch Young`s "Nachtgedanken" lese.V.G. lässt ihr ermunternde Grüße ausrichten. Der Major Lindsthal erscheint mit der Urlaubsbewilligung für den Leutnant. Der Major erzählt eine Geschichte über die Soldatenehre und die Pflicht, diese im Duell zu bewahren, auch wenn das Duellieren verboten ist. "Lieber das Leben als die Ehre verloren."(40) Dem Magister will das nicht so recht vernünftig erscheinen.In dem abschließenden Gespräch zwischen den Leutnant gesteht v. G., dass Evchen von ihm schwanger ist und er den Dienst quittieren will um sie zu heiraten. Dem v.Hasenpoth gefällt das nicht und er sinnt auf böse Pläne.

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Evchens Melancholie und Vision, v.G.s Schwur: Wendung zur Empfindsamkeit

Am späten Abend in Evchens SchlafzimmerDie Mutter macht Evchen Vorhaltungen wegen deren Melancholie und >Kopfhängerei<, die auch den Vater schon sehr irritiere, aber Evchen bittet noch um ein wenig Zeit, dann würde sie sich schon erklären können, oder ..."ein Kind des Todes." Die Eltern machen sich schon sehr Sorgen um sie, was ihre Lage noch verschlimmert.Da schleicht v.Gröningseck ins Zimmer, um sich von ihr für zwei Monate zu verabschieden und noch einmal seine Treue zu beschwören. Evchen dagegen erschreckt ihn mit der Vision ihres elenden Schicksals, falls er sie im Stich ließe. V.G. gibt sein hochheiliges Ehrenwort (50), und wenn sie nur jeden Verdacht vermeiden könne, dann wede sich schon alles richten.

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Intrigen des v.H., Evchens Verschwinden, die Wahrheit kommt herausIn der Morgendämmerung verlässt Evchen mit dem von der Magd geliehenen Mantel das Elternhaus. Sie hat einen Brief des v.G. erhalten, in welchem er den v. Hasenpoth als Ersatz vorschlägt.Der Magister kommt zum Metzger und berichtet, dass E. bei der gestrigen Sonntagspredigt, als es um das 7.Gebot und um Kindsmord ging, in Ohnmacht gefallen sei. Als der Meister sich darüber nicht weiter beunruhigt, zeigt ihm der Magister einen Brief des v.G., in welcher dieser sich weigert, E. zu heiraten und für das Kind aufzukommen. (59)In seiner Wut verprügelt Humbrecht einen Polizeigehilfen, welcher gerade kommt, um wegen der Tabaksdose anzufragen. Diese fällt zunächst unbemerkt auf den Boden als der Fausthammer wegrennt.Frau H. findet sie. als sie mit der Meldung zurückkehrt, dass E, verschwunden sei. Große Aufregung. Nun kommt der Fiskal persönlich wegen der Tabaksdose und es kommt an den Tag, was im `Gelben Kreuz` geschehen ist und warum E. weg ist.

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Die Katastrophe - unausweichlich? In cognito ist Evchen bei der Wäscherin Frau Marthan untergekrochen,

ihr Kind ist bereits mehrere Wochen alt, aber sie kann es nicht stillen, die gute Frau besorgt Lebensmittel, so gut es geht, aber sie hat nicht viel. Aus dem Wäscherinnenklatsch erfährt Evchen, dass ihre Mutter vor Gram gestorben und der Fehltritt der Tochter zum Stadtgespräch geworden sei. Der Vater habe 100 Taler ausgeschrieben für denjenigen, der Nachricht von seiner Tochter bringt. Da gibt sich E. zu erkennen und schickt die Marthan zum Vater. In deren Abwesenheit ersticht E. ihr Kind mit einer Stricknadel und singt "Eia popeia" dazu. Doch da kommt schon der Vater und auch der Magister hinterdrein. Letztere teilt mit, dass v.G. leider durch eine schwere Krankheit aufgehalten worden sei, nun aber zur Stelle sei und schon kommt er. Aber auch der Fiskal und zwei Fausthämmer erscheinen, um den Fall auf- und Evchen mitzunehmen. Für ihn ist der Fall klar und das Schwert wartet. Der verstörte v.G. erkennt die Intrigen des v.Hasenpoth und schwört, bei der gesetzgebenden Gewalt in Versailles Gnade für Evchen zu erwirken. Der verwirrte Vater kann ihm nur noch Geld dafür anbieten.

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emotional: Erschütterung des Publikums, Mitleid mit dem Opfer, Unmut über die Ungerechtigkeit

intellektuell: Erkenntnis der Unmoral des Adels und Hilflosigkeit des Bürgerstandes,

politisch: Forderung nach einer neuen Moral und Verständnis für die Umstände einer Tat und die Zwangslage der weiblichen Täterinnen

Zusammenfassung: Wagners Trauerspiel Die Kindermörderinn“ ist ein soziales Drama, mit welchem versucht wird, über das Theater Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben und zur Veränderung von moralischen, politischen und rechtlichen Verhältnissen beizutragen. Damit erhält Literatur eine neue Bestimmung: Nicht mehr Fürstenlob (=Mäzenatentum) und Unterhaltung (=Vergnügung), sondern Einflussnahme auf die öffentliche Meinung.

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Als Sohn eines Pfarrvikars und Lehrers wuchs Schubart zunächst in Aalen auf. Von 1763 bis 1769 lebte er in Geislingen an der Steige. 1769 wurde er als Organist und Musikdirektor an den württembergischen Hof nach Ludwigsburg berufen. Dem dortigen Adel und Klerus wurde er aufgrund seines lockeren Lebenswandels, seines mangelnden Respekts sowie seiner scharfen Kritik an Aristokratie und Geistlichkeit zusehends ein Dorn im Auge. Nach vier Jahren sah sich Herzog Karl Eugen gezwungen, ihn des Landes zu verweisen. In Augsburg begann er 1774 die Herausgabe der Zeitschrift Teutsche Chronik (Erstausgabe am 31. März), in welcher vor allem gegen die Jesuiten polemisiert wurde. Als nach kurzer Zeit der Augsburger Magistrat den Druck des Journals verbot, wurde dieser in Ulm fortgesetzt, wohin auch Schubart 1775 ging, nachdem er aus Augsburg vertrieben worden war.

Zwei Jahre später (1777) lockte Karl Eugen ihn mithilfe eines Lockspitzels nach Blaubeuren, um ihn auf württembergischem Territorium verhaften zu können (siehe auch: Schubartstube). Man brachte ihn auf die Bergfestung Hohenasperg, wo er die folgenden Jahre das Opfer absolutistisch motivierter Umerziehungsmaßnahmen war.

Erst im Mai 1787 ließ der Herzog ihn frei – vor allem angesichts der Einmischung Preußens. Darüber hinaus wurde er zum Musik- und Theaterdirektor am Herzogshof zu Stuttgart ernannt, wo er die Herausgabe seiner Zeitschrift (unter neuen Titeln) fortführte.

Mit dem Tod Schubarts 1791 verbindet sich die Sage, er sei lebendig begraben worden, was Hölderlin und andere sehr erschüttert haben soll. Gesammelt und verbreitet wurden diese Gerüchte 1849 von David Friedrich Strauß, dem ersten Schubart-Biografen.

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In seinem lyrischen Schaffen war Schubart sowohl der Sensibilität Klopstocks als auch den volksliedhaften bis pathetischen Vertretern des Sturm und Drang verbunden. Dank seines improvisatorischen Talents und seiner stets offen ausgesprochenen Meinung stieg seine Beliebtheit bei den unteren Sozialschichten sehr rasch. Er wurde sogar zu einer Art Sprachrohr der Unterdrückten aufgrund seiner die Herrschenden anklagenden Lyrik (wie etwa Die Fürstengruft von 1783 oder Kaplied von 1787) sowie durch seine Tätigkeit als Journalist. Aus seiner generell ablehnenden Haltung gegenüber despotischem und obskurantistischem Handeln machte er nie ein Geheimnis.

Seine Abhandlung Zur Geschichte des menschlichen Herzens aus dem Jahre 1775 diente Schiller als Quelle für Die Räuber. Franz Schubert vertonte sein Gedicht Die Forelle als Kunstlied, das auch in der Bearbeitung als Forellenquintett große Bekanntheit erlangte.

Mit seinen Ideen zur Ästhetik einer Tonkunst (während der Festungshaft verfasst, 1806 posthum im Druck erschienen) schuf er ein wichtiges Werk, in dem er viele Informationen zum Musikleben seiner Zeit festhielt; darunter Berichte über verschiedene Musikzentren und Hofkapellen.

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Georg Forster war der Sohn des Naturforschers und evangelisch-lutherischen Pastors Johann Reinhold Forster und seiner Frau Justina Elisabeth, geb. Nicolai. Der Vater, der stärker an Philosophie und Naturwissenschaften interessiert war als an Theologie, nahm seinen erst zehnjährigen Erstgeborenen 1765 mit auf eine Forschungsreise nach Russland, die ihn bis in die Kirgisensteppe am Unterlauf der Wolga führte. Bereits damals war der junge Forster an kartografischen Studien und an Bodenuntersuchungen beteiligt. Zudem lernte er bei dieser Gelegenheit fließend Russisch.

1766 übersiedelte Johann Reinhold Forster nach London, um im Land seiner Vorfahren eine seinen Neigungen entsprechende Existenz als Lehrer und Übersetzer aufzubauen. Auch auf dieser Reise begleitete ihn Georg. Als 13-jähriger gab er in England sein erstes Buch heraus: eine Übersetzung von Lomonossows Werk „Kurze Russische Geschichte“ vom Russischen ins Englische, die in wissenschaftlichen Kreisen auf lobende Anerkennung stieß.

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Da der Vater sich im Laufe der Zeit einen Ruf als Wissenschaftler erworben hatte, erhielt er 1772 das Angebot der britischen Admiralität, Captain James Cook auf seiner zweiten Weltumsegelung zu begleiten. Seine Aufgabe als Naturforscher sollte es sein, einen wissenschaftlichen Bericht über die Reise zu erstellen und nach der Rückkehr zu publizieren. Johann Reinhold Forster setzte durch, dass sein erst 17-jähriger Sohn Georg als Zeichner mitkommen durfte.

Am 13. Juli 1772 stachen Vater und Sohn Forster an Bord der HMS Resolution in Plymouth in See. Die Reise führte zunächst in den Südatlantik, dann durch den Indischen Ozean und antarktische Gewässer in den Südpazifik und zu den Inseln Polynesiens und schließlich um Kap Hoorn herum wieder zurück nach England, wo die Expedition am 30. Juli 1775 eintraf. Auf ihrer dreijährigen Reise hatten die Forsters mit Cook unter anderem Neuseeland, die Tonga-Inseln, Neukaledonien, Tahiti, die Marquesas-Inseln und die Osterinsel erkundet und waren weiter nach Süden vorgedrungen als jemals Menschen vor ihnen. Cooks zweite Reise widerlegte endgültig die Theorie von einem großen, bewohnbaren Südkontinent.

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Georg Forster beteiligte sich - zumeist als Zeichner und zunächst noch unter Anleitung seines Vaters - an Studien zur Tier- und Pflanzenwelt der Südsee. Beide haben auf dem Gebiet der Botanik viele neue Erkenntnisse gewonnen und eine Vielzahl bis dahin in Europa unbekannter Pflanzenarten beschrieben. So wurde u.a. eine Pflanzengattung nach ihnen benannt: die Forstera, aus der Familie der Stylidiaceae. Georg Forsters offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „G.Forst.“.

Seine eigentlichen Interessengebiete aber, auf denen er bald selbständige Forschungen anstellte, waren die vergleichende Länder- und Völkerkunde. Er lernte schnell die Sprachen der polynesischen Inseln. Seine Berichte über die Polynesier sind bis heute anerkannt, da sie Forsters Bestreben widerspiegeln, den Bewohnern der Südsee-Inseln mit Einfühlung, Sympathie und weitgehend ohne christlich-abendländische Vorurteile zu begegnen. Andererseits hütet er sich auch vor einer Idealisierung der „edlen Wilden“. Mit dieser Art der einfühlenden Beobachtung war Forster anderen Völkerkundlern seiner Zeit weit voraus.

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Während sein Vater nach der Rückkehr den von der Admiralität gewünschten wissenschaftlichen Bericht schrieb, veröffentlichte Georg Forster 1777 die für das allgemeine Publikum gedachte Reisebeschreibung A Voyage Round The World (dt.: Reise um die Welt), aus der das obige Zitat stammt. Das 1778/80 erschienene Werk machte den jungen Autor sofort berühmt. Der Dichter Christoph Martin Wieland pries es als das bemerkenswerteste Buch seiner Zeit, und es gilt bis heute als eine der bedeutendsten Reisebeschreibungen, die je geschrieben wurden. Das Werk, mit dem die Geschichte der modernen deutschen Reiseliteratur beginnt, übte u.a. starken Einfluss auf Alexander von Humboldt und auf Ethnologen späterer Zeiten aus.

Forster pflegte eine geschliffene deutsche Prosa. Wissenschaftlich exakt und sachlich fundiert, verstand er es, zugleich spannend und gut lesbar zu schreiben. Seine Werke zeichnete vor der bis dahin üblichen Reiseliteratur aus, dass sie keine bloße Aneinanderreihung von Daten darstellten, sondern zusammenhängende, anschauliche und verlässliche ethnografische Fakten boten, die durch eingehende und teilnehmende Beobachtungen zustande gekommen waren. Immer wieder unterbrach er die reine Beschreibung, um philosophische Betrachtungen über das Beobachtete anzustellen.

Dabei galt sein Hauptaugenmerk immer den Menschen, denen er begegnete, ihrem Verhalten, ihren Bräuchen, Sitten und Religionen sowie ihren Gesellschaftsformen. In Reise um die Welt gab er sogar Liedtexte der Polynesier samt Notation wieder. Das Buch ist eine der wichtigsten Quellen über die Gesellschaften in der Südsee[1] aus der Zeit, bevor sich auch dort der europäische Einfluss geltend machte.

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Seine Veröffentlichung brachte ihm wissenschaftliche Ehrungen aus ganz Europa ein. Die angesehene Royal Society in London nahm den noch nicht 23jährigen 1777 als Mitglied auf. Ebenso verfuhren wissenschaftliche Akademien von Berlin bis Madrid. Da die Ehrungen aber kein Geld einbrachten, kehrte er 1778 nach Deutschland zurück, um eine Professorenstelle in Kassel anzutreten. Dort wurde er Mitglied der Freimaurerloge Zum gekrönten Löwen und des örtlichen Gold- und Rosenkreuzer-Zirkels. Wahrscheinlich war er bereits 1776 in Paris Mitglied der bekannten Loge Les Neuf Sœurs geworden. 1784 trat er der Loge Zur wahren Eintracht der Freimaurer in Wien bei, die zu seinen Ehren eine Festloge veranstalteten und die er insbesondere für ihre Aufklärungsarbeit und Reformtätigkeit schätzte.

In Göttingen lernte Forster Therese Heyne kennen, die Tochter des Altertumswissenschaftlers Christian Gottlob Heyne, die später als eine der ersten freien Schriftstellerinnen Deutschlands hervortrat. Die beiden heirateten 1785, hatten drei Kinder, führten aber keine sehr glückliche Ehe. Therese verliebte sich zweimal in andere Männer, erst in Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer, später in Ludwig Ferdinand Huber. Forster hatte beide Male eine ménage à trois vorgeschlagen, was Therese aber ablehnte[4]. Forster verließ sie daraufhin, versuchte aber bis zu seinem Tod, sie und seine Töchter zurückzugewinnen.

Als Professor für Naturgeschichte war Forster zunächst in Kassel, ab 1784 im damals polnischen Vilnius tätig. Seit seiner Kasseler Zeit stand er in regem Austausch mit den wichtigsten Vertretern der Aufklärung in Deutschland, u.a. mit Lichtenberg, Lessing, Herder, Wieland und Goethe. Er veröffentlichte regelmäßig Aufsätze über Forschungs- und Entdeckungsreisen seiner Zeit, etwa über Cooks dritte Reise in die Südsee, an der er selbst nicht teilnahm, und über die spätere Bounty-Expedition. Mit deren Initiator, dem Privatgelehrten Sir Joseph Banks, der Cook auf dessen erster Weltumsegelung begleitet hatte, stand Forster seit den Londoner Jahren in Kontakt.

Ein weiteres Gebiet, auf dem Forster als einer der ersten deutschen Wissenschaftler forschte, war das der Indologie. Eine geplante russische Indien-Expedition unter seiner Leitung, die von Zarin Katharina der Großen finanziert werden sollte, kam jedoch nicht zustande, da 1787 der Russisch-Türkische Krieg ausbrach. Daher nahm er 1788 die Stellung des Oberbibliothekars der Universität Mainz an, die ihm auf Vermittlung des Historikers Johannes von Müller (1752-1809) angeboten wurde.

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Von Mainz aus unternahm er im Frühjahr 1790 gemeinsam mit dem jungen Alexander von Humboldt eine ausgedehnte Reise, die ihn in die Österreichischen Niederlande, nach Holland, England und Paris führte. Seine Eindrücke schilderte er in dem zwischen 1791 und 1794 erschienenen dreibändigen Werk Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Juni 1790. Johann Wolfgang von Goethe sagte von dem Buch: „Man mag, wenn man geendigt hat, gerne wieder von vorne anfangen und wünscht sich, mit einem so guten, so unterrichteten Beobachter zu reisen.“ Das Buch enthält u.a. kunsthistorische Betrachtungen, die für die wissenschaftliche Kunstgeschichte ebenso stilbildend wurden wie A Voyage round the world für die Ethnologie. Forster gehörte beispielsweise zu den Ersten, die zu einer gerechten Beurteilung der damals noch weitgehend als „barbarisch“ abgetanen gotischen Kunst gelangten, und nahm Ideen der Romantik vorweg.

Aber wie 15 Jahre zuvor in der Südsee, so galt auch auf dieser neuen Reise sein Hauptinteresse wieder dem sozialen Verhalten der Menschen. Volksaufstände in Flandern und Brabant und natürlich die Revolution in Frankreich hatten Forsters Interesse geweckt. Seine Reise in diese Gebiete sowie in die Niederlande und England, wo die bürgerlichen Freiheiten vergleichsweise weit entwickelt waren, sollte ihm nicht zuletzt dazu dienen, sich seines eigenen politischen Urteils zu vergewissern. Denn er war damals bereits ein überzeugter Gegner des Ancien Régime. Wie viele andere deutsche Gelehrte hatte auch er den Ausbruch der Revolution im Jahr zuvor als konsequente Folge der Aufklärung begrüßt.

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Nachdem die französische Revolutionsarmee unter General Custine am 21. Oktober 1792 Mainz besetzt hatte, gehörte Georg Forster zu den Männern, die schon zwei Tage später den Jakobinerclub „Freunde der Freiheit und Gleichheit“ ins Leben riefen. Ab Anfang 1793 war er aktiv an der Gründung der Mainzer Republik beteiligt. Die erste auf bürgerlich-demokratischen Grundsätzen aufgebaute Republik auf deutschem Boden umfasste in etwa das linksrheinische Gebiet zwischen Landau und Bingen. Forster wurde Vize-Präsident der provisorischen Verwaltung und ließ sich als Abgeordneter in den Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent wählen. Von Januar bis März 1793 war er Redakteur von „Die neue Mainzer Zeitung oder Der Volksfreund“. In seinem ersten Artikel schrieb er:

„Die Pressefreiheit herrscht endlich innerhalb dieser Mauern, wo die Buchdruckerpresse erfunden ward.“ Die Freiheit währte allerdings nicht allzu lange. Denn die Mainzer Republik existierte nur bis zum Abzug der Franzosen im Juli 1793.

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Forster hielt sich damals schon nicht mehr in Mainz auf. Als Abgeordneter des Nationalkonvents, des ersten demokratischen Parlaments in Deutschland, war er nach Paris entsandt worden, um die Angliederung der allein nicht lebensfähigen Mainzer Republik an Frankreich zu beantragen. Der Auftrag wurde zwar angenommen, hatte sich aber durch die Rückeroberung von Mainz durch die Truppen der anti-französischen Koalition erledigt.

Aufgrund eines Dekrets Kaiser Franz' II., das die Zusammenarbeit deutscher „Untertanen“ mit der französischen Revolutionsregierung unter Strafe stellte, verfiel Forster der Reichsacht und konnte nicht mehr nach Deutschland zurückkehren. Völlig mittellos und ohne seine Frau, die ihn zusammen mit den Kindern schon in Mainz verlassen hatte, blieb er in Paris. Dort trat die Revolution gerade in die Phase der Schreckensherrschaft, der Terreur des Wohlfahrtsausschusses unter Maximilien de Robespierre.

Forster wurde sich nun des Unterschieds bewusst zwischen dem Anspruch der Revolution, das Glück der Menschheit zu befördern, und der revolutionären Praxis, die über das Glück und das Leben des einzelnen Menschen grausam hinweggehen konnte. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Befürwortern der Revolution, wie etwa Friedrich Schiller, wandte sich Forster aber selbst unter dem Eindruck des Terrorregimes nicht von den revolutionären Idealen ab. Er sah die Ereignisse in Frankreich als ein Naturereignis an, das man nicht aufhalten könne und das seine Energien freisetzen müsse, um nicht noch zerstörerischer zu wirken. Kurz vor seinem Tod schrieb er:

„Die Revolution ist ein Orkan. Wer kann ihn hemmen? Ein Mensch, durch sie in Tätigkeit gesetzt, kann Dinge tun, die man in der Nachwelt nicht vor Entsetzlichkeit begreift.“ Noch bevor die Terrorherrschaft ihren Höhepunkt erreichen sollte, starb Georg Forster im Januar 1794, noch nicht 40jährig, an einer Lungenentzündung in einer kleinen Dachwohnung in der Rue des Moulins in Paris.

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Bald nach Forsters Tod geriet sein Werk außerhalb der Fachwelt fast vollständig in Vergessenheit, wohl nicht zuletzt als Folge seines Engagements während der französischen Revolution. Je nach politischer Zeitströmung wurde Forster bis in die Gegenwart hinein jeweils unterschiedlich beurteilt.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schrieb der Philosoph Friedrich Schlegel über ihn: „Unter allen eigentlichen Prosaisten atmet keiner so sehr den Geist freier Fortschreitung wie Georg Forster“. Auch im Vormärz wurde Forster eher positiv beurteilt. So gab Georg Gottfried Gervinus 1843 die erste Gesamtausgabe seiner Werke heraus und sicherte damit Forsters Nachwirken.

Generell aber verdeckte in der Zeit des aufkeimenden Nationalismus im nach-napoleonischen Deutschland das Bild des angeblichen „Vaterlandsverräters“ Forster zusehends das des Forschers und Schriftstellers. Während des Deutschen Kaiserreichs und erst recht zur Zeit des Nationalsozialismus blieb das Andenken Forsters verfemt.

Die DDR dagegen bezog die Erinnerung an den Forscher und Revolutionär in ihre eigene Traditionsbildung ein. So wurde beispielsweise die erste deutsche Forschungsstation in der Antarktis, die 1976 von der DDR eingerichtet wurde, Georg-Forster-Station benannt. Eine Oberschule, heute Gymnasium, im Ost-Berliner Stadtbezirk Lichtenberg trägt Forsters Namen.

Auf der Suche nach demokratischen Traditionen der deutschen Geschichte setzte seit den 1970er Jahren in der Bundesrepublik eine differenzierte Auseinandersetzung mit Forster ein. So sind mittlerweile auch im Westen Deutschlands Schulen nach Forster benannt, seit 2007 beispielsweise die Integrierte Gesamtschule Wörrstadt, die auf dem Gebiet der einstigen Mainzer Republik liegt. Forsters Ruf als einer der ersten und bedeutendsten deutschen Ethnologen ist heute unbestritten. Seine Arbeiten gelten mit als ausschlaggebend dafür, dass sich die Ethnologie in Deutschland zu einem eigenständigen Zweig der Wissenschaft entwickelt hat.

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• Einige Nachrichten über die Vorfälle in Polen im Jahre 1794. 1796 (Über den polnischen Aufstand gegen die russische Besatzungsmacht)

• Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. 1803 (sozialkritische und politische Reisebeschreibung. Abrechnung mit Napoleon, nachdem dieser die demokratischen Ideale verraten hatte)

• Mein Sommer 1805. 1806 (kritische Beschreibung einer Reise nach Ost- und Nordeuropa)

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Joseph, das schmeichelnde Schoßkind, ist das Muster der Delatoren und Tyrannenhandlanger; ich weiß nicht, ob Narziß und Sejan ihm an Ränken gleichkamen, wenn ich die Wahrheit der Überlieferungen annehme. Die löbliche Geschichte mit der Dame Potiphar ist mancher Deutung fähig. Er ward Minister durch den Zufall oder durch das Talent, das er sich in dem Hause seines Vaters erworben und in der Welt ausgebildet hatte. Er legte in den guten Jahren Magazine an, eine sehr lobenswürdige Vorsorge, die heutzutage leider alle Fürsten und ihre Minister, vielleicht mit besserm Glauben an die Vorsehung, aufgegeben haben. Was tat aber der Minister Joseph mit den Magazinen? Rettete er das Land und ward sein Wohltäter? Mit einem Wort, er brachte es in Sklaverei. Erst zahlte man Geld für Korn, dann brachte man seine bewegliche Habe, dann verkaufte man seine Grundstücke, dann seine Person dem König zur Knechtschaft. Das nenne ich doch einen Fürstendiener, einen Finanzrat, wie er sein muß. Mir ist in den Annalen der Menschheit kaum ein größerer Bube bekannt, und der wird aufgestellt vor andern der Jugend und dem Volke zum Vorbild.

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Bürger war der Sohn eines Landpfarrers. Sein Vater war an seiner Ausbildung nicht sonderlich interessiert, so dass er es der Initiative des Großvaters mütterlicherseits verdankte, dass ihm der Weg zur höheren Bildung eröffnet wurde. Ab 1760 ging er auf die Stadtschule von Aschersleben, wo er jedoch wegen einer Schlägerei der Schule verwiesen wurde. Das Pädagogikum in Halle nahm ihn als Schüler auf. 1764 begann er auf Druck seines Großvaters ein Studium der Theologie an der dortigen Universität. Erst 1768 wurde ihm erlaubt, an die Universität Göttingen zu gehen, um dort Rechtswissenschaften zu studieren.

Zu seinen Freunden in Göttingen zählte Heinrich Christian Boie, der ihm 1772 die Stelle eines Amtmanns in Altengleichen bei Hannover verschaffte. Boie brachte ihn auch mit dem Göttinger Hainbund in Kontakt, den Johann Heinrich Voß, Ludwig Christoph Heinrich Hölty und Graf Stolberg im selben Jahre gründeten. Eine besonders enge Studien-Freundschaft verband ihn mit dem nach 1777 in Berlin wirkenden Aufklärer und Publizisten Johann Erich Biester (1749-1816). Mit ihm trieb er in Göttingen Shakespeare-Studien. Bürger widmete Biester seine Übersetzung des „Macbeth“.

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Mit dem Amtsantritt war der Konflikt mit dem Großvater beigelegt. Im Herbst 1774 heiratete Bürger eine Tochter des Justizamtmanns Leonhart zu Niedeck und zog bald darauf nach Wöllmarshausen, einem Dorf seines Gerichtssprengels. Seine Ehe war keine glückliche: Er verliebte sich in Auguste, die jüngere Schwester seiner Frau, die er in Gedichten als „Molly“ besang. Das Verhältnis zu Auguste, die nach dem Tod von Bürgers Schwiegervater 1777 einige Zeit im Haus der Eheleute lebte, war Anlass zu innerer Verzweiflung.

Dazu kamen mancherlei durch geringe Einkünfte, häufige Krankheitsfälle und eine 1780 übernommene Pachtung zu Appenrode verursachte häusliche Sorgen. Von seinen Vorgesetzten obendrein wegen nachlässiger Geschäftsführung angeklagt, wurde Bürger in der angeordneten Untersuchung zwar freigesprochen; doch entschloss er sich, sein Amt freiwillig niederzulegen.

Nach dem Tod seiner Frau 1784 siedelte er nach Göttingen über, um sich durch Privatvorlesungen über Ästhetik, deutschen Stil und ähnliche Themen eine neue Existenz aufzubauen. Im Juni 1785 heiratete er endlich seine geliebte Molly. Ihr früher Tod am 9. Januar 1786 stürzte ihn von neuem in eine tiefe Krise und raubte ihm für lange Zeit die Lust an der dichterischen Arbeit. Das Liebesverhältnis wurde im 19. Jahrhundert sogar Stoff für ein Drama: Salomon Hermann von Mosenthals Bürger und Molly, oder ein deutsches Dichterleben: Schauspiel in 5 Aufzügen (Freiberg 1851)

Die Universität erteilte ihm bei ihrem 50-jährigen Jubiläum die philosophische Doktorwürde und ernannte ihn im November 1789 zum außerordentlichen Professor, jedoch ohne Gehalt. Der Wunsch nach einem geordneten Hausstand veranlasste Bürger zu einer dritten Heirat, der unglücklichsten von allen. Im Oktober 1790 verband er sich mit Elise Bürger, aber schon nach wenigen Wochen war klar, dass die Ehe scheitern würde. Im März 1792 wurde sie geschieden.

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Die heftige Kritik Schillers, die am 15. und 17. Januar 1791 anonym in der Allgemeinen Literatur-Zeitung erschien, schwächte weiter sein Selbstbewusstsein. Um Geld zu verdienen lieferte er Übersetzungen für auswärtige Buchhändler. Dazu kam eine Erkrankung an Schwindsucht. Erst als Bürger dadurch die Arbeitsfähigkeit verloren hatte, bewilligte ihm das Universitätskuratorium, statt des erbetenen Gehalts, eine einmalige Unterstützung von 50 Talern.

Bürger wurde 1775 in die Freimaurerloge Zum goldenen Zirkel in Göttingen aufgenommen; von 1777 an war er Redner der Loge.

Bürger starb am 8. Juni 1794. Er hinterließ zwei Töchter und zwei Söhne. An seinem Lieblingsplatz in einem öffentlichen Garten wurde ihm ein Denkmal gesetzt. Sein Ruhm war in den Jahrzehnten nach 1800 wesentlich größer als heute: Bürger gehört zu den berühmten Deutschen, die von Ludwig I. mit einer Büste in der Walhalla geehrt wurden.

Die beiden hessischen Hofbildhauer Ludwig Daniel Heyd und Johann Wolfgang Heyd (Brüder) haben 1977 in Göttingen ein Denkmal für Bürger geschaffen. Es wurde im Zuge der Moderne 1956 aus Geringschätzung abgerissen und zerstört.

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Das Organ, in dem Bürger seine zahlreichen Gedichte veröffentlichte, war der Göttinger Musenalmanach, gegründet 1770 von Bürgers Freund Heinrich Christian Boie und Friedrich Wilhelm Gotter. Im Jahre 1778 übernahm Bürger die Redaktion der Zeitschrift und gab die erste Sammlung seiner Gedichte heraus. Elf Jahre später erschien eine zweite, erweiterte Auflage in zwei Bänden.

1782 schlug Bürger einen Rechtschreibungskompromiss vor, mit dem er „dem Gräuel unserer allgemeinen Schreibverwüstung“ Abhilfe schaffen wollte. Seine Vorschläge blieben allerdings ungehört und wurden erst mit seinem Nachlass 1824 veröffentlicht.

Bürger ist heute hauptsächlich wegen seiner Feldzüge und Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen (1786/1789) in Erinnerung. Diese gehören in die Tradition der Lügengeschichten, die weit ins klassische Altertum und in die Erzähltradition des Judentums zurückgeht. Die Lügenerzählungen des historischen Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen wurden von einem anonymen Autor niedergeschrieben und 1781 veröffentlicht. In Form einer englischen Übersetzung, die Rudolf Erich Raspe angefertigt hatte, gelangten sie zu Bürger, der sie zurück ins Deutsche übersetzte und frei bearbeitete. Er übernahm dabei Raspes Erweiterungen und dessen Aufteilung in Land- und Seeabenteuer. Obwohl zahlreiche Bearbeitungen des Stoffes folgten, bleibt Bürgers Version, die drei Jahre später noch in einer erweiterten Ausgabe erschien, wohl bis heute die bekannteste. Sie wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach illustriert, u. a. von Daniel Chodowiecki und Johann Christian Ruhl.

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Bürgers zahlreiche Gedichte umfassen Balladen tragisch-dramatischen Inhalts, aber auch politische, satirische, komische und didaktische Gedichte und Liebeslyrik in der Tradition der Empfindsamkeit und der Anakreontik. Seine berühmteste Dichtung blieb für lange Zeit die Ballade Lenore, die mit allgemeiner Begeisterung begrüßt wurde. Nachdem sie gemäß der Kritik des Göttinger Dichterbundes mehrfach umgearbeitet worden war, erschien sie im Musenalmanach für 1774.

Besonders wichtig war ihm dabei, dass seine Dichtung volkstümlich bleiben sollte: „Alle Poesie soll volkstümlich sein, denn das ist das Siegel ihrer Vollkommenheit.“ Bürger wendete sich damit gegen die artifizielle und gelehrte Dichtung der Poetae docti. Lyrik sollte kollektiv rezipiert werden, das heißt im Kreis von Zuhörern laut gelesen. So sollte sie auch zur Bildung des Gemeinsinns beitragen. Ihre Eigenschaften sollten sein: „Klarheit, Bestimmtheit, Abrundung, Ordnung und Zusammenklang der Gedanken und Bilder; nach Wahrheit, Natur und Einfalt der Empfindungen; nach dem eigentümlichsten und treffendsten, nicht eben aus der toten Schrift-, sondern mitten aus der lebendigen Mundsprache aufgegriffenen Ausdrucke derselben; nach der pünktlichsten grammatischen Richtigkeit, nach einem leichten ungezwungenen, wohlklingenden Reim- und Versbau.“

Friedrich Schiller tadelte diese Auffassung in seiner Rezension über Bürgers Gedichte (1791). Er warf Bürger vor, dass seine Gedichte keinen reinen Genuss böten, dass ihm der ideale Begriff von Liebe und Schönheit fehle. Seine Gedichte sänken zu oft in die Gemeinheit des Volkes hinab, statt dieses zu sich hinauf zu erheben. Schiller warf ihm sogar den persönlichen Mangel vor, dass der Geist, der sich in Bürgers Gedichten ausspreche, „kein gereifter, kein vollendeter Geist sei, daß seinen Produkten nur deßwegen die letzte Hand fehlen möchte, weil sie – ihm selbst fehlte“. Nach Schillers Programmschrift Über die ästhetische Erziehung des Menschen war dies nur eine logische Konsequenz für ihn selbst. Bürger beharrte jedoch auf seinem Grundsatz der „Popularität“ und litt unter Schillers Kritik, die ihn in der literarischen Elite zunächst isolierte.

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Johann Wolfgang von Goethe (28.8.1749 - 22.3.1832)

Stimmen der Völker in Liedern. Zwischen Homer und Ossian: Werther.

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*28.8.1749 in Frankfurt (Main) Jusstudium in Leipzig und Straßburg Einladung von Herzog Carl August:

Goethe zog nach Weimar, wo er ab 1776 im Staatsdienst arbeitete.

1786-1788 erste Italienreise 1790 zweite Italienreise † 22.3.1832 in Weimar

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1773 Götz von Berlichingen 1774 Die Leiden des jungen Werther 1779 Iphigenie auf Tauris 1788 Egmont 1790 Torquato Tasso 1798 Hermann und Dorothea 1795 Wilhelm Meisters Lehrjahre 1808 Faust, 1. Teil 1809 Die Wahlverwandtschaften 1833 Faust, 2. Teil

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Der ErlkönigDer ZauberlehrlingSah ein Knab ein Röslein stehn,Die Braut von KorinthDer SchatzgräberDer Gott und die Bajadere, ...

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Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. EinSchauspiel (1773)Stella. Ein Schauspiel für Liebende in 5 Akten

(1775) Clavigo. Ein Trauerspiel (1774)Egmont. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen.Iphigenie auf Tauris. Ein Schauspiel. Torquato Tasso. Ein Schauspiel.Faust. Eine Tragödie. (1. Teil 1808; 2. Teil 1832)

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BriefromanDie Leiden des jungen Werther (1774)RomaneWilhelm Meisters Lehrjahre (1795-1796)Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden

(1821)Die Wahlverwandtschaften (1809)NovellenUnterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1795)Novelle (1826)EpenReinecke Fuchs (1794)Hermann und Dorothea (1797)

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Goethe in Frankfurt 1749-651757 erste Gedichte 1759 erste Dramenversuche1762 „Josephs“-Erzählung (verloren)1765 „Poetische Gedanken über die Höllenfahrt Jesu Christi“

Goethe in Leipzig 1765-681767 „Annette“ (d.i. Anna Katharina Schönkopf, 1738-1809)1767 „Oden an meinen Freund“ (Ernst Wolfgang Behrisch)1767/68 „Die Laune des Verliebten“ und Briefe an Behrisch1768 „Lieder mit Melodien“ („Leipziger Liederbuch“)

verlorene Texte: „Belsazar“ (Trauerspiel), „Die gekrönte Einsiedlerin“ (heroisches Schäferdrama)

Goethe in Frankfurt 1768/701769/70 „Die Mitschuldigen“ (Komödie)1770 „Neue Lieder “

Pietistische Erfahrungen: Bekenntnis und Autobiographie

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Goethe, Die Laune des Verliebten (Amine), Leipzig 1767/68und die Leipziger „Witz“-Kultur des späten Rokoko

Chr. F. Gellert Joh. W. L. Gleim

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Strukturmerkmale des Schäferspiels

Schauplatz: Ideallandschaft, ´arkadisch´ stilisierte SzenerieFigureninventar: zwei Paare im komplementären Kontrast (zentrales und Parallel-Paar)stilisierte (nicht individuelle) Namentypisierte Grundkonflikte: Konzentration allein auf erotische Rollenkonflikte„Blödigkeit“ des Schäfers und / oder „Sprödigkeit“ der SchäferinIntrige: „Bekehrung“ durch fingierte GefühleErziehung zu sozialverträglichem erotischen VerhaltenLösung:Parallelität beider Paare, Re-Integration des ´Abweichlers´ in die soziale Normativität; ideales Kollektiv im Schlusstableaudramaturgische Darstellungsmodi:Einakter, stilisierte Konflikte, gemäßigte EmotionalitätDialog vor Monolog, Alexandriner als durchgängige metrische Norm

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Goethes Schäferspiel – vs. Gellert und Gleim

• Differenzen in der Beschaffenheit des Konflikts• Differenzen in der dramaturgischen Entfaltung des Konflikts• Differenzen in der didaktischen Ausrichtung

- analog zu Wielands „Philosophie der Grazien“ (in Musarion, 1768):„Dir zeigen wer Du bist“ – „ “, „Kenne dich selbst!“

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Goethe und Herder in Straßburg, 1770/71

Von der „Witz“-Kultur zum „Sturm und Drang“.„Naturpoesie“, „Genie“ – und Selbstkritik des „Genies“.

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Mit Goethe (Von deutscher Baukunst) und Justus Möser (über das „Faustrecht“), eigene Aufsätze über Shakespeare und Ossian:Von deutscher Art und Kunst. Einige fliegende Blätter. 1773

„nationale“ Kunst als Gesamtheit spezifischer kultureller Entwicklungen,„Nation“ gedacht als kollektive Individualität

Johann Gottfried Herder

Tagebuch meiner Reise 1769Über den Ursprung der Sprache 1770Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit 1774 Stimmen der Völker in Liedern (2 Bände) 1778/79Ebräische Poesie 1782

„Popular Songs“ -> „Volkslieder“

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Erlkönigs Tochter. Dänisch.

Herr Oluf reitet spät und weit,Zu bieten auf seine Hochzeitleut;

Da tanzen die Elfen auf grünem Land’,Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand.

„Willkommen, Herr Oluf, was eilst von hier?Tritt her in den Reihen und tanz mit mir.“

„Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,Frühmorgen ist mein Hochzeittag.“

„Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir,Zwei güldne Sporne schenk ich dir.

Ein Hemd von Seide so weiß und fein,Meine Mutter bleicht’s mit Mondenschein.“

„Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,Frühmorgen ist mein Hochzeittag.“ (usf.)

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Goethe: Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?Es ist der Vater mit seinem Kind.Er hat den Knaben wohl in dem ArmEr fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn was birgst du so bang dein Gesicht? –Siehst Vater du den Erlkönig nicht?Den Erlenkönig mit Kron und Schweif? –Mein Sohn es ist ein Nebelstreif. –

Du liebes Kind, komm geh mit mir,Gar schöne Spiele spiel ich mit dir,Manch bunte Blumen sind an dem Strand,Meine Mutter hat manch gülden Gewand. –

(usf.)

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Von der „Naturpoesie“ zum „Genie“ – Edward Young:Conjectures on Original Composition (1759)

Über Shakespeare und das „Genie“.Herder 1767: „Woher glühet uns bei der Youngischen Schrift über die Originale ein gewisses Feuer an, das wir bei blos gründlichen Untersuchungen nicht spüren? Weil der Youngische Geist drinn herrscht, der aus seinem Herzen gleichsam ins Herz, aus dem Genie in das Genie spricht.“

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Die Meynungen der Weltweisen sind Lesarten der Natur und die Satzungen der Gottesgelehrten Lesarten der Schrift. [...]Die Einheit des Urhebers spiegelt sich bis in dem Dialecte seiner Werke; – in allen Ein Ton von unermeslicher Höhe und Tiefe!“ „Poesie [ist] die Muttersprache des menschlichen Geschlechts.“

Johann Georg Hamann:Aesthetica in nuce (1762)

„Reden ist übersetzen – aus einer Engelsprache in eine Menschensprache, das heißt, Gedanken in Worte, – Sachen in Namen, – Bilder in Zeichen; die poetisch oder kyrilogisch [auf Gott bezogen], histo-risch oder symbolisch oder hieroglyphisch – und philosophisch oder charackteristisch seyn können…

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Der bürgerliche Roman hatte vor der Epoche des Sturms und Drangs das gleiche Problem, wie das bürgerliche Drama. Beide standen sie noch in ihren Kinderschuhen. Erst mit Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werther (1774) erschien der erste bürgerliche Roman. Die Form des Briefromans ist eine Möglichkeit, das Gefühlsleben durch unkonventionelle Sprache zu artikulieren. Werther ist ein junger, bürgerlicher Intellektueller, der am Eingliederungsversuch eines bürgerlichen Individuums in die feudale Ordnung (Ständegesellschaft) scheitert und darauf Selbstmord begeht. Werther war ein Außenseiter der Gesellschaft und nicht angepasst und integriert wie Albert. Werther behauptete für sich das Recht auf Selbstbestimmung, Selbstfindung und Selbstverwirklichung. Dies war jedoch nicht bei der Arbeit möglich, da er sich als Sekretär auch unterordnen muss. Einzig die Liebe bot ihm einen Ausweg aus der Subordination (Unterordnung), weil sie eine Gleichstellung zwischen zwei Liebenden ermöglichen kann. Der bürgerliche Roman gilt als Vorläufer des späteren modernen Romans in Deutschland.

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Werthertracht

• blauer Frack mit Messingknöpfen, gelbe Weste, englische Reithose aus gelbem Leder, Stiefel mit aanliegenden Stulpen, runder grauer Filzhut und lockeres gepudertes Haar

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Bilder aus einer frühen Ausgabe des Werther

“To read Werther as a sentimental love story or to interpret it as primarily a document of social protest is to miss Goethe’s intention.” (Victor Lange, The Classical Age of German Literature. 1740-1815 [London 1982], p. 74)

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Götz von Götz von BerlichingenBerlichingen

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Kaiser Maximilian Götz von Berlichingen Elisabeth, seine Frau Maria, seine Schwester Karl, sein Söhnchen Georg, sein Bube Bischof von Bamberg Weislingen Adelheid von Walldorf, Liebetraut an des Bischofs

Hofe Abt von Fulda Olearius, beider Rechte Doktor Bruder Martin Hans von Selbitz Franz von Sickingen Lerse

Franz, Weislingens Bube Kammerfräulein der Adelheid Metzler, Sievers, Link, Kohl, Wild (Anführer der

rebellischen Bauern) Hoffrauen, Hofleute, am Bambergschen Hofe Kaiserliche Räte Ratsherrn von Heilbronn Richter des heimlichen Gerichts Zwei Nürnberger Kaufleute Max Stumpf, Pfalzgräflicher Diener Ein Unbekannter Brautvater und Bräutigam, Bauern Berlichingsche, Weislingsche, Bambergsche Reiter Hauptleute, Offiziere, Knechte von der Reichsarmee Schenkwirt Gerichtsdiener Heilbronner Bürger Stadtwache Gefängniswärter Bauern Zigeunerhauptmann Zigeuner, Zigeunerinnen

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Götz' Erzfeind, der Bischof von Bamberg, hat Berlichingens Reiterknechte ins Gefängnis werfen lassen. Um diese frei zu bekommen, will Berlichingen seinen Jugendfreund Weislingen, der nun die rechte Hand des Bischofs ist, gefangen nehmen und somit die Freiheit seiner Reiterknechte erzwingen. Während sie auf der Lauer liegen, fragt Georg Götz, ob er an dem Überfall teilnehmen dürfe. Götz aber erwidert: „Ein andermal!“. Kurze Zeit später überfällt Götz Weislingen während dessen Heimreise und nimmt ihn gefangen.

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Götz bringt Weislingen in seine Burg, wo Elisabeth, seine Frau, das Essen zubereitet hat. Während eines Gesprächs mit Götz erkennt Weislingen, wie wichtig ihm die alte Freundschaft ist. Außerdem bittet er um die Hand von Götz' Schwester Maria. Nach der Verlobung geht Weislingen, um seine Angelegenheiten zu regeln, auf seine Burg zurück.

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ng Nachdem der Bischof von einem

Boten erfahren hat, dass Weislingen nicht mehr auf die Burg kommen möchte, beschließt er zusammen mit der schönen Witwe Adelheid einen Plan. Sie soll den Weislingen umgarnen, damit dieser wieder auf der Seite des Bischofs steht.

Weislingen kommt schließlich ein letztes Mal zur Burg des Bischofs, wo Adelheid Weislingen für sich einnimmt. Er bleibt darauf hin auf der Burg des Bischofs und heiratet seine neue Liebe Adelheid.

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Von Weislingen enttäuscht, rächt sich Berlichingen an den Kaufleuten, welche seine Reiterjungen dem Bischof ausgeliefert haben. Nach dem Überfall überreden die Kaufleute den Kaiser, Götz mit der Reichsacht zu bestrafen. Dieser liefert sich jedoch nicht freiwillig aus und so befiehlt der Bischof Weislingen, auf die Burg zuzureiten. Götz schlägt seine Feinde jedoch bereits während deren Vormarsch überraschend nieder.

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Nachdem Götz die Truppen des Bischofs zum Rückzug gezwungen hatte, bittet Sickingen um Marias Hand. Sie heiraten und begeben sich auf Götz Befehl sofort auf die Reise zu Sickingens Burg.

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Nachdem die frisch Vermählten ihre Heimreise angetreten haben, rücken die Reichstruppen zur Belagerung an und fordern Berlichingen zur Kapitulation auf. Dieser weist dies jedoch barsch zurück und bereitet sich auf die anstehende Belagerung vor.

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Da Berlichingen einer Belagerung nicht hätte Stand halten können, vereinbart Lerse mit den Reichstruppen eine Handel, durch den Berlichingen zusammen mit seinen Leuten freies Geleit bekommen sollte. Aber als Götz die Burg verlässt, brechen die Reichstruppen ihren Eid und nehmen Götz gefangen.

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Götz wird nach seiner Gefangennahme vor Gericht gestellt, soll dort aber einen Schwur ablegen, indem es heißt, er hätte gegen den Kaiser aufbegehrt. Dies verweigert Berlichingen jedoch und darauf hin schicken die Ratsherren Handwerker zur Bewältigung Götz‘ in den Saal. Dieser aber schlägt sie nieder und verlangt eine gerechte Verhandlung. Während dessen erscheint Sickingen mit 200 seiner Leute und befreit Berlichingen, welcher vor Gericht die Urfehde schwört.

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Nach dem Schwur der Urfehde geht Götz auf seine Burg zurück, wo er friedlich lebt. Als er jedoch von einem Bauernaufstand hört, welcher Städte niederbrennt, macht er sich auf deren Wunsch zu ihrem Anführer, damit sie keine Städte mehr ausplündern. Als Weislingen gerade anrückt, um den Aufstand nieder zu schlagen, kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen Berlichingen und Weislingen. Dadurch bricht Berlichingen seinen Eid und flieht nach der Niederlage in Sicherheit. Die Zigeuner verarzten Götz, bis Weislingen diesen Gefangen nehmen kann. Dann wird Berlichingen durch Weislingen zum Tode verurteilt und in den Turm gesperrt.

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Adelheid lässt Weislingen, den sie nie geliebt hat, durch seinen Knecht vergiften. Auf dem Sterbebett zerreißt er, nachdem er von Maria darum gebeten wird, das Todesurteil von Götz. Adelheid wird daraufhin zum Tode verurteilt und wird kurz darauf auch umgebracht. Götz, welcher durch seine Verletzungen und Krankheit schon geschwächt ist, stirbt kurze Zeit, nachdem er freigelassen wird.

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