Vorlesung – Organisation · − Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen...

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Vorlesung – Organisation Univ.-Prof. Dr. habil. Eike Emrich Fassung vom 11.04.2019

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Vorlesung – Organisation

Univ.-Prof. Dr. habil. Eike EmrichFassung vom 11.04.2019

Allgemeine Hinweise

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Vorlesungsinhalt1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und

negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und Verteilungsprobleme

korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation und einem Exkurs über Institutionenökonomik

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Allgemeine LiteraturempfehlungenAuswahl (weitere Literatur wird jeweils

in der Vorlesung angegeben und/oder findet sich in den einzelnen Kapiteln)

Kieser, A. & Walgenbach, P. (2010). Organisation. 6. Aufl. Stuttgart.Preisendörfer, P. (2005). Organisationssoziologie. Grundlagen, Theorien und

Problemstellungen. Wiesbaden. Müller-Jentsch, W. (2003). Organisationssoziologie. Eine Einführung. Frankfurt und

New York. Endruweit, G. (2004). Organisationssoziologie. 2. Aufl. UTB: Stuttgart.Schreyögg, G. & Werder, A. (Hrsg.) (2004). Handwörterbuch Unternehmensführung

und Organisation, 4. Aufl., Schäffer-Poeschl: Stuttgart.Becker, J., Kugeler, M. & Rosemann, M. (Hrsg.) (2012). Prozessmanagement. Ein

Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung, 7. Aufl., Springer: Berlin et al.,. online verfügbar unter: http://link.springer.com/book/10.1007/978-3-642-33844-1.

Jost, P.-J. (2000). Ökonomische Organisationstheorie - Eine Einführung in die Grundlagen, Gabler, Wiesbaden.

Jost, P.-J. (2014).The Economics of Motivation and Organization, Edward Elgar, Northampton.

Jost, P.-J. (2011). The Economics of Organization and Coordination, Edward Elgar, Northampton.

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 6

Organisationsgesellschaft?„Von der Wiege bis zur Bahre, nur Formulare“(vgl. Türk 1996: 1 f.; Preisendörfer 2005: 16)

Herkunft des Zitats nicht belegt (ein Beispiel für die ideengeschichtliche Rekonstruktion von bekannten Zitaten: Merton, R. K. (1983). Auf den Schultern von Riesen. Ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 7

• Von der Wieg bis zur Bahre .... (organizational society, Presthus 1979; eigentlich Max Weber; ehernes Gehäuse [iron

cage]).

• Organisationen gelten als wichtiges Vehikel einer systematischen Rationalisierung der verschiedenen Bereiche unseres Lebens.

„… eines geplanten, gegliederten, systematisierten, effizienteren, ordentlicheren und von "Experten" verwalteten Lebens".

(W.R. Scott, Grundlagen der Organisationstheorie, Frankfurt, New York 1986, S. 25)

1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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• organisieren:frz. organiser: eigentlich: „mit Organen versehen“; einrichten, anordnen, gestalten; reflexiv: sich zu wirtschaftlichen, politischen u. a. Zweckverbänden zusammenschließen.(Duden Herkunftswörterbuch)

Begriff hat seine Karriere in der französischen Revolution begonnen (s. von Hentig über die französische Revolution, [Revolution als mehr oder minder planvolles Ineinandergreifen von Masse, Gefolgschaft und Führung zum Antreiben der revolutionäre Dynamik).

• Organisation:„Organisationen sind Kollektive, mit formell geregelter Mitgliedschaft, einem vorgegebenen gemeinsamen Ziel und einer das Handeln der Mitglieder verbindlich regelnden Verfassung, sowie mit einem eigenen Erzwingungsstab zur Durchsetzung dieser Regeln“.

(Esser 1999, 86)

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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negatives organisieren (häufig missachtet):intrigieren (Intrigant, Intrigenopfer, Vollstrecker, vgl. in literaturgeschichtlicher Perspektive Peter von Matt, 2006, Die Intrige: Theorie und Praxis der Hinterlist, Beispiel: das trojanische Pferd als doppelte Intrige [Sinon])

informelles Mittel zum Machterwerb, Machtsicherung und -ausbau: Seilschaft (= starke soziale Beziehungen)(Emrich, E.; Papathanassiou, V.; Pitsch, W.: Klettertechnik für Aufsteiger: Seilschaften als soziales Phänomen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (1996) 1, S.141-155.Emrich, E.: „Ars Corrumpendi“. Zur Interaktions- und Beziehungsdynamik bei Bestechungen. In: sozialersinn 7 (2006) 2, S.327-343).

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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Die institutionale Sicht

Ein soziales System ist eine Organisation:

1. Jede Organisation hat eine spezifische Zweck- bzw. Zielorientierung.

2. In Organisationen koordinieren mehrere Individuen individuelle Aktivitäten zwecks Zielerreichung.

3. Jede Organisation weist gegenüber ihrer Umwelt Grenzen auf.

4. In jeder Organisation gibt es geplante aber auch emergenteProzesse und informelle Strukturen.

(zu intendierten und nicht intendierten Folgen sozialer Handlungen s. Robert K. Merton, 1936,The Unanticipated Consequences of Purposive Social Action, American Sociological Review, 1(6), S. 894-904).

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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Die prozessuale Sicht

Eine Organisation hat eine Organisation:1. Die Organisation besteht in generellen Regelungen hinsichtlich der

individuellen organisationsbezogenen Aktivitäten (Arbeitsteilung usw.).

2. Generelle Regelungen (Verfahren, Direktiven, Anordnungen) regelndie Teilung und Zerlegung von Aktivitäten und deren erneute Integration (Koordination).

3. Die Organisation hat ein Management (Führungsebene). Aufgaben des Managements sind Planung und Kontrolle.

4. Eine Organisation existiert nicht einfach. Sie wird von Menschenhergestellt.

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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Von den meisten Forschern werden Organisationen als soziale Strukturen, geschaffen von Einzelnen in der Absicht, gemeinsam mit anderen bestimmte Ziele zu verfolgen, begriffen. Nach diesem Verständnis ergibt sich für die Erforschung aller Organisationen eine Reihe von gleichgelagerten Problemen, nämlich:

Was sind die Aufgaben von Organisationen?

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

Organisationen müssen...... ihre Ziele definieren (und umdefinieren),... ihre jeweils Beteiligten dazu bringen, gewisse Dienste zu leisten,... diese Dienste kontrollieren und koordinieren,... Geldmittel und Ressourcen (einschließlich immaterieller Anerkennung)

beschaffen,... Produkte und Dienstleistungen verteilen,... Mitglieder auswählen, schulen und ersetzen,... einen Modus des Zusammenlebens und Funktionierens in der Gesellschaft finden.

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Eine formelle Organisation impliziert die bewusste, beabsichtigte und zweckgerichtete Kooperation von Menschen (Barnard 1938, S. 4).

• Organisationen haben etwas von einem zentralen Koordinationssystem an sich. … Die hohe Spezifität von Struktur und Koordination innerhalb von Organisationen – im Unterschied zu den diffusen und variablen Beziehungen zwischen Organisationen und zwischen unorganisiertenIndividuen – macht die einzelne Organisation zu einer sozialen Einheit, die in ihrer Bedeutung dem Einzelorganismus in der Biologie vergleichbar ist (March/Simon 1958, S. 4).

• Da das charakteristische Merkmal dieser Organisation darin besteht, dass sie formell und ausdrücklich zum Zweck der Erreichung bestimmter Ziele geschaffen wurden, wird zu ihrer Bezeichnung der Terminus „formelle Organisation“ verwendet (Blau/Scott 1962, S. 5)

• Organisationen sind soziale Einheiten (oder Gruppierungen von Menschen), gebildet und umgebildet zur Verfolgung spezifischer Ziele (Etzioni 1964, S. 3)

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1 Einführung1.1 Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

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Von der Themenstellung her (Scott 2003):1)sozialpsychologische Ebene 2)strukturelle Ebene3)ökologische Ebene

Basiselemente von Organisationen (Endruweit 2004):1)die Ziele einer Organisation (was will die Organisation?)2)die Organisationsstruktur (wie ist die Organisation aufgebaut?)3)die Organisationsumwelt (in welchem Umfeld bzw. welcher Umwelt bewegt sie sich?

Schlüsselprobleme von Organisationen (Hall 2002):1)Entscheidungen in und von Organisationen2)Kommunikationsprozesse in Organisationen3)Führungsprobleme4)Macht und Kontrolle in Organisationen5)Konflikte in Organisationen6)Organisationswandel und organisationales Lernen

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1 Einführung1.2 Organisation – Wozu? und Analyse: wie?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

WissenschaftstheorieWissenschaftstheorie

OrganisationstheorieOrganisationstheorie

OrganisationspraxisOrganisationspraxis

Wie betreibt man die Wissenschaft von der Organisation?

Begründung der Organisationstheorie

Verwertung der Organisationstheorie inder Praxis

Abgrenzung zu anderen Wissenschaftsdisziplinen,Methodologie der Organisationstheorie

Knüpfen theoretischer Netze durch empirische Hypothesenprüfung

Anwendung in Organisationen aller Art: Privatwirtschaftlicher, öffentlicher und Non-Profit-Sektor

1 Einführung1.2 Organisation – Wozu? und Analyse: wie?

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 16

1 Einführung1.3 Prozesse des Organisierens - Beispiel I (Popitz 1976)

Ausgangslage: dreimal so viele Passagiere wie Liegestühle.

•anfangs: Nicht besetzte Liegestühle gelten als frei und können von allen gleichermaßen genutzt werden (inklusive Nutzung des Gemeinschaftsguts); ihre Anzahl ist ausreichend.•später: Eine neu zugestiegene Gruppe deklariert auch nicht aktuell besetzte Liegestühle als „belegt“ (exklusive Nutzung des Gemeinschaftsguts bzw. Quasi-Privateigentum). Alle Quasi-Besitzer (privilegierte Klasse) verteidigen füreinander leere Liegestühle gegenüber Nicht-Besitzern (unterprivilegierte Klasse).

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• danach: Vermietung der Liegestühle an Nicht-Besitzer für den eigennutzungsfreien Zeitraum. Als Gegenleistung müssen die Mieter den Liegestuhl frei halten, was einerseits die privilegierte Klasse von der Überwachung entlastet und als dritte Klasse entsteht diejenige der Überwacher („Dienstleistungsklasse“).

• Resultat: Eine Minderheit hat gegen die egalitäre eine neue, hierarchische Ordnung durchgesetzt.

• Gründe: Organisation(-sfähigkeit) der Neuankömmlinge, die untereinander gleiche Interessen vertreten (individuelles und gemeinsames Interesse decken sich).

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1 Einführung1.3 Prozesse des Organisierens - Beispiel I (Popitz 1976)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Ausgangslage: Kriegsgefangenenlager.

•anfangs: ungünstige ökonomische Bedingungen (z.B. nur rohe Nahrungsmittel).

•später: Vier Personen mit unterschiedlichen Talenten differenzieren ihre Tätigkeiten und teilen solidarisch untereinander. Dadurch steigt die Gesamtleistung der Gruppe über die Summe der Einzelleistungen und sie erarbeiten sich gegenüber den anderen einen ökonomischen Vorsprung (z.B. Bau eines Ofens).

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1 Einführung1.3 Prozesse des Organisierens - Beispiel II (Popitz 1976)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• danach: Die Gruppe treibt Handel mit den anderen Gefangenen (z.B. mit Nutzungsrechten für den Ofen). Das ökonomische Gefälle und die Abhängigkeit von der Gruppe verstärken sich in der Folge.

• Resultat: Machtgefälle, welches die Gruppe dazu nutzt, ihr Monopol aufrecht zu erhalten (z.B. durch Verhinderung des Baus weiterer Öfen durch andere.

• Gründe: (außerordentliche und riskante) Bereitschaft zur Aufgabe individueller Verfügungsrechte zugunsten einer solidarischen Zusammenlegung von Ressourcen unter gegenseitigem Vertrauen („Vertrauenssprung“): „Die vier mußten sich in eine soziale Beziehung so hereinfallen lassen, daß sie wirklich hereinfallen konnten.“

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1 Einführung1.3 Prozesse des Organisierens - Beispiel II (Popitz 1976)

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1. Helfen und Teilen → Ausgleich individueller Mängel.2. Kollektivhandeln auch bei gleichartigen Tätigkeiten (z.B. gemeinsames

Auftreten gegenüber anderen; Bildung einer „Kette“ beim Transport von Gütern, etwa schwerer Kisten bei einem Umzug).

3. zeitliche Koordination nicht gleichzeitig durchführbarer Tätigkeiten (z.B. optimale Auslastung von Maschinen oder einer Sporthalle).

4. räumliche Koordination gleichartiger Tätigkeiten (z.B. Trennung zum Risikoausgleich bei Suche, Jagd oder Flucht).

5. stellvertretendes Handeln (z.B., wenn ein Studierender nicht anwesende Kommilitonen in die Anwesenheitsliste einträgt).

6. Arbeitsteilung bei der Herstellung eines Produktes. (Produktivitätserhöhung im Vergleich zur Alleinfertigung durch Spezialisierung und Wegfall von Leerzeiten)

7. Spezialisierung fördert Innovation und Entwicklung in den speziellen Teilbereichen.

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1 Einführung1.3 Prozesse des Organisierens - Popitz 1976

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

1. Typenbildungen sind nicht richtig oder falsch, sondern zweckmäßig oder unzweckmäßig, sinnvoll oder nicht sinnvoll.

2. Angesichts der Vielfalt unterschiedlicher Organisationen ist es erforderlich, diese zu ordnen, Beziehungen zwischen den einzelnen organisatorischen Variablen zu spezifizieren und Organisationen vergleichend zu betrachten.

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2 Organisationstypologien2.1 Nutzen der Typenbildung

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Typenbildung auf Basis des Kriteriums „Wem nützt die Organisation“:

Vier Organisationstypen nach Blau & Scott:1.Gegenseitige Nutzenvereinigung (Hauptnutznießer: Mitglieder der Organisation: z.B. Parteien, Gewerkschaften, Kirchen: Motto: Mehr für uns)2.Geschäftsunternehmen (Hauptnutznießer: Eigentümer: z.B. Industriebetriebe, Handelsunternehmen, Banken)3.Dienstleistungsorganisationen (Hauptnutznießer: Klienten: z.B. Krankenhäuser, Schulen)4.Gemeinnützige Organisationen (Hauptnutznießer: gesamte soziale Umwelt: Polizei, Staatsverwaltungen, Militär)

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums von Kontrollmitteln(Etzioni):

1.Zwangsorganisationen, in denen die Kontrolle mittels physischer Sanktionen erfolgt (z.B. Gefängnis, [vgl. Goffman: totale Institution]).2.Utilitaristische Organisationen, in denen die Kontrolle über die Verteilung materieller Ressourcen, z.B. Geld, erfolgt, und eine kalkulativeOrientierung der Mitglieder besteht (z.B. Industriebetriebe mit dem Formalziel Gewinn).3.Normative Organisationen, in denen die Kontrolle durch Gewährung bzw. Entzug symbolischer Belohnungen erfolgt, Verhalten der Mitglieder ist Ausdruck moralischer Verpflichtung (z. B. Kirche oder in gewissem Sinn auch Parteien [siehe verschiedene Fälle aktueller Parteiausschlussverfahren [cooling out, Goffman]).

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums von Kontrollmitteln(Etzioni):

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(Quelle: Etzioni (1961): A comparative Analysis of Complex Organisations;Goffman (1961): Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973 [orig.: Asylums. Essays on the Social Situation of Mental Patients and other Inmates. Chicago 1961])

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Systemtheoretisch basierte Typologie (Parsons). Kriterium der Typologiebildung: primäre Funktionen, die dieOrganisation für die Gesellschaft erfüllt.

1. Ökonomische Organisationen (Funktion: Produktion von Gütern und Dienstleistungen, Bsp. Industrie)

2. Politische Organisationen (Funktion: Erreichung bewerteter Ziele und die Verteilung gesellschaftlicher Macht: Bsp. Behörden, Polizei)

3. Sozialintegrative Organisationen (Funktion: Konfliktlösung, Motivationsbeschaffung z.B. Gerichte, Interessenverbände, Parteien)

4. Kulturelle Organisationen (Funktion: Sozialisation, z.B. Kirchen, Schulen, Universitäten)

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Talcott Parsons – AGIL-Schema: (adaptation, goal-attainment, integration, latent pattern maintennace)

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GesellschaftlicheFunktionen

Organisationstyp Beispiele

Anpassung wirtschaftlich orientierte Organisationen Geschäftsbetriebe

Zielverwirklichung politisch orientierte OrganisationenRegierungsbehörden,

andere Organisationen, die Macht zuweisen

Integration Sozial integrative OrganisationGerichte und Rechtsberufe,

Politische Parteien, Soziale Kontrollinstanzen

Latenz strukturerhaltende Organisationen Kulturelle Organisationen, z.B. Museen, religiöse Organisationen

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Talcott Parsons – AGIL-Schema: (adaptation, goal-attainment, integration, latent pattern maintennace)

Parsons Systemtheorie beschreibt die funktionalen Erfordernisse (functionalrequisites), die jedes System lösen muss, um sich in seiner Umwelt funktionsfähig erhalten zu können. Dafür bedient es sich der Organisationen. Die Funktionen im Einzelnen sind:

1.Integration (integration): Auf der Ebene der Gesellschaft geht es hier um die Schaffung der Solidarität.

2.Zielerreichung (goal-attainment): Das System versucht bestimmte Ziele zu erreichen, die interkulturell variabel sein können.

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(Quelle: Parsons, T.: The Structure of Social Action, 1(968,) The Social System, (1951), Soziologische Theorie (1963), Zur Theorie sozialer Systeme, (1976);)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Talcott Parsons – AGIL-Schema: (adaptation, goal-attainment, integration, latent pattern maintennace)

3.Erhaltung der grundlegenden Orientierungsmuster (pattern-maintenance):

�Motivation und Wertvorstellungen der Mitglieder müssen ständigbestätigt und erneuert werden, so dass ihre Aktivitäten nicht erlahmen.

4.Anpassung (adaptation): Das System muss sich laufend seiner sozialen (siehe Debatte um Integration verschiedener Bevölkerungsgruppierungen?) ebenso wie seiner physischen Umwelt (Klimawandel?) anpassen.

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(Quelle: Parsons, T.: The Structure of Social Action, 1(968,) The Social System, (1951), Soziologische Theorie (1963), Zur Theorie sozialer Systeme, (1976);)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Der Ansatz von Niklas Luhmann:

•Ähnlich wie bei Parsons wird eine Typologie konstruiert, die auf der Systemtheorie von Niklas Luhmann aufbaut. •In gewisser Ähnlichkeit zu den Parsonschen Kriterien seiner Typologie ist hier allerdings ein stärkerer Bezug von Organisation und gesellschaftlichen Teilbereichen im Auge zu behalten. Beispiel wären: Wirtschaftsorganisationen im ökonomischen System, politische Organisationen im politischen System, Wissenschaftsorganisationen im Wissenschaftssystem etc.•Jedes System folgt dabei einer eigenen kulturellen Leitidee (Sieg/Niederlage, recht/Unrecht usw.).•Jedes System differenziert sich durch operative Geschlossenheit von seiner Systemumwelt.•Auf externe Anforderungen reagiert das System durch interne Differenzierung.•Organisationen sind Schnittmengen von Rechts-, Wirtschafts- und Politik-System.

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Der Ansatz von Niklas Luhmann:

•„Soziale Systeme haben die Funktion der Erfassung und Reduktion von Komplexität. Sie dienen der Vermittlung zwischen der äußersten Komplexität der Welt und der sehr geringen, aus anthropologischen Gründen kaum veränderbaren Fähigkeit des Menschen zu bewusster Erlebnisverarbeitung.“ (Luhmann, 1967, S. 619)

•Die „wichtigste“ Funktion von Organisationssystemen bzw. organisierten Sozialsystemen kann in der Festlegung von Kommunikations- und Interaktionsprozessen auf berechenbare Abläufe strategisch wichtiger Handlungsprozesse gesehen werden.

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Typenbildung auf Basis des Kriteriums Systemerhaltung und Strukturbewahrung:

Möglichkeiten mit denen die öffentliche Verwaltung die gesellschaftliche Komplexität erfasst:•Systemdifferenzierung (Ausdifferenzierung)

•Generalisierung von Verhaltenserwartungen (Berechenbarkeit/Stabilität)

•Programmierung von Entscheidungen (Routineprogramme)

•Relativ selten Zweckprogramme

•Macht (durch eigene Entscheidungen für andere eine Alternative auswählen, für andere Komplexität reduzieren)

•Vertrauen (formelle, bürokratische Entscheidungen)

•Geschichte und Tradition (tradierte Handlungsanweisungen)

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Der Ansatz von Gareth Morgan �Darstellung von Organisationen in Metaphern (Bildern):

1.Organisation als Maschine (mechanistisches Denken; Taylorismus, s. Charlie Chaplin: Modern Times)

2.Organisation als Organismus (wechselseitiger Austausch- und Anpassungsprozess etc. )

3.Organisation als Gehirn (Prozess der Informationsverarbeitung, lernende Organisation, Selbstorganisation etc.)

4.Organisation als Kultur (Kulturelle Systeme, eigene Normen, Werte, Philosophien, Rituale etc.)

5.Organisation als politisches System (unterschiedliche Interessen, Konflikte, Machtspiele etc.)

6.Organisation als psychisches Gefängnis (unbewusstes Handeln etc.)

7.Organisation als Fluss und Wandel (Dynamik und Wandel des Systems etc.)

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(Quelle: Gareth Morgan: Bilder einer Organisation, Klett-Cotta-Verlag)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

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Weiter: Der Ansatz von Gareth Morgan

1.Organisation als Maschine� Funktionieren gut bei: −bei einfachen Aufgaben −stabiler Umgebung −Herstellung des immer gleichen Produkts −hohen Präzisionsanforderungen −wenn die Menschen nicht sperrig sind.

� Funktionieren nicht gut bei: −Innovationsnotwendigkeit und −Schwächen in der Mitarbeitermotivation (Rädchen im Getriebe-Phänomen).

2.Organisation als Organismus � Stärken: −hat viel zur Diskussion um Überlebenschancen von Organisationen durch Anpassung an Umwelt beigetragen −überschätzt den Konkurrenzdruck

� Schwächen: −unterschätzt die Gestaltungsmöglichkeit der Unternehmen durch Kooperenz und die Tatsache, dass nicht zwingend der „fittest“, also Best-Angepasste überlebt, sondern der Passende.

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(Quelle: Gareth Morgan: Bilder einer Organisation, Klett-Cotta-Verlag)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

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Weiter: Der Ansatz von Gareth Morgan 3.Organisation als Gehirn� Zentrale Frage: Können Organisationen wie ein Gehirn Lernfähigkeit

entwickeln und sich und sich selbst organisieren?� Stärke: −Ansatz räumt der Offenheit für Erkundung und Selbstkritik Priorität ein.−Zielorientierung und das Erkennen und Vermeiden von schädlichen Einflüssen verlangen qualitativ unterschiedliche Strategien.

� Schwächen: −Konflikte zwischen Lernen und Selbstorganisation sowie Macht und Kontrolle werden ungenügend berücksichtigt.

4.Organisation als Kultur� Zentrale Frage: Welche Funktion hat das gemeinsame Bedeutungssystem

einer Organisation und kann das Management dieBedeutung gezielt als Führungsinstrument einsetzen undvariieren?

� Stärke: Organisation ist immer auch eine Konstruktion in den Köpfen der Menschen.Wirkungsvolle Organisationsveränderung erfordert also einen kulturellen Wandel.

� Schwäche: Ideologische Manipulation und Kontrolle der Menschen, allzu mechanistischesVerständnis von Kultur. Inszenierung von Realität birgt auch Risiken (s. Facebook)

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(Quelle: Gareth Morgan: Bilder einer Organisation, Klett-Cotta-Verlag)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

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Weiter: Der Ansatz von Gareth Morgan

5.Organisation als politisches System� Zentrale Frage: Wie sieht die Organisationspolitik aus, welche Bedeutung

haben die Beziehungen zwischen Interessen, Konflikt undMacht, also das Mit- Gegen-, Aus, Für- und Ohneeinander inwechselnden Konstellationen.

� Stärke: −Thematisiert die Schlüsselrolle von macht in Organisationen und−unterbetont die Bedeutung der Rationalität in Organisationen...

� Schwächen: −Überbetont die Bedeutung von individuellem Machtstreben und mikropolitischen Arenen.

6.Organisation als psychisches Gefängnis� Kerngedanke: Organisationen als psychisches Gefängnis.� Stärke: Die Fremdzwänge der Organisation treten in den Vordergrund.� Schwäche: Mangelnde Selbstkontrolle von Individuen muss manchmal durch

Fremdkontrolle ersetzt werden.

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(Quelle: Gareth Morgan: Bilder einer Organisation, Klett-Cotta-Verlag)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Weiter: Der Ansatz von Gareth Morgan

7.Organisation als Fluss und Wandel� Zentrale Frage: Wie bewahren sich Organisationen im steten Wandel ihren

unverwechselbaren Kern, also ihre Identität (s. Universität alsBeispiel)?

� Stärke: Der Wandel als das Alltägliche tritt in den Vordergrund � Schwächen: Wandel wird immer nur ex post erklärbar. Wie soll man also den

Wandel aktiv gestalten bei variablen Umwelten?

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(Quelle: Gareth Morgan: Bilder einer Organisation, Klett-Cotta-Verlag)

2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Fünf Typen der totalen Institutionen nach Zielsetzungen (Goffman 1961):

1.zur Betreuung von partiell unselbstständigen und harmlosen Menschen (Alters- und Kinderheime). 2.zur Betreuung und Unterbringung von Personen, von denen eine potentielle Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. (Sicherheitsverwahrung in forensisch psychiatrische Kliniken) 3.zum Schutz der Gesellschaft vor Personen, die als gefährlich angesehen werden und/oder als abweichend etikettiert werden. Dies Institutionen dienen nicht primär zum Wohle der Insassen (Strafvollzugsanstalten, Guantanamo Kriegsgefangenenlager). 4.mit Zielen der Erziehung oder Umerziehung (Kasernen, Schulinternate, Schulschiffe, Arbeitslager). 5.als Rückzugs- bzw. Zufluchtsort und/oder religiöse Ausbildungsstätten (Abteien, Klöster).

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2 Organisationstypologien2.2 Organisationstypologien – eine Auswahl

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Fünf Typen der totalen Institutionen nach Zielsetzungen (Goffman 1961):

Merkmale aller Typen:

•Trennung zwischen Insassen und Verwaltern.

•für die Insassen überformt die eine Rolle als Insasse alle anderen Rollen.

•individuelle Bedürfnisse müssen sich den Verwaltungsroutinen (Bürokratie) unterordnen.

•Privatheit wird auf ein Minimum reduziert.

Folgen: Resignation, Rebellion, ritualistischer Konformismus…

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2 Organisationstypologien2.3 Totale Institutionen (Goffman 1961)

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Fünf Grundelemente einer Organisation nach Scott (1986, 36):

−Sozialstruktur−Technologie−Beteiligte und Mitglieder−Ziele−(Umwelt)

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Überblick

Abbildung aus: Müller-Jentsch, W. (2003). Organisationssoziologie: Eine Einführung. S. 20, Frankfurt / New York: Campus Verlag.

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

formelle und informelle Sozialstruktur:

1.Formelle Organisation beinhaltet Normen und Regeln, Positionsbeschreibungen, Prozessabläufe und Entscheidungsprozeduren.

2.Informelle Organisation beinhaltet das tatsächliche Verhalten der Positionsinhaber, also eine Mischung von formellem und informellem Verhalten.

� (also eine Mischung von geplant und ungeplant bzw. spontan).Informale (Selbst-)Organisation besteht aus allen nicht formal eingeführten Regelungen zu Verfahren, Vorgehensweisen und Entscheidungskompetenzen, die neben der formalen Organisation bestehen, sie ergänzen oder behindern.

Literaturempfehlung für informale Strukturen: Emrich, E., Flatau, J. Kaffeetrinken in Organisationen. Zur sozialen Bedeutung von Alltagsroutinen in formalisierten Arbeitsverhältnissen. sozialersinn 5(3), 507-522. DOI: https://doi.org/10.1515/sosi-2004-0307

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Sozialstruktur

(Quelle: Müller-Jentsch, W. (2003). Organisationssoziologie: Eine Einführung. S. 21, Frankfurt / New York: Campus Verlag.)

42

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• In jeder Organisation wird Arbeit geleistet.• Technologie bezeichnet den Mechanismus, mit dem Arbeit

geleistet wird.

Organisation bearbeiteteinen Input (z.B. Menschen, Lernende, Kranke, Kriminelle)

Erforderliches Know How, Werkzeuge, Apparaturen usw.

TechnologieInput Output

Abiturienten,Akademiker,Gesunde, ResozialisierteStraffällige

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Technologie

43

Differenz: Insasse, Mitglied, Kunde

Beispiel: Bildungsfunktion als limitationale Funktion

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Beteiligte sind alle, die einen Beitrag zum Erhalt der Organisation im weitesten Sinn leisten (also je nach Organisation Kunden, Zulieferer, Aktionäre, Fans usw.).

• Mitglieder sind jene Teilgruppe der Beteiligten, die dauerhaft zum Erhalt beitragen (Arbeitnehmer, Manager, Vereinsmitglieder).

• Mitglieder lassen sich unterscheiden in Personal, eingeschriebene Personen (z.B. Vereine und Universitäten) sowie Input-Mitglieder (die es zu transformieren gilt).

Dazu ein Beispiel (in Anlehnung an Müller-Jentsch (2003),Organisationssoziologie. Eine Einführung. Campus Verlag, S. 21):

Beispiel Gefängnis: Vollzugsbeamte stellen das Personal, Häftlinge sind die Input-Mitglieder, am Ende der Haftzeit sollen sie transformiert sein (Resozialisierung als normativer Zielzustand).

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Beteiligte und Mitglieder

(Quelle: Müller-Jentsch, W. (2003). Organisationssoziologie: Eine Einführung. S. 21, Frankfurt / New York: Campus Verlag.)

44

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Differenz zwischen Zielen und Funktionen:

• Funktion ist die Aufgabe der Organisation im gesellschaftlichen Kontext (s. Parsons).

• Ziele sind selbstgestellte Aufgaben (angestrebtes Produkt oder bestimmtes Ergebnis).

• Vielzweck-Organisationen verfolgen mehrer Primärziele gleichzeitig �Beispiele für konfligierende Ziele:

Typ I: privat(isiert)e Organisationen, die Kollektivgüter erbringen.�Krankenhäuser: rasche Heilung und Entlassung vs. Pathologisierug.

Typ II: Organisationen mit dem Anspruch, konfligierende kollektive und individuelle Güter zu erbringen. �Alpenverein: Schutz der Natur vs. Förderung des Tourismus.

Typ III: Klubgüter produzierende Organisationen mit dem von außen herangetragenen Anspruch, Kollektivgüter zu erbringen.�Sportvereine: Wettkampfsport vs. Gesundheitsförderung, Integration etc.

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Ziele

45

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zieldimensionen von Organisationen:

1. Die Betriebswirtschaftslehre spricht von dem Sachziel oder dem Formalziel der Organisation.

2. Die ökonomische Organisationstheorie betont die Effizienz und sucht nach transaktionskostenminimalen Gestaltungsformen.

3. Die Organisationssoziologie untersucht den Zusammenhang zwischenOrganisationszielen und Organisationsstrukturen.

Große Schnittmenge (man braucht beide Disziplinen)

3 Elemente von Organisationen3.1 Grundelemente nach Scott - Ziele

46

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Individuelles Handeln ist der Ausgangpunkt der Analyse• Betrachtung von Interaktionen in Organisationen• Annahme: Kollektive Strukturen sind das Resultat dieser Handlungen

Interaktionen und lassen sich vollständig aus ihnen erklären.• Menschenbild: homo oeconomicus (rationaler, auf Eigennutz bedachter

Akteur)• „Badewannenmodell“ der individualistischen Erklärung kollektiver

Phänomene:

48

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Vanberg (1982) •Modell der Ressourcenzusammenlegung

Coleman (1974) •Gegenstand der Soziologie der Organisationen ist der korporative Akteur. Er entsteht dadurch, dass individuelle Akteure Ressourcen in einen Pool einbringen (Pooling: Sahlins)•Ressourcen sind alle materiellen und immateriellen Güter, also Zeit, Verfügungsrechte, Beziehungen usw., kurzum: alles, was ein Akteur zurBeeinflussung seiner Umwelt einsetzen kann.•Was macht den korporativen Akteur aus?

49

1) Initiierungs- und Beteiligungsprobleme: Verhältnis von Entscheidungsautonomie zu Kooperationsgewinn (Warum soll ich zusammenlegen?)

2) Was soll mit den zusammengelegten Ressourcen geschehen (gemeinsame Disposition)?

3) Frage: wie sind zusammengelegte Ressourcen zu verteilen (Distributionsproblematik)?

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung

Organisationstyp

Egoistische vs. altruistische Ressourcenbündelungindividualistisch vs. altruistischZum Nutzen der Mitglieder vs. Zum Nutzen Dritter

Britischer Club Freizeitsportverein e. V Fußballverein mit Ligabetrieb e.V. Museumsverein e.V.

Nutznießer

Nutzen fällt exklusiv bei Mitgliedern an

Nutzen fällt fast ausschließlich bei Mitgliedern an, mittelbar geringer Nutzen für Dritte

Nutzen fällt bei Mitgliedern und Dritten an

Nutzen fällt fast ausschließlich bei Dritten an

Struktur der Mitgliedschaftsbe-

ziehung

Closed-Shop-Prinzip, hohe Zugangsbarrieren, Kooptationsprinzip

Mitgliedschaftsbeziehung im Rahmen der Satzung geregelt, kein Closed-Shop-Prinzip

Mitgliedschaftsbeziehung im Rahmen der Satzung geregelt, kein Closed-Shop-Prinzip

Mitgliedschaftsbeziehung im Rahmen der Satzung geregelt, kein Closed-Shop-Prinzip

Verhältnis zwischen

Leistungserstellerund

Leistungskonsu-ment

Arbeitgeber, Arbeitnehmer(Leistungserstellung durch aus Clubbeiträgen bezahlte hauptamtliche Clubmitarbeiter)

Rollenidentität von Leistungsersteller und-bezieher in Form der Mitgliedschaftsrolle, geringer Nutzen für passive Konsumenten (z.B. Zuschauer, Anwohner profitieren von der Pflege der Clubanlage)

Rollenidentität, Leistungsersteller und -bezieher in Form der Mitgliedschaftsrolle,gleichzeitig profitieren Konsumenten direkt [Zuschauer vor Ort und Ligabetrieb für Fußballer] und indirekt [vermittelt über die Medien]), zuschauende Konsumenten sind häufig nicht Mitglieder.

Leistungserstellung und Leistungsbezieher sind nicht rollenidentisch, Leistungserstellung erfolgt fast ausschließlich für Dritte, also Konsumenten, die nicht Mitglied sind

Präferenz für ehrenamtlicher

Tätigkeit

keine Präferenz für ehrenamtliche Tätigkeit

hohe Präferenz für ehrenamtlicher Tätigkeit, weitgehend selbstregulierend nach Bedarf

niedrige Präferenz für ehrenamtlicher Tätigkeit, weitgehend selbstregulierend nach Bedarf

Hohe Präferenz für ehrenamtliche Tätigkeit

Funktion ehrenamtlicher

Tätigkeit

Keine Kostensenkung der Produktion des Klubgutes oder Mengenanpassung

Kostensenkung der Produktion des Klubgutes oder Mengenanpassung

Ausweitung der Menge meritorischer Güter, Erhöhung der Gütermenge für Dritte durch ehrenamtliche Subventionierung

Gemeinnützigkeit nicht gegeben gegeben gegeben gegeben

50

Nach Emrich et al., 2013)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Ressourcenbündelung als Interessenverbände:

1. Wirtschaft und Arbeit•Wirtschafts- und Unternehmerverbände aller Wirtschaftssektoren (Produktion, Verarbeitung, Dienstleistung und Branchen),•Arbeitgeberverbände,•Kammern,•Innungen,•Arbeitnehmerverbände (Gewerkschaften, Berufsverbände),•Verbände der Selbständigen (insbesondere Bauern, freie Berufe, Hausbesitzer usw.),•allgemeine Verbraucherverbände,•spezielle Verbraucherverbände (Mieter, Steuerzahler, Postbenutzer, Autofahrer).

2. Soziales Leben und Gesundheit•Sozialleistungsverbände (insbesondere die Wohlfahrtsverbände),•Sozialanspruchsverbände (zum Beispiel Blinden- und Kriegsopferverbände),•Medizin-, Patienten- und Selbsthilfevereinigungen,•Familienverbände,•Kinder-, Jugendlichen- und Seniorenverbände,•Frauenverbände,•Ausländer- und Flüchtlingsverbände.

(Quelle: https://www.verbaende.com/media/dvf/Was_sind_Verbaende_Alemann.pdf)

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung - Interessenverbände

51

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Ressourcenbündelung als Interessenverbände:

3. Freizeit und Erholung•Sportverbände,•Verbände für Heimatpflege, Brauchtum, Geschichte,•Kleingärtnerverbände,•Naturnutzerverbände (Jäger, Angler, Tierzüchter),•Geselligkeits- und Hobbyverbände (Kegler, Sammler, Sänger und Musizierer, Spiel und Spaß, Fan-Clubs).

4. Religion, Weltanschauung und gesellschaftliches Engagement•Kirchen und sonstige Religionsgemeinschaften,•gesellschaftspolitische Verbände (Grund- und Menschenrechte, Internationale Verständigung, Frieden, Kriegsdienstverweigerer usw.),•Umwelt- und Naturschutzverbände.

5. Kultur, Bildung und Wissenschaft•Verbände der Bildung, Ausbildung und Weiterbildung,•Verbände im Kunstbereich (Literatur, Musik, Theater, bildende Kunst usw.),•Verbände von Kultur- und Denkmalschutz,•wissenschaftliche Vereinigungen.

(Quelle: https://www.verbaende.com/media/dvf/Was_sind_Verbaende_Alemann.pdf)

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung - Interessenverbände

52

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Handlungsprinzipien der Interessenverbände:(Prinzip: Mehr für uns, Abb. nach Müller-Jentsch, 2003, 145ff.)

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.1 Das Modell der Ressourcenbündelung - Interessenverbände

53

Selbsthilfeprinzip:Hilfe für Mitglieder

Fremdhilfeprinzip: Hilfe für Dritte

(Benachteiligte)

AdvokatorischesPrinzip: (Umwelt,

Gemeinwohl, Menschenrechte usw.)

Unternehmerverbände X

Gewerkschaften X (X)

Berufsständische Verbände X

Sozialpolitische Verbände X X

Soziokulturelle Verbände X (X)

Public Interest Groups X X

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Markt oder Hierarchie (oder hybride Organisationen)?

Vertikale Integration, Hierarchie [Top Dpwn]•hierarchischer Aufbau•asymmetrische Machtverhältnisse •auf Dauer angelegter Leistungsaustausch

� geringere Gefahr von Opportunismus, aber höhere Gefahr von Nachsichtigkeit

•Aspekt der Eigenfertigung („Make or buy?“) → Vorteil gegenüber Markt bei hoher Faktorspezifität:Standortspezifität, bei hohen Transportkosten von Produktvorstufen/ Einzelteilen. (z.B. Flugzeugproduktion; Negativbeispiel: Airbus [früher])

Sachkapitalspezifität, wenn für ein Produkt spezifische/exklusive Vorstufen benötigt werden. (z.B. Karosserie eines Autos)

Humankapitalspezifität, wenn eine Qualifikation für ein bestimmtes Produkt benötigt wird. (z.B. Chirurg zur Durchführung von Operationen) (vgl. Erlei et al. 2007, 204f.)

54

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.2 Organisationen als Hierarchien - Transaktionskostenansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 55

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.2 Organisationen als Hierarchien - Transaktionskostenansatz

Make or buy?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Hybride Formen (Kooperation, joint venture)

Beispiel: die Krankenkasse als Solidarversicherung und die Einführung von Boni und Mali für gute bzw. schlechte Risiken:

• Globalbudget und gleicher Beitrag für alle (Solidarprinzip) oder Kostenvorteile für die Gesunden?

• Welche nicht intendierten Folgen hat die Veränderung von Krankenkassen in Richtung der Einführung verschiedener Beitragsklassen für gute und schlechte Risiken?

• Inwieweit verändert dies die Struktur der Organisation? • Inwieweit werden Krankenkassen damit zu einer hybriden Organisation zwischen

Markt und Hierarchie?• Wo liegt die Differenz von Kunde und Mitglied?• Welche Funktion und welche Primärziele hat überhaupt eine Krankenkasse?

56

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.2 Organisationen als Hierarchien - Transaktionskostenansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 57

4 Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze...4.2 Organisationen als Hierarchien - Transaktionskostenansatz

Ein Anwendungsbeispiel für die Transaktionskostenökonomie: Die Organisation sportlichen Erfolges : zur Frage nach Markt oder Hierarchie im Spitzensport am Beispiel der Eliteschulen des Sports. Sportwissenschaft 41(2):100-111 (DOI: 10.1007/s12662-011-0182-z).Wird im Kapitel über (Neo-)Institutionalismus, Exkurs über Institutionenökonomikerläutert.

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Entstehungs-zeit

Konzepte von Organisationen

Rationales Organisation Natürliche Organisation Offene Organisation

Ansätze vor dem 2.

Weltkrieg

Bürokratieansatz(Weber, Michels, Merton)

Ingenieursansatz(Taylor, Ford, Gilbreth)

Administrativer Ansatz (Fayol, Gulick, Urwick)

FormalwissenschaftlicherAnsatz

(Churchman)

Human Relations-Ansatz(Mayo, 1933)

(Roethlisberger & Dickson, 1939)

1960er und 1970er Jahre

Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie Kontingenztheorie

Neuere Ansätze seit den 1980er

Jahren

TransaktionskostenansatzAgency-Theorie

OrganisationsökologieSoziologischer

Institutionalismus

5 Konzeptionen von OrganisationenOrganisationstheorien und Organisationskonzepte - Überblick

(nach Preisendörfer, 2005, S. 22)

59

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Bürokratieansatz (Weber, Michels, Merton)

Ingenieursansatz (Taylor, Ford, Gilbreth)

Administrativer Ansatz (Fayol, Gulick, Urwick)

Formalwissenschaftlicher Ansatz (Churchman)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Überblick

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Idealtypus der Bürokratie nach Max Weber:

1.Eine genau fixierte Amts- und Autoritätshierarchie mit einem Instanzenzug.

2.Eine feste Kompetenz- und Arbeitsverteilung.

3.Eine Regel- und Normengebundenheit des Handelns und Verhaltens und eine Entscheidungsfindung im Geist der formalen Unpersönlichkeit.

4.Eine vollständige Trennung der Mitglieder der Organisation von den sachlichen Verwaltungs- und Beschaffungsmitteln.

5.Eine prinzipielle Trennung von Amt und Person.

6.Eine besondere Betonung der schriftlichen Kommunikation.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Idealtypus der Bürokratie nach Max Weber:

7.Eine Besetzung der Position nach durch Prüfung ermittelter und durch Diplom beglaubigter Fachqualifikation.

8.Eine Laufbahn, d.h. der vom Urteil des Vorgesetzten anhängigen Aufstiegs nach Lebensalter und/oder Leistungen bei Lebenslänglichkeit der Stellung.

9.Eine Geldentlohnung, die im Prinzip nicht nach Leistung erfolgt, sondern „standesgemäß“ nach der Art der Funktion und Dauer der Dienstzeit erfolgt.

10.Eine rationale Disziplin, d.h. die Verinnerlichung des Prinzips, alle empfangenen Weisungen ohne Rücksicht auf die eigene Einstellung bedingungslos auszuführen.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Bürokratie konstituierende Variablen:(in Anlehnung an Bosetzky, 1970; Grundlage: Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft)

1.Die Steuerung und Kontrolle der Organisation durch externe Personen, Gruppen und Instanzen (z.B. Aufsichtsrat, Parlamente, Regierungen etc.)

2.Die Größe der Organisation (z.B. Arbeitsteilung, Programmierung, Formalisierung, Spezialisierung etc.)

3.Die Komplexität der Organisation (z.B. Arbeitsteilung, Spezialisierung, Koordinations- und Kontrollsystem etc.)

4.Die Selbstbezogenheit und die Autonomiebedürfnisse der Organisation (z.B. persönliche Ziele und Interessen etc.)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Vor- und Nachteile bürokratischer Organisationen:

Vorteile:• Berechenbarkeit der Handlungsabläufe und Entscheidungen.• Sicherheit im sozio-emotionalen Bereich.• Funktion klarer Rollen.

Nachteile:• Mängel des hierarchischen Systems.• Mängel in der Informationssammlung und –verarbeitung.• Effizienzmindernde Attitüden und Reaktionsweisen von Bürokraten.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Mängel des hierarchischen Systems:

Das hierarchische System……ist mit einer Überbetonung des Standpunktes des Spitze

verbunden;…siedelt die Zuständigkeiten zu weit oben an;…missachtet die Tatsache, dass Untergebene oft sachverständiger

sind, als die Vorgesetzten;…konzentriert Innovation ebenso wie Unfähigkeit auf die Spitze;…be- und verhindert die horizontale Kooperation;…fördert eine formalistische, kompetenzbewusste, starre und

aufwendige Koordination;…blockiert die Initiative von unten;…vernachlässigt die Bildung eines Konsens über die Ziele des

Systems;(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 66 f)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Mängel des hierarchischen Systems:

Das hierarchische System begünstigt Tendenzen…

…zur Vermehrung des Personals und der Dienststellen;

…zum Fortbestehen von funktionslos gewordenen Stellen undAbteilungen;

…zur doppelten Ausführung bestimmter Arbeiten;

…zu einem Übermaß an Vorschriften;

…zur überflüssigen Präzision;

…zur überflüssigen gegenseitigen Kontrolle.

(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 66 f)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Problem: Bilaterales Monopol (Niskanen, Bürokratietheorie, 1971)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Mängel des hierarchischen Systems:

Bürokratische Organisation führt der Tendenz nach…

…zu einer Überfülle von Informationen (weil aus Furcht vormöglichen Fehlern und aus mangelnder Kenntnis derZusammenhänge alles schriftlich fixiert wird);

…zu einer Überbewertung der Äußerungen von Vorgesetztengegenüber den Meinungen von in der Hierarchie tieferangesiedelten Mitarbeitern;

…zum Filtern und Zurückhalten von Informationen (z.B. umFehler zu vertuschen und um eigene Ziele zu erreichen).

(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 66 f)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwischen Abweichung, Konformität und Dienst nach Vorschrift

Abweichung von der bürokratischen Norm:

1.Selbststeuerung der Mitarbeiter– genügende Professionalisierung und intrinsische Motivation.– Pflichterfüllung aus technokratischer und legalistischer Einsicht heraus.– Gruppen- und Majoritätsdruck.– resignativer Gehorsam.– kalkulierter Gehorsam.

(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 74)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwischen Abweichung, Konformität und Dienst nach Vorschrift

Abweichung von der bürokratischen Norm:

2.Fachliche Überlegenheit der Mitarbeiter dem Vorgesetzten gegenüber– formal zugewiesene Befehlskompetenz und tatsächlicher Einfluss auf

Entscheidungen fallen somit weit auseinander.– zahlreiche Arbeitsvorgänge bleiben so zwangsläufig der Kontrolle durch

den Vorgesetzten entzogen.

3.Machtlosigkeit mancher Vorgesetzter den Mitarbeitern gegenüber– u.a. auch aufgrund der Zugehörigkeiten von Untergebenen zu informellen

Gruppen und Koalitionen sowie.– aufgrund der Uneinsehbarkeit von Arbeitsvorgängen (z.B.

Außenkontakte).

4.Hohes Maß an horizontaler Kooperation(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 75)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwischen Abweichung, Konformität und Dienst nach Vorschrift

Abweichung von der bürokratischen Norm: 5.Seltenheit direkter Weisungen und Befehle

(widerspricht u.a. dem Zeitgeist, hohe Bewertung demokratischer Kooperationsformen)

„moderne Mittel“ der Mitarbeiterlenkung:– der „Wink“– der Scherz– der Tipp– der Prozessverweis– die Bitte

6.Erhebliche Privatisierung der Bürowelt

(Bosetzky, Heinrich & Schulz zur Wiesch, 2002, S. 75)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Bürokratieansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Verwaltungsprinzipien nach Henri Fayol

(1841-1925)

(Van Vliet, V. (2010). Henri Fayol. Retrieved [insert date] from ToolsHero: https://www.toolshero.com/toolsheroes/henri-fayol/; Zugriff am 11.04.2019)

„Henri Fayol (1841 – 1925) was a French coal-mine engineer, director of mines and modern management theoretician. His scientific management theory forms the base for businessadministration and business management. In the academic world, this is also known as Fayolism. Henri Fayol provided one of the most influential modern management concepts of his time. He is founder of the 14 Principles of management and the five functions of management. […] Henri Fayol was born in a suburb of Istanbul, Turkey in 1841. His father, an engineer, was appointed building supervisor for the construction of a bridge over theGolden Horn (Galata Bridge). The family returned to France in 1847. He studied miningengineering at the ‘École Nationale Superieure des Mines’ academy in Saint-Étienne.“

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Verwaltungsprinzipien

(Fayol, H. 1929: allgemeine und industrielle Verwaltung. München)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Verwaltungsprinzipien nach Henri Fayol(Bildquelle: Van Vliet, V. (2010). Henri Fayol. Retrieved [insert date] from ToolsHero:https://www.toolshero.com/toolsheroes/henri-fayol/; Zugriff am 11.04.2019)

•Einheit der Auftragserteilung (für jedwede Arbeit erhält ein Beschäftigter nur Anweisungen von einem Vorgesetzten).•Einheit der Leitung (Alle Anstrengungen, Koordinierungen, Anweisungen müssen auf ein Ziel hin ausgerichtet sein).•Zentralisierung (Die Zentralisierung ist natürlicher Bestandteil jeder Organisation, alle Entscheidungen müssen an einem Ort zusammenlaufen). •Skalare Kette (Die skalare Kette ist der Instanzenzug, beginnend bei der höchsten Autorität bis zur untersten Führungsebene. Dies ist der Weg, den alle Kommunikationen zu durchlaufen haben. In Ausnahmefällen ist jedoch horizontale Kommunikation zu erlauben [Brückenschlag]).

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme - Verwaltungsprinzipien

(Fayol, H. 1929: allgemeine und industrielle Verwaltung. München)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Wissenschaftliche Betriebsführung nach Frederick Winslow Taylor (1856-1915):(The Principles of Scientific Management. 1911)

„Frederick W. Taylor, in full Frederick Winslow Taylor, […] American inventor and engineer who is known as the father of scientific management. His system of industrialmanagement has influenced the development of virtually every country enjoying the benefits of modern industry. Taylor was the son of a lawyer. He entered Phillips Exeter Academy in New Hampshire in 1872, where he led his class scholastically. After passing the entranceexamination for Harvard, he was forced to abandon plans for matriculation, as his eyesight haddeteriorated from night study. With sight restored in 1875, he was apprenticed to learn thetrades of patternmaker and machinist at the Enterprise Hydraulic Works in Philadelphia. Threeyears later he went to the Midvale Steel Company, where, starting as a machine shop labourer, he became successively shop clerk, machinist, gang boss, foreman, maintenance foreman, head of the drawing office, and chief engineer“ (Frederick W. Taylor in Ecyclopaedia Britannica, Hervorhebungen im Original; https://www.britannica.com/biography/Frederick-W-Taylor;

Zugriff am 11.04.2019).

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Wissenschaftliche Betriebsführung nach Frederick Taylor:(The Principles of Scientific Management. 1911)

Hauptziel: •Bewältigung der Konflikte zwischen Management und Arbeitern (Industrial Peace).•Beendigung der Willkür des Managements und der Bummelei der Arbeiterschaft.

Mittel: •Zeit- und Bewegungsstudien� Sah Arbeitern mit Spitzenleistungen systematisch bei ihrer Arbeit zu und

protokollierte Arbeitsmenge und benötigte Zeit für einzelne Arbeitsschritte.Variierte dann: a) ließ gleiche Arbeiter mit unterschiedlichen Arbeitsgeräten arbeiten und b) unterschiedliche Arbeiter die gleiche Arbeit verrichten.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Wissenschaftliche Betriebsführung nach Frederick Taylor:(The Principles of Scientific Management. 1911)

Ein Beispiel: Schaufel-ExperimenteFrage: 1) mit welcher Schaufellast (abhängig vom Material und Schaufelgröße) und2) mit welcher Schaufeltechnik (schwungvoll oder nicht)

vollbringt ein Arbeiter die größte Schaufelllast pro Tag?

Feldexperiment: Taylor beobachtet erstklassige Schaufler über einenbestimmten Zeitraum und

1) veränderte Schaufelgrößen und2) Schaufeltechnik durch Anweisungen

Ergebnis: deutliche Erhöhung der Schaufelmenge pro Tag!

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Wissenschaftliche Betriebsführung nach Frederick Taylor:(The Principles of Scientific Management. 1911)

Die Kritik richtete sich alle Aspekte, die eine flexible Aufgabenerfüllung behindern: 1.detaillierte Vorgabe der Arbeitsmethode: „one best way“ (Problem Monotonie), 2.exakte Fixierung des Leistungsortes und des Leistungszeitpunktes (geringe Flexibilität), 3.extrem detaillierte und zerlegte Arbeitsaufgaben (Entfremdung), 4.Einwegkommunikation mit festgelegten und engen Inhalten (asymmetrische Interaktionen mit hohem Frustrationspotential), 5.detaillierte Zielvorgaben in individuell nicht erkennbarem Zusammenhang zum Unternehmungsziel,6.externe Kontrolle (mangelndes Commitment, organisierte Verantwortungslosigkeit).

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Durchbruch des Scientific Managements bei Henry Ford (fordistische Produktionsweise)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Durchbruch des Scientific Managements beiHenry Ford (1863-1947)

(Quelle: https://www.ford.de/ueber-ford/geschichte; Zugriff am 14.03.2019) Henry Ford gründete den Automobilhersteller Ford Motor Company und perfektionierte die Fließbandfertigung im Automobilbau (von R. Eli Olds 1902 in vereinfachter Form in seiner Automobilfirma Oldsmobile entwickelt). Er revolutionierte nicht nur die industrielle Produktion, sondern hatte auch starken Einfluss auf die moderne Kultur (Fordismus, s. z.B. Aldous Huxleys Brave New World).

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Durchbruch des Scientific Managements bei Henry Ford :(Fordistische Produktionsweise)

1. Methode der Fließbandarbeit (assembly line):−Erstmalig eingeführt 1913/14 in der Highland-Park-Fabrik für die Tin Lizzie Produktion (T-Modell).−Senkung der Produktionskosten durch Standardisierung der Produktteile.−Standardisierte Produktteile erlauben den Einsatz von Spezialmaschinen.−Standardisierung von Arbeitsvollzügen und Mechanisierung („Keinem Arbeiter mehr als einen Griff und kein Griff von Hand, wenn ihn die Maschine übernehmen kann“.

2. Leitprinzipien der Rationalisierung nach Henry Ford (1926). Mass Production. (Encyclopedia Britannica. 13. Aufl. 2. Ergänzungsband, S. 821).−Energie, −Genauigkeit, −Wirtschaftlichkeit, −Systematik, −Kontinuität und −Geschwindigkeit.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Durchbruch des Scientific Managements bei Henry Ford :(Fordistische Produktionsweise)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

TaylorismusPersonalwirtschaftliche

Grundlagen

FordismusTechnisch-organisatorische

Grundlagen

Moderne Industriearbeit

Human Relations-Orientierung

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 80

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Weber / Fayolfür den

Verwaltungsbereich

Taylor / Ford für den

Produktionsbereich

Rationalisierung der Unternehmens- und ArbeitsorganisationMaschine als Modell

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 81

5 Konzeptionen von Organisationen5.4 Betriebswissenschaftliche Konzeption – Scientific Management

Fortführung des Scientific Managements in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre:

Verwaltungsprinzipien:• Stellen- und Abteilungsbildung• Weisungsbefugnisse• Leitungsspannen• Kommunikationswege • Entscheidungsprogramme

Bereiche der Verwaltung:• Bereichsmanagement (Management von Marketing, Materialbeschaffung,

Finanzen, Personal, Produktion und Information).• Angestellte in den einzelnen Bereichen mit Sachbearbeitungsfunktion.• Fachangestellte in den Stäben.

(Quellen: Kosiol, E., (1962). Organisation der Unternehmung. Wiesbaden; Stahle/Conrad/Sydow, (2020). Funktionen des Managements. 9. Aufl. München)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Formen der Organisation der Unternehmung (in Anlehnung an Kosiol, 1962)

1. Trennung von Aufbau- und Ablauforganisation2. Organisationsstrukturen3. Formale Rechtsformen der Unternehmung

Posi-tionen

Posi-tionen

Posi-tionen

Teil-aufgaben

Abtei-lung

Abtei-lung

Aufgaben-analyse

Aufgaben-synthese

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

(Quellen: Kosiol, E., (1962). Organisation der Unternehmung. Wiesbaden; Stahle/Conrad/Sydow, (2020). Funktionen des Managements. 9. Aufl. München)

AufgabeHaupt-

abteilung

82

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Aufgabenanalyse: Gliederungsmerkmale

Fahrzeug-produktion

LKW

PKW

Vertrieb

Beschaffung

Produktion

Getriebe

Motor

Chassis

Montieren

Schleifen

Fräsen

objekt-orientiert

verrichtungs-orientiert

objekt-orientiert

verrichtungs-orientiert

oft Wechsel bzw. Kombination von Gliederungskriterien in mehrstufiger Aufgabenanalysen.

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

83

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Weiterführende Literatur zur Aufgabenanalyse

Eigler, J. (2004): Aufgabenanalyse, in: Schreyögg, G. V. & Werder, A. (Hrsg.) Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation, 4. Aufl., Schäffer-Poeschl: Stuttgart, Sp. 54-61.

84

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 85

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Wissenschaftliche Betriebsführung

Aufbau- und Ablauforganisation:

Differenzierung:• Ablauforganisation: Schaffung von Organisationsprozessen.• Aufbauorganisation: Schaffung von Organisationsstrukturen.

Ablauforganisation:• inhaltliche Bestimmung und Zerlegung der Aufgabe in verteilungsfähige

Teilaufgaben).• ablaufbezogene Zusammenfassung von Teilaufgaben zu Prozessen).• strukturelle Synthese: stellenbezogene Abstimmung verschiedener Teilaufgaben

(Koordination mit Aufbauorganisation).• temporale Synthese: zeitliche Abstimmung verschiedener Teilaufgaben.

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 86

Fortführung des Scientific Managements in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre:

Sechs Grundformen der Unternehmensorganisation:1. Einlinien-Organisation2. Mehrlinien-Organisation3. Stab-Linien-Organisation4. funktionale Organisation5. divisionale Organisation6. Matrixorganisation

Einlinien-, Mehrlinien und Stablinien-Organisationen beschreiben Weisungsbefugnisse.

Funktionale, divisionale und Matrixorganisationen verknüpfen Aufgabenspezialisierung mit Weisungsbefugnissen.

(vgl. Hungenberg, 2012: Strategisches Management in Unternehmen. 14. Aufl. Wiesbaden)

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Leitung

Kaufmännische Leitung

Technische Leitung

Personalleitung

A

Ausnahme horizontaler Kommunikation, sog. : Fayolsche Brücke

Pyramidenmodell: breite Basis, schmale Spitze.−Jeder Untergebene hat nur einen Vorgesetzten, jeder Vorgesetzte mehrere Untergebene.−Vertikale Kommunikationsweg mit Instanzenzug.−Weisungsrecht und Pflicht zu folgen sind jeweils zwischen zwei Stellen klar definiert.

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

1. Einliniensystem (s. Fayol: Einheit der Auftragserteilung)

BB BA A

87

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

2. Mehrliniensystem (s. Fayol: Funktionsmeistersystem)

...

Produktionschef

Meister A Meister B Meister C

... ... ...

Kombination von Einliniensystem und funktionaler Differenzierung

Arbeits-verteiler

Instand-haltungs-meister

88

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EinkaufBeschaffung Fertigung Absatz

Finanzierung u.

Verwaltung

Forschung u. Entwicklung

Unternehmensführung

Funktionale Organisation = „wenn direkt unterhalb der Unternehmensleitung die Hauptabteilungen nach Sachfunktionen, gewöhnlich nach dem Verrichtungsprinzip, gebildet werden (Müller-Jentsch, 2003, 90).

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

89

(nach Müller-Jentsch, 2003, 91, in Anlehnung an Manz et al., 1994, Kompaktstudium Wirtschaftswissenschaft, Bd. 9. Organisationstheorie. München)

4. Funktionale Organisation

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Sparte 3Busse

Zentralbereich Beschaffung

Zentralbereich Finanzierung

ZentralbereichPersonal

Sparte 2PKWs

Unternehmensführung

Sparte 1z.B. Nutzfahrzeuge

Begründer: Alfred P. Sloane 1920, als Manager tätig bei General Motors (Automobilunternehmen)

Hauptabteilungen unterhalb der Geschäftsführung nach dem Objektprinzip (Produktgruppen, Märkte oder Kundengruppen)

5. Divisionale Organisation (mit Zentralbereichen)

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

90

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EinkaufBeschaffung Fertigung Absatz

Finanzierung u.

Verwaltung

Forschung u. Entwicklung

Unternehmens-führung

Produkt A

Produkt B

Produkt C

Mischung von hierarchischer und produktorientierter Organisation

=

6. Matrixorganisation

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle

91

(nach Müller-Jentsch, 2003, 91, in Anlehnung an Manz et al., 1994, Kompaktstudium Wirtschaftswissenschaft, Bd. 9. Organisationstheorie. München)

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle - Zentralbereiche

Beispiel:

(Quelle: www.hapag-lloyd.com)92

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle - Zentralbereiche

Definition und Arten:

Zentralbereiche (zentrale Dienstleistungsbereiche) sind organisatorische Einheiten, die direkt unterhalb der Unternehmensleitung verortet in allen (Total-)Varianten oder Aufbauorganisationen hauptsächlich aber der Spartenorganisation eingesetzt werden, um aus der übrigen Organisation herausgelöste Service- und/oder Steuerungsfunktionen zu übernehmen.

Funktion Service Steuerung

Zentralisation Ents. schwach mittel stark

Zentralisation Verr. schwach mittel stark

93

s. bis Folie 92 Reckenfelderbäumer, M. (2004): Zentralbereiche, in: Schreyögg, G. / v. Werder, A. (Hrsg.) Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation, 4. Aufl., Schäffer-Poeschl: Stuttgart, Sp. 1665-1673.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle - Zentralbereiche

Zentralisation der Entscheidung und Verrichtung:(Idealtypische Varianten: Zentrale in der Bürokratietheorie: Risiko: Information-Overkill usw.)

*Steuerungsmodelle †Servicemodelle

94

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5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle - Zentralbereiche

Zentralisation der Entscheidung und Verrichtung:

Steuerungsmodelle(eher mit Koordination befasst)

Servicemodelle(eher mit der Durchführung befasst)

Weisungsmodell•Zentralbereich trifft Grundsatzentscheidung und gibt Anweisungen, •Geschäftsbereiche setzen um. � z.B. Zentralbereich Controlling

Wettbewerbsmodell•Geschäftsbereiche entscheiden über Art der Dienstleistung und erteilen Aufträge an Zentralbereich. •Zentralbereiche entscheiden über Qualität der Durchführung. � z.B. Zentralbereich MarktforschungMatrixmodell

•Zentralbereich und Geschäftsbereich sind nur gemeinsam entscheidungsbefugt, •ggf. Entscheidungsausschüsse. � z.B. Zentralbereich IT

Kernbereichsmodell•starke Service- und Steuerungsfunktion.•Service wird in Entscheidung und Durchführung an Zentralbereich ausgelagert. � z.B. Zentralbereich Personal

Stabsmodell•Entscheidungskompetenz bei Geschäftsbereich. � z.B. Zentralbereich Marketingunterstützung

95

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

5 Konzeptionen von Organisationen5.1 Organisationen als rationale Systeme – Strukturmodelle - Zentralbereiche

Evaluation:

Generalkritik:•Fehlende Markt-, Kunden- und Wettbewerbsorientierung bei hohen Kosten.

Steuerungs-Modelle:•»Denkmodell« der Minimierung der Gesamtkosten:

Service-Modelle: Verwendung von Service-Center-Konzepten•selbstständig »am Markt« agierende Zentralbereiche.•Erfolgsmessung durch Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen.

96

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• sozialpsychologischer Ansatz (Mayo, Roethlisberger, Lewin)

• verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie(Barnard, Simon, March)

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme

97

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Human Relations-Schule/Hawthorne-Experimente: (Mayo [1933]; Roethlisberger & Dickson [1939])

•Entdeckung der Bedeutung informeller Gruppennormen.

Hawthorne-Effekt: Basis: Untersuchungen zwischen 1924 und 1933 in der Hawthorne-Fabrik der

Western Electric Company in Chicago. (USA, Auftraggeber: National Research Council und amerikanische Elektrizitätsindustrie)1]

Ziel: Ermittlung von Verfahren zur Steigerung der Arbeitsleistung von Arbeitern

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

98

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Hawthorne-Effekt:

Experiment 1 Ausgangslage: Scientific Management im Sinne des Taylorismus/Fordismus.

Forschungsfrage: Hat die Veränderung der Lichtverhältnisse Auswirkungen auf die Arbeitsleistung der Arbeiter?

Befund: Die Arbeitsleistung der Experimentalgruppe steigt bei verbesserten Lichtverhältnissen.

Kontraintuitiver Befund: Die Leistung stiegt auch in der Kontrollgruppe bei unverändertem Licht.

Hawthorne Effekt: Die Anwesenheit der Forscher und das Wissen der Untersuchten darum, Teil einer Untersuchung, hier eines Experiments zu sein, führt zur Leistungssteigerung.

99

Siehe auch Max Weber: Bremsen von Akkordarbeitern als bewussteLeistungszurückhaltung.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Hawthorne-Effekt:

Experiment 2 •Arbeiterinnen, separater Arbeitsraum, günstigere Arbeitszeiten, höherer Lohn und ein nicht direktiver-Führungsstil von Vorgesetzten.

Ergebnis:1.Steigerung der Produktivität um rd. 30 Prozent. 2.Frage: Anstieg durch Lohnsteigerung und/oder nicht-direktivenFührungsstil?3.Ergebnis weiterer Studien: Kombination beider Faktoren.

100

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Human Relations-Schule/Hawthorne-Experimente:(Mayo [1933]; Roethlisberger & Dickson [1939])

Entdeckung der Bedeutung informeller Gruppennormen:1. Dysfunktionen der Rationalisierung (z.B. führen formalisierte Regeln zu

geringerer situativer Flexibilität bzw. Angemessenheit der Handlung).2. Erforderlich ist aber gerade die Ausschöpfung individueller Fähigkeiten

und von Eigeninitiative.3. Informelle Interaktionen fördern Informationsaustausch und

Kooperation (privat und beruflich, Letzteres kann die Produktivität der Mitarbeiter erhöhen).

4. Das Auftreten informeller Interaktionen wird durch die situativeRahmung begünstigt.

101

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Informelle Organisation• Spontane Formen der temporären Vergemeinschaftung, • Vorrangigkeit persönlicher Ziele,• persönlich getriebene Verhaltensweisen außerhalb der Mitgliedschaftsrollen.

Beispiel für informelle Organisation und ihre Funktion: Funktion des Kaffeetrinkens in Organisationen (s. dazu Emrich, E.; Flatau, J.: Kaffeetrinken in Organisationen. Zur sozialen Bedeutung von Alltagsroutinen in formalisierten Arbeitsverhältnissen. In: sozialer Sinn 5 (2004) 3, S.507-522).

Abstract:

102

„… so stellt doch das Trinken von Kaffee eine für formale Organisationen unseres Kulturkreises typische Form temporärer Vergemeinschaftung dar und erfüllt als solche eine Reihe wichtiger sozialer Funktionen. Es schafft einen kleinsten gemeinsamen Nenner und ist in den verschiedensten Situationen eine mehr oder weniger verbindliche und die Kommunikationsaufnahme erleichternde Rahmenbedingung. Das (Nicht-) Anbieten einer Tasse Kaffee sowie die Art und Weise, auf welche es geschieht, transportiert als soziales Drehbuch institutionalisierte soziale Deutungsmuster. Formale Statusdifferenzen können betont oder aber infolge der entstandenen Informalität verringert werden. Ambivalenz findet sich auch in den individuellen Motiven des Konsums von Kaffee in formalen Organisationen, ist er doch legales, leistungssteigerndes Aufputschmittel und Möglichkeit zum Rückzug vom Organisationsstress zugleich. Darüber hinaus erfüllt das Kaffeetrinken, räumlich in Form einer Kaffeeküche oder Cafeteria zentriert, neben der Entlastung von der Arbeit die Funktion eines informellen Kommunikationskanals.“

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

aktuellere Bemühungen um humanere Formen der Arbeitsorganisation

Ziel: menschengerechtere Gestaltung der Arbeitsorganisation.

Ausgangspunkt: •Großbritannien, Schweden, Norwegen. •Erprobung neuer Arbeitsformen (Auflockerung tayloristisch-fordistischer- Formen der Arbeitsorganisation).

Mittel zur Zielerreichung:•systematischer Arbeitsplatzwechsel (job rotation)•Arbeitsbereicherung (job enrichment)•Arbeitserweiterung (job enlargement)•teilautonome Arbeitsgruppen

103

Ansatz wird seit den 1970er Jahren unter dem Stichwort Human Resource-Management weiter entwickelt und diskutiert und führt zur Humanisierung der Arbeitswelt.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – sozialpsycholog. Ansatz

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

garbage can model of organizational choice

Entscheidungssituation in Organisationen sind gekennzeichnet durch:

• begrenzte Rationalität der Entscheider. • beschränktes Wissen über die Alternativen, die Umweltsituationen,

Ergebnisse von Entscheidungen usw.• inkonsistente und unoperationale Ziele.• unterschiedliche Akteure, die begrenzt rational und begrenzt aufmerksam

sind.• die im Laufe des Prozesses variieren können.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – verhaltenswiss. Entscheidungstheorie

(March, J. G., Olsen, J. P.: A garbage can model of organizational choice, in: Adminstrative Science Quarterly ASQ, 1972, S. 1-25.)

104

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

garbage can model of organizational choiceBedingungen, welche „organisierte Anarchie“ begünstigen:• unklare und/oder uneinheitliche Präferenzen (z.B. für den je individuellen Funktionsbereich

der Teilnehmer)• unklare Technologien (beschränktes Wissen der Teilnehmer bez. Regeln und Strukturen der

Organisation)• wechselnde Teilnehmer an Entscheidungssituationen (Sitzungen u.Ä.)

Es gibt vier voneinander unabhängige „Ströme“ („streams“), welche zu Entscheidungen führen:

• Probleme,• Lösungen, • Teilnehmer und • Entscheidungsgelegenheiten

Entscheidungen fallen nicht rational im Sinne der Ziele und Mittel der Gesamtorganisation, sondern, wenn die Ströme mit einer Entscheidungsgelegenheit kompatibel sind. Sind sie es nicht, verbleiben Probleme und Lösungen im „Mülleimer“.

„Lösungen suchen Probleme“ (z.B. Abteilungen [neue] Aufgaben)

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – verhaltenswiss. Entscheidungstheorie

105

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

garbage can model of organizational choice

• verschiedene Personen benennen Probleme aus verschiedenen Bereichen (Produktqualität, Fehlzeiten, Kundenbeschwerden usw.).

• Es werden verschiedene Lösungen angeboten (z.B. neue Technologien in der Produktion, Anreizsystem usw.) .

• Personen, die Lösungen anbieten, wechseln im Laufe der Zeit. Sie haben unterschiedliche Sichtweisen, unterschiedliche Budgetbegrenzungen ihrer verfügbaren Zeit, sind in unterschiedliche Entscheidungsbereiche involviert.

• Entscheidungsgelegenheiten sind z.B. Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern oder Wettbewerbsstrategien usw.

Das sind die „Mülleimer“.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – verhaltenswiss. Entscheidungstheorie

106

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

garbage can model of organizational choice

• Anlässlich einer Entscheidungsgelegenheit treffen Lösungen, Probleme und Teilnehmer aufeinander.

• Abhängig von Zufällen matchen Probleme und passende Lösungen von Teilnehmern.

• Lösung sind oft lediglich möglich, weil man Probleme nicht vollständig beurteilen kann. Manchmal wandert auch eine Lösung zu einem besser passenden Problem. Dann suchen sich Lösungen Probleme.

• Je bedeutsamer die Entscheidung für die Organisation, um so höher die Aufmerksamkeit der Teilnehmer.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – verhaltenswiss. Entscheidungstheorie

107

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

garbage can model of organizational choice

Für und Wider• Der Ablauf von Entscheidungsprozessen erscheint dysfunktional.• Die Irrationalität eröffnet Chancen für innovative Lösungen.• Angesichts der Komplexität der Entscheidungssituationen und der

begrenzten Rationalität (bounded rationality) der Entscheider ist es die beste Lösung.

5 Konzeptionen von Organisationen5.2 Organisationen als natürliche Systeme – verhaltenswiss. Entscheidungstheorie

108

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Beispiel: (siehe Kieser & Walgenbach, 2010, 215)

Zwei Unternehmen, A und B, haben identische Ziele, aber unterschiedliche Situationen. Das Ziel ist die Produktion von Automobilen

Unternehmen A:•befindet sich in einem Hochindustrieland mit hoher Nachfrage und hoher Konkurrenz. Konkurrenzfähigkeit setzt konkurrenzfähige Preise voraus, dies erfordert hohe Automatisierung und intensives Marketing.

Unternehmen B:•befindet sich in einem rohstoffreichen Entwicklungsland, •ist der einzige Anbieter, •beliefert vornehmlich die Regierung und •wird durch Importzölle geschützt. Marketing ist nicht notwendig, Automatisierung ebenfalls nicht, Handarbeit überwiegt.

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

109

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Entstehung und Entwicklung von Organisationsstrukturen hängt von situativen Faktoren ab:

a) Situationsfaktorenb) Organisationstypen

Zentrale Frage: Wie sieht der Fit aus zwischen Situation und Organisation?

a)Wie wirken unterschiedliche Ausprägungen situativer Bedingungen auf die formale Organisationsstruktur?b)Wie effektiv und effizient sind die formalen Organisationsstrukturen unter unterschiedlichen situativen Bedingungen?

110

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Anforderungen und Erwartungen der Umwelt

Anforderungen und Erwartungen der Umwelt

Formale Organisationsstruktur

Formale Organisationsstruktur

Erwartungen und Anforderungen der

Mitglieder

Erwartungen und Anforderungen der

Mitglieder

Doppelter Fit der Organisationsstruktur

(s. Kieser & Walgenbach 2010, S. 198 – 212)

111

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Situation = Kontext (Umwelt)Eigenschaften der

Organisation und der Umwelt

Situation = Kontext (Umwelt)Eigenschaften der

Organisation und der Umwelt

Formale Organisationsstruktur

Formale Organisationsstruktur

Verhalten derOrganisationsmitgl.

Verhalten derOrganisationsmitgl.

OrganisationalPerformance

OrganisationalPerformance

(s. Kieser & Walgenbach 2010, S. 198 – 212)

112

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Externe Situation

Organisationsspezifisch•Konkurrenzverhältnisse•Kundenstruktur•Technische Entwicklung•Bestimmtheit der Informationen•Gewissheit über kausale Beziehungen•Zeitspanne bis Rückmeldung aus Umwelt

Organisationsübergreifend•gesellschaftliche Entwicklung•politische Entwicklung•kulturelle Entwicklung

Externe Situation

Organisationsspezifisch•Konkurrenzverhältnisse•Kundenstruktur•Technische Entwicklung•Bestimmtheit der Informationen•Gewissheit über kausale Beziehungen•Zeitspanne bis Rückmeldung aus Umwelt

Organisationsübergreifend•gesellschaftliche Entwicklung•politische Entwicklung•kulturelle Entwicklung

Interne Situation

Gegenwartsbezogen•Leistungsprogramm•Größe•Fertigungstechnik•Informationstechnik•Rechtsform•Eigentumsverhältnisse

Vergangenheitsbezogen•Alter der Organisation•Entwicklungsstadium der Organisation•Organisationskultur

Interne Situation

Gegenwartsbezogen•Leistungsprogramm•Größe•Fertigungstechnik•Informationstechnik•Rechtsform•Eigentumsverhältnisse

Vergangenheitsbezogen•Alter der Organisation•Entwicklungsstadium der Organisation•Organisationskultur

a) Situationsfaktorena) Situationsfaktoren

113

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Formale Organisationsstruktur Umfang und Inhalt der

Regelungen zur …

• Spezialisierung• Anzahl der Hierarchieebenen,

Struktur der Weisungsbefugnisse und Folgsamkeitspflichten.

• Kompetenzverteilung• Leistungskontrolle• Koordinationsmechanismen• Formalisierungsgrad

Formale Organisationsstruktur Umfang und Inhalt der

Regelungen zur …

• Spezialisierung• Anzahl der Hierarchieebenen,

Struktur der Weisungsbefugnisse und Folgsamkeitspflichten.

• Kompetenzverteilung• Leistungskontrolle• Koordinationsmechanismen• Formalisierungsgrad

b) Organisationsstrukturb) Organisationsstruktur

(Operationalisierungskriterien bei Lawrence/Lorsch (1967)s. Kieser & Walgenbach, 2010, 209)

114

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Handeln d. Führungskräfte

• Interpersonale Orientierung mit Unterscheidung v. Aufgabenorientierung und Personenorientierung.

• Zeitliche Orientierung m. Unterscheidung kurz-, mittel-, und langfristige Orientierung.

• Zielorientierung mit der Unterscheidung von funktionsspezifischer und unternehmensbezogener Zielsetzung.

Handeln d. Führungskräfte

• Interpersonale Orientierung mit Unterscheidung v. Aufgabenorientierung und Personenorientierung.

• Zeitliche Orientierung m. Unterscheidung kurz-, mittel-, und langfristige Orientierung.

• Zielorientierung mit der Unterscheidung von funktionsspezifischer und unternehmensbezogener Zielsetzung.

c) Handeln der Führungskräfte und Effizienzkriterienc) Handeln der Führungskräfte und Effizienzkriterien

Effizienzkriterien

• Gewinnentwicklung in den letzten fünf Jahren.

• Umsatzentwicklung in den letzten fünf Jahren.

• Prozent. Anteil der in d. letzten fünf Jahren neu eingeführten Produkte am Gesamtumsatz des letzten Jahres.

Effizienzkriterien

• Gewinnentwicklung in den letzten fünf Jahren.

• Umsatzentwicklung in den letzten fünf Jahren.

• Prozent. Anteil der in d. letzten fünf Jahren neu eingeführten Produkte am Gesamtumsatz des letzten Jahres.

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5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Pros und ConsFrühere Organisationstheorien (Weber, Ford …) betonen nur zentrale

Strukturmerkmale, also z.B.1. Art und Ausmaß der Arbeitsteilung und Spezialisierung.2. Art und Intensität der Koordination und Integration.3. Standardisierung von Aufgaben.4. Zentralisation vs. Dezentralisation von Macht und Information.

Die Kontingenztheorie bezieht als Neuerung auch die Situation mit ein, also

1. gesellschaftliche und kulturelle Bedingungen wie z.B. kulturelle Werte.2. Die Aufgabenumwelt (Komplexität und Dynamik der Aufgabe).3. Faktoren der internen Organisationssituation (Maß der Ergebnisunsicherheit,

Interdependenz von Aufgaben, Technologie …).

Die Kontingenztheorie berücksichtigt also bei der formalen Organisation sowohl

1. zentrale externe Determinanten (Kundenmerkmale, Marktaspekte) als auch2. zentrale interne Determinanten (z.B. Unternehmensstrategie, Personalrekrutierung, -

qualifizierung und –bindung).

116

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Pros und ConsEmpirische Befunde aus der Anwendung der Kontingenztheorie:

1. geringer bürokratisierte Unternehmen bewältigen Dynamik und Komplexität turbulenter Umwelten besser,

2. eine zunehmende Komplexität von Fertigungstechnik bedingt mehr Hierarchieebenen und kleinere Leitungsspannen auf den mittleren Hierarchieebenen,

3. die Größe eines Unternehmens korreliert positiv mit Planung, Programmierung und Formalisierung (s. auch für eine schnelle Übersicht: Ebers, M. (2004): Kontingenzansatz, in: Schreyögg, G. / v. Werder, A. (Hrsg.) Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation, 4. Aufl., Schäffer-Poeschl: Stuttgart)

117

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Kritik: zentrale Strukturmerkmale stehen im Fokus.1. Art und Ausmaß der Arbeitsteilung und Spezialisierung.2. Art und Intensität der Koordination und Integration.3. Standardisierung von Aufgaben.4. Zentralisation vs. Dezentralisation.5. Prozessmerkmale werden vernachlässigt.

118

5 Konzeptionen von Organisationen5.3 Organisationen als Resultat von Struktur- Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

In der Vorlesung stehen •der organisationssoziologische Ansatz des

soziologischen Neo-Institutionalismus und

•der wirtschaftswissenschaftliche Ansatz der Institutionenökonomik

im Zentrum der Betrachtung

6 (Neo-)Institutionalismus

120

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Was ist eine Institution? z.B. Ehe, Familie, Recht usw. •regelt, was man legitimierweise erwarten können muss,•etabliert konvergierende Erwartungen, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit,•feste Gewohnheiten durch generalisierte und etablierte Praktiken und Standards,•Eine Art unsichtbarer Vertrag mit Entlastungsfunktion,•Ein Bündel von Regeln (Institution) mit Menschen, die handeln (Organisation). •Keohane (1988): „persistent and connected sets of rules (formal + informal) that prescribe behavioral roles, constrain activity and shapeexpectations“

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

121

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Institution ist „eine Erwartung über die Einhaltung bestimmter Regeln, die verbindliche Geltung beanspruchen“ (Esser 2000, S. 1f).

• Institutionen umfassen alle „Glaubensvorstellungen und durch die Gesellschaft festgesetzten Verhaltensweisen“ (Durkheim 1984 [1895], S. 100).

Vertrauen als Kern der Institution: • Vertrauen ist „eine generalisierte Erwartung, das eine Vorleistung nicht ausgenutzt

wird“, verstanden werden (ebd., S. 73), „Vertrauen ist [dabei] eine soziale Beziehung“ (Luhmann 1973, S. 4) und in der Regel „riskant(e)“ (ebd., S. 23)

• Vertrauen als „Kredit“ zwischen zwei Personen, im Sinne eines Vertrauensvorschusses notwendig (ebd., S. 31; vgl. auch Emrich 2006b).

• Ein gewisses Maß an Vertrauen ist erforderlich, damit Menschen als Akteure am alltäglichen Leben teilnehmen können (Emrich 2006b, S. 1).

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

122

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Funktionen von Institutionen:

•Entlastungs- und Schutzfunktion durch berechenbare Erwartungen (Gehlen)•Senkung von Transaktionskosten •Bündelung von Informationen •Stabilisierung von Interaktionen

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Meyer, John W./ Rowan, Brian (1991): Institutionalized Organizations: Formal Structures as Myth and Ceremony. In: DiMaggio, Paul/Powell, Walter (eds.): The New Institutionalism in Organizational Analysis. Chicago/London: Univ. of Chicago Press, S. 41-62.

• Organisationen sind eingebettet in gesamtgesellschaftliche Strukturen und Institutionen.

• Im Umfeld von Organisationen existieren Vorstellungen und Erwartungen darüber, wie einzelne Organisationen gestaltet sein sollen, wann und unter welchen Bedingungen sie nützlich sind und welche Funktion sie haben.

• Diese Erwartungen nehmen auch Einfluss darauf, wie Organisationen ihre Ziele erreichen bzw. zu erreichen vorgeben.

• Dabei gibt es erfolgreich scheiternde Organisationen, die zwar nicht erfolgreich bzw. effizient ein Input-Output-Verhältnis optimieren, sondern auf anderem Weg Legitimität produzieren.

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

124

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Zwischen Organisation und Umwelt werden Ressourcen und Legitimation ausgetauscht.

• Je größer die Legitimität einer Organisation in ihrer Umwelt ist, desto mehr Ressourcen kann sie erhalten

• Legitimität muss produziert werden, und zwar dadurch, dass die Organisation eine Anpassung an Umwelterwartungen kommuniziert bzw. vornimmt.

• Organisationen operieren also in hochgradig institutionalisierten Umwelten und können sich den Institutionen nicht entziehen.

• Institutionen sind oftmals nur scheinbar rational („Rationalitätsmythen“[Meyer & Rowan 1977]); sie steigern nicht die Effizienz, aber die Legitimität der Organisation.

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

125

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Da für alle dieselben „Regeln“ gelten, tendieren sie zur Isomorphie (DiMaggio & Powell 1983). Beispiel: verwaltungsaufwendige Qualitätsmanagementsysteme, Evaluationen, externe Steuerung von Universitäten über Drittmittel, Publikationskennziffern usw.

• Formale Organisationsstrukturen sind nicht zwingend an der Verwirklichung rationaler Organisationsziele ausgerichtet. Zuweilen werden nur formale Strukturen verwirklicht, die Rationalität für die Umwelt symbolisieren (sog. „Rationalitätsfassaden“).

• Rationalitätsfassaden sind organisationsinterner Ausdruck für gesellschaftlich institutionalisierte Mythen, also unhinterfragte Selbstverständlichkeiten.

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

126

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Rationalitätsmythen sind: •rational insofern, als sie soziale, also Legitimations- und nicht Produktionsziele, bestimmen und regeln, welche (meist kommunikativen und symbolischen) Mittel zu ihrer Erreichung einzusetzen sind.•Mythen insofern, als ihre Wirklichkeit und Wirksamkeit von einem geteilten Glauben an sie abhängt (Thomas-Theorem). •Um Umwelterwartungen zu genügen und ihre Legitimität zu erhalten, dabei aber gleichzeitig ihre Produktionsfunktion zu erfüllen, entkoppeln Organisationen Reden, Entscheiden und Handeln (Brunsson 1989) bzw. Differenzieren zwischen Produktions- und Legitimationsfunktion.

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

127

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Organisationen

Umwelt (öffentliche Institutionen, Gesetze,

Medien etc.)Ressourcen(Bereitstellung

von Infrastruktur,

gesellschaftliche Anerkennung)

Legitimation durch die zeremonielle Erfüllung

institutioneller Rationalitätsmythen

LegitimationsfunktionProduktionsfunktion

Umwelt (Mitglieder, Kunden, Unternehmen etc.)

Output.

Ressourcen / Input

6 (Neo-)Institutionalismus6.1 Soziologischer Neo-Institutionalismus

Folge: Entkoppelung von Produktions- und Legitimationsfunktion und somit von Reden, Entscheiden und Handeln der Organisation. (Beispiel: Produktion von Schokoriegeln einerseits und Stiftung zur

Bekämpfung von Adipositas andererseits gründen)

(Brunsson, N., 1989: Organized Hypocrisy. Decoupling of Decision, Talk, and Action. John Wiley and Sons Inc. 1989)

128

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Zwischen Institution und Organisation - Idee und Betrieb universitärer Wissenschaft

– Die Idee

– Der Betrieb

129

Emrich, E., Fröhlich, M. (2010). Universität in Deutschland zwischen Institution und Organisation. Reflexionen zur Idee der Universität und ihrer betrieblichen Ausgestaltung. Sozialersinn 11(1), 125-144). Online erschienen: 17.05.2016 DOI: https://doi.org/10.1515/sosi-2010-0107

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Erkenntnis hat einen Wert in sich, Wissen ist dem Nichtwissen generell vorzuziehen. (aber auch: jedes neue Wissen schafft Nicht-Wissen, [M. Weber 1913, I; 1920]).

• Erkenntnis beruht grundsätzlich auf einer Begründung, die intersubjektiv überprüfbar und in diesem Sinne objektiv ist. Sie folgt damit der regulativen Idee der Annäherung an die Wahrheit (K. R. Popper 1934/1935).

• Wissenschaftliches Denken verlangt Abstraktion und klare Begrifflichkeit. • Wissenschaftliches Denken verlangt systematische Abwägung. • Wissenschaft verlangt nicht nur Widerspruchsfreiheit, sondern einen methodisch-

systematischen Zusammenhang ihrer Aussagen und sie vermittelt damit zumindest innerhalb einer Disziplin die regulative Idee einer Einheit des Wissens (Wissenschaftsdisziplinen).

• Wissenschaften sind grundsätzlich leistungsorientiert (Erklärung von konkreten Problemen durch Theorien)!

130

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Gesetz der modernen Wissenschaftsdisziplin: „Ein Maximum an Originalität bei einem Maximum an Kontinuität mit dem Vergangenen der älteren Leistung in der Einheit der Methodik“ (H. Plessner 1924).

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Veröffentliche wissenschaftliche Ergebnisse und stelle sie der scientificcommunity zur Diskussion!

• Nenne deine Quellen! • Manipuliere keine Daten! • Unterdrücke nicht entgegenstehende Auffassungen, sondern diskutiere

sie! • Vermeide Vorurteile! • Balanciere dein Verhältnis von Engagement und Distanzierung, von

Affektkontrolle und Leidenschaft!• Verwende und wahre die Vernunftperspektive! • Trenne deskriptive von normativen Anteilen deiner Aussagen! • Trenne zwischen Aussage und Aussagendem!

131

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und OrganisationDie Verinnerlichung von Werthaltungen

Pure ethos of science (Robert K. Merton 1938)

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Werthaltigkeit und Normativität:• Die Universität repräsentiert bewusst Werte (Geistesaristokratie,

Elitenrekrutierung und strenge Auslese). • Auch die heutige Massenuniversität lebt von diesen Wertbezügen

(Ansehen und Prestige wissenschaftlicher Tätigkeit).• In der Lehre gilt das Primat der Einheit von Form von Inhalt:

Überzeugen kann nur die Einheit von innerer Haltung und äußerer Form. Werte kann man nicht fordern, nur praktizieren. Die Werthaltung ist zugleich Lebensform (Mittelstraß 1982).

132

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und OrganisationDie Verankerung der Werte der

Wissenschaft im Betrieb der Universität - Werthaltigkeit

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Serialität (lose verkoppelte Einheiten):

•Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Forschung und Lehre.„Man hat das Verhalten von Fakultätsmitgliedern verglichen mit dem der Affen auf dem heiligen Hain von Benaris: Auf jeder Kokospalme sitzt ein Affe, alle scheinen sehr friedlich und kümmern sich gar nicht umeinander; aber wenn ein Affe auf die Palme des anderen klettern möchte, so gibt es eine wilde Abwehr durch Werfen mit Kokosnüssen“ (K. Jaspers: Die Idee der Universität, 1946).

•„Gesetz der Zurückhaltung auf Gegenseitigkeit“ (H. Plessner: Zur Soziologie der modernen Forschung und ihrer Organisation in der deutschen Universität 1924).•Einsamkeit und Freiheit (H. Schelsky, Antrittsvorlesung vom 24.6.1960, in Anlehnung an Humboldt): Wissenschaftliches Tun ist aller Verbetrieblichung zum Trotz im wesentlichen Einzelarbeit.•Individualisierung und Isolation als Folge der seriellen Organisation.•Individuell wird die Privilegiertheit universitären Daseins erkauft mit großen persönlichen Risiken. •Je perfekter die Koordination isolierter Tätigkeiten, desto überflüssiger die Kooperation.•Wissenschaftliche Kooperation als freiwillige Erscheinung.

133

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und OrganisationMerkmale des organisatorischen Betriebes der Universität

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Personalisierung:•Das Leben der Universität hängt an den Persönlichkeiten, nicht an der Institution, welche nur Bedingung ist (Jaspers 1946).•Der Ruf einer Universität ist vor allem der Ruf ihrer Hochschullehrer. Reputation ist die Währung, in der Professoren bezahlt werden.•So unpersönlich die Forschung, so persönlich die Lehre. Überzeugungen tradiert nur, wer selber stark überzeugt ist. Wissensvermittlung setzt Wissensfülle und -intensität voraus.•Charisma als außeralltägliche Begnadetheit eines Hochschullehrers ist der Feind der Bürokratie.•Mit der Waffe des Anerkennens, Warten-Lassens und Verweigerns werden Anhänger zu enormen Leistungen stimuliert und dies in mittelfristigen Zeithorizonten.•Berufungen erfordern zu Recht die Erwägung von Argumenten der persönlichen Passung.•Als „deformation professionelle“: Zuweilen wird der Habitus der strengen Nüchternheit, zwingender Beweisführung usw. auch in Auseinandersetzungen des Alltags hineingetragen und verwandelt diese in heillosen Streit, weil den Entscheidungen objektive Außenkriterien fehlen.

134

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und OrganisationMerkmale des organisatorischen Betriebes der Universität

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Forderung nach Effizienz von Forschung und Lehre nach spezifizierten Input-Output-Relationen (Higher Education: Just Fill in the BOX [G. Ritzer: The McDonaldization of Society. 2004]).

• Kontrollansprüche der Ressourcengeber gegenüber der Organisation „Universität“.• Kontrollansprüche der Organisation „Universität“ gegenüber der Person des

Wissenschaftlers, der institutionell verbürgte Freiheiten genießt.� Konflikt zwischen Organisation und Institution.

• Individuelle Reaktion 1: Selektive Wertbezüge zur Abwehr von Kontrollansprüchen und Effizienzerwartungen: Demonstrativer Wertbezug als Maskierung partikularen Interesses.

• Individuelle Reaktion 2: Individuell spiegelt sich die normative Zerrissenheit der Institution in Werterigorismus und Überentschiedenheit einerseits sowie in Sarkasmus und distanzierter Ironie andererseits.

• Folge auf kollektiver Ebene: Konkurrierende Wertbezüge in Form der rückwärts gerichteten Utopie und der aktuellen Demokratisierung (Religion der Gleichheit) kompensieren sich gegenseitig.

� Instrument zur Handhabung des Konflikts: Bürokratisierung (Herrschaft durch Komplexitätssteigerung und die „Diktatur des Sitzfleisches“)

135

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und OrganisationZwischen Institution und Organisation - Aktuelle Entwicklungen im

Binnenbereich

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Aufgaben der Universität:•Seit Beginn „Ausbildungsinstitution“ und •„Organisationsform der Wissenschaft“ (Paris 2001, S. 212). •Danach zusätzliche dritte Funktion „Verwertbarkeit“ (Huber 2012, S. 239, vgl. auch Wittrock 1993, S. 305; Etzkowitz 2008).

Universität befinden sich in einem „Zielwirrwarr“, das historisch durch Expansion der Universitäten, aber auch die Übertragung neuer Aufgaben entstanden ist (Schimank 2001, vgl. Cohen, March & Olsen 1972, S. 1)

136

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Universität als Organisation:•öffentliche Verwaltungsreform (New Public Management), ab Mitte der neunziger Jahre in den Universitäten in Deutschland.

�Aus der „autonomen“ Universität wird eine „fremdbestimmte professionelle Organisation“−Grund: verlorenes Vertrauen in die professorale Autonomie (Schimank 2005a, S. 369f) und „‘neoliberalen‘ Zeitgeistparolen“ (Schimank & Stölting 2001).

�Isomorphie als Folge von NPM (New Public Management) −„Finanzielle Unterstützung und Regulierung durch den Staat; −Externe Führung, durch den Staat oder durch vom Staat delegierte Autoritäten; −Institutioneller Wettbewerb; −Hierarchisches Management; −Akademische Selbst-Verwaltung“ (wörtlich aus dem Englischen übersetzt von Schimank2005a, S. 365)

�Nach Münch wird in Zukunft im „„Unternehmen Universität“ der Präsident“Einfluss auf die Einstellung der Lehrstuhlmitarbeiter haben (2011, S. 71).

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Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Folgen der Organisationswerdung:•Marktliche Verwertungslogik der Wissenschaft (Münch 2011).•Aus dem „Kollektivgut“ wird zunehmend ein „privates Gut, dessen Erträge von dem universitären Unternehmen, an dem es generiert wurde, exklusiv verwertet werden“. (Münch 2011; beispielsweise Medizin)•Sukzessive Entmachtung der Wissenschaftler zu sehen ist. (Münch 2011, S. 88) •Aktuell Universitäten zwischen Institution und Organisation:� gegenseitige „Zurückhaltung“ zwischen Professoren (Plessner 1985 [1924], S. 24), „betriebsamen Stillstand“ (Schimank 2001) in der Organisation.� organisierte Un-Organisation: Zuständigkeitsbereiche sind häufig unklar bzw. fließend (Brunsson & Sahlin-Andersson 2000). � Im Ergebnis bleibt in einer Organisation nach dem Mülleimer-Prinzip der Status-quobestehen (Cohen, March & Olsen 1972, S. 9). � CUDOS-Normen haben Bestand (Gassmann 2018).

138

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 139

Universität im Wandel Umfeldakteure

Zwang

• Beachtung von Gesetzen und Verordnungen

• Kooperations- und Zielvereinbarungen usw.

• staatliche Organisationen• Unternehmen• Unternehmensverbände• NGOs• Medien

Mimetik

• Forschungs- und Praxispreise• Standardisierungen von

Studiengängen• Einheitliche labels

• staatliche Organisationen• Unternehmen• Unternehmensverbände• NGOs• Medien

Normativität

• Festlegung von Lehr- und Lerninhalten

• Anpassung der Personalselektion• Habitusveränderung von

Professionen und Mitarbeitern

• staatliche Organisationen• Unternehmen• Unternehmensverbände• NGOs• Medien

Exkurs: über die Universität zwischen Institution und Organisation

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Organisation versus Märkte

Autoren: z. B. Arrow, Williamson

Transaktionen - Unsicherheit- Komplexität- Opportunismus

Vorteile:Reduktion von TransaktionskostenReduktion von Opportunität

Nachteileexterne EffekteKosten d. OrganisationEntfremdung

Exkurs über InstitutionenökonomikOrganisation versus Märkte

Literatur für das nachfolgende Beispiel:Flatau, J., Emrich, E. (2011). Die Organisation sportlichen Erfolges : zur Frage nach Markt oder Hierarchie im Spitzensport am Beispiel derEliteschulen des Sports. Sportwissenschaft 41(2):100-111, DOI: 10.1007/s12662-011-0182-z

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation – Das Beispiel der Spitzensportförderung

• Position 1 („Marktversagensannahme“): EdS stellen eine notwendige organisationale Struktur im Sinne der Vereinbarkeit von Schule und Hochleistungssport dar, insbesondere durch Zeiteinsparung. Hierdurch wird die Extension des Trainings möglich. Die rein Sportvereins-basierte Produktion sportlichen Erfolges ist nicht ausreichend.

• Position 2 („Staatversagensannahme“): EdS sind eine ineffiziente organisationale Struktur, da empirisch belegt werden kann, dass die Extensivierung des Trainings auf individueller Ebene nicht zu einer nachhaltigen Steigerung des sportlichen Erfolges führt (Emrich & Güllich, 2005) und frühere EdS-Schüler nicht erfolgreicher sind als frühere Nicht-EdS-Schüler (z. B. Emrich et al., 2009). Aus Effizienzgründen sollte der nationale sportliche Erfolg exklusiv dezentral durch Sportvereine (den „Markt“) produziert werden.

• Versuch der Integration der kontroversen Positionen?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation – Das Beispiel der Spitzensportförderung

• Sporterfolg kann ökonomisch als Produkt betrachtet werden.• Daher kann das theoretische und methodische Inventar der Ökonomik

angewandt werden.• hier: Neue Institutionenökonomik → Transaktionskostenökonomik →

Faktorspezifität (Williamson, 1985)• Markt (Sportvereine) vs. Hierarchie (staatliche Förderorganisationen)• Forschungsfrage: Hängt die Effizienz hierarchischer (staatlicher)

Organisationen zur Sporterfolgsproduktion (= Sportförderorganisationen; z.B. Eliteschulen des Sports) von der Faktorspezifität der Sportart ab?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation – Das Beispiel der Spitzensportförderung

Transaktions- und Produktionskosten

Faktorspezifität0

Markt

Organisation

Williamson (1985): Das Effizienzverhältnis zwischen den beiden institutionellen Arrangements “Markt” und “Hierarchie” (“Organisation”) hängt vom Grad der Faktorspezifität ab.Arten der Faktorspezifität:Standortspezifität, Sachkapitalspezifität, Humankapitalspezifität, Widmungsspezifität, Markennamenspezifität, temporale Spezifität

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation – Das Beispiel der Spitzensportförderung

• niedrig: z.B. Mannschaftsspiele (z.B. Fußball), Langstreckenlauf, Tennis• hoch: z.B. Ski alpin, Segeln

Physical Asset Specificity in Sport

• niedrig: z.B. Langstreckenlauf, Straßenradsport, Schwimmen →intervenierende Variable: Popularität der Sportart

• hoch: Bahnradsport, Skispringen, Bob/Rodeln, einige leichtathletische Disziplinen, Fußball → intervenierende Variable: Kommerzialisierungsgrad der Sportart

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation - Faktorspezifität im Sport: dichotome Klassifikation

Sachkapitalspezifität Standortspezifität

hoch (n=80) niedrig (n=68) hoch (n=66) niedrig (n=82)

Biathlon Badminton Biathlon Badminton

Bobsport Beachvolleyball Bobsport Beachvolleyball

Fechten Boxen Kanu Boxen

Kanu Curling Nordische Kombination Curling

Leichtathletik Eiskunstlauf Rodeln Eiskunstlauf

Moderner Fünfkampf Eisschnelllauf Rudern Eisschnelllauf

Nordische Kombination Gewichtheben Segeln Fechten

Reitsport Judo Skeleton Gewichtheben

Rodeln Kunstturnen Ski Alpin Judo

Rudern Radsport Skilanglauf Kunstturnen

Segeln Ringen Snowboard Leichtathletik

Skeleton Rhythm. Sportgymnastik Surfen Moderner Fünfkampf

Surfen Schiessen Radsport

Trampolin Schwimmen Reitsport

Short Track Ringen

Ski Alpin Rhythm. Sportgymnastik

Skilanglauf Schiessen

Snowboard Schwimmen

Triathlon Short Track

Wasserspringen Trampolin

Triathlon

Wasserspringen

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• H 1: Deutsche Athleten sind erfolgreicher in Sportarten mit hoher Sachkapitalspezifität.

• H 2: Deutsche Athleten sind erfolgreicher in Sportarten mit hoher Standortspezifität.

• H 3: In Sportarten mit hoher Sachkapitalspezifität ist der positive Einfluss der EdS auf den sportlichen Erfolg größer als in Sportarten mit niedriger Sachkapitalspezifität.

• H 4: In Sportarten mit hoher Standortspezifität ist der positive Einfluss der EdS auf den sportlichen Erfolg größer als in Sportarten mit niedriger Standortspezifität.

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation

Ergebnisse (H 1 und H 2, Sachkapital- und Standortspezifität)

Sportlicher Erfolg (trichotom; Prozentanteile) Sachkapitalspezifität n

keine Medaille Silber/Bronze Gold rbisR p1-seitig D

niedrig 65 78,5 20,0 1,5

hoch 59 66,1 18,6 15,3 0,17 <0,05 2,8%

Sachkapitalspezifität n Sportlicher Erfolg (Platzierung; Median) rbisR p1-seitig D

niedrig 65 7

hoch 59 5 0,29 <0,01 8,4%

Sportlicher Erfolg (trichotom; Prozentanteile) Standortspezifität n

keine Medaille Silber/Bronze Gold rbisR p1-seitig D

niedrig 76 82,9 14,5 2,6

hoch 61 63,9 23,0 13,1 0,23 <0,01 5,2%

Standortspezifität n Sportlicher Erfolg (Platzierung; Median) rbisR p1-seitig D

niedrig 76 7

hoch 61 5 0,26 <0,01 6,8%

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation

Ergebnisse (H 3, Sachkapitalspezifität)

Sportlicher Erfolg (trichotom; Prozentanteile)

Wechselwirkung Sachkapital-

spezifität

Besuch

EdS n

keine Medaille Silber/Bronze Gold Schätzer unteres 95%-KI oberes 95%-KI

ja 29 69,0 31,0 0,0 0,54 –0,69 1,77 niedrig

nein 36 86,1 11,1 2,8 –0,39 –1,72 0,95

ja 30 53,3 30,0 16,7 1,34 0,18 2,51 hoch

nein 28 82,1 7,1 10,7 0 – –

Sachkapital-

spezifität

Besuch

EdS n Sportlicher Erfolg (Platzierung; Median) Schätzer unteres 95%-KI oberes 95%-KI

ja 29 6 –0,36 –1,72 0,54 niedrig nein 36 8 0,56 –0,30 1,43

ja 30 4 –1,70 –2,64 –0,75 hoch nein 28 6,5 0 – –

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation

Ergebnisse (H 4, Standortspezifität)

Sportlicher Erfolg (trichotom; Prozentanteile)

Wechselwirkung Standort-

spezifität

Besuch

EdS n

keine Medaille Silber/Bronze Gold Schätzer unteres 95%-KI oberes 95%-KI

ja 29 75,9 20,7 3,4 0,43 –0,90 1,76 niedrig

nein 47 87,2 10,6 2,1 –0,32 –1,67 1,01

ja 34 50,0 38,2 11,8 1,53 0,32 2,75 hoch

nein 26 84,6 3,8 11,5 0 – –

Standort-

spezifität

Besuch

EdS n Sportlicher Erfolg (Platzierung; Median) Schätzer unteres 95%-KI oberes 95%-KI

ja 29 6 –0,88 –1,81 0,05 niedrig nein 47 8 –0,06 –0,90 0,77

ja 34 3,5 –2,26 –3,22 –1,30 hoch nein 26 9 0 – –

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Im Sinne ihrer Effektivität und Effizienz sollten sich die EdS auf Sportarten mit hoher Faktorspezifität beschränken, denn hierdurch ließe sich ihre Organisationsdichte und somit die Gesamtkosten, insbesondere in den neuen Bundesländern, verringern.

• Gegenstand weiterer Analysen - andere hierarchische Organisationen in der Spitzensportförderung (z.B. die Olympiastützpunkte),- die Rolle des Popularitäts- und Kommerzialisierungsgrades von Sportarten als intervenierende Variablen sowie- Mannschaftssportartensein.

Exkurs über InstitutionenökonomikMarkt oder Organisation

Diskussion und Ausblick

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exkurs über Institutionenökonomik

151

Ein weiteres AnwendungsbeispielBerno Buechel and Eike Emrich and Stefanie Pohlkamp: Nobody's innocent: the role of customers in the doping dilemma. University of Hamburg, Saarland University, University of Hamburg 20. February 2013. Online at http://mpra.ub.uni-muenchen.de/44627/MPRA Paper No. 44627, posted 27. February 2013 12:57 UTC

In veränderter Form: Büchel, B.; Emrich, E. Pohlkamp, S. (2014):.Nobody’s Innocent: The Role of Customers in the Doping Dilemma Journal of Sports Economics, first published on October 7, 2014 as doi:10.1177/1527002514551475

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Wie vollziehen sich Wandlungen und Anpassungen von Organisationen? Beispiel: Wie sollten sich Sportvereine anpassen, angesichts gesellschaftlicher Veränderungen? Wie sollten sich Automobilkonzerne anpassen angesichts eines veränderten Umweltbewusstseins und sich ändernder rechtlicher Restriktionen?

Die Evolutionstheorie der Organisation tritt in zwei alternativen Varianten auf:

Variante 1: geht von exogen (durch die Organisationsumwelt) determinierten Evolutionsprozessen aus. (Beispiel: veränderte Umwelterwartungen)

Variante 2: geht von endogen (durch die Organisationsinnenwelt) determinierten Evolutionsprozessen aus. (Beispiel: die Innovationskraft von Ingenieuren in einem Automobilkonzern)

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen

Beispiel für eine Anwendung: Flatau, J.; Pitsch, W.; Emrich, E.: Zum Wandel von Sportvereinen und seinen Ursachen – Befunde einer Mehrebeneanalyse. In: Sport und Gesellschaft, 9 (2012), 1, S.63-92.

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Charles Robert Darwin: "On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life" (Von der Entstehung der Arten mit Hilfe der natürlichen Zuchtwahl oder Die Erhaltung von bevorzugten Rassen im Lebenskampf) 1859. Erster Satz: "Mir ist, als gestehe ich einen Mord" . HauptthesenDie Natur entwickelt sich allmählich. Alles Leben auf der Erde hat sich aus verschiedenen Urformen entwickelt. Die Arten verändern sich ständig. Veränderung ist das Ergebnis des "struggle for existence".

Entwicklung durch natürliche AusleseGrundidee: Alles Leben will sich vermehren. Da jeder Lebensraum nur begrenzte Ressourcen hat, können nicht alle Organismen überleben. Um die Wahrscheinlichkeit des Überlebens zu erhöhen, produzieren die einzelnen Arten viele Nachkommen. Diese Nachkommen sind zufällig mit unterschiedlichen Merkmalen ausgestattet. Einige sind dadurch besser an ihre Umwelt angepasst als andere, sie überleben und können sich vermehren. So setzen sich die vorteilhaften Merkmale durch ("Survival of the Fittest", der am besten Angepasste überlebt).

Anpassung an die UmweltAnpassungen an die jeweiligen Lebensumstände können innerhalb einer Art unterschiedlich sein.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Grundprinzip der Evolutionstheorie

153

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Exogener Druck zur Anpassung

Exogener Druck zur Anpassung

Variation Selektion Bewahrung

Organisationsinneres/Innenwelt

Organisationsäußeres/Umwelt

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Grundprinzip der Evolutionstheorie

154

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Umwelt I:Personen, Gruppen und andere Organisationen, die sich mit der Organisation in direkter Interaktion befinden.

Umwelt II:gesamtgesellschaftliche Gegebenheiten, die auf die Organisation einwirken oder umgekehrt von ihr beeinflusst werden.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Grundprinzip der Evolutionstheorie

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Population Ecology-Ansatz nach Hannan & FreemanLiteraturauswahl: Hannan & Freeman (1989): Organizational Ecology. Cambridge. Howard E. Aldrich & Bill McKelvey: Design strategy from the population perspective. In: Journal

of Management 10, 1984: 67-86.

Grundannahmen von Hannan und Freeman:• Organisationen haben Schwierigkeiten, sich zielgerichtet an

Umweltveränderungen anzupassen. Gründe: a) unterschiedliche Interessengruppen, die unterschiedliche Ziele verfolgen. b) unvollkommene Informationen über Zweck-Mittel-Beziehungen. c) die Trägheit von Organisationen.

• Hannan und Freeman beschäftigen sich hauptsächlich mit der „organisationalen Trägheit“.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Population Ecology-Ansatz

156

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Bedingungen organisationaler Trägheit:a) intern (mangelnde Investitionen, mangelndes Know-How, Widerstand der

Belegschaft).b) extern (hohe Markteintritts- und austrittsbarrieren).

Populationen:• „Populationen“ bestehen aus Organisationen, die einander in Grundstruktur und

Funktion ähneln. • Populationen verändern sich nach Variation, Selektion und Erhaltung.

Variation: Veränderungen oder Abänderungen entstehen durch Neugründungen von Organisationen. Dabei bewahren Gründer Bewährtes und fügen teilweise neue Strukturen hinzu.

Selektion: Schlecht angepasst Organisationen sterben und erfolgreiche überleben. Selektion ist eine Reaktion auf Umweltbedingungen wie z.B. Wirtschaftskrisen, technologische Innovationen…

Erhaltung / Bewahrung: Erfolgreiche Organisationen werden institutionalisiert und sind gesellschaftlich etabliert. Bürokratische Routinen erleichtern das Bewahren erfolgreicher Organisationen.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Population Ecology-Ansatz

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

• Populationen definieren sich durch zentrale und spezifische Kompetenzen.

• Diese Kompetenzen sind der Grund für die Isolierung und Abgrenzung von Populationen.

• Organisationen entwickeln ihre Kompetenzen weiter.

• Weiterentwickelte Kompetenzen werden adaptiert.

• Veränderung einzelner Organisationen durch Lernen im Sinne von Kompetenzentwicklung und Adaptation.

• Adaptation verläuft nicht einheitlich, sondern führt zu Variation.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Population Ecology-Ansatz

Population Ecology-Ansatz nach McKelvey/Aldrich

• Kompetenzen bestehen aus KnowHow und und Fähigkeiten.

• Populationen, also Verbünde von Organisationen, sind nun durch ein Bündel an Kompetenzen (Kompetenzpool) gekennzeichnet (Genotyp).

• Typisch für einzelnen Organisationen sind jeweils bestimmte Kompetenzen (Phänotyp).

• Besser an die Umwelt angepasste Organisationen überleben eher.

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Evolutionäre Konzeption von Organisationen / Systemtheorie der Evolution

Variante der Evolutionstheorie, die zusätzlich zu Selektionswirkungen der Umwelt auch selektiv wirkende Faktoren der Organisationsinnenwelt postuliert.

� Die inneren Selektion umfasst alle Selbstregulierungsvorgänge (Rückkopplung, Selbstorganisation), die es einem Organismus ermöglichen, Einflüsse der Außenwelt zu kompensieren.

� Gene bestimmen also nicht nur Merkmale, sondern Merkmale können auch auf die Gene zurückwirken.

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Varianten

159

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Varianten der Evolutionstheorie (evolutionär versus systemtheoretisch)

Varianten der Evolutionstheorie (evolutionär versus systemtheoretisch)

BewahrungEntwicklung und

Verbreitung neuer organisationaler Muster

Änderung einzelner Organisationsparameter

SelektionVerschwinden ganzer Organisationen

Strukturelle Anpassung von Organisationspara-

metern

VariationWandel der Organisationsumwelt

Wandel der Organisationsinnenwelt

MechanismusÄußere Selektion Innere Selektion

Beobachtungseinheitmehrere Organisationen (= Populationen) einzelne Organisationen

5 Konzeptionen von Organisationen5.5 Evolutionäre Konzeption von Organisationen – Varianten

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Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Messen

Zielsetzung

Planung

Abweichungs-analyse

RegelobjektRegelstrecke

Entscheidung

Vorkopplung

Realisation

VergleichSoll-Ist

Kontrolle

161

Exkurs: Mechanistische Steuerung Kybernetisches Regelkreismodell

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

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Managementdefinition:

•„… die zielorientierte Gestaltung und Steuerung von Organisationen (Unternehmen, Betriebe, Vereine, Behörden) oder Teilen davon (normativer Managementbegriff, die Managementaufgabe); die Prozesse und Funktionen, die der Erfüllung der Managementaufgaben dienen (funktionaler Managementbegriff); die mit dieser Aufgabe betrauten Stellen (institutioneller Managementbegriff) bzw. Personen (personaler Managementbegriff); die Tätigkeit der Gestaltung und Steuerung (instrumenteller Managementbegriff).“(http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/management/management.htm.)

•„Management bezeichnet heute im betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch einerseits –in funktionaler Perspektive – die Tätigkeit der Unternehmensführung. Andererseits wird auch – in institutioneller Perspektive – das geschäftsführende Organ, also die Gruppe der leitenden Personen eines Unternehmens als Management bezeichnet. Als solches bezeichnet der Begriff sowohl eine Institution als auch eine Funktion in gemeinnützigen, öffentlichen oder privatwirtschaftlichen Organisationen.“ (Gablers Wirtschaftslexikon).

•"Management ist ein Komplex von Steuerungsaufgaben, die bei der Leistungserstellung und -sicherung in arbeitsteiligen Systemen erbracht werden müssen." (Steinmann/Schreyögg 1990)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

163

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Managementdefinition:

•"Management can be defined as working with human, financial, and physical resources to determine, interpret, and achieve organizational objectives by performing the functions of planning, organizing, staffing, leading, and controling." (Megginson 1989)•"Management bedeutet Gestalten und Lenken von Institutionen der menschlichen Gesellschaft." (Ulrich 1984)•"We define management as the process of getting things done through the efforts of other people." (Mondy u.a. 1986)•"Management ist die Konstruktion organisationaler Wirklichkeiten." (Probst 1989)•"We define management as the process of designing and maintaining an environment in which individuals, working together in groups, accomplish efficiently selected aims." (Koontz/Weihrich 1988)•"Die Aufgabe des Managements besteht darin, alle anderen bei der Arbeit zu stören." (Baecker 1994)•"Management expresses the belief in the possibility of controlling man's livelihood through systematic organization of economic resources. It expresses the belief that economic change can be made into the most powerful engine for human betterment and social justice." (Drucker 1955)

164

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Integrative Managementdefinition:

Management = Steuerung von Organisationen:• Steuerung = zielgerichtete Intervention in ein System.• Organisation = soziales System mit definierten Aufgaben.

Interventionsbereiche von Management:• Intervention auf Ebene der Mitarbeiter, Abteilungen …• Intervention auf Ebene der Organisation.• Intervention auf Ebene von Organisation zu Organisation.

Managementbereiche im …• privatwirtschaftlichen Sektor (Unternehmen).• im öffentlichen Sektor (Verwaltungen).• im Non-Profit Sektor (Vereine, Verbände, Stiftungen).

165

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Beschaffung von Vorprodukten, Rohstoffen usw.Produktion von Gütern für Märkte, für Dritte für Mitglieder

Absatz.

1. Planung (Vorwegnahme künftiger Ziele und Maßnahmen)2. Organisation (Gestaltung von Prozessen und Strukturen)3. Personal (Bereitstellung, Vergütung und Entwicklung von Mitarbeitern)4. Steuerung (Kontrolle und Intervention)

166

Management

Planung Organisation Personal Steuerung

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Abbildung entnommen am 27.03.2019 aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Managementlehre#/media/File:Produktionsmanagement.jpg

167

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Der Begriff des „Strategischen Managements“ von Newman (1951).

Ausgangspunkt:1. Das geplante Ergebnis hängt nicht nur vom Handeln der eigenen

Organisationsmitglieder, sondern2. auch von den Aktionen der Organisationsumgebung (z.B. Konkurrenten,

Lieferanten, Kunden, Staat, Gesellschaft) ab.

Ziel des Strategischen Managements:1. Prozess qualitativ und quantitativ durchdringen, 2. Zukunft prognostizieren und 3. Gestaltungshinweise für unternehmerisches Handeln abzuleiten.

Literatur:Hayek, F. A. von (1969). Freiburger Studien. Tübingen: MohrMintzberg, H. (1989). Mintzberg on Management. Inside our Strange World of Organizations. New York: Free Press.Newmann, W. H. (1951). Administrative Action. The Techniques of Organization and Management. Englewood Cliffs:

Prentice Hall.

168

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Aktuell: Unterschiedliche Beurteilung der Möglichkeiten bewusster Unternehmenssteuerung durch ein strategisches Management.

Voluntarismus Determinismus

volle Gestalt- und Manipulierbarkeit organisationalerProzesse

Unternehmensent-wicklung abhängig von den Strukturen des Marktes und der Branche.

Empirische RealitätEmergenter Zusammenhang zwischen

strategischer Steuerung undErgebnis.

(Hayek, 1969)

Offene Frage:

169

Folgt der Strategiebildungsprozess in der Praxis einem formalen Planungsprozess oder trägt er stärker Züge eines unternehmensweiten Lernprozesses? (vgl. Mintzberg, 1989)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.1 Strategisches Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Klassiker: Das Harvard und das Michigan Konzept

Das Harvard-Konzept zielt auf ... ... die Integration und Harmonisierung von vier zentralen Teilfunktionen im

Personalmanagement,... die Human Resources Bewegung durch das Unternehmen, ... das Anreiz-/ Belohnungssystem, ... die Arbeitsorganisation, ... die Partizipation, ... die Abstimmung der vier Teilfunktionen mit der Unternehmensstrategie und mit

externen Einflussfaktoren. � die Beschäftigten gelten dabei als wesentliche stakeholder (wieviel Partizipation?)

(Vgl. für eine Übersicht: Felger & Kohlhoff, 2004, Human ResourceManagement. Hans Böckler-Stftung: Düsseldorf.)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

170

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Klassiker: Das Harvard und das Michigan Konzept

Das Michigan-Konzept koordiniert ...... die Förderung der Human Resources mit der inneren Konsistenz,... personalpolitische Maßnahmen (Human-Resource-Cycle),... Personalrekrutierung, ... Entgeltgestaltung, ... Personalentwicklung, ... Personalbeurteilung, ... die Abstimmung zwischen Unternehmens- und Personalstrategie.

� HRM hilft hier bei der Realisierung von Unternehmensstrategien.

(Vgl. für eine Übersicht: Felger & Kohlhoff, 2004, Human ResourceManagement. Hans Böckler-Stftung: Düsseldorf.)

171

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Klassiker: Das Harvard und das Michigan Konzept

Das Harvard-Konzept:

172

Bürokratie Markt Clan

Mitarbeiter-beteiligung

Über Dienstweg Durch Verträge Durch Beratung und Konsens

HR-BewegungAufstieg in einem Funktionsbereich

Einstellung und Entlassung nach

Bedarf

Vertikal/lateral lebenslange

Beschäftigung

Belohnungs-system

Anforderungs-gerechtigkeit

Leistungs-gerechtigkeit Sozialgerechtigkeit

Arbeits-organisation

Hohe Arbeitsteilung und

Hierarchiebetonung

Arbeitsaufträge an Einzelne/Gruppe

Ganzheitliche Aufgaben in der

Gruppe

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Klassiker: Das Harvard und das Michigan Konzept

Das Michigan-Konzept:

173

Unternehmensstrategie

Organisations-struktur

Human ResourceManagement

Chandler (1980) kam zum Ergebnis, dass die Struktur einer Organisation ihrer Strategie folgt.

(Chandler, A., (1980): Strategy and Structure: Chaptersin the History o f the American Industrial Enterprise, The M.I.T. Press, 11. Aufl. Cambridge.)

Gegenposition: die Strategie folgt (auch) den Strukturen Hall, D. J. & Saias, M. A. (1980). Strategy FollowsStructure. Strategic Management Journal, 1(2), 149-163).

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Die Klassiker: Das Harvard und das Michigan Konzept

Das Michigan-Konzept:

174

Personal-auswahl

Leistung der Arbeitnehmer

Belohnung/Anreiz

Leistungs-beurteilung

Personal-entwicklung

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Der funktional-strukturelle Ansatz:

175

Funktion und Struktur der Unternehmung Heterogene Ziele von Aktionären, Managern und Mitarbeitern

(phasenweise konsistent, phasenweise divergent)

Funktion und Struktur der Unternehmung Heterogene Ziele von Aktionären, Managern und Mitarbeitern

(phasenweise konsistent, phasenweise divergent)

Mitarbeiter

Humankapital

Bindung/Motiviertheit

Leistung/Zufriedenheit

Mitarbeiter

Humankapital

Bindung/Motiviertheit

Leistung/Zufriedenheit

Organisationsstruktur

Über- und Unterordnung

Anordnen / Folgen-Beziehungen

Aufgaben/Positionen

Organisationsstruktur

Über- und Unterordnung

Anordnen / Folgen-Beziehungen

Aufgaben/Positionen

Passungs-fähigkeit

Passungs-fähigkeit

PersonalarbeitPersonalarbeit OrganisationsgestaltungOrganisationsgestaltung

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Konfliktorientierter Ansatz des PM:

176

Interessenantagonismus?

Bearbeitung des Konflikts zwischen kollektivem Ziel und Mitarbeiterziel durch Mitbestimmung, Gewinnbeteiligung

und Personalarbeit

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 177

(Quelle: https://karrierebibel.de/beduerfnispyramide-maslow/)

Schichtentheorie der Motivation (Maslow):

Inhaltstheorien der Motivation erklären über Bedürfnisse, die Antrieb für Handeln sein können, Motivation und beschäftigen sich deshalb mit der Ausprägung dieser Bedürfnisse. (Maslow, A. H. (1943) A Theory of Human Motivation Originally Published in Psychological Review, 50, 370-396).)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Hygiene

Motivatoren

Alle Faktoren, die zur Arbeitsunzufriedenheit

führen

Alle Faktoren, die zur Arbeitszufriedenheit

führen

z. B.•die Verwaltung,•die Qualität der Beziehung zur Führungskraft,•die Arbeitsbedingungen,•die Höhe der Bezahlung,•die Qualität der Beziehungen zu Kollegen•die Qualität der Beziehungen zu Mitarbeitern•Unternehmenspolitik/•Kontrollformen

z. B.•Leistungserleben,•Anerkennung,•die Arbeit selbst,•Verantwortung, Wachstumsgefühl.

178

Zwei-Faktorentheorie der Motivation (Herzberg):

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Vier Zustände:

1. der Zustand der Hygienefaktoren ist schlecht, die Ausprägung der Motivatoren ist gering.

Die Folge: unzufriedene Mitarbeiter. Hohe Fluktuation und hohe Absenz sowie geringe Arbeitsleistung sind wahrscheinlich.

2. der Zustand der Hygienefaktoren ist schlecht, die Ausprägung der Motivatoren ist hoch.

Die Folge: Hoch motivierte Mitarbeiter, die ihre Arbeit lieben. Ineffiziente Verwaltung und Bürokratie, eine schlechte Beziehung zur Führungskraft und ein ungutes Klima im Team demotivieren.

3. der Zustand der Hygienefaktoren ist gut, die Ausprägung der Motivatoren ist gering. Die Folge: Gutes Umfeld, beliebter und wertgeschätzter Chef, nette Kollegen, gute

Organisation. Arbeitsaufgabe bereitet aber keine Freude. der Zustand der Hygienefaktoren ist gut, die Ausprägung der Motivatoren ist hoch.

4. der Zustand der Hygienefaktoren ist gut, die Ausprägung der Motivatoren ist hoch.Die Folge: Optimales Umfeld, hohe Zufriedenheit, anregende und befriedigende

Arbeitsaufgabe führt zu hoher Motivation.

Zwei-Faktorentheorie der Motivation (Herzberg):

179

(Frederick Herzberg, Bernard Mausner, Barbara Bloch Snyderman: TheMotivation to Work. 2. Auflage. Wiley, New York 1959.)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Kritik an Herzberg: (s. R. Buettner: Spezifische Kritik zur 2-Faktoren-Theorie von F. Herzberg. McGraw-Hill Verlag, Mai 2010.)

• Die Ergebnisse sind methodenabhängig. Angewendet wurde die CriticalIncident Methode.

• Der direkte kausale Effekt von Arbeitszufriedenheit auf Arbeitsleistung lässt sich nicht halten.

• Hygiene- und Motivationsfaktoren sind nicht empirisch trennscharf zu unterscheiden.

• Arbeitszufriedenheit ist ein komplexeres Konstrukt.

Zwei-Faktorentheorie der Motivation (Herzberg):

180

(Frederick Herzberg, Bernard Mausner, Barbara Bloch Snyderman: TheMotivation to Work. 2. Auflage. Wiley, New York 1959.)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 181

Erwartungstheorie der Motivation:(Vroom, V. H., 1964: Work and motivation. New York)

• Variante der subjektiven Werterwartungstheorie.

• Intention des Verhaltens: Ergebnis aus der Wertigkeit der Ziele,Instrumentalität der Handlung für das Erreichen dieser Ziele und der subjektiven Wahrscheinlichkeit, dieses Verhalten auch zeigen zu können. (Lutz von Rosenstiel, 2007)

• Vroom unterscheidet folgende Konsequenzen menschlichen Handelns: a) die Handlungsergebnisse (Ergebnisse erster Stufe) und

b) die Handlungsfolgen (Ergebnisse zweiter Stufe).

• Handlungsergebnisse (E) sind direkte Folgen der Resultate engagierten Arbeitens, für das man eine Entscheidung treffen musste.

• Handlungsfolgen (F) bezeichnen die Wirkung des Handlungsergebnisses auf andere Bereiche des Lebens (z. B. Einkommen, Ansehen …).

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich 182

VIE-Theorie der Motivation:(Vroom, V. H., 1964: Work and motivation. New York)

Anstrengungs-bereitschaft

Handlung/Ergebnis

Erwartung: subjektiv wahrgenommene Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ergebnisses (zwischen 0 und 1). Erwartung (Handlungs-Ergebnis-Zusammenhang): subjektive Wahrscheinlichkeit, dass durch die Handlung das Handlungsergebnis realisiert wird. (beeinflusst von Persönlichkeitsmerkmalen) Instrumentalität (Handlungs-Folge-Zusammenhang): subjektive Wahrscheinlichkeit, mit der das Ergebnis der eigenen Leistung zu den erwünschten Handlungsfolgen führt. (beeinflusst durch Vorgesetztenverhalten und organisatorische Regeln).

Handlung/Folge

Instrumen-talität

Erwartung

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Immaterielle Anreize•Unternehmenskultur•Work-Life-Balance•Arbeitsinhalte/Gestaltbarkeit•…

Materielle Anreize•Grundgehalt,•Betriebliche Sozialleistungen,•Mitarbeiterbeteiligungen,•…

Personalanreizgestaltung:•Ziel der Personalanreizgestaltung ist es, die Leistungsbereitschaft (Motivation) der Mitarbeiter in einer Organisation zu sichern und ggfs. zu steigern.

183

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Ausgewählte Formen und Methoden der Personalanreizgestaltung

Ausgewählte Formen und Methoden der Personalanreizgestaltung

Materielle Anreize

•Lohn/Gehalt

•Gewinnbeteiligung

•Kapitalbeteiligung (Aktien, Genussscheine)

•betriebliche Infrastruktur

•Zusatzleistungen (Dienstwagen, Sonderkonditionen, Weiterbildung)

Materielle Anreize

•Lohn/Gehalt

•Gewinnbeteiligung

•Kapitalbeteiligung (Aktien, Genussscheine)

•betriebliche Infrastruktur

•Zusatzleistungen (Dienstwagen, Sonderkonditionen, Weiterbildung)

Nichtmaterielle Anreize

•Statussymbole (Titel, Auszeichnungen)

•freie Arbeitsgestaltung (Zeit, Ort, Inhalt)

•Beschäftigungsgarantie

•Entwicklungsmöglichkeiten (Fach-, Führungskarriere)

Nichtmaterielle Anreize

•Statussymbole (Titel, Auszeichnungen)

•freie Arbeitsgestaltung (Zeit, Ort, Inhalt)

•Beschäftigungsgarantie

•Entwicklungsmöglichkeiten (Fach-, Führungskarriere)

Personalanreizgestaltung:

184

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Personalentwicklung:

•Verbesserung der Wettbewerbssituation und des Unternehmenserfolgs. Dieses erfordert auf Personalebene die Sicherung und ggfls. Steigerung des Humankapitals der Mitarbeiter in einer Organisation.•Unternehmensseitige Ziele der Personalentwicklung:

- fachliche Kompetenzen (Humankapital, soziale Kompetenzen) der Mitarbeiter entwickeln.

- die soziale und persönliche Qualifikation der Mitarbeiter sichern.- künftige Führungskräfte erkennen und vorbereiten.- die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern.- die Match Quality verbessern.- Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens verbessern.

185

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Personalentwicklung:

•Mitarbeiterseitige Ziele der Personalentwicklung:- Kompetenzen ausweiten, evtl. Defizite abbauen.- das eigene Aufgaben- und Verantwortungsgebiet eignungs- und

neigungsgerecht gestalten.- Arbeitsplatzverlustrisiko reduzieren.- Chancenverbesserung am Arbeitsmarkt.- Karrierechancen erhöhen, höheres Einkommen erzielen.- Prestige und Selbstbewusstsein erhöhen.

186

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Personalentwicklung – Der Werkzeugkasten (Auswahl)

187

• Bücher und Fachzeitschriften für das Selbststudium,

• Einführungsprogramme für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

• E-Learning wie Online-Lehrgänge, • Erfahrungsaustausch-Gruppen,• Förderprogramme,• Führungskräfteentwicklung,• Führungskräftequalifizierung (on oder off

the job), • Führungspositionen auf Zeit, • Informations- und

Kommunikationsstrukturen, • Job Enrichment und Job Enlargement, • Job Rotation, • Kader und Führungskräfte-Förderung, • Kader-Nachwuchsförderung,

• Bücher und Fachzeitschriften für das Selbststudium,

• Einführungsprogramme für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

• E-Learning wie Online-Lehrgänge, • Erfahrungsaustausch-Gruppen,• Förderprogramme,• Führungskräfteentwicklung,• Führungskräftequalifizierung (on oder off

the job), • Führungspositionen auf Zeit, • Informations- und

Kommunikationsstrukturen, • Job Enrichment und Job Enlargement, • Job Rotation, • Kader und Führungskräfte-Förderung, • Kader-Nachwuchsförderung,

• Karriereplanung,• Mentoring und Coaching,• Mitarbeiterbeurteilung, • Mitarbeitereinführung und –auswahl,• Mitarbeitergespräche, • Mobile Learning, • Multiple Choice und andere Lernsoftware,• Potenzialanalysen, • Qualifikationsgespräche, • Seminare, Workshops (extern und

inhouse),• Tagungen und Referate, • Team- und Projektgruppenarbeiten, • Training-on-the-job, • Verhaltenstrainings, • Vorträge, • Zielvereinbarungsgespräche,• ….

• Karriereplanung,• Mentoring und Coaching,• Mitarbeiterbeurteilung, • Mitarbeitereinführung und –auswahl,• Mitarbeitergespräche, • Mobile Learning, • Multiple Choice und andere Lernsoftware,• Potenzialanalysen, • Qualifikationsgespräche, • Seminare, Workshops (extern und

inhouse),• Tagungen und Referate, • Team- und Projektgruppenarbeiten, • Training-on-the-job, • Verhaltenstrainings, • Vorträge, • Zielvereinbarungsgespräche,• ….

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Personalentwicklung – Formen und Methoden

188

Formen und Methoden der PersonalentwicklungFormen und Methoden der Personalentwicklung

into-the-job•Berufsaus-bildung•Einarbeitung•Juniorfirma•Trainee-programm

into-the-job•Berufsaus-bildung•Einarbeitung•Juniorfirma•Trainee-programm

off-the-job•Fachseminare•Studium•Outdoor Training•Corporate•Universities

off-the-job•Fachseminare•Studium•Outdoor Training•Corporate•Universities

on-the-job•Job Enlargement•Job Enrichment•Job Rotation•Projektmitarbeit•Coaching•Mentoring

on-the-job•Job Enlargement•Job Enrichment•Job Rotation•Projektmitarbeit•Coaching•Mentoring

near-the-job•Quality Circles•Lernstatt•Computer/Web-Based Training

near-the-job•Quality Circles•Lernstatt•Computer/Web-Based Training

7. Managementaufgaben in Organisationen7.2 Human Ressource-Management

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Organisatorische Festlegungen:•Reglemente, •Vorschriften, •Handbücher, •örtliche und räumliche Festlegungen,•informationstechnische Festlegungen

•Identität, kollektive Erwartungen, Denkmuster und Hintergrundüberzeugungen („lokale Theorien“), •Werte und Normen,•Einstellungen und Haltungen in der Führung und Zusammenarbeit im Inneren und gegenüber Anspruchsgruppen,•Sprachregelungen und Argumentationsmuster.

(Rüegg-Stürm, J. (2003). Kulturwandel in komplexen Organisationen. Universität St. Gallen, Institut für Betriebswirtschaft. Diskussionspapier No. 49)

Sachebene

Beziehungsebene

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

189

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Risiko

niedrig hoch

Feedbackund

Belohnung

schnell Work hard – Play hard

Brot-und-Spiele-Kultur

Tough-Guy, Macho-Culture

Alles-oder-nichts-Kultur

langsam Process-Culture(Prozess-Kultur oder Bürokratie)

Bet-your-companyAnalytische-Projekt-Kultur

(Terrence E. Deal, Allan A. Kennedy: Corporate Cultures. Perseus, 2000.)

190

Kulturtypologie nach Deal und Kennedy

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur - Kulturtypologie

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

1. Kultur ist die Gesamtheit aller materiellen und immateriellen Hervorbringungen von Menschen.

2. Die Organisationskultur ist die Summe der Besonderheiten der Strukturen und des Wissens in Organisationen.

3. Organisationskultur wirkt sich auf alle Bereiche des Managements aus. 4. Aktivität von Menschen in einer Organisation sind mehr oder minder durch die

Organisationskultur geprägt. 5. Die Organisationskultur beeinflusst auch das Selbstverständnis von

Organisationsmitgliedern. 6. Abhängig vom Selbstverständnis können Ziele besser verwirklicht werden. 7. Die Kommunikation der Organisationskultur beeinflusst Außenstehende in ihrer

Auffassung von der Organisation.

191

(Edgar H. Schein (1985) Organizational Culture and Leadership, San Francisco: Jossey-Bass in Emmanuel Ogbonna)

Schein (1985, S. 25): Organisationskultur ist „ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird.“

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur - Kulturtypologie

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Artifacts

Values

Assumptions

Beobachtbare Verhaltensweisen, Rituale, Mythen

(oft nicht eindeutig und klar)

Kollektivbewusstsein, Gefühl der Zusammengehörigkeit

Grundannahmen, Beziehungen zur Natur und Umwelt,

Zeitorientierung, Aktivitätsmuster

192

Die drei Ebenen der Kultur nach Schein (1985):

(Edgar H. Schein (1985) Organizational Culture and Leadership, San Francisco: Jossey-Bass in Emmanuel Ogbonna)

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur - Kulturtypologie

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwei Idealtypen der kulturellen Anpassung: Tom Burns’ mechanistische und organische Unternehmen

1. Mechanistischer Typ (engl. mechanistic type): • an Umweltbedingungen stabil angepasst,• Aufgabenstellungen des Managements sind in Bereiche aufgeteilt,• klare Kommunikationslinien und • eine klare Hierarchie (siehe Webers Idealtypus bürokratischer Herrschaft).

2. Organistischer Typ (engl. organismic type): • angepasst an instabile Umwelten und variierende Probleme, • Probleme können nicht auf traditionelle Art differenziert werden, statt dessen

kontinuierliche Neudefinition von Einzelaufgaben, • Kommunikation als Informationsaustausch und Ratschlag.

(Burns, t. (1966). On the Plurality of Social Systems in J. R. Lawrence (ed.) Operational Research and the Social Sciences, Tavistock.)

193

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwei Idealtypen der kulturellen Anpassung: Tom Burns’ mechanistische und organische Unternehmen

Mechanistische Organisationen zeigen drei Probleme beim Versuch, mit unsicheren Umwelten besser zurecht zu kommen:

1. In veränderlichen Umwelten sind schnelle Klärungen von Problemen wichtig. Kann der Vorgesetzte ein Problem nicht lösen, so klettert das Problem die Hierarchieebene nach oben. Entscheidungen können ohne die Führungsebene einzubeziehen nicht getroffen werden können.

2. Formale und informale Beziehungen von Vorgesetzten und Untergebenen. Der Leiter ist überarbeitet, seine direkten, häufig übergangenen Führungskräfte frustriert und die Arbeitsebene gelähmt.

3. Problemlösung durch zusätzliche bürokratische Hierarchieebenen. Deren Existenz hängt vom Fortbestehen der Probleme ab (=engl. mechanistic jungle). Problemlösung durch Einführung von Komitees (engl. super-personal oder committee system). Das Komitee ist die traditionelle Methode, mit vorübergehenden Problemen umzugehen, die nicht von einer einzelnen Funktion oder Person gelöst werden können. Als Dauerlösung ist das Komitee völlig ungeeignet, da es die Loyalitäten und Karrierestrukturen der Abteilungen zerstört.

(Burns, t. (1966). On the Plurality of Social Systems in J. R. Lawrence (ed.) Operational Research and the Social Sciences, Tavistock.)

194

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Zwei Idealtypen der kulturellen Anpassung: Tom Burns’ mechanistische und organische Unternehmen

Verständnis von Organisationen erfordert:1. Kenntnis der formalen Autoritätsstrukturen, die sich aus den Organisationszielen

ergeben und mit denen es sich seiner Umwelt anpasst,2. Kenntnis der Organisation als Lebensumwelten, in denen Karrieren stattfinden,

und3. Kenntnis von Organisationen als politische Systeme, wo es Macht geht und um

Formen von Kooperation und Konkurrenz von Menschen und Abteilungen.

(Burns, t. (1966). On the Plurality of Social Systems in J. R. Lawrence (ed.) Operational Research and the Social Sciences, Tavistock.)

195

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Verlauf eines Kulturwandels:

196

(Schreyögg/Steinmann (2000): Management; nach: Dyer (1985): The Cycle of Cultural Evolution in Organizations)

1. Die Institutionelle Entlastung kultureller Muster versagt. Bewährte Interpretations-und Handlungsmuster lösen nicht das Problem.

6. Eine neue Kultur entfaltet sich mit neuen Symbolen, Riten usw.

5. Wenn es den neuen Orientierungen gelingt, die Krise zu meistern, werden sie akzeptiert.

2. Es tritt Verunsicherung ein. Die Symbole und Riten verlieren an Glaubwürdigkeit, werden kritisiert.

3. „Schattenkulturen“ treten hervor oder eine neue Führungsmannschaft versucht, neue Orientierungsmuster aufzubauen.

4. Alte und neue Kulturen kommen in Konflikt.

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Unternehmen Branche Werte

Allianz Versicherung

• Kundenorientierung• Integrität• Anerkennung unserer Mitarbeiter• Streben nach herausragender Leistung• Einhaltung unserer Zusagen

BASF Chemie

• Nachhaltiger Erfolg• Innovation für den Erfolg unserer Kunden• Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz• Persönliche und fachliche Kompetenz• Gegenseitiger Respekt und offener Dialog• Integrität

Daimler AG Automotive• Höchstleistung• Verantwortung• Aufgeschlossenheit

197

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur - Beispiele

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Unternehmen Branche Werte

SAP Software

• Kundenorientierung• Qualitätsbewusstsein• Streben nach herausragenden Produkten• Integrität• Verantwortung• Enthusiasmus für immer höhere Leistungen

Telekom Tele-kommunikation

• Steigerung des Konzernwerts• Partner für den Kunden• Innovation• Respekt• Integrität• Top-Exzellenz

198

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur - Beispiele

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Vision /

Leitbildentwicklung

Wer: Führungskräfte (Elite) und GruppenAusrichtung: Hinterfragung von Zielen

Kommunikationsforen

(die Innensicht)

Wer: Individuen und Gruppen Ausrichtung: Hinterfragung von Werten und Normen

Imageanalysen

(die Außensicht)

Wer: OrganisationsmitgliederAusrichtung: Hinterfragung von Werten und Normen

199

7. Managementaufgaben in Organisationen7.3 Management des Wandels der Organisationskultur

Kulturentwicklung als Lernprozess

Vorlesungsinhalt

1. Einführung: Begriffliches, Organisieren und negatives Organisieren

2. Organisationstypologien: eine Auswahl

3. Elemente von Organisationen: Ziele, formale und informale Strukturen, Mitglieder, Technologie, Umwelt

4. Zwei grundsätzliche Erklärungsansätze und Anwendungsbeispiele:− Das Modell der Ressourcenbündelung (Initiierungs-, Entscheidungs- und

Verteilungsprobleme korporativer Akteure)− Organisationen als Hierarchien – Transaktionskostenansatz

5. Konzeptionen von Organisationen:− Organisationen als rationale Systeme − Organisationen als natürliche Systeme− Organisationen als Resultat von Struktur-Situationsbeziehungen (Kontingenztheorie)− Betriebswirtschaftliche Konzeption− Evolutionäre Konzeption von Organisationen

6. (Neo-)Institutionalismus mit einem Exkurs über die Universität zwischen Institution und Organisation

7. Managementaufgaben in Organisationen− Strategisches Management− Human Resources-Management− Management des Wandels der Organisationskultur

8. Wie misst man Organisational Performance (OP)?

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Model Definition Usefulness of

approachLimitations according to the context

of NPOs, respectively of NSGBs

Goal attainmentapproach

It accomplishes its stated goals.

Goals are clear, measurable and time

constrained.

Goals are often intangible, changing, and unrealistic. Notion of an organization as a rational system, the ac-companying strong emphasis of the production func-tion, and the limited importance attached to the relationships to the (general social, cultural and technical) environment as well as to the legitimization function seem to be challenging.

Systems resourceapproach

It acquires the resources needed.

A clear connection exists between inputs

and outputs.

Some resources come from the trusteeship and are annually renewable. Clear connection between inputs and performance seems in front of empirical results in the context of the effectiveness of sport development programs to be problematic.

8 Wie misst man organisational Performance (OP)?8.1 Main theoretical models of OP

(entnommen aus Barth, Emrich & Daumann, 2018)

201

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Model Definition Usefulness of

approachLimitations according to the context

of NPOs, respectively of NSGBs

Internal processapproach

It creates no internal strains,

with smooth internal

functioning.

A clear connection exists between

organizational process and the primary goal.

This connection is in general not as clear as for private organizations. Serious doubts have to be cast on claims of correct (empirically proven) causal links between internal processes (in this case limited to the program) and output, due to existing empirical findings with re-gard to central deductions for the construction prin-ciples of long-term training, and promotion concepts used in the scope of “production” of sporting success.

Strategicconstituencies

approach

All strategic constituencies

have a minimum degree of

satisfaction.

Constituencies have powerful influence on the organization (as in

terms of little organizational slack) and it has to respond

to demands.

Hard to operationalize in terms of feasibility and time due to huge amount of constituencies. Weak validity.

8 Wie misst man organisational Performance (OP)?8.1 Main theoretical models of OP

(entnommen aus Barth, Emrich & Daumann, 2018)

202

Organisation... – Univ.-Prof. Dr. Eike Emrich

Model Definition Usefulness of

approachLimitations according to the context

of NPOs, respectively of NSGBs

CVA

The evaluation of the organization in

four areas matches

constituent preferences.

The organization has no clear view of its own priorities, or

shows a quick change in the criteria over

time.

Difficulty of realization. Does not assess in detail the ability to achieve goals.

8 Wie misst man organisational Performance (OP)?8.1 Main theoretical models of OP

(entnommen aus Barth, Emrich & Daumann, 2018)

203