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Vorlesungsbegleitende Unterlagen zur Vorlesung BWL I — Teil A von Prof. Dr. Matthias Sander Christoph Safferling Wintersemester 2000/2001

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Vorlesungsbegleitende Unterlagen

zur Vorlesung BWL I — Teil A

von Prof. Dr. Matthias Sander

Christoph Safferling

Wintersemester 2000/2001

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Inhaltsverzeichnis

1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 31.1 Der Erfahrungsgegenstand der BWL . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.1.1 Der Begriff des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.2 Arten von Betrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Der Erkenntnisgegenstand der BWL . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.1 Der Begriff des Wirtschaftens . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.2 Das Okonomische Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.3 Betriebliche Leistungs- und Finanzprozesse im Uberblick . . . . . 4

2 Beschaffung und Lagerhaltung 52.1 Begriffliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.1.2 Arten von Verbrauchsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . 52.1.3 Vertragsmaßige Materialbeschaffung . . . . . . . . . . . . 62.1.4 Physische Materialbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2 Ziele der Materialwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Materialbedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.3.1 Programmgebundene Materialbedarfsplanung . . . . . . . 82.3.2 Verbrauchsgebundene Materialbedarfsplanung . . . . . . . 92.3.3 Materialklassifizierung mit Hilfe der ABC–Analyse . . . . 10

2.4 Lagerplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.4.1 Lagerarten und Lagerfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 112.4.2 Lagerhaltung und Organisation der Beschaffung . . . . . 112.4.3 Langfristige Lagerkapazitatsplanung . . . . . . . . . . . . 122.4.4 Kurzfristige Bestellplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3 Produktion 143.1 Grundlagen der Produktionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.2 Produktionsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.3 Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3.1 Produktionsfunktion vom Typ A . . . . . . . . . . . . . . 153.3.2 Die Cobb–Douglas Produktionsfunktion . . . . . . . . . . 183.3.3 Leontieff Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 193.3.4 Produktionsfunktion vom Typ B . . . . . . . . . . . . . . 19

3.4 Grundlagen der Kostentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.4.1 Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223.4.2 Minimalkostenkombination . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.4.3 Kostenfunktion fur den Typ B . . . . . . . . . . . . . . . 25

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4 Absatz 284.1 Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.1.1 Marketingziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284.1.2 Marketinginstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.2 Produkt- und Sortimentspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294.2.1 Produktinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304.2.2 Produktvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324.2.3 Produktdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334.2.4 Produkteliminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334.2.5 Sortimentsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4.3 Kontrahierungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344.3.1 Grundlagen der Preispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 344.3.2 Ansatze der Preistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364.3.3 Praxisorientierte Ansatze der Preisfindung . . . . . . . . . 38

4.4 Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394.4.1 Ziele der Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . 394.4.2 Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4.5 Distributionspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414.5.2 Absatzwegewahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414.5.3 Absatzmittlerwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

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Kapitel 1

Gegenstand derBetriebswirtschaftslehre

Die BWL ist eine Realwissenschaft. Sie behandelt uberwiegend wirtschaftliche,aber auch technische, religiose, rechtliche, kulturelle und weitere Sachverhalte.Das Objekt der Untersuchung (der Begierde) ist ein Betrieb.

1.1 Der Erfahrungsgegenstand der BWL

1.1.1 Der Begriff des Betriebs

Betrieb: Eine technische, soziale und wirtschaftliche Einheit mitder Aufgabe der Bedarfsdeckung mit selbststandigenEntscheidungen und eigenen Risken. (Kosiol, 1962)

Wird der Eigenbedarf gedeckt, so spricht man von Haushalten, wird erFremdbedarf gedeckt, so ist von einem Unternehmen die Rede. Betrieb wirdhier als Oberbegriff verwendet.

1.1.2 Arten von Betrieben

� Private Unternehmen verfolgen privatwirtschaftliche Ziele. Unter diesensind die des Umsatz- oder der Gewinnmaximierung am prominentesten.

� Offentliche Unternehmen verfolgen gemeinwirtschaftliche Ziele. Als Bei-spiele konnen z.B. Verlustminimierung oder Absatzmaximierung dienen.

� Private Haushalte: hier wird zwischen ursprunglichen und abgeleitetenHaushalten differenziert.

– Ursprungliche Haushalte sind das, was man sich unter den Haushal-ten vorstellt: Familien, Einpersonenhaushalte usw.

– Abgeleitete Haushalte sind Haushalte im weiteren Sinne: Vereine,Verbande oder Gesellschaften burgerlichen Rechts

� Offentliche Haushalte konnen in Form von Korperschaften sowie Anstaltenoder offentlich-rechtliche Stiftungen auftreten.

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Weiterhin wird zwischen Sachleistungs- und Dienstleistungsunternehmen un-terschieden.

1.2 Der Erkenntnisgegenstand der BWL

Erkenntnisgegenstand der BWL ist das wirtschaften in Betrieben und der opti-maler Einsatz knapper Guter in denselben.

1.2.1 Der Begriff des Wirtschaftens

Wirtschaften ist der Entscheiden uber die Verwendung von knappen Gutern inBetrieben.

Auf Gewinnmaximierung wird sich dabei nicht konzentriert, da dieses alsErkenntnisgegenstand nicht ausreicht.

1.2.2 Das Okonomische Prinzip

Ausgangspunkt ist das

Rationalprinzip

gemilderte Form: strenge Form:der zielbezogene Einsatz der knappen Guter optimale Ausbringung bei gegebenen knappen

Guternoder: gegebene Ziele sollen mit minimalen Ein-satz der knappen Guter erreicht werden

Ergiebigkeitsprinzip(okonomisches Prinzip i. w. S.)

wirtschftliche Ergiebigkeit(okonomisches Prinzip i. e. S.)

sozialeErgiebigkeit

materielleErgiebigkeit

okologischeErgiebigkeit

wertmaßig(Okonomizitat)

mengenmaßig(Technizitat)

Absolut(Gewinn)

Relativ(Rentabilitat)

1.3 Betriebliche Leistungs- und Finanzprozesseim Uberblick

Bei der Wertschopfung im Unternehmen (Value Added) spricht man vom Um-satz minus den Vorleistungen. Die betriebliche Wertschopfung ist Teil der ge-samtwirtschaftlichen Wertschopfung, dem Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Die Wertschopfungskette im Unternehmen sieht stark vereinfacht wie folgtaus:

Beschaffung → Produktion → Absatz

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Kapitel 2

Beschaffung undLagerhaltung

2.1 Begriffliche Grundlagen

2.1.1 Definitionen

Kleine Vokabelstunde fur BWLer:

� Beschaffung i. w. S.: Die Versorgung des Unternehmens mit Produktions-faktoren (Kapital, Informationen, Material, Personal etc.)

� Beschaffung i. e. S.: Die Versorgung des Unternehmens mit Verbrauchs-faktoren

2.1.2 Arten von Verbrauchsfaktoren

� Betriebsmittel: Anlagen mit Nutzungspotential uber mehrere Perioden(keine Verbrauchsfaktoren)

� Verbrauchsfaktoren: Gehen bei einmaliger Nutzung im Wertschopfungs-prozeß unter

� RHB-Stoffe

R: Realguter, die unmittelbar in die produzierten Guter eingehen unddessen Hauptbestandteil sind

H: Hilfsguter, die in die Produktion mit eingehen; sie erfullen eine Ne-benfunktion und sind von untergeordneter Bedeutung

B: Betriebsmittel, die nicht in die Produktin mit eingehen.

� Bezogene Teile (Kaufteile): Halbfertigfabrikate und vorveredelte Produktefallen unter diese Kategorie.

� Handelsware: werden verkauft, aber nicht selbst hergestellt oder verandert.

� RH–Stoffe und Halb- sowie Fertigfabrikate werden Werkstoffe genannt.

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2.1.3 Vertragsmaßige Materialbeschaffung

Unter die vertragsmaßige Materialbeschaffung (Einkauf) fallt die Gestaltungder Kontrahierungsbeziehungen zu den einzelnen Beschaffungspartnern. Manunterscheidet zwischen vier verschiedenen Politiken.

Beschaffungsprogrammpolitik

Bei der Beschaffungsprogrammpolitik geht es um die Frage, welche Guter inwelcher Menge in eigener Leistung erstellt werden. Eine Vertikale Integrationbenotigt weniger outsourcing1, hier wird also uber Fremd- oder Eigenbezugentscheiden.

Dazu bedient man sich des Mittels der Break–Even–Analyse. Fremdbezughat im Allgemeinen die geringeren Fixkosten, dafur aber hohere variable Kosten.Daraus laßt sich auf einfache Weise die optimale Menge x∗ feststellen, ab dersich der Fremdbezug nicht mehr lohnt.

Die Fremdbezugskosten Kf und die Eigenherstellungskosten Ke mussen sichim Break-Even-Punkt gleichen.

KeF +Ke

V (x) = KfF +Kf

V (x)

⇒ x∗ =KfF −Ke

F

KeV −K

fV

Beschaffungspartnerpolitik

Bei der Beschaffungspartnerpolitik steht die Auswahl der Lieferanten im Mit-telpunkt. Es stellt sich die Frage des Singe-Sourcing oder des Multiple-Sourcing,d.h. ob ein oder ob mehrere Lieferanten beauftragt werden. Je nach Entschei-dung ergeben sich unterschiedliche Vor- und Nachteile bei der Versorgung, denKonditionen und der Abwicklung.

Versorgung Konditionen Abwicklungein Lieferant – + +

mehrere Lieferanten + – –langfr. Vertrag + – +

fallweiser Einkauf – + –

Beschaffungspreis- und konditionenpolitik

Diese Politik ist eng mit der Beschaffungspartnerpolitik verbunden, da bei derAuswahl der Lieferanten diese Gesichtspunkte meist mit erortert werden.

Gerne wird die Auswahl mittels eines Scoringverfahrens2 vollfuhrt. Dabeiwird in einer Tabelle den einzelnen Merkmalen Punkten zugeordnet und diesedann gewichtet. Bei vielen potentiellen Lieferanten kann es sinnvoll sein, zuerst

1Obwohl”outgesourced“ bereits im Duden steht, sollte man es vielleicht doch lieber ver-

meiden, dieses Wort in der Schriftsprache zu benutzen.2Zum Verfahren bei der Scoring Analyse siehe S. 31

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eine Grobgliederung und Grobauswahl der Lieferanten zu berechnen und erstdanach die Feinunterscheidung vorzunehmen.

So kommt man schließlich zur gewichteten Gesamtpunktzahl (GGPZi) furden einzelnen Lieferanten i.

GGPZi =∑j

gj · aij

Mit gj als der Gewichtung und aij als der Punktzahl fur das Kriterium j.

Beschaffungskommunikationspolitik

Die Beschaffungskommunikationspolitik zielt auf die Beeinflußung der Beschaf-fungspartner vor, wahrend und nach dem Beschaffungsvorgang. Wird sie davorangewand spricht man von Beschaffungsanbahnung, wahrend des eigentlichenVorgangs spricht man von der Verhandlung und danach von der Pflege der Be-ziehungen.

Der Grund dafur, daß auch nach den Verhandlungen noch Kommunikations-politik betrieben wird ist der, daß sogenannte ”Lead Users“ bei einem Lieferan-ten gunstigere Konditionen erzielen konnen.

2.1.4 Physische Materialbeschaffung

Die physische Materialbeschaffung (Logistik) hat die Aufgabe, die Unterneh-mensprozesse mit Material zu versorgen.

Logistik: eine Querschnittsfunktion, deren Aufgabe es ist, dieraumlichen, zeitlichen und mengenmaßigen Differenzenzwischen Zulieferen (auch: Lager) und Abnehmern zuuberbrucken.→ Logistische Funktion

Es existieren verschiedene Funktionen der Lagerung, des Transports, derMaterialhandhabung- und verpackung. In dieser Vorlesung beschranken wir unsauf die Lagerung und auch hier lassen wir den wichtigen strategischen Aspektder Standortplanung aus. Vielmehr wenden wir uns dem operativen Aspekt derBestellmengen und der Zeitpunkte der Bestelung zu.

2.2 Ziele der Materialwirtschaft

Die Ziele lassen sich in generelle Ziele und Einzelkriterien aufspalten. GenerelleZiele beinhalten die

� Technische Komponente: die Bereitstellung einer bestimmten Menge undQualitat eines Produkts zur richtigen Zeit am richtigen Ort

� Okonomische Komponente: hier gelten ubergeordnete okonomische Ziele,wie z.B. die Gewinnmaximierung

Außerdem werden noch die Einzelkriterien berucksichtigt:

� Produktqualitat

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� Zeit, Ort, Quantitat

� Kosten

� Flexibilitat (Just–in–Time Production)

2.3 Materialbedarfsplanung

2.3.1 Programmgebundene Materialbedarfsplanung

Zur Ermittlung des Gesamtbedarfs bei der programmgebundenen Materialbe-darfsplanung geht man in folgenden Schritten vor:

1. Die Primarbedarfsmenge Yi i = 1, . . . , n wird als unabhangiger, exogengegebener Bedarf ermittelt. Sie ergibt sich aus der Absatz- bzw. Vorrats-planung.

2. Zur Erstellung von Yi sind bestimmte Rohstoffe, Teile und/oder Baugrup-pen notwendig:

aij bzw. A = (aij)

aij bezeichnet die Menge eines Guts i, das unmittelbar zur Herstellungeiner Einheit des Guts j benotigt wird. Es ergibt sich so der Input- oderDirektbedarfskoeffizient.

3. Gesucht sind die Gutermengen Si, die benotigt werden um Yi herzustellen.

Si = Sekundarbedarf =n∑j=1

aijxj ∀ i

Es gilt: Gesamtbedarf = Primarbedarf + Sekundarbedarf

Xi = Yi + Si

= Yi +n∑j=1

aijxj

4. Alternativ ist es auch moglich den Gesamtbedarf in der Vektorschreibweisezu ermitteln. ~x = (x1, . . . , xn) ~y = (y1, . . . , yn)

~x = ~y +A · ~x bzw.~y = (E −A) · ~x

Mit E als der Einheitsmatrix, A wie oben. Es folgt sofort:

~x = (E −A)−1 · ~y= G · ~y

G stellt hier die gesuchte Gesamtbedarfsmatrix dar.

Wie bei allen mathematischen Annaherungen in den Wirtschaftswissenschaf-ten ist auch diese mit Problemen behaftet. Folgende Probleme konnen auftreten:

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1. Existiert eine eindeutige Losung des linearen Gleichungssystems

Xi = Yi +n∑j=1

aijxj ?

2. Falls eine Losung existiert, sind alle Gesamtbedarfsmengen > 0 ?

Falls gilt: G = (E − A)−1 ≥ 0, so sind die Probleme nicht existent. Diesesist bei Zyklenfreiheit immer gewahrleistet.

Ein Gozintograph ist ein haufig verwendetes Hilfsmittel, um die inner-betrieblich verworrenen Produktionsfaktorenbedarfe zu visualisieren. Hierbeiwerden die End- und Zwischenprodukte in produktionstechnisch hintereinan-der folgenden Reihenfolge gebracht und durch Pfeile werden die Betriebswegedargestellt. Der praktische Nutzen sei dahingestellt.

2.3.2 Verbrauchsgebundene Materialbedarfsplanung

Bei der verbrauchsgebundenen Materialplanung wird aus Daten vergangenderPerioden der jetzige Verbrauch geschatzt. Neben den bekannten statistischenMoglichkeiten wie etwa das arithmetrische Mittel oder der gewogene, gewichteteDurchschnitt sind noch weitere Verfahren von Interesse, um die wir uns hierkummern werden.

Die Exponentielle Glattung

Hierbei wird der Verbrauch der Vorperiode VT ”geglattet“ um den Prognose-fehler der Vorperiode, multipliziert mit einem Glattungsfaktor a. ∗-Werte sindin diesem Fall Prognosewerte.

V ∗T = V ∗T−1 + a (VT−1 − V ∗T−1)︸ ︷︷ ︸Prognosefehler

Je großer a, desto starker werden jungere Daten gewichtet.

Gute des Prognosefehlers

Die Gute des Prognosefehlers ist eine wichtige Große, um das Verfahren beur-teilen zu konnen. Sie berechnet sich durch die Mittlere Absolute Abweichung(MAA):

MAA =1n

n∑t=1

∣∣Vt − V ∗t ∣∣Alle drei Verfahren (Arithmetrisches Mittel, gewogener, gewichteter Durch-

schnitt und die Exponentielle Glattung) konnen aber offensichtlich nicht beieinem trendformigen Verlauf der Daten benutzt werden (permanent steigendeDaten), da sie den Bedarf so permanenten unterschatzen wurden. Im diesemFalle muß man zum Modell der Einfachen Linearen Regression ubergehen.

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Einfache Lineare Regression

Bei der Linearen Einfachregression3 wird die Summe der quadratischen Abwei-chungen zwischen den tatsachlichen Verbrauchswerten und der per Regressi-onsgraden geschatzten Verbrauchswerten minimiert. Als Basis dient das lineareSchatzmodell V ∗t = α+ β · t.∑

e2t =

∑(Vt − V ∗t )2 =

∑(Vt − α− β · t)2 → min!

Ableiten nach α und β sowie Nullsetzen ergiebt die notwendige Bedingungfur ein Minimum als

α = V − β · t und

β =1n

[∑t · Vt − V · t

]1n

[∑t2 − t2

]=

∑ t · Vt − V − tt2 − t2

mit V = 1n

∑Vt und t = 1

n

∑t.

Aber auch dieses Modell lost nicht das Grundproblem der verbrauchsorien-tierten Materialbedarfsschatzung: es werden Vergangenheitswerte extrapoliert,ohne die Ursachen der Schwankungen zu berucksichtigen. Genausowenig werdenzukunftige Entwicklungen nicht berucksichtigt. Diese Modelle sind nur adequatbei Konstanz der Rahmenbedingungen.

2.3.3 Materialklassifizierung mit Hilfe der ABC–Analyse

Im Allgemeinen gilt, daß die programmbezogene Materialbeschaffung mit hoher-en Planungskosten verunden ist, dafur aber genauere und zuverlassigere Datenliefert. Da bei teureren Materialien die Opportunitatskosten der Lagerhaltunghoher sind, lohnt es sich bei diesen eher eine programmbezogene Materialbe-schaffung durchzufuhren. Um aber entscheiden zu konnen, welche der Materia-lien programmbezogen und welche verbrauchsorientiert beschafft werden sollen,muß man eine Differenzierung der Materialarten vornehmen.

A–Guter hoher Wertanteil, geringer MengenanteilB–Guter liegen zwischen A und C GuternC–Guter geringer Wertanteil, hoher Mengenanteil

Um die Materialien einordnen zu konnen geht man folgenderweise vor:

1. Wertmaßiger Periodenverbrauch (Verbrauchsmenge mal Preis pro Einheit)fur jede Materialeinheit ermitteln

2. Wertmaßiger Periodenverbrauch des jeweiligen Materials wird in Verhalt-nis zum wertmaßigen Gesamtverbrauch gesetzt

3Man erinnere sich an die Methode der kleinsten Quadrate in Statistik I!

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3. Einzelne Materialarten werden in absteigender Reihenfolge hinsichtlich ih-res prozentualen Anteils am wertmaßigen Verbrauch sortiert

Eine graphische Darstellung ist in Folie (B-12) der Foliensammlung vom WS2000/2001 zu finden.

2.4 Lagerplanung

2.4.1 Lagerarten und Lagerfunktionen

� Lagerarten, in Reihenfolge des Produktionsprozesses:

– Eingangslager

– Handlager

– Zwischenlager

– Ausgangslager

� Lagerfunktionen:

– Ausgleichsfunktion: das Lager soll Mengen- und Zeitdifferenzen uber-brucken

– Sicherungsfunktion: Uberbruckung von Engpassen

– Spekulationsfunktion: Lagerhaltung bei steigenden Preisen

2.4.2 Lagerhaltung und Organisation der Beschaffung

Bei nur geringen Lagerhaltungen steigen die Beschaffungskosten, da haufigerGuter bestellt werden mussen. Dagegen steigen die Lagerhaltungskosten beigroßer Lagerhaltung. Offensichtlich muß es Modelle geben, die zur optimalenBeschaffungsmenge und zum optimalen Beschaffungsintervall fuhren.

Fallweise Beschaffung

Hier wird erst bei einem konkreten Bedarf das benotigte Material beschafft.Lagerhaltung ist (fast) nicht gegeben, somit auch kaum Lagerhaltungskosten.Dagegen besteht ein hohes Risiko der Produktionsunterbrechung.

Vorratsbeschaffung

Es werden extensive Vorrate aller benotigten Guter angelegt. Die Lagerkostensteigen immens, aber das Risiko eines Produktionsausfalls ist, zumindest wasZulieferengpasse angeht, gleich Null.

Fertigungssynchrone Beschaffung

Bei dieser Art der Materialbeschaffung, in letzter Zeit als ”Just in Time Prinzip“bekannt geworden, werden nur minimale Lagerbestande aufrecht erhalten. Eswerden langfristige Liefervertrage mit hohen Konventionalstrafen abgeschlossen,die eine exakte und stetige Einhaltung der Termine und auch der Qualitat dergelieferten Waren garantieren sollen.

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2.4.3 Langfristige Lagerkapazitatsplanung

Langfristig mussen einige Fragen geklart werden, um die optimale Lagerkapa-zitat herausfinden zu konnen.

1. Wie groß soll das Lager sein?

→ Kapazitatsplanung

2. Wo soll das Lager gebaut werden?

→ Standortplanung

→ Minimierung der Transportwege

→ Wie viele Lager?

3. Wie soll das Lager ausgestattet werden?

→ Freilager vs. Gebaudelager

→ Speziallager: Tanks, Silos etc.

→ Bodenlager vs. Regallager

→ Ausstattungs- und Organisationsplanung

2.4.4 Kurzfristige Bestellplanung

Kurzfristig gilt es die zeitliche Abgrenzung zwischen Bedarf und Beschaffungnicht. Der Gesamtbedarf B kann fast wie am Stuck beschafft werden. Es giltdie Zentrale Formel der Guterwirtschaftlichen BWL4:

B = m · h

Gesamtbedarf B ist gleich Haufigkeit h der Bestellungen pro Periode malder Bestellmenge m.

Die optimale Bestellmenge

Die optimale Bestellmenge wird aus einen Optimierungskalkul errechnet:5

K = B · p+KF

m·B +

m · p2· q → min!

mit p als Preis der Mengeneinheit, KF als Bestellfixe Kosten pro Bestellung,q = (i + l) als dem Opportunitatskostensatz der Lagerhaltung mit i als Zins-kostensatz und l als Lagerkostensatz, m der unbekannten Bestellmenge und Bdem Jahresbedarf.

Als notwendige Bedingung fur ein Kostenminimum muß die erste Ableitunggleich Null gesetzt werden und wir erhalten so:

dKdm

=−B ·KF

m2+p · q

2!= 0

4Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich diesen Schrott hier uberhaupt studiere5Gesamtkosten = unmittelbare Beschaffungskosten + mittelbare Beschaffungskosten +

Lagerkosten, jeweils pro Jahr

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Oder umgeformt die optimale Bestellmenge als:

mopt = +

√2B ·KF

p · q

Pramissen des Modells

� B unter Sicherheit bekannt

� Kontinuierlicher Lagerverbrauch (wg. mp2 )

→ Produktionsgeschwindigkeit gleich

� Beschaffungsgeschwindigkeit ist ∞ groß

� Kein Schwund oder Verderb

� p konstant

� Keine finanziellen Restriktionen

� Zinskosten q = (i+ l) konstant

� Keine Lagerraumrestriktionen

� Keine fixen Lagerkosten

� KF unabhangig von m

� Keine Abnahmevorschriften (z.B. Mindestabnahmemengen)

Das Modell in der Praxis

In der Praxis wendet man die Grundgleichung der BWL

B = m · h

entweder als Bestellpunktsystem mit B und m als fixen Werten oder alsBestellrythmussystem mit B und h als fixen Werten an.

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Kapitel 3

Produktion

3.1 Grundlagen der Produktionstheorie

Produktion Erstellung von Leistungen durch Kombination von ver-schiedenen Einsatzfaktoren.

Aufgaben der Produktionstheorie

1. Erklarung des mengenmaßigen Zusammenhangs zwischen Input und Out-put

2. Aufzeigen von Einflußgroßen auf den Faktorverbrauch

3.2 Produktionsfaktoren

Produktionsfaktoren nach Gutenberg

Werkstoffe Arbeits- undBetriebsmittel

MenschlicheArbeitskraft

abnutzbar nichtabnutzbar

objekt-bezogen

dispositiv

� Potentialfaktoren (Bestandsfaktoren) sind zu gebrauchte Faktoren. Siewerden langerfristig gebraucht.

� Repetierfaktoren (Verbrauchsfaktoren) sind zu verbrauchende Fakto-ren, die bei der Wertschopfung untergehen.

3.3 Produktionsfunktionen

Eine Produktionsfunktion gibt den mengenmaßigen Zusammenhang zwischenEinbringungs- (Input) und Ausbringungsmenge (Output) an.

Die Outputmenge x wird mit den Einsatzmengen (r1, . . . , rn) der n Produk-tionsfaktoren hergestellt.

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Produktionsfunktion fur Einproduktunternehmen

x = x(r1, . . . , rn)

Produktionsfunktion fur Mehrproduktunternehmen

(x1, . . . , xm) = f(r1, . . . , rn)

fur m Produkte und n Produktionsfaktoren.

Produktionsfkt. bei substitutionalen Faktoreinsatzbedingungen

Zwischen Ausbringungsmenge und Einsatzmenge besteht kein fester Zusammen-hang.

� Produktionsfunktion vom Typ A (Das Ertragsgesetz)

� Cobb–Douglas Produktionsfunktion

Es gilt:

� Der Produktionskoeffizient ist variabel

ai =rix

mit ai als Produktionskoeffizient des Faktors i, ri als Einsatzmenge desFaktors i und x als Outputmenge

Produktionsfkt. bei limitationalen Faktoreinsatzbedingungen

Einsatzmenge von Faktoren steht in einem festen Einsatzverhaltnis zur Output-menge (meist technisch bedingt).

� Leontieff Produktionsfunktion

� Produktionsfunktion vom Typ B

Es gilt:

� Der Produktionskoeffizient ist konstant.

� Periphere Substitution: Produktionsfaktoren gegenseitig ersetzbar, abernicht vollstandig!

3.3.1 Produktionsfunktion vom Typ A

Die Produktionskunktion vom Typ A (sh. Abb. C–3 der Foliensammlung, auchDas Ertragsgesetz1 genannt) ist von Turgot im 18. Jahrhundert entwickeltworden. Als Ausgangspunkt benutzte er das Beispiel einer Arbeit in der Land-wirtschaft.

Die Hypothese war, daß man zuerst einen uberproportional steigenden Gren-zertrag (bis Punkt A) bei Erhohung der Inputmenge, danach jedoch einen un-terproportional steigenden (bis Punkt B und letztendlich doch einen negativenGrenzertrag (ab Punkt B) hatte.

Das Modell beruht auf folgenden Pramissen:1With a capital “D” and “E”!

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� Die Produktionsfaktoren sind substituierbar

� Die Produktionsfaktoren sind in beliebig kleinen Mengen einsetzbar (ste-tige Teilbarkeit der Inputfaktoren)

� Ein qualitativ gleichbleibendes einziges Produkt wird erzeugt

� Der Gesamtbetrieb wird betrachtet

� Produktionstechnik ist konstant

� Statische Betrachtungsweise

� Es besteht eine direkte Beziehung zwischen Input und Output

Es ergeben sich zwei Betrachtungsweisen:

1. x = x(r1, c): Es wird nur ein Faktor variiert, alle anderen bleiben konstant(ceteris paribus–Annahme)

2. x = x(r1, r2, c): Zwei Faktoren werden variiert (Partielle Faktorvariation2)

Totale Faktorvariation

Damit wir die Produktionsfunktionen auch mathematisch handhaben konnen,mussen noch einige Begriffe geklart werden, die aber alle aus der totalen Fak-torvariation heraus entstanden sind:

dx =∂x

∂r1· dr1 + · · ·+ ∂x

∂rn· drn =

n∑i=1

∂x

∂ri· ri

Grenzertrag

Der Grenzertrag eines Produktionsfaktors i ist folgendermaßen definiert:

GE =∂x

∂ri

und gibt die Anderung des Ertrags fur eine marginale Anderung des Input-faktors i an.

Durchschnittsertrag

Und auch noch der Durchschnittsertrag, der folgendermaßen definiert ist:

DE = ei =x

ri

Der Durchschnittswert ergibt sich aus der Division des Ordinatenwerts ineinem bestimmten Punkt der Gesamtertragsfunktion durch den dazugehorigenAbszissenwert. Es ergibt sich die Steigung eines Fahrstrahls aus dem Ursprung(tanα).

2Die partielle Faktorvariation ist die totale Faktorvariation bei Veranderung nur einesInputfaktors

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Es gilt: im Maximum der Durchschnittsertragskurve ist der Durchschnitts-ertrag gleich dem Grenzertrag. Dieses laßt sich mehr oder weniger trivial ma-thematisch zeigen:

ei =x(ri, c)ri

deidri

=∂x∂riri − xr2i

!= 0

Die Ableitung wurde mit der Quotientenregel vollfuhrt. Einfaches umformenliefert uns nun:

ri∂x

∂ri= x

Multiplizieren mit (1/ri) liefert uns die gewunschte Große:

∂x

∂ri=x

ri

was unserem Durchschnittsertrag ei entspricht.Dieses laßt sich auch intuitiv begrunden. Solange der Grenzertrag uber dem

Durchschnittsertrag liegt, erhoht jede weitere Einheit des Outputs den Durch-schnittsertrag. Liegt der Grenzertrag jedoch unter dem Durchschnittsertrag,sinkt dieser bei jeder weiteren Einheit, da die weitere Einheit weniger Ertragliefert als der Durchschnitt aller anderen bis jetzt.

Produktionselastizitat

Die Produktionselastizitat (εx,ri) gibt die prozentuale Veranderung des Outputsbei 1% er Veranderung des Inputfaktors ri an. Sie ist definiert als dem Verhaltnisvon Grenzertrag und Durchschnittsertrag.

εx,ri =∂x

∂ri· rix

=∂x/∂rix/ri

=Grenzertrag

Durchschnittsertrag

Die Produktionsfunktion vom Typ A ist keine Iso–Elastische Funktion,da sich εx,ri entlang der Produktionsfunktionskurve andert.

Grenzrate der Substitution

Die Grenzrate der Substitution (GRS) wird aus dem totalen Grenzprodukt furden 2–Faktoren Fall gewonnen.

dx =∂x

∂r1· dr1 +

∂x

∂r2· dr2

Fur dx = 0 folgt:

dr2

dr1= −∂x/∂r1

∂x/∂r2

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Die GRS ist somit gleich dem negativen, umgekehrten Verhaltnis der Grenz-produktivitaten. Sie sagt aus, um wie viele Einheiten Faktor 2 verandert werdenmuß, um bei gleichem Output die Menge des Faktors 1 um eine Einheit verrin-gern zu konnen.

Das Vierphasenshema des Ertragsgesetzes

Da jetzt alle Grundbegriffe erklart sind, konnen wir die Abb (C–6) in der Foli-ensammlung untersuchen. Das Ertragsgesetz laßt sich in vier Phasen aufspalten:

1. Phase: erstreckt sich bis zum Maximum der Grenzertragsfunktion

� Gesamtertrag: positiv und steigend

� Grenzertrag: positiv und steigend

� Durchschnittsertrag: positiv und steigend

� Produktionselastizitat: positiv und fallend

2. Phase: endet beim Maximum des Durchschnittsertrags

� Gesamt- und Druchschnittsertrag: positiv und steigend

� Grenzertrag und εx,ri : positiv und fallend

3. Phase: bis zum Maximum der Gesamtertragsfunktion

� Gesamtertrag: positiv und steigend

� Grenz- und Durchschnittsertrag, εx,ri : positiv und fallend

4. Phase: beginnt am Maximum der Gesamtertragsfunktion

� Gesamt- und Durchschnittsertrag: positiv und fallend

� Grenzertrag und εx,ri : negativ und fallend

3.3.2 Die Cobb–Douglas Produktionsfunktion

Untersuchungen haben ergeben, daß die franzosische Gasindustrie Anfang der50er Jahre des 20. Jahrhunderts Produktionsfunktionen hatten, die den An-forderungen einer Cobb–Douglas zumindest annahernd entsprachen. Da dieseProduktionsfunktion auch in allen anderen wirtschaftwissenschaftlichen Veran-staltungen gerne benutzt wird, sollte man sich also davor huten, sie als nichtrealitatsnah zu verschimpfen!

� Substitutionalitat der Inputfaktoren

� stetige Teilbarkeit aller Produktionsfaktoren.

� von Anfang an positive aber fallende Grenzproduktivitaten

Fur den zwei Inputfaktoren Fall sieht die CD Produktionsfunktion z.B. fol-gendermaßen aus:

x = c · r(α)1 r

(1−α)2 mit 0 ≥ α ≥ 1 und c > 0

als ein Beispiel einer linear–homogenen Produktionsfunktion

18

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Homogenitat

Allgemein gilt: eine Funktion ist homogen vom Grad n falls gilt:

f(kr1, . . . , krn) = kn · x

� Fur n = 1 gilt der Spezialfall einer linear–homogenen Funktion. Bei einerProduktionsfunktion spricht man von konstanten Skalenertragen.

� Fur n > 1 erhalt man eine uberproportionale Steigerung des Outputs xbei Erhohung von ri

� Fur n < 1 erhalt man eine unterproportionale Variation von x

3.3.3 Leontieff Produktionsfunktionen

Die Leontieff Produktionsfunktion ist ein Beispiel fur eine linear–limitationaleProduktionsfunktion. Die Produktionsfaktoren sind nicht beliebig substituier-bar, nur in einem bestimmten konstanten Mengenverhahltnis wirkungsvoll ein-setzbar.

Im 2 Faktorenfall wird

r1 = a1 · x und r2 = a2 · x

eingesetzt. Hieraus folgt sofort:

r1 =a1

a2r2

Aus r2 = fix mussen a1/a2 Einheiten r1 eingesetzt werden fur ein okono-misch sinnvolles Ergebnis. Ein Mehreinsatz von r1 fuhrt nicht zu einer Outpu-terhohung.

3.3.4 Produktionsfunktion vom Typ B

An diese Produktionsfunktion (auch Gutenberg Produktionsfunktion ge-nannt) werden folgen Anforderungen gestellt:

1. Keine unmittelbare Beziehung zwischen Einsatzfaktoren und Ertrag

2. Mittelbarer Zusammenhang: technische Stellgroßen schieben sich zwischenInput und Output

3. Variierbarkeit der Einsatzfaktoren ist nicht unbegrenzt gegeben

Allgemeine Beschreibung des Produktionsprozeßes

� Kombination von Produktionsfaktoren

� Potentialfaktoren: Nutzungsdauer ist abhangig von deren intensitats- undzeitmaßigen Beanspruchung

� Repetierfaktoren: Nutzung abhangig von der intensitats- und zeitmaßigenBeanspruchung der Potentialfaktoren

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Ausgehend von diesen Beobachtungen und Pramissen hat Gutenberg ”seine“Produktionsfunktion als ein System von Mengenverbrauchsfunktionen ge-sehen: wieviel der Repetierfaktoren eingesetzt werden mussen in Abhangigkeitvon der zeitlichen und intensitatsmaßigen Inanspruchnahme der Potentialfakto-ren.

Das Kostenminimum erhalt man durch eine Fallunterscheidung.

1. Fall: variiere die Intensitat bei gegebener Einsatzzeit

Beliebige Teilfaktoren j haben jeweils gewisse technische Eigenschaften die unszur z–Situation fuhren: zj1, zj2, . . . , zjv. Gesucht ist die Einsatzmenge der Re-petierfaktoren bei gegebenem Output und Zeit, bei gegebener technischer Z–Situation und variierbarer Intensitat dj , definiert als Output von j pro Zeitein-heit.

Dazu bedienen wir uns der Mengenverbrauchsfunktionen.

1. Variation der Intensitat dj :

rij = fij(zj1, . . . , zjv︸ ︷︷ ︸konstant

; dj) ∀ i, j

2. Da wir die z–Situationen außer Acht lassen, schreiben wir:

rij = fij(dj) ∀ i, j

3. Die Intensitat dj ist abhangig von der Outputmenge x:

dj = aj(x)

4. Es folgt der mittelbare Zusammenhang:

rij = fij (aj(x)) ∀ i, j

5. Woraus sich fur den Gesamtbetrieb ergibt:

ri =m∑j=1

rij =m∑j=1

fij (aj(x)) ∀ i

Es ergibt sich also die Gesamteinsatzmenge des Repetierfaktors i, bei je-weils vorgegebener Outputmenge x und Zeit (Produktionszeit).

2. Fall: variiere die Einsatzzeit bei gegebener Intensitat

6. Die Produktionszeit des Aggregats j ist gegeben als tj .

rij = gij(tj) ∀ i, j

7. Die zeitliche Benutzung des Aggregats ist abhangig von der Outputmenge:

tj = bj(x) ∀ j

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8. Es folgt der mittelbare Zusammenhang:

rij = gij (bj(x)) ∀ i, j

9. Woraus sich fur den Gesamtbetrieb ergiebt:

ri =m∑j=1

rij =m∑j=1

gij (bj(x)) ∀ i

3. Fall: Verbrauchsminimale Kombination von Intensitat und Zeit

Wie gezeigt, ist rij determiniert durch die Intensitat dj und die Produktionszeittj . Fur ein einziges Aggregat ist die Produktionsfunktion demnach x = dj · tj .Interessanter ist da schon der fall fur m Aggregate:

x =m∑j=1

dj · tj

Gesucht werden jetzt noch die kostenoptimalen Intensitaten und Produk-tionszeiten. Da die Produktionstheorie jedoch nur Mengengeruste behandelt,bringt uns diese Fragestellung direkt zur Kostentheorie, die Wertgeruste behan-delt.

3.4 Grundlagen der Kostentheorie

Kosten ist ein bewerteter, leistungsbedingter Guterverzehr materieler und im-materieller Guter. Ein mengenmaßiger Guterverbrauch liegt vor, der zu bewer-ten ist. Dagegen wird sachzielbezogen bewertet: nur der Guterverbrauch, derfur die betriebliche Leistungserstellung notwendig war wird bewertet.

Aufgaben der Kostentheorie

� Erkennen und systematisieren von Kosteneinflußgroßen

� Aufzeigen von deren Wirkung auf die Kostenhohe

� Formulierung von Kostenfunktionen

� Festlegung der beeinflußbaren Kosten

Kosteneinflußgroßen

� Faktorpreise

� Faktorqualitat

� Fertigungsprogramm

� Beschaftigungsgrad

� Betriebsgroße

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3.4.1 Kostenfunktionen

Eine Kostenfunktion K = K(x) gibt den funktionalen Zusammenhang der Ko-sten und der Outputmenge an.

Auf der Basis der Produktionsfunktion vom Typ A definieren wir i als Indexder Produktionsfaktoren, qi als Kosten des Produktionsfaktors pro Einheit undri wie ublich als der Einsatzmenge des Produktionsfaktors i. Daraus ergibt sich:

qi · ri = Kosten des Produktionsfaktors i

und die Produktionsfunktions von Typ A kann wie folgt umgeschrieben wer-den:

x = x(r1, . . . , rn)

mit der zugehorigen monetaren Produktionsfunktion:

x = x(r1q1, . . . , rnqn︸ ︷︷ ︸ges. var. Kosten

)

Womit wir x = x(Kg−KF ) = x(Kv) in Abhangigkeit der gesamten VariablenKosten (Gesamtkosten minus Fixkosten) hatten.

Aus der Umkehrfunktion zur monetaren Produktionsfunktion erhalten wirdie Variable Kosten–Funktion:

x = x(Kv) Kv = Kv(x)

Unter zusatzlichen Berucksichtigung der Fixkosten KF erhalten wir die Ge-samtkostenfunktion Kg = Kv +KF als Spiegelung der monetaren Produktions-funktion bei partieller Faktorvariation. (Sh. auch Folie C–16 der Foliensamm-lung)

Es gilt: Im Minimum der gesamten Durchschnittskosten3 k = K(x)/x sinddie Durchschnittskosten gleich den Grenzkosten K ′. Hierfur wenden wir wiederMathematik der Schulzeit an.

Als notwendige Bedingung fur ein Minimum muß die erste Ableitung vonk = K(x)/x gleich Null sein:

∂k

∂x=x · dK

dx −K(x)x2

!= 0

Multiplizieren mit x2 und die daraus folgende Geleichung umformend erhal-ten wir:

k =K(x)x

=dKdx

= K ′

und somit den Beweis fur die notwendige Bedingung.

Es gilt außerdem: Im Minimum der variablen Durchschnittskosten kv =Kv(x)/x die variablen Stuckkosten gleich den Grenzkosten K ′.

Analog zum vorherigen ”Beweis“ untersuchen wir die notwendige Bedingungfur ein Minimum:

3Stuckgroßen haben kleine Buchstaben, Gesamtgroßen große!

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dkvdx

=dKv(x)

dx · x−Kv(x)x2

!= 0

Umformen bringt uns zur Gleichung

x · dKv(x)dx

= Kv(x)

oder aber

dKv(x)dx

=Kv(x)x

= kv

Womit wir uns beruhigt zurucklehnen und uns auf die Schulter klopfenkonnen ob unseren herausragenden mathematischen Fahigkeiten.

Betriebsminimum und –optimum

Mit diesen Voruberlegungen konnen wir uns jetzt Gedanken zum Betriebsmi-nimum machen. Als kurzfristige Preisuntergrenze gilt das Minimum der va-riablen Stuckkosten. Wenn ein Unternehmen nicht mindestens seine laufendenKosten mit dem Erlos decken kann, wird es den Betrieb einstellen. Jede weitereverkaufte Einheit des Gutes bringt nur mehr Verluste.

Fur das Betriebsoptimum dagegen ist die langfristige Preisuntergrenzebeim Minimum der gesamten Stuckkosten (incl. der Stuckkosten) gegeben. Wenndas Unternehmen nicht mindestens seine Gesamtkosten decken kann, wird es auflange Sicht den Betrieb einstellen.

3.4.2 Minimalkostenkombination

Die Minimalkostenkombination (MKK) gibt jene Kombination von Faktorein-satzmengen an, fur die die Gesamtkosten der zur Produktion einer bestimmten(vorgegebenen) Ausbringungsmenge x benotigten Produktionsfaktoren minimalsind. Es muß folglich eine Substitution der Inputfaktoren moglich sein.

Ausgangspunkt:

� spezielle Ertragsisoquante mit x = x1

� wenn r22 auf r21 sinkt, so muß r11 auf r12 steigen, damit weiterhin derOutput x1 produziert wird.

� Substitutionsverhaltnis der Produktionsfaktoren 1 und 2:

∆r2

∆r1=r22 − r21

r11 − r12

� fur infinitesimal kleine Anderungen erhalten wir die Grenzrate der Sub-stitution (GRS):

lim∆r1→0

∆r2

∆r1=

dr2

dr1= GRS

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Es gilt: Die Grenzrate der Substitution entspricht dem reziproken Verhaltnisder Grenzproduktivitaten beider Faktoren mit negativen Vorzeichen.

Beweis: aus dem totalem Grenzprodukt fur zwei Faktoren folgt:

dx =∂x

∂r1· dr1 +

∂x

∂r2· dr2

!= 0

Was wir auch schreiben konnen als:

∂x

∂r1· dr1 = − ∂x

∂r2· dr2

⇒ dr2

dr1= − ∂x/∂r1

∂x/∂; r2

Herleitung der MKK

Im 2 Faktorenfall sind die Preise pro Mengeneinheit der Produktinsfaktoren alsq1, q2 bezeichnet. Die Kostenfunktion unter der Annahme von KF = 0 laßt sichsomit schreiben als

K = q1 · r1 + q2 · r2

oder durch Auflosen nach r2 als

r2 =K

q2− q1

q2· r1

Ist ein K fest vorgegeben, so resultiert eine Kostenisoquante als einfacherlinearer Zusammenhang.

Gesucht ist die kostenminimale Kombination der Faktoren fur einen be-stimmten, vorgegebenen Output x. Die vorhandene Ertragsisoquante fur x lie-fert uns das Ergebnis als Tangentialpunkt. Vergleiche dazu auch Folie C–18 derFoiliensammlung.

Als Ergebnis erhalten wir, daß die Steigung der Ertragsisoquante

dr2

dr1= −∂x/∂r1

∂x/∂r2

gleich der Steigung der Kostenisoquante

dr2

dr1= −q1

q2

sein muß. Damit wissen wir, daß fur eine kostenminimale Kombination dasVerhaltnis der Grenzproduktivitaten gleich dem Verhaltnis der Preise ihrer Pro-duktionsfaktoren sein muß:

∂x/∂r1

∂x/∂r2=q1

q2

Fur den allgemeinen Fall von n Produktionsfaktoren muß gelten:

∂x

∂r1÷ ∂x

∂r2÷ · · · ÷ ∂x

∂rn= q1 ÷ q2 ÷ · · · ÷ qn

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Alternative Herleitung der MKK (nach Lagrange)

Eine alternative Moglichkeit die optimalen Einsatzmengen r1 und r2 zu ermit-teln ist der Lagrange–Ansatz. Gegeben sind: x, q1, q2 und gesucht sind r1, r2.Dazu stellen wir uns eine Larange Funktion L auf:

L = q1r1 + q2r2 − λ [x(r1, r2)− x]

Aus den ersten beiden Ableitungen

∂L

∂r1= q1 − λ ·

∂x

∂r1

!= 0 und∂L

∂r2= q2 − λ ·

∂x

∂r2

!= 0

erhalten wir nach Auflosen nach λ und gleichsetzen:

∂x/∂r1

∂x/∂r2=q1

q2

unsere schon bekannte Bedingung fur eine Minimalkostenkombination furden 2 Faktoren Fall.

3.4.3 Kostenfunktion fur den Typ B

Es besteht ein mittelbarer Zusammenhang von Inputfaktoren und Outputmen-ge. Es sind folgende Anpassungen an Beschaftigungsschwankungen moglich:

� kurzfristig gelten keine unmittelbaren Beziehungen zwischen Input undOutput:

– intensitatsmaßig (Variation der Intensitat)

– zeitlich (Variation der Produktionszeit)

� langfristig bestehen unmittelbare Beziehungen:

– quantitativ i. e. S. (Stilllegung und Aufnahme von Anlagen → alleAnlagen sind langfr. kosten- und funktionsgleich)

– selektiv (unwirtschaftliche Anlagen werden stillgelegt → qualitativeUnterschiede in den Anlagen liegen vor)

Kostenfunktion bei intensitatsmaßiger Anpassung

Als Ausgangspunkt nehmen wir die Mengenverbrauchsfunktion

rij = fij (aj(x)) ∀ i, j

woraus wir unter Hilfenahme des Faktorpreises qi eine Kostenleistungsfunk-tion erstellen konnen:

Kij = rijqi = fij (aj(x)) · qi ∀ i, j

Die Kostenleistungsfunktion entspricht den Kosten fur einen Faktor i aneinem Aggregat j fur unterschiedliche Outputmengen x. Hieraus mussen wireine Gesamtkostenfunktion fur alle Aggregate j erstellen:

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Kj =∑j

rijqi =∑i

fij (aj(x)) · qi

=∑i

fij (dj) · qi ∀ j

Womit wir eine unmittelbare Abhangigkeit fij(dj) geschaffen hatten. DieGesamtkostenfunktion fur den Betrieb zu erstellen ist nun ein leichtes:

K =∑j

Kj =∑j

∑i

fij (aj(x)) · qi + ggfs.r∗∑r

sr(x) · qr

Der ”Additive Anhang“∑r∗

r sr(x)qr wird benotigt, um gegebenenfalls auf-tauchende intensitatsmaßig unabhangige Faktoreinsatzmengen zu berucksichti-gen.

Kostenfunktion bei zeitlicher Anpassung

Jetzt wird nur die Produktionszeit variiert, die Intensitat dagegen exogen gege-ben.

Kj =∑j

rijqi =∑j

gij (bj(x)) · qi

=∑j

gij (bj(x)) ∀ i

wegen rij = gij(tj) = gij (bj(x)) ∀ j

Fur den Gesamtbetrieb ergiebt sich:

K =∑j

∑i

rij · qi

Annahme: bei gegebener Intensitat sind die variablen Kosten pro Zeiteinheitkonstant (→ lj)

Lj = ljtj = ljtj(x) ∀ j

Kombinierte zeitliche und intensitatsmaßige Anpassung

Ausgangspunkt:

� verschiedene (hier: zwei) funktionsgleiche, aber kostenverschiedene Aggre-gate A und B

� Intensitat und Einsatzzeit ist innerhalb vorgegebener Grenzen variabel

Bekannt ist die Ausbringungsmenge x = x, es ergibt sich also wieder ein-mal die Frage nach der kostenminimalen zeitlichen und intensitatsmaßigen Aus-nutzung der beiden Aggregate um die vorgegebene Menge x herzustellen. DieEntscheidungsparameter sind also das Leistungsniveau und die Zeit.

Dazu geht man in folgender Reihenfolge vor:

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1. Man suche die optimalen Intensitaten der beiden Aggregate: doptA und dopt

B

2. Man bestimme die dazu gehorenden Stuckkosten kv(doptA ) und kv(d

optB )

3. Entscheidung: Auswahl des stuckkostenminimalen Aggregats und zeitli-cher Anpassung desselben bis die maximale Produktionszeit erreicht ist.Frage: ist die vorgegebene Ausbringungsmenge x erreicht?

4. Falls nicht, dann bei gegebener maximaler Produktionszeit so lange eineintensitatsmaßige Anpassung durchfuhren, bis die Grenzkosten des einge-setzten Aggregats dem Minimum der Stuckkosten des nicht eingesetztenAggregats gleichen oder die maximale Intensitat erreicht ist.

5. Ist x immer noch nicht erreicht, dann so lange bei optimaler Intensitat einezeitliche Anpassung des zweiten Aggregats vollfuhren, bis die maximaleProduktionszeit erreicht ist.

6. Ist die maximale Einsatzzeit erreicht, dann eine intensitatsmaßige Anpas-sung beider Anlagen bis das jeweilige Maximum oder der vorgegebeneOutput erreicht ist.

Prinzip: Die jeweils zusatzliche Produktion soll mit den geringsten Grenzko-sten geschehen.

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Kapitel 4

Absatz

4.1 Einfuhrung

Marketing: Planung, Realisierung und Kontrolle von Programmen,mit deren Hilfe gewunschte Austauschprozesse mit aus-gewahlten Markten geschaffen, aufgebaut und aufrecht-erhalten werden sollen, um betriebliche Ziele zu verwirk-lichen.

4.1.1 Marketingziele

Marketingziele konnen zweierlei Art sein: okonomische Ziele wie z.B.

� Gewinnziele

� Umsatzziele

� Marktanteilsziele

oder konnen auch nicht–okonomische Ziele enthalten. Unter diesen kenntman

� Psychologische Ziele

– Imageziele

– Bekanntheitsgrad

� Streutechnische Ziele

– meist innerhalb der Kommunikationspolitik

4.1.2 Marketinginstrumente

Bei den Marketinginstrumenten sind die vier p’s gut zu merken: Price, Place,Product und Promotion. Anders, und vor allem langer ausgedruckt erstreckensich die Instrumente auf

� Produkt-, Sortiments- und Servicepolitik

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� Kontrahierungspolitik

� Kommunikationspolitik

� Distributionspolitik

Des weiteren gibt es verschiedenste Faktoren die das Betriebsmarketing be-einflussen konnen. Dazu zahlen rechtliche Vorschriften, (Absatz-) Marktcharak-teristika wie Marktgroße oder -volumen, sowie weitere Einflußgroßen wie Selbst-beschrankungen und die eigene Betriebgroße.

4.2 Produkt- und Sortimentspolitik

Produkt: Menge von Eigenschaften, die kombiniert werden umein oder mehrere Bedurfnisse zu befriedigen. Es kannGegenstand eines Tausches sein, um Ziele des Anbieterszu befriedigen.

� Funktionale Produkteingenschaften

– Qualitat– Design– Verpackung– Funktionsfahigkeit

� Immaterielle Produkteigenschaften

– Marke– Image– Serviceleistungen– Gewahrleistungen

Immaterielle Produkteigenschaften gewinnen zunehmend an Bedeutung, dadie Produkte immer austauschbarer werden. Die Funktionalitat ist bei den mei-sten Produkten aus der selben Produktfamilie ahnlich, gleich von welcher Firmasie hergestellt werden.

Ziele der Produktpolitik

� Gewinnziele

� Umsatzziele

� Marktanteilsziele

� Kostensenkung

� Beschaftigungsglattung

� Risikostreuung

� Qualitatssteigerung

Restriktionen sind vor allem betrieblicher Art. Kapazitive und personelleRestriktionen sowie fehlendes Know-How sind neben rechtlichen Restriktionendie großten Hurden der Produktpolitik.

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Handlungsmoglichkeiten der Produktpolitik

1. Produktinnovation: beinhaltet Suche, Auswahl und Einfuhrung einesneuen Produkts auf den Markt. Dabei kann es sich um eine

� Marktneuheit handeln. Hierbei handelt es sich um eine echte Neue-rung, da auf dem Markt bisher kein vergleichbares Produkt existiert.Der Hersteller agiert hier als Innovator.

� Betriebsneuheit handeln. In diesem Fall existierte das Produkt be-reits auf dem Markt, die Firma stellt das Produkt jedoch zum erstenMal her. Der Hersteller agiert hier als Imitator.

2. Produktvariation: an einem bereits existierenden Produkt werden Ei-genschaften verandert. Man nennt dieses ein Face Lifting, falls es sich umein Automobil handelt, ansonsten einen Relaunch.

3. Produktdifferenzierung: ist eng mit der Produktvariation verbunden.Es werden jedoch neue Produkte hergestellt (z.B. eine Spar- und eineLuxusvariante eines Produkts), das Angebot weitet sich aus.

4. Produkteliminierung: ein Produkt wird vom Markt genommen.

Produktlebenszyklus

Die Handlungsmoglichkeiten geben auch den Produktlebenszyklus wider. JedesProdukt veraltet irgendwann und muß vom Markt genommen werden. Soll dasUnternehmen dauerhaft am Markt bestehen, muß Produktinnovation betriebenwerden. Eine Produktdifferenzierung und -variation kann die Produkteliminie-rung um einige Zeit herausschieben.

1. Einfuhrung: hohe Kosten, geringe Absatzmenge

2. Wachstum: Erlose steigen uberproportional

3. Reifephase: Erlose steigen, Gewinne stagnieren jedoch; hier wird meistuber eine Produktvariation oder -differenzierung nachgedacht

4. Sattigungsphase: Verdrangungswettbewerb, Gewinne sinken

5. Degeneration: Erlose fallend, Verluste

4.2.1 Produktinnovation

Grunde fur neue Produkte konnen betriebsintern oder auch betriebsextern vor-liegen. Betriebsextern sind technischer Fortschritt oder geanderte Verbraucher-verhaltensweisen als Beispiel zu nennen. Betriebsintern kann man Existenz- oderWachstumssicherung und Risikostreuung als Grunde nennen.

Gewinnung von Produktideen

Zur Gewinnung von neuen Produktideen kann man sich auf intuitiv–kreativeMoglichkeiten wie ”Synektik“ oder das ”Brainstorming“ verlassen, oder aufsystematisch–logische Ansatze wie z.B. auf analytisch–kombinative Denk-prozesse zuruckgreifen.

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Grobauswahl von Produktideen

Ist man durch die verschiedenen Verfahren zu vielen Produktideen gekommen,so muß man im zweiten Schritt sich fur eine, oder auch mehrere entscheiden.Dazu kann man sich wieder des Hilfsmittels eines Scoring Modells bedienen.

1. Auswahl der Beurteilungskriterien

2. Gewichtung der Kriterien

3. Operationalisierung der Kriterien → Skalierung

4. Messung der Erfullung der Kriterien durch die jeweilige Produktidee

5. Bildung der gewichteten Gesamtpunktzahl GGPZ fur alle Produktideenund Auswahl des Produkts mit hochster GGPZ

GGPZj =n∑i=1

gi · eij ∀ j

mit eij als dem Erfullungsgrad der Produktidee j im Hinblick auf dasKriterium i.

Naturlich ist auch hier Vorsicht geboten, da diese Methode nicht perfekt ist.

� qualitative und quantitative Kriterien konnen berucksichtigt werden

� Bestimmung des Skalierungsfaktors kann problematisch sein

� Kriterien durfen sich nicht uberschneiden (disjunkte Kriterien)

� schlechte und gute Kriterien gleichen sich aus (hier kann mit einer Min-destpunktzahl in den einzelnen Kriterien Abhilfe geschaffen werden)

� das Ergebnis ist nur eine Auswahl unter den Wahlmoglichkeiten, es mußnicht notwendigerweise eine gute oder gar die beste Produktidee sein

Wirtschaftlichkeitsanalyse, Feinauswahl

Bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse werden nach einer bereits vorgenommenenGrobauswahl die einzelnen Innovationsmoglichkeiten hinsichtlich ihrer Rentabi-litat gepruft. Der prognostizierte Ertrag muß großer gleich den prognostiziertenKosten sein. Dieses kann durch Mittel der Finanzierungsrechnung gepruft wer-den.

Der Kapitalwert ist ein dynamisches Verfahren. Man nimmt dabei an, daßsich ein Projekt mit der Rate i verzinst. Ist der Kapitalwert C0 also≷ 0, so ist dieVerzinsung ≷ i. Ein Kapitalwert von großer Null ist somit fur die Durchfurungentscheidend.

C0 = −KF+E0 +

n∑t=1

[(pt − kvt) · xt −KF

t

]· (1 + i)−t

mit (pt−kvt) als Stuckdeckungsbeitrag und (1+i)−t als Diskontierungsfaktormit der Verzinsung i.

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Die Break–Even–Analyse ist ein statisches Verfahren. Hierbei wird derErlos den Kosten gleichgesetzt, die daraus resultierende Ausbringungsmengex∗ ist die Ausbringungsmenge, bei der zumindest die Kosten K = Kv + KF

gedeckt sind.

E!= K

p · x = kv · x+KF

x = x∗ =KF

(p− kv)

Diese Methode ist vorteilhaft bei kleineren prognostizierten Absatzmengen.

Verschiedene Tests

� Produkttests: Prufung des neuen Produkts

– Konzeptionstest: vor der eigentlichen Produktentwicklung; Verbesse-rungen sind noch moglich

– Produkttest i. e. S.: Tests mit Prototypen

– Namestest: nicht das Produkt, nur der Name wird getestet

* Erinnerungswirkung* Assoziationswirkung* Moglichkeiten des rechtlichen Namesschutzes* internationale Ausprechbarkeit

– Verpackungstest: Test der technischen und kommunikativen Moglich-keiten der Verpackung

* Entsorgungsfunktion* Rechtliche Gegebenheiten (Mogelpackung)* Kennzeichnungsrechte und -pflichten

� Markttests: probeweiser, kontrollierter Verkauf unter Marktbedingungen

– Regionaler Markttest: Produkt wird in einem regionalem Teilgebietangeboten; Teilgebiet sollte representativ sein

– Storetest: Produkt wird in wenigen Geschaften angeboten

* Real: Produkt wird in der realen Welt in einige Geschafte gestellt* Labor: ein kunstliches Geschaft wird geschaffen

4.2.2 Produktvariation

Es werden ausgewahlte Eigenschaften verandert. Es ergibt sich die Frage nachder Vorteilhaftigkeit der Variation. Um diese zu beantworten wird folgenderstatischer Vergleich herangezogen:

1. Festlegung der zu verandernden Eigenschaften

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2. Prufung der Wirtschaftlichkeit der Veranderungen: die zusatzlichen Erlosemussen die zusatzlichen Kosten decken.

Galt = (palt − kaltv )xalt −Kalt

F

Gneu = −KF+Evar + (pneu − kneu

v )xneu −KneuF

3. Bei Vorteilhaftigkeit: Festlegung des Variationszeitpunktes

4.2.3 Produktdifferenzierung

Man erreicht eine Ausweitung des Sortiments durch zusatzliches Angebot vonProduktvarianten, wie z.B. eine Luxus- oder eine Sparvariante des Produkts.

Wieder hilft uns ein statischer Vergleich, um die Vorteilhaftigkeit der Diffe-renzierung erkennen zu konnen.

Gohne = (p− kv)x−KF −KMA

Gmit =J∑j=1

KF+Ej +

J∑j=1

[(pj − kvj )xj −KFj −KMA

j

]Mit j = 1, . . . , J als Anzahl der Produktinnovationen. Ein sukzessiver Auf-

bau uber alle J ist notig, da jede Variante so einzelnd betrachtet wird. Vorsichtist dennnoch geboten, da die Varianten meist substitutiv zueinander sind.

4.2.4 Produkteliminierung

Es geht hierbei um die Entscheidung uber die endgultige Herausnahme einesProdukts vom Markt. Umsatzschwache Produkte binden viele Management-kapazitaten und konnen einen negativen Einfluß auf das Unternehmensimagehaben. Vorsicht bei Eliminierung von komplementaren Gutern ist geboten, dahier Acht auf die Absatzverbundwirkungen gehalten werden muß.

Eine Umsatzanalye per Lorenzkurve zeigt die Umsatzverteilung aller Pro-dukte im Unternehmen an. Das Ziel sollte eine moglichst ausgeglichene Umsatz-verteilung sein.

Die Entscheidung uber eine Eliminierung kann uber den DeckungsbeitragDBabs

i getroffen werden. Der Deckungsbeitrag gibt Auskunft uber die Hohe desGeldes, das zur Deckung der Fixkosten nach Abzug der variablen Kosten desProdukts noch ubrig ist.

Gesamtdeckungsbeitrag DBabsi ∀ i

Stuckdeckungsbeitrag DB/x = dbabsi ∀ i

Ein negativer (absoluter) Deckungsbeitrag zeigt an, daß durch die Produk-tion noch weitere Verluste entstehen, und kein Geld zur Tilgung der Fixkostenerwirtschaftet wird. Das Produkt sollte wohl lieber vom Markt genommen wer-den.

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4.2.5 Sortimentsplanung

Bei der Sortimentsplanung geht es um das Problem, welche Produkte in welchenMengen angeboten werden sollen. Die Sortimentsbreite gibt die Anzahl derverschiedenen Produktlinien an. Die Sortimentstiefe dagegen die Anzahl derArtikel pro Produktlinie.

Man unterscheidet zwischen zwei Situationen bei der Sortimentsplanung:

Kein Produktionsengpaß: die Entscheidung uber die Produktion wird an-hand der Deckungsbeitrage getroffen. Alle Produkte, die positive Deckungsbei-trage besitzen, werden produziert.

dbabsi = pi − kvi

!> 0

Vorhandener Produktionsengpaß: die Entscheidung wird anhand der re-lativen Deckungsbeitrage getroffen.

dbreli =

dbabsi

cij

!> 0

mit cij als Produktionskoeffizienten, der aussagt, wieviel Deckungsbeitragdas Produkt i in Bezug auf ein knappes Produkt j erwirtschaftet.

Es wird eine Rangordnung nach den relativen Deckungsbeitragen aufgestellt,nach dessen die Produkte hergestellt werden, bis die maximale Produktionska-pazitat erreicht ist.

4.3 Kontrahierungspolitik

Die Kontrahierungspolitik umfaßt die Preis- und die Konditionenpolitik. Grund-lage dieser Politiken ist die Gewinnfunktion G(p):

G = p · x(p)−K(x(p))

Der Gewinn entspricht dem Umsatz minus den Kosten.

4.3.1 Grundlagen der Preispolitik

Eigenschaften des Preises

1. Preis hat unmittelbaren Einfluß auf den Gewinn

2. Preis dient als Qualitatsindikator

3. Absatz hangt vom Preis ab

4. Preisanderungen sind schnell und unkompliziert durchfuhrbar

5. Preissenkungen sind schwer ruckgangig zu machen

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Handlungsmoglichkeiten der Preispolitik

� Alternative Preishohen

– Erstmalige Festlegung bei Produktinnovation und Markteintritt

– Produktlinienpreisbildung (verschiedene Modelle haben unterschied-liche Preisdifferenzen)

– Preisanderungen wegen Nachfrage- oder Kostenanderungen

– Preisanderungen wegen geandertem Konkurrenzverhalten

� Alternative Preisdifferenzierungen (fur ein Produkt werden unterschiedli-che Preise verlangt)

– Personengruppen (Studentenpreise)

– Einkaufsmenge (Mengenrabatt)

– Verwendungszweck (Heizol vs. Diesel)

– Zeit (Telefongesprache)

– Raum (Europa Re–Importe bei Autos)

Ziele der Preispolitik

� Sicherung des finanziellen Ruckflußes

� Absatzerhohung

� Gewinnung/Erhaltung von Kunden

� Marktanteilsziele

� Ausschalten der Konkurrenz

� Umsatzziele, Gewinnziele

� [ . . . ]

Restriktionen der Preispolitik

� Unternehmensinterne Daten

– Standort

– Betriebsgroße, Branche

– Finanzlage

– Kostensituation

� Unternehmensexterne Daten

– Marktstruktur

– Marktgroße

– Marktform

– Marktbegrenzung

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� Rechtliche Daten

– Preisbindung– Preiskartelle– Dumping– Lockvogelpreise

4.3.2 Ansatze der Preistheorie

Preisfindung im Monopol

Das Monopol ist gekennzeichnet durch einen einzigen Anbieter fur ein Produktund mehrere Nachfrager. Die Preisfindung in diesem Fall ist analytisch einfach.Pramissen

� keine Konkurrenz (Monopolfall)

� unter Sicherheit bekannte lineare Preisabsatzfunktion

x = a/b− 1/b · p bzw.p = a− b · x

� Ziel: Gewinnmaximierung

� Planungshorizont einen Periode

� unter Sicherheit bekannte Kostenfunktion

K = KF + kv · x

Fur das Ziel der Gewinnmaximierung mussen wir nur noch die Gewinnfunk-tion ableiten um dessen Maximum zu erhalten:

G = U −K = p · x(p)−K(x(p))= p · x(p)− kv · x(p)−KF

=a

b· p− 1

b· p2 − kv

(a

b− 1b· p)−KF

ableiten liefert uns sofort:

dGdp

!= 0 ⇒ p∗ =12

(a+ kv)

Der Optimalpreis ergibt sich hier aus dem arithmetrischen Mittel aus Hochst-preis und den variablen Stuckkosten.Alternativ:

G = p(x) · x−K(x)= (a− bx)x− kvx−KF

Nach der Ableitung erhalten wir:

dGdx

!= 0 ⇒ x∗ =12b

(a− kv)

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Preisfindung im Monopol (allgemeiner Fall)

max G = p · x(p)−K(x(p))

Analog zum konkreten Fall wird die erste Ableitung gleich Null gesetzt furdie notwendige Bedingung eines Maximas

dGdp

= x+ pdxdp− dK

dx· dx

dp!= 0

= x+ pdxdp

=dKdx

dxdp

∣∣∣ · px

= p+ p · dxdp

p

x︸ ︷︷ ︸εp

=dKdx· dx

dpp

x︸ ︷︷ ︸εp

Es folgt sofort:

p+ p · εp = K ′ · εpp(1 + εp) = K ′ · εp

p =εp

1 + εp·K ′

Mit εp als der Preiselastizitat der Nachfrage: gibt an, um wieviel prozentsich die nachgefragte Menge andert, bei einprozentiger Anderung des Preises.

Der Optimalpreis im Monopol ergibt sich also aus einem elastizitatsabhangi-gen Aufschlag auf die Grenzkosten von εp

1+εp.

Preisfindung im Polypol

Vollk. Polypol: Viele Kaufer und viele Verkaufer stehen sich mitjeweils sehr geringen Marktanteilen gegenuber, sodaß der einzelne vernachlassigbar ist.

Hinsichtlich der Guter gibt es keine zeitlichen, raumlichen oder personlichenPraferenzen (homogener Markt). Es herrscht vollkommene Markttransparenz.Folge: es bildet sich ein Preis.

Unvollk. Polypol: Es besteht bezuglich der Anbieter bzw. derenProdukte Praferenzen seitens der Konsumenten.

In einem unvollkommenen Polypol erhalt jeder Polypolist einen ”Monopoli-stischen Spielraum“, innerhalb dessen er eine aktive Preispolitik betreiben kann,ohne daß es zu extremen Mengenwirkungen kommt. Dieser Spielraum ist be-dingt durch die Praferenzen der Konsumenten fur die Produkte der einzelnenAnbieter.

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4.3.3 Praxisorientierte Ansatze der Preisfindung

Kostenorientierte Preissetzung

Diese Methode findet man haufig bei kleineren Unternehmen. Das Ziel ist dieKostendeckung. Der Preis findet sich also durch einen Gewinnaufschlag g inProzent auf die Stuckkosten.

p = ks(1 + g/100)

ks bezeichnet die Selbstkosten, die sich aus der Vollkostenrechnung berech-nen lassen. Diese enthalten jedoch auch die Gemeinkosten der Fertigung, so daßes zu einem Problem der Verteilung kommt.

Umgangen werden kann dies, durch die Methode der Einzelkostenbewertung.Der Preis bestimmt sich so als

p = ke(1 + g∗/100)

mit ke als den Einzelkosten der Fertigung. g∗ > g, da bei der Selbstko-stenbestimmung des Preises die Gemeinkosten bereits enthalten sind. Bei derEinzelkostenbestimmung muß man diese noch abdecken.

Die Probleme sind vor allem, daß die Marktsituationen so nicht berucksich-tigt werden, und daß diese Methode einen gefahrlichen ”Zirkelschluß“ darstellt:die Kosten bestimmen den Preis, und dieser wiederum bestimmt die Kostenuber den Fixkostenanteil pro Stuck.

Nachfrageorientierte Preisbestimmung

Die Preisabsatzfunktion p = p(x) muß bekannt sein! Diese wird dann in die Ge-winnfunktion eingesetzt. Der große Vorteil ist naturlich, daß die Preissetzungnicht am Markt vorbei verlauft. Es ist aber auch recht aufwendig eine Preisab-satzfunktion zu bestimmen.

Konkurrenzorientierte Preissetzung

� Orientierung am Preisfuhrer

– dominierende Preisfuhrerschaft: Markt ist ungleich verteilt; das Un-ternehmen mit dem großten Marktanteil wird sich unterordnen, daansonsten Sanktionen zu erwarten sind.

– barometrische Preisfuhrerschaft: der Preisfuhrer kann wechseln; Un-terordnung an das Unternehmen mit der besten Marktubersicht

� Orientierung am durchschnittlichen Konkurrenzpreis: Preise weichen nichtwesendlich von den Konkurrenten ab; Mengenbewegungen sind kaum zuerwarten

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4.4 Kommunikationspolitik

Definition: Unter Kommunikationspolitik versteht man die Ent-scheidungen uber die Gestaltung und Ubermittlung vonInformationen im Hinblick auf die verfolgten kommuni-kationspolitischen Ziele, die von seiten der Unternehmenauf den Absatzmarkt gerichtet sind.

4.4.1 Ziele der Kommunikationspolitik

� Okonomische Ziele

– Umsatz

– Gewinn

– Marktanteil

� Psychologische Ziele

– Image

– Bekanntheitsgrad

� Streutechnische Ziele

– Kontaktschaffung

4.4.2 Werbung

Werbung ist ein Mittel die Ziele der Kommunikationspolitik zu verwirklichen,aber bei weitem nicht das einzige.

Werbebudgetierung

Neben den Praktikerverfahren, wie etwa Anteil am Umsatz der Vorperiode, derOrientierung am Branchendurchschnitt, der Werbebudgetierung als Residual-große oder der uberlegenen ”Objektive-and-Task“ Methode gibt es noch dietheoretischen Optimierungsmodelle, die das Budget nicht willkurlich und pro-zyklisch aufteilen.

Fall 1: Monoinstrumentales Modell x = x(w) ist bekannt. Hieraus wirdals Ansatz die Gewinnfunktion in Abhangigkeit vom Werbeeinsatz gewahlt.

max G = G(w) = p · x(w)−K(x(w))− wdGdw

= p · dxdw− dK

dx· dx

dw− 1 != 0

⇒ p · dxdw

=dKdx

dxdw

+ 1

Der Grenzerlos entspricht den Grenzkosten plus den Grenzwerbekosten. DerAbsatzfunktion x = x(w) werden im Allgemeinen drei verschiedene Verlaufeunterstellt.

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1. Lineare Funktion: dies ist zwar einfach zu berechnen, jedoch sehr unreali-stisch

2. Degressive Funktion: von Anfang an positive, aber abnehmende Grenzer-trage

3. S–formige Funktion: zuerst uberproportionale, dann unterproportionaleGrenzertrage, analog zur Produktionsfunktion Typ A

Fall 2: Polyinstrumentales Modell x = x(p, w) ist bekannt. Dieses wirdwiederum in die Gewinnfunktion eingesetzt.

max G = G(p, w) = p · x(p, w)−K(x(p, w))− w∂G

∂w= p · ∂x

∂w− dK

dx∂x

∂w− 1 != 0

∂G

∂p= x+ p · ∂x

∂p− dK

dp∂x

∂p

!= 0

Simultanes Losen fuhrt zu p∗ und w∗. Folgende Fehler konnen an dem Modellkritisiert werden:

� statisches Modell; die Werbewirkung ist aber dynamisch, da Time–Lagund Carry–Over Effekte einen wichtigen Teil der Werbewirksamkeiten aus-machen

� Monopolmodell

� Budget gilt als beliebig teilbar

� Jedes w∗ ist realisierbar

� Ausschließlich Gewinnmaximierung als Ziel

� Ermittlung von x = x(w, p) nicht einfach realisierbar

Mediaselection

Bei der Mediaselection (Werbetragerplanung) spricht man von der Aufteilungeines gegebenen Werbebudgets auf verschiedene Mediatrager.

Bei der Intermediaselection entscheidet man uber die Art des Werbe-tragers, so zum Beispiel Radio- oder Fernsehwerbung, oder Werbung im Inter-net.

Bei der Intramediaselection entscheidet man sich innerhalb eines bereitsausgewahlten Tragers, so zum Beispiel in welcher Zeitschrift man seine Werbungschalten will.

Tausenderkontaktpreis–Planungsrechnung

Hierbei handelt es sich um den Preis den man bezahlt, um 1000 Personen miteiner bestimmten Werbung zu erreichen. Hierbei gibt es verschiedene Ansatze,je nachdem wie viele Informationen man uber die Zielgruppe erhalten kann.

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TKP1 =Preis pro Anzeige

Verkaufte Auflage· 1000

TKP2 =Preis pro Anzeige

Leserschaft pro Auflage· 1000

TKP3 =Preis pro Anzeige

Zielgruppenanteil pro Auflage· 1000

4.5 Distributionspolitik

4.5.1 Grundlagen

Die Distributionspolitik ist unter Marketing gestellt, da bei geringer Lieferzeitaquisitatorische Potentiale auftreten.

Ziele der Distributionspolitik

� Konfliktvermeidung zwischen Produzent und Handel

� Umsatz, Gewinn, Marktanteil

� Hohe der Distributionskosten

� Steigerung des Distributionsgrads

� Steuerbarkeit des Vertriebsapparats

Restriktionen der Distributionspolitik

� Produkt selbst

� Konsumenten

� Konkurrenz

� Unternehmen selbst

� rechtliche Regelungen

4.5.2 Absatzwegewahl

Hier kann man zwischen direktem Vertrieb und indirektem Vertrieb un-terscheiden. Bei ersterem wird das Produkt ohne Einschaltung betriebsfremderOrgane oder Kanale verkauft, bei letzterem wird der Handel zwischengeschaltet.

Entscheidungskriterien fur die Wahl zwischen direktem und indirek-tem Vertrieb

1. Beeinflußbarkeit der Absatzmenge

2. Kontrollierbarkeit der Absatzmenge

3. Anpassungsmoglichkeiten der Absatzmenge an strukturelle und nachfra-gemaßige Veranderungen

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4. Dauerdes Aufbaus eines Vertriebsweges

5. Einfluß auf den Endverbraucherpreis

6. Hohe der Vertriebskosten

7. Erforderlicher Einsatz von Marketinginstrumenten

Der direkte Vertrieb ist in der Regel vorteilhafter bei Gutern mit hoherErklarungsbedurftigkeit, bei vergleichsweise wenigen Abnehmern, oder wenn dieAbnehmer regional vergleichsweise stark zentriert ist.

4.5.3 Absatzmittlerwahl

Man kann zwischen einem Handelvertreter HV und einem Reisenden R wahlen.Beide Personen bekommen eine Provision P von ihrem Umsatz, jedoch ist beieinem Handelvertreter die Provision hoher. Unter Umstanden bekommen beideauch noch ein Fixum F , das bei einem Handelvertreter hoher ausfallt.

Werden alle diese Daten berucksichtigt, so kann man den kritischen UmsatzU∗ bestimmen, ab dem sich der Einsatz eines Handelvertreters gegenuber einesReisenden lohnt. Dazu werden die Kostenfunktionen der beiden gleichgesetztund nach dem Umsatz aufgelost.

KHV = FHV + PHV · UKR = FR + PR · U

mit F als dem Fixum und P dem Provisionsanteil vom Umsatz U .Gleichsetzen und auflosen liefert uns:

U∗ =FR − FHV

PHV − PR

Kritik ist hier anzubringen, da durch das Gleichsetzen unterstellt wird, beideOrgane erwirtschaften den selben Umsatz. Des weiteren ist es ein statischesModell und Reisekosten sind nicht berucksichtigt. Der Handelvertreter tragtdiese meistens selbst. Eine Provisionsstaffelung ist auch nicht in das Modelleingebaut, die sich aus der Motivationsproblematik ergibt. Daher ist man aufeine andere Methode gekommen, eine Entscheidung uber die Auswahl zwischenHandelvertreter oder Reisenden zu fallen.

Der Gewinnvergleich

Durch die Gewinnvergleichsrechnung wird die Pramisse fur den gleichen Umsatzdurchbrochen. Es wird der Absatzmittler gewahlt, der einenen hoheren GewinnG erwirtschaftet.

GHV = UHV −KHV

= (p− kv) · xHV − PHV · xHV︸ ︷︷ ︸Provision des HV

−FHV −KF

GR = UR −KR

= (p− kv) · xR − PR · xR︸ ︷︷ ︸Provision des R

−FR −KF

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